SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS GERHARD REISCHL

VOM 22. MÄRZ 1977

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

In dem Verfahren, das uns heute beschäftigt, geht es um eine Regelung, die die Gewährung von Zuschüssen, von sogenannten Produktionserstattungen, bei der Herstellung eines bestimmten, aus Stärke von Mais, Weichweizen und Kartoffeln gewonnenen Erzeugnisses, nämlich der Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt, betrifft.

Eine derartige Erstattungsregelung sieht die Ratsverordnung Nr. 2727/75 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl. L 281 vom 1. 11. 1975, S. 1) in Artikel 11 grundsätzlich vor; es heißt dort:

„Eine Erstattung bei der Erzeugung kann gewährt werden

a)

für Mais und Weichweizen, die in der Gemeinschaft zur Herstellung von Getreidestärke verwendet werden,

b)

für Kartoffelstärke,

c)

für Grobgrieß und Feingrieß von Mais, die in der Gemeinschaft für die Glukoseherstellung durch, direkte Hydrolyse' verwendet werden.

…“

Mit Rücksicht auf die besondere Lage auf dem Markt der soeben genannten Stärkeerzeugnisse, nämlich um die Verarbeitungsindustrie in der Gemeinschaft im Verhältnis zu Drittlandprodukten und Substitutionserzeugnissen wettbewerbsfähig zu erhalten, soll diese Erstattungsregelung dafür sorgen, daß die von der genannten Industrie verwendeten Grundstoffe zu Preisen erworben werden können, die unter denen liegen, die sich aus der Gemeinschaftsregelung ergäben.

Zu dieser Regelung sind Durchführungsvorschriften in der Ratsverordnung Nr. 2742/75 vom 29. Oktober 1975 (ABl. L 281 vom 1. 11. 1975, S. 57) ergangen. Die Verordnung Nr. 2742/75 setzte außerdem die Erstattungsbeträge fest Je nach Ausgangserzeugnis lagen sie zwischen 10 und 16,30 Rechnungseinheiten.

Diese Regelung wurde durch eine am 27. Juli 1976 erlassene Ratsverordnung Nr. 1862/76 (ABl. L 206 vom 31.7. 1976, S. 3) geändert. Zum einen wurden mit Rücksicht auf die neuen Getreidepreise die Erstattungsbeträge angehoben, so daß sie zwischen 14 und 20 Rechnungseinheiten lagen. Zum anderen bestimmt Artikel 2 der Verordnung Nr. 1862/76 aber, daß die Erstattung für das Wirtschaftsjahr 1976/77 unverändert bleibt, soweit sie sich auf das eingangs erwähnte Produkt, nämlich die Erzeugung von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt, bezieht. Außerdem ist vorgesehen, daß diese Erstattung vom Wirtschaftsjahr 1977/78 an nicht mehr gewährt wird. In der Praxis wird dies so gehandhabt, daß Stärkehersteller zwar die generell festgesetzten Erstattungen erhalten, daß die Mitgliedstaaten aber — dies sieht Artikel 5a Absatz 3 der Verordnung Nr. 2742/75 in der geänderten Fassung vor —, soweit die verbilligten Grunderzeugnisse zur Herstellung von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt verwendet werden, bei den betreffenden Herstellern den Teil des Erstattungsbetrages wieder einziehen, der über die Sätze der Verordnung Nr. 2742/75 hinausgeht. Vom Wirtschaftsjahr 1977/78 an soll von den genannten Produzenten, dem Artikel 5a Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2742/75 entsprechend, der gesamte gewährte Erstattungsbetrag wieder eingehoben werden.

Dazu erließ die Kommission am 31. August 1976 in ihrer Verordnung Nr. 2158/76 (ABl. L 241 vom 2. 9. 1976, S. 21) Durchführungsvorschriften. Ihnen zufolge trifft die Hersteller von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt die Verpflichtung, regelmäßige Mitteilungen über ihre Produktion an die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten zu machen und bestimmte Dokumente vorzulegen. Außerdem regelt die Verordnung, zu welchen Zeitpunkten die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten die Gesamtbeträge festzustellen haben, die für die einzelnen Hersteller zur Rückzahlung in Betracht kommen, und zu welchen Zeitpunkten diese Rückzahlung spätestens zu erfolgen hat.

Diese Neuregelung hält die Firma Koninklijke Scholten Honig, die mit ihren Filialen zu den Herstellern von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt gehört, aus verschiedenen Gründen nicht für rechtmäßig. Sie rief deshalb am 20. Oktober 1976 den Gerichtshof an und beantragte, Artikel 2 der Verordnung Nr. 1862/76 sowie die Verordnung Nr. 2158/76 für nichtig zu erklären.

Diesem Antrag sind sowohl der Rat als auch die Kommission nach Artikel 91 der Verfahrensordnung mit dem Antrag entgegengetreten, vorab über die Zulässigkeit der Klage, die sie nicht für gegeben halten, zu entscheiden.

Da diesen Anträgen zufolge am 1. März 1977 nur über die Zulässigkeit der Klage verhandelt worden ist, habe ich heute allein zu dieser Frage Stellung zu nehmen.

Nachdem der Rat seine — offensichtlich unberechtigten — Bedenken bezüglich der Einhaltung der Klagefrist, die im Hinblick auf die angegriffene Ratsverordnung vorgebracht worden waren, in der mündlichen Verhandlung fallengelassen hat, geht es um zwei Einwendungen. Sie stammen im wesentlichen vom Rat, denn die Kommission hat sich, da besondere Argumente zu der von ihr erlassenen Durchführungsverordnung nicht vorgebracht worden sind, im großen ganzen auf die Einlassungen des Rates bezogen. Danach soll die Klage einmal deswegen nach Artikel 173 des EWG-Vertrags unzulässig sein, weil es sich bei den angegriffenen Akten um echte Verordnungen handele, von denen nicht gesagt werden könne, sie beträfen die Klägerin individuell. Zum anderen könne auch nicht anerkannt werden, daß die Klägerin unmittelbar betroffen sei.

Dazu bemerke ich im einzelnen folgendes:

1.

Zu der Frage, ob wir es bei den angegriffenen Akten mit echten Verordnungen zu tun haben oder ob sich in ihnen zum Teil Einzelentscheidungen verbergen, die die Klägerin individuell betreffen, heben die Beklagten darauf ab, daß der Anwendungsbereich der Regelung nach dem in Betracht kommenden Produkt definiert ist, die Regelung also für eine bestimmte Kategorie von Produzenten gilt. Folglich könne nicht gesagt werden, es sei eine bestimmte und bekannte Zahl von Unternehmen betroffen. Die Klägerin ist dagegen der Auffassung, die angegriffenen Verordnungen enthielten in Wahrheit zum Teil individuelle Entscheidungen. Offensichtlich sei nur eine kleine und bestimmbare Zahl von Unternehmen in der Gemeinschaft, die Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt produzieren, betroffen; dies werde insbesondere deudich, wenn man nicht auf die Betriebsstätten oder Filialen abstelle, sondern einen Unternehmensbegriff wie im Wettbewerbsrecht gelten lasse, also Mutter- und Tochtergesellschaften, die in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, als eine Einheit ansehe. Wichtig sei daneben, daß sich die Zahl der Betroffenen nicht in kurzer Zeit, insbesondere nicht während des laufenden und des darauf folgenden Wirtschaftsjahres vergrößern lasse. Zur Errichtung von Betriebsstätten seien nämlich beträchtliche Investitionen erforderlich, es bedürfe vertiefter technischer Kenntnisse, die zur Zeit und für die kommenden Jahre noch durch Patente und Lizenzverträge geschützt seien, und es sei unbestreitbar, daß vom Erwerb der Kenntnisse an mehrere Jahre vergingen, bis ihre Anwendung in der Praxis möglich sei. Zudem müsse anerkannt werden, daß gerade die angegriffene Regelung mit ihrer Verschlechterung der Produktionsbedingungen potentielle Interessenten abschrecke und so — was auch beabsichtigt sei — den Kreis der Betroffenen geschlossen halte. Demnach könne — und insoweit bezieht sich die Klägerin auf Formulierungen, die im Urteil der Rechtssache 25/62 (Firma Plaumann & Co./Kommission der EWG, Urteil vom 15. Juli 1963, Slg. 1963, 211) zur Kennzeichnung individuellen Betroffenseins verwendet wurden — davon gesprochen werden, die Klägerin sei wegen der tatsächlichen Situation, in der sie sich befinde, und wegen bestimmter ihr zukommender Eigenschaften individuell betroffen.

Zu dieser Auseinandersetzung lassen sich zwei Feststellungen vorweg ohne Schwierigkeiten treffen.

Bedeutungslos ist sicher der Streit über die Zahl der vorhandenen Unternehmen oder Betriebsstätten in der Gemeinschaft, die das Produkt herstellen, für das nach der angegriffenen Regelung im Wirtschaftsjahr 1976/77 nur eine ermäßigte Erstattung und vom Wirtschaftsjahr 1977/78 an keine Erstattung mehr gewährt wird. Es spielt also, mit anderen Worten gesagt, keine Rolle, ob zur Zeit, wie in Anlage 5 zur Klageschrift dargelegt, vier derartige Unternehmen vorhanden sind oder ob, wie einer anderen Anlage entnommen werden kann, von dreiundzwanzig Produktionsbetrieben gesprochen werden kann. Sind diese nämlich tatsächlich individuell betroffen, so ändert an der Zulassigkeit der Klage auch der Umstand nichts — das zeigt etwa das Urteil der Rechtssache 41-44/70 (NV International Fruit Company und andere/Kommission der EG, Urteil vom 1. April 1971, Slg. 1971, 411) —, daß eine beträchtliche Zahl von Betroffenen vorhanden ist

Desgleichen ist es ohne Bedeutung, daß sich die Zahl der Betroffenen im Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahmen bestimmen ließ, weswegen — darauf hat die Klägerin mit Nachdruck hingewiesen — die Einladung zu einer Anhörung durch die Kommission, die im Oktober 1976 stattfand, nicht in Form einer allgemeinen Ausschreibung, sondern individuell erging. Diese Möglichkeit der Bestimmung der Betroffenen, bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses oder des Inkrafttretens einer Regelung, besteht nämlich auch bei eindeutig normativen Akten. Darauf wurde etwa im Urteil der Rechtssache6/68 (Zuckerfabrik Watenstedt GmbH/Rat der EG, Urteil vom 11. Juli 1968, Slg. 1968, 611) hingewiesen.

Entscheidend für die nach Artikel 173 des EWG-Vertrags notwendige Abgrenzung und Qualifizierung ist vielmehr, ob die angegriffenen Maßnahmen tatsächlich normativen Charakter haben, ob sie also — diese Formulierungen finden sich im Urteil der Rechtssache 19-22/62 (Fédération nationale de la boucherie en gros et du commerce en gros de viandes und andere/Rat der EWG, Urteil vom 14. Dezember 1962, Slg. 1962, 1003) — für einen nicht identifizierbaren Kreis von Betroffenen, für eine abstrakte Kategorie von Adressaten gelten, oder ob sie sich in Wahrheit an einen geschlossenen, begrenzten Kreis von Betroffenen richten, der sich während der Gültigkeitsdauer nicht verändert, d. h. ob der Kreis der Betroffenen eindeutig und abschließend bestimmbar ist, wie etwa in den Rechtssachen 30/67 (Aktiengesellschaft Industria Molitoria Imolese/Rat der EG, Urteil vom 13. März 1968, Slg. 1968, 173) und 106 und 107/63 (Alfred Töpfer KG und Getreide-Import-Gesellschaft/Kom-mission der EWG, Urteil vom 1. Juli 1965, Slg. 1965, 547) sowie 100/74 (CAM SA/Kommission der EG, Urteil vom 18. November 1975, Slg. 1975, 1393) formuliert wurde.

Was diese zentrale Frage angeht, so müssen wir einerseits feststellen, daß die angegriffenen Regeln generell gefaßt sind, daß sie also — und das ist typisch für Normen — für jeden gelten, der eine bestimmte Produktionstätigkeit ausübt. Andererseits ist nicht zu leugnen, daß beträchtliches Gewicht auch hat, was die Klägerin zu den Schwierigkeiten der Vergrößerung des Kreises der Betroffenen unter Hinweis auf die notwendigen Investitionskosten und technischen Kenntnisse vorgebracht hat.

Bei der Beurteilung eines derartigen offensichtlichen Grenzfalles ist es meines Erachtens nützlich, vor allem zwei früher entschiedene Rechtssachen, nämlich die Verfahren 1/64 (Glucoseries Réunies/Kommission der EWG, Urteil vom 2. Juli 1964, Slg. 1964, 883) und 6/68 (Zuckerfabrik Watenstedt GmbH/Rat der EG, Urteil vom 11. Juli 1968, Slg. 1968, 611), in Erinnerung zu bringen. In der Rechtssache 1/64 ging es um eine Entscheidung der Kommission, mit der Frankreich ermächtigt wurde, bei der Einfuhr von Glukose (Dextrose) aus anderen Mitgliedstaaten Ausgleichsabgaben zu erheben. In diesem Fall hat der Gerichtshof den Hinweis nicht für ausschlaggebend gehalten, daß das seinerzeit klagende belgische Unternehmen „als einziges belgisches Unternehmen wirtschaftlich daran interessiert, aber auch dazu willens und in der Lage sei, während der Geltungsdauer der angefochtenen Entscheidung nennenswerte Mengen Glukose aus Belgien nach Frankreich zu exportieren“. Es wurde vielmehr wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Geltung der angefochtenen Entscheidung verneint, daß die Klägerin individuell betroffen sei, und die Klage daher als unzulässig abgewiesen. In dem für unseren Fall noch interessanteren Verfahren 6/68 handelte es sich darum, daß die Interventionsregelung für Rübenrohzucker befristet wurde. Sie sollte nach der am 18. Dezember 1967 erlassenen Verordnung Nr. 1009/67 mit dem 31. Dezember 1969 außer Kraft treten; damit sollte die Absatzgarantie für ungefähr dreißig Unternehmen in der Gemeinschaft, die das genannte Produkt herstellen, vom 1. Januar 1970 an entfallen. Diese Besonderheit veranlaßte meinen Amtsvorgänger, Generalanwalt Roemer, zu dem Vorschlag, hier von der Regelung eines Einzelfalles, eines „konkreten Falles“ zu sprechen. Er glaubte — und darauf hat die Klägerin des gegenwärtigen Verfahrens besonders hingewiesen — anerkennen zu sollen, daß die damalige Klägerin, eine Herstellerin von Rohzucker, individuell betroffen sei, weil es nach der damaligen Wirtschaftslage und der durch die angegriffene Verordnung geschaffenen Rechtslage als vollkommen unwahrscheinlich gelten mußte, daß sich die Zahl der Betroffenen noch vergrößern könnte. Der Gerichtshof ist der These, es handele sich praktisch um einen geschlossenen Kreis Betroffener, jedoch nicht gefolgt. Er ging vielmehr von der Existenz einer echten normativen Regelung aus, wahrscheinlich weil eine Veränderung der Zahl der Betroffenen mit Sicherheit nicht ausgeschlossen werden konnte, und er hat deshalb ein Klagerecht gemäß Artikel 173 des EWG-Vertrags verneint.

Insbesondere vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird man sich schwerlich dazu entschließen können, im vorliegenden Fall den Standpunkt der Klägerin zu teilen, sie sei individuell betroffen. Zwar muß sicher eingeräumt werden, daß es recht unwahrscheinlich ist, daß sich der Kreis der Hersteller von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt in den kommenden Jahren erheblich verändert. Mit Sicherheit ist dies aber nicht auszuschließen. Insofern ist interessant, daß die Klägerin, was die Rechtssituation angeht, sich nicht darauf berufen hat, es sei wegen bestehender Patentrechte und Lizenzverträge in den kommenden Jahren unmöglich, daß neue Produzenten des genannten Erzeugnisses, eventuell unter Anwendung ähnlicher Produktionsverfahren, auftauchten. Desgleichen ist von Interesse, daß offenbar sogar die angegriffene, jetzt geltende Regelung nicht jeden Interessenten von Neuinvestitionen abhält. Dazu kann auf uns vorgelegte Dokumente verwiesen werden, z. B. auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage, oder andere Dokumente, in denen von geplanten Kapazitäten, von Testanlagen oder von Projekten, die in einigen Mitgliedstaaten studiert würden, die Rede ist. Außerdem ist das Schreiben eines französischen Produzenten vom 29. Oktober 1976 aufschlußreich, weil es davon spricht, das hier interessierende Produkt werde ab 1. August 1977 trotz der neuen Erstattungsregelung hergestellt. Dies belegt, daß die angegriffene Regelung keineswegs von der Herstellung von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt abhält

Ich meine deshalb, daß nicht davon die Rede sein kann, die angegriffene Regelung, die nicht nur für einen kurzen Zeitraum gilt, sondern eine grundsätzliche Weichenstellung für die Zukunft mit sich bringt, betreffe nur die gegenwärtigen Hersteller des genannten Produkts, d. h. einen geschlossenen Kreis, in gleicher Weise wie die Adressaten einer individuellen Entscheidung. Auch wenn es sich — wie schon gesagt — um einen Grenzfall handelt, um einen Grenzfall freilich, der wegen der bestehenden Möglichkeit, Rechtsschutz vor nationalen Gerichten zu erlangen, nicht sonderlich delikat erscheint, wird man letzdich, obgleich es nur um ein spezifisches Produkt geht, doch anerkennen müssen, daß eine echte normative Regelung vorliegt. Wenn aber der Verordnungscharakter der angegriffenen Maßnahme außer Zweifel steht, so folgt daraus gleichzeitig, daß die Klägerin nicht individuell betroffen sein kann und daß aus diesem Grunde ein Klagerecht verneint werden muß.

2.

Auf das Problem, ob die Klägerin unmittelbar betroffen ist, braucht danach eigentlich gar nicht mehr eingegangen zu werden. Ich will dazu aber doch kurz, weil es im Verfahren ebenfalls behandelt wurde, Stellung nehmen.

In diesem Punkt — wenn ich das gleich sagen darf — halte ich nicht den Standpunkt des Rates, sondern den der Klägerin für zutreffend.

Dabei ist nicht entscheidend, daß sich die angegriffenen Vorschriften an die Mitgliedstaaten richten und staatliche Durchführungsmaßnahmen, vor allem die Wiedereinziehung von Erstattungsbeträgen, verlangen. Wichtig ist, daß die Gemeinschaftsvorschriften gleichsam in den nationalen Bereich bis zu den Unternehmen „durchschlagen“, denn die staatlichen Behörden haben keinerlei Ermessensfreiheit, sie haben vielmehr genau bezeichnete Vollzugsakte zu erlassen. Dies ergibt mit Klarheit der Wortlaut von Artikel 2 der Verordnung Nr. 1862/76, der — ohne jegliche Bedingung — die Formulierung verwendet „ziehen die Mitgliedstaaten bei den Herstellern von Glukose mit hohem Fruchtzuckergehalt … ein“. In gleicher Weise ist auch die Kommissionsverordnung Nr. 2158/76 abgefaßt. Auch sie enthält präzise Anweisungen an die Behörden der Mitgliedstaaten zum Erlaß reiner Ausführungsakte, ohne irgendeinen Ermessensraum vorzusehen.

Der Rat irrt demnach, wenn er meint, die Mitgliedstaaten seien zur Wiedereinziehung der Erstattungsbeträge lediglich ermächtigt und die Unternehmen folglich direkt erst durch die nationalen Maßnahmen betroffen. Außerdem muß sich der Rat sagen lassen, daß er die maßgebenden Begriffe vermengt, wenn er die Ansicht vertritt, von einem Unternehmen könne nur dann gesagt werden, es sei unmittelbar betroffen, wenn es in spezifischer Weise und wegen einer besonderen tatsächlichen Situation betroffen sei. In Wahrheit sind dies die Kriterien, nach denen sich bestimmt, ob jemand individuell betroffen ist, während es für das unmittelbare Betroffensein bei Konstellationen wie der vorliegenden allein auf die Art der vorgesehenen staatlichen Interventionen ankommt, nicht dagegen auf die Tatsache, daß die Gemeinschaftsbestimmungen auch noch ein staatliches Handeln verlangen.

Weil jedoch, wie gezeigt, im gegenwärtigen Fall nicht anerkannt werden kann, daß die Klägerin individuell betroffen ist, und weil es nach Artikel 173 des EWG-Vertrags nicht ausreicht, wenn nur eines der beiden behandelten Erfordernisse erfüllt ist, muß es bei der Feststellung bleiben, daß die Klage nicht als zulässig angesehen werden kann.

3.

Da die gegebene Wertung sowohl für die Ratsverordnung als auch für die Kommissionsverordnung, die den gleichen Anwendungsbereich hat, zutrifft, kann ich nach alledem nur vorschlagen, die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen und die Kosten nach Artikel 69 der Verfahrensordnung der Klägerin aufzuerlegen.