Schlußanträge des Generalanwalts

HERRN MAURICE LAGRANGE

24. November 1960

Aus dem Französischen übersetzt

GLIEDERUNG

Seite
 

I — Klage 42/59

 

II — Klage 49/59

 

A — Zulässigkeit

 

B — Begründetheit ,

 

1. Das Kriterium der örtlichen Zusammenfassung

 

a) Auslegung der Grundsatzentscheidungen

 

b) Rechtmäßigkeit der Grundsatzentscheidungen

 

2. Prüfung der Fälle von Breda und Hoogovens

 

a) Breda Siderurgica

 

b) Hoogovens

 

Anträge

Herr Präsident, meine Herren Richter!

Es ist kaum ein Rechtsstreit denkbar, der für die Entscheidung besser „vorbereitet“ sein könnte als der vorliegende; dies gilt ebenso für das schriftliche Verfahren, für die mündliche Verhandlung wie auch für die Beweisaufnahme. Deshalb werde ich bestrebt sein, die Länge meiner Ausführungen im umgekehrten Verhältnis zu der Länge der Verhandlungen zu halten. Wenn ich auch nicht behaupten will, daß dies gelingen wird, so möchte ich mich doch darauf beschränken, Ihnen lediglich meine Auffassung zu den einzelnen, der Lösung harrenden Fragen darzulegen, ohne dabei sämtliche von den vier Parteien vorgebrachten Argumente eingehend und systematisch zu erörtern; daher werde ich mir als erstes eine Darstellung des Sachverhalts ersparen.

I — Klage 42/59

Zunächst einige Erklärungen zu der Klage 42/59. Diese Klage, die als „Klage wegen Überschreitung der Amtsbefugnisse“(excès de pouvoir) bezeichnet ist, schließt mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der

„individuellen Entscheidung der Hohen Behörde vom 7. August 1959 über die Ablehnung des Antrags auf Schadensersatz, den die Klägerin gestellt hatte im Hinblick auf Entscheidungen über ausdrückliche oder stillschweigende Freistellungen von der Ausgleichsabgabe, die auf einer Ausweitung des Begriffs, Schrott aus Eigenaufkommen' beruhen“.

Die Hohe Behörde hat nicht verfehlt festzustellen, daß ein Antrag auf „Schadensersatz“ wegen eines Amtsfehlers der Verwaltung nur im Rahmen der Bestimmungen von Artikel 40 des Vertrages gestellt und nicht zum Gegenstand einer Nichtigkeitsklage — der von der Klägerin verwendete Ausdruck (Klage wegen Überschreitung der Amtsbefugnisse) bedeute nach ihrer Vorstellung zweifellos das gleiche — gemacht werden könne.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung wurde Ihnen erklärt, daß diese Klage lediglich zur Wahrung von Ansprüchen erhoben worden sei, weil die Klägerin fürchtete, daß ihr später eine Ausschlußfrist entgegengehalten werden könnte, wenn sie die ablehnende Entscheidung der Hohen Behörde nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist angefochten hätte. In Wirklichkeit, erklärt sie, habe sie nicht die Absicht gehabt, schon jetzt eine Schadensersatzklage beim Gerichtshof anhängig zu machen; sie ersuche den Gerichtshof lediglich, ihr zu bestätigen, daß sie sich die Erhebung einer „neuen Schadensersatzklage“ gegen die Hohe Behörde vorbehalte — „einer Schadensersatzklage wegen Amtsfehlers im Verfahren mit unbeschränkter Rechtsprechung (recours de pleine juridicüon)“, wie es in Abänderung der ursprünglichen Anträge in der Erwiderung heißt.

Meine Herren, ich verstehe zwar die Befürchtungen der Klägerin, der von ihr eingeschlagene Weg ist aber nach meiner Ansicht ungeeignet. Wenn sie nicht die Absicht hatte, sofort eine Schadensersatzklage beim Gerichtshof anhängig zu machen, so war es verfehlt, einen entsprechenden Antrag an die Hohe Behörde zu richten. Soll nämlich der Gerichtshof mit einer Schadensersatzklage wegen Amtsfehlers befaßt werden, so bedarf es nicht, wie z. B. vor dem französischen Conseil d'Etat, des Nachweises einer vorausgegangenen ausdrücklichen oder stillschweigenden Entscheidung. Artikel 40 des Vertrages enthält keine derartige Bestimmung, und Artikel 40 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes setzt lediglich eine Verjährungsfrist fest, die mit dem Eintritt des Umstandes, der zur Erhebung der Klage Anlaß gibt, zu laufen beginnt und fünf Jahre beträgt. Durch die Erhebung einer Nichtigkeitsklage, gestützt auf die Rechtswidrigkeit bestimmter Entscheidungen der Hohen Behörde über die Gewährung von Freistellungen wäre also keineswegs das Recht der Klägerin präjudiziert worden, später eine Schadensersatzklage wegen Amtsfehlers zu erheben (außer, wenn der Amtsfehler nur in der Rechtswidrigkeit liegen kann, was jedoch eine Frage der Begründetheit ist). In Artikel 40 des Protokolls heißt es jedoch weiter:

„Die Verjährung wird durch die Einreichung der Klageschrift bei dem Gerichtshof oder durch den vorangehenden Antrag unterbrochen, den der Betroffene an das zuständige Organ der Gemeinschaft richten kann. In diesem Falle muß die Klage innerhalb der im letzten Absatz des Artikels 33 vorgesehenen Frist von einem Monat erhoben werden; die Bestimmungen des letzten Absatzes des Artikels 35 (d. h. die Klage gegen die aus diesem Schweigen zu entnehmende Entscheidung) sind gegebenenfalls anzuwenden.“

Der Geschädigte soll also, anstatt unmittelbar eine Klage beim Gerichtshof einzureichen — wozu er fünf Jahre lang berechtigt ist —, falls er es vorzieht, die Möglichkeit haben, in der. Hoffnung auf eine gütliche Einigung vorher die Institution zu befassen; in diesem Fall wird die Verjährung unterbrochen, und die Klage gegen eine eventuelle Abweisung unterliegt den für Nichtigkeitsklagen vorgesehenen Ausschlußfristen.

Dieses Verfahren hat die Klägerin gewählt, als sie in einem dritten Absatz ihres Schreibens vom 29. Juli 1959 einen Antrag auf Schadensersatz wegen Amtsfehlers in der vorläufigen Höhe von einem Franc stellte, während der endgültige Betrag durch Gutachten ermittelt werden sollte. Dieser Antrag wurde durch ein Schreiben des Direktors der Marktabteilung vom 7. August 1959 abgewiesen.

Die Klage ist zweifellos unzulässig.

Zunächst geht das Schreiben nicht von der Hohen Behörde aus; es trägt die Unterschrift des Direktors der Marktabteilung, welcher nicht einmal erklärt, im Namen der Hohen Behörde zu handeln; es heißt dort:

„. . . ist es . . . für die Marktabteilung nicht ersichtlich, worauf der dortige Antrag auf Schadensersatz wegen Amtsfehlers gestützt sein soll“.

Sodann ist die Klage nicht auf Artikel 35 gestützt.

Endlich ergibt sich aus den förmlichen Anträgen in der bereits erwähnten abgeänderten Fassung der Erwiderung, daß die Klägerin nur eine Nichtigkeitsklage beabsichtigte. Die Klageschrift enthält keinen auf Schadensersatz gerichteten Antrag; sie wiederholt auch nicht den entsprechenden an die Hohe Behörde gerichteten Antrag auf Gewährung von Schadensersatz in Höhe von einem Franc. Die Klage ist somit weder nach Artikel 40 noch nach Artikel 33 zulässig, denn es handelt sich im vorliegenden Fall nicht um ein Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes wie im Falle der Klage 49/59.

Es liegt nach meiner Ansicht auch nicht im Interesse der Klägerin, daß der Gerichtshof sich um eine extensive Auslegung der Klageanträge bemüht, denn es stünde zu erwarten, daß die Klage mangels ausreichender Begründung sowohl für das Vorliegen eines Amtsfehlers als auch für die Höhe des Schadens in der Hauptsache abzuweisen wäre. Durch eine solche Entscheidung würde der Erfolg einer späteren Klage noch mehr in Frage gestellt. Es hat im übrigen auch nicht den Anschein, als verlange die Klägerin von Ihnen ein solches Entgegenkommen, denn sie will sich das Recht vorbehalten, „beim Gerichtshof im Verfahren mit unbeschränkter Rechtsprechung eine Schadensersatzklage wegen Amtsfehlers gegen die Hohe Bebehörde zu erheben“. Damit gibt sie zu, bisher eine solche Klage nicht erhoben zu haben.

Was den Antrag anbelangt, der darauf gerichtet ist, der Klägerin „ihren Vorbehalt zu bestätigen, später eine Klage im Verfahren mit unbeschränkter Rechtsprechung anhängig zu machen“, so ist es nicht Sache des Gerichtshofes, diesem Antrag zu entsprechen. Die Klägerin will sich, wie sie selbst sagt, dieses Recht vorbehalten; sie muß infolgedessen auch für ihre weiteren diesbezüglichen Schritte voll verantwortlich bleiben.

II — Klage 49/59

A — ZULÄSSIGKEIT

Auch die Klage 49/59 wirft Fragen der Zulässigkeit auf, von denen einige äußerst schwierig zu entscheiden sind. Sie wurden Ihnen bereits in allen Einzelheiten vorgetragen, so daß ich sie hier nicht noch einmal aufzuzählen brauche.

Eine Lösung dieser Fragen sollte sich nach meiner Ansicht am besten in dem besonderen Rahmen der Ausgleichseinrichtung finden lassen, wie sie sich namentlich aus der Entscheidung Nr. 2/57 und aus den bereits hierzu ergangenen Urteilen ergibt.

Es gibt zunächst zwei Kategorien von Entscheidungen, die jede Diskussion ausschließen und die bisher auch nie zu einer Diskussion geführt haben: Es sind dies einmal die Grundsatzentscheidungen über die Schaffung der Ausgleichseinrichtung und über die Festlegung der Einzelheiten ihrer Anwendung, die auf Grund von Artikel 53 erlassen wurden (wie die Entscheidung Nr. 2/57), und zum anderen die Entscheidungen gemäß Artikel 92, die vollstreckbare Titel darstellen. Gegen letztere kann übrigens die Einrede der Rechtswidrigkeit erhoben werden, wodurch die Rechte der Betroffenen endgültig geschützt werden.

Es erschien jedoch übertrieben, von den Unternehmen zu verlangen, daß sie bis zum Erlaß einer endgültigen Entscheidung gemäß Artikel 92 warten sollten, denn einmal waren die von den Brüsseler Organen ausgestellten Beitragsabrechnungen nur vorläufiger Natur, und zum anderen ist es für ein Unternehmen unangenehm, bewußt gegen die Vorschriften zu verstoßen, um in einem Streit über die Höhe seiner Schuld zu einer gerichtlichen Entscheidung zu gelangen.

Meinen Versuch, diesem Nachteil mit Hilfe des Verfahrens nach Artikel 15 der Entscheidung Nr. 2/57 zu begegnen, wonach die Hohe Behörde je nach Lage des Falles die Möglichkeit oder die Verpflichtung hat, die bei der Ausgleichseinrichtung auftretenden Schwierigkeiten mit Hilfe einer Entscheidung zu beheben, hat der Gerichtshof für unzulässig erklärt (Urteile Phoenix-Rheinrohr und andere vom 17. Juli 1959). Sie haben damals ausgeführt, es handele sich hier um „eine innerdienstliche Anweisung“, die

„unmittelbare Verpflichtungen nur für den Empfänger, nicht aber für die schrottverbrauchenden Unternehmen begründen konnte“.

So wurden die Schreiben vom 18. Dezember 1957 und vom 17. April 1958 — das erste enthält eine Ablehnung der Freistellung von Konzernschrott, und das zweite läßt eine Freistellung im Falle, eines örtlichen Zusammenschlusses zu — trotz ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt nicht als Entscheidungen angesehen, die unmittelbar mit einer Klage angefochten werden können.

Dagegen haben Sie es für zulässig erklärt, daß die Unternehmen die von der Ausgleichskasse für eingeführten Schrott auf Grund von Artikel 12 der Entscheidung Nr. 2/57 den Unternehmen zugestellten „Mitteilungen“, die eine wenn auch nur vorläufige Festsetzung der zu zahlenden Beiträge enthielten, als Entscheidungen angefochten haben, und zwar so, als ob diese Entscheidungen von der Hohen Behörde selbst erlassen worden wären. (Urteil SNUPAT, 32 und 33/58, vom 17. Juli 1959). Sie waren weiterhin damit einverstanden, daß die Unternehmen anläßlich derartiger Klagen die Begründetheit der von der Hohen Behörde in ihren Schreiben vom 18. Dezember 1957 und vom 17. April 1958 gegebenen Auslegungen bestritten haben, obwohl diese nicht als Entscheidungen anerkannt worden sind.

Ferner haben Sie in demselben Urteil und auch im Urteil SAFE, 42/58, vom gleichen Tage ausgesprochen, daß ein Unternehmen eine ausdrückliche oder stillschweigende Entscheidung der Hohen Behörde (in den beiden in Rede stehenden Fällen war es eine stillschweigende Entscheidung) über die Ablehnung einer Freistellung von der Zahlung der Ausgleichsbeiträge anfechten könne. Wie sich aus dem weiteren Wortlaut der Entscheidungsgründe des Urteils SNUPAT ergibt, handelte es sich nicht eigentlich um die Ablehnung einer „Freistellung“ im Sinne einer „Ausnahmeregelung“, sondern um die Weigerung, eine Beitragsermäßigung auf Grund einer Auslegung der Entscheidung Nr. 2/57 zu gewähren.

Schließlich hat der Gerichtshof in dem Urteil Pont-à-Mousson, 14/59, vom 17. Dezember 1959 als anfechtbare Entscheidung ein Schreiben der Hohen Behörde angesehen, welches

„eine Rechtsfrage entscheiden wollte und ausdrücklich festgestellt hat, daß eine bestimmte Verpflichtung der Klägerin bestehe, die von dieser bestritten wurde“.

Diese Verpflichtung bestand in der Heranziehung des Unternehmens zur Ausgleichsabgabe, die das Unternehmen im übrigen während einer bestimmten Zeit regelmäßig bezahlt hätte.

Mithin lehnen Sie es ab, eine Stellungnahme der Hohen Behörde zu einer bestimmten Rechtsfrage als Entscheidung im Sinne des Vertrages anzusehen, wenn diese, selbst im Falle einer Veröffentlichung, allgemeiner und unpersönlicher Natur ist und keine unmittelbare Rechtswirkung für ein Unternehmen hat. Andererseits vertreten Sie die Auffassung, daß ein Unternehmen die Möglichkeit hat,

1.

jede von der Kasse an das Unternehmen gerichtete Mitteilung über die Höhe des von ihm zu zahlenden Beitrags als Entscheidung anzufechten;

2.

die Hohe Behörde jederzeit zu einer Entscheidung über eine Rechtsfrage zu veranlassen, von deren Lösung unmittelbar die grundsätzliche Beitragspflicht oder die Höhe des auf dieses Unternehmen entfallenden Ausgleichsbeitrags abhängt. Hierbei kommt es in beiden Fällen nicht darauf an, ob das betreffende Unternehmen vorher widerspruchslos Beiträge gezahlt hat oder nicht.

Dies, meine Herren, ist der Sinn Ihrer Rechtsprechung, wenn ich ihn richtig verstanden habe, was nur Sie bestätigen oder verneinen können.

Wenn es sich so verhält, so ergibt sich hieraus zunächst ganz offensichtlich, daß auf dem Klagewege angreifbare Entscheidungen auf diesem Gebiet nur individuelle Entscheidungen sein können, denn sie sind dazu bestimmt, das Vorliegen, das Fehlen oder die Grenzen einer Verpflichtung des beschwerdeführenden Unternehmens festzustellen, die unmittelbar in der Festsetzung des von dem Unternehmen zu leistenden Beitrags ihren Niederschlag findet.

Weiterhin folgt daraus, daß grundsätzlich jede Regelung auszuschließen ist, die sich auf eine angebliche Befugnis der Hohen Behörde stützt, Ausnahmen oder Freistellungen durch rechtsbegründende und anfechtbare Entscheidungen zu gewähren. Die Hohe Behörde besitzt keine solche Befugnis; sie kann lediglich die Grundsatzentscheidungen zur Anwendung bringen und sie, soweit erforderlich, interpretieren. Eine Abänderung dieser Entscheidungen kann nur auf dem Wege über das Verfahren nach Artikel 53 erfolgen, d. h. durch eine neue mit einstimmiger Zustimmung des Rates erlassene Entscheidung der Hohen Behörde. Für eine Anwendung der Theorie von der Rücknahme rechtsbegründender Verwaltungsakte bleibt hier kein Raum. Wie im Steuerrecht besteht nur die Möglichkeit einer Individualklage, die dem Steuerpflichtigen erlaubt, die Grundlage des von ihm zu leistenden Steuerbetrages im Hinblick auf die Gesetze und Verordnungen anzufechten; der Steuerpflichtige ist aber ebensowenig wie die Finanzbehörde selbst an Auslegungen gebunden, die der Allgemeinheit durch Rundschreiben oder schriftliche Anweisungen zur Kenntnis gebracht wurden. Der einzige Unterschied liegt darin, daß es im vorliegenden Falle kein in den Grundsatzentscheidungen geregeltes Einspruchsverfahren gibt und daß der Gerichtshof daher den Unternehmen die Möglichkeit gegeben hat, die Grundlagen ihrer Beitragsleistungen im Rahmen der von mir geschilderten weitgefaßten Voraussetzungen anzufechten.

Folgt man diesen Überlegungen, so gelangt man zu dem Ergebnis, daß die SNUPAT berechtigt war, die Rechtmäßigkeit der anderen Unternehmen — in unserem Falle Breda und Hoogovens — gewährten „Freistellungen“ zu bestreiten. Zweifellos konnte sie zu diesem Zweck aber nicht die Weigerung der Hohen Behörde, diese Freistellungen „rückgängig zu machen“, wie eine (ausdrückliche oder stillschweigende) „Entscheidung“ anfechten, denn diese Freistellungen waren in Wirklichkeit nichts anderes als eine Nichtberücksichtigung bestimmter von den betreffenden Unternehmen verbrauchter Schrottmengen. Sie hätte auch nicht — und dies erscheint mir besonders wichtig — zu dem genannten Zweck das Schreiben vom 17. April 1958 anfechten können, in dem ein Recht auf Freistellung von Schrott im Falle eines örtlichen Zusammenschlusses anerkannt wurde, denn der Gerichtshof hat die Möglichkeit ausgeschlossen, dieses Schreiben als eine anfechtbare Entscheidung anzusehen.

Nur zwei Wege standen offen: Die SNUPAT konnte zunächst einmal das Schreiben der Ausgleichskasse vom 12. März 1958 anfechten, das einer Entscheidung der Hohen Behörde gleichgestellt ist. Die Anfechtung könnte zwar nicht auf den Umstand gestützt werden, daß der von ihr als Ausgleichsumlage geforderte Betrag auch den Wert des von Renault gelieferten und von ihr verbrauchten Schrotts umfaßte, aber doch darauf, daß in dem von ihr zu leistenden Anteil auch der Wert des bei Breda und bei Hoogovens nicht beitragspflichtigen Schrotts enthalten war. Zumindest hätte sie hilfsweise diesen Antrag stellen können; sie hat es jedoch nicht getan.

Aber auch später noch hätte sie die Hohe Behörde mit der Frage befassen können, denn einmal handelte es sich hier um eine grundsätzliche Frage, welche die Hohe Behörde zu einer Auslegung veranlaßt hatte, und zum anderen hing von der Lösung dieser Frage unmittelbar auch die Höhe des von ihr zu leistenden Beitrags ab. Darüber hinaus — doch dies ist nur eine Billigkeitserwägung — lag es durchaus nahe, diesen Schritt alsbald nach der Verkündung des Urteils des Gerichtshofes vom 17. Juli 1959 zu tun; denn wenn auch in dem genannten Urteil die Frage der Rechtmäßigkeit der auf Grund des örtlichen Zusammenschlusses gewährten Freistellungen nicht entschieden ist, so läßt es doch einen ernsthaften Zweifel — um nicht mehr zu sagen — an dieser Rechtmäßigkeit bestehen.

Kann der Wortlaut des am 29. Juli 1959 von der Klägerin an die Hohe Behörde gerichteten Schreibens in diesem Sinne ausgelegt werden?

Ich glaube ja. Denn, gestützt auf das Urteil des Gerichtshofes (möglicherweise zu Unrecht, worauf es hier aber, nicht ankommt) wirft die Klägerin mit der von ihr geäußerten Ansicht, für sämtlichen Konzernschrott seien ausnahmslos Beiträge zu zahlen, eine Rechtsfrage auf; demzufolge ersucht sie die Hohe Behörde

„. . . sämtliche ausdrücklichen oder stillschweigenden Freistellungen . . . mit rückwirkender Kraft zu widerrufen“,

welche die Hohe Behörde gewährt oder zugelassen hat, womit offensichtlich die Nichteinbeziehung des Abfallschrotts der örtlich zusammengeschlossenen Unternehmen gemeint ist. Sie bestreitet damit die Richtigkeit der von der Hohen Behörde in ihrem Schreiben vom 17. April 1958 gegebenen Auslegung. Ferner ersucht sie die Hohe Behörde, „den neuen Beitragssatz festzulegen“; dies bedeutet natürlich nichts anderes, als daß sie eine Neufestsetzung der von ihr zu leistenden Beiträge verlangt, und zwar unter Berücksichtigung der nach ihrer Ansicht bestimmten Unternehmen zusätzlich aufzuerlegenden Beitragszahlungen.

Auf diesen Antrag hin hat die Hohe Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten keine ausdrückliche Entscheidung erlassen; lediglich der Direktor der Marktabteilung antwortete mit folgenden Worten:

„Die Dienststellen der Hohen Behörde werden die eigentliche Tragweite der Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juli sowie deren Auswirkungen auf die Zahlung der Ausgleichsbeiträge durch die beteiligten Unternehmen prüfen“;

zu diesem Zweck

„sind Sie selbst sowie andere Unternehmen“

um Auskünfte gebeten worden; und ferner:

„an Hand der auf diese Weise erhaltenen Auskünfte wird die Hohe Behörde dann die erforderlichen Entscheidungen erlassen“.

Dies stellt nach Ihrer Rechtsprechung keine Entscheidung dar (Urteil SAFE, 42/58, vom 17. Juli 1959).

Es bestand somit die Möglichkeit zur Erhebung einer Untätigkeitsklage, welche auch ordnungsgemäß innerhalb der nach Artikel 35 vorgeschriebenen Frist anhängig gemacht wurde.

Abschließend komme ich zu dem Ergebnis, daß nach meiner Ansicht die Klage 49/59 zulässig ist.

Es erhebt sich jedoch eine andere Frage, die vielleicht noch schwieriger ist als die erste, nämlich diejenige nach den Wirkungen einer etwaigen aufhebenden Entscheidung des Gerichtshofes. Es handelt sich hier um eine Frage, die mit der Zu-lässigkeit selbst nichts zu tun hat; ich halte es aber doch für richtig, sie in Anbetracht ihrer Bedeutung und auch deshalb zu prüfen, weil sie in diesem Rechtsstreit eingehend erörtert wurde, wenn sie auch fast immer mit den Fragen der Zulässig-keit zusammengeworfen wurde.

Das Problem hat zwei Seiten:

1.

Müßte die etwaige Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung in ihren Auswirkungen streng auf die Klägerin begrenzt sein, oder müßte sie sowohl eine Heranziehung der zu Unrecht freigestellten Unternehmen wie Hoogovens, Breda und vielleicht noch anderer als auch eine entsprechende Herabsetzung der Abgaben aller dem Preisausgleich unterworfenen Unternehmen zur Folge haben?

2.

Muß im letzteren Fall eine Grenze für die Rückwirkung der vorzunehmenden Zusatzveranlagungen festgesetzt werden?

Bei der ersten Frage beruht der Zweifel auf dem Umstand, daß es sich (wie wir bereits gesehen haben und wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt) um einen rein individuellen Rechtsstreit handelt, der es einem Unternehmen zwar ermöglicht, eine gerichtliche Entscheidung über Rechtsfragen herbeizuführen, die ihrer Natur nach von allgemeiner Bedeutung sein können, die jedoch nur in ihrer Anwendung auf den besonderen Fall dieses Unternehmens zu untersuchen sind. Denn normalerweise treffen die Wirkungen der Aufhebung einer individuellen Entscheidung nur denjenigen, dem gegenüber die Entscheidung ergangen ist.

Der vorliegende Fall liegt nach meiner Ansicht jedoch anders. Die Ausgleichseinrichtung geht nämlich ihrer Natur nach sämtliche beteiligten Unternehmen in gleicher Weise an: Die Kasse darf weder mit Gewinn noch mit Verlust arbeiten, und jede Herabsetzung oder Erhöhung des Beitrags eines Unternehmens wirkt sich automatisch auf die Höhe des Beitrags aller übrigen Unternehmen aus. Andererseits wäre es gänzlich unbillig und gar widersinnig, die sich aus der rechtlichen Entscheidung des Gerichtshofes ergebenden neuen Beiträge lediglich in fiktiver Form festzusetzen und von diesen Beiträgen nur den notwendigerweise bescheidenen Teil einzuziehen, welcher der Ermäßigung entspricht, auf die das beschwerdeführende Unternehmen Anspruch hat. Auf diese Weise würden alle schrottverbrauchenden Unternehmen gezwungen, auch ihrerseits Beschwerde und gegebenenfalls Klage zu erheben, um in den Genuß des gleichen Vorteils zu gelangen. Es ist daher davon auszugehen, daß ein Nichtigkeitsurteil trotz der individuellen Natur der aufgehobenen Entscheidung die Hohe Behörde rechtlich verpflichten würde, im Einklang mit dem rechtskräftigen Urteil neue und für alle Unternehmen geltende Grundlagen der Beitragserhebung zu schaffen oder vorzuschreiben. Jede andere Lösung würde gegen den Grundsatz der Gleichheit und der Solidarität verstoßen, auf dem eine Ausgleichseinrichtung beruht, die im gemeinsamen Interesse von Unternehmen geschaffen wurde, welche miteinander im Wettbewerb stehen. In den Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten dürfte es entsprechende Regelungen geben; mir selbst sind solche aus dem französischen Recht bekannt. Wie Sie wissen, hat die Hohe Behörde diesen Grundsatz sehr weitgehend in ihrer im Anschluß an das Urteil Meroni erlassenen Entscheidung Nr. 13/58 vom 24. Juli 1958 berücksichtigt, obwohl dieses Urteil nur eine gegenüber einem einzigen Unternehmen ergangene individuelle Beitragsentscheidung aufgehoben hatte.

Zweite Frage: die Rückwirkung.

Aus Gründen, die ich Ihnen bereits in meinen Schlußanträgen zu den Rechtssachen Phoenix-Rheinrohr und andere dargelegt habe und auf die ich hiermit verweisen darf (RsprGH V d 212-213), erscheint mir der Grundsatz der Rückwirkung kaum bestreitbar. Was die möglicherweise in Betracht zu ziehende Frist anbelangt, so hatte ich damals vorgeschlagen, mangels einschlägiger Rechtsvorschriften, sich an den Begriff der „angemessenen“ Frist zu halten, auf den Sie sich in einer anderen Rechtssache (Algera und andere, Urteil vom 12. Juli 1957) gestützt hatten. Dieser Gedanke wurde insbesondere von den Streithelferinnen aufgegriffen und eingehend erörtert; sie wiesen darauf hin, daß nach ihrer Ansicht eine Frist von mehreren Jahren nicht als „angemessen“ angesehen werden könne und geeignet sei, die Rechtssicherheit der Unternehmen zu beeinträchtigen.

In diesem Punkt ist freilich auf folgendes zu achten: Wenn auch der Begriff der „angemessenen Frist“ aus dem Urteil Algera zugrunde gelegt werden kann, so muß selbstverständlich die Bemessung der Frist in beiden Fällen sehr unterschiedlich sein. Im Falle Algera handelte es sich um die Frist, innerhalb deren eine Behörde in einer dienstrechtlichen Angelegenheit eine rechtswidrige Entscheidung aufheben konnte, mit der einem Beamten ein subjektives Recht eingeräumt wurde; eine solche Frist kann nur verhältnismäßig kurz sein, d. h. etwa einige Monate umfassen (in Frankreich z. B. beträgt die Frist zwei Monate, d. h. ebensoviel wie die Klagefrist, nach deren Ablauf die Entscheidung endgültig wird). In unserem Fall liegen die Dinge ganz anders: Hier handelt es sich um die Frist, innerhalb deren Nachveranlagungen vorgenommen werden können, es geht also um die Berichtigung von Auslassungen oder Mängeln bei der Beitragsfestsetzung; hier haben die beitragspflichtigen Unternehmen kein „subjektives Recht“, ihre Beiträge nur deshalb nicht zu bezahlen, weil sie nicht von ihnen eingefordert wurden oder weil nur ein Teil der geschuldeten Beiträge gefordert wurde. Es handelt sich vielmehr um eine Frage der Verjährung, und auf diesem Gebiet liegt die „angemessene Frist“ in der Größenordnung einiger Jahre und nicht einiger Monate.

Ich glaube nicht, daß der Gerichtshof, falls er der Klage stattgeben sollte, zu dieser Frage Stellung zu nehmen hat, da es sich hierbei um den Vollzug des Nichtigkeitsurteils handeln würde, für den nach Artikel 34 die Hohe Behörde zuständig ist. Ich darf lediglich bemerken, daß es in Anbetracht der Einheitlichkeit der Ausgleichseinrichtung, der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens (1. April 1954 -31. Oktober 1958) und der vorläufigen Natur der Abrechnungen vernünftig erscheinen würde, gegebenenfalls davon auszugehen, daß die Nachveranlagungen für die gesamte Zeit des Bestehens der Ausgleichseinrichtung festgesetzt werden können. Eine solche Lösung hat übrigens auch die Hohe Behörde für die Abwicklung der Ausgleichseinrichtung vorgesehen (Achter Gesamtbericht, Ziff. 78, S. 157 und 158).

B — BEGRÜNDETHEIT

Hier geht es um zwei Fragen:

1.

Bildet das Kriterium der sogenannten „örtlichen Zusammenfassung“, wie es die Hohe Behörde insbesondere in ihrem Schreiben vom 17. April 1958 definiert hat, d. h. das Bestehen eines „Industriekomplexes, innerhalb dessen der Abfallschrott auf die gleiche Weise umläuft wie in einem einzigen Unternehmen“, eine rechtliche Grundlage für die Gleichstellung des in solchen Unternehmen angefallenen Abfallschrotts mit dem „Schrott aus Eigenaufkommen“, der, weil er keinen „Zukaufschrott“ darstellt, nicht dem Ausgleichsbeitrag unterliegt?

2.

Sind die den Unternehmen Breda und Hoogovens gewährten „Freistellungen“ gerechtfertigt?

Wenn die erste Frage positiv zu beantworten ist, so muß logischerweise auch die zweite Frage bejaht werden. Denn es läßt sich weder bestreiten noch wird bestritten, daß die beiden Industriekomplexe Sesto San Giovanni und IJmuiden den von der Hohen Behörde festgelegten Kriterien entsprechen.

Würden diese Kriterien dagegen als verfehlt angesehen, so bliebe noch die Frage zu prüfen, ob sich die Beitragsfreiheit aus anderen Gründen rechtfertigen ließe.

Die erste Frage hängt mit der Auslegung der Grundsatzentscheidungen zusammen, wofür Sie in Ihrer Rechtsprechung und insbesondere in Ihrem Urteil SNUPAT, Rechtssache 32/58 und 33/58, vom 17. Juli 1959 wichtige Anhaltspunkte gegeben haben.

Die zweite Frage gibt Veranlassung, den besonderen Fall jedes der beiden betroffenen Unternehmen zu prüfen. Nebenbei gesagt wird hierdurch der „individuelle“ Charakter des Rechtsstreits unterstrichen, denn die Klägerin wendet sich hauptsächlich gegen die „Freistellung“ dieser beiden Unternehmen, die ihrerseits energisch die Rechtmäßigkeit der auf Grund ihrer besonderen Lage ihnen gegenüber ergangenen Maßnahme verteidigen.

1. Das Kriterium der örtlichen Zusammenfassung

Wie Sie wissen, sind die Ausgleichsbeiträge zu leisten von den „in Artikel 80 des Vertrages genannten schrottverbrauchenden Unternehmen“ (Artikel 2 der Entscheidung Nr. 2/57 und Artikel 2 der zuletzt ergangenen Entscheidung Nr. 16/58). Als Veranlagungsgrundlage für die Beiträge dient der „Verbrauch an Zukaufschrott“; dieser wird errechnet anhand des Gesamtverbrauchs, von dem das „Eigenaufkommen“ abzuziehen ist.

Somit können sich also nur zwei Fragen erheben:

1.

Was ist im Sinne der Grundsatzentscheidung unter „Zukaufschrott“ im Gegensatz zu „Schrott aus Eigenaufkommen“ zu verstehen?

2.

Ist der Wortlaut dieser Entscheidungen nach der gegebenen Auslegung mit dem eigentlichen Zweck der finanziellen Einrichtung unvereinbar oder läuft er dem Vertrag zuwider? Der Prüfung dieses zweiten Fragenkreises ist der Hauptteil des Urteils vom 17. Juli 1959 gewidmet.

Keinesfalls aber kann, wie ich bereits ausführte, der Hohen Behörde das Recht zuerkannt werden, ohne ausdrückliche Vorschrift (wie z. B. in Artikel 7 der Entscheidung Nr. 2/57) in bestimmten Fällen die Entscheidungen nicht zur Anwendung zu bringen, die auf Grund von Artikel 53 und in der dort vorgeschriebenen Form erlassen worden sind.

Welche Entscheidung ist in dem Urteil vom 17. Juli 1959 getroffen worden?

Das Urteil enthält folgende Feststellungen:

1.

Schrottlieferungen, welche die Rechtsnatur eines „Kaufs“ aufweisen, bewirken gemäß dem Wortlaut der Entscheidung Nr. 2/57 eine Heranziehung dieses Schrotts zum Ausgleichsbeitrag, auch wenn es sich hierbei um sogenannten „Konzernschrott“ handelt;

2.

die somit aus der Entscheidung Nr. 2/57 resultierende Einbeziehung des „Konzernschrotts“ in den Preisausgleich entspricht ihrerseits dem Zweck der Ausgleichseinrichtung und den Bestimmungen des Vertrages, während seine Freistellung in dieser zweifachen Hinsicht rechtswidrig wäre;

3.

die Freistellung des Eigenaufkommens ist rechtmäßig; sie konnte in der Entscheidung Nr. 2/57 zu Recht vorgeschrieben werden.

Der wichtigste Teil der Urteilsbegründung, zu dem alle anderen Teile nur eine Ergänzung bilden, scheint mir in dem Hinweis des Gerichtshofes auf den Grundsatz der Ausgleichs-einrichtung in ihrer ursprünglichen Form zu liegen:

„Es ist in der Tat das Ziel des Preisausgleichs, die Preise auf annehmbarer Höhe zu halten; die Hohe Behörde verfolgt dieses Ziel jedoch mittels einer finanziellen Einrichtung, die auf dem Grundsatz beruht, daß der höhere Preis für Einfuhrschrott von der Gesamtheit der Schrottverbraucher zu tragen ist. Die Ausgleichs-umlage beruht demnach nicht auf der Teilnahme am Schrottmarkt, sondern auf dem Schrottverbrauch, das heißt, die Verbraucher sind als solche zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet, um den Ausgleichsfonds zu finanzieren.“

Der Gerichtshof hat mithin kategorisch den „wirtschaftlichen“ Gesichtspunkt, d. h. den Gesichtspunkt des Marktes beiseite gelassen; in meinen Schlußanträgen zu den deutschen Rechtssachen hatte ich ja die Frage aufgeworfen, ob man diesen Gesichtspunkt nicht wenigstens in gewissem Maße berücksichtigen sollte.

Meine Herren, ich glaube, dieser in Ihrem Urteil so deutlich ausgesprochene Hinweis auf den Umstand, daß die Ausgleichsumlage auf dem Grundsatz des Schrottverbrauchs und nicht auf der Teilnahme am Schrottmarkt beruht, muß zu einer Ablehnung des von der Hohen Behörde zugrunde gelegten Kriteriums der örtlichen Zusammenfassung führen.

a) Auslegung der Grundsatzentscheidungen

Zunächst einmal glaube ich nicht, daß man in dieser Sicht die Freistellung auf dem einfachen Wege einer Auslegung der Grundsatzentscheidungen zulassen, d. h. davon ausgehen kann, daß der betreffende Schrott kein „Zukaufschrott“ im Sinne dieser Entscheidungen ist.

Für den Konzernschrott hätte ein solcher Versuch in Betracht gezogen werden können (ich habe dies selbst erwogen), falls und soweit der marktwirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde gelegt worden wäre; in diesem Fall hätte man unter „Zukaufschrott“ den „auf dem Markt gekauften Schrott“ verstehen können. Nach Erlaß Ihres Urteils kommt dies jedoch nicht mehr in Frage.

Aber selbst für „Abfallschrott“, der in einem von Unternehmen mit verschiedenen Firmennamen gebildeten Industriekomplex umläuft, ist dies nach meiner Ansicht ebensowenig möglich: Wenn ich es ursprünglich für möglich gehalten habe, so deshalb, weil ich annahm, auch hier den Marktbegriff berücksichtigen zu müssen.

Ich habe damals gesagt (RsprGH V d 209):

„Schrott, der innerhalb eines einheitlichen Werkskomplexes umläuft, ist aber im allgemeinen jedem Einfluß des Marktes entzogen“.

Wenn man sich dagegen, wie Sie es getan haben, streng an den Grundsatz hält, daß der Schrottverbrauch die Grundlage der Umlage bildet, so läßt sich der Ausdruck „Zukaufschrott“ wohl nur auslegen nach rein rechtlichen Gesichtspunkten als „gekaufter Schrott“ und der Ausdruck „Eigenaufkommen“ demzufolge nur als das im Eigentum des Unternehmens stehende Aufkommen. Die Freistellung von Abfallschrott, den ein Unternehmen im Rahmen einer örtlichen Zusammenfassung an ein anderes Unternehmen abtritt, scheint mir demnach mit den Grundsatzentscheidungen nicht vereinbar zu sein.

b) Die Rechtmäßigkeit der Grundsatzentscheidungen

Laufen diese Entscheidungen aber nicht selbst — und damit kommen wir zum zweiten Punkt — dem Vertrag oder wesentlichen Grundsätzen der Ausgleichseinrichtung zuwider? In diesem Fall müßten die Freistellungen als rechtmäßig angesehen werden; sie wären zu Unrecht in den Entscheidungen nicht vorgesehen worden. Die in der Rechtsprechung anerkannte Einrede der Rechtswidrigkeit bietet die Möglichkeit, ja zwingt sogar zu einer diesbezüglichen Stellungnahme.

Ich glaube, meine Herren, auch von diesem Standpunkt aus gesehen reicht das von der Hohen Behörde eingeführte Kriterium der örtlichen Zusammenfassung zur Rechtfertigung einer Freistellung nicht aus.

Wenn nämlich der Schrottverbrauch die Grundlage für die Beitragsleistung bildet, so muß logischerweise für allen Schrott Beitrag erhoben werden, den ein Unternehmen gekauft hat, um ihn in seinen Anlagen als einen der im Rahmen seiner Produktionstätigkeit im Stahlsektor verwendeten Rohstoffe zu verbrauchen.

Hierbei spielt es keine Rolle, ob diese Tätigkeit zur Herstellung eines Erzeugnisses dient, das auf dem Markt verkauft werden soll, oder zur Herstellung von weiterverarbeiteten Erzeugnissen in einem angeschlossenen Werk; wenn es sich um ein „Erzeugnis“ handelt, das namentlich aufgeführt ist in der Anlage I des Vertrages, ist der Hersteller dieses Erzeugnisses als Unternehmen im Sinne des Vertrages anzusehen. Diese Auffassung wurde in dem Urteil Pont-à-Mousson vertreten.

Wenn also einzelne Erzeugnisse von verschiedenen juristischen Personen hergestellt werden, so ist jede von ihnen ein „Unternehmen“ im Sinne des Vertrages, da sie eine gesonderte „Produktionstätigkeit“ ausüben, und wenn eine dieser juristischen Personen den bei anderen juristischen Personen angefallenen Schrott erwirbt, so nimmt dieser Schrott notwendigerweise den Charakter von Zukaufschrott an, der für eine Produktion verwendet wird, die sich von der Produktion des abtretenden Unternehmens unterscheidet; denn es handelt sich bei diesem Schrott weder um „Eigenentfall“ noch um „Eigenaufkommen“ des Unternehmens, das den Schrott erwirbt.

Zur Begründung einer gegenteiligen Auffassung könnte man wohl versucht sein, sich auf ein dem Urteil SNUPAT zugrunde liegendes Argument zu stützen, welches auf der Überlegung beruht, daß der auf diese Weise gewonnene Schrott zweimal mit Beiträgen belastet würde. Man darf aber, glaube ich, die Tragweite dieses Arguments nicht überschätzen, das der Gerichtshof nur verwendet hat, um den Grundsatz der Freistellung des Eigenaufkommens zu rechtfertigen (die Frage der örtlichen Zusammenfassung wurde ausdrücklich zurückgestellt).

Die Behauptung, daß ohne Freistellung der betreffende Schrott zweimal mit Ausgleichsbeiträgen belastet würde, ist in Wirklichkeit nur teilweise richtig, nämlich nur insoweit, als Schrott bei der Herstellung des Erzeugnisses mitverwendet wurde. Mit viel Geschick, aber in völliger Rechtschaffenheit hat der hervorragende Vertreter der Hohen Behörde, als er sich dieses Argument zu eigen machte, den Fall eines Stahlwerks gewählt, das ausschließlich auf Schrottbasis arbeitet. Nun wird aber Stahl selbst in elektrischen Stahlwerken niemals zu 100 % aus Schrott hergestellt. Bei Hoogovens z. B. wurden uns die einzelnen Anteile genannt: im SM-Ofen werden ungefähr 50 % Roheisen und 50 % Schrott verwendet, und im Gebläseofen, der auch bei der für Breedband bestimmten Produktion Verwendung findet, beträgt der Schrottanteil nur 25 %. Wenn wir dieses Beispiel zugrunde legen, so ergibt sich, daß die bei Breedband entstehenden Abfälle nur zu weit weniger als der Hälfte aus Schrott bestehen; hierbei darf man aber den von mir verwendeten Ausdruck „Schrottanteil“ nicht als zutreffend ansehen, denn es handelt sich in Wirklichkeit um ein sowohl in chemischer als auch in industrieller Hinsicht neues Erzeugnis.

Wollte man sich von diesem Kriterium leiten lassen, so müßte man logischerweise zu den beiden nachstehenden Schlußfolgerungen gelangen:

1.

Es gäbe keinen stichhaltigen Grund, Beiträge zu erheben für das Eigenaufkommen aus der Herstellung von Erzeugnissen, die nicht dem Vertrag unterliegen, die aber unter Verwendung von Stahl geschaffen werden. Warum sollte man beispielsweise die Abfälle von Renault mit Beiträgen belasten, wenn dieses Werk zur Herstellung seiner Automobile Stahl verwendet, der auf Schrottbasis erzeugt wurde? Einige nicht dem Vertrag unterliegende Erzeugnisse können mehr Schrott enthalten als andere, die in der Anlage I aufgeführt sind.

2.

Man müßte auch den Eigenentfall aus Stahl und sogar aus Rohstahl beitragsfrei lassen, wenn er verkauft wird und wenn dieser Stahl auf Schrottbasis erzeugt wurde; das aber wäre wirklich paradox, denn es würde dazu führen, den Stahlschrott, d. h. den qualitätsmäßig reinsten und am meisten begehrten Schrott, freizustellen.

Ich glaube daher, es besteht keine Veranlassung, das auf einer angeblich doppelten Beitragsbelastung beruhende Argument zu berücksichtigen, wenn die Anlagen, in denen die Abfälle entstehen, und diejenigen, in denen die Abfälle verwendet werden, zwei verschiedenen Unternehmen gehören, die verschiedene Erzeugnisse im Sinne der Anlage I herstellen, und wenn der in dem einen Unternehmen angefallene Schrott an das andere Unternehmen abgetreten wird.

Ich bin auch nicht von dem Vorbringen beeindruckt, auf das insbesondere die Streithelferinnen großen Nachdruck gelegt haben und das sich auf die Vorteile der örtlichen Zusammenfassung für die Produktivität und den Leistungswettbewerb stützt. Dieses Argument ist für die hier maßgebende Betrachtung nur im Rahmen der Tätigkeit eines einzigen Unternehmens von Bedeutung. Wenn es sich aber um zwei verschiedene Unternehmen handelt, von denen das eine dem anderen Schrott zu Verbrauchszwecken überläßt, so ist nicht einzusehen, warum diese Schrottlieferung beitragsfrei bleiben sollte, wenn der Beitrag gerade im Hinblick auf den Schrottverbrauch eingeführt wurde. Zweifellos ist es wirtschaftlicher, eine Integration herbeizuführen, aber der Preisausgleich wurde nicht geschaffen, um die industrielle Rationalisierung zu begünstigen. Wenn ein Rohstahlerzeuger nicht den in späteren Produktionsphasen anfallenden Schrott verwenden würde, so würde der Schrott auf dem Markt verkauft werden, der Produzent müßte ihn seinerseits von anderen kaufen und für die so erworbenen Mengen die Umlage bezahlen.

In Wirklichkeit, so glaube ich, wird Schrott aus Eigenaufkommen nur aus Vernunfts und Billigkeitsgründen nicht zum beitragspflichtigen Schrott gerechnet. Man hat es mit Recht als untragbar angesehen, daß ein Unternehmen Beiträge zahlen soll für Material, das ihm gehört, für Material, welches das Unternehmen, wie es in Ihrem Urteil SNUPAT heißt, als eines seiner Nebenerzeugnisse in den Produktionskreislauf wiedereinbringt, und zwar in die Eigenproduktion des Unternehmens, d. h. in die Fertigung eines oder mehrerer Erzeugnisse der Anlage I, nicht aber in die Produktion, die sein Nachbar (auch wenn er zur selben Familie gehören sollte) zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses betreibt. Die Bestimmungen über die Freistellung des Eigenaufkommens sind demnach im rechtlichen Sinne des Wortes auszulegen, d. h. sie finden nur Anwendung auf Schrott, dessen Eigentümer das Unternehmen ist, den es also nicht käuflich erworben hat. Dieser zivilrechtliche Gesichtspunkt bildet eine vortreffliche Ergänzung zu dem gleichartigen Gesichtspunkt, der für die Definition des Zukaufschrotts maßgebend war.

Abschließend gelange ich zu folgender Auffassung:

1.

Nach den Grundsatzentscheidungen (insbesondere den Entscheidungen Nr. 2/57 und 16/58) ist es nicht zulässig, den von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen mit anderer Firma abgetretenen Abfallschrott als beitragsfrei zu erklären, und zwar selbst dann nicht, wenn die beiden Unternehmen in einem Industriekomplex örtlich zusammengefaßt sind.

2.

Die genannten Entscheidungen sind nicht rechtswidrig, weil sie für diesen Fall keine Ausnahme vorgesehen haben.

2. Prüfung der Fälle von Breda und Hoogovens

Nunmehr sind die beiden Ihnen vorliegenden konkreten Fälle zu prüfen.

a) Breda Siderurgica

Stimmt man den soeben von mir gezogenen Schlußfolgerungen zu, so kann es für den Fall Breda Siderurgica keinen Zweifel geben.

Die örtliche Zusammenfassung in Sesto San Giovanni besteht darin, daß sich innerhalb eines abgeschlossenen Geländes die Anlagen von vier Unternehmen - darunter auch Breda — befinden, denen gemeinsame Einrichtungen zur Verfügung stehen: Versorgung mit elektrischem Strom, Wasserleitungsnetz, Kanalisationsanlagen, soziale Einrichtungen usw. . . ., wie auch schließlich der gleiche Eisenbahnanschluß. Die vier Unternehmen üben jedoch eine Produktionstätigkeit auf sehr verschiedenen Gebieten aus; als einziges Werk befaßt sich Breda mit der Stahlerzeugung. Der bei den weiterverarbeitenden Unternehmen anfallende Schrott wird an Breda abgetreten, und diese Abtretung hat durchaus den rechtlichen Charakter eines Verkaufs. Im übrigen kehrt nur ein Teil des Schrotts zu Breda zurück, und Breda verkauft überdies einen erheblichen Teil seiner Produktion an andere Unternehmen als die in Sesto San Giovanni gelegenen.

Nach meiner Ansicht ist für den von den drei Unternehmen an Breda abgetretenen Schrottabfall der Ausgleichsbeitrag zu entrichten.

b) Hoogovens

Im Falle Hoogovens ist die Lage nicht so einfach. Zwar bestehen zwei Gesellschaften mit verschiedener Firmierung. Einerseits geht aber die Zusammenfassung in IJmuiden in technischer, industrieller und auch kommerzieller Hinsicht sehr viel weiter als in Sesto San Giovanni, und andererseits ist es vom rechtlichen Standpunkt aus zweifelhaft, ob wir es hier mit einem Verkauf oder einer Abtretung von einer Gesellschaft an die andere zu tun haben. Es ist sogar fraglich, ob es sich um zwei oder ein Unternehmen handelt.

Die technischen Einzelheiten der Zusammenfassung sind Ihnen wohl bekannt, da Ihnen anläßlich der Einnahme des Augenscheins umfassende Erläuterungen gegeben wurden und Sie sich zweifellos an diesen in jeder Hinsicht interessanten Besuch noch gut erinnern. Ich möchte hierzu nur sagen, daß man sich schwerlich eine rationellere Organisation und eine weitergehende industrielle Verschmelzung vorstellen kann. Ich weise lediglich darauf hin, daß sich die Produktionskapazitäten der beiden Gesellschaften gegenwärtig die Waage halten; dies hat zur Folge, daß Breedband, welche früher hin und wieder Brammen für Walzwerke, bei anderen Firmen kaufte, heute fast auschließlich Erzeugnisse von Hoogovens verwendet. Ferner geht der gesamte Schrottabfall von Breedband an Hoogovens zurück; und schließlich stellt Breedband nur EGKS-Erzeugnisse her.

Wenn man sich aber meine Auffassung zu eigen macht, meine Herren, so sind diese Umstände weder einzeln noch alle zusammengenommen geeignet, eine Freistellung des bei Breedband anfallenden und von Hoogovens verwendeten Schrotts zu rechtfertigen. Um festzustellen, ob trotz des Bestehens zweier Gesellschaften mit verschiedener Firma die betreffenden Schrotttransaktionen nicht den Charakter von Kaufgeschäften zwischen zwei Unternehmen haben, muß die Frage vom rechtlichen Standpunkt aus geprüft werden.

Die von Hoogovens vertretene Auffassung ist Ihnen bekannt: In einem uns unbekannten aber zweifellos bestehenden Vertrag haben die beiden Gesellschaften beschlossen, ihre Produktionskapazitäten zusammenzulegen. Während der gesamten Dauer des Herstellungsverfahrens erfolgt die Produktion gemeinsam, das Risiko wird gemeinsam getragen, der Verkauf der Erzeugnisse liegt in den Händen eines gemeinsamen Verkaufsbüros, und alle Ergebnisse werden in einem Betriebskonto zusammengefaßt; der auf diesem Konto ausgewiesene Gewinn wird zwischen den beiden Gesellschaften nicht entsprechend der Höhe ihres Gesellschaftskapitals, sondern nach einem Schlüssel verteilt, der uns zwar nicht bekanntgegeben wurde, von dem man uns aber gesagt hat, er richte sich nach der Höhe der erfolgten Investitionen. Für die von ihr stammenden Schrotteingänge erhält Breedband eine Gutschriftanzeige, die auf dem Marktpreis für Schrott beruht; auf diesen Preis komme es aber, wie man uns weiter erklärte, nicht an, da er nur dazu diene, die Produktionskosten in den einzelnen Fabrikationsphasen genau zu errechnen.

Diese Betriebsanalyse findet ihre Krönung in einer juristischen Konstruktion: Die Zusammenlegung der Produktion unter den gegebenen Voraussetzungen lasse das Bestehen einer Gesellschaft im Sinne von Artikel 1655 des niederländischen Zivilgesetzbuches erkennen, einer „maatschap“, die sich speziell mit der Durchführung der gemeinschaftlichen Produktion befasse. Da diese Gesellschaft keine eigene Firma habe, ergebe sich hieraus ein ungeteiltes Miteigentum ihrer Mitglieder, und dieses Miteigentum erstrecke sich auf sämtliche in der Herstellung befindlichen Erzeugnisse; der bei Breedband anfallende Schrott trete im Zeitpunkt seines Anfalls aus diesem ungeteilten Miteigentum heraus, um in das Eigentum von Hoogovens überzugehen, aber auf Grund eines der deklaratorischen Wirkung der Teilung entsprechenden Prinzips sei dieser Schrott so anzusehen, als ob er von jeher im Eigentum von Hoogovens gestanden habe. Von einem Eigentumsübergang zwischen Breedband und Hoogovens könne demnach nicht die Rede sein, so daß der betreffende Schrott auch im zivilrechtlichen Sinne als „Eigenaufkommen“ von Hoogovens anzusehen sei.

Meine Herren, ich habe in einem begreiflichen Gefühl der Bescheidenheit aber dennoch sehr gewissenhaft versucht, mir eine Meinung über diese Auffassung zu bilden. Wie auch der ehrenwerte Anwalt der Klägerin war ich zunächst bestrebt, meine Überlegungen am französischen Recht auszurichten und sie dann durch einen Vergleich mit dem niederländischen Recht weiterzuführen. Dies aus zwei Gründen: Einmal ist dies der einzig gangbare Weg für jemanden, der sich mit rechtsvergleichenden Studien befaßt; er muß von bekannten Tatsachen ausgehend ins Unbekannte vorstoßen; zum anderen weisen das französische und das niederländische Zivilrecht trotz mancher sehr erheblicher Unterschiede sowohl in den Grundsätzen als auch in den Rechtsbegriffen gewisse Analogien auf, die auf ihren gemeinsamen Ursprung und auch auf heute noch zum Teil bestehende Gemeinsamkeiten im Text zurückzuführen sind.

Zunächst fragt es sich, ob man im vorliegenden Fall die Existenz einer Gesellschaft annehmen kann. In dieser Hinsicht bestehen gemeinsame Grundsätze, die auf einer gleichlautenden Bestimmung beruhen; Artikel 1655 des niederländischen Zivilgesetzbuches ist nämlich gleichlautend mit Artikel 1832 des belgischen und des französischen Code Civil:

„La société est un contrat par lequel deux ou plusieurs personnes conviennent de mettre quelque chose en commun dans la vue de partager le benefice qui pourra en resulter“ ( 1 ).

Es hat den Anschein, daß dies hier der Fall ist: Hoogovens und Breedband wollten nämlich „etwas zusammenlegen“, und zwar ihre jeweilige Produktionskapazität, und sie haben dies getan, um den daraus resultierenden Gewinn zu teilen.

Aber um welch eine Art von Gesellschaft handelt es sich?

Nach dem französischen Recht könnte es nur eine Teilhabergesellschaft sein (société en participation). Denn einerseits ist die Tätigkeit der Gesellschaft rein kommerzieller Art, und andererseits besitzt sie keine Rechtspersönlichkeit. Nach französischem Recht sind die einzigen Handelsgesellschaften, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen und nicht der "Veröffentlichungspflicht unterliegen, die Teilhabergesellschaften nach Artikel 49 des Code de Commerce, welche als „Teilhaberschaften“ (associations en participation) bezeichnet werden.

Es ist allerdings manchmal schwierig, eine nichtige Gesellschaft, die als faktische Gesellschaft angesehen wird, von einer Teilhabergesellschaft zu unterscheiden. Im vorliegenden Fall dürften jedoch die Merkmale einer solchen Gesellschaft vorliegen.

Dies trifft zunächst auf ihren Gegenstand zu. Im Handbuch der Gesellschaften von Moliérac (1956) heißt es unter Ziffer 325, daß sich der Bereich der Teilhabergesellschaften mehr und mehr ausdehnt:

„Es gibt sogar zwischen sehr großen Aktiengesellschaften Teilhabergesellschaften zum Zwecke der Zusammenlegung ihrer gesamten Erträge.

Dies trifft hier zumindest insoweit zu, als die Erträge aus der gemeinsamen Produktion stammen.

Ein weiteres wesentliches Merkmal ist der geheime Charakter. Dies bedeutet, daß das Bestehen der Gesellschaft Dritten gegenüber nicht bekannt werden soll.

Unter Ziffer 328 des gleichen Werkes heißt es weiter:

„Die Rechtsprechung hat diese wesentliche Eigenschaft stets hervorgehoben. Sobald sie nicht mehr vorhanden ist, sobald die Teilhaber sich zu erkennen geben und als solche tätig werden, wird sie zu einer faktischen Gesellschaft. Aber die tatsächliche Kenntnis, die Dritte von dem Bestehen dieser Gesellschaft erlangen können, reicht für sich allein nicht aus, ihr diese Eigenschaft zu nehmen.“

Auch dies trifft zu: Das Bestehen der „maatschap“ ist Dritten nicht bekanntgegeben worden. Insbesondere ist das Betriebskonto ebenso wie der Schlüssel für die Verteilung der erzielten Gewinne nicht bekannt. Dies alles tritt in den Bilanzen der beiden Gesellschaften nicht in Erscheinung. Wie uns in einer an Rechtsanwalt de Richemont gerichteten Antwort bei der Einnahme des Augenscheins gesagt wurde, werden die Rechnungen für die von Breedband über das Verkaufsbüro gelieferten Erzeugnisse allein im Namen von Breedband ausgestellt.

Eine weitere Voraussetzung: die Notwendigkeit einer Einlage — a.a.O. Nr. 330 —

„Es reicht aus, daß eine gemeinsame Einlage gemacht wird, und zwar eine Einlage in Geld oder in natura, in Form von Eigentum oder in Form eines Nutzungsrechts, in Form von Industrieanlagen usw. Man hat jedoch eine Teilhabergesellschaft auch dann als gegeben angesehen, wenn zwei Personen beschließen, die Erträge ihrer beiden Betriebe zusammenzulegen, wobei jede von ihnen ihren Betrieb mit eigenen Mitteln weiterführt.“

Dies scheint dem vorliegenden Fall voll und ganz zu entsprechen. Die Streithelferin hat uns gesagt, daß die Produktionskapazitäten der beiden Gesellschaften zusammengelegt worden seien. Aber wie stellt sich rechtlich — und zwar immer nach französischem Recht — diese Zusammenlegung dar? Zunächst einmal würde es an einer Einbringung des Eigentums an den für die Herstellung erforderlichen Anlagen fehlen, denn diese Anlagen verbleiben im Eigentum der beiden Gesellschaften, was nicht bestritten wurde. Es steht nicht einmal fest, daß eine Einlage in Form eines Nutzungsrechts vorhanden ist, denn jede der beiden Gesellschaften führt mit ihren eigenen Anlagen den Teil der Fabrikation durch, der ihr satzungsgemäß zufällt. Nur die Laufkräne werden ohne Unterschied in beiden Produktionsverfahren verwendet, sie bewegen sich, wie wir an Ort und Stelle gesehen haben, von einem Ende der Werkshalle zum anderen.

Wie steht es mit den Erzeugnissen? Ich glaube auch nicht, daß sie in das Miteigentum der beiden Gesellschaften übergehen, es sei denn, daß eine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne getroffen wurde. Es handelt sich hier nämlich nicht um eine „Einlage“, d. h. um etwas, das in die Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Entstehung eingebracht wird, um dann später entweder in Natur oder mit Hilfe eines Forderungsrechts (falls es sich um eine Geldeinlage handelt) bei der Auflösung der Gesellschaft wieder zurückgenommen zu werden. Eingebracht wurde hier nur die Produktionskapazität, also etwas Immaterielles, nicht jedoch die Erzeugnisse selbst. Selbst wenn man annähme, daß die Erzeugnisse jeweils nach ihrer Herstellung „eingebracht“ werden, würde dies nicht ohne weiteres bedeuten, daß sie in das Miteigentum übergehen.

In dem bereits zitierten Werk heißt es nämlich unter Ziffer 333:

„Da die Teilhaberschaft keine Rechtspersönlichkeit besitzt, verbleiben die eingebrachten Naturalgüter in der Regel im Eigentum des Gesellschafters, der sie eingebracht hat … Es kann jedoch vereinbart werden, daß die Einlagen Miteigentum aller Gesellschafter werden. Eine solche Vereinbarung ist sogar zu vermuten, wenn die Parteien gemeinsam einen bestimmten Gegenstand, z. B. Edelsteine, zum Zwecke des Wiederverkaufs käuflich erwerben.“

Dieses Beispiel macht deutlich, daß sich der uns vorliegende Fall in einer ganz anderen Situation befindet. In dem oben behandelten Fall wurde die Gesellschaft eben zu dem Zweck gebildet, eine bestimmte Ware gemeinsam zu kaufen, um sie wieder zu verkaufen; diese Ware war Gegenstand einer Einlage, und es war nicht ungewöhnlich anzunehmen, daß sie in das Miteigentum der Gesellschafter überging. In unserem Fall liegen die Dinge ganz anders: Jede der beiden Gesellschaften übernimmt den ihr zufallenden Fabrikationsvorgang, und nur der Betriebsertrag wird zusammengelegt, denn beide Gesellschafter haben sich verpflichtet, ihre Produktionskapazität für den Bedarf dieses Betriebes bereitzustellen. Die von Hoogovens verwendeten Rohstoffe (Roheisen aus ihren eigenen Hochöfen, von Dritten gekaufter Schrott usw. . . .) sind unbestreitbar ihr Eigentum. Es besteht kein Grund dafür, daß das Material, das nach einer Verarbeitung ihrer eigenen Rohstoffe aus ihren eigenen Anlagen hervorgeht, in das Miteigentum übergeht. Ebensowenig liegt ein Grund dafür vor, daß Hoogovens an den von Breedband in ihren eigenen Anlagen hergestellten Erzeugnissen, die auf ihre Rechnung an die Kunden verkauft werden, ein Miteigentum hat.

Wenn französisches Recht anzuwenden wäre, so ließe sich nach meiner Ansicht außer im Falle einer ausdrücklichen gegenteiligen Bestimmung weder sagen, daß die in der Herstellung befindlichen Erzeugnisse oder die Fertigerzeugnisse den Gegenstand einer Einlage bilden, noch, daß sie in das Miteigentum der Gesellschafter übergehen.

Wir wollen nun sehen, wie sich dieses Problem nach niederländischem Recht darstellt.

Der Hauptunterschied zum französischen Recht dürfte in dem Umstand liegen, daß in den Niederlanden das Bestehen einer Gesellschaft (maatschap) nicht davon abhängt, ob Rechtspersönlichkeit gegeben und Gesellschaftsvermögen vorhanden ist; in Frankreich dagegen gilt, wie wir gesehen haben, dieses doppelte Erfordernis außer im Falle der Teilhabergesellschaft.

Demgegenüber wird jedoch in dem von C. Asser's und Kamphuisen verfaßten Handbuch des niederländischen Rechts von 1960 auf Seite 484 betont:

„Die Frage ist nur für eine nach außen als Einheit in Erscheinung tretende Gesellschaft von Bedeutung. Dies ist nur sehr selten der Fall. Wenn nämlich eine solche Gesellschaft eine industrielle oder kommerzielle Tätigkeit ausübt, so fällt sie unter den Begriff der Gesellschaft unter Firma' (vennootschap onder firma).“

In Artikel 16 des niederländischen Handelsgesetzbuches heißt es in der Tat:

„Die, Gesellschaft unter Firma' ist eine Gesellschaft, die zu dem Zweck gebildet wurde, ein Unternehmen unter einem gemeinsamen Namen zu betreiben.“

Hieraus ergibt sich, daß eine Gesellschaft im Sinne von Artikel 1655 des Zivilgesetzbuches, die „nach außen hin nicht als Einheit auftritt“ und die eine Handelstätigkeit ausübt, nicht (wie es in Frankreich außer im Falle einer Teilhabergesell-schaft der Fall sein würde) nichtig ist; sie besitzt aber keine Rechtspersönlichkeit und kann kein eigenes Vermögen haben.

Wenn dies der Fall ist, so kommt die Rechtslage trotz des äußeren Anscheins der nach französischem Recht geltenden Regelung sehr nahe: Mir scheint, daß eine „maatschap“ mit industrieller oder kommerzieller Tätigkeit mit der Teilhaberschaft des französischen Rechts nahe verwandt ist; der einzige Unterschied dürfte darin liegen, daß wir es im einen Fall (Frankreich) mit einer vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmebestimmung von der Regel der Rechtspersönlichkeit zu tun haben, während es sich in den Niederlanden lediglich um die Wahrnehmung einer vom Gesetz eingeräumten Freiheit handelt.

Unter diesen Umständen stellt sich die Frage (a.a.O. S. 476):

„Welche Stellung nehmen vom sachenrechtlichen Standpunkt aus die Vermögenswerte ein, die der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. . . Diese Frage“, so fährt der Autor fort, „ist sehr schwer zu lösen, denn das Gesetz schweigt sich über diese Seite der Gesellschaft vollkommen aus. Wir sehen uns somit dem Begriff des Miteigentums gegenüber, der eine der dunkelsten Fragen des Sachenrechts darstellt.“

Die strittigste Frage dürfte in Wirklichkeit jedoch die sein, ob die Einlagen der Gesellschafter im Eigentum desjenigen verbleiben, der sie eingebracht hat, oder ob sie in das Miteigentum übergehen; im ersten Fall ist weiterhin zu fragen, ob bei der Auflösung der Gesellschaft eine Werterhöhung oder Wertverminderung der Einlage zu berücksichtigen ist. Im zweiten Fall (Miteigentum) ist zu fragen, ob der Einbringende im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft berechtigt ist, den Vermögenswert seiner Einlage zu beanspruchen, oder ob die Einlagen entsprechend den Rechtsanteilen der Gesellschafter aufgeteilt werden.

Diese ganzen Schwierigkeiten, meine Herren, ergeben sich jedoch nur im Falle der Auflösung, und anläßlich der Auflösung sind auch die im Verlauf des Verfahrens zitierten Urteile ergangen: Hoge Raad, 24. Januar 1947, Nederlandsche Jurisprudentie, 1947, Nr. 71; Hoge Raad, 29. Oktober 1952, N. J., 1953, Nr. 557. In der zweiten Rechtssache handelte es sich sogar um eine „Gesellschaft unter Firma“. In dem Urteil des Hoge Raad (Kammer für Steuerrechtsfragen) vom 7. Dezember 1955, N. J. 1956, Nr. 163, wird erklärt, daß für das Bestehen einer Gesellschaft unter Firma (vennootschap oder firma) das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens nicht erforderlich ist — dies trifft auf unseren Fall nicht zu.

In dem uns vorliegenden Rechtsstreit geht es um eine andere Frage, nämlich darum, ob hier die im Rahmen des gemeinsamen Betriebes hergestellten Erzeugnisse den Gegenstand einer Einlage bildeten und ob zutreffendenfalls die eingebrachten Sachen Miteigentum der Gesellschafter geworden sind.

Meine Herren, ich kann Sie hier nur auf die hochinteressanten Darlegungen von Asser's im Anschluß an die von mir vorhin zitierten Textstellen verweisen. Ich erwähne insbesondere die nachstehende Stelle, welche die Problemstellung sehr klar zusammenzufassen scheint (S. 478):

„An keiner Stelle des Gesetzes wird gesagt, daß die Gesellschafter Einlagen zu machen haben, die in das Miteigentum übergehen; dies ist nur dann der Fall, wenn es sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Ob dies jedoch der Fall ist, stellt wiederum eine Auslegungs-frage dar. Ich gelange somit zu dem Schluß“ (dies alles sagt Asser's), „daß sich aus der Verpflichtung zur Einbringung von Gütern keine sachenrechtlichen Konsequenzen ziehen lassen: Alles hängt von der Parteivereinbarung ab.

Der Vertrag Hoogovens-Breedband wurde nicht vorgelegt, meine Herren; die Gründe hierfür hat man Ihnen genannt. Bei der Einnahme des Augenscheins hat die Streithelferin auf eine Frage des Berichterstatters erklärt:

„Nach unserer Ansicht ergibt sich der Beweis für das Miteigentum aus verschiedenen Bestimmungen des Vertrages; es gibt jedoch keine Bestimmung, in der diese Frage ausdrücklich behandelt wird.“

Der Gerichtshof hätte natürlich die Möglichkeit gehabt — er hätte sie nach einer Fortsetzung des Verfahrens auch jetzt noch —, die Vorlage des Vertrages unter Bedingungen zu verlangen, die sowohl die Wahrung des Berufsgeheimnisses in einem rechtlich zulässigen Maße als auch die Wahrung des kontradiktorischen Charakters des Verfahrens gewährleisten. Ich für meinen Teil glaube jedoch nicht, daß dies unerläßlich ist.

Es wurde zugegeben, daß eine ausdrückliche Bestimmung zur Frage des Miteigentums in dem Vertrag nicht enthalten ist. Ich glaube aber, daß mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Bestimmung im vorliegenden Fall das Bestehen eines Miteigentums an den Erzeugnissen nicht als gegeben angesehen werden kann. Ich darf mich hierbei auf meine bisherigen Ausführungen beziehen: Wenn eine Gesellschaft besteht, so hat sie eine Zusammenlegung der Betriebsergebnisse zum Gegenstand, da jeder Gesellschafter sich verpflichtet hat, mit seiner eigenen Produktionskapazität zur Erreichung dieses Zieles beizutragen. Die Zusammenlegung ist wirtschaftlicher und finanzieller Natur, vom sachenrechtlichen Standpunkt aus besteht jedoch mangels einer gegenteiligen Bestimmung kein Grund für die Vermutung, daß die Gesellschafter das Eigentum an den verschiedenen von ihnen jeweils in ihren eigenen Anlagen hergestellten Erzeugnissen zusammenlegen wollten. Auch wenn also das Vorliegen einer „maatschap“ anerkannt werden kann, so ist doch nicht erwiesen, daß sie die Begründung von Miteigentum an den hergestellten Erzeugnissen zur Folge hat. Es hat vielmehr den Anschein, daß diese Erzeugnisse von Hoogovens an Breedband abgetreten werden, sobald sie aus den Anlagen der ersteren in die Anlagen der letzteren übergehen, und daß ebenso der bei Breedband anfallende Schrott von dieser an Hoogovens abgetreten wird: Die Führung einer jeden Einzelfall deutlich erfassenden genauen Buchhaltung bezüglich dieser Abtretungen, über die jede Gesellschaft je nach Lage des Falles eine Gutschrift oder eine Belastungsanzeige erhält, scheint diese Annahme zu bestätigen. Darüber hinaus ist es, wie ich bereits sagte, von vornherein ungewöhnlich, daß eine Gesellschaftseinlage sich auf industrielle Erzeugnisse erstreckt, die während der ganzen Dauer des Bestehens der Gesellschaft hergestellt werden.

Der Umstand, daß das Verlustrisiko gemeinsam getragen wird, scheint mir nicht geeignet, das Vorliegen von Miteigentum zu beweisen. Artikel 1668 des Zivilgesetzbuches bestimmt nämlich, daß das Risiko dann gemeinsam getragen wird, wenn es sich um verbrauchbare oder bei längerer Aufbewahrung verderbliche oder zum Verkauf bestimmte Güter handelt, selbst wenn sie nur in Form eines Nutzungsrechts eingebracht wurden. Es steht den Gesellschaftern hier jedenfalls frei, Bestimmungen nach Wunsch zu treffen.

Sollte man jedoch, entgegen meiner Annahme, ein Miteigentum an diesen Erzeugnissen als gegeben ansehen, so stellt sich doch die Frage, ob dies dann bedeuten würde, daß der bei Breedband angefallene Schrott automatisch aus diesem Miteigentum heraustritt, um in das Eigentum von Hoogovens, wohin er zurückkehrt, überzugehen, weil Hoogovens stets als Eigentümer dieses Schrotts gegolten hat.

Dies scheint mir höchst fraglich. Nach französischem Recht tritt die deklaratorische Wirkung der Teilung erst im Augenblick der Auflösung der Gesellschaft ein und kann in einem Fall dieser Art nicht zur Anwendung kommen. Wie ist die Lage im niederländischen Recht? Ich gebe zu, daß sie mir nicht bekannt ist. Ich möchte nur bemerken, daß die Streithelferin meines Erachtens zu Unrecht zur Stützung ihrer Auffassung einen Auszug aus „Weekblad voor Privatrecht“, 1935, Nr. 3397, S. 62, anführt, worin es heißt, daß die Gesellschafter durch eine nicht vollständig durchgeführte Teilung einen Teil des Gewinns abziehen können, ohne daß die Gesellschaft aufgelöst wird. Einmal gilt diese Ansicht nur für „die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Gesellschaft unter Firma“, und zum anderen handelt es sich um eine Abziehung von Gewinn und nicht, wie im vorliegenden Fall, um die Herausnahme eines Gutes aus dem Miteigentum. In dem uns hier beschäftigenden Fall dürfte demnach nur ein Eigentumsübergang zwischen Miteigentümern zugunsten eines von ihnen in Frage kommen; ein solcher Vorgang ist in sich nicht mit Rückwirkung verbunden.

Abschließend vertrete ich die Ansicht, daß die besonderen, zwischen Hoogovens und Breedband bestehenden Beziehungen ebensowenig wie die industrielle Zusammenfassung geeignet sind, eine Aufgabe des in Ihrer Rechtsprechung vertretenen Kriteriums der „Firma“ zu rechtfertigen. Es handelt sich um zwei Unternehmen, von denen jedes auf dem Stahlsektor eine Produktionstätigkeit ausübt, die sich auf unterschiedliche Erzeugnisse erstreckt. Zweifellos könnte auch ein einziges Unternehmen eine solche doppelte Tätigkeit ausüben, aber aus „zufallsbedingten“ Gründen, die sich Ihrer Beurteilung entziehen, wird sie hier tatsächlich von zwei verschiedenen Unternehmen ausgeübt. Der von Hoogovens geschuldete Ausgleichsbeitrag muß sich also nach ihrem gesamten Schrottverbrauch bemessen, einschließlich des Schrotts, der ihr von Breedband abgetreten wird und der meiner Ansicht nach nicht als „Eigenaufkommen“ von Hoogovens angesehen werden kann.

Ich beantrage,

1.

die Klage 42/59

abzuweisen

und die mit dieser Klage verbundenen Kosten der Klägerin aufzuerlegen,

2.

hinsichtlich der Klage 49/59

die angefochtene stillschweigende Entscheidung für nichtig zu erklären,

die Angelegenheit an die Hohe Behörde zurückzuverweisen, damit diese die mit der Nichtigerklärung verbundenen Maßnahmen treffen kann,

und die Kosten zwischen der Hohen Behörde und den Streithelferinnen in einem Verhältnis aufzuteilen, das ich in das Ermessen des Gerichtshofes stelle.


( 1 ) „Die Gesellschaft ist ein Vertrag, in dem zwei oder mehrere Personen übereinkommen, etwas zusammenzulegen, um den daraus entstehenden Gewinn zu teilen.“