Brüssel, den 29.1.2024

SWD(2024) 30 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

EVALUIERUNG (ZUSAMMENFASSUNG)

Begleitunterlage zur

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Ex-post-Bewertung des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation Horizont 2020

{COM(2024) 49 final} - {SEC(2024) 52 final} - {SWD(2024) 29 final}


Diese Zusammenfassung enthält die wichtigsten Ergebnisse der abschließenden Bewertung von Horizont 2020 – dem achten EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation, das mit 75,6 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014–2020 dotiert ist. Die Kernaufgabe des Programms bestand darin, durch Forschung und Innovation (FuI) das Wirtschaftswachstum zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, wobei der Schwerpunkt auf Wissenschaftsexzellenz, der führenden Rolle der Industrie und der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen lag.

In dieser Bewertung werden die Auswirkungen von Horizont 2020 bis in das Jahr 2023 untersucht, wobei auch die Erkenntnisse aus dem Vorgängerprogramm RP7 und der 2017 durchgeführten Zwischenbewertung berücksichtigt werden. Außerdem werden in der Bewertung die Effizienz des Programms, seine Kohärenz mit anderen Initiativen, seine Relevanz für gesellschaftliche Bedürfnisse und sein allgemeiner Mehrwert für die EU beurteilt. Da zum Zeitpunkt der Abschlussbewertung 41 % der Projekte von Horizont 2020 noch nicht beendet waren, hat das Programm weiterhin Auswirkungen und wird auch in den nächsten Jahren noch Ergebnisse zeitigen. Dies macht jede Überwachung oder Bewertung zu einer besonderen Herausforderung. Die vorliegende Bewertung stützt sich daher auf ein umfangreiches Material mit über 1 000 Befragungen, Erhebungen unter erfolgreichen und abgelehnten Antragstellern und einer Kombination aus quantitativen und qualitativen Bewertungsmethoden. Darüber hinaus baut sie auf einer großen offenen und öffentlichen Konsultation auf, an der sich nahezu 2 000 Interessenträger beteiligt haben.

Die Analyse zeigt, auf welch großes Interesse das Programm stieß, für das über eine Million Einzelanträge aus 177 Ländern eingingen. Über das Programm wurden fast 35 000 Projekte finanziert, an denen 40 000 Organisationen beteiligt waren. Insgesamt wären weitere 159 Mrd. EUR erforderlich gewesen, um alle eingereichten hochwertigen Vorschläge zu finanzieren.

Wissenschaftliche Auswirkungen

Horizont 2020 wurde strategisch konzipiert, um das wissenschaftliche und technologische Fundament Europas durch Investitionen in Wissen, Fähigkeiten und Infrastruktur zu stärken. Solche langfristigen Investitionen sind von entscheidender Bedeutung für die derzeitige und künftige Fähigkeit der EU, eine Führungsrolle zu übernehmen und auf dynamische Veränderungen des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts und des sich ständig wandelnden sozioökonomischen Umfelds zu reagieren oder sich an sie anzupassen.

Das Programm übertraf das Vorgängerprogramm (RP7) in Bezug auf den wissenschaftlichen Output, wie die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zeigt, die doppelt so häufig zitiert werden wie im weltweiten Durchschnitt und von denen 4 % zu den meist zitierten weltweit gehören. Horizont 2020 leistete einen wesentlichen Beitrag zu wissenschaftlichen Durchbrüchen und Fortschritten in neu entstehenden Bereichen der Wissenschaft und Technologie, insbesondere in den Medizinwissenschaften, der Quantenmechanik, dem Chemieingenieurwesen und auf dem Gebiet der Verbundwerkstoffe. Durch die Finanzierung transnationaler FuI-Projekte kamen umfangreiche Kooperationen zustande, die sonst vielleicht nicht möglich gewesen wären. Mehr als ein Viertel aller Veröffentlichungen stehen mit neuen, sich rasch entwickelnden Forschungsbereichen im Zusammenhang. Das Programm spielte eine Schlüsselrolle bei der Förderung wissenschaftlicher Spitzenleistungen von Weltrang: 33 Nobelpreisträger wurden entweder vor oder nach der Verleihung ihres Preises gefördert.

Das Programm hatte darüber hinaus tiefgreifende Auswirkungen auf den Wissensaustausch, da 82 % der geförderten Veröffentlichungen frei und öffentlich online zugänglich sind, was für ein starkes Bekenntnis zum offenen Zugang steht. Horizont 2020 war zudem von entscheidender Bedeutung für die Diversifizierung und Optimierung der Fähigkeiten und Kenntnisse von Forschenden. Außerdem verbesserte es ihre Karriereaussichten, wovon vor allem Nachwuchsforschende profitierten. Fast 50 000 Forschende wurden bei der sektor- und länderübergreifenden Mobilität unterstützt. Darüber hinaus ermöglichte das Programm der EU, große Forschungsinfrastrukturen sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene zu entwickeln und zu modernisieren: Über 24 000 Forscherende und Organisationen erhielten Zugang zu diesen Infrastrukturen, wodurch die Möglichkeiten für Zusammenarbeit und wissenschaftlichen Fortschritt erweitert wurden. Dies sind bemerkenswerte Erfolge, wenngleich die Bewertung nahelegt, dass größere Synergien zwischen EU-weiten, nationalen und regionalen Forschungsinfrastrukturprogrammen erzielt werden könnten, insbesondere um die Nachhaltigkeit der jeweiligen Projekte sicherzustellen.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Mit Horizont 2020 wurden die Forschungs- und Innovationsanstrengungen zur Bewältigung wichtiger gesellschaftlicher Herausforderungen verstärkt; dies umfasst unter anderem die Bereiche Gesundheit, Ernährungssicherheit, Energieversorgung, Verkehr, ökologische Nachhaltigkeit, Klimaschutz, inklusive Gesellschaften und Sicherheit.

Besonders hervorzuheben ist die entscheidende Bedeutung von Horizont 2020 für die Förderung unseres Verständnisses des Klimawandels. Die im Zuge des Programms getätigten Investitionen, die auf den Grundlagen des Vorläuferprogramms RP7 aufbauen, hatten diesbezüglich einen deutlichen Einfluss: 10 % der wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die der Zwischenstaatliche Ausschuss der Vereinten Nationen für Klimaänderungen zitiert, gehen auf eines der beiden Programme zurück. Da 32 % der Mittel für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt wurden, hat Horizont 2020 auch die Entwicklung praktischer Lösungen maßgeblich unterstützt. Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür sind die Fortschritte bei alternativen und emissionsarmen Kraftstoffen. Das Programm stellte auch bei der Reaktion auf neu auftretende Gesundheitskrisen seine Anpassungsfähigkeit unter Beweis. Durch spezifische Aufforderungen für die Einreichung von Vorschlägen während der Ebola- und der Zika-Epidemie wurde prompt reagiert und noch größere Flexibilität bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie an den Tag gelegt. Insgesamt gehören Horizont 2020 und RP7 weltweit zu den am dritthäufigsten genannten Finanzierungsquellen zur Erforschung von COVID-19. Über das Programm wurden auch Forschungsarbeiten finanziert, die helfen sollen, ein tieferes Verständnis selten auftretender Krankheiten zu erlangen, und es wurde die Entwicklung entsprechender Therapien gefördert und so zu Fortschritten in der personalisierten Medizin und Patientenversorgung beigetragen.

Durch die Verbesserung der Fangmethoden und die Verringerung von Rückwürfen hat Horizont 2020 zu nachhaltigeren Fischfangmethoden beigetragen und ein Gleichgewicht zwischen wirtschaftlichen Interessen und Umweltschutz hergestellt. Mit dem Programm wurde die Entwicklung eines intelligenten europäischen Stromnetzes unterstützt, und es wurden Projekte finanziert, die sich auf Automatisierung, Integration der Energiespeicherung und die Einführung erneuerbarer Energiequellen konzentrieren, um den Übergang zu einem nachhaltigeren Energiesystem zu unterstützen. Horizont 2020 trug maßgeblich zur Verbesserung des innerstädtischen Verkehrs bei, indem durch das Programm Pläne für eine nachhaltige urbane Mobilität, einschließlich gut konzipierter Parkplatzmaßnahmen und Fahrradinfrastruktur, unterstützt wurden, um die Lebensqualität und Nachhaltigkeit in den Städten zu verbessern. Mit dem Programm wurde die Entwicklung von Lösungen gefördert, die den menschlichen Aspekten des digitalen Wandels Rechnung tragen; dazu gehörte unter anderem die Entwicklung einer sicheren und benutzerfreundlichen Robotik. Es hat die Zugänglichkeit und Inklusivität von Kulturräumen verbessert, was ein besseres Erleben von Kulturerbe ermöglicht und es einem breiteren Publikum zugänglich macht. Das Programm trug dazu bei, Europa sicherer zu machen, indem es Initiativen zur Verbrechensprävention und Terrorismusbekämpfung unterstützte, die Grenzüberwachung verbesserte und die Katastrophenvorsorge ausbaute.

Als Zeichen des Engagements für die interdisziplinäre Forschung hat Horizont 2020 die Rolle der Sozial- und Geisteswissenschaften, d. h. der Soziologie, der Wirtschaftswissenschaften, der Psychologie, der Politikwissenschaft, der Geschichts- und der Kulturwissenschaften, erheblich gestärkt und über 20 % des Haushalts für entsprechende Themen bereitgestellt. Wie die Bewertung allerdings ergab, waren die Sozial- und Geisteswissenschaften unterschiedlich stark in die einzelnen Teile des Programms integriert. Was die Gleichstellung der Geschlechter betrifft, so hat sich das Gleichgewicht im Rahmen von Horizont 2020 verbessert, wobei der Frauenanteil in den Bewertungsgremien 42 % erreichte. Der Anteil von Frauen in wissenschaftlichen Beratungsgremien und als Forscherinnen in Projekten blieb jedoch mit 43 % bzw. 23 % unter dem angestrebten Wert von 50 %, was Spielraum für Verbesserungen lässt.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Horizont 2020 leistete einen wesentlichen Beitrag zur europäischen Wirtschaft, und zwar nicht nur durch die Förderung von Beschäftigung und Wirtschaftswachstum, sondern auch durch die wirksame Mobilisierung privater Mittel und die Ankurbelung der Produktivität in den beteiligten Unternehmen. Das Programm hat zur Entwicklung von Tausenden von Innovationen geführt. Es wird schätzungsweise einen durchschnittlichen jährlichen Beitrag von 15,9 Mrd. EUR zum BIP der EU leisten, und der Gesamtbeitrag wird sich im Zeitraum 2014–2040 auf insgesamt 429 Mrd. EUR belaufen. Voraussichtlich hat Horizont 2020 mit einem Nettobeschäftigungszuwachs, der einen Spitzenwert von rund 220 000 Beschäftigten erreichte, auch spürbare Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. In finanzieller Hinsicht dürfte im Zeitraum bis 2040 pro Euro, die das Programm der Gesellschaft kostet (Programmkosten und Kosten für Antragsteller), ein wirtschaftlicher Nutzen von etwa fünf Euro für die EU-Bürger generiert werden.

Zusätzlich zu seinen nominalen Haushaltsmitteln trug Horizont 2020 zur Erhöhung der FuE-Ausgaben in Europa bei, indem es Koinvestitionen sowohl aus dem öffentlichen als auch aus dem privaten Sektor anzog. Die größte Hebelwirkung wurde durch europäische Partnerschaften erzielt: Bei gemeinsamen Unternehmen haben die privaten Partner mit ihren Beiträgen (Geld- oder Sachleistungen) das Volumen der EU-Finanzierung mehr als verdoppelt oder sogar verdreifacht. Außerdem wirkte sich das Programm auf die wirtschaftliche Leistung der teilnehmenden Unternehmen aus. Diese verzeichneten im Durchschnitt einen Beschäftigungszuwachs von 20 % und einen Anstieg des Umsatzes und des Gesamtvermögens um 30 % im Vergleich zu den Unternehmen, die trotz qualitativ hochwertiger Anträge keine Förderung erhielten. Das Programm leistete auch einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Rechten des geistigen Eigentums. Die Begünstigten des Programms stellten fast 4 000 Anträge auf die Anerkennung von geistigem Eigentum, wovon drei Viertel auf Patente und 12 % auf Markenrechte entfielen.

Wie in der Zwischenbewertung von Horizont 2020 festgestellt wurde, gibt es in der EU deutlich zu wenig Risiko- und Wagniskapital, um Innovationen in großem Maßstab durchzuführen. Um diese Lücke zu schließen, wurde in den letzten drei Jahren der Laufzeit von Horizont 2020 das Pilotprojekt für den Europäischen Innovationsrat (EIC) auf den Weg gebracht. Es zeichnet sich bereits ab, dass sich das EIC-Pilotprojekt positiv auf den Umsatz und die Personalausstattung der Begünstigten ausgewirkt hat. Außerdem wurde eine kritische Finanzierungslücke in Hochrisikobereichen geschlossen, in denen auf nationaler und regionaler Ebene Alternativen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Durch die Fazilität von Horizont 2020 wurden für mehr als 38 000 Organisationen 77,5 Mrd. EUR an Fremd- und Eigenkapital mobilisiert und damit die Ziele deutlich übererfüllt; außerdem wurde die Entwicklung von Risikokapitalökosystemen und ‑netzen vorangetrieben.

Mit Horizont 2020 wurden Fortschritte bei der Überbrückung der Kluft zwischen hochwertiger europäischer Forschung und Marktinnovationen erzielt, wobei diese seit Langem bestehende Lücke allerdings nicht vollständig geschlossen werden konnte. Maßnahmen, mit denen Verbreitung von Innovationen nachverfolgt werden, deuten darauf hin, dass die EU während des Durchführungszeitraums von Horizont 2020 zwar besser abgeschnitten hat, in diesem Bereich aber immer noch hinter ihren wichtigsten internationalen Wettbewerbern zurückbleibt.

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Horizont 2020 stellt eine optimale Mittelverwendung für die europäische Gesellschaft dar. Das Programm hat den Umfang und die Qualität von Forschung und Innovation in Europa erheblich verbessert und umfangreichere, komplexere und ehrgeizigere FuI-Maßnahmen unterstützt, als dies ohne EU-Unterstützung möglich gewesen wäre. Es förderte die multidisziplinäre und europaweite Zusammenarbeit sowie den Wettbewerb im Bereich von FuI. Aus der Bewertung geht hervor, dass Horizont 2020 erheblich zur Mobilisierung von FuI‑Finanzmitteln beigetragen, die Umsetzung anderer EU-Politiken unterstützt und den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung getragen hat. Der Bewertung zufolge müssen die Bemühungen unbedingt im Wege mehrerer Rahmenprogramme fortgesetzt werden, um diese Ergebnisse zu erzielen.

Bei der Bewertung wurden die folgenden verbesserungswürdigen Bereiche ermittelt: Ausweitung der Beteiligung, weitere Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwands, verstärkte Verbreitung, Nutzung und Anwendung der Ergebnisse, Förderung der Beteiligung von Frauen und Stärkung der Synergien mit anderen Initiativen auf EU-Ebene sowie auf nationaler und regionaler Ebene. Die Erkenntnisse und wichtigsten Schlussfolgerungen aus dieser abschließenden Bewertung von Horizont 2020 sollen nicht nur bei der Gestaltung der laufenden Umsetzung von „Horizont Europa“ eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch die Entwicklung von politischen Maßnahmen für künftige Forschungs- und Innovationsinitiativen maßgeblich beeinflussen. Dadurch wird sichergestellt, dass die durch Horizont 2020 gewonnenen Erkenntnisse wirksam in laufende und künftige Programme integriert werden, wodurch sich die Effizienz und Relevanz der Programme und ihre Wirkung für die Europäerinnen und Europäer noch steigern lassen.