Brüssel, den 17.4.2024

COM(2024) 177 final

Empfehlung für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung der Europäischen Kommission, im Namen der Europäischen Union an den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) teilzunehmen


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DER EMPFEHLUNG

Diese Empfehlung wird dem Rat vorgelegt, damit er der Kommission die Ermächtigung erteilt, im Namen der Europäischen Union an den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll (im Folgenden „Protokoll“) über den Bereich der Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten zum Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) teilzunehmen.

Gründe und Ziele der Empfehlung

Die schwere und organisierte Kriminalität ist eine erhebliche Bedrohung für die Sicherheit innerhalb und außerhalb der Union sowie für unsere Wirtschaft. Ein wesentliches Merkmal der organisierten Kriminalität ist, dass sie auf Profit ausgerichtet ist. Die Einnahmen aus illegalen Tätigkeiten werden für andere kriminelle Aktivitäten verwendet oder in die Unterwanderung der legalen Wirtschaft investiert. Das hat weitreichende und destabilisierende Folgen für die Gesellschaft, die Rechtsstaatlichkeit und das Vertrauen in die Behörden.

2020 und 2021 wurden in den Mitgliedstaaten der Union im Durchschnitt jährlich Vermögenswerte aus Straftaten im Umfang von rund 4,1 Mrd. EUR sichergestellt. Das bedeutet einen Anstieg gegenüber den Vorjahren, ist aber immer noch weniger als 2 % der geschätzten jährlichen Erträge der organisierten Kriminalität. 1

Für die wirksame Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist es entscheidend, den Straftätern ihre unrechtmäßigen Erträge zu entziehen. Eine wirksame Vermögensabschöpfung dient als Abschreckung vor kriminellen Aktivitäten, da sie sich gegen die wichtigste Motivation richtet und gleichzeitig die Integrität des Finanzsystems und der Wirtschaft im weiteren Sinne geschützt wird, weil weniger Vermögenswerte aus rechtswidrigen Geschäften im Umlauf sind. Darüber hinaus ermöglicht die Vermögensabschöpfung die Entschädigung der Opfer der Straftaten und fördert so den sozialen Zusammenhalt und die Gerechtigkeit. Auch haben sich wirksame Maßnahmen zur Abschöpfung von Vermögenswerten – das Aufspüren sowie die Sicherstellung, Einziehung, Verwaltung und Veräußerung der Vermögenswerte – als entscheidendes Instrument für die Aufdeckung und Zerschlagung international agierender krimineller Netze erwiesen.

Die Europäische Union hat das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) (im Folgenden „Warschauer Übereinkommen“ oder „Übereinkommen“) 2 am 2. April 2009 unterzeichnet. Sie hat das Übereinkommen noch nicht ratifiziert. Bis zum 18. Dezember 2023 hatten 25 Mitgliedstaaten 3 das Übereinkommen unterzeichnet, von denen 23 4 es auch ratifiziert hatten.

Das Warschauer Übereinkommen, das am 16. Mai 2005 angenommen wurde, regelt zahlreiche Aspekte der Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Es stützt sich auf das Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (SEV Nr. 141) (im Folgenden „Straßburger Übereinkommen“) 5 .

Mit dem Übereinkommen wird Geldwäsche (Artikel 9), darunter leichtfertige Geldwäsche und Geldwäsche als eigenständiger Tatbestand, unter Strafe gestellt. Gegenstand des Übereinkommens sind des Weiteren die Verantwortlichkeit juristischer Personen (Artikel 10), die zentralen Meldestellen (Artikel 12), Ermittlungsbefugnisse und -maßnahmen einschließlich des Aufspürens, der Sicherstellung („Einfrieren“) und der Beschlagnahme von Vermögenswerten (Artikel 4), die internationale Zusammenarbeit einschließlich der Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen, des Informationsaustauschs hinsichtlich Bankdaten und der Rechtshilfe zu Ermittlungszwecken (Artikel 15 bis 20). Und schließlich – was besonders wichtig für das Zusatzprotokoll ist – erstreckt sich das Übereinkommen auf innerstaatliche Vorschriften über die Einziehung (Artikel 5), einschließlich der Einziehung des Wertersatzes und der erweiterten Einziehung, die Vermögensverwaltung (Artikel 6) und Vorschriften über eingezogene Vermögensgegenstände (Artikel 25), einschließlich der Rückgabe von Vermögenswerten an die Opfer und von Übereinkünften über die Aufteilung von Vermögenswerten, auf Vorschriften über die justizielle Zusammenarbeit zum Zwecke der Sicherstellung („Einfrieren“) und der Einziehung von Vermögenswerten (Artikel 21 bis 30) sowie auf Verfahrensrechte und Garantien für die betroffenen Personen (Artikel 31 und 32).

Hintergrund der Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen

Im Bereich der Abschöpfung von Vermögenswerten aus Straftaten hat sich die Kriminalitätslandschaft seit der Annahme des Übereinkommens 2005 rapide verändert. Angesichts neuer Herausforderungen und da die Erträge aus Straftaten nicht in ausreichendem Maße eingezogen werden, ist es dringend geboten, den Rechtsrahmen zu stärken und die internationale Zusammenarbeit bei der Vermögensabschöpfung zu erleichtern.

In diesem Sinne haben Sachverständige in verschiedenen Veranstaltungen über die mögliche Notwendigkeit diskutiert, den bestehenden Rechtsrahmen für die Vermögensabschöpfung wirksamer zu machen. Die Konferenz der Vertragsparteien des Warschauer Übereinkommens (C198-COP) kam überein, dass ein neues Instrument erforderlich sein könnte, um die Vertragsparteien in die Lage zu versetzen, auf Herausforderungen in den unter das Übereinkommen fallenden Bereichen zu reagieren.

2019 schloss der Sachverständigenausschuss für die Anwendung der Europäischen Übereinkommen über die Zusammenarbeit in Strafsachen (PC-OC) eine umfassende Studie ab, in der untersucht wurde, welchen Mehrwert ein neues verbindliches Instrument des Europarats über die internationale Zusammenarbeit in Bezug auf die Verwaltung, Einziehung und Aufteilung von Vermögenswerten aus Straftaten haben könnte und ob die Ausarbeitung eines solchen Instruments möglich wäre.

Im Anschluss an diese Studie hielten die C198-COP und der Sachverständigenausschuss PC-OC mehrere Konsultationssitzungen ab. Anschließend fand im November 2022 eine gemeinsame Sitzung von C198-COP und PC-OC statt. Daran nahmen Vertreter beider Gremien und Sachverständige aus der ganzen Welt, darunter solche aus einschlägigen internationalen Organisationen und Fachinstituten, teil, um die Ausarbeitung eines Zusatzinstruments im Bereich der Vermögensabschöpfung zu erörtern und zu prüfen. Im Laufe der Beratungen stuften die Sachverständigen folgende Themen als am dringlichsten ein: die internationale Zusammenarbeit bei der Verwaltung und Aufteilung eingezogener Vermögenswerte (einschließlich besserer zwischenstaatlicher Übereinkünfte über die Aufteilung von Vermögenswerten), die Anwendung und Vollstreckung der Einziehung ohne vorherige Verurteilung und die wirksame Verwaltung beschlagnahmter und eingezogener Vermögenswerte.

Der Europarat berücksichtigte, dass einige dieser Fragen seinerzeit auch im Vorschlag der Europäischen Kommission für eine neue Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten 6 behandelt wurden, weshalb es als entscheidend erachtet wurde, diese Elemente möglichst bald in einen umfassenderen gesamteuropäischen Rahmen einzubinden.

Auf der 15. Sitzung der 198-COP vom 9./10. November 2023 wurde zur Kenntnis genommen, dass die Einsetzung eines Sachverständigenausschusses für die Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten unter der Aufsicht des Ministerkomitees und des Europäischen Ausschusses für Strafrechtsfragen (CDPC) geplant war. 7 Ein Entwurf des Mandats für den Sachverständigenausschuss für die Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten, der für die Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zum Warschauer Übereinkommen zuständig ist, wurde ausgearbeitet und in der Sitzung vorgestellt. Diesem Entwurf zufolge sorgt der Ausschuss dafür, dass der Entwurf des Zusatzprotokolls unter anderem Folgendes umfasst:

·Bestimmungen zur Verbesserung der Sicherheit und Kohärenz bei der Aufteilung eingezogener Vermögenswerte zwischen den Vertragsstaaten in grenzüberschreitenden Fällen,

·Bestimmungen zur Gewährleistung einer effizienten und wirksamen Verwaltung beschlagnahmter, eingezogener und rückgeführter Vermögenswerte, einschließlich der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen,

·Bestimmungen zur Erleichterung der Einleitung von Verfahren zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung und der erweiterten Einziehung in Strafsachen, einschließlich der Zusammenarbeit bei und der Erledigung von Ersuchen in grenzüberschreitenden Fällen,

·andere Angelegenheiten, die der Ausschuss für wichtig erachtet, um die Zusammenarbeit der Vertragsparteien bei der Vermögensabschöpfung zu verbessern.

Diese Angelegenheiten würden in jedem Fall Bereiche betreffen, die unter das Übereinkommen fallen.

Am 23. November 2023 hat das Ministerkomitee des Europarats das Mandat zur Einsetzung des Sachverständigenausschusses für die Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten angenommen. Der Sachverständigenausschuss wird unter der Aufsicht des Ministerkomitees und des Europäischen Ausschusses für Strafrechtsfragen mit der Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus sowie mit dem Entwurf eines erläuternden Berichts betraut. Entsprechend den Beratungen im Rahmen der 198-COP wurde vorgeschlagen, dass diese Arbeiten am 29. Mai 2024 beginnen und bis Ende 2025 abgeschlossen werden sollen.

Ziele der Empfehlung

Diese Empfehlung wird dem Rat vorgelegt, damit er der Kommission nach Artikel 218 AEUV die Ermächtigung, im Namen der Europäischen Union ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen auszuhandeln, erteilen, die Verhandlungsrichtlinien festlegen und die Kommission als Verhandlungsführerin benennen kann.

Die Europäische Union hat das Warschauer Übereinkommen unterzeichnet. Betreffend den Gegenstand des geplanten Protokolls, d. h. die Abschöpfung von Vermögenswerten, hat die Union im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auf der Grundlage von Artikel 82 Absatz 1, Artikel 83 Absätze 1 und 2 sowie Artikel 87 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gemeinsame Regeln, insbesondere in Form der Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates 8 und der neuen Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten 9 , erlassen.

Bei den Verhandlungen sollte die Union das Ziel verfolgen, die wirksame Einziehung von Erträgen aus Straftaten durch die Vertragsparteien des Übereinkommens sicherzustellen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Vermögensabschöpfung zu fördern, Abweichungen von den Rechtsvorschriften der Union zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass die im Protokoll auf Ebene des Europarats geregelten Angelegenheiten mit den Vorschriften des Besitzstands der Union im Bereich der Vermögensabschöpfung und der neuen Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten vereinbar sind.

Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen dürfte dazu führen, dass unter den Mitgliedstaaten des Europarats klarere Regeln für die Vermögensabschöpfung herrschen.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Die Verhandlungen über ein neues Protokoll zum Warschauer Übereinkommen betreffen unmittelbar die gemeinsamen Regeln der Union für die Vermögensabschöpfung.

Die neue Richtlinie über die Abschöpfung von Vermögenswerten sieht Standardformen der Einziehung einschließlich Vorschriften über die erweiterte Einziehung vor, ebenso wie eine Einziehung ohne vorherige Verurteilung unter bestimmten Umständen. Nach der Richtlinie könnten Vermögensgegenstände unklarer Herkunft eingezogen werden, wenn eine Verurteilung nicht möglich ist, das Gericht jedoch davon überzeugt ist, dass die betreffenden Vermögensgegenstände aus Straftaten stammen. Was die Vermögensverwaltung betrifft, so enthält die neue Richtlinie Vorschriften über die Einrichtung von Vermögensverwaltungsstellen und über die Möglichkeit, sichergestellte Vermögensgegenstände vor der Einziehung zu veräußern. Die Gemeinsame Maßnahme 98/699/JI 10 , Artikel 1 Buchstabe a und die Artikel 3 und 4 des Rahmenbeschlusses 2001/500/JI 11 sowie Artikel 1 erster bis vierter Gedankenstrich und Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI 12 bleiben für Dänemark in Kraft.

Die Verordnung (EU) 2018/1805 enthält Vorschriften für die justizielle Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zum Zwecke der Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen. Dazu gehören unter anderem Vorschriften für die Übermittlung, Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögensgegenstände und die Verfügung darüber (einschließlich vorzeitiger Verwertung), die Rückgabe von Vermögensgegenständen an die Opfer sowie die Verfügung über eingezogene Vermögensgegenstände oder infolge der Veräußerung von Vermögensgegenständen erzielte Geldbeträge, auch im Hinblick auf die Entschädigung der Opfer und die Regelung der Aufteilung von Vermögenswerten unter den Mitgliedstaaten. Des Weiteren enthält die Verordnung Vorschriften für die Kostenübernahme und -teilung im Zusammenhang mit der Vollstreckung grenzüberschreitender Sicherstellungsentscheidungen und für die Verfahrensrechte der betroffenen Personen, auch in Bezug auf Mitteilungspflichten und Rechtsbehelfe. Die Verordnung (EU) 2018/1805 ersetzt die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI 13 und 2006/783/JI des Rates 14 , die für die Zusammenarbeit mit Irland und Dänemark, die sich nicht an der Verordnung (EU) 2018/1805 beteiligen, weiterhin in Kraft bleiben.

Darüber hinaus ist die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) als Einrichtung der Union dafür zuständig, Personen, die als Täter oder Teilnehmer Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/1371 15 begangen haben, zu ermitteln, strafrechtlich zu verfolgen und anzuklagen. Die EUStA sollte berechtigt sein, die Sicherstellung von Tatwerkzeugen oder Erträgen aus Straftaten, einschließlich Vermögenswerten, deren Einziehung durch das Prozessgericht zu erwarten ist, anzuordnen oder zu beantragen, sofern Grund zu der Annahme besteht, dass der Eigentümer, Besitzer oder Inhaber dieser Tatwerkzeuge oder Erträge versuchen wird, die vom Gericht angeordnete Einziehung zu vereiteln. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollte die EUStA befugt sein, u. a. im Bereich der Vermögensabschöpfung – unter anderem auf der Grundlage der Verordnung (EU) 2018/1805 – mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die sich nicht an der EUStA beteiligen, sowie mit den zuständigen Behörden von Drittländern zusammenzuarbeiten.

In Anbetracht des Besitzstands der Union, der sich auf den Gegenstand der Verhandlungen bezieht, sollte die Union darauf hinwirken, dass die neuen Vorschriften für die Abschöpfung von Vermögenswerten auf Ebene des Europarats mit denen des Unionsrechts vereinbar und, soweit angemessen, kohärent sind.

2.RECHTLICHE ASPEKTE DER EMPFEHLUNG

Rechtsgrundlage

Artikel 218 Absatz 3 AEUV bestimmt, dass die Kommission dem Rat Empfehlungen vorlegt und dieser dann einen Beschluss über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen und über die Benennung des Verhandlungsführers der Union erlässt. Zum Verhandlungsführer wird die Kommission ernannt. Nach Artikel 218 Absatz 4 AEUV kann der Rat dem Verhandlungsführer Richtlinien erteilen. Die verfahrensrechtliche Grundlage für den Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission, im Namen der Union an den Verhandlungen über das Zusatzprotokoll teilzunehmen, ist daher Artikel 218 Absätze 3 und 4 AEUV.

Die materielle Rechtsgrundlage für das geplante Protokoll kann erst bestimmt werden, wenn sein genauer Anwendungsbereich und Inhalt bekannt sind. Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe j AEUV verfügt die Union über die Zuständigkeit für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, die grundsätzlich mit den Mitgliedstaaten geteilt ist. Mit Artikel 83 Absätze 1 und 2 AEUV wird die Union ermächtigt, Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen für solche Straftaten, einschließlich der Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, festzulegen. Artikel 82 Absatz 1 AEUV ermächtigt die Union, Vorschriften zu erlassen, um die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern. Artikel 82 Absatz 2 AEUV sieht die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf bestimmte Aspekte des Strafverfahrens vor, darunter die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren und die Rechte der Opfer von Straftaten. Während der Anwendungsbereich des Artikels 83 Absätze 1 und 2 AEUV hinsichtlich der erfassten Straftaten begrenzt ist, ist dies bei Artikel 82 Absätze 1 und 2 AEUV nicht der Fall. Maßnahmen zum Aufspüren und zur Ermittlung von Vermögenswerten oder die Zusammenarbeit zwischen Vermögensabschöpfungsstellen und Vermögensverwaltungsstellen fallen unter Artikel 87 Absatz 2 AEUV.

Nach Artikel 3 Absatz 2 AEUV hat die Union die ausschließliche Zuständigkeit „für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, … soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.“ Der Europäische Gerichtshof hat dazu insbesondere Folgendes klargestellt: „Die Feststellung einer solchen Gefahr [der Beeinträchtigung oder Veränderung von EU-Vorschriften durch internationale Verpflichtungen] setzt keine völlige Übereinstimmung zwischen dem von den völkerrechtlichen Verpflichtungen erfassten Gebiet und dem Gebiet der Unionsregelung voraus“; vielmehr „ können solche Verpflichtungen die Tragweite gemeinsamer Regeln der Union beeinträchtigen oder verändern, wenn die Verpflichtungen ein Gebiet betreffen, das bereits weitgehend von Unionsvorschriften erfasst ist“ 16 . Bei der Prüfung der Art der Zuständigkeit der Union sind die von den EU-Vorschriften und den Bestimmungen der geplanten Übereinkunft erfassten Gebiete, ihre absehbare Entwicklung sowie Art und Inhalt dieser Vorschriften und Bestimmungen zu berücksichtigen, um feststellen zu können, ob die geplante Übereinkunft geeignet ist, die einheitliche und kohärente Anwendung der EU-Vorschriften und das ordnungsgemäße Funktionieren des mit ihnen geschaffenen Systems zu beeinträchtigen.

Die Union hat ihre Zuständigkeit für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch Annahme zahlreicher Instrumente im Bereich Strafverfolgung und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und durch Erlass von Mindestvorschriften für Maßnahmen zur Sicherstellung und Einziehung ausgeübt. Darüber hinaus hat die Union mehrere Richtlinien erlassen, mit denen die Verfahrensrechte von Verdächtigen und beschuldigten Personen gestärkt werden. Von besonderer Bedeutung für die Elemente, deren Aufnahme in das geplante Protokoll geprüft wird, nämlich die Aufteilung und Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögenswerte, die Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen, die Verfahren für die Einziehung ohne vorherige Verurteilung und die erweiterte Einziehung sowie die Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Fällen sind die folgenden Instrumente:

·die neue Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten, die unter anderem die Richtlinie 2014/42/EU und die Rahmenbeschlüsse 2001/500/JI und 2005/212/JI ersetzt;

·die Verordnung (EU) 2018/1805 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen;

·die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI, in denen die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- bzw. Einziehungsentscheidungen vorgesehen ist und die in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, die nicht durch die Verordnung (EU) 2018/1805 gebunden sind, und in den Beziehungen zwischen diesen Mitgliedstaaten und Mitgliedstaaten, die durch die Verordnung (EU) 2018/1805 gebunden sind, weiterhin Anwendung finden (siehe Erwägungsgrund 52 der Verordnung (EU) 2018/1805).

Vor diesem Hintergrund ist der Bereich der Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten als ein Gebiet anzusehen, das weitgehend von Unionsvorschriften erfasst ist.

Da das geplante Protokoll Vorschriften im Bereich der Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten enthalten dürfte, muss es als geeignet angesehen werden, gemeinsame Regeln in diesem Bereich zu beeinträchtigen oder deren Tragweite zu verändern.

Daher verfügt die Union auf der Grundlage des Artikels 3 Absatz 2 AEUV in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof über die ausschließliche Außenkompetenz, soweit der Abschluss des geplanten Protokolls gemeinsame EU-Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.

Grundrechte

In den Verhandlungen über das Protokoll muss einer Vielzahl von Grundrechten und Grundfreiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 17 (im Folgenden „Charta“) verankert sind, Rechnung getragen werden. Von besonderer Bedeutung sind unter anderem das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 7 und 8), das Recht auf Eigentum (Artikel 17), das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (Artikel 47), die Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte (Artikel 48), die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen (Artikel 49) und das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden (Ne bis in idem, Artikel 50). Da durch die Teilnahme an den Verhandlungen im Namen der Europäischen Union das Niveau des Schutzes der Grundrechte in der Union nicht beeinträchtigt werden darf, wird in dieser Initiative vorgeschlagen, ein hohes Niveau des Schutzes der Grundrechte anzustreben.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Entfällt.

Verhältnismäßigkeit

Diese Initiative geht nicht über das für die Verwirklichung der betreffenden politischen Ziele erforderliche Maß hinaus. Die Union ist am besten in der Lage, tätig zu werden, da die Union ihre interne Zuständigkeit in diesem Bereich bereits durch Annahme verschiedener Rechtsinstrumente im Bereich der Vermögensabschöpfung ausgeübt hat.

Daher sollte in den Verhandlungen ein gemeinsamer Ansatz der EU verfolgt werden, um Diskrepanzen zwischen den Vorschriften über die Vermögensabschöpfung auf Ebene des Europarats und dem Unionsrecht zu vermeiden.

   

Empfehlung für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung der Europäischen Kommission, im Namen der Europäischen Union an den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) teilzunehmen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Union hat das Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) am 2. April 2009 unterzeichnet. Bis zum 18. Dezember 2023 hatten 25 Mitgliedstaaten 18 das Übereinkommen unterzeichnet, von denen 23 19 es auch ratifiziert hatten.

(2)Am 23. November 2023 hat das Ministerkomitee des Europarats das Mandat zur Einsetzung des Sachverständigenausschusses für die Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten angenommen. Der Sachverständigenausschuss für die Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten wurde mit der Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus unter der Aufsicht des Ministerkomitees und des Europäischen Ausschusses für Strafrechtsfragen betraut. Die Arbeiten sollen am 29. Mai 2024 beginnen und bis Ende 2025 abgeschlossen sein.

(3)Gegenstand des geplanten Zusatzprotokolls sind dem Mandat zufolge Bestimmungen zur Verbesserung der Sicherheit und Kohärenz bei der Aufteilung eingezogener Vermögenswerte zwischen Vertragsstaaten in grenzüberschreitenden Fällen, Bestimmungen zur Gewährleistung einer effizienten und wirksamen Verwaltung beschlagnahmter, eingezogener und rückgeführter Vermögenswerte, einschließlich der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen, Bestimmungen zur Erleichterung der Einführung von Verfahren zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung und der erweiterten Einziehung in Strafsachen, einschließlich der Zusammenarbeit bei und der Erledigung von Ersuchen in grenzüberschreitenden Fällen, sowie sonstige Fragen, die nach Auffassung des Ausschusses von Belang sind, um die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien bei der Vermögensabschöpfung zu stärken.

(4)Die Union hat bereits gemeinsame Vorschriften erlassen, die sich zu einem großen Teil mit bestimmten Elementen überschneiden, deren Aufnahme in das geplante Zusatzprotokoll geprüft wird. Zu diesen gemeinsamen Vorschriften gehören insbesondere die Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten und die Verordnung (EU) 2018/1805 20 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen. Darüber hinaus bleiben die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI 21 und 2006/783/JI 22 in den Beziehungen zwischen bestimmten Mitgliedstaaten anwendbar. Der Bereich der Abschöpfung von durch Straftaten erlangten Vermögenswerten ist somit bereits weitgehend von Unionsvorschriften erfasst, und es besteht die Gefahr, dass die Elemente, deren Aufnahme in das geplante Zusatzprotokoll geprüft wird, diese Vorschriften beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern.

(5)Deshalb sollte die Union an den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) teilnehmen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Kommission wird ermächtigt, im Namen der Union das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) auszuhandeln.

Artikel 2

Die Verhandlungsrichtlinien sind im Anhang festgelegt.

Artikel 3

Die Verhandlungen werden im Benehmen mit dem [vom Rat einzufügen: Name des Sonderausschusses] geführt.

Artikel 4

Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident/Die Präsidentin

(1)    Europol (2023), European Financial and Economic Crime Threat Assessment 2023 – The Other Side of the Coin: An Analysis of Financial and Economic Crime, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg.
(2)    Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus, SEV Nr. 198, angenommen am 16. Mai 2005.
(3)    Alle EU-Mitgliedstaaten außer Irland und Tschechien haben das Übereinkommen Nr. 198 unterzeichnet.
(4)    Alle EU-Mitgliedstaaten außer Finnland, Irland, Luxemburg und Tschechien haben das Übereinkommen Nr. 198 ratifiziert. Einige Mitgliedstaaten haben Vorbehalte zu einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens geltend gemacht.
(5)    Council of Europe Convention on Laundering, Search, Seizure and Confiscation of the Proceeds from Crime, ETS No. 141, adopted on 8 November 1990. Die Union ist keine Vertragspartei dieses Übereinkommens, das keine Klausel enthält, wonach die sie dem Übereinkommen beitreten könnte.
(6)    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten vom 25. Mai 2022 (COM(2022) 245 final).
(7)    Sitzungsbericht, 15. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (SEV Nr. 198) vom 9./10. November 2023, C198-COP(2023)10.
(8)    Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 1).
(9)    Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten vom 25. Mai 2022 (COM(2022) 245 final).
(10)    98/699/JI: Gemeinsame Maßnahme vom 3. Dezember 1998 – vom Rat aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen – betreffend Geldwäsche, die Ermittlung, das Einfrieren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. L 333 vom 9.12.1998, S. 1).
(11)    Rahmenbeschluss 2001/500/JI des Rates vom 26. Juni 2001 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Einfrieren, Beschlagnahme und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten (ABl. L 182 vom 5.7.2001, S. 1).
(12)    Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten (ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 49).
(13)    Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45).
(14)    Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 59).
(15)    Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29).
(16)    Kommission/Rat, C-114/12, ECLI:EU:C:2014:2151, Rn. 69-70.
(17)    Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389).
(18)    Alle EU-Mitgliedstaaten außer Irland und Tschechien haben das Übereinkommen Nr. 198 mit Vorbehalten oder ohne Vorbehalte unterzeichnet.
(19)    Alle EU-Mitgliedstaaten außer Finnland, Irland, Luxemburg und Tschechien haben das Übereinkommen Nr. 198 ratifiziert.
(20)    Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2018/1805/oj).
(21)    Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_framw/2003/577/oj).
(22)    Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 59, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_framw/2006/783/oj).

Brüssel, den 17.4.2024

COM(2024) 177 final

ANHANG

der

Empfehlung für einen BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung der Europäischen Kommission, im Namen der Europäischen Union an den Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (SEV Nr. 198) teilzunehmen


ANHANG

Hinsichtlich des Ablaufs der Verhandlungen sollte die Union die folgenden Ergebnisse anstreben:

(1)Der Verhandlungsprozess ist offen, inklusiv und transparent und basiert auf einer loyalen Zusammenarbeit.

(2)Die Beiträge aller Vertragsstaaten des Übereinkommens werden gleichberechtigt berücksichtigt, um einen inklusiven Prozess zu gewährleisten.

(3)Der Verhandlungsprozess stützt sich auf ein effektives und realistisches Arbeitsprogramm.

Hinsichtlich der allgemeinen Ziele der Verhandlungen sollte die Union die folgenden Ergebnisse anstreben:

(4)Das Protokoll ist mit den bestehenden Vorschriften des Unionsrechts über die Vermögensabschöpfung und den entsprechenden unionsrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten vereinbar. Der Besitzstand der Union im Bereich der Vermögensabschöpfung umfasst insbesondere die Verordnung (EU) 2018/1805 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sowie die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI, die in grenzüberschreitenden Fällen, an denen Irland und Dänemark beteiligt sind, weiter Anwendung finden. Für die Zwecke des Protokolls umfasst der einschlägige Besitzstand der Union auch die Verordnung (EU) 2017/1939 zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).

(5)Das Protokoll ist mit der neuen Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten vereinbar.

(6)Das Protokoll steht mit dem Besitzstand der Union im Bereich der Verfahrensrechte in Strafverfahren im Einklang, insbesondere mit der Richtlinie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren 1 , der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren 2 , der Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs 3 und der Richtlinie (EU) 2016/343 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren 4 .

(7)Das Protokoll gewährleistet die Achtung der in den Verträgen der Europäischen Union und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte und Grundfreiheiten und enthält Vorschriften zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien des Übereinkommens in einer Weise, die mit den Standards der Union im Bereich der Grundrechte und Verfahrensgarantien, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und insbesondere deren Artikeln 7, 8, 17, 19, 47, 48, 50 und 52, sowie dem Besitzstand der Union im Bereich der Verfahrensrechte und den Datenschutzvorschriften der Union vereinbar ist.

(8)Die Vorschriften des Protokolls stehen in einem angemessenen Verhältnis zum Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats sowie zur Stärke der in dem Protokoll festgelegten dazugehörigen Verfahrensrechte und -garantien.

Hinsichtlich des Inhalts der Verhandlungen sollte die Union die folgenden Ergebnisse anstreben:

(9)Die nachstehend im Einzelnen dargelegten besonderen Ziele werden erreicht; dabei wird sichergestellt, dass die Ergebnisse der Verhandlungen mit den internen Vorschriften der Union über die Vermögensabschöpfung vereinbar sind. Diese internen Vorschriften dienen als Bezugspunkt für die Verhandlungsposition der Union.

(10)Das Protokoll und der Besitzstand der Union im Bereich der Vermögensabschöpfung sowie die neue Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten verstärken sich gegenseitig in ihrem Ziel, die Wirksamkeit der Vermögensabschöpfung zu erhöhen, indem klare Vorschriften geschaffen werden, die unter anderem die Zusammenarbeit zwischen allen Vertragsstaaten des Übereinkommens erleichtern.

(11)Die Bestimmungen des Protokolls über die Aufteilung eingezogener Vermögenswerte zwischen Vertragsstaaten in grenzüberschreitenden Fällen sind klar und mit denen der Verordnung (EU) 2018/1805 vereinbar, insbesondere mit den Vorschriften über die Übernahme und Teilung der Kosten im Zusammenhang mit der Vollstreckung grenzüberschreitender Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, der Entschädigung der Opfer und der Rückgabe von Vermögensgegenständen an die Opfer.

(12)Die Bestimmungen des Protokolls über die Vermögensverwaltung gewährleisten eine effiziente und wirksame Verwaltung sichergestellter und eingezogener Vermögenswerte und sind mit den Vorschriften für die Vermögensverwaltung vereinbar, die in der neuen Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten festgelegt sind, einschließlich der Möglichkeit, sichergestellte Vermögensgegenstände vor der Einziehung zu veräußern.

(13)Die Bestimmungen des Protokolls über die Vermögensverwaltung in einem grenzüberschreitenden Kontext, insbesondere die Vorschriften über die vorzeitige Verwertung und die Übertragung von Vermögensgegenständen vor der Einziehung, erleichtern die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und sind mit denen der Verordnung (EU) 2018/1805 vereinbar.

(14)Die Bestimmungen des Protokolls erleichtern die Entschädigung der Opfer und die Rückgabe von Vermögensgegenständen an die Opfer in grenzüberschreitenden Fällen und sind mit den Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/1805 vereinbar. Die Vorschriften über die vorzeitige Verwertung und die Veräußerung eingezogener Vermögenswerte in grenzüberschreitenden Fällen dürfen die Rechte der Opfer in keiner Weise beeinträchtigen.

(15)Die Bestimmungen des Protokolls erleichtern die Einführung von Verfahren zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung und der erweiterten Einziehung in angemessenem Umfang und sind mit den Vorschriften der neuen Richtlinie über die Abschöpfung und Einziehung von Vermögenswerten einschließlich der darin und in der Charta festgelegten Garantien vereinbar, wobei der Erklärung der Kommission zur Auslegung der Richtlinie Rechnung getragen wird. Die Vorschriften des Protokolls dürfen die Umstände, unter denen in der Union Maßnahmen zur erweiterten Einziehung und zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung anwendbar sind, nicht einschränken. Ferner dürfen die Vorschriften den Kreis der Straftaten, bei denen in der Union Maßnahmen zur erweiterten Einziehung und zur Einziehung ohne vorherige Verurteilung anwendbar sind, nicht einschränken.

(16)Die Bestimmungen des Protokolls über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zur Sicherstellung oder Einziehung von Vermögensgegenständen in grenzüberschreitenden Fällen erleichtern die internationale Zusammenarbeit und sind mit dem Unionsrecht, insbesondere der Verordnung (EU) 2018/1805, vereinbar.

(17)Hinsichtlich sonstiger Themen, die erörtert werden könnten, weil sie für die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, einschließlich der Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft, von Belang sind, sind die vorgeschlagenen Vorschriften mit dem Besitzstand der Union im Bereich der Vermögensabschöpfung und dem sonstigen einschlägigen Besitzstand vereinbar.

(18)Das Protokoll enthält Bestimmungen, die das wirksame Aufspüren und die wirksame Ermittlung von Vermögenswerten gewährleisten, unter anderem durch eine systematischere Einleitung von Untersuchungen zum Aufspüren von Vermögenswerten und die Einrichtung spezialisierter Vermögensabschöpfungsstellen, die die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erleichtern können. Zu diesem Zweck sollten diese Stellen in angemessenem Umfang wirksame Befugnisse und Zugang zu einschlägigen Informationen erhalten, wobei den unterschiedlichen Datenschutzstandards der Vertragsparteien des Übereinkommens Rechnung getragen wird.

Hinsichtlich des Funktionierens des Übereinkommens sollte die Union die folgenden Ergebnisse anstreben:

(19)Mit dem Zusatzprotokoll werden die bestehenden globalen und regionalen Übereinkünfte, deren Vertragspartei die Union ist, beibehalten.

(20)Das Zusatzprotokoll enthält eine Trennungsklausel, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, in Angelegenheiten, die unter das Zusatzprotokoll fallen, in ihren gegenseitigen Beziehungen weiterhin Unionsrecht anzuwenden.

(21)Das Zusatzprotokoll enthält allgemeine und institutionelle Klauseln, insbesondere über Durchführungsmechanismen, Beilegung von Streitigkeiten, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt, Inkrafttreten, Änderungen, Aussetzung und Kündigung, die es der Union ermöglichen, ihre Außenkompetenz in vollem Umfang auszuüben.

(1)    ABl. L 280 vom 26.10.2010, S. 1.
(2)    ABl. L 142 vom 1.6.2012, S. 1.
(3)    ABl. L 294 vom 6.11.2013, S. 1.
(4)    ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 1.