Brüssel, den 28.11.2023

COM(2023) 761 final

2023/0443(NLE)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2578 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

1.1.Gründe und Ziele des Vorschlags

Seit Russlands unprovozierter und ungerechtfertigter groß angelegter Invasion der Ukraine hat Russland seine Gaslieferungen an die EU mutwillig unterbrochen, um Energie als politische Waffe einzusetzen. Russland ist seit vielen Jahren der wichtigste Gaslieferant der EU. In der Vergangenheit war die EU bei mehr als 40 % ihrer Gaslieferungen auf Russland angewiesen. Seit Februar 2022 sind die Gaslieferungen kontinuierlich zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2023 machten die Pipeline-Gasflüsse aus Russland weniger als 10 % der Gaseinfuhren in die EU aus.

Der von Russland verursachte Angebotsschock hatte erhebliche Auswirkungen auf das Gaspreisniveau in der EU. Während sich die Preise in den letzten zehn Jahren in der Bandbreite von 5 EUR/MWh bis 35 EUR/MWh bewegten und durchschnittlich bei etwa 20 EUR/MWh lagen, stiegen die Gaspreise auf dem Höhepunkt der Krise im August 2022 auf über 300 EUR/MWh und erreichten ein Niveau, das 1000 % über den bis dato in der Union verzeichneten Durchschnittspreisen lag. Die höchsten Preisniveaus wurden in der Woche vom 22. bis 26. August 2022, d. h. über fünf aufeinanderfolgende Handelstage, erreicht, als die Preise durchweg über 250 EUR/MWh lagen und um mehr als 50 EUR/MWh vom LNG-Referenzpreis abwichen. Seit dem Höhepunkt der Krise sind die Preise erheblich gesunken und lagen im Frühherbst 2023 zwischen 40 EUR/MWh und 50 EUR/MWh. Sie bleiben jedoch mehr als doppelt so hoch wie vor der Krise.

Extreme Preisspitzen sind für die europäische Wirtschaft äußerst schädlich. Gas wird in vielen Sektoren der EU-Wirtschaft von KMU bis hin zu großen Unternehmen genutzt, insbesondere in gasintensiven Wirtschaftszweigen wie der Keramik-, Glas-, Düngemittel-, Zellstoff- und Papier- sowie Chemieindustrie. Darüber hinaus übertragen sich die hohen Gaspreise auf die Strompreise und tragen zum Anstieg der Gesamtinflation bei.

Vor diesem Hintergrund hat der Rat am 19. Dezember 2022 die Notfallverordnung (EU) 2022/2578 des Rates zur Einführung eines Korrekturmechanismus für den Gasmarkt angenommen, mit dem die Bürgerinnen und Bürger der Union und die Wirtschaft vor überhöhten Preisen geschützt werden sollten.

Die Geltungsdauer der Verordnung endet am 31. Januar 2024. Angesichts der nach wie vor bestehenden Risiken für die Energieversorgung und damit auch für die Preise in der Union soll mit dem vorliegenden Vorschlag die Geltungsdauer der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2578 um ein Jahr verlängert werden.

1.1.1.Die wichtigsten Elemente der Verordnung (EU) 2022/2578

Mit der Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates vom 22. Dezember 2022 wurde ein befristeter Marktkorrekturmechanismus für Aufträge zum Handel mit Derivaten eingeführt, die mit den virtuellen Handelspunkten (VHP) der EU verbunden sind und Laufzeiten zwischen einem Monat und einem Jahr (Month-Ahead und Year-Ahead) aufweisen.

Der Marktkorrekturmechanismus wird aktiviert, wenn ein Marktkorrekturereignis eintritt, d. h. wenn der Abrechnungspreis für Front-Month-Derivate der Title Transfer Facility (TTF) 180 EUR/MWh übersteigt und drei Arbeitstage lang 35 EUR über dem Referenzpreis liegt (der die globalen Preistrends für LNG widerspiegelt). Der Marktkorrekturmechanismus ist bisher noch nicht aktiviert worden, da die TTF-Preise seit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates unter den Auslöseschwellen geblieben sind. 

Mit der Verordnung über den Marktkorrekturmechanismus wird für den Fall, dass ein Marktkorrekturereignis eintritt, eine dynamische Gebotsobergrenze festgelegt, wonach Marktbetreiber keine Aufträge für Derivate annehmen und Marktteilnehmer keine Aufträge für Derivate abgeben sollten, deren Preise 35 EUR/MWh über dem von der ACER am Vortag veröffentlichten Referenzpreis liegen. Der Marktkorrekturmechanismus wird nach 20 Arbeitstagen automatisch deaktiviert, wenn die dynamische Gebotsobergrenze an drei aufeinanderfolgenden Tagen bei 180 EUR/MWh liegt.

Gemäß Artikel 6 der Verordnung kann die dynamische Gebotsobergrenze unverzüglich und jederzeit ausgesetzt werden, wenn sie zu schwerwiegenden Marktstörungen führt, die die Versorgungssicherheit und die Gasflüsse innerhalb der Union oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte für Energiederivate beeinträchtigen.

1.1.2.Derzeitige Lage: weiterhin bestehende gravierende Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU

Mit der Reaktion der Union im Rahmen von REPowerEU und den sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2578 festgelegten Maßnahmen, hat sich die EU auf eine Verschlechterung der Gasversorgungssicherheitslage vorbereitet. Wenn die Verordnung nicht verlängert wird, endet ihre Geltungsdauer am 31. Januar 2024.

Allerdings gibt es zum Zeitpunkt der Annahme des vorliegenden Vorschlags nach wie vor gravierende Schwierigkeiten bei der Gasversorgung der Union.

Aufgrund des erheblichen Rückgangs der russischen Pipeline-Gaseinfuhren im vergangenen Jahr hat sich die Verfügbarkeit von Gaslieferungen in die Union im Vergleich zur Zeit vor der Krise erheblich verringert. In Anbetracht des derzeitigen Volumens der Gaseinfuhren über Pipelines dürfte die Union 2023 etwa 20 Mrd. m³ Gas über russische Pipelines einführen, sofern diese unzuverlässigen Einfuhren nicht komplett eingestellt werden. Dies wären etwa 110 Mrd. m³ weniger als 2021.

Die globalen Gasmärkte sind nach wie vor sehr angespannt und dies dürfte noch einige Zeit so bleiben. Wie die Internationale Energieagentur (IEA) festgestellt hat 1 , hat sich das weltweite LNG-Angebot in den Jahren 2022 (4 %) und 2023 (3 %) nur geringfügig erhöht, was auf die begrenzte Zunahme der Verflüssigungskapazitäten, Ausfälle in großen Ausfuhranlagen und sinkende Beschickungsgasmengen in LNG-Anlagen, die aus alternden Feldern gespeist werden, zurückzuführen ist. Erst ab 2025 werden weltweit (insbesondere in den USA und Katar) erhebliche neue LNG-Verflüssigungskapazitäten in Betrieb gehen, in unmittelbarer Zukunft bleibt das Marktgleichgewicht jedoch prekär. 2

Diese Situation wirkt sich nach wie vor negativ auf die Gaspreise aus, die zwar weit unter dem Höchststand vom Sommer 2022 liegen, aber weiterhin höher sind als vor der Krise, was unvermeidliche Auswirkungen auf die Kaufkraft der EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen hat.

Auch die hohe Marktvolatilität ist eine Folge der angespannten Marktlage und ein zusätzliches Risiko für die EU-Wirtschaft. Im Sommer und im Herbst 2023 kam es zu einer Reihe von Phasen erheblicher Volatilität, in denen die Preise in einigen Wochen um mehr als 50 % stiegen. Dies zeigt, dass die Gasmärkte nach wie vor anfällig sind und auf etwaige unerwartete und plötzliche Angebots- und Nachfragefrageschocks möglicherweise in großem Umfang reagieren, wie sich nach dem Streik in den australischen LNG-Anlagen, der Krise im Nahen Osten und dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline gezeigt hat.

Einige Risiken können, falls sie eintreten, die Angst vor Knappheit schüren, was angesichts der Anfälligkeit des Marktes aufgrund dessen angespannter Lage zu umfangreichen Reaktionen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Preise führen kann. Zu diesen Risiken gehören eine Erholung der Nachfrage nach Flüssigerdgas (LNG) in Asien, wodurch sich die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt verringert, 3 extreme Wetterbedingungen, die sich auf die Wasserkraftspeicherung oder die Kernenergieerzeugung 4 auswirken könnten, sodass verstärkt auf die Stromerzeugung aus Gas zurückgegriffen werden müsste, und weitere mögliche Störungen der Gasversorgung, einschließlich einer vollständigen Einstellung der Gaseinfuhren aus Russland oder eines Ausfalls bestehender kritischer Gasinfrastrukturen.

Nicht nur in der Ukraine, sondern auch in mehreren der wichtigsten Versorgungsregionen der EU (Aserbaidschan, Naher Osten) finden derzeit bewaffnete Konflikte hoher Intensität statt, wodurch sich die Bedrohungslage verschlechtert.

Jüngste Beispiele veranschaulichen die Wahrscheinlichkeit und Relevanz der Risiken im Zusammenhang mit dem Ausfall kritischer Gasinfrastrukturen. Im September 2022 wurde die Pipeline Nord Stream 1 durch Sabotageakte so stark beschädigt, dass durch sie derzeit kein Gas befördert werden kann und dies auch in absehbarer Zukunft nicht möglich sein wird. Im Oktober 2023 fiel die wichtige Balticconnector-Pipeline aus, die Finnland mit Estland verbindet. Infolge dieses Ausfalls ist Finnland nicht mehr in der Lage, das N-1-Kriterium des Infrastrukturstandards gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) 2017/1938 zu erfüllen. Das N-1-Kriterium stellt sicher, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, damit sie im Falle eines Ausfalls der größten einzelnen Gasinfrastruktur noch über die technische Kapazität verfügen, um ihre Gesamtnachfrage an einem Tag mit Spitzennachfrage zu decken. Infolge des Ausfalls der Balticconnector-Pipeline erhöhte Finnland am 27. Oktober 2023 seine Krisenstufe gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2017/1938 von einer „Frühwarnung“ auf „Alarm“, d. h. auf die letzten Krisenstufe vor einem Notfall. Dieses jüngste Infrastrukturereignis veranschaulicht die Wahrscheinlichkeit und Relevanz der Risiken im Zusammenhang mit neuerlichen Ausfällen kritischer Gasinfrastrukturen.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass der erhebliche Rückgang der Erdgasnachfrage (-18 % zwischen August 2022 und August 2023) zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen Gasangebot und Gasnachfrage in der EU beiträgt. Dieser Rückgang ist auf wirtschaftliche Faktoren (z. B. hohe Preise) und Verwaltungsmaßnahmen zurückzuführen, die die Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EU) 2022/1369 und deren Verlängerungsverordnung (EU) 2023/706 über eine koordinierte Senkung der Gasnachfrage erlassen haben. Ein möglicher Anstieg der Nachfrage aufgrund eines Wiederanstiegs des Gasverbrauchs im Wohn-, Gewerbe- und Industriesektor5 oder falls die Verwaltungsmaßnahmen zur Senkung der Nachfrage nicht weiter verlängert werden, stellt ein zusätzliches Risiko dar, das angesichts der derzeitigen angespannten Marktbedingungen die Gasversorgungssicherheit der EU untergraben könnte.

In einer Reihe aufeinanderfolgender Berichte vom Dezember 2022 sowie Februar, Juli und Oktober 2023 hat die IEA immer wieder auf die anhaltenden Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU hingewiesen und vor dem Hintergrund der Verbesserung der Lage gegenüber dem Höhepunkt der Krise im Sommer 2022 vor Selbstzufriedenheit gewarnt. Ihrem Bericht vom Oktober 2023 zufolge werde die weltweite Gasversorgungslage 2023 weiterhin angespannt bleiben, und es wird davon ausgegangen, dass die unterdurchschnittliche Zunahme der LNG-Verflüssigungskapazitäten die angespannten Versorgungsbedingungen bis in das Jahr 2024 hinein verlängern werde. In ihrem Bericht vom Februar wies die IEA darauf hin, dass das weltweite Gleichgewicht einem ungewöhnlich breiten Spektrum an Unsicherheiten und exogenen Risikofaktoren ausgesetzt sei. Dazu gehöre die Möglichkeit einer vollständigen Einstellung der russischen Pipeline-Gaslieferungen in die Europäische Union sowie eine Erholung der chinesischen LNG-Einfuhren im Einklang mit den langfristigen LNG-Verträgen Chinas sowie ein potenziell geringeres Angebot an LNG. Die IEA entwickelte Stressszenarien, die sich auf die Annahmen stützen, dass die russischen Gaslieferungen eingestellt werden, die LNG-Lieferungen weiterhin knapp bleiben und die wetterbedingte Nachfrage steigt, was in der EU zu einer potenziellen Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von 40 Mrd. m³ führen könnte. In ihrem Bericht vom Juli 2023 hob die IEA hervor, dass auch vor dem Winter 2023/24 auf der Nordhalbkugel weiterhin Risiken und Unsicherheiten bestehen und dass gut gefüllte Speicher keine Gewähr gegen Wintervolatilität und das Risiko erneuter Marktspannungen bieten. 5

Darüber hinaus veröffentlichte der Europäische Verbund der Fernleitungsnetzbetreiber (ENTSOG) gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 seine jährliche Winterversorgungsprognose zusammen mit einem Überblick über den Sommer. Der ENTSOG kam zu dem Schluss, dass sich die allgemeine Versorgungssicherheitslage in der EU zwar erheblich verbessert habe, im Falle einer vollständigen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland jedoch möglicherweise zusätzliche Maßnahmen erforderlich seien. Darüber hinaus sei ein sorgfältiges Management der Speicher im Winter 2023–2024 erforderlich, da zu Beginn der Einspeichersaison wahrscheinlich ein Füllstand von 46 % erforderlich sei, um das in der Verordnung (EU) 2022/1032 festgelegte Speicherziel von 90 % zu erreichen.3

Die Reaktion der Union im Rahmen von REPowerEU und die sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2578 festgelegten Maßnahme, haben zur Verbesserung der Lage beigetragen. Sollten die einschlägigen Maßnahmen der Union nicht mehr gelten, könnte dies die stabilisierte, aber anfällige Lage, die die Union erreicht hat, verändern und die Resilienz der EU gegenüber widrigen Ereignissen verschlechtern.

Angesichts dieser anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit und die Gaspreise in der EU und um das derzeitige anfällige Gleichgewicht nicht zu stören, ist es erforderlich und dringend geboten, die Verordnung (EU) 2022/2578 zu verlängern. Daher soll mit diesem Vorschlag die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2578 um ein Jahr verlängert werden.

1.1.3.Gründe für die Verlängerung der Bestimmungen der Verordnung bei der derzeitigen Lage

Die verschiedenen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2578, die mit dem vorliegenden Vorschlag verlängert werden sollen, sind notwendig, um den oben genannten gravierenden Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit und die Gaspreise in der EU zu begegnen.

Im März 2023 führten die ACER und die ESMA eine Bewertung zu den Auswirkungen des Marktkorrekturmechanismus seit seinem Inkrafttreten durch und kamen zu dem Schluss, dass der Marktkorrekturmechanismus nicht aktiviert worden ist und bis zu diesem Zeitpunkt keine negativen Auswirkungen auf die Energiemärkte (und finanziell mit diesen zusammenhängende Märkte) eingetreten sind. Um auch die Marktentwicklungen der letzten Monate zu bewerten, weitete die Kommission die Analyse aus, wobei sie zu dem Ergebnis kam, dass seit Inkrafttreten der Verordnung über den Marktkorrekturmechanismus der Marktkorrekturmechanismus nie aktiviert worden ist und keine negativen Auswirkungen zu verzeichnen waren.

Der Marktkorrekturmechanismus verhindert, dass die Preise auf den Märkten für Gasderivate im Vergleich zu den internationalen Preisen übermäßig hohe Niveaus erreichen, und begrenzt daher die negativen Auswirkungen hoher Preise auf die Kaufkraft der EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen.

Kohärenz mit bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich

Am 23. März 2022 stellte die Europäische Kommission die Mitteilung „Versorgungssicherheit und erschwingliche Energiepreise: Optionen für Sofortmaßnahmen und Vorbereitung auf den nächsten Winter“ (COM(2022) 138 final) vor, in der sie ihr Ziel darlegte, die Gasversorgung für den nächsten Winter und darüber hinaus zu vertretbaren Kosten sicherzustellen. In der Mitteilung wurde die Deckelung oder Modulation des Gaspreises mit regulatorischen Mitteln als eine Option genannt, die in Betracht gezogen werden kann, um einem starken Anstieg der Energiepreise zu begegnen. Im Oktober 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission vor dem Hintergrund der eskalierenden Krise eine Mitteilung, in der sie bekräftigte, dass den hohen Energiepreisen durch gezielte und koordinierte Maßnahmen entgegengewirkt werden muss. In der Mitteilung schlug die Kommission vor, an der wichtigsten europäischen Gasbörse, der TTF, einen Preisbegrenzungsmechanismus einzuführen, der bei Bedarf ausgelöst werden kann. Der von der Kommission in ihren Mitteilungen dargelegte Vorschlag wurde mit der Verordnung (EU) 2022/2578 umgesetzt.

Die Ziele und Grundsätze der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung werden durch den Marktkorrekturmechanismus und den vorliegenden Vorschlag zu dessen Verlängerung nicht beeinträchtigt. Mit der Verordnung (EU) 2022/2578 wird sichergestellt, dass der Marktkorrekturmechanismus bei einem regionalen oder unionsweiten Notfall die Gasflüsse innerhalb des Binnenmarkts nicht unangemessen einschränkt, sodass die Gasversorgungssicherheit der Union nicht gefährdet wird.

Die Verordnung (EU) 2022/2578 und der vorliegende Vorschlag fügen sich in eine Reihe von Maßnahmen ein, die vom Rat in den vergangenen Monaten angenommen wurden, um die derzeitige Energiekrise zu bewältigen. Die Verordnung (EU) 2022/2578 ist insbesondere eng mit der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates verbunden und steht mit deren Zielen im Einklang. Sie stellt nämlich sicher, dass die Kommission den Marktkorrekturmechanismus aussetzen kann, wenn sich dieser negativ auf die Fortschritte bei der Umsetzung des Gassparziels gemäß Artikel 3 der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates auswirkt oder den von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates übermittelten Daten über den Gasverbrauch und die Nachfragesenkung zufolge zu einem allgemeinen Anstieg des Gasverbrauchs führt.

Eine regelmäßige und wirksame Überwachung und Berichterstattung sind von entscheidender Bedeutung, um die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Maßnahmen zur freiwilligen und verpflichtenden Senkung der Nachfrage zu bewerten. Dazu müssen die Mitgliedstaaten der Kommission – zusätzlich zu den in der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates vorgesehenen Überwachungs- und Berichterstattungsmaßnahmen – spätestens zwei Wochen nach dem Marktkorrekturereignis mitteilen, welche Maßnahmen sie als Reaktion auf das Marktkorrekturereignis ergriffen haben, um den Gas- und Stromverbrauch zu verringern, es sei denn, die Kommission hat einen Aussetzungsbeschluss erlassen. Die Senkung der Nachfrage in der gesamten Union ist ein Ausdruck des im Vertrag verankerten Solidaritätsprinzips.

Darüber hinaus ergänzt die Verordnung (EU) 2022/2578 die Ziele der Einführung des Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität, mit dem gemäß Kapitel III Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2022/2576 kurzfristigen Marktvolatilitäten begegnet werden soll. Der Mechanismus zur Begrenzung der Tagesvolatilität ist ein Instrument, mit dem extreme Veränderungen innerhalb eines Tages begrenzt werden sollen und ist damit nicht ausreichend, um Probleme mit überhöhten Preisen anzugehen, wie sie im Sommer 2022 aufgetreten sind.

Ferner stehen die Verordnung (EU) 2022/2578 und der vorliegende Vorschlag im Einklang mit den Zielen des europäischen Grünen Deals, insbesondere mit der Gewährleistung einer sicheren und erschwinglichen Energieversorgung in der EU, indem ein Mechanismus eingeführt wird, mit dem die Auswirkungen überhöhter Gaspreise auf die Verbraucher in der EU und die EU-Mitgliedstaaten abgemildert werden und der gleichzeitig so gestaltet ist, dass die Preise nicht strukturell gesenkt werden, was zu einem höheren Gasverbrauch führen könnte, wenn die Senkung an die Endverbraucher weitergegeben würde.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die Verordnung (EU) 2022/2578 und dieser Vorschlag zu deren Verlängerung sind mit anderen Politikbereichen der Union vereinbar, insbesondere mit den Vorschriften über die Binnenmarktpolitik, einschließlich der Wettbewerbsregeln. Die Verordnung (EU) 2022/2578 greift nicht in ungebührlicher Weise in die Grundsätze des Wettbewerbsrechts ein. Der Marktkorrekturmechanismus ist insbesondere so konzipiert, dass das Eingreifen auf Fälle überhöhter Preise beschränkt wird, in denen der TTF-Index keinen geeigneten Näherungswert mehr für Preise bietet, die die Marktdynamik in Europa angemessen widerspiegeln.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für dieses Instrument ist Artikel 122 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Bedingungen für die Anwendung dieser Bestimmung setzen voraus, dass die Maßnahme der Wirtschaftslage angemessen ist, was insbesondere dann der Fall ist, wenn es „gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren“ gibt. Die Maßnahmen müssen zudem „im Geiste der Solidarität“ ergriffen werden, und nach ständiger Rechtsprechung befristet und verhältnismäßig sein.

Der derzeitige anhaltende Mangel an Gaslieferungen ist zusammen mit der Preisvolatilität aufgrund des fragilen Gleichgewichts auf den globalen Gasmärkten eine gravierende Schwierigkeit in der Versorgung mit einem Energieerzeugnis im Sinne des Artikels 122 AEUV. Wie in Abschnitt 1 („Gründe und Ziele des Vorschlags“) betont wurde, bestehen nach wie vor gravierende Schwierigkeiten und Risiken für die Gasversorgungssicherheit der EU.

Sollten die in der Verordnung (EU) 2022/2578 festgelegten Maßnahmen nicht mehr gelten, stünde den Mitgliedstaaten kein Instrument mehr zur Verfügung, um unmittelbar gegen Phasen überhöhter Preise vorzugehen, die durch solche Schwierigkeiten und Risiken verursacht werden.

Wie in Abschnitt 1 („Gründe und Ziele des Vorschlags“) erläutert, sind die Bestimmungen der Verordnung notwendig und verhältnismäßig, um den gravierenden Schwierigkeiten und potenziellen Preisrisiken zu begegnen, die sich aus dem derzeitigen fragilen Gleichgewicht im Gassystem der EU ergeben könnten.

Um fragmentierte Maßnahmen zu vermeiden, die den integrierten EU-Gasmarkt spalten könnten, ist ein gemeinsames solidarisches Vorgehen erforderlich. Durch die Vermeidung überhöhter Gaspreise, die für viele Mitgliedstaaten selbst für kurze Zeit untragbar sind, stärkt der Marktkorrekturmechanismus darüber hinaus die Solidarität in der Union. Der Marktkorrekturmechanismus kann im Geiste der Solidarität dazu beitragen, dass Gasversorgungsunternehmen aus allen Mitgliedstaaten Gas zu angemessenen Preisen beschaffen können.

Des Weiteren sorgen gemeinsame Schutzvorkehrungen, die in den Mitgliedstaaten ohne Bezugsalternativen möglicherweise stärker benötigt werden als in den Mitgliedstaaten mit mehr Alternativen, für einen koordinierten Ansatz als Ausdruck der Energiesolidarität.

Es ist daher gerechtfertigt, das vorgeschlagene Instrument auf Artikel 122 Absatz 1 AEUV zu stützen.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Die Bestimmungen der Verordnung und die vorgeschlagene Verlängerung stehen voll und ganz mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang.

Aufgrund des integrierten Charakters der Gas- und Finanzmärkte sind Maßnahmen auf Unionsebene der wirksamste Weg, um dem Problem unionsweiter Preisspitzen zu begegnen.

Verhältnismäßigkeit

Die Bestimmungen der Verordnung und die vorgeschlagene Verlängerung entsprechen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Maßnahme steht in einem angemessenen Verhältnis zur Dimension und Art der definierten Probleme und zur Erreichung der festgelegten Ziele.

Gebotsgrenzen sind ein gängiges Instrument auf Handelsmärkten, um Problemen mit Preisbildungsmechanismen zu begegnen, die sich zum Nachteil der Verbraucher auswirken können. Solche Mechanismen gibt es etwa auf den Strommärkten der EU (siehe z. B. Artikel 10 der Verordnung (EU) 2019/943) und auch auf Märkten außerhalb der Union, z. B. in den USA.

Darüber hinaus ist der Mechanismus nicht dazu vorgesehen, in das normale Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage einzugreifen oder die normale Preisbildung zu deckeln. Er kann nur unter sehr außergewöhnlichen Umständen ausgelöst werden, wenn die Preisanstiege an der TTF von der Entwicklung internationaler Preise entkoppelt sind, womit die Eignung des TTF-Preises als Referenzpreise vorübergehend infrage gestellt ist. Der Marktkorrekturmechanismus wird nur unter außergewöhnlichen Umständen mit strikter Befristung ausgelöst.

Die Gebotsgrenze wird sofort deaktiviert, wenn die außergewöhnlichen Umstände nicht mehr bestehen. Darüber hinaus wird der Marktkorrekturmechanismus von umfassenden Schutzvorkehrungen flankiert, die dessen Aussetzung ermöglichen, wenn sich unbeabsichtigte Marktstörungen negativ auf die Versorgungssicherheit und die Gasflüsse innerhalb der EU sowie auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Derivatmärkte auswirken.

Daher geht der Marktkorrekturmechanismus nicht über das zur Erreichung des verfolgten politischen Ziels erforderliche Maß hinaus und ist verhältnismäßig, um das Ziel der Abmilderung der Auswirkungen ungewöhnlich hoher Gaspreise zu erreichen. Die Verlängerung um ein Jahr ist aufgrund der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten bei der Energieversorgung und der daraus resultierenden Risiken für die Preise und die Versorgungssicherheit erforderlich, die mindestens noch während des gesamten Jahres 2024 weiterbestehen dürften, da strukturellere Veränderungen der Marktbedingungen erst im Laufe des Jahres 2025 erwartet werden. 

Wahl des Instruments

Angesichts des Ausmaßes der Energiekrise und ihrer weitreichenden sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen sind die Bestimmungen, die mit diesem Vorschlag verlängert werden sollen, in einer Verordnung enthalten, die von allgemeiner Tragweite sowie unmittelbar und sofort anwendbar ist. Die Verlängerung der Geltungsdauer dieser Bestimmungen sollte daher ebenfalls durch Annahme einer Verordnung erfolgen.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Aufgrund der Dringlichkeit, den Vorschlag zur Verlängerung der Verordnung auszuarbeiten, damit er rechtzeitig vom Rat angenommen werden kann, konnte keine Konsultation der Interessenträger durchgeführt werden.

Die Kommissionsdienststellen haben jedoch geprüft, ob sich seit dem Inkrafttreten des Marktkorrekturmechanismus negative Auswirkungen ergeben haben.

Im Einklang mit den Anforderungen des Artikels 8 der Verordnung (EU) 2022/2578 analysierten die ACER 6 und die ESMA 7 in ihren am 1. März 2023 veröffentlichten Berichten über die Folgenabschätzung eine Reihe von Indikatoren zur Bewertung der Auswirkungen des Marktkorrekturmechanismus seit dessen Inkrafttreten. Diese Indikatoren decken von der Versorgungssicherheit und den Gasflüssen innerhalb der EU bis hin zu Finanzmärkten und Stabilität mehrere Bereiche ab. Die ACER und die ESMA kamen zu dem Schluss, dass der Marktkorrekturmechanismus bis zur Veröffentlichung ihrer Berichte nicht aktiviert worden ist und keine negativen Auswirkungen eingetreten sind.

Aufbauend auf den von der ACER und der ESMA in ihren Berichten vom März festgelegten Indikatoren hat die Kommission die Analyse ausgeweitet, um die Marktentwicklungen der letzten Monate zu bewerten. Seit Inkrafttreten des Marktkorrekturmechanismus ist dieser nie aktiviert worden und es wurden seitdem auch keine negativen Auswirkungen festgestellt.

Das Ergebnis der Bewertung der Kommission wurde den Vertretern der Mitgliedstaaten in der Sitzung der Ratsgruppe „Energie“ vom 5. Oktober 2023 vorgestellt.

Grundrechte

Der Marktkorrekturmechanismus ist befristet und wird nur aktiviert, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese Bedingungen spiegeln eine Situation wider, die der Wirtschaft und der Energieversorgungssicherheit der Union abträglich ist und der daher begegnet werden sollte. Darüber hinaus sieht der Marktkorrekturmechanismus robuste Schutzvorkehrungen vor, mit denen Problemen im Zusammenhang mit den Grundrechten vorgebeugt wird. Es ist ein Deaktivierungsmechanismus vorgesehen, mit dem der Korrekturmechanismus außer Kraft gesetzt wird, wenn er aufgrund der Lage auf dem Erdgasmarkt nicht mehr gerechtfertigt ist. Selbst wenn die Bedingungen, die die Aktivierung des Marktkorrekturmechanismus rechtfertigen, fortbestehen, sieht die Verordnung die Möglichkeit vor, den Mechanismus im Falle unbeabsichtigter Marktstörungen auszusetzen. Die Kommission ist verpflichtet, einen solchen Aussetzungsbeschluss zu erlassen, wenn unbeabsichtigte Marktstörungen auftreten. Der Marktkorrekturmechanismus ist daher sowohl verhältnismäßig als auch hinreichend gerechtfertigt, da Grundrechte wie die unternehmerische Freiheit – in Anbetracht der Auswirkungen, die ein Nichthandeln auf die Wirtschaft und die Energieversorgungssicherheit der Union hätte – nicht mehr als erforderlich beeinträchtigt werden.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die mit dem Vorschlag verbundenen Auswirkungen auf den EU-Haushalt betreffen die Personalausgaben der Generaldirektion (GD) Energie der Europäischen Kommission. Dieser beispiellose Mechanismus umfasst Aufgaben – unter anderem die Überwachung des Funktionierens der Rohstoffmärkte und deren Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit –, die in der Regel nicht Teil der Rolle der Kommission sind. Aufgrund der mit dieser Aufgabe verbundenen Verantwortung ist es von entscheidender Bedeutung, eine angemessene Begleitung durch die Kommissionsdienststellen sicherzustellen, indem der GD Energie eine verstärkte Rolle zugewiesen wird, insbesondere bei der Finanz- und Marktüberwachung und -bewertung (6 VZÄ). Die Unterstützung durch die ACER bei der Überwachung, Aktivierung und Aussetzung des Marktkorrekturmechanismus wird für dessen effiziente Umsetzung von entscheidender Bedeutung sein. Die mit diesem Vorschlag verbundenen Auswirkungen auf den EU-Haushalt betreffen daher auch die Personal- und sonstigen Verwaltungsausgaben der ACER (6 VZÄ).

Dieser Vorschlag erfordert über die bereits im Zusammenhang mit dem Erlass der Verordnung (EU) 2022/2578 zugewiesenen (und im Finanzbogen zur Verordnung (EU) 2022/2578 aufgeführten) Mittel hinaus keine weiteren Haushaltsmittel.

5.WEITERE ANGABEN

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Die vorgeschlagenen Änderungen sind zielgerichtet und darauf begrenzt, die Geltungsdauer der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2022/2578 um ein Jahr zu verlängern.

Es wird vorgeschlagen, die in Artikel 12 festgelegte Geltungsdauer der Verordnung zu ändern und bis zum 31. Januar 2025 zu verlängern.

2023/0443 (NLE)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES RATES

zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/2578 hinsichtlich der Verlängerung ihrer Geltungsdauer

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 122 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Mit der Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates 8 wurde ein befristeter Marktkorrekturmechanismus für Aufträge zum Handel mit Derivaten eingeführt, die mit den virtuellen Handelspunkten (VHP) der Union verbunden sind und Laufzeiten zwischen einem Monat und einem Jahr (Month-Ahead und Year-Ahead) aufweisen. Der Marktkorrekturmechanismus findet somit auf alle Warenderivate Anwendung, die an einem geregelten Markt gehandelt werden und deren Basiswert eine Transaktion mit Gas an einem beliebigen VHP in der Union ist.

(2)Der Marktkorrekturmechanismus muss aktiviert werden, wenn ein Marktkorrekturereignis eintritt, d. h., wenn der von ICE Endex B.V. veröffentlichte Abrechnungspreis für Front-Month-Derivate der Title Transfer Facility (TTF) 180 EUR/MWh übersteigt und drei Arbeitstage lang 35 EUR über dem Referenzpreis liegt. Mit der Verordnung (EU) 2022/2578 wird für den Fall, dass ein Marktkorrekturereignis eintritt, eine dynamische Gebotsobergrenze festgelegt, wonach Marktbetreiber keine Aufträge für Derivate annehmen und Marktteilnehmer keine Aufträge für Derivate abgeben sollten, deren Preise 35 EUR/MWh über dem von der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) am Vortag veröffentlichten Referenzpreis liegen. 9  

(3)In ihren am 1. März 2023 gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2022/2578 veröffentlichten Berichten über die Folgenabschätzung analysierten die ACER und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) 10 eine Reihe von Indikatoren, um die Auswirkungen des Marktkorrekturmechanismus seit dem Inkrafttreten der genannten Verordnung zu bewerten. Die ACER und die ESMA kamen zu dem Schluss, dass der Marktkorrekturmechanismus bis zur Veröffentlichung ihres jeweiligen Berichts nicht aktiviert worden ist und keine negativen Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit, die Gasflüsse innerhalb der Union, die Finanzmärkte und die Stabilität eingetreten sind.

(4)Aufbauend auf den von der ACER und der ESMA in ihren Berichten vom 1. März 2023 ausgewerteten Indikatoren hat die Kommission die Analyse ausgeweitet, um die Marktentwicklungen der letzten Monate zu bewerten. Seit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2022/2578 wurden keine negativen Auswirkungen festgestellt, und der Marktkorrekturmechanismus ist nie aktiviert worden. 

(5)Dennoch gibt es weiterhin gravierende Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der Union. Die globale Lage auf dem Gasmarkt ist nach wie vor sehr angespannt. Die Gaspreise sind immer noch deutlich höher als vor der Krise, was unvermeidliche Folgen für die Kaufkraft der Unionsbürgerinnen und -bürger und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Union hat.

(6)Auch die Marktvolatilität ist eine Folge der angespannten Marktlage aufgrund geopolitischer Risiken und ein zusätzliches Risiko für die Wirtschaft der Union. Die im Sommer und im Frühherbst 2023 beobachteten Phasen ausgeprägter Preisvolatilität, in denen die Preise in wenigen Wochen um mehr als 50 % stiegen, zeigen, dass die Märkte nach wie vor fragil und auch weiterhin selbst für relativ kleine Angebots- und Nachfrageschocks anfällig sind, was sich an den Preisbewegungen nach jüngeren Ereignissen wie dem Streik in den australischen Anlagen für Flüssigerdgas (LNG) oder dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline ablesen lässt. Die anhaltende Krise im Nahen Osten stellt zusätzlich ein erhebliches geopolitisches Risiko mit potenziellen Auswirkungen auf die Preise und die Gasversorgung dar.

(7)Die globalen Gasmärkte sind derzeit sehr angespannt und dürften dies auch noch einige Zeit bleiben. Das weltweite LNG-Angebot hat sich in den letzten zwei Jahren nur geringfügig erhöht, was auf die begrenzte Zunahme der Verflüssigungskapazitäten, Ausfälle bei großen Ausfuhranlagen und sinkende Beschickungsgasmengen in LNG-Anlagen zurückzuführen ist. Erhebliche neue LNG-Verflüssigungskapazitäten werden erst im Laufe des Jahres 2025 in Betrieb gehen. Daher wird das Marktgleichgewicht in naher Zukunft prekär bleiben.

(8)Aufgrund des erheblichen Rückgangs der russischen Pipeline-Gaseinfuhren im vergangenen Jahr hat sich darüber hinaus die Verfügbarkeit von Gaslieferungen in die Union im Vergleich zur Zeit vor der Krise erheblich verringert. In Anbetracht des derzeitigen Volumens der Gaseinfuhren dürfte die Union 2023 etwa 20 Mrd. m³ Gas über russische Pipelines erhalten und damit 110 Mrd. m³ weniger als 2021. Daher besteht nach wie vor ein gravierendes Risiko, dass es in der Union kurzfristig zu Gasengpässen kommt. Angesichts der derzeitigen angespannten Marktbedingungen könnten die Preise aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse und plötzlicher Schocks wieder anziehen, beispielsweise bei einer Erholung der Nachfrage nach Flüssigerdgas in Asien, die die Verfügbarkeit von Gas auf dem globalen Gasmarkt verringern könnte, oder aufgrund extremer Wetterbedingungen, die sich auf die Wasserkraftspeicherung oder die Kernenergieerzeugung auswirken könnten, sodass verstärkt auf die Stromerzeugung aus Gas zurückgegriffen werden müsste, oder aufgrund weiterer möglicher Störungen der Gasversorgung, einschließlich einer vollständigen Einstellung der Gaseinfuhren aus Russland, sowie weiterer Ausfälle kritischer Infrastrukturen nach den Sabotageakten gegen die Nord-Stream-1-Pipeline im September 2022 und dem Ausfall der Balticconnector-Pipeline im Oktober 2023.

(9)Die anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten setzen die gesamte Union dem Risiko einer Energieknappheit und dem Risiko hoher Energiepreise aus. Die Höhe der Gaspreise könnte sich negativ auf die Wirtschaftslage der Union, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger auswirken.

(10)Unter diesen Voraussetzungen, insbesondere in einer Lage, in der mehrere geopolitische Risiken mit möglichen Auswirkungen auf die Gaspreise bestehen, kann die Angst vor Knappheit zu umfangreichen Reaktionen führen, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Preise haben können. In Anbetracht des derzeit angespannten Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage könnte selbst eine moderate Störung der Gasversorgung dramatische Auswirkungen auf die Gaspreise haben und der Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern der Union schwerwiegenden und dauerhaften Schaden zufügen.

(11)Auf dem Höhepunkt der Krise hat die Union auf entschlossene und koordinierte Weise reagiert, um ihre Bürgerinnen und Bürger und ihre Wirtschaft vor überhöhten Preisen zu schützen und sicherzustellen, dass Gas auch bei Gasknappheit grenzüberschreitend an alle Verbraucher fließt, die es benötigen. Die Reaktion der Union im Rahmen des REPowerEU-Plans 11 und die sich daran anschließenden Initiativen, einschließlich der in der Verordnung (EU) 2022/2578 festgelegten Maßnahmen, haben zur Verbesserung der Lage beigetragen. Sollten diese Maßnahmen nicht mehr gelten, würde dies die derzeit stabilisierte, aber anfällige Lage, die die Union erreicht hat, verändern und die Resilienz gegenüber möglichen künftigen Ereignissen und plötzlichen Schocks, wie den oben genannten, verschlechtern.

(12)Da es sich bei der Union um einen Binnenmarkt handelt und die TTF gemeinhin als Standardpreisindikator auf den Gasmärkten der Union angesehen wird, würden hohe Gaspreise für die mit der TTF verbundenen Derivate in allen Mitgliedstaaten gravierende Folgen haben, auch wenn diese je nach Mitgliedstaat möglicherweise unterschiedlich stark ausfallen würden. Derivate, die mit anderen VHP in der Union verbunden sind, sollten in die Verlängerung der Verordnung (EU) 2022/2578 ebenfalls einbezogen werden, um mögliche Verlagerungen des Handels auf mit anderen VHP verbundene Derivate zu vermeiden, da dies zu Verzerrungen auf den Energie- oder Finanzmärkten der Union führen könnte. Durch die Vermeidung überhöhter Gaspreise, die für viele Mitgliedstaaten selbst für kurze Zeit untragbar sind, stärkt der Marktkorrekturmechanismus die Solidarität in der Union. Der Marktkorrekturmechanismus kann im Geiste der Solidarität dazu beitragen, dass Gasversorgungsunternehmen aus allen Mitgliedstaaten Gas zu angemessenen Preisen beschaffen können.

(13)Bei der Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2578 handelt es sich um eine Notfallmaßnahme zur Reaktion auf anhaltende gravierende Schwierigkeiten bei der Energieversorgung, die das Risiko einer unmittelbar bevorstehenden Krise bergen und erfordern, dass die in der genannten Verordnung festgelegte Maßnahme, die dazu beiträgt, die Preise unter Kontrolle zu halten, weiterhin gilt.

(14)Angesichts der Tatsache, dass die Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2578 am 31. Januar 2024 endet, ist die Verlängerung ihrer Geltungsdauer im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten eine Notfallmaßnahme, die darauf abzielt, auf anhaltende gravierende Schwierigkeiten bei der Energieversorgung zu reagieren. Diese Schwierigkeiten bergen auch das Risiko einer unmittelbar bevorstehenden Krise und überhöhter Preise, insbesondere wenn Ereignisse wie die oben beschriebenen eintreten.

(15)Eine Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung (EU) 2022/2578 steht auch im Einklang mit dem REPowerEU-Plan, mit dem die Bürgerinnen und Bürger der Union und die Wirtschaft vor überhöhten Preisen und Energieversorgungsengpässen geschützt werden sollen.

(16)Diese Verordnung sollte am 1. Februar 2024 in Kraft treten, um während der Wintersaison 2023/2024 einen kontinuierlichen Schutz vor überhöhten Preisen zu gewährleisten.

(17)Die verlängerten Bestimmungen sollten befristet sein und bis Ende Januar 2025 in Kraft bleiben. Die Verlängerung um ein Jahr ist aufgrund der anhaltenden gravierenden Schwierigkeiten und der oben beschriebenen zusätzlichen Risiken sowie der Unsicherheit der derzeitigen Lage notwendig und verhältnismäßig.

(18)Da das Ziel dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(19)Die Verordnung (EU) 2022/2578 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Verordnung (EU) 2022/2578

 

Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EU) 2022/2578 erhält folgende Fassung:

„Sie gilt bis zum 31. Januar 2025.“

Artikel 2

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am 1. Februar 2024 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident/Die Präsidentin

(1)    IEA: Medium-Term Gas Report 2023.
(2)    IEA: World Energy Outlook 2023.
(3)    Die IEA wies darauf hin, dass die weltweite Gasnachfrage 2024 voraussichtlich wieder moderat wachsen werde, vor allem aufgrund der Nachfrage im asiatisch-pazifischen Raum und im Nahen Osten, und dass die Nachfrage im asiatisch-pazifischen Raum bis 2026 gegenüber 2022 um 20 % steigen dürfte (siehe Medium-Term Gas Report 2023).
(4)    Heimische Engpässe bei Wasser- und Kernkraft aufgrund klimatischer Bedingungen und anderer Verfügbarkeitsfaktoren haben den Druck auf dem Gasmarkt verstärkt, wodurch die Preise im Sommer 2022 weiter gestiegen sind. Die Lücke bei der Stromerzeugung aus Wasser- und Kernkraft belief sich 2022 verglichen mit 2021 auf etwa 60 TWh bzw. 120 TWh.
(5)    IEA, Global Gas Security Review 2023. Anfang November 2023 erreichten die Gasbestände in der EU mit einem Speicherfüllstand von über 99 % der Kapazität ein Rekordhoch.
(6)    https://acer.europa.eu/Publications/ACER_FinalReport_MCM.pdf
(7)     https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/ESMA70-446-794_MCM_Effects_Assessement_Report.pdf
(8)    Verordnung (EU) 2022/2578 des Rates vom 22. Dezember 2022 zur Einführung eines Marktkorrekturmechanismus zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Union und der Wirtschaft vor überhöhten Preisen (ABl. L 335 vom 29.12.2022, S. 45, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2022/2578/oj).
(9)    https://acer.europa.eu/Publications/ACER_FinalReport_MCM.pdf
(10)     https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/ESMA70-446-794_MCM_Effects_Assessement_Report.pdf
(11)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: REPowerEU-Plan (COM(2022) 230 final vom 18.5.2022).