EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 14.6.2023
COM(2023) 327 final
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Abkommen zur Stärkung der internationalen Lieferketten für kritische Mineralien
BEGRÜNDUNG
1.HINTERGRUND DER EMPFEHLUNG
1.1.Gründe und Ziele der Empfehlung
Am 16. August 2022 erließen die Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden „USA“) den „Inflation Reduction Act“ (im Folgenden „IRA“), mit dem Section 30D des US-Steuergesetzes „United States Internal Revenue Code“, der „Clean Vehicle Credit“, geändert wurde. Der „Clan Vehicle Credit“ wurde zu einer Subvention für den Kauf von dafür infrage kommenden batterie- oder brennstoffzellenbetriebenen Fahrzeugen in Form einer Steuergutschrift von bis zu 7500 USD pro Fahrzeug.
Damit die Subvention für ein Fahrzeug in vollem Umfang in Anspruch genommen werden kann, muss es unter anderem mit einer Batterie ausgestattet sein, die einen Anteil an kritischen Mineralien von mindestens 40 % (50 % ab 2024, 60 % ab 2025, 70 % ab 2026, 80 % ab 2027) aufweist, welche
(1)in den USA oder in einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen geschlossen haben, gewonnen und verarbeitet wurden oder
(2)in Nordamerika recycelt wurden.
Durch den „Clean Vehicle Credit“ werden somit kritische Mineralien und verarbeitete Materialien für Fahrzeugbatterien mit Ursprung in der EU zunehmend von US-amerikanischen Lieferketten ausgeschlossen. Völlig anders verhält es sich mit den Einfuhren von kritischen Mineralien und verarbeiteten Materialien, die von Partnern wie Chile, Korea oder auch Japan – mit diesem Land haben die USA am 28. März 2023 ein Abkommen zu kritischen Mineralien geschlossen – bezogen werden, mit denen die USA durch Freihandelsabkommen verbunden sind. Dies wirkt sich negativ auf die Exportmöglichkeiten der EU im Handel mit den USA aus.
Am 10. März 2023 bekundeten Präsidentin von der Leyen und Präsident Biden daher in einer gemeinsamen Erklärung ihre Absicht, Verhandlungen über ein spezifisches Abkommen zwischen der EU und den USA über kritische Mineralien (Critical Minerals Agreement, im Folgenden „CMA“) aufzunehmen, damit in der EU gewonnene oder verarbeitete Mineralien in Fahrzeugen, die für eine Förderung nach dem „Clean Vehicle Credit“ infrage kommen, verwendet werden können. Die USA haben deutlich dargelegt, dass der Abschluss eines CMA erforderlich ist, um für die Zwecke des „Clean Vehicle Credit“ der EU einen Status einzuräumen, der mit dem Status gleichwertig ist, den mit den USA durch Freihandelsabkommen verbundene Partner genießen.
Im Jahr 2022 führte die EU relevante kritische Mineralien im Wert von 8,3 Mrd. EUR in die USA aus, was einem Anteil von 16,3 % an den gesamten EU-Ausfuhren dieser Rohstoffe entspricht.
Durch den Abschluss eines CM würden die EU und die USA diese Fragen im Rahmen des IRA angehen und darüber hinaus in einem weiteren Schritt ihre Wirtschaftsbeziehungen generell weiter vertiefen und zum Aufbau nachhaltiger und resilienter internationaler Lieferketten in Sektoren beitragen, die für den Übergang beider Partner zur Klimaneutralität und für die Sicherheit, auch in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung, von entscheidender Bedeutung sind.
Am 10. März haben die USA der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) einen Vorschlag für ein CMA übermittelt. Die Kommission hat diesen Vorschlag dem Rat der Europäischen Union (im Folgenden „Rat“) und dem Europäischen Parlament am 21. März 2023 weitergeleitet.
1.2.Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich
Die Aushandlung und der Abschluss eines CMA stehen im Einklang mit der allgemeinen Handelspolitik der EU, da es dazu beitragen würde, den Handel zwischen der EU und den USA und die entsprechenden Investitionen weiter zu steigern und das Risiko erneuter Handelsspannungen zwischen der EU und den USA einzudämmen. Diese doppelte Zielsetzung steht in vollem Einklang mit dem Vertrag über die Europäische Union (EUV), in dem verankert ist, dass die Europäische Union die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft fördern sollte, unter anderem durch den schrittweisen Abbau internationaler Handelshemmnisse. Sie entspricht zudem dem Wesen der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und den USA, wie sie in der letzten Erklärung anlässlich des Gipfeltreffens zwischen der EU und den USA vom 15. Juni 2021 erneut bekräftigt wurde, und der positiven Wirtschaftsagenda des Handels- und Technologierates, wie in dessen gemeinsamen Erklärungen vom Oktober 2021, Mai 2022, Dezember 2022 und Mai 2023 zum Ausdruck gebracht wurde.
1.3.Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Die Empfehlung steht im Einklang mit der Politik der Union in anderen Bereichen.
Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung zu kritischen Rohstoffen vom 16. März 2023 will die Kommission ihre Zusammenarbeit mit Drittländern intensivieren, indem sie nachhaltige Investitionen in Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe und weitere nachgelagerte Bestandteile der Wertschöpfungskette fördert sowie wirtschaftliche Chancen in für beide Seiten vorteilhafte Realitäten umsetzt. Die Schaffung strategischer Partnerschaften auf dem Gebiet von Wertschöpfungsketten für Rohstoffe, z. B. durch das CMA, ist ein wichtiges Instrument, wenn es darum geht, diese Art von Zusammenarbeit auszubauen.
Diese Empfehlung steht im Einklang mit der vorgeschlagenen „Netto-Null-Industrie-Verordnung“, die darauf abzielt, die Entwicklung der wichtigsten CO2-neutralen oder „Netto-Null-Technologien“ in der EU zu forcieren, damit die EU über sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Lieferketten für saubere Energie zur Verwirklichung ihrer Klima- und Energieziele verfügt.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
2.1.Rechtsgrundlage
Artikel 218 Absätze 3 und 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
2.2.Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Nach Artikel 5 Absatz 3 EUV findet das Subsidiaritätsprinzip keine Anwendung in Bereichen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen. Die wahrscheinliche materielle Rechtsgrundlage des Abkommens, das aus diesen Verhandlungen hervorgehen wird, ist die gemeinsame Handelspolitik, die in Artikel 3 AEUV unter den Bereichen der ausschließlichen Zuständigkeit der Union aufgeführt wird. Dazu gehört auch die Aushandlung von Handelsabkommen gemäß Artikel 207 AEUV.
2.3.Verhältnismäßigkeit
Die Empfehlung der Kommission steht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, und sie ist erforderlich, um, wie von uns angestrebt, dafür Sorge zu tragen, dass kritische Mineralien und verarbeitete Materialien für Fahrzeugbatterien mit Ursprung in der EU nicht diskriminiert werden, sondern bei der Anwendung des „Clean Vehicle Credit“ als Ursprungserzeugnisse eines „Landes, für das mit den Vereinigten Staaten ein Freihandelsabkommen besteht“ gelten.
2.4.Wahl des Instruments
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
3.1.Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
3.2.Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
Entfällt.
3.3.Konsultation der Interessenträger
Es fanden einschlägige Konsultationen der Interessenträger zu den Vorteilen statt, die möglicherweise damit verbunden sind, dass dafür Sorge getragen wird, dass kritische Mineralien und verarbeitete Materialien aus der EU bei der Anwendung des „Clean Vehicle Credit“ als Ursprungserzeugnisse eines „Landes, für das mit den Vereinigten Staaten ein Freihandelsabkommen besteht“ gelten. Mehrere Anhörungen und Treffen im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs wurden organisiert. Hinzu kamen öffentliche Debatten, die im Europäischen Parlament stattfanden bzw. vom Europäischen Parlament sowie in den Mitgliedstaaten organisiert wurden.
3.4.Folgenabschätzung
Da die politische Notwendigkeit besteht, rasche Fortschritte zur Abmilderung der handelspolitischen Spannungen zwischen der EU und den USA infolge des IRA zu verringern bzw. zu vermeiden, und damit sichergestellt ist, dass in der EU gewonnene oder verarbeitete Mineralien für Steuergutschriften für klimafreundliche Fahrzeuge im Rahmen des IRA und seiner Durchführungsmaßnahmen berücksichtigt werden, wurde auf das formelle Verfahren der Folgenabschätzung verzichtet.
3.5.Grundrechte
Die Empfehlung steht im Einklang mit den EU-Verträgen und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Das CMA wird keine Auswirkungen auf den Unionshaushalt haben.
5.WEITERE ANGABEN
5.1.Verfahrensfragen
Die Kommission wird im Namen der EU ein Abkommen aushandeln. das zwischen der EU und den USA geschlossen werden soll. Gemäß Artikel 218 Absatz 4 AEUV wird vorgeschlagen, dass der Rat den Ausschuss für Handelspolitik als zuständigen Ausschuss bestellt, wobei die Verhandlungen im Benehmen mit diesem Ausschuss zu führen sein werden.
Das Europäische Parlament wird im Einklang mit Artikel 218 Absatz 10 AEUV in allen Phasen des Verfahrens unterrichtet.
Die Kommission wird diese Empfehlung und ihren Anhang unmittelbar nach ihrer Annahme öffentlich bekannt machen.
Die Kommission empfiehlt, die Verhandlungsrichtlinien unmittelbar nach ihrer Annahme durch den Rat öffentlich bekannt zu machen.
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Abkommen zur Stärkung der internationalen Lieferketten für kritische Mineralien
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die Kommission wird ermächtigt, im Namen der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Stärkung der internationalen Lieferketten für kritische Mineralien aufzunehmen.
Artikel 2
Die Verhandlungen werden auf der Grundlage der im Anhang aufgeführten Verhandlungsrichtlinien des Rates geführt.
Artikel 3
Die Kommission führt die Verhandlungen im Benehmen mit [Bezeichnung des Sonderausschusses, vom Rat einzufügen].
Artikel 4
Dieser Beschluss und sein Anhang werden unmittelbar nach ihrer Annahme veröffentlicht.
Artikel 5
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin