Brüssel, den 24.7.2023

COM(2023) 281 final/2

2023/0170(NLE)

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The text shall read as follows:

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, im Interesse der Europäischen Union Vertragsparteien des Übereinkommens vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen zu werden oder zu bleiben

{SWD(2023) 155 final}
{SWD(2023) 156 final}
{SEC(2023) 208 final}


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Ziel der EU ist es, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, zu erhalten und weiterzuentwickeln, in dem der freie Personenverkehr, der Zugang zur Justiz und die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte gewährleistet sind.

Dies sollte auch den grenzüberschreitenden Schutz von Erwachsenen umfassen, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten außerstande sind, ihre Interessen zu schützen (im Folgenden „Erwachsene“). Ein Erwachsener ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Die Zahl der Erwachsenen in der EU, die sich in einer derartigen Situation befinden, steigt aufgrund der Bevölkerungsalterung und der damit verbundenen Häufigkeit altersbedingter Krankheiten sowie der wachsenden Zahl von Menschen mit Behinderungen. Je nach den nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie leben, können sie einer Schutzmaßnahme eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde unterliegen oder von einem Dritten unterstützt werden, den sie im Voraus (durch eine Vertretungsmacht) mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt haben.

Erwachsene müssen möglicherweise ihre Vermögenswerte oder Immobilien in einem anderen Land verwalten, sich einer Notversorgung oder einer geplanten medizinischen Behandlung im Ausland unterziehen oder aus verschiedenen Gründen in ein anderes Land ziehen.

In diesen grenzüberschreitenden Situationen stehen Erwachsene den komplexen und bisweilen widersprüchlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten gegenüber. Dazu gehört die Entscheidung darüber, welches Gericht oder welche Behörde für Schutzmaßnahmen zuständig ist, welches Recht auf ihren Fall anzuwenden ist und wie im Ausland ergangene Entscheidungen oder erteilte Vertretungsmachten anzuerkennen oder umzusetzen sind. Dies führt zu Situationen, in denen Erwachsene, ihre Familien und ihre Vertreter erhebliche Rechtsunsicherheit dahin gehend verspüren, welche Vorschriften auf ihren Fall Anwendung finden und zu welchem Ergebnis die von ihnen zu durchlaufenden Verfahren und Formalitäten führen. Um sicherzustellen, dass ihr Schutz weiterhin grenzüberschreitend wirksam ist oder dass sie im Ausland Zugang zu ihren Rechten haben, müssen sie oft langwierige und kostspielige Verfahren durchlaufen. In einigen Fällen werden ihr Schutz und die ihrem Vertreter übertragenen Befugnisse letztlich weder von Gerichten noch von außergerichtlichen Akteuren wie Banken, medizinischem Personal oder Immobilienmaklern anerkannt.

Am 13. Januar 2000 wurde unter der Schirmherrschaft der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH), die als zwischenstaatliche Organisation das Ziel verfolgt, die Regeln des Internationalen Privatrechts schrittweise zu vereinheitlichen 1 , das Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen (im Folgenden „HCCH-Übereinkommen von 2000“) angenommen. Dieses Übereinkommen enthält ein umfassendes Regelwerk über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Schutzmaßnahmen sowie Bestimmungen über das auf Vertretungsmachten anzuwendende Recht, die diesen Befugnissen in einem grenzüberschreitenden Kontext Wirkung verleihen. Ferner werden damit Mechanismen für die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten und zwischen den Zentralen Behörden der Vertragsstaaten geschaffen.

Dieses Übereinkommen gilt weithin als effizientes, flexibles und weltweit einsetzbares Instrument des internationalen Privatrechts. Die jüngsten Arbeiten, die im Rahmen des Sonderausschusses zur konkreten Umsetzung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durchgeführt wurden 2 , werden den Praktikern in Kürze nützliche Instrumente für seine ordnungsgemäße Anwendung an die Hand geben, wie z. B. ein Handbuch.

Allerdings sind derzeit nur 12 EU-Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieses Übereinkommens. 3 Die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch alle Mitgliedstaaten sowie ihr Beitritt zu diesem Übereinkommen sind ein langjähriges Ziel der EU.

Seit 2008 haben der Rat der Europäischen Union 4 , das Europäische Parlament 5 und die Europäische Kommission 6 das HCCH-Übereinkommen von 2000 ausdrücklich begrüßt. Die umfassende Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch die Mitgliedstaaten und darüber hinaus ist für sein wirksames Funktionieren von entscheidender Bedeutung. Das Parlament hat die Ratifizierung des Übereinkommens durch alle Mitgliedstaaten sowie eine mögliche Gesetzgebungsinitiative der EU in Ergänzung des HCCH-Übereinkommens von 2000 aktiv unterstützt.

Vom 5. bis 8. Dezember 2018 veranstalteten die Kommission und die HCCH eine internationale gemeinsame Konferenz, um für die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 zu werben und etwaige Mängel zu untersuchen, die weitere Maßnahmen erfordern. 7

Am 3. Mai 2021 forderten die Justizminister Tschechiens, Frankreichs und Sloweniens die Kommission in einem Schreiben auf, ihre Vorbereitungsarbeiten für eine Gesetzgebungsinitiative zu beschleunigen.

Im Juni 2021 forderte der Rat in seinen Schlussfolgerungen 8 die Mitgliedstaaten unter anderem auf, das HCCH-Übereinkommen von 2000 so rasch wie möglich zu ratifizieren, und veranlasste die Kommission, die etwaige Notwendigkeit eines Rechtsrahmens innerhalb der EU zu prüfen, um die grenzüberschreitende Anwendung von Schutzmaßnahmen zu erleichtern, und erforderlichenfalls Legislativvorschläge vorzulegen.

Im Zeitraum 2021-2022 organisierten der portugiesische, der französische und der tschechische Vorsitz verschiedene Veranstaltungen, um das Bewusstsein für dieses Thema zu schärfen.

Trotz dieser Maßnahmen geht die Ratifizierung des Übereinkommens immer noch zu langsam vonstatten. In einigen Mitgliedstaaten ist der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Ratifizierung seit Jahren im Parlament anhängig oder wurde trotz des Abschlusses der vorbereitenden Arbeiten nicht von der Regierung vorgelegt. Andere Mitgliedstaaten wenden das Übereinkommen teilweise praktisch an (insbesondere die Vorschriften über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht), ohne eine Initiative zur förmlichen Ratifizierung des Übereinkommens zu ergreifen. Dies würde die Benennung einer Zentralen Behörde erfordern, um die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten wirksam zu gestalten.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, eine Initiative vorzulegen, mit der die Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragspartei des Übereinkommens sind, ermächtigt werden sollen, das Übereinkommen zu ratifizieren oder ihm beizutreten. Auf diese Initiative wird im Arbeitsprogramm der Kommission für 2022 Bezug genommen: „Ebenso werden wir Maßnahmen vorschlagen, um … die justizielle Zusammenarbeit beim Schutz schutzbedürftiger Erwachsener in grenzüberschreitenden Situationen zu verstärken.“

Da das HCCH-Übereinkommen von 2000 für Staaten, die am 2. Oktober 1999 Mitglieder der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht waren 9 , zur Unterzeichnung und Ratifizierung aufliegt (Artikel 53 des Übereinkommens), müssen die folgenden Mitgliedstaaten das Übereinkommen sowohl unterzeichnen als auch ratifizieren: Bulgarien, Spanien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Slowenien, Slowakei und Schweden. Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Polen hingegen müssen das Übereinkommen lediglich ratifizieren, da sie es bereits unterzeichnet haben. Litauen muss dem Übereinkommen beitreten, da es seit dem 23. Oktober 2001 Mitglied der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ist.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich

Derzeit gibt es keine EU-Rechtsvorschriften zum grenzüberschreitenden Schutz von Erwachsenen. Der vorliegende Vorschlag ist jedoch Teil eines Pakets mit einem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen, öffentlichen Urkunden und Vertretungsmachten sowie die Zusammenarbeit in Zivilsachen zum Schutz Erwachsener. Der Vorschlag sieht die Anwendung einiger Bestimmungen des HCCH-Übereinkommens von 2000 in den Mitgliedstaaten vor und enthält ergänzende Vorschriften, um eine noch engere Zusammenarbeit innerhalb der EU in diesem Bereich zu erleichtern.

Der vorliegende Vorschlag betrifft die Ratifizierung und den Beitritt im Hinblick auf diejenigen Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragspartei des HCCH-Übereinkommens von 2000 sind, welches das einzige internationale Instrument ist, das sich mit Fragen des internationalen Privatrechts im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Schutz von Erwachsenen befasst.

Beide Vorschläge betreffen das internationale Privatrecht, einen gut entwickelten Politikbereich innerhalb der EU. So hat die EU seit 2000 eine Reihe von Rechtsakten im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug erlassen. Keiner dieser Rechtsakte regelt jedoch die grenzüberschreitenden Aspekte der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit von Personen 10 oder den Schutz von Erwachsenen, die „aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten“ 11 nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen.

Die vorgeschlagene Verordnung würde in den Mitgliedstaaten gelten, während das HCCH-Übereinkommen von 2000 gegenüber Nicht-EU-Staaten, die Vertragsstaaten des Übereinkommens sind, anwendbar wäre. Da Erwachsene in der EU Beziehungen sowohl zu Mitgliedstaaten als auch zu Nicht-EU-Staaten unterhalten können (z. B. Eigentum in oder persönliche Verbindungen zu diesen Staaten), ist ein kohärenter Rahmen für das internationale Privatrecht, der den Schutz von Erwachsenen sowohl in der EU als auch in Nicht-EU-Staaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, regelt, von entscheidender Bedeutung, um den Schutz Erwachsener in internationalen Situationen zu gewährleisten.

Beide Vorschläge ergänzen sich somit und werden daher zusammen vorgelegt.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (im Folgenden „VN-BRK“), die seit ihrer Annahme im Jahr 2006 die internationale Grundlage für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bildet.

Artikel 3 Buchstabe c des HCCH-Übereinkommens von 2000 enthält Bestimmungen, die mutmaßlich Maßnahmen, bei denen Entscheidungen durch Dritte getroffen werden, begünstigen oder billigen (vor allem wegen der Verwendung des Begriffs „Vormundschaft, Pflegschaft und entsprechende Einrichtungen“). Es wurde die Frage aufgeworfen, ob dies die Anerkennung von Maßnahmen begünstigen oder ermöglichen könnte, mit denen anstelle einer unterstützten Entscheidungsfindung von durch Dritten getroffene Entscheidungen eingeführt werden, und ob dadurch das Recht auf Selbstbestimmung und Gleichheit von Erwachsenen verletzt würde.

Die Kohärenz und Komplementarität zwischen dem HCCH-Übereinkommen von 2000 und den in der VN-BRK verankerten Rechten wurde mehrfach anerkannt, beispielsweise in den Schlussfolgerungen und Empfehlungen (Schlussfolgerungen 2 und 3) der oben genannten Gemeinsamen Konferenz von Europäischer Kommission und HCCH im Jahr 2018. 12

Das HCCH-Übereinkommen von 2000 ist ein Instrument des internationalen Privatrechts. Es ist materiell-rechtlich neutral und schreibt keine Art von Maßnahmen vor, und in seiner Präambel wird bekräftigt, dass das Wohl des Erwachsenen und die Achtung seiner Würde und Selbstbestimmung vorrangig zu berücksichtigen sind. Durch die Erleichterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und die Beseitigung rechtlicher und praktischer Hindernisse werden einige wichtige Ziele der VN-BRK unterstützt. Dazu gehören Artikel 12 über die gleiche Anerkennung vor dem Recht und Artikel 32 über die internationale Zusammenarbeit, wofür das HCCH-Übereinkommen von 2000 ein System Zentraler Behörden schafft.

Darüber hinaus sind nicht alle Menschen mit Behinderungen Erwachsene, die einen grenzüberschreitenden Schutz im Sinne des HCCH-Übereinkommens von 2000 benötigen, sondern nur Personen, die nicht in der Lage sind, ihre persönlichen oder finanziellen Interessen zu schützen. Umgekehrt sind nicht alle Erwachsenen mit eingeschränkten psychosozialen Fähigkeiten Menschen mit Behinderungen.

Es sei auch daran erinnert, dass der VN-BRK-Ausschuss in seinem Bericht von 2015 über die Umsetzung der VN-BRK in der EU Bedenken hinsichtlich der Hindernisse geäußert hat, mit denen Menschen mit Behinderungen beim Umzug von einem Mitgliedstaat in einen anderen konfrontiert sind. Der Ausschuss empfahl der EU, unverzüglich tätig zu werden, um sicherzustellen, dass alle Menschen mit Behinderungen und ihre Familien ihr Recht auf Freizügigkeit gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen können. 13

Es wurde eine Rechtsstudie vom Sonderberichterstatter für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Auftrag gegeben 14 , und der Sonderberichterstatter sowie die Unabhängige Expertin für die Rechte älterer Menschen gaben eine gemeinsame Erklärung 15 ab. Dabei wurde in Klärung der Frage der Schluss gezogen, dass das HCCH-Übereinkommen von 2000 genügend Raum für Auslegung und praktische Verbesserungen lässt und sich weiterentwickeln kann, um der Modernisierung nationaler Rechtsvorschriften Rechnung zu tragen. Der Sonderberichterstatter weist darauf hin, dass das HCCH-Übereinkommen von 2000 Bestimmungen zur Vermeidung von Konflikten mit der VN-BRK enthält und dass beide Instrumente einander ergänzen können und sollten. Die EU und alle ihre Mitgliedstaaten müssen den verfügbaren Auslegungsspielraum so nutzen, dass die Einhaltung der VN-BRK gewährleistet ist.

Bei der Anwendung des HCCH-Übereinkommens von 2000 sind die Vertragsstaaten, die auch Vertragsparteien der VN-BRK sind, verpflichtet, die VN-BRK und die darin niedergelegten Grundsätze zu achten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind internationale Übereinkommen integraler Bestandteil des Unionsrechts, sodass bei ihrer Umsetzung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts zu beachten ist. 16

Im März 2021 nahm die Kommission die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 17 an. Darin geht es insbesondere um einen „verbesserten Zugang zu Justiz, Rechtsschutz, Freiheit und Sicherheit“ für Menschen mit Behinderungen. Um dies unter den verschiedenen Initiativen zu erreichen, heißt es in der Strategie ausdrücklich: „Die Kommission wird mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um das Haager Übereinkommen von 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen im Einklang mit der VN-BRK umzusetzen, unter anderem durch eine Studie über schutzbedürftige Erwachsene in grenzüberschreitenden Situationen – insbesondere solcher mit einer geistigen Behinderung –, um den Weg für die Ratifizierung dieses Übereinkommens durch alle Mitgliedstaaten zu ebnen“ 18 .

Die Rechtsstudie der Kommission wurde 2021 durchgeführt 19 und kam unter anderem zu dem Schluss, dass die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch alle Mitgliedstaaten einige der Probleme im Zusammenhang mit den erheblichen Lücken und Unstimmigkeiten, die beim grenzüberschreitenden Schutz von Erwachsenen bestehen, beheben würde.

Sobald der Rat diesen Beschluss angenommen hat, wird das HCCH-Übereinkommen von 2000 Teil des Unionsrechts. Es kann somit vom Gerichtshof der Europäischen Union im Lichte sowohl der allgemeinen Grundsätze der EU – Wahrung des freien Personenverkehrs, Zugang zur Justiz und uneingeschränkte Achtung der Grundrechte – als auch der VN-BRK ausgelegt werden.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Dieser Vorschlag betrifft die Ermächtigung bestimmter Mitgliedstaaten, im Interesse der EU ein internationales Übereinkommen zu ratifizieren oder ihm beizutreten. In Artikel 81 AEUV ist die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen geregelt, er bildet somit die Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit der EU auf diesem Gebiet. Daher bildet Artikel 218 Absatz 6 AEUV in Verbindung mit der materiellen Rechtsgrundlage des Artikels 81 Absatz 2 AEUV die anwendbare Rechtsgrundlage.

Artikel 81 Absatz 3 AEUV ist nicht anwendbar, da der grenzüberschreitende Schutz von Erwachsenen nicht unter das Familienrecht fällt.

Der Begriff „Familienrecht“ im Sinne von Artikel 81 Absatz 3 AEUV ist unabhängig von der Definition im nationalen Recht der Mitgliedstaaten autonom auszulegen.

Bislang ist der Begriff in den EU-Rechtsvorschriften recht eng gefasst und auf die Vorschriften über Familienverhältnisse wie Ehesachen, elterliche Verantwortung oder Unterhaltspflichten beschränkt.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass schutzbedürftige Erwachsene Schutz genießen, der von Familienangehörigen geboten wird. In einigen Mitgliedstaaten wird der Rechtsschutz schutzbedürftiger Erwachsener gesetzlich dem Ehegatten oder den Familienangehörigen zugewiesen. Die Familie des Erwachsenen, sofern der Erwachsene eine Familie hat, ist jedoch nur ein Teil des Rahmens, in dem Schutz gewährleistet werden kann. Die Beteiligung von Familienangehörigen ist weder ein notwendiges Erfordernis noch wird sie durch Vorschriften des internationalen Privatrechts geregelt. Der entscheidende Aspekt des Erwachsenenschutzes ist vielmehr, dass Unterstützung geleistet wird und dass das Recht des Erwachsenen auf Würde, Selbstbestimmung, Nichtdiskriminierung und soziale Inklusion unabhängig von seinen familiären Beziehungen gewahrt ist.

Im Gegensatz zu den EU-Verordnungen im Bereich des Familienrechts enthält das HCCH-Übereinkommen von 2000 keinen Verweis auf Familienverhältnisse (wie „Eltern“, „Kinder“ oder „Ehegatte“).

Die vorgeschlagene Verordnung soll das HCCH-Übereinkommen von 2000 ergänzen und einige Bestimmungen des Übereinkommens, insbesondere diejenigen über die internationale Zuständigkeit und das anwendbare Recht, aufnehmen, sodass diese unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbar sind.

Daher besteht nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Gefahr, dass das HCCH-Übereinkommen von 2000 den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung beeinträchtigen oder ändern könnte.

Der Anwendungsbereich von Unionsvorschriften kann durch internationale Verpflichtungen beeinträchtigt oder geändert werden, wenn diese Verpflichtungen einen Bereich betreffen, der bereits weitgehend von solchen Vorschriften erfasst ist, oder wenn wie im vorliegenden Fall absehbare Entwicklungen des Unionsrechts berücksichtigt werden. 20  

Daher fällt das HCCH-Übereinkommen von 2000 nach Artikel 3 Absatz 2 AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

 

Somit kann die EU Mitgliedstaaten ermächtigen, Vertragsparteien des HCCH-Übereinkommens von 2000 zu werden oder zu bleiben.

Da nur Staaten Vertragsparteien des Übereinkommens werden können, das keine Klausel enthält, die es der EU ermöglichen würde, Vertragspartei zu werden, können die Mitgliedstaaten das Übereinkommen gemäß der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Interesse der EU handelnd ratifizieren oder ihm beitreten bzw. Vertragsparteien bleiben. 21

Eine ähnliche Initiative wurde bereits 2008 ergriffen, um bestimmte Mitgliedstaaten zu ermächtigen, das HCCH-Übereinkommen von 1996 über den Schutz von Kindern zu ratifizieren oder ihm beizutreten. 22

Aufgrund des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 sind im Bereich der Justiz erlassene rechtliche Maßnahmen in Irland weder bindend noch anwendbar. Wenn in diesem Bereich ein Vorschlag vorgelegt wird, kann Irland jedoch mitteilen, dass es sich an der Annahme und Anwendung der betreffenden Maßnahme beteiligen möchte, und es kann nach der Annahme der Maßnahme mitteilen, dass es die Maßnahme ebenfalls anzunehmen wünscht.

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.

Verhältnismäßigkeit

Der vorliegende Vorschlag orientiert sich an den bereits angenommenen Beschlüssen des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, einer internationalen Übereinkunft beizutreten. Er geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel eines kohärenten Vorgehens der EU im Bereich des grenzüberschreitenden Schutzes von Erwachsenen zu erreichen, indem sichergestellt wird, dass Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragsparteien des Übereinkommens sind, das HCCH-Übereinkommen von 2000 innerhalb einer bestimmten Frist ratifizieren oder ihm beitreten.

Ferner bleiben die Mitgliedstaaten weiterhin für die Regelung des Erlasses materiell-rechtlicher Vorschriften zum Schutz von Erwachsenen zuständig.

Der Vorschlag steht folglich im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Wahl des Instruments

Da der Vorschlag ein internationales Übereinkommen betrifft, das im Interesse der Union von bestimmten Mitgliedstaaten zu ratifizieren ist und dem bestimmte Mitgliedstaaten im Interesse der Union beitreten sollten, ist nach Artikel 218 Absatz 6 AEUV nur ein Beschluss des Rates anwendbar.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Diesem Vorschlag sowie dem parallel dazu vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung in diesem Bereich gingen intensive und umfassende Konsultationen mit Interessenträgern voraus.

Die öffentliche Konsultation 23 und die Aufforderung zur Stellungnahme 24   erfolgten Anfang 2022. Die Mehrheit der Befragten, darunter die Mitgliedstaaten und Berufsverbände in Vertretung von Rechtsanwälten und Notaren, unterstützte eine EU-Initiative, die die Mitgliedstaaten zur Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 verpflichtet. Ferner wurde ein EU-Rechtsakt zur Ergänzung des Übereinkommens gefordert. Eine NRO, eine Dachorganisation für den Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen, äußerte Bedenken hinsichtlich der Grundrechte von Erwachsenen mit Behinderungen, sollte ein EU-Rechtsakt den Verkehr von Entscheidungen fördern, die unter Verstoß gegen die VN-BRK und die Grundrechte von Erwachsenen mit Behinderungen getroffen wurden. Dies ist eine wiederkehrende Frage betreffend das Verhältnis zwischen der VN-BRK und dem HCCH-Übereinkommen von 2000, auf die in der in den Fußnoten 14 und 15 genannten Studie und gemeinsamen Erklärung eingegangen wurde.

Im Rahmen der Konsultationsstrategie fand am 29. September 2022 eine informelle Online-Sitzung mit Interessenträgern statt. Darüber hinaus organisierte die Kommission am 27. Oktober 2022 eine Online-Sitzung mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten, um Informationen über die Initiative zum Schutz Erwachsener bereitzustellen und erste Ansichten auszutauschen.

Schließlich wurde in der Sitzung vom 7. und 8. November 2022 das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen zu seiner möglichen Rolle bei einer künftigen Initiative konsultiert.

Zusammenfassend waren bei allen Konsultationstätigkeiten eine starke Unterstützung und allgemein positive Rückmeldungen zum HCCH-Übereinkommen von 2000 festzustellen. Zudem haben die Konsultationen gezeigt, dass zusätzliche Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind, die von den meisten Interessenträgern unterstützt werden.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

2021 wurde eine Rechtsstudie 25 durchgeführt. Die Autorinnen und Autoren der Studie gelangten zu folgenden Schlussfolgerungen: i) Es bestehen erhebliche Lücken und Unstimmigkeiten beim grenzüberschreitenden Schutz schutzbedürftiger Erwachsener (Zuständigkeitsvorschriften, Anerkennung von Vertretungsmachten, fehlende Rechtssicherheit und praktische Probleme für Behörden). ii) Die allgemeine Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 in der EU würde einige dieser Probleme – sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch in Bezug auf Nicht-EU-Staaten – direkt lösen. iii) Ein EU-Rechtsakt würde den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener weiter stärken und ihr Leben sowie die Arbeit der zuständigen Behörden erleichtern.

Zusätzliches Fachwissen zum Thema des grenzüberschreitenden Schutzes von Erwachsenen wurde auch in der Begleitstudie zum legislativen Initiativbericht des Europäischen Parlaments 26 (2016) und im Bericht des Europäischen Rechtsinstituts 27 (2020) eingeholt.

Folgenabschätzung

2022 wurde eine Folgenabschätzung durchgeführt, um die verschiedenen in der EU verfügbaren Optionen zur Verbesserung des grenzüberschreitenden Schutzes von Erwachsenen zu untersuchen und ihre Auswirkungen zu bewerten.

Da dieser Vorschlag nur die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch bestimmte Mitgliedstaaten und deren Beitritt dazu betrifft, werden die Ergebnisse der Folgenabschätzung in dem begleitenden Vorschlag für eine Verordnung ausführlicher erläutert. Es ist angebracht, die aktuelle Analyse auf die Angabe der schließlich gewählten Option zu beschränken.

Diese umfasst eine Verordnung zur Ergänzung des Übereinkommens sowie die Ratifizierung des Übereinkommens durch die Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragspartei des Übereinkommens sind, und deren Beitritt zum Übereinkommen. Sie soll sicherstellen, dass angemessene Vorschriften des internationalen Privatrechts zum Schutz von Erwachsenen in grenzüberschreitenden Situationen nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch zwischen Mitgliedstaaten und Nicht-EU-Staaten anwendbar sind. Die Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten dürfte zudem mehr Nicht-EU-Staaten dazu ermutigen, dem Übereinkommen beizutreten.

Grundrechte

Das allgemeine Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme ist der Schutz der Grundrechte Erwachsener im Einklang mit Artikel 6 AEUV, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der VN-BRK.

In grenzüberschreitenden Situationen sollen dadurch insbesondere die Enteignung von Erwachsenen oder die Verweigerung des Zugangs zu ihrem Eigentum im Ausland verhindert, der Zugang zur Justiz sichergestellt und die Selbstbestimmung und Autonomie der Erwachsenen sichergestellt werden.

Durch die Harmonisierung der Vorschriften des internationalen Privatrechts verbindet das HCCH-Übereinkommen von 2000 verschiedene Rechtsordnungen, um im Anwendungsbereich des Übereinkommens die diskriminierungsfreie Achtung der Rechte von Erwachsenen, den Schutz ihrer Interessen und die Ausübung ihrer Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit zu erleichtern.

Die Präambel des Übereinkommens spiegelt diese Werte wider und bekräftigt, dass die Achtung sowohl der Würde als auch der Selbstbestimmung des Erwachsenen vorrangig zu berücksichtigen sind. Entsprechende Prioritäten sind auch in der Präambel der VN-BRK festgelegt.

Nach den Bestimmungen des Übereinkommens sollte eine Schutzmaßnahme, die in einem Vertragsstaat von einer zuständigen Behörde getroffen wird, in einem anderen Vertragsstaat weiterhin wirksam sein, beispielsweise wenn der Erwachsene von einem Vertragsstaat in einen anderen umzieht. Das Übereinkommen enthält auch Garantien mit der Möglichkeit, die Maßnahmen nicht anzuerkennen oder zu vollstrecken, wenn beispielsweise die Maßnahme von einer Behörde getroffen wurde, die nicht aufgrund eines der im Übereinkommen vorgesehen Gründe oder in Übereinstimmung damit zuständig war, oder wenn die Anerkennung der Maßnahme der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staates offensichtlich widerspricht. 28 In diesem Zusammenhang könnte ein Verstoß gegen die Grundrechte des von der Maßnahme betroffenen Erwachsenen eine Versagung der Anerkennung rechtfertigen.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der vorgeschlagene Beschluss hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Da der Vorschlag die Ermächtigung bestimmter Mitgliedstaaten der Europäischen Union betrifft, das HCCH-Übereinkommen von 2000 zu ratifizieren oder ihm beizutreten, zielt die Überwachung seiner Umsetzung in erster Linie darauf ab, dass diese Mitgliedstaaten den Zeitrahmen für die Ratifizierung des Übereinkommens oder den Beitritt dazu im Einklang mit dem Ratsbeschluss einhalten.

Sobald jedoch alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien des Übereinkommens sind, sollen mehrere Maßnahmen zur Sensibilisierung für das Übereinkommen und zur Gewährleistung seiner ordnungsgemäßen Anwendung durchgeführt werden. Darüber hinaus werden im Rahmen der Vorbereitung für künftige Sonderausschüsse zur Funktionsweise des Übereinkommens koordinierte Standpunkte der EU angenommen; dies wird es der EU ermöglichen, die Umsetzung dieses Instruments durch die Mitgliedstaaten zu überwachen.

2023/0170 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, im Interesse der Europäischen Union Vertragsparteien des Übereinkommens vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen zu werden oder zu bleiben

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments 29 ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Union hat sich die Schaffung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte zum Ziel gesetzt, in dem der freie Personenverkehr und der Zugang zur Justiz gewährleistet sind.

(2)Zur Erreichung dieses Ziels hat die Union eine Reihe von Rechtsakten im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug erlassen. Die Union ist auch als eigenständige Vertragspartei oder durch ihre Mitgliedstaaten, die im Interesse der Union handeln, Vertragspartei mehrerer internationaler Übereinkommen auf demselben Gebiet.

(3)Es gibt jedoch keine Rechtsvorschriften der Union im Bereich des grenzüberschreitenden Schutzes von Erwachsenen, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen, oder die verlangen können, dass die Unterstützung bei der Ausübung ihrer Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit, die ihnen in einem Mitgliedstaat gewährt wird, in der gesamten Union fortdauert.

(4)Für Erwachsene können in grenzüberschreitenden Situationen verschiedene Schwierigkeiten auftreten, unter anderem wenn diese in einen anderen Mitgliedstaat ziehen oder wenn sie Eigentum oder Vermögenswerte in einem anderen Mitgliedstaat besitzen. Schwierigkeiten können sich beispielsweise ergeben, wenn Maßnahmen, die in einem Mitgliedstaat zum Schutz der Erwachsenen ergriffen werden, in einem anderen Mitgliedstaat geltend gemacht werden müssen oder wenn von Erwachsenen erteilte Vertretungsmachten, die von ihren Vertretern ausgeübt werden sollen, wenn die Erwachsenen nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen, später im Ausland geltend gemacht werden müssen. Diese Schwierigkeiten können schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit in grenzüberschreitenden Angelegenheiten, auf die Rechte und das Wohlergehen der Erwachsenen und auf die Achtung ihrer Würde haben. Insbesondere die Grundrechte Erwachsener wie der Zugang zur Justiz, das Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie, das Recht auf Eigentum und das Recht auf Freizügigkeit können beeinträchtigt werden.

(5)Daher bedarf es einheitlicher Vorschriften des internationalen Privatrechts für grenzüberschreitende Situationen, um den Schutz der Grundrechte von Erwachsenen mit einer Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten zu verbessern. Auf internationaler Ebene enthält das Übereinkommen vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen (im Folgenden „HCCH-Übereinkommen von 2000“) entsprechende Vorschriften. Es enthält Vorschriften über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen zum Schutz dieser Erwachsenen, das anwendbare Recht für Vertretungsmachten und die Zusammenarbeit zwischen den Behörden seiner Vertragsparteien.

(6)Nach dem HCCH-Übereinkommen von 2000 können nur souveräne Staaten Vertragsparteien des Übereinkommens sein. Aus diesem Grund kann die Union dieses Übereinkommen nicht abschließen.

(7)Die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch alle Mitgliedstaaten sowie ihr Beitritt zu diesem Übereinkommen sind ein langjähriges Ziel der Europäischen Union.

(8)Bislang sind Belgien, die Tschechische Republik, Deutschland, Estland, Griechenland, Frankreich, Zypern, Lettland, Malta, Österreich, Portugal und Finnland Vertragsparteien des HCCH-Übereinkommens von 2000. Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Polen haben es lediglich unterzeichnet.

(9)Am [...] hat die Kommission einen Legislativvorschlag für eine Verordnung über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen, öffentlichen Urkunden und Vertretungsmachten sowie die Zusammenarbeit in Zivilsachen zum Schutz Erwachsener (im Folgenden die „vorgeschlagene Verordnung“) vorgelegt. Der Vorschlag sieht die Anwendung einiger Bestimmungen des HCCH-Übereinkommens von 2000 zwischen den Mitgliedstaaten vor und enthält ergänzende Vorschriften, um eine noch engere Zusammenarbeit innerhalb der EU in diesem Bereich zu erleichtern. Die Bestimmungen der vorgeschlagenen Verordnung überschneiden sich mit dem HCCH-Übereinkommen von 2000 und stehen in engem Zusammenhang damit.

(10)Aus diesem Grund besteht die Gefahr, dass das HCCH-Übereinkommen von 2000 den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung beeinträchtigen oder ändern könnte. Daher fällt das HCCH-Übereinkommen von 2000 nach Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

(11)Der Rat sollte daher die Mitgliedstaaten, die noch nicht Vertragsparteien des HCCH-Übereinkommens von 2000 sind, ermächtigen, das Übereinkommen im Interesse der Union unter den in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen zu unterzeichnen, zu ratifizieren oder ihm beizutreten. Der Rat sollte zudem die Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des HCCH-Übereinkommens von 2000 sind, ermächtigen, Vertragsparteien dieses Übereinkommens zu bleiben.

(12)Die Union und ihre Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (im Folgenden „VN-BRK“).

(13)Gemäß dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten für den Erlass materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Vorschriften im Bereich des Schutzes Erwachsener zuständig. Als Vertragsparteien der VN-BRK müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre nationalen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Behandlung von Erwachsenen im Einklang mit den in der VN-BRK verankerten Menschenrechtsverpflichtungen, einschließlich der Maßnahmen der „Vormundschaft“ und der „Pflegschaft“, sowie der Entscheidung über die Handlungsunfähigkeit nach Artikel 3 des HCCH-Übereinkommens von 2000 stehen.

(14)Die Bestimmungen des HCCH-Übereinkommens von 2000 sollten im Einklang mit den Menschenrechtsverpflichtungen im Rahmen der VN-BRK angewandt werden.

(15)Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen sollte sich auch auf die Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen von Drittländern durch die Mitgliedstaaten auswirken.

(16)[Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet.] ODER

(17)Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat Irland [mit Schreiben vom ...] mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieses Beschlusses beteiligen möchte.

(18)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)Der Rat ermächtigt hiermit die Mitgliedstaaten, im Interesse der Union unter den in Artikel 2 genannten Bedingungen Vertragsparteien des Übereinkommens vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen zu werden oder zu bleiben.

(2)Der Wortlaut des Übereinkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2  

Bulgarien, [Irland], Spanien, Kroatien, Italien, Litauen, Luxemburg, Ungarn, die Niederlande, Polen, Rumänien, Slowenien, die Slowakei und Schweden unternehmen die erforderlichen Schritte, um ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande, dem Verwahrer des Übereinkommens, spätestens [24 Monate nach dem Tag der Annahme dieses Beschlusses] zu hinterlegen.

Artikel 3  

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    Artikel 1 der Satzung der Haager Konferenz.
(2)     https://www.hcch.net/en/news-archive/details/?varevent=884
(3)    Belgien, Tschechien, Deutschland, Estland, Griechenland, Frankreich, Zypern, Lettland, Malta, Österreich, Portugal und Finnland.
(4)    In den Schlussfolgerungen des Rates mit dem Titel „Rechtsschutz hilfsbedürftiger Erwachsener“ (Dok. 14667/08 (Presse 299) vom 24.X.2008) ersuchte der Rat die Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan hatten, „die einschlägigen Unterzeichnungs- und/oder Ratifikationsverfahren schnellstmöglich einzuleiten oder zügig fortzusetzen“, und ersuchte die „Mitgliedstaaten, deren interne Konsultationen [in Bezug auf den Beitritt zum HCCH-Übereinkommen von 2000] noch andauern, … einen zügigen Abschluss dieser Konsultationen anzustreben“. Darüber hinaus hat der Europäische Rat in seinen im Jahr 2009 angenommenen Schlussfolgerungen zum „Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger“ den Wunsch geäußert, dass die Mitgliedstaaten dem HCCH-Übereinkommen von 2000 schnellstmöglich beitreten.
(5)    Siehe „Rechtsschutz von Erwachsenen: grenzübergreifende Auswirkungen“ (P6_TA(2008)0638), Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zum Rechtsschutz von Erwachsenen: grenzübergreifende Auswirkungen (2008/2123(INI)) (2010/C 45 E/13). In den Nummern 1 bis 4 der Entschließung wurde die Ratifizierung des HCCH-Übereinkommens von 2000 durch die Mitgliedstaaten gefordert und die Kommission aufgefordert, einen Legislativvorschlag zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vorzulegen, über Probleme und beispielhafte Verfahren für die praktische Anwendung des HCCH-Übereinkommens von 2000 zu berichten und zu prüfen, ob die Europäischen Gemeinschaft als Ganzes dem Übereinkommen beitreten soll. In dieser Entschließung von 2008 forderte das Parlament die Kommission auf, einen Legislativvorschlag vorzulegen, „sobald ausreichende Erfahrungen bezüglich der Funktionalität des Haager Übereinkommens gesammelt wurden“. In einer weiteren Entschließung vom 1. Juni 2017 forderte das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten auf, das HCCH-Übereinkommen von 2000 zu unterzeichnen und zu ratifizieren sowie die Selbstbestimmung von Erwachsenen zu fördern, indem sie Rechtsvorschriften über Vorsorgevollmachten in ihr nationales Recht aufnehmen.
(6)    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas – Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms (KOM(2010) 171 endg. vom 20.4.2010). Im Anhang des Aktionsplans von 2010 zur Umsetzung des Stockholmer Programms wird unter dem Titel „Schutz der Grundrechte“ im Abschnitt „Schutzbedürftige Gruppen“ auf den Beitritt von Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum HCCH-Übereinkommen von 2000 Bezug genommen.
(7)    Gemeinsame Konferenz von Europäischer Kommission und HCCH über den grenzüberschreitenden Schutz schutzbedürftiger Erwachsener, Brüssel, 5.-7. Dezember 2018, https://www.hcch.net/en/news-archive/details/?varevent=654 .
(8)     Schlussfolgerungen des Rates über den Schutz schutzbedürftiger Erwachsener in der Europäischen Union (17.8.2021).
(9)    Artikel 53:„(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten, die zur Zeit der Achtzehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Mitglied der Konferenz waren, zur Unterzeichnung auf.(2) Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung; die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande, dem Verwahrer dieses Übereinkommens, hinterlegt.“
(10)    Die einzige Ausnahme bildet die in Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) niedergelegte Bestimmung über die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden vertraglichen Schuldverhältnissen in Zivil- und Handelssachen.
(11)    Artikel 1 Absatz 1 des HCCH-Übereinkommens von 2000.
(12)     88f10f24-81ad-42ac-842c-315025679d40.pdf (hcch.net)
(13)    Concluding observations on the initial report of the European Union: Committee on the Rights of Persons with Disabilities, (2015) draft prepared by the Committee .
(14)    Studie mit dem Titel „Interpreting the 2000 Hague Convention on the International Protection of Adults Consistently with the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (CRPD)“ .
(15)     Gemeinsame Erklärung des Sonderberichterstatters für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Gerard Quinn, und der Unabhängigen Expertin für die Rechte älterer Menschen, Claudia Mahler – Überlegungen zum Haager Übereinkommen (2000) über den internationalen Schutz von Erwachsenen , 8. Juli 2021 (in Englisch).
(16)    Siehe z. B. Beschluss des Gerichtshofs vom 9. November 2021, Agenzia delle dogane e dei monopoli – Ufficio delle Dogane di Gaeta/Punto Nautica Srl, C-255/20, ECLI:EU:C:2021:926, Rn. 33.
(17)     Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 .
(18)    Siehe Nummer 12 der Strategie.
(19)     Study on the cross-border legal protection of vulnerable adults in the Union, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union (europa.eu) .
(20)    Siehe insbesondere Gutachten 1/13, Rn. 73 und 74, und zitierte Rechtsprechung.
(21)    Gutachten 1/13 des Gerichtshofs der Europäischen Union, Rn. 44, und zitierte Rechtsprechung.
(22)    Entscheidung des Rates vom 5. Juni 2008 zur Ermächtigung einiger Mitgliedstaaten, das Haager Übereinkommen von 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren oder ihm beizutreten, und zur Ermächtigung einiger Mitgliedstaaten, eine Erklärung über die Anwendung der einschlägigen internen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts abzugeben (ABl. L 151 vom 11.6.2008, S. 36).
(23)     https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12965-Justizielle-Zusammenarbeit-in-Zivilsachen-EU-weiter-Schutz-fur-unterstutzungsbedurftige-Erwachsene_de
(24)     https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12965-Civil-judicial-cooperation-EU-wide-protection-for-vulnerable-adults/public-consultation_de
(25)     Study on the cross-border legal protection of vulnerable adults in the Union, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union (europa.eu) .
(26)     Protection of Vulnerable Adults – European Added Value Assessment
(27)     The Protection of Adults in International Situations ,   Bericht des Europäischen Rechtsinstituts.
(28)    Siehe Artikel 22 des HCCH-Übereinkommens von 2000, in dem die Gründe aufgelistet sind, die einer zuständigen Behörde zur Verfügung stehen, um die Anerkennung und Vollstreckung einer Maßnahme nach eigenem Ermessen zu versagen.
(29)    ABl. C … vom …, S. ….