Brüssel, den 6.2.2023

COM(2023) 54 final

2023/0022(NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1754 des Rates über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Mit dem Lissabonner Abkommen von 1958 über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung wurde ein besonderer Verband (im Folgenden „besonderer Verband“) im Rahmen des Verbands zum Schutz des gewerblichen Eigentums errichtet, der mit der am 20. März 1883 in Paris unterzeichneten Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (im Folgenden „Pariser Verbandsübereinkunft“) geschaffen wurde. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Ursprungsbezeichnungen für Erzeugnisse der anderen Vertragsparteien, die als solche im Ursprungsland anerkannt und geschützt und beim Internationalen Büro der WIPO eingetragen sind, in ihrem Gebiet zu schützen, es sei denn, sie erklären innerhalb eines Jahres ab der Beantragung der Eintragung, dass sie keinen Schutz gewährleisten können.

Das Lissabonner Abkommen wurde von 2009 bis 2015 überarbeitet. Ziel war es, i) den derzeitigen Rahmen zu verfeinern, ii) Bestimmungen aufzunehmen, in denen festgelegt wird, dass das Lissabon-System auch für geografische Angaben gilt, und iii) die Möglichkeit des Beitritts zwischenstaatlicher Organisationen wie der EU aufzunehmen. Die Diplomatische Konferenz der WIPO fand vom 11. bis 21. Mai 2015 in Genf statt. Auf der Konferenz wurde am 20. Mai 2015 die Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (im Folgenden „Genfer Akte“) angenommen.

Am 27. Juli 2018 legte die Kommission auf der Grundlage von Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a AEUV einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte vor (Dokument COM(2018) 350 final). In Anbetracht der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Union für die Aushandlung dieses Rechtsakts sah dieser Vorschlag vor, dass nur die Europäische Union beitreten würde.

Der Rat hat dem Europäischen Parlament am 15. März 2019 den Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte übermittelt, mit dem alle Mitgliedstaaten, die dies wünschen, ermächtigt werden, dieser Akte neben der Europäischen Union beizutreten. Am 16. April 2019 billigte das Parlament den Beschlussentwurf.

Da die Kommission diesen Entwurf nicht unterstützte, erließ der Rat am 7. Oktober 2019 gemäß Artikel 293 Absatz 1 AEUV einstimmig den Beschluss (EU) 2019/1754.

Artikel 3 des Beschlusses (EU) 2019/1754 lautet:

„Die Mitgliedstaaten, die es wünschen, werden ermächtigt, im Interesse der [Europäischen] Union unter Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit der Union die Genfer Akte neben der [Europäischen] Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten.“

Artikel 4 Absatz 1 desselben Beschlusses bestimmt:

„Im besonderen Verband werden die [Europäische] Union und die Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 3 des vorliegenden Beschlusses die Genfer Akte ratifizieren oder ihr beitreten, gemäß Artikel 17 Absatz 1 EUV von der Kommission vertreten. Die [Europäische] Union ist für die Wahrnehmung der Rechte und die Erfüllung der Pflichten der [Europäischen] Union und der Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 3 des vorliegenden Beschlusses die Genfer Akte ratifizieren oder ihr beitreten, zuständig. “

In einer Erklärung, die in das Ratsprotokoll über die Annahme dieses Beschlusses aufgenommen wurde, hat sich die Kommission zum einen dagegen ausgesprochen, dass alle Mitgliedstaaten der Union, die dies wünschen, ermächtigt werden können, die Genfer Akte neben der Europäischen Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten, und zum anderen erklärt, dass sie bereit gewesen wäre, sich darauf zu einigen, dass die sieben Mitgliedstaaten, die seit Langem Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind und im Rahmen dieses Abkommens umfangreiche Rechte des geistigen Eigentums hatten eintragen lassen, im Interesse der Europäischen Union ermächtigt werden, der Genfer Akte beizutreten.

Die Europäische Union hat ihre Beitrittsurkunde zur Genfer Akte am 26. November 2019 hinterlegt, womit sich die Zahl der Mitglieder auf die für das Inkrafttreten erforderliche Zahl von fünf erhöht hat. Die Genfer Akte trat drei Monate später am 26. Februar 2020 in Kraft.

Am 17. Januar 2020 erhob die Kommission Klage nach Artikel 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/1754. Die Kommission focht den Beschluss des Rates vor dem Gerichtshof im Wesentlichen mit der Begründung an, dass der Rat gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und das Initiativrecht der Kommission verstoßen habe. Während die Kommission den Gerichtshof ersucht hat, den Beschluss (EU) 2019/1754 für nichtig zu erklären, soweit er alle Mitgliedstaaten zum Beitritt zur Genfer Akte ermächtigt, ersuchte sie den Gerichtshof auch, die Wirkungen des Beschlusses für die sieben Mitgliedstaaten, die bereits Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, aufrechtzuerhalten. Andernfalls würden diese Mitgliedstaaten die mit den Ursprungsbezeichnungen verbundenen Prioritätsrechte verlieren, die bereits im Rahmen des Lissabonner Abkommens in ihrem Namen eingetragen sind.

Das Urteil des Gerichtshofs erging am 22. November 2022. Der Gerichtshof folgte im Wesentlichen dem Vorbringen der Kommission und den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 19. Mai 2022. Der Gerichtshof hat in seinen Feststellungen in der Sache insbesondere anerkannt, dass die Wahrung des Zeitrangs und der Kontinuität des Schutzes der in den sieben Mitgliedstaaten, die bereits Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, nach diesem Abkommen eingetragenen Ursprungsbezeichnungen gemäß dem in Artikel 4 Absatz 3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten insbesondere notwendig ist, um die sich aus diesen nationalen Eintragungen ergebenden erworbenen Rechte zu schützen.

Der Gerichtshof erklärte Artikel 3 sowie, soweit darin auf die Mitgliedstaaten Bezug genommen wird, Artikel 4 des Beschlusses (EU) 2019/1754 des Rates vom 7. Oktober 2019 über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte für nichtig.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Wirkungen der für nichtig erklärten Teile des Beschlusses (EU) 2019/1754 nur insoweit aufrechterhalten werden, als sie Mitgliedstaaten betreffen, die zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils bereits von der in Artikel 3 dieses Beschlusses vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, die Genfer Akte neben der Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten, und so lange aufrechterhalten werden, bis binnen angemessener Frist, die sechs Monate ab Verkündung des Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des Rates in Kraft tritt.

Daher ist es erforderlich, innerhalb von sechs Monaten Änderungen des Beschlusses (EU) 2019/1754 anzunehmen, damit die Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, auch Mitglieder der Genfer Akte sein können, um sicherzustellen, dass sie die Prioritätsrechte im Zusammenhang mit den Ursprungsbezeichnungen, die im Rahmen des Lissabonner Abkommens bereits in ihrem Namen eingetragen sind, aufrechterhalten können.

Der vorliegende Vorschlag enthält diese Änderungsvorschläge.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

In Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse hat die EU einheitliche, umfassende Regelungen für den Schutz von geografischen Angaben für Weine (1970), Spirituosen (1989), aromatisierte Weine (1991) sowie andere landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel (1992) eingeführt. Durch diese Regelungen erhalten geschützte Namen für die betreffenden Erzeugnisse einen weitreichenden, EU-weiten Schutz auf der Grundlage eines einheitlichen Antragsverfahrens. Die wichtigsten Bestimmungen sind derzeit für Wein in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vom 17. Dezember 2013, für Spirituosen in der Verordnung (EU) 2019/787 vom 17. April 2019 und für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel sowie aromatisierte Weine in der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vom 21. November 2012 festgelegt.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Der Vorschlag steht im Einklang mit der allgemeinen Politik der EU zur Förderung und Verbesserung des Schutzes geografischer Angaben durch bilaterale, regionale und multilaterale Abkommen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

In Anbetracht des Gegenstands des Vertrags sollte sich der Beschluss des Rates auf Artikel 207 und Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a Ziffer v AEUV stützen.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Nach Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union gilt das Subsidiaritätsprinzip nicht für Bereiche, die in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fallen.

Verhältnismäßigkeit

Die vorgeschlagenen Änderungen sind notwendig für die Wahrung des Zeitrangs und der Kontinuität des Schutzes der in den sieben Mitgliedstaaten, die bereits Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, nach diesem Abkommen eingetragenen Ursprungsbezeichnungen gemäß dem in Artikel 4 Absatz 3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, um die sich aus diesen nationalen Eintragungen ergebenden erworbenen Rechte zu schützen.

Wahl des Instruments

Ein Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1754 ist aufgrund von Artikel 28 der Genfer Akte (Möglichkeit, Vertragspartei dieses Abkommens zu werden) das geeignete Rechtsinstrument. In Anbetracht des Gegenstands des Vertrags sollte sich der Änderungsbeschluss des Rates auf Artikel 207 und Artikel 218 Absatz 6 AEUV stützen.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Entfällt.

Konsultation der Interessenträger

Der Fahrplan für den Beitritt der EU zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben wurde am 21. Dezember 2017 veröffentlicht mit einer Frist für Stellungnahmen der Interessenträger bis zum 18. Januar 2018. Es gingen acht Stellungnahmen ein.

Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Entfällt.

Folgenabschätzung

In den Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung wird präzisiert, dass eine Folgenabschätzung nur dann durchgeführt werden sollte, wenn dies sinnvoll ist, was von Fall zu Fall zu prüfen ist. Eine Folgenabschätzung ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn die Kommission über keinen oder einen nur geringen Entscheidungsspielraum verfügt. Dies ist hier der Fall, da das Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2022 rasches Handeln erfordert, um einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1754 des Rates zu erlassen, der die Rechte der betroffenen Mitgliedstaaten schützt.

Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Entfällt.

Grundrechte

Der Beitritt der Union zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens trägt zur Einhaltung von Artikel 17 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei, wonach geistiges Eigentum geschützt werden muss.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Entfällt.

5.WEITERE ANGABEN

Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Entfällt.

Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)

Entfällt.

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Entfällt.

2023/0022 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1754 des Rates über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Das Lissabonner Abkommen über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung vom 31. Oktober 1958 (im Folgenden „Lissabonner Abkommen“) ist ein Vertrag, der von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltet wird. Mit dem Lissabonner Abkommen wird im Rahmen des Verbands zum Schutz des gewerblichen Eigentums ein besonderer Verband (im Folgenden „besonderer Verband“) errichtet. Er steht den Vertragsparteien der Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums offen. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, die Ursprungsbezeichnungen für Erzeugnisse der anderen Vertragsparteien, die als solche im Ursprungsland anerkannt und geschützt und beim Internationalen Büro der WIPO eingetragen sind, in ihrem Gebiet zu schützen, es sei denn, sie erklären innerhalb eines Jahres ab der Beantragung der Eintragung, dass sie keinen Schutz gewährleisten können.

(2)Sieben Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens, nämlich Bulgarien, Tschechien, Frankreich, Italien, Ungarn, Portugal und die Slowakei. Die Union selbst ist nicht Vertragspartei des Lissabonner Abkommens, da nur Länder diesem Übereinkommen beitreten können.

(3)Im Anschluss an eine Überarbeitung des Lissabonner Abkommens wurde auf der Diplomatischen Konferenz der WIPO am 20. Mai 2015 die Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (im Folgenden „Genfer Akte“) angenommen. Mit der Genfer Akte wird der Schutz von Ursprungsbezeichnungen auf alle geografischen Angaben ausgeweitet und wird es zwischenstaatlichen Organisationen ermöglicht, Vertragsparteien zu werden.

(4)Mit Urteil vom 25. Oktober 2017 1 hat der Gerichtshof entschieden, dass die Aushandlung der Genfer Akte in die ausschließliche Zuständigkeit fiel, die der Union durch Artikel 3 Absatz 1 AEUV im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik im Sinne von Artikel 207 Absatz 1 AEUV übertragen wird. 

(5)Am 27. Juli 2018 legte die Kommission auf der Grundlage von Artikel 207 und Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte 2 vor. In Anbetracht der ausschließlichen Zuständigkeit der Union für die Aushandlung dieses Rechtsakts sah dieser Vorschlag vor, dass nur die Union beitreten würde.

(6)Am 7. Oktober 2019 hat der Rat gemäß Artikel 293 Absatz 1 AEUV einstimmig den Beschluss (EU) 2019/1754 über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte 3 angenommen. Artikel 3 des genannten Beschlusses sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, die dies wünschen, die Genfer Akte neben der Union ratifizieren oder ihr beitreten können. Artikel 4 des Beschlusses sieht vor, dass die Union und alle Mitgliedstaaten, die die Genfer Akte ratifiziert haben oder ihr beigetreten sind, gemäß Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) im besonderen Verband von der Kommission vertreten werden. Artikel 4 sieht weiter vor, dass die Union für die Wahrnehmung der Rechte und die Erfüllung der Pflichten der Union und der Mitgliedstaaten, die die Genfer Akte ratifizieren oder ihr beitreten, zuständig ist.

(7)In einer in das Ratsprotokoll aufgenommenen Erklärung zur Annahme des Beschlusses (EU) 2019/1754 erhob die Kommission Einwände gegen die Möglichkeit, dass alle Mitgliedstaaten ermächtigt werden, die Genfer Akte neben der Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten. Die Kommission wies jedoch auch darauf hin, dass sie bereit gewesen wäre, sich darauf einzulassen, dass den sieben Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind und über umfangreiche im Rahmen dieses Abkommens eingetragene Rechte des geistigen Eigentums verfügen, im Interesse der Union gestattet werden könnte, der Genfer Akte beizutreten.

(8)Die Genfer Akte trat am 26. Februar 2020 in Kraft, drei Monate nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde durch die Union, wodurch sich die Zahl der Mitglieder auf die erforderliche Zahl von fünf erhöht hat.

(9)Am 17. Januar 2020 erhob die Kommission Klage nach Artikel 263 AEUV auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2019/1754. Die Kommission focht diesen Beschluss vor dem Europäischen Gerichtshof im Wesentlichen mit der Begründung an, dass der Rat gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung und das Initiativrecht der Kommission verstoßen habe, und hilfsweise wegen Verstoßes gegen Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 207 AEUV sowie gegen die Begründungspflicht.

(10)Während die Kommission den Gerichtshof ersucht hat, den Beschluss (EU) 2019/1754 für nichtig zu erklären, soweit er alle Mitgliedstaaten zum Beitritt zur Genfer Akte ermächtigt, ersuchte sie den Gerichtshof auch, die Wirkungen des Beschlusses für die sieben Mitgliedstaaten, die bereits Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, aufrechtzuerhalten. Es widerspräche dem Interesse der Union, die Prioritätsrechte, die mit den von diesen Mitgliedstaaten bereits im Rahmen des Lissabonner Abkommens eingetragenen Ursprungsbezeichnungen verbunden sind, zu verlieren.

(11)Das Urteil des Gerichtshofs erging am 22. November 2022. 4 Der Gerichtshof erklärte Artikel 3 sowie, soweit darin auf die Mitgliedstaaten Bezug genommen wird, Artikel 4 des Beschlusses (EU) 2019/1754 für nichtig.

(12)Im Urteil des Gerichtshofs wird jedoch auch anerkannt, dass der Zeitrang und die Kontinuität des Schutzes der in den sieben Mitgliedstaaten, die bereits Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, nach diesem Abkommen eingetragenen Ursprungsbezeichnungen gewahrt werden müssen. Der Gerichtshof hat daher festgestellt, dass die Wirkungen der für nichtig erklärten Teile des Beschlusses (EU) 2019/1754 für die Mitgliedstaaten, die bereits von der Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, die Genfer Akte zu ratifizieren oder ihr beizutreten, bis zum Inkrafttreten eines neuen Beschlusses des Rates innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten aufrechterhalten werden sollten.

(13)Angesichts der ausschließlichen Zuständigkeit der Union und der Möglichkeit für die Union, der Genfer Akte beizutreten, kann den Mitgliedstaaten nur unter genau gerechtfertigten und außergewöhnlichen Umständen gestattet werden, neben der Union beizutreten, solange eine solche Beteiligung im Interesse der Union hinreichend begründet ist; zudem muss ein solcher Beitritt funktional begrenzt bleiben.

(14)Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1753 5 enthält Übergangsbestimmungen für bereits nach dem Lissabonner Abkommen eingetragene Ursprungsbezeichnungen mit Ursprung in Mitgliedstaaten. Auf der Grundlage dieser Bestimmungen teilten die sieben Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens sind, der Kommission bis zum 14. November 2022 ihre Entscheidung mit, die internationale Eintragung der Ursprungsbezeichnungen, die bereits im Rahmen des Lissabonner Abkommens eingetragen sind, gemäß der Genfer Akte zu beantragen.

(15)Daher ist es angezeigt, den Beschluss (EU) 2019/1754 zu ändern, um die sieben Mitgliedstaaten, die vor der Genfer Akte Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens waren, unter Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit der Union zu ermächtigen, ebenfalls die Genfer Akte zu ratifizieren oder ihr beizutreten, soweit dies erforderlich ist, um im Interesse der Union die Prioritätsrechte im Zusammenhang mit den Ursprungsbezeichnungen, die von diesen Mitgliedstaaten bereits im Rahmen des Lissabonner Abkommens eingetragen wurden, zu wahren.

(16)Der Beschluss (EU) 2019/1754 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1754 des Rates

Der Beschluss (EU) 2019/1754 wird wie folgt geändert:

1.Artikel 3 erhält folgende Fassung:

„Die Mitgliedstaaten, die am 26. Februar 2020 Vertragsparteien des Lissabonner Abkommens waren 6 , werden ermächtigt, unter Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit der Union die Genfer Akte neben der Union zu ratifizieren oder ihr beizutreten, soweit dieser Beitritt erforderlich ist, um im Interesse der Union die Prioritätsechte im Zusammenhang mit den Ursprungsbezeichnungen, die von diesen Mitgliedstaaten bereits im Rahmen des Lissabonner Abkommens eingetragen wurden, zu wahren und den Verpflichtungen gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1753 nachzukommen.“

2.Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 erhält folgende Fassung:

„Im besonderen Verband werden die Union und jene Mitgliedstaaten, die gemäß Artikel 3 des vorliegenden Beschlusses die Genfer Akte ratifiziert haben oder ihr beigetreten sind, gemäß Artikel 17 Absatz 1 EUV von der Kommission vertreten. Die Union ist für die Wahrnehmung der Rechte und die Erfüllung der Pflichten der Union gemäß Artikel 3 des vorliegenden Beschlusses zuständig.“

 

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am siebten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident /// Die Präsidentin

(1)    Urteil des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2017, Kommission/Rat (überarbeitetes Lissabonner Abkommen), C-389/15, ECLI:EU:C:2017:798.
(2)    COM(2018) 350 final.
(3)    Beschluss (EU) 2019/1754 des Rates vom 7. Oktober 2019 über den Beitritt der Europäischen Union zur Genfer Akte (ABl. L 271 vom 24.10.2019, S. 12).
(4)    Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2022, Kommission/Rat, C-24/20, ECLI:EU:C:2022:911.
(5)    Verordnung (EU) 2019/1753 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 über die Maßnahmen der Union nach ihrem Beitritt zur Genfer Akte des Lissabonner Abkommens über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben (ABl. L 271 vom 24.10.2019, S. 1).
(6)    Bulgarien, Tschechien, Frankreich, Italien, Ungarn, Portugal und die Slowakei.