EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 13.6.2023
COM(2023) 317 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Ein Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen, der in der Praxis funktioniert
{SWD(2023) 209 final}
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Ein Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen, der in der Praxis funktioniert
Einleitung
Der europäische Grüne Deal und der Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft bis 2050 stellen erhebliche Herausforderungen dar, insbesondere im derzeitigen geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext, sie bieten jedoch auch Chancen für die EU. Investitionen in den grünen Wandel werden helfen, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen und eine nachhaltige, gerechte und wohlhabende Gesellschaft aufzubauen. Investitionen in saubere und nachhaltige Energiequellen und Energieeffizienz werden die offene strategische Autonomie der EU stärken und unsere Abhängigkeit von Einfuhren aus Russland und Einfuhren fossiler Brennstoffe von außerhalb der EU verringern und so dazu beitragen, die Energiepreise künftig zu dämpfen. Hierzu bedarf es auch Investitionen in unsere Kapazitäten, saubere Technologien zu entwickeln und zu fertigen, um zu verhindern, dass neue strategische Abhängigkeiten geschaffen werden, und um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Das Versäumnis, rechtzeitig Maßnahmen zur Berücksichtigung klima- und naturbedingter Risiken zu treffen, wird dagegen erhebliche Kosten für Unternehmen und die Gesellschaft nach sich ziehen und könnte zu disruptiven Nachbesserungen mit Folgen für die Finanzstabilität führen. Damit diese Ziele erreicht werden, wird die EU zusätzliche Investitionen von jährlich rund 700 Mrd. EUR benötigen, um die Ziele des Grünen Deals sowie von RepowerEU und der Netto-Null-Industrie-Verordnung zu verwirklichen. Der weitaus größte Teil dieser Investitionen wird aus privaten Mitteln stammen müssen.
Mit der Agenda der EU für ein nachhaltiges Finanzwesen sollen Unternehmen und der Finanzsektor bei diesen Bemühungen unterstützt werden, indem die private Finanzierung von Übergangsprojekten und -technologien gefördert und Finanzströme zu nachhaltigen Investitionen erleichtert werden. Die EU hat in den letzten fünf Jahren erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung ihrer Agenda für ein nachhaltiges Finanzwesen gemacht. Zu den Meilensteinen gehören der Erlass der Taxonomieverordnung, der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten (SFDR), der Klima-Referenzwerte der EU in der Referenzwerte-Verordnung, der Verordnung über europäische grüne Anleihen und der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD). Außerdem hat die EU klargestellt, dass Treuepflichten in den Sektoren Vermögensverwaltung, (Rück-)Versicherung und Anlagen auch Nachhaltigkeitsrisiken umfassen, und Bestimmungen festgelegt, denen zufolge Präferenzen von Endanlegern in Bezug auf Nachhaltigkeit an der Verkaufsstelle zu besprechen sind. Im Herbst 2021 schlug die Kommission im Rahmen der Bank- und Versicherungspakete Aufsichtsvorschriften vor, um die Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken zu erhöhen; über diese Vorschläge verhandeln derzeit Parlament und Rat. Zusammen stellen diese Elemente sicher, dass der Finanzsektor Nachhaltigkeitsfaktoren zunehmend berücksichtigt.
Das heute vorgestellte Paket ist ein wichtiger Schritt zur Vervollständigung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen. Die Delegierten Rechtsakte zur Taxonomie werden ermöglichen, dass Investitionen in mehr Sektoren und Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig anerkannt werden, indem Tätigkeiten und damit verbundene Kriterien für alle sechs Umweltziele der Taxonomieverordnung aufgenommen werden. Der Vorschlag für eine Verordnung über die Transparenz und Integrität von Ratingtätigkeiten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) wird sicherstellen, dass ESG-Ratings zu einer verlässlicheren und transparenteren Komponente der Wertschöpfungskette eines nachhaltigen Finanzwesens werden. Die in Kürze im Rahmen der CSRD veröffentlichten europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung werden es Unternehmen ermöglichen, Nachhaltigkeitsinformationen auf standardisierte Weise an verschiedene Kreditgeber, Anleger und sonstige Interessenträger zu übermitteln. In der Empfehlung der Kommission wird aufgezeigt, wie sich die Finanzierung des Übergangs in den Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen einfügt, und anhand praktischer Beispiele und Erläuterungen wird erklärt, wie Unternehmen, Anleger und Finanzmittler den derzeitigen Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen freiwillig nutzen können, um ihren Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zu finanzieren und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Schließlich wird in der dazugehörigen Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Nutzbarkeit der EU-Taxonomie und des weiteren EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen ein Überblick über die Eckpunkte des bestehenden Rahmens gegeben und eine Bilanz der kürzlich angenommenen Maßnahmen zur Nutzbarkeit gezogen.
Eine frühe Analyse der Berichterstattung zeigt, dass der EU-Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen beginnt, wie beabsichtigt zu funktionieren und die private Finanzierung von Investitionen in die Umwelt und den Übergang durch Transparenz und als umfassendes Instrumentarium erleichtert. So wenden etwa Unternehmen die Taxonomie an und beginnen, darauf basierend ihre nachhaltigen Investitionen zu übermitteln.
Trotz der erheblichen Fortschritte, die bislang erzielt wurden, und der Chancen und Wettbewerbsvorteile, die der Übergang langfristig bietet, erkennt die Kommission an, dass Unternehmen, insbesondere KMU, beim Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft vor erheblichen Herausforderungen stehen. Diese Herausforderungen bestehen unter anderem darin, Lösungen zu finden, wo grüne Technologien noch nicht verfügbar sind, im Rahmen von Geschäftsstrategien Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen zu formulieren, höhere Standards ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit sowie strengere Anforderungen bezüglich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen zu erfüllen und den Mangel an Arbeitskräften und Fachkräften zu überwinden.
Auch die Umsetzung und erste Anwendung von Anforderungen bezüglich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen können schwierig sein, da die Einführung der Berichterstattung Fragen zur Umsetzung und Nutzbarkeit aufwirft und auf Firmenebene Investitionen in die Erstellung, Verarbeitung und Qualitätssicherung der verlangten Angaben erfordert. Die Kommission hat sich verpflichtet, die Durchführung aktiv zu unterstützen und sicherzustellen, dass der Rahmen von Unternehmen unterschiedlicher Größe, mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen und in unterschiedlichen Ausgangslagen verwendet werden kann und inklusiv ist.
Ein Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen, der in der Praxis funktioniert
Nun, da die Hauptelemente des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen vorhanden sind, beginnen Unternehmen und Finanzinstitute, die Instrumente und Offenlegungsstandards für ihre Wirtschafts- und Finanzierungstätigkeiten anzuwenden. In den nächsten Jahren werden sich die Qualität und Verfügbarkeit von Offenlegungen und Daten mit fortschreitender Umsetzung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen verbessern, und die Marktteilnehmer werden sich die Taxonomie und andere ESG-Informationen zunutze machen können, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen, Nachhaltigkeitsziele zu formulieren und sich dafür einzusetzen und Finanzmittel für den Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zu erhalten oder bereitzustellen. Der Nutzen der Anwendung des Rahmens wird mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Daten steigen. Dies wird gleichzeitig mit der Umsetzung des zentralen europäischen Zugangsportals (ESAP) geschehen, das den digitalen und offenen Zugang zu diesen Daten ermöglichen wird.
Die Berichterstattung nach der Taxonomie aus dem ersten Jahr der Anwendung zeigt, dass die Taxonomie in der Praxis funktioniert. Aus den Daten geht hervor, dass im STOXX Europe 600-Index geführte Unternehmen, die eine gewisse Taxonomiekonformität meldeten, im Durchschnitt eine Taxonomiekonformität von rund 23 % für Investitionsausgaben, 24 % für Betriebsausgaben und 17 % für Einnahmen meldeten. Dies zeigt, dass Unternehmen unabhängig von ihrer Ausgangslage in die Konformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten mit der Taxonomie investieren können. Finanzinstitute und Anleger können diese Daten bereits nutzen, um im Übergang befindliche Unternehmen und Sektoren zu erkennen und übergangsbezogene Finanzierungslösungen bereitzustellen.
Die Kommission setzt sich dafür ein, die Umsetzung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen zu fördern und sicherzustellen, dass die Instrumente und Offenlegungen in der Praxis funktionieren. Gestützt auf die Rückmeldungen der Interessenträger wird die Kommission ihre Bemühungen zur Verbesserung der Nutzbarkeit und Kohärenz des Rahmens intensivieren und sicherstellen, dass die verschiedenen Elemente einfach zu verwenden sind und Verwaltungslasten weitgehend minimiert werden. Außerdem steht die Kommission bereit, um den Mitgliedstaaten technische Unterstützung zur Erleichterung dieser Umsetzung, einschließlich der geplanten europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung, mithilfe des Instruments für technische Unterstützung bereitzustellen.
Der Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen ist inklusiv und verhältnismäßig. Er wird es kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ermöglichen, finanzielle Mittel für ihre Umstellung zu beschaffen, und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand minimieren. Nicht-börsennotierte KMU, insbesondere Kleinstunternehmen, unterliegen aufgrund ihrer Größe und Verwaltungskapazität nicht dem Regelungsrahmen der EU für ein nachhaltiges Finanzwesen, dennoch sind einige KMU möglicherweise daran interessiert, nachhaltige Investitionen zu finanzieren, und können von der freiwilligen Nutzung nachhaltiger Finanzinstrumente profitieren. Nichtsdestotrotz könnten einige KMU bei der Prüfung ihres Bedarfs an Übergangsfinanzierung und der praktischen Beschaffung von Übergangsfinanzierung die Unterstützung ihrer Finanzierungspartner und Partner in der Wertschöpfungskette brauchen. Vor diesem Hintergrund sollten Finanzmittler berücksichtigen, dass die Kapazitäten von KMU, detaillierte Informationen zu übermitteln, möglicherweise begrenzt sind, und sie sollten beim Umgang mit KMU-Kunden, die an der Beschaffung einer Finanzierung für ökologische Investitionen interessiert sind, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anwenden.
Eine Reihe von Initiativen und gezielten Maßnahmen wurde bereits ergriffen, um Lösungen für zentrale Probleme der Nutzbarkeit zu finden und von Interessenträgern vorgebrachte Fragen zu beantworten. So hat die Kommission etwa kürzlich das Zusammenspiel zwischen der Taxonomieverordnung und der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten in Bezug auf den Begriff „nachhaltige Investitionen“ erläutert und klargestellt, wie Betreiber die Anforderungen der EU-Taxonomie bezüglich der Einhaltung des Mindestschutzes einschließlich sozialen und Governance-Aspekten auslegen sollten. Dies ergänzt die jüngste Veröffentlichung von Leitlinien der Kommission zur Interaktion zwischen der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten und der Referenzwerte-Verordnung im Hinblick auf Produkte, bei denen Referenzwerte für den klimabedingten Wandel und Paris-abgestimmte Referenzwerte passiv erfasst werden.
Die Kommission wird ihre Arbeit an der Verbesserung der Nutzbarkeit der Taxonomie und des breiteren Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen fortsetzen, mit Unterstützung der Europäischen Aufsichtsbehörden und der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen sowie basierend auf einer weiteren Einbindung der Interessenträger. Die im Dezember 2022 angekündigte umfassende Bewertung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten ist ein wichtiger Teil dieser Bemühungen. Im Rahmen der Bewertung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten wird im Herbst 2023 eine öffentliche Konsultation beginnen.
Finanzierung des Übergangs
Der Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft erfordert dringende Investitionen der richtigen Größenordnung in grüne Technologien und nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Darüber hinaus werden Investitionen in Übergangstätigkeiten entsprechend der Taxonomieverordnung benötigt, wo grüne Technologien noch nicht verfügbar sind. Der Finanzsektor kann die Entwicklung derartiger Technologien fördern. Das heutige Paket ist ein weiterer Schritt in Richtung eines weltweit führenden Rechtsrahmens zur Erleichterung der Finanzierung des Übergangs.
Die Finanzierung des Übergangs kann nicht nur von Unternehmen mit besten Nachhaltigkeitsleistungen beschafft werden, sondern auch von Unternehmen mit unterschiedlichen Ausgangslagen und klaren Nachhaltigkeitszielen. Im Regelungsrahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen werden bereits Investitionen in den auf Klima- und Umweltziele ausgerichteten Übergang von Wirtschaftstätigkeiten, Vermögenswerten und Unternehmen anerkannt, beispielsweise mittels der Taxonomie. Gestützt auf die durch den Rahmen vorgesehenen Nachhaltigkeitsinformationen und -instrumente werden private Anleger und Finanzinstitute zunehmend in der Lage sein, nachhaltige Investitionen und Investitionen in Übergangsprojekte effizienter und systematischer zu erkennen. Außerdem bieten diese Offenlegungen und Instrumente Unternehmen eine Möglichkeit, ihre Nachhaltigkeitsziele und Übergangswege Investoren und Interessenträgern gegenüber auf standardisierte Weise zu formulieren.
Die Taxonomie umfasst Übergangstätigkeiten, für die derzeit keine technologisch und/oder wirtschaftlich machbare CO2-arme Alternative verfügbar ist, bei denen aber dennoch wesentliche Verbesserungen erzielt werden können, um zu einer klimaneutralen Wirtschaft überzugehen. Außerdem erkennt die Taxonomie Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten an, die in fünf (in Ausnahmefällen zehn) Jahren taxonomiekonform werden. Derartige Investitionen können als taxonomiekonforme Investitionsausgaben offengelegt werden und durch die Ausgabe europäischer grüner Anleihen finanziert werden. Derartige Anleihen können dann in die Zusammensetzung eines Referenzwerts oder eines Finanzprodukts aufgenommen werden, das Nachhaltigkeitsmerkmale besitzt oder Nachhaltigkeitsziele verfolgt.
In der Anfangsphase des Übergangs wird die Taxononomiekonformität in Bezug auf Einnahmen geringer sein, insbesondere bei bestimmten Unternehmen und Wirtschaftssektoren. In Bezug auf Investitionsausgaben wird jedoch bereits eine höhere Konformität erwartet. Dies bestätigen die ersten Daten, die zeigen, dass eine Vielzahl von Unternehmen taxononomiekonforme Investitionsausgaben melden, die wesentlich höher als ihre konformen Einnahmen sind, vor allem in stark emittierenden Sektoren, in denen Übergangsfinanzierung am meisten benötigt wird, und dass die durchschnittliche Taxononomiekonformität bei bestimmten Sektoren wesentlich höher in Bezug auf Investitionsausgaben als in Bezug auf Einnahmen ist. So etwa im Versorgungssektor mit durchschnittlich 70 % konformen Investitionsausgaben gegenüber 40 % konformen Einnahmen, und im Energiesektor mit durchschnittlich 23 % konformen Investitionsausgaben gegenüber 7 % konformen Einnahmen.
Es gibt auch bedeutende Synergien über Instrumente und Offenlegungen hinweg, etwa im Kontext von Unternehmen, die beschließen, Übergangsziele zu setzen und Übergangspläne zu entwickeln. Bislang haben mehr als 13 000 Unternehmen weltweit Übergangsziele gesetzt, wobei einige beschließen, diese Ziele in einem Übergangsplan zu präzisieren. Die geplanten europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden sicherstellen, dass Unternehmen ihre Pläne und Ziele für den klimabedingten Wandel, falls sie darüber verfügen, in standardisierter Form übermitteln können. Dies kann den Unternehmen helfen, Finanzierung von Finanzmarktteilnehmern zu erhalten, um ihre Übergangsbemühungen zu fördern. Die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen wird Marktpraktiken in Bezug auf Übergangsziele und -pläne sowie auf die Nachhaltigkeitsziele der EU gerichtete Kapitalströme überwachen.
Delegierte Rechtsakte zur Taxonomie im Bereich Umwelt und Klima
Die Taxonomie ist ein Eckpfeiler des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ein wichtiges Instrument für Markttransparenz, das hilft, Investitionen in die für den ökologischen Wandel am dringendsten benötigten Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. Der delegierte Rechtsakt zur Klimataxonomie, dessen Gegenstand Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sind, ist seit Januar 2022 in Anwendung und beinhaltet insgesamt 107 Wirtschaftstätigkeiten, die für 64 % der Treibhausgasemissionen in der EU-27 verantwortlich sind. Die Annahme des delegierten Rechtsakts zur Umwelttaxonomie, der Kriterien für die übrigen vier Umweltziele enthält, ist ein zentraler Schritt bei der Entwicklung des Taxonomierahmens. Die Aufnahme weiterer Wirtschaftstätigkeiten für alle sechs Umweltziele und folglich weiterer Wirtschaftssektoren und Unternehmen wird das Potenzial nachhaltiger Investitionen in der EU steigern. Ergänzend dazu werden gezielte Änderungen des delegierten Rechtsakts zur Klimataxonomie auf bislang nicht enthaltene Wirtschaftstätigkeiten ausgeweitet. Durch diese Hinzufügungen werden Investitionen in grüne Technologien, Fertigungskapazitäten für Netto-Null-Technologien und die Versorgung mit erneuerbarer Energie erleichtert und die Industriepolitik der EU wird gestärkt, wie im Industrieplan zum Grünen Deal für das klimaneutrale Zeitalter angekündigt.
Die delegierten Rechtsakte sind sehr stark an die Empfehlungen der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen angelehnt. Allerdings enthält das heute vorgelegte Paket nicht alle Wirtschaftstätigkeiten, für die auf der Plattform Empfehlungen abgegeben wurden. Die Kommission hat diejenigen Wirtschaftstätigkeiten mit dem größten Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zu leisten, und bei denen es möglich war, die empfohlenen Kriterien innerhalb kurzer Zeit anzunehmen oder zu präzisieren, vorrangig behandelt. Wirtschaftstätigkeiten, die eine gründlichere Bewertung und Kalibrierung von Kriterien erfordern, werden von der Kommission weiter bewertet und geprüft, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu behandeln.
In der Taxonomie werden die Kriterien definiert, die Wirtschaftstätigkeiten erfüllen müssen, um nachhaltig zu werden, und insofern legt sie den Weg für deren Umgestaltung fest. Der Anteil taxonomiekonformer Vermögenswerte wird mit fortschreitendem Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zunehmen. Neue Wirtschaftssektoren und Tätigkeiten werden hinzugefügt und bestehende präzisiert und aktualisiert, gegebenenfalls entsprechend regulatorischen und technologischen Entwicklungen; dies ist etwas, wozu die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen im Rahmen ihres derzeitigen Mandats Beratung anbieten wird.
Die Taxonomie ist in erster Linie ein Instrument für Unternehmen, um deren Zugang zu Finanzmitteln für den grünen Wandel zu erleichtern, und für den Finanzsektor, um den Aufbau nachhaltiger Finanzportfolios zu fördern und den Grad der Nachhaltigkeit von Investitionen zu messen. Sie ist keine obligatorische Liste für Investitionen. Investoren können die Taxonomie auch verwenden, um fundiertere Anlageentscheidungen zu treffen. Sie können weiterhin beschließen, in Unternehmen zu investieren, deren Tätigkeiten im Hinblick auf die Umweltleistung unterschiedlich abschneiden, oder die Tätigkeiten durchführen, die nicht den Kriterien der Taxonomie entsprechen. Die bloße Tatsache, dass die Tätigkeiten eines Unternehmens nicht taxonomiekonform sind, lässt keine Rückschlüsse auf die Umweltleistung des Unternehmens oder seine Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten zu. Unternehmen können die Taxonomie freiwillig als Instrument zur Präzisierung von Übergangszielen für Wirtschaftstätigkeiten nutzen, etwa in Verbindung mit einem Übergangsplan. In der begleitenden Empfehlung der Kommission zur Übergangsfinanzierung wird genauer erklärt, wie die Taxonomie freiwillig zu diesem Zweck genutzt werden kann.
Für große nicht der Finanzbranche angehörende Unternehmen begann die Offenlegung des Grades der Taxonomiekonformität in Bezug auf Klimaziele im Jahr 2023. In den nächsten Jahren werden die Offenlegungspflichten stufenweise für weitere Akteure und Umweltziele eingeführt. Die Einführung der Taxonomie und der damit verbundenen Offenlegungspflichten wird auch weiterhin so gestaltet, dass KMU geholfen wird, den Rahmen freiwillig zu nutzen, ohne ihnen Belastungen aufzuerlegen.
Parallel dazu wird sich die Kommission weiter in globalen Foren für die internationale Einführung von Taxonomien einsetzen und Ansätze für deren Interoperabilität weiterentwickeln. Auch die angemessene Anwendung der Taxonomiegrundsätze wird weiterhin Teil der Arbeit der Internationalen Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen sein.
ESG-Ratings und Kreditratings
Mit fortschreitender Umsetzung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen ist es an der Zeit, die Funktionsweise des Marktes für ESG-Ratings zu prüfen. Transparente, verlässliche und qualitative ESG-Ratings tragen zur Effizienz und Integrität der Finanzmärkte und zum Anlegerschutz bei.
Nach Konsultationen, Studien und Outreach nimmt die Kommission heute einen Vorschlag für eine Verordnung über die Funktionsweise des Marktes für ESG-Ratings an. Der Vorschlag der Kommission zielt hauptsächlich darauf ab, die Transparenz bezüglich Methoden, Zielen, Eigenschaften und Datenquellen von ESG-Ratings zu erhöhen. Außerdem soll er zu mehr Klarheit bezüglich der Tätigkeiten von Anbietern von ESG-Ratings führen, insbesondere um potenzielle Risiken im Zusammenhang mit Interessenkonflikten zu vermeiden oder zu verringern. Ein transparenteres ESG-Rating-Ökosystem wird zu einer klareren Identifizierung der drei Dimensionen von Nachhaltigkeit führen.
Basierend auf der Reihe von Empfehlungen für Anbieter von ESG-Ratings und Regulierungsbehörden, die im November 2021 von der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) veröffentlicht wurden, sieht der Vorschlag die Zulassung und Beaufsichtigung von Anbietern von ESG-Ratings durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vor. Außerdem werden darin Anforderungen zu Offenlegungen rund um deren Methoden und Ziele von Ratings festgelegt sowie grundsatzbezogene organisatorische Anforderungen zu deren Tätigkeiten eingeführt. Angesichts der Struktur und Komplexität des Marktes für ESG-Ratings, der viele kleinere Anbieter von ESG-Ratings umfasst, beinhaltet die Initiative eine Reihe von Schutzmaßnahmen und risikomindernde Maßnahmen für kleinere Marktteilnehmer. Ziel ist es, die Zugänglichkeit zu verbessern und Innovationen auf dem Markt zu fördern, insbesondere während der Anfangsphase der Anwendung der Verordnung.
Die letzten Jahre haben auch Veränderungen und Verbesserungen in Bezug auf die Offenlegung und Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei Kreditratings gebracht. Die Offenlegungen einiger Ratingagenturen gehen über die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen und der Leitlinien der ESMA hinaus. Folglich ersucht die Kommission die ESMA um Rat zu den Vorschriften für die Präsentation von Kreditratings und Rating-Outlooks sowie zu den Vorschriften, anhand derer geprüft wird, ob von Ratingagenturen verwendete Methoden den Anforderungen genügen. Dadurch sollen Mängel bezüglich folgender Punkte behoben werden: i) wie ESG-Faktoren in Methoden aufgenommen werden und ii) Offenlegungen in Bezug darauf, wie sich ESG-Faktoren auf Ratings auswirken.
Geplante europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Nachhaltigkeit ist langfristig gesehen ein wichtiger Faktor bei der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, und Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit können Hand in Hand gehen. Nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen sind eine wichtige Informationsquelle für Finanzinstitute und helfen ihnen, Kapital in Übergangsinvestitionen zu lenken und Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitszielen zu schaffen. Die CSRD ist ein wichtiger Meilenstein bei der Herstellung von Transparenz bezüglich Nachhaltigkeitsrisiken, -auswirkungen und -chancen für Unternehmen. Sie ist außerdem die Grundlage für Unternehmen, um Finanzmarktteilnehmern und anderen Interessenträgern verlässliche, genaue und vergleichbare hochwertige Nachhaltigkeitsinformationen zu machen.
Die Standardisierung der von Unternehmen zu übermittelnden Nachhaltigkeitsinformationen ist ein zentrales Element des Rechtsrahmens und wird mit den geplanten europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) bald möglich sein. Derzeit konsultiert die Kommission Interessenträger hinsichtlich der endgültigen Version einer ersten Reihe von ESRS, die auf von der EFRAG erstellten Entwurfsstandards basieren. Die Standards bieten die Orientierung, die Unternehmen benötigen, wenn sie beschließen, welche Daten sie übermitteln und wie sie sicherstellen, dass die Angaben, die sie machen, wesentlich für sie und nützlich für die Finanzinstitute sind. Die Kommission und die EFRAG arbeiten eng mit dem International Sustainability Standards Board (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI) zusammen, um ein sehr hohes Maß an Interoperabilität zwischen den unterschiedlichen Standards sicherzustellen. Letztendliches Ziel der Kommission ist, dass Nachhaltigkeitsinformationen, die Unternehmen gemäß den ESRS übermitteln, als mit weltweiten Standards konform gelten.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird den Zugang von Unternehmen zu Finanzkapital sowie die Ermittlung und das Management von eigenen Risiken und Chancen voraussichtlich verbessern und helfen, durch einen Beitrag zum Übergang die Wettbewerbsvorteile auszubauen. Die Kommission hat Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass der delegierte ESRS-Rechtsakt die angestrebten politischen Ziele auf verhältnismäßige Weise erreichen wird, und regulatorische Belastungen weitgehend minimiert. Die Kommission hat das Vorgehen in Bezug auf Wesentlichkeit, zusätzliche stufenweise Einführungen, die geplante Freiwilligkeit einiger Offenlegungen, zusätzliche Flexibilitäten bei einigen Offenlegungspflichten und weitere Interoperabilität mit dem ISSB geprüft und wird die bei der öffentlichen Konsultation erhaltenen Kommentare vor der Fertigstellung des delegierten Rechtsakts sorgfältig prüfen. Einheitliche Standards werden auch helfen, die steigenden Kosten zu begrenzen, die Unternehmen daraus entstehen, dass sie den verschiedenen einzelnen Informationsanforderungen unterschiedlicher Interessenträger nachkommen müssen.
Des Weiteren werden gesonderte Standards für börsennotierte KMU entwickelt, die verhältnismäßig und relevant für die Kapazitäten und Eigenschaften von KMU und für das Ausmaß und die Komplexität ihrer Tätigkeiten sind. Die Standards werden sich auf die von Finanzinstituten benötigten finanzierungsrelevanten Angaben konzentrieren und werden außerdem eine Grenze für die Angaben darstellen, die große Unternehmen gemäß ESRS von KMU in ihren Wertschöpfungsketten offenlegen müssen. Dies ist eine wichtige Schutzmaßnahme, die in der CSRD festgelegt wird, um die indirekten Auswirkungen der großen Unternehmen auferlegten Berichterstattungspflichten zur Wertschöpfungskette auf KMU zu begrenzen. Nicht-börsennotierte KMU, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, werden möglicherweise trotzdem mehr Informationsanforderungen von größeren Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette und von Finanzinstituten erhalten. Die Kommission ist sich der Schwierigkeiten bewusst, die nicht-börsennotierten KMU aufgrund ihrer Größe und begrenzteren Ressourcen diesbezüglich entstehen können. Daher fordert die Kommission große Unternehmen und Finanzmittler auf, KMU gegenüber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden und Zurückhaltung zu üben, wenn sie von KMU-Wertschöpfungspartnern Angaben verlangen.
Darüber hinaus wollen KMU möglicherweise zentrale Nachhaltigkeitsinformationen übermitteln, um nachhaltige Finanzierung oder Übergangsfinanzierung zu beschaffen. Zu diesem Zweck besteht eine der Prioritäten der Kommission darin, dass die EFRAG einen freiwilligen Standard für nicht-börsennotierte KMU entwickelt, welche diesen nutzen können, um die Nachhaltigkeitsinformationen, die sie übermitteln möchten, zu standardisieren, was ihnen die Teilnahme am Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft erleichtert.
Schlussfolgerung
Es gibt frühe Belege dafür, dass die Agenda der EU für ein nachhaltiges Finanzwesen in der Praxis funktioniert und dass nachhaltige Finanzinstrumente beginnen, Investitionen in den Übergang zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zu erleichtern. Der EU-Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen wird weiterentwickelt und verbessert werden, um seine Wirksamkeit bei der Erreichung der damit angestrebten Ziele und bei der Förderung der Ziele des europäischen Grünen Deals sicherzustellen.
Die Kommission hat sich zu einer intensiven Zusammenarbeit auf internationaler Ebene verpflichtet. Eine weitestgehend zusammen mit anderen internationalen Partnern und Gerichtsbarkeiten vorgenommene Entwicklung von Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen wird helfen, internationale Interoperabilität sicherzustellen, der EU ermöglichen, das Potenzial der internationalen Finanzierung für den Übergang voll auszuschöpfen, und Komplexität, fragmentierte Märkte sowie Zusatzkosten für Unternehmen vermeiden.
Die Kommission wird Marktteilnehmern weiterhin praktische Orientierung bieten, um die Anwendung der bestehenden Vorschriften klar und effizient zu fördern. Außerdem wird sie weiterhin Lücken und Bedenken und Unsicherheiten zur Nutzbarkeit sowie die Möglichkeiten zu deren Behebung prüfen. Ein besonderer Schwerpunkt wird darauf gelegt, zu prüfen, wie der Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen für KMU besser nutzbar und inklusiver gemacht werden kann, ohne diese Firmen zu überlasten. Eine weitere Priorität wird darin bestehen, die Arbeit an der Erleichterung der Finanzierung des Übergangs fortzusetzen, indem unter anderem untersucht wird, wie die Taxonomie auf einfache und nutzerfreundliche Weise besser in den Rahmen integriert werden kann. Die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen und die europäischen Aufsichtsbehörden werden in diesem Zusammenhang wichtige Beiträge leisten. Zu diesen Zwecken wird eine Reihe von Outreach-Tätigkeiten bei öffentlichen und privaten Interessenträgern durchgeführt.
Zu dieser Arbeit wird unter anderem eine enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern über die Internationale Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen und innerhalb der G20 sowie mit multilateralen Entwicklungsbanken und EU-Entwicklungsfinanzinstituten gehören, insbesondere im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI – Europa in der Welt) und des Global Gateway. Die Kommission wird weiter daran arbeiten, zu prüfen, wie sie Partnerländern, vor allem Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, helfen kann, robuste und glaubwürdige Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen zu entwickeln, mit dem Ziel, die weltweite Vergleichbarkeit und Interoperabilität zu verbessern.
Die oben umrissenen nächsten Schritte werden die praktische Anwendung des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen durch Unternehmen, Finanzmittler und Anleger weiter stärken, wodurch die umfangreichen Investitionen, die benötigt werden, um den grünen Wandel voranzubringen und den Weg hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft bis 2050 zu ebnen, nach oben korrigiert werden können.