18.8.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 290/17


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 5. Juli 2023

zu einem Vorschlag für eine Reform der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union

(CON/2023/20)

(2023/C 290/03)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 12. Mai bzw. am 27. Juni 2023 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Rat der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitik und die multilaterale haushaltspolitische Überwachung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates (nachfolgend der „Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP)“) (1) ersucht. Am 12. Mai 2023 wurde die EZB vom Rat der Europäischen Union um Stellungnahme zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (nachfolgend der „Vorschlag für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP“) (2) und zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/85/EU des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (nachfolgend der „Vorschlag für Änderungen der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen“) (3) ersucht. Der Vorschlag für Änderungen der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen, der Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP und der Vorschlag für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP werden zusammen als „Kommissionsvorschläge“ bezeichnet.

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme zum Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP und zum Vorschlag für Änderungen der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen beruht auf Artikel 127 Absatz 4 und Artikel 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), da die wirksame Koordinierung der Wirtschaftspolitik und die multilaterale haushaltspolitische Überwachung für das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) relevant sind, nach Artikel 127 Absatz 1 und Artikel 282 Absatz 2 AEUV sowie Artikel 2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend die „ESZB-Satzung“) die Preisstabilität zu gewährleisten.

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme zum Vorschlag für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP beruht auf Artikel 126 Absatz 14 Unterabsatz 2 AEUV, wonach der Rat nach Anhörung u. a. der EZB geeignete Bestimmungen zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit verabschiedet, die auch für das oben genannte vorrangige Ziel des ESZB von Bedeutung sind.

Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

Allgemeine Anmerkungen

Die EZB begrüßt die Kommissionsvorschläge zur Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union. Ziel der Reform ist es, die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung und die antizyklische Wirkung der Fiskalpolitik zu sichern, einen mittelfristigen Ansatz für die Haushaltspolitik zu verfolgen sowie eine Vereinfachung und eine stärkere nationale Eigenverantwortung für den Rahmen zu erreichen. Die EZB erkennt ferner an, dass Reformen, Investitionen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sich gegenseitig verstärken und daher durch einen integrierten Ansatz gefördert werden sollten. Die Reform zielt auch darauf ab, eine wirksamere Durchsetzung zu gewährleisten. Um die Erreichung dieser Ziele zu unterstützen, macht die EZB einige spezifische technische Anmerkungen und gibt Anregungen zu den Vorschlägen der Kommission, um den neuen Rahmen noch mehr zu verbessern und sicherzustellen, dass er transparenter und berechenbarer sein wird.

Ein solider Unionsrahmen für die wirtschafts- und haushaltspolitische Koordinierung und Überwachung liegt im besonderen und überwältigenden Interesse der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten und insbesondere des Euro-Währungsgebiets (4). Die EZB betont, wie wichtig nachhaltige Haushaltspositionen für die Preisstabilität und für ein nachhaltiges Wachstum in einer reibungslos funktionierenden Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sind (5). Die Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union kann für eine realistische, schrittweise und nachhaltige Anpassung der Staatsverschuldung in Verbindung mit einer Erleichterung der erforderlichen nationalen Strukturmaßnahmen sorgen.

Die EZB fordert die Gesetzgeber der Union nachdrücklich auf, so bald wie möglich, spätestens jedoch bis Ende 2023, eine Einigung über die Reform des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union zu erzielen. Da die allgemeine Ausweichklausel des SWP bis dahin deaktiviert werden dürfte (6), wäre eine solche Vereinbarung von entscheidender Bedeutung, um die Erwartungen hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit und eines nachhaltigen und integrativen Wachstums zu verankern. Sollte es nicht gelingen, sich rasch auf einen überzeugenden, transparenten und berechenbaren haushaltspolitischen Rahmen zu einigen und diesen einzurichten, könnte dies zu Unsicherheit führen und die notwendige Haushaltsanpassung sowie Impulse für Reformen und Investitionen in unangemessener Weise verzögern.

Die EZB hebt die folgenden Gründe für einen reformierten Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung hervor: Erstens verstärken die gestiegenen öffentlichen Schuldenquoten und die Heterogenität der Verschuldung nach der Coronavirus-Pandemie die Notwendigkeit einer wirksamen Koordinierung der Haushaltspositionen über den SWP. Eine realistische, schrittweise und nachhaltige Anpassung der Staatsverschuldung unter Berücksichtigung der vorherrschenden Wachstums- und Inflationsaussichten ist wichtig, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten und den haushaltspolitischen Spielraum im Vorfeld etwaiger Abschwünge wiederherzustellen. Zweitens ist es unerlässlich, die Fiskalpolitik in stärkerem Maße antizyklisch zu gestalten. In Zeiten einer Rezession ist ein entschlossenes Handeln erforderlich, damit ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen vermieden werden; um die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten ist es aber auch entscheidend, dass die Puffer wieder aufgebaut werden, sobald die Wirtschaft wieder dauerhaft auf Kurs ist. Durch ihren wirksamen Beitrag zur makroökonomischen Stabilisierung in Zeiten großer Schocks unterstützt eine antizyklische Fiskalpolitik die Geldpolitik dabei, mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten. Drittens ist es unerlässlich, dass der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung die Voraussetzungen für eine wachstumsfreundlichere Wirtschaftspolitik schafft. Strukturreformen, Investitionen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sollten besser in die haushaltspolitische und makroökonomische Überwachung einbezogen werden, auch im Rahmen des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (7). Darüber hinaus erfordert die Bewältigung der mit dem grünen und dem digitalen Wandel einhergehenden Herausforderungen, insbesondere die Erfüllung der Klimaverpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten im Rahmen des internationalen und des EU-Rechts (8), erhebliche private und öffentliche Investitionen, die durch ergänzende strukturpolitische Maßnahmen erleichtert werden. Eine überzeugende Stabilisierung der öffentlichen Schuldenquoten erfordert wachstumsfreundliche Wirtschaftspolitiken, einschließlich öffentlicher Investitionen, die im reformierten Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union angemessen gefördert werden müssen. Werden NextGenerationEU und insbesondere die Aufbau- und Resilienzfazilität wirksam umgesetzt, so wird dies die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen und das Potenzial unionsweiten Handelns deutlich machen. Es werden jedoch mehr Ressourcen und Investitionen auf Unionsebene sowie nachhaltige, national finanzierte Investitionen erforderlich sein, die entweder zusätzliche Einnahmequellen oder eine Neufestsetzung der Ausgabenprioritäten erfordern, insbesondere in Mitgliedstaaten mit hohen Schuldenquoten. Viertens würde die EZB weitere Fortschritte bei den für das Euro-Währungsgebiet relevanten Aspekten des Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union begrüßen. Hierzu gehören eine wirksamere Koordinierung des haushaltspolitischen Kurses für das Euro-Währungsgebiet und die Schaffung einer angemessen konzipierten dauerhaften zentralen Fiskalkapazität. Ganz allgemein ist die Vollendung der wirtschaftlichen und institutionellen Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion nach wie vor unerlässlich, um die Fähigkeit des Euro-Währungsgebiets, Schocks abzufedern, zu verbessern und Stabilität und Wachstum zu fördern (9).

Spezifische Anmerkungen

1.   Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung und Haushaltsanpassung

1.1   Rolle der Schuldentragfähigkeitsanalyse

1.1.1

Die EZB geht davon aus, dass die von der Kommission erstellte Analyse zur Schuldentragfähigkeit (Debt Sustainability Analysis) im Rahmen des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der technischen Zielpfade für die Nettoausgaben des Staates spielen wird, welche die Kommission als Orientierungshilfe für die Mitgliedstaaten vorgeschlagen hat (10). Die von der Kommission erstellte Analyse zur Schuldentragfähigkeit ist ein wertvolles Instrument zur Ermittlung fiskalischer Risiken, die in den verzeichneten Schuldenständen nicht hinreichend erfasst werden. Hierzu zählen unter anderem künftige Kosten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung, Eventualverbindlichkeiten und die Fälligkeitsstruktur der Schulden. Im Hinblick auf die Gewährleistung der Reproduzierbarkeit, Berechenbarkeit und Transparenz der Analyse zur Schuldentragfähigkeit sowie der Sicherstellung einer einheitlichen Umsetzung des Rahmens in den Mitgliedstaaten im Zeitverlauf betont die EZB die Notwendigkeit, die Methode, die der von der Kommission erstellten Analyse zur Schuldentragfähigkeit zugrunde liegt, in Absprache mit den Mitgliedstaaten und mit Unterstützung der Mitgliedstaaten festzulegen. Darüber hinaus hält es die EZB für lohnenswert, den Europäischen Fiskalausschuss zu dieser Methode zu konsultieren.

1.1.2

Die EZB begrüßt, dass sich der technische Zielpfad der Kommission auf einen Nettoausgabenpfad konzentriert, der sich grundsätzlich nicht auf jährliche Echtzeitschätzungen der nicht beobachtbaren Produktionslücke stützt. Dies hat das Potenzial, die antizyklische Wirkung der Fiskalpolitik zu verbessern, einschließlich der Schwankungen der Einnahmen, die sich aus der Konjunkturlage ergeben. Um für noch mehr Klarheit bei den Vorschlägen der Kommission zu sorgen empfiehlt die EZB, die Definition des Begriffs „Nettoausgaben“ zu präzisieren (11), um die folgenden Aspekte klarzustellen: Die Definition sollte a) erläutern, ob der Nettoausgabenpfad nominal oder real definiert werden soll; b) die Methode zur Berechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, die von den Bruttoausgaben abzuziehen sind, näher erläutern und beurteilen; und c) klarstellen, inwiefern die Berechnung des Indikators auf beobachtbaren Posten beruht, insbesondere durch Verdeutlichung der Methode, mit der die konjunkturellen Komponenten der Ausgaben für Leistungen bei Arbeitslosigkeit berechnet werden.

1.1.3

Gemäß dem Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP soll der technische Pfad dafür sorgen, dass die öffentliche Schuldenquote auf einen plausibel rückläufigen Pfad gebracht bzw. darauf gehalten wird oder auf einem dem Vorsichtsgebot entsprechenden Niveau gehalten wird (12). Die Kommission hat ihre Plausibilitätsanalyse zu prüfen und diese, sowie die zugrundeliegenden Daten, zu veröffentlichen (13). Die EZB empfiehlt, die wichtigsten Parameter und Annahmen, die der Methode für die Plausibilitätsprüfung zugrunde liegen, in den Vorschlägen der Kommission näher auszuführen (14). Darüber hinaus begrüßt und unterstützt die EZB die Tatsache, dass der Bericht der Kommission an den Wirtschafts- und Finanzausschuss, der die technischen Zielpfade enthält, veröffentlicht werden soll, bevor die Mitgliedstaaten ihre nationalen mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Pläne (nachfolgend die „nationalen Pläne“) ausarbeiten (15). Darüber hinaus empfiehlt die EZB die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens im Hinblick auf die „stichhaltigen und überprüfbaren wirtschaftlichen Argumente“, welche die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Plänen anführen müssen, wenn der von ihnen im nationalen mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Plan vorgesehene Zielpfad für die Nettoausgaben höher ist als der von der Kommission vorgegebene technische Zielpfad (16).

1.2   Vorkehrungen

Die EZB erinnert daran, dass sich Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe b AEUV auf Situationen bezieht, in denen das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt „hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert“ (17). Angesichts der Notwendigkeit, eine Stabilisierung des Schuldenstands auf hohem Niveau zu vermeiden, begrüßt es die EZB, dass die Kommissionsvorschläge einige Vorkehrungen enthalten, die den Schulden- und Defizitabbau unterstützen. Insbesondere stellen diese sicher, dass der Fiskalkurs am Ende des Planungszeitraums eine niedrigere öffentliche Schuldenquote vorsieht als zu Beginn des technischen Zielpfads. Die Vorkehrungen verhindern außerdem eine Verlagerung der Haushaltsanpassung auf die späteren Jahre im Anpassungszeitraum und sehen eine Mindestanpassung für die Jahre vor, in denen das Defizit den Referenzwert von 3 % voraussichtlich überschreiten wird (18). Die EZB geht davon aus, dass die Frage der Vorkehrungen Gegenstand laufender Diskussionen ist, und ist der Auffassung, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Komplexität und Eigenverantwortung einerseits und der Wirksamkeit des Schuldenabbaus andererseits erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die Schulden auf einen hinreichend abnehmenden und angemessen differenzierten Pfad gebracht werden.

2.   Nationale mittelfristige strukturelle finanzpolitische Pläne

2.1   Reformen und Investitionen

Produktive Investitionen sind eine Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, das wiederum die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen unterstützt. Daher ist es entscheidend, dass die Haushaltsanpassung nicht zu Lasten von Investitionen geht, insbesondere solcher, welche die gemeinsamen Prioritäten der Union unterstützen. Zu diesem Zweck sollten auch Umfang und Qualität der öffentlichen Investitionen wirksam überwacht werden. Darüber hinaus teilt die EZB die Auffassung, dass wachstumsfreundliche Reformen dringend gefördert werden müssen. Aus diesem Grund ist eine nationale Eigenverantwortung für die nationalen Pläne der Mitgliedstaaten entscheidend. Die EZB betont, dass der technische Dialog zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP (19) ein wichtiges Element der nationalen Eigenverantwortung darstellt und reibungslos, transparent und in berechenbarer Weise geführt werden sollte. Der technische Dialog sollte angemessen strukturiert und detailliert sein, damit der Inhalt der nationalen Pläne eindeutig festgelegt werden kann. Daher empfiehlt die EZB, dass die Anforderungen an die Reformen und Investitionszusagen, die in alle nationalen Pläne aufgenommen werden müssen, im Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP ausführlicher dargelegt werden (20).

2.2   Anpassungszeitraum

Der Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sieht vor, dass die nationalen Pläne der Mitgliedstaaten einen Zielpfad für die Nettoausgaben über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren enthalten müssen (21). Verpflichtet sich ein Mitgliedstaat zu einer Reihe einschlägiger Reformen und Investitionen, so kann der Anpassungszeitraum um bis zu drei Jahre verlängert werden (22). Dies ist ein langer Zeithorizont, der sich über einen typischen Wahlzyklus hinaus erstreckt und so zu einer Behinderung der Einhaltung dieser Zusagen führen könnte. Die EZB unterstützt daher eine umsichtige Nutzung von Verlängerungen von nationalen Plänen und betont, dass Zusagen zusätzlicher Reformen und Investitionen in vollem Umfang umgesetzt werden müssen. Darüber hinaus hat die EZB zwei Vorschläge in Bezug auf den Anpassungszeitraum und dessen Verlängerung. Erstens begrüßt die EZB die Anforderung, dass jede der Reform- und Investitionszusagen, auf deren Grundlage der Anpassungszeitraum verlängert werden soll, hinreichend detailliert, auf die ersten Programmjahre vorgezogen, terminiert und überprüfbar sein muss (23). Um sicherzustellen, dass die Methode hinreichend klar und transparent ist, schlägt die EZB vor, den Bewertungsrahmen für die Bewertung der Zusagen der Mitgliedstaaten (24) weiterzuentwickeln. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass solche Zusagen einer Steigerung des Potenzialwachstums und damit der Schuldentragfähigkeit förderlich sind. Darüber hinaus empfiehlt die EZB, weitere Vorkehrungen zu treffen, um eine Investitionssteigerung für wichtige politische Prioritäten wie den grünen und den digitalen Wandel sicherzustellen, und Reform- und Investitionszusagen – ähnlich wie die bereits bestehenden Vorkehrungen für die Haushaltsanpassung – ausreichend frühzeitig bereitzustellen (25). Zweitens können die in den genehmigten Aufbau- und Resilienzplänen der Mitgliedstaaten enthaltenen Reform- und Investitionszusagen bis 2026 im Rahmen einer Verlängerung des Anpassungszeitraums berücksichtigt werden (26). Die EZB begrüßt zwar die Prüfung der Aufbau- und Resilienzpläne, empfiehlt jedoch, dass mit dem Bewertungsrahmen sichergestellt wird, dass ein wesentlicher Teil der von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Reformen und Investitionen zusätzlich zu den bereits bestehenden Zusagen erfolgt.

2.3   Überarbeitete nationale Pläne

Der Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sieht für Mitgliedstaaten die Möglichkeit der Übermittlung eines überarbeiteten nationalen Plans vor, wenn objektive Umstände der Umsetzung des ursprünglichen Plans entgegenstehen oder wenn eine neue Regierung dies wünscht (27). Die EZB empfiehlt, dass im Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP die objektiven Umstände festgelegt werden, die als relevant erachtet würden, und erläutert wird, wie die vom jeweiligen Mitgliedstaat bisher vorgenommene oder nicht vorgenommene Anpassung von der Kommission bei der Erstellung ihres neuen technischen Zielpfads berücksichtigt wird. Darüber hinaus empfiehlt die EZB, dass mit dem Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sichergestellt wird, dass der überarbeitete Plan keine Verzögerung von Reformen und Investitionen zulässt.

3.   Zusammenwirken mit dem Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht

3.1

Die EZB begrüßt die ganzheitliche Überwachung der Zusagen zu nationalen Strukturreformen sowie zur Investitions- und Haushaltspolitik im Rahmen der nationalen Pläne im Zusammenhang mit allen nationalen Strukturmaßnahmen, insbesondere solcher, welche die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte erleichtern können, wie dies bei der Überwachung im Rahmen des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (Macroeconomic Imbalance Procedure) der Fall ist (28).

3.2

Die EZB begrüßt, dass die länderspezifischen Empfehlungen der Union und gegebenenfalls die Empfehlungen zu den im Rahmen des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht ermittelten makroökonomischen Ungleichgewichten in nationalen Plänen umgesetzt werden müssen (29). Die EZB empfiehlt, in den nationalen Plänen den Schwerpunkt auf die Bewältigung der Hauptrisiken makroökonomischer Ungleichgewichte für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, anhaltende Einbußen an Wettbewerbsfähigkeit und große außenwirtschaftliche Ungleichgewichte zu legen.

3.3

Der Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sieht vor, dass ein Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht nach Maßgabe von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (30) (31) eingeleitet werden kann, wenn ein Mitgliedstaat den Reform- und Investitionszusagen, die er in seinem nationalen Plan zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen, die für das Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht relevant sind, abgegeben hat, nicht nachkommt und wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat übermäßige Ungleichgewichte bestehen. In diesem Fall muss der Mitgliedstaat einen überarbeiteten nationalen Plan vorlegen, der auch als Korrekturmaßnahmenplan im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 dient. Die EZB hat diesbezüglich zwei Anmerkungen. Erstens ist die EZB angesichts der sich wandelnden makroökonomischen Herausforderungen der Auffassung, dass es zweckdienlich wäre, wenn mit dem Rahmen auch Anpassungen der nationalen Pläne erleichtert würden, unabhängig davon, ob ein Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht eingeleitet wird oder nicht. Dadurch wird sichergestellt, dass die einschlägigen Reformen und Investitionen so angepasst werden können, dass alle neu auftretenden makroökonomischen Ungleichgewichte und makroökonomischen Herausforderungen in stärkerem Maße zeitnah und wirksam bewältigt werden. Zweitens stellt die EZB fest, dass die mit makroökonomischen Ungleichgewichten im Zusammenhang stehende Durchsetzung im Kontext des bestehenden Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung ein zentrales Anliegen ist. Die EZB betont, dass die Verfahren zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte von transparenten und wirksamen Auslösemechanismen, einschließlich einer detaillierten Mitteilung der Verfahrensbeschlüsse, bestimmt sein sollte (32). Um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten makroökonomische Ungleichgewichte zeitnah und wirksam in Angriff nehmen, betont die EZB – im Sinne der Feststellungen des Rates (33) –, dass das Potenzial des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht voll ausgeschöpft und transparent und kohärent genutzt werden sollte, wobei die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten für das Verfahren, gegebenenfalls einschließlich der Einleitung des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht, zu gewährleisten ist.

4.   Einhaltung und Durchsetzung von Zusagen

4.1   Zufriedenstellende Einhaltung der einer Verlängerung des Anpassungszeitraums zugrundeliegenden Zusagen durch die Mitgliedstaaten

Der Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sieht vor, dass der Rat auf Empfehlung der Kommission einen überarbeiteten Nettoausgabenpfad mit einem kürzeren Anpassungszeitraum empfehlen kann, wenn ein Mitgliedstaat, dem eine Verlängerung des anwendbaren Anpassungszeitraums gewährt wurde, seinen der Verlängerung zugrundeliegenden Reform- und Investitionszusagen nicht in zufriedenstellender Weise nachkommt (34). In diesem Zusammenhang betont die EZB, dass eine zeitnahe, angemessene und transparente Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Reform- und Investitionszusagen durch die Mitgliedstaaten sichergestellt werden muss, um die haushaltspolitische und makroökonomische Stabilität zu gewährleisten. Daher könnte es vorzuziehen sein, dass in diesem Fall der Rat im Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP verpflichtet wird, auf Empfehlung der Kommission gemäß dem „Comply or explain“-Prinzip (35) einen überarbeiteten Nettoausgabenpfad mit einem kürzeren Anpassungszeitraum (36) zu empfehlen. Die EZB nimmt in dieser Hinsicht zur Kenntnis, dass die Kommission auf die anstehenden Arbeiten zur Entwicklung eines neuen Durchsetzungsinstruments verweist (37). Die EZB würde weitere Einzelheiten zum neuen Durchsetzungsinstrument begrüßen, die bislang noch nicht in die Kommissionsvorschläge eingeflossen sind.

4.2   Bewertung der erheblichen Herausforderungen mit Blick auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung und anderer relevanter Faktoren im Zusammenhang mit dem Bericht der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV

Die EZB begrüßt, dass das Ausmaß der Herausforderungen mit Blick auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung des betreffenden Mitgliedstaats als wichtiger Faktor für die Einleitung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit berücksichtigt wird (38). Angesichts der Bedeutung, die der Bewertung der relevanten Faktoren für die Umsetzung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit zukommt, fordert die EZB, dass ein klar definierter und transparenter methodischer Ansatz für die Bewertung dieser Faktoren in den Vorschlag für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP aufgenommen wird.

4.3   Konzeption des Nettoausgaben-Korrekturpfads

Die EZB betont die Notwendigkeit, übermäßige Schulden und Defizite schrittweise, aber rasch zu korrigieren. In diesem Zusammenhang erkennt sie an, dass in Bezug auf die Art und Weise, wie die Schuldenquote durch den Nettoausgaben-Korrekturpfad zurückgeführt werden muss, Vorkehrungen vorgesehen wurden, um das Risiko einer Verzögerung der Haushaltsanpassung zu begrenzen (39). Die EZB begrüßt die numerische Anforderung im Zusammenhang mit Defiziten und bestätigt, dass in den Jahren, in denen das gesamtstaatliche Defizit den Referenzwert voraussichtlich überschreiten wird, der Nettoausgaben-Korrekturpfad mit einer Mindestanpassung vereinbar sein muss. Es sollte jedoch klargestellt werden, wie diese Anpassung gemessen wird. Die EZB stellt jedoch fest, dass mit dem Vorschlag für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP (40) die derzeitige Anforderung entfallen würde, dass in der Empfehlung des Rates nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV eine konkrete Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits gesetzt werden muss, die, „sofern keine besonderen Umstände vorliegen, in dem Jahr erreicht werden [muss], das auf die Feststellung eines übermäßigen Defizits folgt.“ (41)

4.4   Das Kontrollkonto

Die EZB begrüßt, dass die Kommission zur Einrichtung eines Kontrollkontos verpflichtet wird, um kumulative Abweichungen der tatsächlichen Nettoausgaben vom Nettoausgabenpfad sowohl nach oben als auch nach unten zu verfolgen (42). Dies ist ein entscheidendes Element, um die Einhaltung zu gewährleisten und die antizyklische Wirkung der Anforderung dadurch zu unterstützen, dass in Zeiten günstiger Konjunktur Haushaltspuffer aufgebaut werden können, auf die in wirtschaftlich schlechten Zeiten zurückgegriffen werden kann. Die im Kontrollkonto enthaltenen Informationen werden im Rahmen des Berichts der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV berücksichtigt (43) und stellen somit einen wichtiger Faktor dar, der für die Einleitung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit relevant ist. Aus diesem Grund empfiehlt die EZB, die Funktionsweise und die Schlüsselparameter des Kontrollkontos näher zu spezifizieren. Darüber hinaus empfiehlt die EZB, die länderspezifischen Berechnungen und den Status jedes Mitgliedstaats, der mit Hilfe des Kontrollkontos überwacht wird, auf der Website der Kommission zu veröffentlichen, vorzugsweise zusammen mit den Frühjahrs- und Herbstprognosen der Kommission. Schließlich empfiehlt die EZB die Einführung eines Schwellenwerts für Abweichungen der tatsächlichen Nettoausgaben vom Nettoausgabenpfad, was eine Verpflichtung der Kommission zur Erstellung eines Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV begründen würde (44).

5.   Die Rolle unabhängiger finanzpolitischer Institutionen und des Europäischen Fiskalausschusses

5.1

Die Stärkung der Rolle der unabhängigen Einrichtungen im Prozess der haushaltspolitischen Überwachung kann dazu beitragen, mit der Gestaltung der Fiskalpolitik einhergehende prozyklische Tendenzen zu verringern und zugleich die nationale Eigenverantwortung zu stärken, was für die dauerhafte Umsetzung des Rahmens von wesentlicher Bedeutung ist (45). Die EZB unterstützt daher die Bestimmungen der Vorschläge, die darauf abzielen, die Rolle unabhängiger finanzpolitischer Institutionen (46) zu stärken, indem Anforderungen in Bezug auf ihre Leitungsstrukturen und Unabhängigkeit aufgenommen und ihnen Aufgaben (47) übertragen werden, die über ihre bestehenden Aufgaben nach der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinausgehen (48). Insbesondere begrüßt die EZB die Verankerung des „Comply or explain“-Prinzips in den Rechtsvorschriften der Union. Die EZB unterstützt die Stärkung der Rolle der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen unter der Voraussetzung, dass auch ihre Gesamtkapazität entsprechend ihren zusätzlichen Aufgaben verbessert wird und ihre eigenen angemessenen und stabilen Ressourcen zur wirksamen Wahrnehmung ihres Mandats sichergestellt sind (49).

5.2

Die EZB empfiehlt, – vorbehaltlich des oben genannten Kapazitätenausbaus und unbeschadet der Rolle der Kommission gemäß den Verträgen – die Rolle unabhängiger finanzpolitischer Institutionen im Rahmen des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP weiter zu stärken, indem ihnen bei der Erstellung der nationalen Pläne der Mitgliedstaaten und der Bewertung nicht quantifizierbarer Ziele (z. B. hinsichtlich der Auswirkungen von Reformen) eine Aufgabe übertragen wird. Die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen könnten eine Bewertung der zugrundeliegenden Annahmen, der Kohärenz des nationalen Plans mit dem technischen Zielpfad der Kommission und gegebenenfalls der Plausibilität der Reform- und Investitionszusagen vornehmen. Ebenso empfiehlt die EZB, die Beteiligung der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen im Rahmen des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP weiter zu stärken, indem die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen verpflichtet werden, auch eine Stellungnahme zur Analyse der einschlägigen Faktoren durch die Kommission für die Zwecke des Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV auszuarbeiten.

5.3

Schließlich würdigt die EZB die Arbeit des Europäischen Fiskalausschusses (50) und unterstützt uneingeschränkt die Absicht der Kommission, Maßnahmen zu seiner Stärkung zu prüfen. Zu diesem Zweck unterstützt die EZB – unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission – eine wichtige Rolle des Europäischen Fiskalausschusses im Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union (51). Insbesondere begrüßt die EZB die Möglichkeit des Europäischen Fiskalausschusses, eine Stellungnahme abzugeben, die gemäß dem Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP in die Empfehlung des Rates zur Aktivierung oder Verlängerung der allgemeinen Ausweichklausel einfließt (52). Wie in Nummer 1.1.1 dargelegt, hält es die EZB ferner für lohnenswert, den Europäischen Fiskalausschuss zur Methode zu konsultieren, die der Analyse zur Schuldentragfähigkeit zugrunde liegt. Darüber hinaus sollte auch die Rolle des Europäischen Fiskalausschusses bei der Bewertung des angemessenen haushaltspolitischen Kurses für das Euro-Währungsgebiet gestärkt werden.

6.   Befugnisübertragung an die Kommission zur Änderung der Anhänge

6.1

Mit dem Vorschlag für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zur Änderung der Anhänge II bis VII zu erlassen, um weiteren Entwicklungen oder Erfordernissen gebührend Rechnung zu tragen (53).

6.2

Da die Anhänge integraler Bestandteil des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP sind, empfiehlt die EZB, dass die Anhänge bereits ex-ante weitere Einzelheiten und Spezifikationen enthalten. Wie bereits erwähnt, könnten insbesondere nähere Einzelheiten zu den Angaben im nationalen mittelfristigen strukturellen finanzpolitischen Plan (Anhang II), zum Kontrollkonto (Anhang IV), zur Methode für die Plausibilitätsprüfung (Anhang V) und zum Rahmen für die Bewertung der Reform- und Investitionszusagen, auf deren Grundlage der Anpassungszeitraum verlängert werden soll (Anhang VII), aufgenommen werden.

6.3

Darüber hinaus möchte die EZB betonen, wie wichtig es ist, sie gemäß Artikel 127 Absatz 4 erster Gedankenstrich und Artikel 282 Absatz 5 AEUV zu allen delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, rechtzeitig zu konsultieren (54).

7.   Verhältnis zum Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung

Die EZB begrüßt das Ziel der Kommissionsvorschläge, den Inhalt des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag) im Einklang mit Artikel 16 des Vertrags in den Rechtsrahmen der Union zu überführen (55). Gemäß der Auslegung der Kommission entspricht der Inhalt des SKS-Vertrags dem fiskalpolitischen Pakt (Titel III des SKS-Vertrags). Darüber hinaus stellt die EZB fest, dass Artikel 2 des SKS-Vertrags sicherstellt, dass die Annahme der Kommissionsvorschläge keine Änderung oder Aufhebung des SKS-Vertrags erforderlich macht. Nach Artikel 2 Absatz 1 des SKS-Vertrags muss der SKS-Vertrag von den Vertragsparteien in Übereinstimmung mit den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, insbesondere mit Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union, und mit dem Recht der Europäischen Union, einschließlich dem Verfahrensrecht, wann immer der Erlass von Sekundärgesetzgebung erforderlich ist, angewandt und ausgelegt werden. Darüber hinaus sieht Artikel 2 Absatz 2 des SKS-Vertrags vor, dass der SKS-Vertrag insoweit gilt, wie er mit den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, und mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist, und dass er die Handlungsbefugnisse der Union auf dem Gebiet der Wirtschaftsunion unberührt lässt. Daher geht die EZB davon aus, dass der SKS-Vertrag nach Annahme und Inkrafttreten der Kommissionsvorschläge im Einklang mit dem neuen Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung angewandt und ausgelegt wird.

8.   Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion Europas

Angesichts der Bedeutung eines soliden Unionsrahmens für die wirtschafts- und haushaltspolitische Koordinierung im Kontext der Währungsunion betont die EZB, dass weitere Fortschritte bei spezifischen Aspekten des Euro-Währungsgebiets erforderlich sind. Die Entwicklung eines Rahmens zur Überwachung und Steuerung des haushaltspolitischen Gesamtkurses im Euro-Währungsgebiet ist als Gegenstück zur Geldpolitik wichtig, da dies dazu beitragen kann, dass Geld- und Fiskalpolitik einander besser ergänzen. Darüber hinaus ist nach wie vor eine dauerhafte zentrale Fiskalkapazität erforderlich. Ein solches Instrument könnte, sofern es angemessen konzipiert ist, dazu beitragen, die makroökonomische Stabilisierung und Konvergenz im Euro-Währungsgebiet auf längere Sicht, auch durch Investitionen, zu stärken und damit auch die einheitliche Geldpolitik zu unterstützen. Zu diesem Zweck müsste eine dauerhafte zentrale Fiskalkapazität über ausreichende Ressourcen und eine dauerhafte Finanzierung verfügen (56).

Geschehen zu Frankfurt am Main am 5. Juli 2023.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)  COM(2023) 240 final.

(2)  COM(2023) 241 final.

(3)  COM(2023) 242 final.

(4)  Siehe Nummer 1.1 der Stellungnahme CON/2018/25 der Europäischen Zentralbank vom 11. Mai 2018 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen haushaltspolitischen Ausrichtung in den Mitgliedstaaten (ABl. C 261 vom 25.7.2018, S. 1). Sämtliche Stellungnahmen der EZB sind über EUR-Lex abrufbar.

(5)  Siehe die Antwort des Eurosystems vom 1. Dezember 2021 auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „The EU economy after COVID-19: implications for economic governance“, abrufbar auf der Webseite der EZB unter www.ecb.europa.eu

(6)  Siehe Europäische Kommission, „Haushaltspolitische Leitlinien für 2024: Förderung von Schuldentragfähigkeit und nachhaltigem, inklusivem Wachstum“ vom 8. März 2023.

(7)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(8)  Übereinkommen von Paris, verabschiedet aufgrund des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (ABl. L 282 vom 19.10.2016, S. 4). Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“) (ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1).

(9)  Siehe „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“, Bericht von Jean-Claude Juncker in enger Zusammenarbeit mit Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz vom 22. Juni 2015, abrufbar auf der Website der Kommission unter www.ec.europa.eu. Siehe auch den Abschnitt „Allgemeine Anmerkungen“ der Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 9. November 2018 zu einem Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung einer Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion (CON/2018/51) (ABL. C 444 vom 10.12.2018, S. 11); sowie Nummer 1.3 der Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 30. Oktober 2019 zu einem Vorschlag für eine Verordnung über einen Steuerungsrahmen für das Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit für das Euro-Währungsgebiet (CON/2019/37) (ABl. C 408 vom 4.12.2019, S. 3).

(10)  Siehe Artikel 5 und 6 sowie Anhang I des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP. Siehe auch die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, „Mitteilung über Leitlinien für eine Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung“ vom 9. November 2022 (COM(2022) 583 final).

(11)  Beispielsweise in Artikel 2 Nummer 2 und/oder in Anhang II Buchstabe a des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(12)  Siehe Artikel 6 Buchstabe a des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(13)  Siehe Artikel 8 und Anhang V des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(14)  Insbesondere könnte dies in Anhang V des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP aufgenommen werden.

(15)  Siehe Artikel 5 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(16)  Siehe Artikel 11 Absatz 2 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(17)  Siehe auch Artikel 1 Nummer 1 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 2 Absatz 1a der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6) geändert wird.

(18)  Siehe Artikel 6 Buchstaben c und d, Artikel 15 Absatz 2 und Anhang I Buchstabe c des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP. Siehe Artikel 1 Nummer 2 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit der Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird, und Artikel 1 Nummer 4 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit der Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(19)  Siehe Artikel 10 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(20)  Siehe Artikel 11, 12 und 14 sowie Anhang II des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(21)  Siehe Artikel 5 und Artikel 11 Absatz 1 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(22)  Siehe Artikel 13 Absatz 1 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(23)  Siehe Artikel 13 Absatz 3 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(24)  Siehe Artikel 13 Absatz 5 und Anhang VII des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(25)  Siehe Artikel 6 Buchstaben c und d und Artikel 15 Absatz 2 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(26)  Siehe Artikel 13 Absatz 4 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(27)  Siehe Artikel 14 Absatz 1 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(28)  Siehe Artikel 11 Absatz 1, Artikel 12 Buchstabe b, Artikel 13 Absatz 2 sowie die Artikel 16 und 30 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(29)  Siehe Artikel 11 Absatz 1 und Artikel 12 Buchstabe b des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(30)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(31)  Siehe Artikel 30 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(32)  Siehe Nummer 18 der Stellungnahme CON/2011/13 der Europäischen Zentralbank vom 16. Februar 2011 zur Reform der wirtschaftspolitischen Steuerung in der Europäischen Union (ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1).

(33)  Siehe die Pressemitteilung des Rates vom 12. Juli 2022 mit dem Titel „Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht: Rat nimmt Schlussfolgerungen an“, abrufbar auf der Website des Rates unter www.consilium.europa.eu

(34)  Siehe Artikel 19 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(35)  Siehe Artikel 27 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(36)  Siehe Artikel 19 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP. Der Wortlaut könnte wie folgt geändert werden: „[...] empfiehlt der Rat auf Empfehlung der Kommission einen überarbeiteten Nettoausgabenpfad mit einem kürzeren Anpassungszeitraum.“

(37)  Siehe die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, „Mitteilung über Leitlinien für eine Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung“ vom 9. November 2022 (COM(2022) 583 final).

(38)  Artikel 1 Nummer 1 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(39)  Siehe Artikel 1 Nummer 2 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird, und Artikel 1 Nummer 4 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(40)  Siehe Artikel 1 Nummer 2 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(41)  Siehe Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates.

(42)  Siehe Artikel 21 Absatz 2 sowie Anhang IV des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(43)  Siehe Artikel 1 Nummer 1 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(44)  Beispielsweise in Artikel 1 Nummer 1 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(45)  Siehe die Antwort des Eurosystems vom 1. Dezember 2021 auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „The EU economy after COVID-19: implications for economic governance“ vom 19. Oktober 2021.

(46)  Siehe Nummer 2.4.1 der Stellungnahme CON/2018/25.

(47)  Siehe Artikel 1 Nummer 8 des Vorschlags für Änderungen der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen, mit dem Artikel 8 der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 41) geändert wird. Siehe Artikel 22 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP. Siehe Artikel 1 Nummer 1 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird, und Artikel 1 Nummer 3 des Vorschlags für Änderungen der Verordnung über die korrektive Komponente des SWP, mit dem Artikel 3 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates geändert wird.

(48)  Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).

(49)  Siehe Artikel 1 Nummer 8 des Vorschlags für Änderungen der Richtlinie über die haushaltspolitischen Rahmen, mit dem Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 2011/85/EU des Rates geändert wird.

(50)  Beschluss (EU) 2015/1937 der Kommission vom 21. Oktober 2015 zur Einrichtung eines unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschusses (ABl. L 282 vom 28.10.2015, S. 37).

(51)  Siehe Nummer 22 der Stellungnahme CON/2011/13.

(52)  Siehe Artikel 24 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(53)  Siehe Artikel 32 des Vorschlags für eine neue Verordnung über die präventive Komponente des SWP.

(54)  Siehe die Stellungnahme CON/2011/42 vom 4. Mai 2011 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde; siehe Nummer 8 der Stellungnahme CON/2011/44 der Europäischen Zentralbank vom 19. Mai 2011 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union; siehe Nummer 4 der Stellungnahme CON/2012/5 der Europäischen Zentralbank vom 25. Januar 2012 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen sowie zu einem Vorschlag für eine Verordnung über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen; siehe Nummer 1.9 der Stellungnahme CON/2018/1 der Europäischen Zentralbank vom 2. Januar 2018 zu einem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über europäische Unternehmensstatistiken, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 184/2005 und zur Aufhebung von zehn Rechtsakten im Bereich Unternehmensstatistiken.

(55)  Siehe Nummer 1.2 der Stellungnahme CON/2018/25. Artikel 16 des SKS-Vertrags sieht vor, dass binnen höchstens fünf Jahren ab dem Inkrafttreten des SKS-Vertrags, d. h. bis zum 1. Januar 2018, die notwendigen Schritte mit dem Ziel unternommen werden, den Inhalt des SKS-Vertrags in den Rechtsrahmen der Union zu überführen.

(56)  Siehe die Antwort des Eurosystems vom 1. Dezember 2021 auf die Mitteilung der Europäischen Kommission „The EU economy after COVID-19: implications for economic governance“ vom 19. Oktober 2021. Siehe den Abschnitt „Allgemeine Bemerkungen“ der Stellungnahme CON/2018/51 und Nummer 1.3 der Stellungnahme CON/2019/37.