14.12.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 474/31


Schlussfolgerungen des Rates über die Bekämpfung der Straflosigkeit bei im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine begangenen Verbrechen

(2022/C 474/08)

I.   Einleitung

Der Europäische Rat hat unmittelbar nach Beginn der Angriffshandlung am 24. Februar 2022 den nicht provozierten und ungerechtfertigten Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der eine grobe Verletzung des Völkerrechts und der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen darstellt und unzählige Todesopfer und Verletzte in der Zivilbevölkerung verursacht, auf das Schärfste verurteilt.

Am 1. und 2. März 2022 haben 39 Vertragsstaaten des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (im Folgenden „Römisches Statut“), zu denen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union zählten, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) befasst und den Ankläger des IStGH ersucht, die Lage in der Ukraine zu untersuchen. Der Ankläger des IStGH hat am 2. März 2022 mitgeteilt, dass er auf der Grundlage der erhaltenen Befassungen ein Ermittlungsverfahren zur Lage in der Ukraine eingeleitet hat. In der Folge befassten vier weitere Vertragsstaaten den IStGH im Zusammenhang mit der Lage in der Ukraine, sodass nun insgesamt Befassungen von 43 Vertragsstaaten anhängig sind.

Der Europäische Rat erklärte in seinen Schlussfolgerungen vom 24. und 25. März 2022: „Russland führt Angriffe auf die Zivilbevölkerung und auf zivile Objekte, darunter Krankenhäuser, medizinische Einrichtungen, Schulen und Schutzunterkünfte. Diese Kriegsverbrechen müssen sofort enden. Die Verantwortlichen und ihre Mithelfer werden nach dem Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen werden.“

In seinen Schlussfolgerungen vom 30. und 31. Mai 2022 hat der Europäische Rat Russland nachdrücklich aufgefordert, seine willkürlichen Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur unverzüglich einzustellen. Er hielt fest, dass die von russischen Streitkräften verübten Gräueltaten, das Leid und die Zerstörung unfassbar seien. Ferner würdigte der Europäische Rat all jene, die zur Aufnahme von Beweismitteln und zur Ermittlung von Kriegsverbrechen und der anderen schwersten Verbrechen beitragen, und erklärte, dass er die Arbeit des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs in diesem Bereich unterstützt. Er begrüßte ferner die Arbeit der Generalstaatsanwältin der Ukraine, die von der EU und ihren Mitgliedstaaten durch finanzielle Hilfe und Hilfe beim Kapazitätsaufbau unterstützt wird. Er begrüßte die Einrichtung einer von Eurojust koordinierten gemeinsamen Ermittlungsgruppe, deren Rolle gestärkt wurde, sowie die laufende operative Unterstützung durch Europol.

In seinen Schlussfolgerungen vom 23. und 24. Juni 2022 betonte der Europäische Rat: „Russland, Belarus und alle Verantwortlichen für Kriegsverbrechen und andere schwerste Verbrechen werden nach dem Völkerrecht für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden.“

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20. und 21. Oktober 2022 heißt es: „Die an der ukrainischen Bevölkerung verübten Kriegsverbrechen, für die es immer mehr Beweise gibt, und die anhaltende Zerstörung von ziviler Infrastruktur stellen eine grobe Verletzung des Völkerrechts dar. Die Europäische Union bekräftigt ihre feste Zusage, dass Russland sowie alle Täter und Mithelfer zur Rechenschaft gezogen werden, und sie bekräftigt ihre nachdrückliche Unterstützung für die Ermittlungen des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs. Der Europäische Rat würdigt die Anstrengungen der Ukraine, mit denen die Übernahme der Verantwortung, einschließlich für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine, sichergestellt werden soll. Er ersucht den Hohen Vertreter und die Kommission, Optionen zu prüfen, damit dies in vollem Umfang gewährleistet werden kann.“

In seinen Schlussfolgerungen vom 20. und 21. Oktober 2022 ersuchte der Europäische Rat die Kommission darüber hinaus, Optionen vorzulegen, die im Einklang mit dem EU-Recht und dem Völkerrecht stehen und auf die Verwendung eingefrorener Vermögenswerte zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine ausgerichtet sind. Der Europäische Rat wies in diesem Zusammenhang auf seine Schlussfolgerungen vom 30. und 31. Mai 2022 hin. Der Wiederaufbau der Ukraine würde auch den Opfern der in der Ukraine begangenen Verbrechen zugutekommen.

Im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (im Folgenden „Römisches Statut“) wird bekräftigt, dass die schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren, nicht unbestraft bleiben dürfen und dass ihre wirksame Verfolgung durch Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene und durch verstärkte internationale Zusammenarbeit gewährleistet werden muss.

Nach dem Völkerrecht (1) liegt die Hauptverantwortung für Ermittlungen gegen Personen, die für Kernverbrechen des Völkerstrafrechts gemäß Artikel 5 des Römischen Statuts verantwortlich sind, und die strafrechtliche Verfolgung dieser Personen bei den Staaten.

Im Beschluss 2011/168/GASP des Rates (2) wird bekräftigt, dass die schweren Verbrechen, für die der Internationale Strafgerichtshof zuständig ist, ein Anliegen der internationalen Gemeinschaft als Ganzes sowie der Union und ihrer Mitgliedstaaten im Besonderen sind; ferner wird darin die Entschlossenheit bekräftigt, der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen, indem auf nationaler Ebene Initiativen oder Maßnahmen ergriffen werden, um die Umsetzung des Grundsatzes der Komplementarität zu gewährleisten, und indem die internationale Zusammenarbeit verstärkt wird, um die wirksame Verfolgung solcher Verbrechen sicherzustellen.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sollten so schnell wie möglich alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass gegen diejenigen, die in der Ukraine Kernverbrechen des Völkerstrafrechts begehen, Ermittlungen eingeleitet werden und dass sie strafrechtlich verfolgt und vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden.

Der Europäische Rat hat bereits die Entscheidung des Anklägers des Internationalen Strafgerichtshofs, eine Untersuchung einzuleiten, begrüßt. Die zuständigen Behörden verschiedener Mitgliedstaaten haben ebenfalls Ermittlungen im Zusammenhang mit mutmaßlich in der Ukraine begangenen Kernverbrechen des Völkerstrafrechts eingeleitet.

Um bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts erfolgreiche Ermittlungen und eine erfolgreiche strafrechtliche Verfolgung sicherzustellen, ist eine intensivere Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen allen zuständigen Behörden auf internationaler und nationaler Ebene erforderlich, insbesondere bei der Erhebung, Speicherung und Sicherung von Beweismitteln, die später vor Gericht herangezogen werden können.

Eurojust und Europol sind wichtige Akteure im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Beide Agenturen verfügen über Expertise und Erfahrung, um Ermittlungen zu und die strafrechtliche Verfolgung von grenzüberschreitenden Straftaten, einschließlich Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und damit zusammenhängender Straftaten, zu unterstützen, und sind bereit, im Rahmen ihres jeweiligen Mandats zu einem wirksamen Austausch der erhobenen Beweismittel beizutragen. Eurojust und Europol koordinieren ihre jeweiligen Aufgaben und Tätigkeiten zur Unterstützung von Ermittlungen im Zusammenhang mit Kernverbrechen des Völkerstrafrechts.

Die Verordnung (EU) 2022/838 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1727 hinsichtlich der Sicherung, Analyse und Speicherung von Beweismitteln durch Eurojust im Zusammenhang mit Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und damit zusammenhängenden Straftaten wurde am 30. Mai 2022 erlassen (3).

Am 25. März 2022 wurde mit der Unterstützung von Eurojust eine gemeinsame Ermittlungsgruppe eingerichtet, die die Ermittlungen im Zusammenhang mit allen von Russland während des Kriegs gegen die Ukraine begangenen Verbrechen koordinieren soll. Die Arbeit der gemeinsamen Ermittlungsgruppe zielt darauf ab, die justizielle Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden, die auf nationaler und internationaler Ebene an Ermittlungen bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und an der strafrechtlichen Verfolgung solcher Verbrechen beteiligt sind, zu verbessern. Bei der gemeinsamen Ermittlungsgruppe wirkten ursprünglich die ukrainischen, litauischen und polnischen Justizbehörden mit; später schlossen sich auch die estnischen, lettischen, slowakischen und rumänischen Justizbehörden der Gruppe an. Am 25. April 2022 hat die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs mitgeteilt, dass sie ebenfalls bei der gemeinsamen Ermittlungsgruppe mitwirken wird.

Europol hat ein spezielles Analyseprojekt zu Kernverbrechen des Völkerstrafrechts ins Leben gerufen, um die Analyse von Informationen, die mit möglichen Beweisen zu solchen Verbrechen zusammenhängen, zu erleichtern.

Auch der Situation von Opfern von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts sollte gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ihnen sollte Gerechtigkeit widerfahren.

Das Europäische Netz von Anlaufstellen für Ermittlungen zu und die strafrechtliche Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (im Folgenden „Genozid-Netz“) verfügt über umfangreiches Fachwissen auf dem Gebiet der Kernverbrechen des Völkerstrafrechts. Das Netz ist bei der Erleichterung des Austauschs von Informationen, Wissen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen nationalen Angehörigen der Rechtsberufe von großem Nutzen (4).

Am 21. September 2022 haben Eurojust, das Genozid-Netz und die Anklagebehörde des IStGH Leitlinien für Organisationen der Zivilgesellschaft mit dem Titel „Documenting international crimes and human rights violations for criminal accountability purposes“ (Dokumentation internationaler Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen zum Zweck der strafrechtlichen Verfolgung) veröffentlicht.

Die Beratende Mission der EU in der Ukraine (EUAM Ukraine) unterstützt die ukrainischen Behörden im Land selbst. Das Mandat der EUAM Ukraine wurde am 13. April 2022 dahin gehend geändert (5), dass die Mission die mit Ermittlungen und der Strafverfolgung im Zusammenhang mit internationalen Straftaten befassten ukrainischen Behörden durch strategische Beratung und Ausbildungsmaßnahmen unterstützt. Die Mission arbeitet auf diesem Gebiet eng mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen und wirkt bei den Tätigkeiten der Beratungsgruppe für Gräuelverbrechen mit.

In Anbetracht der vorangehenden Ausführungen hat der Rat folgende Schlussfolgerungen angenommen:

II.   Der Rat fordert die Mitgliedstaaten auf,

a)

die erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen zu erlassen, um

i)

die im Römischen Statut verankerte Definition von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts sowie die dort ebenfalls verankerten Formen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit vollständig umzusetzen,

ii)

die Ausübung der universellen Gerichtsbarkeit oder anderer Formen der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit bei im Ausland begangenen Kernverbrechen des Völkerstrafrechts zu gestatten und

iii)

eine enge justizielle Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und, soweit nach nationalem Recht zulässig, mit anderen Ermittlungs- oder Rechenschaftsmechanismen, wie beispielsweise der vom VN-Menschenrechtsrat eingesetzten unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für die Ukraine, gegebenenfalls auch im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe, zu ermöglichen;

b)

die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine zu unterstützen, um die Ukraine besser zu befähigen, im Einklang mit internationalen Standards Ermittlungen zu Kernverbrechen des Völkerstrafrechts durchzuführen und diese Verbrechen strafrechtlich zu verfolgen;

c)

eine aktive Beteiligung an dem vom Internationalen Strafgerichtshof koordinierten Rotationsmodell in Erwägung zu ziehen;

d)

die justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie mit der Ukraine, anderen Drittländern und dem Internationalen Strafgerichtshof zu intensivieren, um bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts erfolgreiche Ermittlungen und eine erfolgreiche strafrechtliche Verfolgung zu ermöglichen, unter anderem auch dadurch, dass internationale Initiativen zur Aushandlung eines multilateralen Vertrags über Rechtshilfe und Auslieferung bei der innerstaatlichen strafrechtlichen Verfolgung von Gräueltaten unterstützt werden;

e)

den Einsatz gemeinsamer Ermittlungsgruppen zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und anderen Akteuren, beispielsweise dem Internationalen Strafgerichtshof, zu erleichtern, um die justizielle Zusammenarbeit in Einzelfällen zu verbessern und bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts auf nationaler und internationaler Ebene die Ermittlungen und die strafrechtliche Verfolgung erfolgreicher zu gestalten;

f)

mit der Beratungsgruppe für Gräuelverbrechen zusammenzuarbeiten und gegebenenfalls eine enge Abstimmung zwischen dieser Gruppe und der von der Ukraine und einigen Mitgliedstaaten eingerichteten gemeinsamen Ermittlungsgruppe zu erleichtern;

g)

die Zusammenarbeit mit Akteuren der EU, wie beispielsweise Eurojust, Europol, dem Europäischen Justiziellen Netz für Strafsachen, dem Genozid-Netz, der EUAM Ukraine und dem Netzwerk nationaler Sachverständiger in Fragen der Gemeinsamen Ermittlungsgruppen (im Folgenden „GEG-Netz“), zu vertiefen, um bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts für mehr erfolgreiche Ermittlungen und eine erfolgreichere strafrechtliche Verfolgung zu sorgen;

h)

die Kapazitäten der EUAM Ukraine weiter zu verbessern, indem nationale Experten mit einschlägigem Fachwissen entsandt werden;

i)

weiterhin angemessene rechtliche, operative und finanzielle Unterstützung für die Schaffung und das ordnungsgemäße Funktionieren von Spezialeinheiten zu leisten, deren Aufgabe die Ermittlung bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und die strafrechtliche Verfolgung dieser Verbrechen auf nationaler Ebene innerhalb der für Strafdurchsetzung, strafrechtliche Verfolgung, Rechtshilfe und die Erfassung der Aussagen der Opfer zuständigen Behörden und gegebenenfalls auch innerhalb der Einwanderungsbehörden ist;

j)

die nationalen Justizbehörden, die bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts ermitteln, über die Eurojust durch die Verordnung (EU) 2022/838 zugewiesenen Zuständigkeiten in Kenntnis zu setzen und die Unterstützung hervorzuheben, die sowohl von Eurojust in Zusammenarbeit mit dem Genozid-Netz als auch von Europol geleistet werden kann, um Informationen rasch und effizient zu überprüfen und potenzielle Verbindungen zwischen Fällen, in denen in verschiedenen Mitgliedstaaten ermittelt wird, aufzudecken;

k)

die Informationserhebung und den Informationsaustausch zwischen zuständigen Behörden und Akteuren, die mit Opfern von Kriegsverbrechen in Kontakt kommen, zu optimieren und sich dabei auf die Expertise zu stützen, die insbesondere vom Netz für Ausschlussgründe der Asylagentur der Europäischen Union, dem Genozid-Netz und der EU-Plattform für Opferrechte aufgebaut wurde;

l)

angemessene Mittel für Maßnahmen zum Aufbau der Kapazitäten sowie für Ausbildungsmaßnahmen, die sich an die mit der Ermittlung von Opfern und Zeugen von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts befassten nationalen Behörden richten, bereitzustellen;

m)

die Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft, auch über die EU-Plattform für Opferrechte, aufzunehmen, um insbesondere den Informationsaustausch und die Maßnahmen zur Kontaktaufnahme mit Opfern und betroffenen Gemeinschaften zu verbessern;

n)

gegebenenfalls die Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Erhebung von Beweismitteln im Zusammenhang mit Kernverbrechen des Völkerstrafrechts voranzubringen und, soweit das nationale Recht dies erlaubt, die Zulässigkeit solcher Beweismittel vor Gericht zu verbessern;

o)

die Gemeinschaft der ukrainischen Flüchtlinge dafür zu sensibilisieren, dass sie in den Mitgliedstaaten Zeugenaussagen zu Kernverbrechen des Völkerstrafrechts, deren Opfer und/oder Zeuge sie waren, machen können, wobei ihre prekäre Lage und ihr Unterstützungsbedarf berücksichtigt werden;

p)

in Bezug auf Opfer von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts die Mitwirkung bei Strafverfahren und die Information über Strafverfahren zu verbessern und die Unterstützung sowie den Schutz der Opfer solcher Verbrechen zu verbessern, wie in der Richtlinie 2012/29/EU über die Rechte von Opfern vorgesehen, unter anderem durch den Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren in Bezug auf die Unterstützung und den Schutz von Opfern.

III.   Der Rat fordert die Kommission auf,

a)

auch weiterhin eng mit dem Ratsvorsitz, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Generalsekretariat des Rates und dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten, um dafür zu sorgen, dass die Maßnahmen der Union und – soweit möglich – der Mitgliedstaaten koordiniert werden, mit denen die Bemühungen der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, Täter zur Verantwortung zu ziehen, unterstützt werden,

b)

die Arbeit in der Plattform für Opferrechte fortzusetzen, um stärker dafür zu sensibilisieren, dass für Unterstützung und Schutz der Opfer von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts gemäß ihren spezifischen Bedürfnissen und im Einklang mit der Richtlinie über die Rechte von Opfern gesorgt werden muss,

c)

spezielle Ausbildungsmaßnahmen und Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten für Strafverfolgungs- und Justizbehörden und andere einschlägige Behörden zu unterstützen und sich dabei auf die Arbeit und die Expertise bestehender Einrichtungen wie beispielsweise des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN), der Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL), der EUAM Ukraine sowie auf die vom Genozid-Netz ausgearbeiteten bestehenden Ausbildungsprogramme zu stützen,

d)

die finanzielle, logistische, technische und inhaltliche Unterstützung, die den Mitgliedstaaten bei ihren Anstrengungen zur effizienten Ermittlung und Beweismittelerhebung bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts bereitgestellt wird, zu verbessern, unter anderem durch eine Aufstockung der Mittel für gemeinsame Ermittlungsgruppen,

e)

den Austausch bewährter Verfahren sowie den Austausch von Wissen und Expertise im Rahmen des Genozid-Netzes unter anderem durch Austauschprogramme und Studienbesuche von Angehörigen der Rechtsberufe zu verbessern und hierfür angemessene Mittel bereitzustellen,

f)

nationale und internationale Ermittlungs- und Beweiserhebungsmechanismen insbesondere in Bezug auf Beweismittel aus Kampfgebieten weiterhin zu unterstützen.

IV.   Der Rat fordert Eurojust auf,

a)

auch weiterhin alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Verordnung (EU) 2022/838 im Hinblick darauf rasch umzusetzen, dass Beweismittel im Zusammenhang mit den in der Verordnung aufgeführten Kernverbrechen des Völkerstrafrechts in einem zentralen Speicher gesichert, analysiert und gespeichert werden,

b)

weiterhin Material und Leitlinien für die Erhebung und Übermittlung von Beweismitteln zu Kernverbrechen des Völkerstrafrechts bereitzustellen,

c)

nach Möglichkeit die Zusammenarbeit mit Drittländern weiter zu intensivieren, um im Einklang mit dem geltenden Rechtsrahmen die Erhebung und den Austausch von Beweismitteln im Zusammenhang mit relevanten Kernverbrechen des Völkerstrafrechts zu erleichtern.

V.   Der Rat fordert Eurojust und Europol auf,

a)

die Zusammenarbeit beider Agenturen auf der Grundlage ihrer einander ergänzenden Aufgaben und operativen Fähigkeiten bei der Unterstützung von Ermittlungen im Zusammenhang mit Kernverbrechen des Völkerstrafrechts sowie im Einklang mit ihrem jeweiligen Mandat zu verbessern und dabei gleichzeitig Doppelarbeit zu vermeiden, um die Mitgliedstaaten bei Ermittlungen zu Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und der strafrechtlicher Verfolgung dieser Verbrechen besser unterstützen zu können,

b)

den Rat über den Sachstand und die künftigen Schritte der Zusammenarbeit bei der Ermittlung und der strafrechtlichen Verfolgung von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts zu informieren.

VI.   Der Rat fordert das Genozid-Netz auf,

a)

seine Expertise auf dem Gebiet der Kernverbrechen des Völkerstrafrechts weiter auszubauen,

b)

im Einklang mit seinem Mandat den Austausch von Informationen, Kenntnissen, Erfahrungen und bewährten Verfahren zwischen nationalen Angehörigen der Rechtsberufe weiter zu vereinfachen.

VII.   Der Rat fordert die EUAM Ukraine auf,

a)

ihre Unterstützung der ukrainischen Behörden weiter auszubauen, um Ermittlungen bei Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und die strafrechtliche Verfolgung dieser Verbrechen zu erleichtern,

b)

die Zusammenarbeit mit Europol, Eurojust und CEPOL weiter auszubauen, um Ausbildungsmaßnahmen in Bezug auf die Ermittlung und die strafrechtliche Verfolgung von Kernverbrechen des Völkerstrafrechts in der Ukraine bereitzustellen sowie direkte Unterstützung bei der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung solcher Verbrechen zu leisten.

VIII.   Der Rat fordert die zuständigen Organe und Einrichtungen der Europäischen Union auf,

a)

die Ukraine weiterhin auf effiziente Weise zu unterstützen und die Unterstützung weiter wirksam zu verbessern;

b)

die Mitgliedstaaten weiterhin bei ihren Bemühungen zu unterstützen, Beweismittel im Zusammenhang mit Kernverbrechen des Völkerstrafrechts effizient zu erheben, und dabei potenzielle Synergien zu nutzen und Doppelarbeit zu vermeiden,

c)

verstärkt Anstrengungen zur Bekämpfung von Desinformation und von Versuchen, die Geschichte umzuschreiben, zu unternehmen.

IX.   Der Rat fordert die Ukraine auf,

dem Römischen Statut beizutreten.


(1)  Siehe das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948, die vier Genfer Konventionen von 1949 und die drei Zusatzprotokolle, das Haager Übereinkommen von 1954 und das zugehörige Zweite Zusatzprotokoll, die Internationale Konvention über die Bekämpfung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid von 1976, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984 sowie das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen von 2006.

(2)  Beschluss 2011/168/GASP des Rates vom 21. März 2011 über den Internationalen Strafgerichtshof und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunktes 2003/444/GASP (ABl. L 76 vom 22.3.2011, S. 56).

(3)  ABl. L 148 vom 31.5.2022, S. 1.

(4)  Beschluss 2002/494/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind (ABl. L 167 vom 26.6.2002, S. 1); Beschluss 2003/335/JI des Rates vom 8. Mai 2003 betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (ABl. L 118 vom 14.5.2003, S. 12)

(5)  Beschluss (GASP) 2022/638 des Rates vom 13. April 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/486/GASP über die Beratende Mission der Europäischen Union für eine Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine (EUAM Ukraine) (ABl. L 117 vom 19.4.2022, S. 38).