Brüssel, den 30.11.2022

SWD(2022) 385 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

BERICHT ÜBER DIE FOLGENABSCHÄTZUNG (ZUSAMMENFASSUNG)

[…]

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine Verordnung

des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle, zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1020 und der Richtlinie (EU) 2019/904 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 94/62/EG

{COM(2022) 677 final} - {SEC(2022) 425 final} - {SWD(2022) 384 final}


Einleitung

Ziel der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle ist es, die einzelstaatlichen Maßnahmen zu harmonisieren, die Umwelt zu schützen und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Verpackungen, die in der EU in Verkehr gebracht werden, eine Reihe grundlegender Anforderungen in Bezug auf die Herstellung und Kennzeichnung von Verpackungen sowie auf ihre Wiederverwendbarkeit und Verwertbarkeit (durch Recycling, energetische Verwertung oder Kompostierung) erfüllen.

Verpackungen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Im Jahr 2018 erwirtschafteten die in der Verpackungsherstellung tätigen Unternehmen in der EU einen Umsatz von 355 Mrd. EUR und die in der Bewirtschaftung von Verpackungsabfällen tätigen Unternehmen 15 Mrd. EUR. Darüber hinaus haben Verpackungen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, von der übermäßigen Nutzung von Ressourcen über die Verschmutzung von Ökosystemen bis hin zu den Treibhausgasemissionen, die den jährlichen Gesamtemissionen Ungarns entsprechen.

Problemstellung

Ziel dieser Initiative ist es, drei miteinander verbundene Problembereiche anzugehen:

1.das wachsende Aufkommen von Verpackungsabfällen, das mit der Zunahme von Einwegverpackungen, der großen Menge vermeidbarer Verpackungen und einem steigenden Anteil an Kunststoffen in der Verpackungsmischung zusammenhängt;

2.die Hindernisse für die Kreislauffähigkeit von Verpackungen, insbesondere die verstärkte Verwendung von Gestaltungsmerkmalen, die das Recycling behindern, und die irreführende Kennzeichnung von Verpackungen im Hinblick auf die Sortierung durch die Verbraucher. Zudem verhindert die Fragmentierung der Märkte eine kosteneffiziente Abfallbewirtschaftung auf dem Binnenmarkt;

3.das Downcycling und die geringen Rezyklatanteile in Verpackungen, wodurch die Fähigkeit der EU, die Verwendung von Primärrohstoffen in neuen Verpackungen zu verringern, eingeschränkt wird.

Die Ursachen für diese Probleme liegen in den regulatorischen Mängeln der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle, die auf eine mangelhafte Umsetzung und Durchsetzung zurückzuführen sind sowie darauf, dass die Richtlinie nicht auf dem neuesten Stand der Marktentwicklungen ist und den nationalen Behörden nicht genügend Klarheit über eine mit der Richtlinie im Einklang stehende Umsetzung bietet. Darüber hinaus wurde bei der Überarbeitung im Jahr 2018 der Schwerpunkt allein auf die Recyclingziele gelegt, während die anderen Herausforderungen für den Abfallsektor außer Acht gelassen wurden. Es ist nicht zu erwarten, dass die genannten Probleme – und nicht einmal die Probleme im Zusammenhang mit Kunststoffen – durch zwei spezifische Rechtsakte, die beide Kunststoffverpackungen abdecken, nämlich die Richtlinie über Einwegkunststoffartikel aus dem Jahr 2019 und den Eigenmittelbeschluss von 2020, gelöst werden können. Die regulatorischen Mängel werden durch Marktversagen, beispielsweise in Bezug auf externe Umwelteffekte, fragmentierte Märkte und mangelhafte Kennzeichnung, noch verschärft.

Dies führt zu einer Zunahme von Verpackungsabfällen: Das Gesamtaufkommen an Verpackungsabfällen wird voraussichtlich von 78 Mio. Tonnen im Jahr 2018 auf 92 Mio. Tonnen im Jahr 2030 und 107 Mio. Tonnen im Jahr 2040 steigen. Zu den Folgen gehören eine verstärkte Nutzung nicht erneuerbarer Ressourcen, eine ineffiziente Abfallbewirtschaftung, negative Auswirkungen auf das Klima, Littering, eine übermäßige Verwendung bedenklicher Stoffe in Verpackungen, minderwertiges Recycling sowie übermäßige Deponierung, Verbrennung und Ausfuhr am Ende der Lebensdauer.

Warum sollte die EU tätig werden?

Die regulatorischen Mängel der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle können nicht einfach durch eine bessere Durchsetzung der geltenden Vorschriften behoben werden. Darüber hinaus deuten die verfügbaren Daten darauf hin, dass weder Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der derzeitigen Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle ergriffen wurden, noch Maßnahmen auf der Grundlage des Eigenmittelbeschlusses oder der Richtlinie über Einwegkunststoffartikel ausreichen, um sicherzustellen, dass alle in der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle festgelegten spezifischen Zielvorgaben hinsichtlich der Recyclingquoten erfüllt werden. Der Verpackungsmarkt und die Abfallbewirtschaftung in der EU sind in vielerlei Hinsicht ein großer gemeinsamer Markt und nicht 27 Einzelmärkte und zeichnen sich durch einen hohen grenzübergreifenden Handel zwischen den Mitgliedstaaten aus.

Die Festlegung gemeinsamer Anforderungen auf EU-Ebene wird einen harmonisierten und gut funktionierenden Binnenmarkt in allen Mitgliedstaaten und damit gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Verpackungshersteller gewährleisten, was letztlich zu Effizienzgewinnen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger der EU führt. Der neue Vorschlag sieht den Wechsel von einer Richtlinie zu einer Verordnung vor. Dies wird die bestehenden Vorschriften vereinfachen, den Erzeugern einen klareren Rahmen bieten und den Verwaltungsaufwand verringern. Gleichzeitig berücksichtigt das vorgeschlagene Paket die Grundsätze der Subsidiarität in Bezug auf die Notwendigkeit von EU-Maßnahmen und einen sichtbaren Mehrwert dieser Maßnahmen.

Ziele

Das allgemeine Ziel des Legislativvorschlags besteht darin, die negativen Umweltauswirkungen von Verpackungen und Verpackungsabfällen zu verringern und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern, um eine Effizienzsteigerung in dem Sektor zu erzielen. Ziel ist es, eine widerstandsfähige Wertschöpfungskette zu schaffen, die von der Gestaltung der Verpackung bis zu ihrer Wiederverwendung oder Verarbeitung in hochwertigen Produkten reicht, wodurch innovative, „grüne“ Arbeitsplätze in einer CO2-armen Verpackungsindustrie entstehen. Um dieses allgemeine Ziel zu erreichen, sind folgende Einzelziele vorgesehen:

1.Verringerung des Aufkommens von Verpackungsabfällen;

2.Förderung einer Kreislaufwirtschaft für Verpackungen auf kosteneffiziente Weise;

3.Förderung der Verwendung von recycelten Materialien in Verpackungen.

Welche Maßnahmen kommen infrage?

Nach der Prüfung der möglichen Maßnahmen wurde eine Reihe vielfältiger, komplexer und oft miteinander verknüpfter Maßnahmen in drei Gruppen von Optionen zusammengefasst:

·Option 1 enthält Maßnahmen zur Verbesserung der Normung und für klarere grundlegende Anforderungen. Diese Maßnahmen sind in der Regel Voraussetzungen für Maßnahmen in anderen Gruppen.

·Option 2 enthält verbindliche Ziele für die Verringerung von Abfällen, die Wiederverwendung und den Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen, Anforderungen zur Gewährleistung der vollständigen Recyclingfähigkeit bis 2030 sowie harmonisierte Produktvorschriften.

·Option 3 enthält höher gesteckte verbindliche Ziele und zusätzliche Produktanforderungen.

Bevorzugtes Maßnahmenpaket

Auf der Grundlage der Bewertung der in den Optionen zusammengefassten Maßnahmen ist Option 2 die bevorzugte Option für eine Verordnung. Sie umfasst die Maßnahmen von Option 1, die als Unterstützung dienen oder sogar Voraussetzungen dafür sind, die Erfüllung der verbindlichen Ziele zu erleichtern und strengere Anforderungen im Rahmen eines ausgewogenen Ansatzes festzulegen und so die Verwirklichung der Ziele und die Kosteneffizienz zu fördern.

Die wichtigsten Maßnahmen im Interventionsbereich „Vermeidung und Wiederverwendung“ sind:

1.das Ziel, die Verpackungsabfälle pro Kopf bis 2030 um 19 % gegenüber dem Ausgangswert zu reduzieren, was einer Verringerung um 5 % im Vergleich zu den Werten von 2018 entspricht;

2.EU-weite verbindliche Wiederverwendungs- oder Wiederbefüllungsziele für Verpackungen, bei denen die Wiederverwendung am wirksamsten ist;

3.die schrittweise Abschaffung unnötiger oder vermeidbarer Verpackungen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Komplementarität und Kohärenz der Maßnahmen. Die Festlegung verbindlicher Pro-Kopf-Reduktionsziele für Verpackungsabfälle auf Ebene der Mitgliedstaaten ist eine einleitende Maßnahme im Interventionsbereich „Vermeidung und Wiederverwendung“, zu der mehrere Maßnahmen beitragen. Während die harmonisierten Maßnahmen der EU so konzipiert sind, dass sie zu knapp 60 % der erforderlichen Abfallreduzierung beitragen, müssen die Mitgliedstaaten den Rest durch nationale binnenmarktkonforme Maßnahmen beisteuern.

Die wichtigste Maßnahme in Bezug auf die Recyclingfähigkeit ist die Festlegung von Kriterien für eine recyclingorientierte Gestaltung in Kombination mit einem Verfahren zur Bewertung der Recyclingfähigkeit.

Was die Kompostierbarkeit betrifft, so wurden vier Kunststoffverpackungsarten aus einer größeren Gruppe von kompostierbaren Verpackungen ausgewählt, die in Zukunft kompostierbar sein müssen. Alle anderen Kunststoffverpackungen müssen chemisch oder mechanisch recyclingfähig sein, damit sie recycelt werden können.

Eine weitere Säule des Pakets stellen ehrgeizige Ziele in Bezug auf den Rezyklatanteil in Kunststoffverpackungen dar. Von den verschiedenen grundlegenden Maßnahmen sind die Einrichtung obligatorischer Pfandsysteme für bestimmte Verpackungsarten, einschließlich Mindestanforderungen für alle Pfandsysteme, und eine harmonisierte Kennzeichnung von Produkten und Abfallbehältern, um den Verbrauchern das Sortieren zu erleichtern, die wichtigsten.

Die Analyse ergab, dass die Maßnahmen der Option 1 allein nicht ausreichen würden, um das Verpackungsaufkommen zu verringern, sondern dass vielmehr die Verpackungsabfälle bis 2030 um weitere 17 % zunehmen würden. Darüber hinaus würden die Recyclingquoten nicht steigen, und qualitativ hochwertiges Recycling und die Ressourceneffizienz würden nicht verbessert. Ferner würden die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018 weiter steigen. Andererseits ist die Umsetzung des vollständigen Maßnahmenpakets der Option 3 – alternativ oder zusätzlich zu den Maßnahmen der Option 2 – viel schwieriger, könnte die wirtschaftliche Tragfähigkeit gefährden und würde zu einem erheblich höheren Verwaltungsaufwand führen. Dagegen sind die zusätzlichen Umweltvorteile weniger bedeutend.

Es wurde jedoch eine sorgfältige Einzelfallbewertung der Kernmaßnahmen durchgeführt, um Elemente von Maßnahmen aus anderen Optionen als Option 2 zu ermitteln, mit denen gegebenenfalls das Subsidiaritätsprinzip besser geachtet, relevante Standpunkte der Interessenträger berücksichtigt und die Durchführbarkeit verbessert werden kann. Das bevorzugte Maßnahmenpaket ist daher eher eine „Option 2+“ als die reine Option 2.

Auswirkungen des bevorzugten Maßnahmenpakets

Die Modellierung der bevorzugten Option lässt für 2030 auf eine Verringerung des Abfallaufkommens um 18 Mio. t gegenüber dem Basisszenario und um 3,1 Mio. t im Vergleich zu 2018 schließen. Die Verringerung der Treibhausgasemissionen beträgt rund 23 Mio. Tonnen CO2-Äq (42 % der jährlichen Gesamtemissionen Ungarns), und die monetarisierten externen Umwelteffekte werden gegenüber den Basisprojektionen für 2030 um 6,4 Mrd. EUR gesenkt.

Eine Senkung der Abfallbewirtschaftungskosten um 4,2 Mrd. EUR, zusätzliche Kosten für Wiederverwendungs- und Pfandsysteme in Höhe von 4,6 Mrd. EUR sowie ein Rückgang des Absatzes und Verbrauchs von Verpackungen im Wert von 51,7 Mrd. EUR führen zu wirtschaftlichen Einsparungen in Höhe von insgesamt 47,2 Mrd. EUR. Andererseits führt diese Option zu zusätzlichen Verwaltungskosten in Höhe von 1,3 Mrd. EUR pro Jahr, vor allem im Zusammenhang mit der Zertifizierung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen und des Rezyklatanteils in Kunststoffverpackungen. Die komplexen Auswirkungen auf die Beschäftigung werden Schätzungen zufolge zu einem leichten Nettozuwachs bei den „grünen“ Arbeitsplätzen führen.

Allein durch die Maßnahmen in Bezug auf den Rezyklatanteil zur Förderung der Ressourceneffizienz kann der Bedarf der EU an fossilen Rohstoffen um 3,1 Mio. Tonnen pro Jahr gesenkt werden (etwa ein Viertel der derzeit für die Herstellung von Kunststoffverpackungen benötigten fossilen Rohstoffe). Der Gesamtrückgang des Bedarfs an fossilen Brennstoffen bei Option 2+ lässt sich nur schwer quantifizieren, aber die Tatsache, dass die Treibhausgaseinsparungen im Rahmen der Maßnahme in Bezug auf den Rezyklatanteil 22 % der gesamten Treibhausgaseinsparungen ausmachen, lässt auf Einsparungen in einer Größenordnung von 12 bis 15 Mio. t fossiler Brennstoffe schließen. Darüber hinaus steigt durch die Maßnahmen zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit die Gesamtrecyclingquote für Verpackungen von 66,5 % im Jahr 2018 auf 73 % im Jahr 2030, während die Deponierung von 18,7 % auf 9,6 % zurückgeht. Dieser Schub für die Kreislaufwirtschaft bewirkt, dass der Bedarf an Primärrohstoffen wie Holz, Glas und Aluminium deutlich abnimmt.

Das bevorzugte Optionspaket sieht eine besondere Behandlung von KMU und Kleinstunternehmen vor, um die Verhältnismäßigkeit der Auswirkungen, von denen sie betroffen sind, sicherzustellen. Die Anforderungen würden diskriminierungsfrei für EU- und Nicht-EU-Unternehmen gelten. Die Maßnahmen schränken den Handel nicht mehr ein, als es zur Erreichung ihrer Umweltziele erforderlich ist.

Insgesamt bringt der Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft in Bezug auf Verpackungen Vorteile mit sich, darunter die Stärkung der Verbraucher, die Verringerung der negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit, die Reduzierung der Abhängigkeit der EU von eingeführten Rohstoffen und fossilen Brennstoffen, die Anregung von Innovationen, die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und die Verringerung unnötiger Haushaltsausgaben.