EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 7.12.2022
COM(2022) 689 final
2022/0401(APP)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
über Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung von Personen ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, der Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung und ihrer sexuellen Ausrichtung sowie von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zur Streichung von Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 12 der Richtlinie 2004/113/EG
{SWD(2022) 386 final} - {SWD(2022) 387 final}
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Gleichstellungsstellen sind eine tragende Säule der Antidiskriminierungsarchitektur der EU. Es handelt sich dabei um öffentliche Organisationen, die Diskriminierungsopfer unterstützen, Diskriminierungsfragen beobachten und darüber berichten und dazu beitragen, das Bewusstsein für die Rechte der Menschen und den Wert der Gleichheit zu stärken. Bisher sind die Gleichstellungsstellen nach EU-Recht verpflichtet, Diskriminierungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts in bestimmten Bereichen zu bekämpfen. Nach einzelstaatlichem Recht ist häufig ein umfangreicherer Zuständigkeitsbereich vorgesehen.
Ziel dieses Vorschlags ist es, verbindliche Standards für Gleichstellungsstellen in folgenden Bereichen festzulegen:
a) Gleichbehandlung von Personen ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft,
b) Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung und
c) Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
Ein separater Vorschlag wurde von der Kommission angenommen, um verbindliche Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Beschäftigung und Beruf, einschließlich der selbstständigen Erwerbstätigkeit, festzulegen (im Folgenden „paralleler Vorschlag“). Zusammen mit dem parallelen Vorschlag soll mit diesem Vorschlag ein verstärkter Rahmen für die Gleichstellungsstellen in der Europäischen Union geschaffen werden, um Gleichbehandlung und Chancengleichheit zu fördern und Diskriminierungen aus allen Gründen und in den Bereichen zu bekämpfen, die in den unten genannten Gleichstellungsrichtlinien aufgeführt sind.
Gleichstellungsstellen wurden erstmals durch die Rassismusbekämpfungsrichtlinie (2000/43/EG) eingerichtet. Diese Stellen wurden damit beauftragt, die Gleichbehandlung durch die folgenden Aufgaben zu fördern:
-die Opfer von Diskriminierungen auf unabhängige Weise dabei zu unterstützen, ihrer Beschwerde wegen Diskriminierung nachzugehen,
-unabhängige Erhebungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen,
-unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspekten auszusprechen, die mit Diskriminierung in Zusammenhang stehen.
Mit drei weiteren Gleichstellungsrichtlinien wurden Gleichstellungsstellen mit denselben Aufgaben in ihren jeweiligen Bereichen betraut: mit der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (2004/113/EG), der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (2006/54/EG) und der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben (2010/41/EU). Bei den beiden letztgenannten Richtlinien kam noch die Aufgabe hinzu, Informationen mit den entsprechenden europäischen Einrichtungen auszutauschen.
Zwei andere Gleichstellungsrichtlinien, die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (2000/78/EG) und die Richtlinie zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (79/7/EWG), enthalten keine Bestimmungen über Gleichstellungsstellen. In der Praxis haben sich jedoch viele Mitgliedstaaten dafür entschieden, die Gleichstellungsstellen mit allen Diskriminierungsgründen und -bereichen zu betrauen, die von diesen beiden Richtlinien abgedeckt werden, und diesen manchmal auch mittels einzelstaatlicher Rechtsvorschriften umfassendere Zuständigkeiten gegeben. Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten hat nun Gleichstellungsstellen für mehrere Diskriminierungsgründe und -bereiche eingerichtet, die oft über die durch das EU-Recht geschützten hinausgehen. Dies trifft jedoch nicht auf alle Mitgliedstaaten zu, und in einigen wenigen Fällen befassen sich die Gleichstellungsstellen noch nicht mit den Diskriminierungsgründen und -bereichen gemäß den Richtlinien 2000/78/EG und 79/7/EWG.
In den geltenden Gleichstellungsrichtlinien der EU sind keine Bestimmungen über die tatsächliche Struktur und Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen enthalten; es wird lediglich vorgeschrieben, dass sie über bestimmte Mindestzuständigkeiten verfügen und bei der Ausübung ihres Mandats unabhängig handeln. Aufgrund des großen Ermessensspielraums, den die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Bestimmungen haben, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Gleichstellungsstellen in den einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf ihr Mandat, ihre Befugnisse, ihre Leitung, ihre Unabhängigkeit, ihre Ressourcen, ihre Barrierefreiheit und ihre Wirksamkeit. Dies berührt die Erfüllung ihrer Ziele nach EU-Recht. Die Unterschiede sind zum Teil auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen und Rechtssysteme in den Mitgliedstaaten zurückzuführen, aber auch auf die unterschiedlichen Ambitionen und Erfolge der Mitgliedstaaten bei der Verfolgung der Ziele der Richtlinien.
Um sicherzustellen, dass die Gleichstellungsstellen ihr volles Potenzial ausschöpfen, einen wirksamen Beitrag zur Durchsetzung aller Gleichstellungsrichtlinien leisten und Diskriminierungsopfer beim Zugang zum Recht unterstützen können, hat die Kommission im Jahr 2018 eine Empfehlung zu Standards für Gleichstellungsstellen angenommen. Insbesondere sollten damit die Herausforderungen angegangen werden, die sich aus den weit gefassten und unvollständigen Bestimmungen über Gleichstellungsstellen in den EU-Richtlinien ergeben.
Im Jahr 2021 veröffentlichte die Kommission einen Bericht über die Anwendung der Rassismusbekämpfungsrichtlinie und der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie. Gegenstand des Berichts war die Umsetzung der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2018; der Bericht wurde durch eine ausführlichere Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über Gleichstellungsstellen ergänzt. In dem Bericht wird hervorgehoben, dass sich die Gleichstellungsstellen als notwendige und wertvolle Einrichtungen erwiesen haben, die bei den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, den staatlichen Stellen und der Gesellschaft insgesamt Veränderungen bewirken können.
Die meisten der in der Empfehlung angesprochenen Probleme blieben jedoch ungelöst, was einige Gleichstellungsstellen daran hinderte, ihre Aufgabe wirksam wahrzunehmen. Der Schutz vor Diskriminierung, die Durchsetzung der Richtlinien sowie die Förderung der Gleichheit und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der nationalen Einrichtungen sind in der EU auch weiterhin uneinheitlich. Die Empfehlung war also nicht ausreichend. Die Kommission hat sich daher verpflichtet, zu prüfen, ob bis 2022 mögliche Rechtsvorschriften zur Stärkung der Rolle der nationalen Gleichstellungsstellen vorgeschlagen werden sollten.
Die rückblickende Analyse, die in dem diesem Vorschlag beigefügten Analysedokument dargelegt ist, bestätigt diese Einschätzung. Diese Analyse ergab, dass das Ziel, die Umsetzung und Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung und Diskriminierung zu gewährleisten und deren Verhinderung zu verbessern, nicht vollständig erreicht wurde. Das Ausmaß der Diskriminierung ist nach wie vor hoch und das Bewusstsein der Opfer für ihre Rechte nach wie vor gering. Die Dunkelziffer stellt weiterhin ein erhebliches Problem dar, auch das Problembewusstsein und das Wissen der Öffentlichkeit über Diskriminierung sind nach wie vor begrenzt. Viele Gleichstellungsstellen sind in Bezug auf ihre Befugnisse und Ressourcen nicht ausreichend ausgestattet, um Opfern wirksam helfen zu können.
Das Europäische Parlament und der Rat haben sich für die Verabschiedung neuer Vorschriften zur Stärkung der Gleichstellungsstellen ausgesprochen. Im Jahr 2021 rief das Europäische Parlament die Kommission dazu auf, Rechtsvorschriften über Standards für Gleichstellungsstellen vorzuschlagen, ihnen damit ein stärkeres Mandat und angemessene Ressourcen zum Schutz der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen zu gewähren und die barrierefreie Informationsvermittlung für alle sicherzustellen. Im Jahr 2022 forderte der Rat die Mitgliedstaaten auf, leistungsfähige Gleichstellungsstellen zu unterstützen und einen Rechtsrahmen zu verabschieden, der es ihnen ermöglicht, ihre Rolle unabhängig wahrzunehmen, und sie mit angemessenen Ressourcen auszustatten, damit sie ihre Aufgaben wirksam erfüllen können. Zudem betonte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, dass die nationalen Gleichstellungsstellen und Menschenrechtsgremien stärker unterstützt werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Unabhängigkeit und die Aufstockung ihrer personellen und finanziellen Ressourcen, und bekundete seine Unterstützung für eine Initiative der Kommission zur Wirksamkeit der nationalen Gleichstellungsstellen und zur Entwicklung ihres Potenzials, ihrer vielfältigen Aufgaben und ihrer Kapazitäten.
Daher schlägt die Kommission, wie in ihrem Arbeitsprogramm für 2022 angekündigt, verbindliche Regeln zur Stärkung der Rolle und Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen vor. Dies ist Teil der Arbeiten der Kommission im Hinblick auf eine Union der Gleichheit für alle, wie in den politischen Leitlinien der Kommission für 2019–2024 dargelegt.
Ziel dieser Richtlinie ist es, Standards für Gleichstellungsstellen festzulegen, die ihr Mandat, ihre Aufgaben, ihre Unabhängigkeit, ihre Struktur, ihre Befugnisse, ihre Zugänglichkeit und ihre Ressourcen betreffen, um sicherzustellen, dass sie neben anderen Akteuren:
a)wirksam zur Durchsetzung der Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG beitragen,
b)Diskriminierungsopfer beim Zugang zum Recht wirksam unterstützen,
c)die Gleichbehandlung fördern und Diskriminierung verhüten.
Dieser Vorschlag stützt sich auf den Inhalt der bestehenden Bestimmungen über Gleichstellungsstellen, die in den Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG enthalten sind, und ersetzt sie durch ein strikteres und detaillierteres Regelwerk. Die neuen Vorschriften enthalten alle Mindestverpflichtungen, die in den beiden Richtlinien vorgesehen waren.
Mit dem Vorschlag wird der Schutz im Bereich der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung gestärkt, indem das Mandat der Gleichstellungsstellen auf die Diskriminierungsgründe und -bereiche der Richtlinien 79/7/EWG und 2000/78/EG ausgeweitet wird.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Dieser Vorschlag ist in mehrere Strategien und Aktionspläne eingebettet, die zur Verwirklichung einer Union der Gleichheit angenommen wurden: die Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter, der Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, der strategische Rahmen für die Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma, die Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen und die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. In der Strategie zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens wird ebenfalls auf den Vorschlag verwiesen.
Insbesondere der strategische Rahmen der EU für die Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma und die Empfehlung des Rates vom 12. März 2021 zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma beinhalten die Einbeziehung von Gleichstellungsstellen in Strukturen, die zur Überwachung der Umsetzung, Überwachung und Überprüfung der nationalen strategischen Rahmen betreffend Roma eingerichtet wurden.
Die gemäß der Richtlinie 2006/54/EG benannten Gleichstellungsstellen sind auch für Angelegenheiten zuständig, die unter die Richtlinie (EU) 2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige fallen. Durch die Ersetzung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/54/EG wird der parallele Vorschlag auch für Gleichstellungsstellen gelten, wenn sie gegen Diskriminierungen vorgehen, die unter die Richtlinie (EU) 2019/1158 fallen.
Die vorgeschlagene Gleichbehandlungsrichtlinie enthält ebenfalls einen Artikel über Gleichstellungsstellen. Vor der Annahme sollte der Gesetzgeber einen Querverweis auf diesen Vorschlag im entsprechenden Artikel in Erwägung ziehen.
Die EU und alle Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das die Verpflichtung enthält, Diskriminierung aufgrund von Behinderungen zu verbieten und Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz gegen Diskriminierung aus allen Gründen zu gewährleisten.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
In weiteren EU-Instrumenten wird den Gleichstellungsstellen eine besondere Rolle zugewiesen.
Mit der Freizügigkeitsrichtlinie werden Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit und ungerechtfertigte Einschränkungen oder Hindernisse für das Recht auf Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus der Union und ihren Familienangehörigen bekämpft. In der Richtlinie sind „Stellen für die Förderung, Analyse, Überwachung und Unterstützung der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer der Union und ihrer Familienangehörigen ohne jegliche Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, ungerechtfertigte Einschränkung oder Behinderung ihres Freizügigkeitsrechts“ vorgesehen, und es wird präzisiert, dass diese Stellen „Teil bestehender nationaler Stellen sein [können], die ähnliche Zielsetzungen verfolgen“. Die meisten Mitgliedstaaten haben sich dafür entschieden, eine Gleichstellungsstelle mit diesen Fällen von Diskriminierung zu betrauen. Die fraglichen Diskriminierungsgründe und -bereiche fallen zwar nicht unter diesen Vorschlag, horizontale Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsweise, Zugänglichkeit und Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen können jedoch auch die Ausübung ihrer Zuständigkeit im Rahmen der Freizügigkeitsrichtlinie beeinflussen.
Die Dachverordnung für Fonds mit geteilter Mittelverwaltung verpflichtet die Mitgliedstaaten, Gleichstellungsstellen in die Vorbereitung, Durchführung und Bewertung solcher Programme einzubeziehen, unter anderem durch die Teilnahme an Begleitausschüssen.
Die Strategie für eine verstärkte Anwendung der Grundrechtecharta in der EU (im Folgenden „Charta“) umfasst die Beteiligung von Gleichstellungsstellen an Schulungen zur Charta sowie die Zusammenarbeit und Koordinierung mit anderen einschlägigen Akteuren bei Aktivitäten im Zusammenhang mit der Charta.
Der Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt beinhaltet auch eine mögliche Rolle für die gemäß den Richtlinien 2004/113/EG, 2006/54/EG und 2010/41/EU eingerichteten Gleichstellungsstellen. Den Mitgliedstaaten bleibt es überlassen, eine Gleichstellungsstelle oder eine andere Stelle einzuschalten, um die in der vorgeschlagenen Richtlinie festgelegten Aufgaben zu erfüllen, d. h. unabhängige Unterstützung und Beratung für Opfer von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Veröffentlichung unabhängiger Berichte und Abgabe von Empfehlungen in diesem Bereich sowie Informationsaustausch mit den entsprechenden europäischen Einrichtungen.
Durch die verstärkte Unterstützung diskriminierter Einzelpersonen und Gruppen beim Zugang zum Recht in der gesamten Europäischen Union ergänzt dieser Vorschlag die EU-Rechtsvorschriften, die bereits im Bereich der Opferrechte und des Zugangs zum Recht (zu Prozesskostenhilfe, alternativen Streitbeilegungsmechanismen und kollektiven Rechtsbehelfen) sowie zur Bekämpfung strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung angenommen wurden.
Gleichstellungsstellen sind neben Ombudsleuten und nationalen Menschenrechtsinstitutionen (NMRI) ebenfalls wesentliche Bestandteile des Systems der Kontrolle und Gegenkontrolle in einer gesunden Demokratie. Versuche, ihren Handlungsspielraum einzuschränken, können eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit darstellen. Im Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2022 wird hervorgehoben, dass diese Einrichtungen strukturelle Garantien der Unabhängigkeit und ausreichende Ressourcen benötigen, um wirksam arbeiten zu können, und dass einige dieser Einrichtungen in den Mitgliedstaaten auch weiterhin vor Herausforderungen stehen.
Durch die Stärkung ihrer Wirksamkeit, ihrer Unabhängigkeit und ihrer Ressourcen wird dieser Vorschlag auch dazu beitragen, den Beitrag der Gleichstellungsstellen in allen Bereichen zu verbessern, in denen sie eine wichtige Rolle spielen.
Dieser Vorschlag steht auch im Einklang mit der Europäischen Säule sozialer Rechte, insbesondere mit dem zweiten Grundsatz, der Gleichstellung der Geschlechter, und dem dritten Grundsatz, der Chancengleichheit.
Da die Union in ihrem auswärtigen Handeln für Gleichstellung eintritt, geht sie mit diesem Vorschlag mit gutem Beispiel voran, indem sie die Gleichstellungsstellen fördert und ihre Unabhängigkeit stärkt. Gleichzeitig wird die Stärkung der Gleichstellungsstellen auch Drittstaatsangehörigen zugutekommen, die in der EU aus Gründen und in Bereichen, die unter die Gleichstellungsrichtlinien fallen, Diskriminierung erfahren.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Ziel der beiden parallelen Vorschläge dieser Initiative ist es, die Rolle und die Unabhängigkeit der Gleichstellungsstellen im Rahmen aller bereits angenommenen Richtlinien im Bereich der Gleichbehandlung zu stärken: Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2004/113/EG, 2006/54/EG und 2010/41/EU. Da diese Richtlinien auf zwei verschiedenen Rechtsgrundlagen beruhen und in zwei verschiedenen Verfahren angenommen wurden, besteht diese Initiative aus zwei im Wesentlichen identischen Vorschlägen mit zwei verschiedenen Rechtsgrundlagen.
Der vorliegende Vorschlag stützt sich auf Artikel 19 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), mit dem eine Rechtsgrundlage für sekundäre Rechtsvorschriften wie Richtlinien geschaffen wird, um Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu ergreifen. In Artikel 19 Absatz 1 AEUV heißt es: „Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verträge kann der Rat im Rahmen der durch die Verträge auf die Union übertragenen Zuständigkeiten gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“
Die Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG wurden einstimmig auf der Grundlage von Artikel 13 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (jetzt Artikel 19 Absatz 1 AEUV) angenommen.
Die Richtlinie 79/7/EWG wurde einstimmig auf der Grundlage von Artikel 235 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft („Flexibilitätsklausel“) angenommen, da in dem Vertrag keine spezifische Rechtsgrundlage für diese Rechtsetzungsmaßnahme vorgesehen war. Diese Rechtsgrundlage ist nun in Artikel 19 AEUV enthalten.
Der parallele Vorschlag stützt sich auf Artikel 157 Absatz 3 AEUV, nach dem „das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ beschließen können, und der die Rechtsgrundlage für die Richtlinien 2006/54/EG und 2010/41/EU bildet.
•Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Gleichheit und Nichtdiskriminierung sind Grundwerte der EU, die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankert und durch Artikel 21 und 23 der Charta geschützt sind. Sie sollten in allen Mitgliedstaaten der EU ausreichend geschützt werden.
Mit der vorliegenden Initiative werden keine Rechtsvorschriften in einem neuen Bereich eingeführt. Vielmehr werden bereits bestehende Rechtsvorschriften überarbeitet, um deren Wirksamkeit zu verbessern. Es besteht bereits Einigkeit darüber, dass Maßnahmen auf EU-Ebene in diesem Bereich notwendig sind und mit dem Subsidiaritätsprinzip in Einklang stehen.
Wie bereits erläutert, reichen die bestehenden Rechtsvorschriften nicht aus, um die Herausforderungen der Gleichstellungsstellen bei der Umsetzung und Durchsetzung des EU-Rechts zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung und Diskriminierung und zur Verbesserung der Prävention in diesem Bereich zu bewältigen. Dies führt zu einem unzureichenden und uneinheitlichen Schutz vor Diskriminierung in der EU.
Die Analyse der Situation vor der Verabschiedung der Bestimmungen über die Gleichstellungsstellen hat den Mehrwert aufgrund des Tätigwerdens der Union deutlich gemacht. Vor der Einführung von Unionsbestimmungen über Gleichstellungsstellen in den Gleichstellungsrichtlinien der EU gab es nur in wenigen Mitgliedstaaten Gleichstellungsstellen.
Die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen aus dem Jahr 2021 über Gleichstellungsstellen und das diesem Vorschlag beigefügte Analysedokument zeigen deutlich, dass die Empfehlung aus dem Jahr 2018 zu Standards für Gleichstellungsstellen nur eine begrenzte Wirkung hatte. Weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten gab an, Maßnahmen im Anschluss an die Empfehlung zu ergreifen, und nur vier Mitgliedstaaten gaben an, an Gesetzesreformen zu arbeiten.
Dies zeigt, dass nur eine verbindliche EU-Initiative sicherstellen kann, dass in allen Mitgliedstaaten ausreichende Fortschritte erzielt werden und die erheblichen Unterschiede im Niveau des Diskriminierungsschutzes in der EU beseitigt werden.
Dieser Vorschlag enthält Mindeststandards, die der Vielfalt der Rechtstraditionen in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen und deren institutionelle Autonomie uneingeschränkt achten. Er lässt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, höhere Standards festzulegen.
Die Stärkung der Gleichstellungsstellen wird auch dazu beitragen, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu stärken, indem sichergestellt wird, dass die Menschen in allen Mitgliedstaaten ein gemeinsames Mindestmaß an Schutz vor Diskriminierung genießen, mit vergleichbaren Rechtsschutzansprüchen, wobei die Vielfalt der Systeme in den Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.
Gemeinsame Mindeststandards in diesem Bereich sind auch für das Funktionieren des Binnenmarktes wichtig. Im Zusammenhang mit der Freizügigkeit von Personen ist es von wesentlicher Bedeutung, das Grundrecht auf Nichtdiskriminierung in der gesamten EU einheitlich zu garantieren und den Zugang zum Schutz vor Diskriminierung und zu Rechtsbehelfen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
•Verhältnismäßigkeit
In Artikel 5 Absatz 4 EUV heißt es: „Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich und formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus.“
Die derzeitigen Bestimmungen über Gleichstellungsstellen und die Empfehlung von 2018 haben das Ziel der Umsetzung und Durchsetzung des EU-Rechts zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung und Diskriminierung und zur Verbesserung der Prävention in diesem Bereich nicht vollständig erreicht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass den Mitgliedstaaten ein großer Spielraum bei der Anwendung der Bestimmungen über Gleichstellungsstellen in den Richtlinien gelassen wird, dass solche Bestimmungen in den Richtlinien 79/7/EWG und 2000/78/EG fehlen und dass die Empfehlung nicht bindend ist.
Die „weichen“ Maßnahmen waren nicht wirksam genug, um das Grundrecht auf Nichtdiskriminierung zu schützen. In der vorgeschlagenen Initiative werden Mindeststandards festgelegt, die von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind. Es ist davon auszugehen, dass diese Mindeststandards das Niveau des Schutzes vor Diskriminierung erheblich verbessern werden, was beträchtliche positive Auswirkungen auf die Situation von (potenziellen) Diskriminierungsopfern haben wird.
Mit der Festlegung von Mindeststandards werden in dem Vorschlag die Zuständigkeiten und die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten in vollem Umfang gewahrt, und es bleibt diesen überlassen, zu entscheiden, wie sie die vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen und ob sie für die Arbeit der Gleichstellungsstellen vorteilhaftere Standards festlegen.
•Wahl des Instruments
Ein Rechtsinstrument in Form einer Richtlinie ermöglicht es, die Gleichstellungsstellen zu stärken und gemeinsame Mindeststandards zu gewährleisten, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, wie sie die neuen Anforderungen unter Berücksichtigung ihres jeweiligen nationalen Kontexts umsetzen. Dieser Ansatz steht im Einklang mit der ursprünglichen Form des Tätigwerdens der Union in diesem Bereich und trägt gleichzeitig den aktuellen Herausforderungen Rechnung.
Die bestehenden Bestimmungen über Gleichstellungsstellen in den Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG werden dem Vorschlag entsprechend gestrichen. In einer neuen Richtlinie zu Gleichstellungsstellen werden alle einschlägigen Bestimmungen für die wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Bezug auf die in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG genannten Diskriminierungsgründe und -bereiche zusammengefasst. Die Streichung der derzeitigen Bestimmungen bedeutet auch, dass die derzeitige Liste der Aufgaben der Gleichstellungsstellen klarer gefasst und ergänzt werden kann, z. B. durch die ausdrückliche Aufnahme von Präventions- und Fördermaßnahmen, die in den bestehenden Bestimmungen nicht klar genug waren.
3.EINHOLUNG VON FACHWISSEN, ANALYSEN UND KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER
•Einholung von Fachwissen und Analysen
Die Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die Ausarbeitung eines Dokuments mit rückblickender und vorausschauender Analyse im Hinblick auf einen Legislativvorschlag über verbindliche Standards für Gleichstellungsstellen zu unterstützen. Dieses Analysedokument ist sowohl diesem Vorschlag als auch dem parallelen Vorschlag zur Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Beschäftigung und Beruf, einschließlich der selbstständigen Erwerbstätigkeit, beigefügt. Es umfasst eine rückblickende Analyse der bestehenden EU-Bestimmungen über Gleichstellungsstellen und eine vorausschauende Analyse eines möglichen weiteren Tätigwerdens der Union.
Eine umfassende Bewertung und Folgenabschätzung wurde aus den folgenden Gründen nicht durchgeführt:
1.Verhältnismäßigkeit – der begrenzte Umfang des Tätigwerdens der Union
Der Schwerpunkt der Vorschläge liegt ausschließlich auf Gleichstellungsstellen, die Gegenstand eines Artikels in vier Gleichstellungsrichtlinien sind (und in zwei anderen Gleichstellungsrichtlinien nicht enthalten sind). Dieser Artikel ist in den vier Richtlinien fast identisch. Durch die Vorschläge werden die anderen Bestimmungen der Richtlinien nicht geändert. Die Vorschläge basieren auch auf der bestehenden Empfehlung der Kommission von 2018 zu Standards für Gleichstellungsstellen, die 2021 bewertet wurde. Daher wurde eine umfassende Bewertung der einschlägigen Richtlinien in ihrer Gesamtheit weder als verhältnismäßig noch als notwendig erachtet.
2. Fehlendes Vereinfachungspotenzial
Die rückblickende Analyse zeigt, dass die bestehenden Bestimmungen über Gleichstellungsstellen in den Gleichstellungsrichtlinien zu eng gefasst und zu ungenau sind. Diese Bestimmungen bergen kein Vereinfachungspotenzial. In den Rückmeldungen zur Umsetzung der Empfehlung von 2018 wurde nie auf einen Vereinfachungsbedarf oder einen Verwaltungsaufwand hingewiesen.
3.Schwierigkeit der Folgenabschätzung
Im Bereich der Gleichstellung und Nichtdiskriminierung sind die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen schwer zu quantifizieren und zu beziffern, und die Verfügbarkeit von Daten ist begrenzt. Die sozialen Auswirkungen der Tätigkeiten von Gleichstellungsstellen, wie z. B. die Unterstützung von Diskriminierungsopfern, Präventionsmaßnahmen oder die Förderung der Gleichstellung im Allgemeinen, können nicht gemessen werden, da keine umfassenden Daten zur Gleichstellung vorliegen. Der vorliegende Vorschlag wird zur Lösung dieses Problems beitragen, indem er die Gleichstellungsstellen verpflichtet, Daten über ihre eigenen Tätigkeiten zu erfassen, Erhebungen durchzuführen, und ihnen die Möglichkeit gibt, eine koordinierende Funktion bei der Erhebung von Daten zur Gleichstellung durch andere öffentliche oder private Einrichtungen wahrzunehmen.
Rückblickende Analyse geltender Rechtsvorschriften
Die rückblickende Analyse befasst sich mit der Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz, dem Mehrwert aufgrund des Tätigwerdens der Union und der Relevanz der EU-Bestimmungen zu Gleichstellungsstellen in den Gleichstellungsrichtlinien und in der Empfehlung von 2018.
Die Wirksamkeit des bestehenden EU-Rahmens für Gleichstellungsstellen wurde im Hinblick auf Fortschritte bei der Bekämpfung und Verhütung von Diskriminierung als begrenzt bewertet. Es wurden einige Fortschritte erzielt, insbesondere in den Mitgliedstaaten, in denen es vor dem Tätigwerden der Union keine Gleichstellungsstellen gab. Die gewünschte Wirkung wurde jedoch nicht vollständig erzielt. Die Analyse hat gezeigt, dass das Ausmaß der Diskriminierung nach wie vor hoch ist, während das Bewusstsein der Opfer für ihre Rechte gering bleibt. Die Dunkelziffer stellt weiterhin ein erhebliches Problem dar und das Problembewusstsein und das Wissen der Öffentlichkeit über Diskriminierung sind nach wie vor begrenzt. Viele Gleichstellungsstellen sind in Bezug auf ihre Befugnisse und Ressourcen nicht ausreichend ausgestattet, um Opfern wirksam helfen zu können.
Die Wirksamkeit des bestehenden EU-Rahmens für Gleichstellungsstellen wurde in Bezug auf die Fähigkeit der Gleichstellungsstellen, Diskriminierung zu bekämpfen und zu verhüten, als begrenzt und in Bezug auf Kosten und Nutzen als nicht schlüssig bewertet, was hauptsächlich auf die begrenzte Datenverfügbarkeit zurückzuführen ist. Die rückblickende Analyse hat ergeben, dass der derzeitige EU-Rahmen, der durch die Richtlinien vorgegeben wird, zu allgemein und eng gefasst ist und den Aufbau, die Wirksamkeit und die Ressourcen der Gleichstellungsstellen nicht berücksichtigt. An dieser Situation hat auch die detailliertere Empfehlung von 2018 nichts geändert, da sie nicht bindend ist. Die rückblickende Analyse hat deutlich gemacht, dass die Ressourcen der Gleichstellungsstellen in diesem Zusammenhang ein erhebliches Problem darstellen, da sie von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich ausfallen und für die meisten Gleichstellungsstellen nicht ausreichen, um alle ihre Aufgaben wirksam erfüllen zu können.
Die Kohärenz des bestehenden EU-Rahmens wurde auf allen Ebenen als positiv bewertet. Die Analyse hat gezeigt, dass die Kohärenz mit den Verträgen und der Charta hoch ist, da mit dem EU-Rahmen Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, die zu den Grundwerten der EU gehören, gefördert werden sollen. Gleichheit ist zudem ein durch die Charta geschütztes Grundrecht. Internationale Instrumente wie die Grundsätze betreffend die Stellung nationaler Menschenrechtsinstitutionen der Vereinten Nationen (die sogenannten „Pariser Grundsätze“) und die Empfehlung Nr. 2 der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats sind zwar aufgrund ihres unterschiedlichen Rechtscharakters detaillierter, in der Sache stimmen die verschiedenen Instrumente jedoch überein.
Der Mehrwert aufgrund des Tätigwerdens der Union wurde als positiv bewertet. Bei der Analyse wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Annahme der Richtlinie 2000/43/EG nur etwa die Hälfte der damaligen EU-15-Mitgliedstaaten über eine Gleichstellungsstelle mit einem begrenzten Mandat verfügte, und nur ein Mitgliedstaat der zwölf Länder, die später der EU beitraten, vor dem Beitrittsprozess eine Gleichstellungsstelle eingerichtet hatte. Die zum Zeitpunkt der Studie befragten Interessenträger bestätigten, dass ohne das Tätigwerden der EU nicht in allen Mitgliedstaaten Gleichstellungsstellen eingerichtet worden wären. Die Tatsache, dass das Ausmaß der Diskriminierung in allen Mitgliedstaaten weiterhin hoch ist, zeigt, dass weiterhin Handlungsbedarf auf EU-Ebene besteht. Die Maßnahmen müssten jedoch detaillierter und konkreter sein als der derzeitige Rechtsrahmen, um mehr Rechtsklarheit über die von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Maßnahmen zu schaffen.
Die Relevanz der ursprünglichen Ziele des EU-Rahmens im Hinblick auf den ursprünglichen und aktuellen Bedarf wurde als positiv bewertet. Der ursprüngliche Rechtsrahmen für Gleichstellungsstellen wurde jedoch als zu eng gefasst und zu ungenau angesehen. Diese Ansicht wird von allen Interessenträgern weitgehend geteilt, insbesondere von Gleichstellungsstellen, Organisationen der Zivilgesellschaft und den Mitgliedstaaten. Es wurde festgestellt, dass es eine überwältigende Unterstützung für die Ergreifung weiterer Maßnahmen gibt, um die oben genannten Probleme anzugehen und sicherzustellen, dass die Gleichstellungsstellen über die Ressourcen verfügen, die sie benötigen, um neue Herausforderungen im Bereich der Nichtdiskriminierung bewältigen zu können, wie beispielsweise die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Verwendung automatisierter Systeme, die mit der technologischen Entwicklung häufiger und schwerwiegender geworden sind.
Vor diesem Hintergrund wurde eine Reihe von Erkenntnissen gewonnen, die im Folgenden dargestellt werden. Aufgrund der Ungenauigkeit der geltenden Bestimmungen über Gleichstellungsstellen stehen diese in den Mitgliedstaaten vor mehreren Problemen, die nachfolgend erläutert werden. Obwohl mit der Empfehlung aus dem Jahr 2018 versucht wurde, diese Probleme anzugehen, hatte sie aufgrund ihres unverbindlichen Charakters nur eine begrenzte Wirkung, sodass ein verbindliches Rechtsinstrument vorgeschlagen wird, um diese Probleme wirksamer anzugehen.
Ressourcen und Unabhängigkeit
Der Analyse zufolge ist der Mangel an Ressourcen ein wiederkehrendes Problem, das die Arbeit der Gleichstellungsstellen erheblich behindert. Auch der Mangel an Unabhängigkeit steht einer wirksamen Umsetzung der Aufgaben und Ziele der Gleichstellungsstellen im Wege.
Unterstützung von Opfern
Die Unterstützung von Diskriminierungsopfern und die Befugnisse, die den Gleichstellungsstellen zu diesem Zweck eingeräumt werden, fallen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich aus. Um ein Mindestmaß an Schutz des Grundrechts auf Nichtdiskriminierung zu gewährleisten, wären spezifischere gemeinsame Regeln in diesem Bereich von Vorteil. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang Befugnisse im Bereich der Prozessführung. Um allen Diskriminierungsopfern helfen zu können, muss auch sichergestellt werden, dass die Gleichstellungsstellen für alle Diskriminierungsopfer barrierefrei zugänglich sind.
Die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und die Richtlinie zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit enthalten keine Bestimmungen über Gleichstellungsstellen. Die rückblickende Analyse hat jedoch gezeigt, dass das Ausmaß der Diskriminierung aus den von diesen Richtlinien erfassten Diskriminierungsgründen und -bereichen in den Mitgliedstaaten weiterhin hoch ist.
Wissen über Diskriminierung
Aus der rückblickenden Analyse geht hervor, dass die regelmäßige Durchführung unabhängiger Untersuchungen, Erhebungen und Veröffentlichungen von Berichten durch die Gleichstellungsstellen sehr unterschiedlich ist. Dies gilt ebenso für die Erhebung von Primär- und Sekundärdaten zur Gleichstellung. Da das Problembewusstsein und das Wissen über Diskriminierung nach wie vor unzureichend sind, werden klarere Regeln in diesem Bereich benötigt.
Zusammenarbeit
Das Ausmaß der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs der Gleichstellungsstellen untereinander und mit den einschlägigen nationalen, europäischen und internationalen Behörden oder Einrichtungen unterscheidet sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Ein solcher Austausch wäre jedoch von Vorteil, um Wissen weiterzugeben und Synergien zu schaffen.
Vorausschauende Analyse möglicher neuer EU-Maßnahmen
Hinsichtlich der politischen Optionen für ein mögliches neues Tätigwerden der EU wurden bereits nichtlegislative Optionen erprobt, die jedoch nicht zu den erwarteten Ergebnissen geführt haben. Zu diesen nichtlegislativen Maßnahmen gehören:
a)die Einrichtung eines aktiven Netzwerks von Gleichstellungsstellen, das von der Kommission finanziert wird (Equinet),
b)die nicht bindende Empfehlung der Kommission von 2018,
c)der Austausch bewährter Verfahren,
d)eine direkte Finanzierung im Rahmen des Programms „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (Citizen Equality Rights and Values – CERV).
Zwar hatten all diese Maßnahmen positive Auswirkungen und werden auch in Zukunft beibehalten, doch wurde die Empfehlung aufgrund ihres nicht bindenden Charakters nur teilweise umgesetzt.
Daher war die einzige politische Option, die über den Status quo hinaus geprüft wurde, die Annahme neuer Rechtsvorschriften. Wie nachstehend erläutert, wurde für jede politische Maßnahme analysiert, welche Art von Maßnahmen in die neuen Rechtsvorschriften aufgenommen werden sollten.
Die Ziele des Tätigwerdens der Union lassen sich unter drei Hauptzielen für Gleichstellungsstellen zusammenfassen:
·zur Durchsetzung der sechs Gleichstellungsrichtlinien beitragen,
·Diskriminierungsopfer beim Zugang zum Recht wirksam unterstützen,
·die Gleichbehandlung fördern und Diskriminierung verhüten.
Bei der Analyse wurden 21 Ziele ermittelt, mit denen die oben erläuterten Probleme angegangen werden sollen. Um diese Ziele zu erreichen, wurden drei operative Ziele als entscheidend identifiziert, nämlich die Gewährleistung, dass:
·die Gleichstellungsstellen frei von äußeren Einflüssen sind, sodass sie alle ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen können,
·die Gleichstellungsstellen über die notwendigen Ressourcen verfügen, um alle ihre Aufgaben zu erfüllen, und
·wenn eine Gleichstellungsstelle Teil einer Einrichtung mit mehreren Mandaten ist, eine interne Struktur (eine sogenannte „Firewall“) vorhanden ist, die ausreichende Unabhängigkeit, Fokussierung auf und Ressourcen für das Gleichstellungsmandat gewährleistet.
Für die weitere Analyse wurden 48 Maßnahmen aus elf Themenblöcken ausgewählt, die in die Rechtsvorschriften aufgenommen werden könnten, um die oben genannten Ziele zu erreichen.
Im Analysedokument wurden die vorgeschlagenen Maßnahmen anhand der fünf Kriterien Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz, Mehrwert aufgrund des Tätigwerdens der Union und Relevanz untersucht. Die Bewertung des Mehrwerts aufgrund des Tätigwerdens der Union, der Relevanz und der Kohärenz wurde für die vorgeschlagene Legislativinitiative als Ganzes vorgenommen, während die Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz nach Themenblöcken und Einzelmaßnahmen erfolgte. Bei einigen Maßnahmen war eine vollständige Bewertung aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Daten oder methodischer Einschränkungen nicht möglich. Dies betrifft insbesondere die Effizienz.
Im Ergebnis zeigt die Studie, dass neue Richtlinien unter Beachtung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit die angemessene Maßnahme darstellen würden. 44 der ermittelten Maßnahmen wurden beibehalten und in die Vorschläge aufgenommen.
Einige wenige Mitgliedstaaten statten ihre Gleichstellungsstellen bereits mit recht umfassenden Ressourcen und Befugnissen aus, während die meisten anderen die oben genannten Ziele nur teilweise erfüllen. Die Notwendigkeit und das Ausmaß von Anpassungen, die sich aus den neuen EU-Vorschriften ergeben, würden daher für jede politische Maßnahme unterschiedlich ausfallen, je nach der Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Merkmale ihrer Gleichstellungsstelle(n).
Sonstiges Fachwissen und sonstige Analysen
Die Kommission zog ferner die Informationen heran, die bei der Ausarbeitung der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Umsetzung der am 19. März 2021 veröffentlichten Empfehlung der Kommission zu Standards für Gleichstellungsstellen gesammelt wurden. Dabei wurden Beiträge und bereits vorhandene Informationen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Netzwerks der Gleichstellungsstellen (Equinet), der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA), der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), der Gleichstellungsstellen, der Zivilgesellschaft und des Europäisches Netzes von Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten für Geschlechtergleichstellung und Nichtdiskriminierung berücksichtigt. Auch die bewährten Verfahren, die Gegenstand des von der Kommission und der schwedischen Regierung im Juni 2019 gemeinsam organisierten Seminars zum Austausch bewährter Verfahren waren, wurden herangezogen.
Die Kommission stützte sich auf zusätzliche Quellen des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) und des Europäischen Netzes der nationalen Menschenrechtsinstitutionen (ENNHRI), um Belege zur Unterstützung des Analysedokuments zu sammeln.
Ferner wurden die Ergebnisse einer Studie über mögliche Lücken im rechtlichen Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft berücksichtigt, die gemäß dem Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Studie wurden mögliche Lücken in den in der Rassismusbekämpfungsrichtlinie festgelegten Schutzmechanismen, einschließlich der Rolle der Gleichstellungsstellen, untersucht.
Die Studie bestätigte, dass die Gleichstellungsstellen als (sehr) wichtiger Schutzmechanismus zur Bekämpfung von Diskriminierung wahrgenommen werden. Die Befragten der im Rahmen der Studie durchgeführten gezielten Umfrage bestätigten diese Feststellung. Dabei wurde festgestellt, dass Gleichstellungsstellen – angesichts ihrer Zuständigkeiten, insbesondere, wenn diese ausgeweitet werden – die Wirksamkeit anderer Schutzmechanismen verbessern könnten. Zu den Schutzmechanismen, die zur Verhütung von und zum Schutz vor Diskriminierung beitragen können, gehören neben der Rolle der Gleichstellungsstellen auch Bestimmungen über Rechtsschutz und Viktimisierung, Sanktionen, positive Maßnahmen und der Dialog. In der Studie wurden einige mögliche Lücken in Bezug auf diese bestehenden Mechanismen (z. B. Sanktionen, Rechtsschutz) und Mechanismen/Maßnahmen ermittelt, die den Einsatz proaktiverer/präventiverer Ansätze bei der Bekämpfung von Diskriminierung ermöglichen könnten (z. B. nationale Aktionspläne, Gleichstellungspflichten, Erhebung von Daten zur Gleichstellung). Dabei wurde eine bedeutendere Rolle für die Gleichstellungsstellen in Bezug auf Folgendes empfohlen:
a)Information, Sensibilisierung, Beratung und Schulung,
b)Rechtsschutz einschließlich Untersuchungs- und Prozessführungsbefugnissen, alternative Streitbeilegung und Sanktionen,
c)Nutzung von Daten zur Gleichstellung,
d)Dialog, Kooperation und Zusammenarbeit,
e)positive Maßnahmen/Gleichstellungspflichten.
•Konsultation der Interessenträger
Zur Vorbereitung dieser Legislativinitiative wurden zahlreiche Konsultationen durchgeführt. Neue EU-Maßnahmen in diesem Bereich werden von den Interessenträgern nachdrücklich unterstützt.
Insgesamt haben 182 Personen auf die öffentliche Konsultation geantwortet. Der Auftragnehmer führte rund 100 Befragungen durch und erhielt 84 Antworten auf spezifische Online-Umfragen. Insgesamt 239 Interessenträger nahmen an drei Workshops und einer Abschlusskonferenz teil, um über Kernthemen und mögliche Maßnahmen zu diskutieren. Parallel dazu organisierte die Kommission vier Sitzungen zur Unterrichtung und Konsultation der Vertreter der Mitgliedstaaten. Außerdem wurden regelmäßig Präsentationen von Interessenträgern durchgeführt.
Diese Aktivitäten richteten sich an ein sehr breites Spektrum von Interessenträgern, um alle interessierten Parteien zu erreichen und ihre Beiträge und Meinungen einzuholen. Unter anderem wurden die folgenden Interessenträger konsultiert: alle Gleichstellungsstellen, das Equinet, die FRA und das EIGE, Vertreter aller Mitgliedstaaten auf Ministerialebene, führende Wissenschaftler und Experten auf dem Gebiet der Diskriminierungsbekämpfung, Organisationen der Zivilgesellschaft, Sozialpartner einschließlich Vertretern der Arbeitgeber auf EU-Ebene sowie in der EU ansässige Personen (EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie Drittstaatsangehörige).
Am 24. Mai 2022 organisierte Kommissarin Dalli einen jugendpolitischen Dialog mit dem Titel „Equality bodies that work for all of us“ (Gleichstellungsstellen, die sich für alle einsetzen) mit jungen Aktivisten im Bereich der Gleichstellung. Diese Veranstaltung fand im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend 2022 statt und diente dazu, die Konsultationsaktivitäten im Vorfeld dieses Vorschlags zu erweitern. Die Teilnehmer bestätigten, dass sich nur wenige junge Menschen bei einer Verletzung ihrer Rechte an eine Gleichstellungsstelle wenden würden. Sie betonten die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Gleichstellungsstellen und Jugendorganisationen, auch an der Basis.
Der Vorschlag, neue EU-Vorschriften zur Lösung der oben genannten Probleme zu erlassen, fand im Rahmen der Konsultation eine überwältigende Unterstützung. So äußerten beispielsweise 97,2 % der Teilnehmer an der öffentlichen Konsultation, dass die Einrichtung starker und wirksamer Gleichstellungsstellen (sehr) wichtig sei. Die Interessenträger sprachen sich für EU-Vorschriften in folgenden Bereichen aus:
·Unabhängigkeit (einschließlich transparenter und kompetenzbasierter Auswahl der Leitung und haushaltspolitische Unabhängigkeit),
·ausreichende Ressourcen (Humanressourcen, finanzielle Mittel und geeignete Räumlichkeiten),
·Abdeckung aller Diskriminierungsgründe und -bereiche, die unter die Gleichstellungsrichtlinien fallen,
·einfache Einreichung von Beschwerden und Barrierefreiheit,
·Prozessführungs- und Untersuchungsbefugnisse für alle Gleichstellungsstellen,
·Durchsetzung von verbindlichen Entscheidungen der Gleichstellungsstellen und Möglichkeit der Verhängung von Sanktionen,
·Sensibilisierung der allgemeinen Bevölkerung und diskriminierungsgefährdeter Gruppen für die Existenz von Gleichstellungsstellen,
·Förderung der Gleichstellung und Verhütung von Diskriminierung,
·Erhebung von Daten durch Gleichstellungsstellen über ihre Aktivitäten und Zugang zu von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen erhobenen Daten zur Gleichstellung, mit dem Ziel, regelmäßige Berichte zu erstellen,
·Koordinierung und Zusammenarbeit mit Behörden, Interessenträgern (z. B. Organisationen der Zivilgesellschaft und Sozialpartnern) und internationalen bzw. EU-Gremien.
Die Interessenträger sprachen sich für die ehrgeizigsten Optionen in den oben genannten Bereichen aus. Nach Ansicht einer großen Mehrheit der Interessenträger sollten die künftigen Rechtsvorschriften den Mitgliedstaaten die Verantwortung dafür übertragen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Gleichstellungsstellen ihre Rolle in vollem Umfang wahrnehmen können, da diese ohne die entsprechenden Mittel und Befugnisse ihre Ziele nicht wirksam erreichen können.
Gleichzeitig betonten sie, dass bei der Verabschiedung strengerer verbindlicher Mindeststandards für Gleichstellungsstellen der Vielfalt der Rechtstraditionen in den Mitgliedstaaten Rechnung getragen und deren institutionelle Autonomie geachtet werden sollte. Die folgenden Elemente wurden in diesem Zusammenhang als wichtig hervorgehoben:
·Die Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu erlassen (gerichtsähnliche Funktion), sollte nicht allen Gleichstellungsstellen übertragen werden; stattdessen sollten die Mitgliedstaaten entscheiden können, ob sie den Gleichstellungsstellen die Befugnis, verbindliche Entscheidungen zu erlassen, übertragen und wie sie deren Wirksamkeit am besten gewährleisten.
·Ein zentralisiertes Zulassungssystem für Gleichstellungsstellen mit Peer-Reviews sollte zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingerichtet werden; stattdessen sollte eine regelmäßige Überwachung durch die Kommission anhand einer Liste von Indikatoren eine Bewertung ermöglichen, inwieweit die Ziele der Initiative erreicht und ihre Anforderungen von den Mitgliedstaaten erfüllt wurden.
·Um die Dienste der Gleichstellungsstellen allen potenziellen Opfern zugänglich zu machen, ist ein gewisses Maß an Flexibilität wichtig, was die physische Präsenz der Gleichstellungsstellen im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten betrifft (z. B. sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, diese Präsenz nach eigenem Ermessen zu organisieren, etwa durch ein festes Netz von Büros, regelmäßige Besuche vor Ort („mobile Büros“) oder die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft.
·Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass die Gleichstellungsstellen über das geeignete Mandat, die Voraussetzungen und die Instrumente zur Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen, ohne ihnen vorzuschreiben, wie sie diese in einem bestimmten Fall zu erfüllen haben (z. B. könnten sie die Befugnis haben, in einem Gerichtsverfahren tätig zu werden, müssten aber nicht dazu verpflichtet sein).
Alle genannten Punkte wurden geprüft und in diesem Vorschlag berücksichtigt.
•Grundrechte
Die Ziele dieses Vorschlags stehen im Einklang mit der Charta und sollen deren Anwendung unterstützen, insbesondere Artikel 21, der jegliche Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verbietet, sowie Artikel 23, nach dem „die Gleichheit von Frauen und Männern … in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen“ ist. In Artikel 26 wird der Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft anerkannt.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Die Initiative verursacht keine zusätzlichen Kosten für die Europäische Kommission und ihre Agenturen. Zur Überwachung der Durchführung dieser Richtlinie würden die FRA und das EIGE einschlägige Daten sammeln und auswerten. Diese Art von Aufgaben ist bereits durch die bestehenden Mandate der FRA und des EIGE abgedeckt und kann ohne zusätzliche Ressourcen durchgeführt werden.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Inkrafttreten umsetzen und der Kommission ihre Umsetzungsmaßnahmen mitteilen.
Um zu bewerten, wie wirksam diese Initiative ihre Ziele erreicht, werden die Mitgliedstaaten alle fünf Jahre über ihre Durchführung berichten, und die Kommission wird auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Informationen und der Daten, die von der FRA und dem EIGE anhand einer Liste von Indikatoren, die von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit diesen Agenturen und Equinet erstellt wird, erhoben werden, einen Durchführungsbericht verabschieden. Die Kommission plant die Einsetzung einer Expertengruppe, die die Mitgliedstaaten zu diesen Indikatoren konsultieren soll.
•Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Artikel 1 – Zweck, Gegenstand und Anwendungsbereich
In dieser Bestimmung werden Zweck, Gegenstand und Anwendungsbereich der Richtlinie festgelegt. Es wird präzisiert, dass die Mindestanforderungen der Richtlinie für Gleichstellungsstellen im Anwendungsbereich der Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG gelten.
Artikel 2 – Benennung von Gleichstellungsstellen
Dieser Artikel sieht vor, dass die Mitgliedstaaten eine oder mehrere Gleichstellungsstellen benennen, die Diskriminierung im Anwendungsbereich der Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG bekämpfen sollen. Er entspricht den inhaltsgleichen Bestimmungen der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG.
Auch wenn inzwischen alle Mitgliedstaaten Gleichstellungsstellen benannt haben, muss die Verpflichtung zur Benennung und Einrichtung von mindestens einer solchen Stelle in der neuen Richtlinie aufrechterhalten werden, da die derzeitigen Bestimmungen gestrichen werden.
Die Bestimmungen der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG, in denen die Zuständigkeiten oder Aufgaben der Gleichstellungsstellen festgelegt sind, werden ebenfalls gestrichen. Sie sind zusammen mit folgenden neuen Zuständigkeiten und Aufgaben in diese Richtlinie aufgenommen worden:
·Unabhängigkeit: Artikel 3
·Unterstützung von Diskriminierungsopfern: Artikel 6 bis 9
·Stellungnahmen und Empfehlungen: Artikel 8, 13 und 14
·Erhebungen und Berichte: Artikel 14 und 15
·Zusammenarbeit: Artikel 12
Artikel 3 – Unabhängigkeit
Unabhängigkeit ist ein wesentliches Merkmal, mit dem das ordnungsgemäße Funktionieren der Gleichstellungsstellen und die Erfüllung ihres Auftrags gewährleistet werden soll.
In dieser Bestimmung wird eine allgemeine Verpflichtung der Gleichstellungsstellen zur Unabhängigkeit eingeführt, während sie nach den Bestimmungen der Gleichstellungsrichtlinien nur dazu verpflichtet sind, im Rahmen der Ausübung ihrer Zuständigkeiten unabhängig zu handeln.
Besondere Anforderungen, die zu dieser Unabhängigkeit beitragen und/oder sie gewährleisten, sind in dieser Bestimmung aufgeführt. Sie betreffen die rechtliche Struktur, die Rechenschaftspflicht, den Haushalt, die Personalausstattung, organisatorische Angelegenheiten von Gleichstellungsstellen und die für ihr Personal und ihre Führungskräfte geltenden Vorschriften, um deren Kompetenz und Unabhängigkeit zu gewährleisten.
Ferner müssen die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung sicherstellen, dass die interne Struktur der Gleichstellungsstellen die unabhängige Ausübung ihres Mandats und ihrer Zuständigkeiten gewährleistet. Von der (internen) Struktur der Gleichstellungsstellen hängt ab, ob sie in der Lage sind, ihre Zuständigkeiten wirksam auszuüben und ihre Aufgaben wirksam zu erfüllen. Zum Beispiel hat die Gleichstellungsstelle unparteiisch zu handeln, wenn in einem Fall eine Entscheidung zu treffen oder eine Stellungnahme abzugeben ist, während sie bei der Unterstützung von Opfern möglicherweise auf deren Seite stehen muss.
Einige Gleichstellungsstellen sind Teil größerer Einrichtungen, die mehrere Mandate haben, wie etwa NMRI oder Ombudsleute. In diesen Fällen kann es zu Konflikten zwischen den verschiedenen Mandaten kommen, was die Ressourcen – insbesondere, wenn das Gleichstellungsmandat den anderen Mandaten hinzugefügt wurde – und die Ausübung von Befugnissen betrifft. So müssen beispielsweise Ombudsleute in der Regel unparteiisch handeln, was nicht immer mit der Unterstützung von Opfern, auch vor Gericht, vereinbar ist.
Diese Spannungen können dadurch gelöst werden, dass die Stelle eine geeignete Struktur erhält, in der diese Befugnisse und/oder Mandate von speziellen Abteilungen oder Bediensteten ausgeübt werden, d. h. durch Einrichtung struktureller „Brandmauern“.
Artikel 4 – Ressourcen
Angemessene Ressourcen sind eine Vorbedingung für das wirksame Funktionieren der Gleichstellungsstellen und die Erfüllung ihres Auftrags.
In dieser Bestimmung wird eine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten eingeführt, die Gleichstellungsstellen mit ausreichenden Ressourcen auszustatten, damit diese alle ihre Aufgaben wirksam erfüllen und alle ihre Zuständigkeiten wirksam ausüben können. Ferner werden die Umstände und/oder Bereiche aufgeführt, die die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der finanziellen Ressourcen berücksichtigen müssen: eine Erweiterung der Zuständigkeiten oder Aufgaben, die Erforderlichkeit besonderen Fachwissens für die Nutzung automatisierter Systeme, um potenziellen Diskriminierungsrisiken zu begegnen, eine ausreichende Reserve für möglicherweise schwer vorherzusehende Prozesskosten und die Struktur der Gleichstellungsstelle als Teil einer mit mehreren Mandaten betrauten Stelle.
Artikel 5 – Prävention, Förderung und Sensibilisierung
Der Kampf gegen Diskriminierung beginnt damit, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um sie zu verhindern. Die in den bestehenden Gleichstellungsrichtlinien vorgesehenen Schutzmechanismen sind im Wesentlichen zurückschauend (nach einem Fall von Diskriminierung), individualisiert und opferzentriert. Die Richtlinien enthalten keine umfassenden Präventionsmechanismen, und Prävention gehörte ursprünglich nicht ausdrücklich zu den Aufgaben der Gleichstellungsstellen.
Was die Förderung der Gleichbehandlung betrifft, so wurden Gleichstellungsstellen zunächst in der Richtlinie 2000/43/EG als „mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen“ und dann in späteren Gleichstellungsrichtlinien als „Stellen für die Analyse, Beobachtung und Unterstützung der Gleichbehandlung“ bezeichnet. Ihre Rolle bei der Förderung der Gleichbehandlung war daher stets offensichtlich, wurde aber in den Richtlinien nie ausdrücklich genannt.
In dieser Bestimmung wird nun die Rolle der Gleichstellungsstellen bei der Förderung der Gleichbehandlung und bei der eng damit verbundenen Prävention von Diskriminierung präzisiert. Ziel dieser Richtlinie ist es, sie als öffentliche Einrichtungen zu organisieren, die für die Förderung von Wissen und den Kapazitätsaufbau bei öffentlichen und privaten Einrichtungen in Gleichbehandlungsangelegenheiten zuständig sind, damit ein (erneutes) Auftreten von Diskriminierung verhindert wird.
Diese Bestimmung soll auch sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten eine Strategie verabschieden, mit der der geringe Bekanntheitsgrad der Gleichstellungsrechte und der von den Gleichstellungsstellen bereitgestellten Dienste unter Berücksichtigung der Besonderheiten der verschiedenen Zielgruppen angegangen wird.
Artikel 6 – Unterstützung von Opfern
In dieser Bestimmung wird festgelegt, wie die Gleichstellungsstellen Opfer bei Eingang von deren Beschwerden unterstützen müssen, indem sie sachdienliche, gezielte Informationen über den rechtlichen Rahmen, die verfügbaren Rechtsbehelfe, die von der Gleichstellungsstelle angebotenen Dienste, die geltenden Vertraulichkeitsvorschriften, den Schutz personenbezogener Daten und die Möglichkeiten, psychologische Unterstützung zu erhalten (auch wenn die Gleichstellungsstellen selbst für diese Unterstützung nicht zuständig sind), bereitstellen.
Die Gleichstellungsstellen können Informationen sammeln, die von den Beteiligten freiwillig übermittelt werden. Sie müssen eine vorläufige Prüfung aller Beschwerden vornehmen und die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer über ihre Einschätzung und die von ihnen vorgeschlagenen Folgemaßnahmen informieren. Je nach ihrer Einschätzung des Falls können sie eine Folgemaßnahme nach den Artikeln 7, 8 und 9 auswählen und der Beschwerdeführerin oder dem Beschwerdeführer vorschlagen.
Artikel 7 – Gütliche Beilegung
Dieser Artikel verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Möglichkeit einer gütlichen Streitbeilegung unter Leitung der Gleichstellungsstelle selbst oder einer anderen bestehenden speziellen Einrichtung vorzusehen, sofern alle Parteien zustimmen, sich an einem solchen Prozess zu beteiligen. Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, die Modalitäten des Prozesses nach nationalem Recht festzulegen.
Artikel 8 – Stellungnahmen und Entscheidungen
Nach dieser Bestimmung können die Gleichstellungsstellen aufgrund einer Beschwerde oder von sich aus mögliche Fälle von Diskriminierung untersuchen und eine begründete Stellungnahme (unverbindlich) oder Entscheidung (verbindlich) erlassen. Wenn die von den Beteiligten freiwillig übermittelten Informationen bereits ausreichen, können sie solche Stellungnahmen oder Entscheidungen erlassen, ohne weitere Informationen einzuholen. Alle Parteien sollten über angemessene Rechte in Bezug auf ein faires Verfahren, einschließlich des Anspruchs auf rechtliches Gehör, verfügen.
Bisher waren die Gleichstellungsstellen dafür zuständig, Empfehlungen zu allen Aspekten auszusprechen, die mit Diskriminierung in Zusammenhang stehen. Der Begriff „Empfehlung“ wurde in dieser Richtlinie beibehalten, um auf politische Empfehlungen nach den Artikeln 13, 14 und 15 Bezug zu nehmen. Einige Gleichstellungsstellen haben von dieser Zuständigkeit auch Gebrauch gemacht, um „Empfehlungen“ in Einzelfällen auszusprechen. Um diese beiden Situationen zu unterscheiden, wird in dieser Richtlinie der Begriff „Stellungnahme“ verwendet, um auf die Zuständigkeit der Gleichstellungsstellen für Schlussfolgerungen in Einzelfällen Bezug zu nehmen. Diese Stellungnahmen sind nicht rechtsverbindlich.
Einige Gleichstellungsstellen sind – nach nationalen Vorschriften – befugt, verbindliche Entscheidungen zu erlassen, wenn die Mitgliedstaaten dies bestimmen. Es ist zwar nicht Ziel dieser Richtlinie, diese Befugnis allen Gleichstellungsstellen in allen Mitgliedstaaten zu übertragen, sie trägt jedoch den Fällen Rechnung, in denen Gleichstellungsstellen nach nationalen Vorschriften über solche Befugnisse verfügen, und zielt darauf ab, die Durchsetzung verbindlicher Entscheidungen zu gewährleisten.
Wenn ein Fall von Diskriminierung vorliegt, ist eine Stellungnahme oder eine Entscheidung ein Mittel, um die Diskriminierung zu beenden, aber auch eine Möglichkeit, um das Auftreten ähnlicher Fälle zu verhindern. Die Gleichstellungsstellen werden verpflichtet, gegebenenfalls neben konkreten Abhilfemaßnahmen Präventionsmaßnahmen in ihre Stellungnahmen und Entscheidungen aufzunehmen.
Um die Umsetzung der Stellungnahmen oder Entscheidungen zu fördern und nachzuverfolgen, müssen die Mitgliedstaaten geeignete Mechanismen für Folgemaßnahmen zu Stellungnahmen, z. B. Rückmeldepflichten, und für die Durchsetzung von Entscheidungen einrichten.
Artikel 9 – Rechtsstreitigkeiten
Mit diesem Artikel werden den Gleichstellungsstellen Prozessführungsbefugnisse übertragen, damit sie dafür sorgen können, dass der in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG verankerte Grundsatz der Gleichbehandlung eingehalten wird.
Die Prozessführungsbefugnisse ermöglichen es den Gleichstellungsstellen, Opfer beim Zugang zur Justiz konkret zu unterstützen, aber auch, durch strategische Klagen die gerichtliche Auslegung von Vorschriften und soziale Veränderungen zu erwirken. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass sie im eigenen Namen, im öffentlichen Interesse, ohne ein namhaft gemachtes Opfer und zur Unterstützung oder im Namen mehrerer Opfer handeln können. Diese Prozessführungsbefugnisse werden durch die Möglichkeit, vor Gericht (z. B. als Amicus Curiae) mündliche oder schriftliche Erklärungen abzugeben, sinnvoll ergänzt, da dies für die Gleichstellungsstellen weniger ressourcenintensiv ist, sie den Gerichten aber dennoch ihre fachkundigen Stellungnahmen vorlegen können.
Diese Bestimmung gewährleistet auch, dass das Recht der Gleichstellungsstellen, vor Gericht aufzutreten, mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und der Waffengleichheit im Einklang steht. Die Gleichstellungsstelle darf in Verfahren keine Beweismittel vorlegen, zu deren Bereitstellung der mutmaßliche Täter oder ein Dritter in früheren Untersuchungen in demselben Fall rechtlich verpflichtet war. Dies gilt nicht, wenn die Gleichstellungsstelle als Partei in einem Verfahren zur Vollstreckung oder gerichtlichen Überprüfung einer von ihr selbst erlassenen Entscheidung oder als Amicus Curiae handelt.
Artikel 10 – Verfahrensgarantien
Die Verfahren nach den Artikeln 6 bis 9 müssen hinsichtlich der Verteidigungsrechte, der Vertraulichkeit und der gerichtlichen Überprüfung von geeigneten Verfahrensgarantien für die beteiligten natürlichen und juristischen Personen ausgestaltet werden. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, solche Garantien im Einklang mit den nationalen Vorschriften festzulegen.
Artikel 11 – Zugang, Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen
Um alle Diskriminierungsopfer unterstützen zu können, ist es unerlässlich, dass die Gleichstellungsstellen für alle Menschen barrierefrei zugänglich sind und dass sie ihre Dienste Beschwerdeführern im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten, kostenlos erbringen. Diese Bestimmung schreibt auch die Barrierefreiheit aller Dienste sowie angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen vor.
Artikel 12 – Zusammenarbeit
Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist für die Gleichstellungsstellen unerlässlich, um Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung fördern, in voller Kenntnis der Sachlage arbeiten und ihre Tätigkeit mit der anderer Einrichtungen abstimmen zu können.
Artikel 13 – Konsultation
Diese Bestimmung soll durch die Einführung zügiger, transparenter Verfahren sicherstellen, dass die Gleichstellungsstellen von der Regierung und anderen öffentlichen Institutionen regelmäßig zu öffentlichen Maßnahmen konsultiert werden, bei denen es um Fragen der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung geht. Sie ermöglicht es den Gleichstellungsstellen auch, Empfehlungen zu solchen öffentlichen Maßnahmen auszusprechen; über diese Zuständigkeit verfügen die Gleichstellungsstellen bereits seit ihrer Einrichtung nach EU-Recht. Diese Bestimmung trägt somit dazu bei, ihre Rolle als öffentliche Sachverständige für Fragen der Gleichbehandlung zu stärken.
Artikel 14 – Erhebung von Daten und Zugang zu Gleichstellungsdaten
Gegenstand dieser Bestimmung sind i) die Verpflichtung der Gleichstellungsstellen zur Erhebung von Daten über ihre Tätigkeiten, ii) die Befugnis der Gleichstellungsstellen zur Durchführung von Erhebungen, iii) die Befugnisse der Gleichstellungsstellen zum Zugang zu und zur Verarbeitung von Statistiken, die von anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen erstellt wurden, und iv) die Möglichkeit, dass die Gleichstellungsstellen bei der Erhebung von Gleichstellungsdaten eine koordinierende Funktion übernehmen. Die Gleichstellungsstellen werden somit zur Erhebung von Gleichstellungsdaten beitragen, die in ihre eigenen Berichte, den Überwachungsbericht der Kommission nach Artikel 16 und das Wissen der Öffentlichkeit über Gleichbehandlung und Diskriminierung in den Mitgliedstaaten einfließen.
Zudem wird mit dieser Bestimmung sichergestellt, dass die Gleichstellungsstellen Empfehlungen zur Erhebung von Gleichstellungsdaten in den Mitgliedstaaten aussprechen können. Die Erhebung von Gleichstellungsdaten ist von zentraler Bedeutung für die Aufklärung und Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger, die Ermittlung des Ausmaßes von Diskriminierung, das Aufzeigen von Entwicklungen im Zeitverlauf, den Nachweis der Existenz von Diskriminierung, die Evaluierung der Umsetzung der Gleichstellungsvorschriften, den Nachweis der Notwendigkeit positiver Maßnahmen und einen Beitrag zu evidenzbasierter Politikgestaltung.
Artikel 15 – Berichte und strategische Planung
Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass die Gleichstellungsstellen regelmäßig ihre Arbeit planen und über diese und den Stand von Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung öffentlich Bericht erstatten. Durch die Bereitstellung von Daten zu ihren eigenen Tätigkeiten, zur Zahl der eingegangenen Beschwerden nach Gründen und Bereichen und zur Diskriminierung in den Mitgliedstaaten im Allgemeinen werden die Gleichstellungsstellen das Wissen der Öffentlichkeit über Diskriminierung und über ihre Arbeit fördern.
Dieses Wissen wiederum wird ihnen dabei helfen, fundierte Entscheidungen über die künftige Organisation ihrer Arbeit, ihre Prioritäten für die kommenden Jahre und den bestmöglichen Einsatz ihrer Ressourcen zu treffen.
Nach dieser Bestimmung wird die Kommission eine Liste gemeinsamer Indikatoren zur Überwachung der Durchführung dieser Richtlinie erstellen und einen Bericht über ihre Anwendung ausarbeiten. Bei der Ausarbeitung der Indikatoren kann die Kommission die FRA und das EIGE zurate ziehen. Die Liste der Indikatoren umfasst die Ressourcen, die unabhängige Arbeitsweise, die Tätigkeiten und die Wirksamkeit der Gleichstellungsstellen sowie etwaige Änderungen ihres Mandats, ihrer Befugnisse oder ihrer Struktur. Mitgliedstaaten und Interessenträger werden sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene konsultiert, und die vom Equinet entwickelten Indikatoren werden berücksichtigt.
Mit diesem Artikel werden die Mitgliedstaaten ferner verpflichtet, der Kommission alle fünf Jahre alle sachdienlichen Informationen über die Durchführung der Richtlinie auf der Grundlage der oben genannten Indikatoren zu übermitteln, damit die Kommission die Durchführung der Richtlinie überprüfen und ihren Durchführungsbericht ausarbeiten kann.
Artikel 17 – Mindestanforderungen
Es handelt sich um eine Standardbestimmung zur Sicherung des Schutzniveaus (Regressionsverbot), die für Mitgliedstaaten von Belang ist, die Rechtsvorschriften erlassen haben oder erlassen wollen, die ein höheres Schutzniveau vorsehen, als es durch die Richtlinie garantiert wird. Danach dürfen die Mitgliedstaaten die bestehenden Bedingungen für die Arbeit der Gleichstellungsstellen bei der Durchführung dieser Richtlinie nicht verschlechtern.
Artikel 18 – Verarbeitung personenbezogener Daten
Personenbezogene Daten, die von den Gleichstellungsstellen für die Erfüllung ihrer Aufgaben erhoben werden, beispielsweise bei der Bearbeitung einer Beschwerde, müssen im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung verarbeitet werden. In diesem Artikel ist festgelegt, dass die Gleichstellungsstellen personenbezogene Daten nur erheben dürfen, wenn dies für die Erfüllung einer Aufgabe nach dieser Richtlinie erforderlich ist. Wenn die Gleichstellungsstellen sensible personenbezogene Daten verarbeiten müssen, um eine ihrer Aufgaben zu erfüllen, müssen zusätzliche Garantien vorgesehen werden.
Artikel 19 – Streichung der derzeitigen Bestimmungen über Gleichstellungsstellen
Mit diesem Artikel werden die Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG geändert und die bestehenden Bestimmungen über Gleichstellungsstellen gestrichen, und es wird präzisiert, dass alle Bezugnahmen auf die gestrichenen Bestimmungen als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie gelten.
In Artikel 21 wird ferner der Tag des Inkrafttretens dieses Artikels festgelegt, um sicherzustellen, dass in der Arbeit der Gleichstellungsstellen keine Lücke entsteht.
Artikel 20 – Umsetzung
In diesem Artikel wird die Frist festgelegt, innerhalb deren die Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen und der Kommission den Wortlaut der einschlägigen Vorschriften übermitteln müssen. Diese Frist beträgt 18 Monate nach Inkrafttreten dieser Richtlinie.
Artikel 21 – Inkrafttreten
Dies ist eine Standardbestimmung, nach der die Richtlinie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft tritt. Ferner wird sichergestellt, dass die derzeitigen Bestimmungen über Gleichstellungsstellen so lange in Kraft bleiben, bis die neuen Bestimmungen Anwendung finden.
Artikel 22 – Adressaten
In dieser Standardbestimmung über die Adressaten wird klargestellt, dass diese Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.
2022/0401 (APP)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
über Standards für Gleichstellungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung von Personen ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, der Gleichbehandlung von Personen in Beschäftigung und Beruf ungeachtet ihrer Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung und ihrer sexuellen Ausrichtung sowie von Frauen und Männern im Bereich der sozialen Sicherheit und im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zur Streichung von Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 12 der Richtlinie 2004/113/EG
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 19 Absatz 1,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,
nach Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten,
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)In den Verträgen und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind das Recht auf Gleichheit und das Recht auf Nichtdiskriminierung als wesentliche Werte der Union verankert, und die Union hat bereits mehrere Richtlinien über das Diskriminierungsverbot erlassen.
(2)Gemäß Artikel 19 Absatz 1 AEUV kann der Rat unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verträge im Rahmen der durch die Verträge auf die Union übertragenen Zuständigkeiten im Wege eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.
(3)Mit der vorliegenden Richtlinie werden Mindestanforderungen an die Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen festgelegt, die ihre Wirksamkeit verbessern sollen und ihre Unabhängigkeit gewährleisten, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, wie er sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG des Rates ableitet, zu stärken.
(4)Die Richtlinie 79/7/EWG verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Bereich der sozialen Sicherheit.
(5)Die Richtlinie 2000/43/EG verbietet Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft.
(6)Die Richtlinie 2000/78/EG verbietet Diskriminierung, einschließlich Belästigung, aufgrund der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung, Beruf und Berufsbildung.
(7)Die Richtlinie 2004/113/EG verbietet Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
(8)In den Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten eine oder mehrere Stellen benennen, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung aus den in den jeweiligen Richtlinien genannten Gründen zu fördern, zu analysieren, zu beobachten und zu unterstützen (im Folgenden „Gleichstellungsstellen“). Darin werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass diese Stellen unter anderem dafür zuständig sind, die Opfer auf unabhängige Weise zu unterstützen, unabhängige Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen, unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspekten vorzulegen, die mit diesen Diskriminierungen in Zusammenhang stehen.
(9)Die Richtlinien 2006/54/EG und 2010/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sehen ferner die Benennung von Gleichstellungsstellen vor.
(10)Alle Mitgliedstaaten haben Gleichbehandlungsstellen nach Maßgabe der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG eingerichtet. Es wurde ein vielfältiges System von Gleichstellungsstellen eingerichtet und bewährte Verfahren haben sich entwickelt. Viele Gleichstellungsstellen stehen jedoch insbesondere was die Ressourcen, Unabhängigkeit und Befugnisse anbelangt, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, vor Herausforderungen.
(11)Die Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG lassen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Struktur und Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen einen großen Ermessensspielraum. Dies führt dazu, dass hinsichtlich Mandat, Befugnissen, Strukturen, Ressourcen und praktischer Arbeitsweise der in den Mitgliedstaaten eingerichteten Gleichstellungsstellen erhebliche Unterschiede bestehen. Dies wiederum bedeutet, dass der Schutz vor Diskriminierung von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ist.
(12)Wenngleich die Mitgliedstaaten durch die Richtlinien 79/7/EWG und 2000/78/EG nicht verpflichtet werden, Gleichstellungsstellen zu benennen, die sich mit den unter diese Richtlinien fallenden Angelegenheiten befassen, so sind diese Stellen in den meisten Mitgliedstaaten dafür zuständig, sofern dies nach nationalem Recht vorgesehen ist. Dies trifft jedoch nicht für alle Mitgliedstaaten zu, was zu Unterschieden im Niveau des Diskriminierungsschutzes in den von diesen Richtlinien erfassten Bereichen in der gesamten Union führt.
(13)Damit die Gleichbehandlungsstellen wirksam zur Durchsetzung der Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG beitragen können, indem sie die Gleichbehandlung fördern, Diskriminierung verhindern und allen von Diskriminierung betroffenen Einzelpersonen und Gruppen Unterstützung beim Zugang zur Justiz in der gesamten Union anbieten, ist es erforderlich, verbindliche Mindeststandards für die Arbeitsweise dieser Stellen festzulegen und ihr Mandat auf die unter die Richtlinien 79/7/EWG und 2000/78/EG fallenden Bereiche auszuweiten. Die neuen Standards sollten auf den aus der Anwendung der Empfehlung 2018/951 der Kommission resultierenden Erkenntnissen aufbauen, wobei einige ihrer Bestimmungen zugrunde gelegt und erforderlichenfalls neue Vorschriften festgelegt werden sollten. Sie sollten sich auch auf andere einschlägige Instrumente stützen, wie die von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) angenommene allgemeine politische Empfehlung Nr. 2 zu Gleichstellungsstellen und die von den Vereinten Nationen angenommenen Pariser Grundsätze, die für nationale Menschenrechtsinstitutionen gelten.
(14)Dieselben verbindlichen Mindeststandards für die Arbeitsweise der Gleichbehandlungsstellen in den unter die Richtlinien 2006/54/EG und 2010/41/EU fallenden Bereichen sind in der Richtlinie (EU).../... [über Mindeststandards für Gleichbehandlungsstellen im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen und zur Streichung von Artikel 20 der Richtlinie 2006/54/EG und Artikel 11 der Richtlinie 2010/41/EU] festgelegt.
(15)Diese Richtlinie sollte für Maßnahmen der Gleichbehandlungsstellen in den unter die Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG fallenden Bereichen gelten. Die Standards sollten nur die Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen betreffen und den sachlichen oder persönlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinien nicht ausweiten.
(16)Bei der Förderung der Gleichbehandlung, der Verhinderung von Diskriminierung und der Unterstützung von Diskriminierungsopfern sollten die Gleichbehandlungsstellen der Diskriminierung aus mehreren Gründen, wie sie durch die Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG geschützt sind, besondere Aufmerksamkeit widmen.
(17)Gleichstellungsstellen können ihre Rolle nur dann wirksam wahrnehmen, wenn sie völlig unabhängig ohne Beeinflussung von außen handeln können. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten eine Reihe von Kriterien berücksichtigen, die zur Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsstellen beitragen. Gleichstellungsstellen sollten nicht als Teil eines Ministeriums oder einer Stelle eingerichtet werden, die unmittelbar der Regierung untersteht. Mitarbeiter oder Personen in Führungspositionen – z. B. Mitglieder eines Leitungsorgans der Gleichstellungsstelle, Leiter der Gleichstellungsstelle, Stellvertreter oder in einer vorübergehenden Leitungsposition – sollten unabhängig und für ihre Position qualifiziert sein und in einem transparenten Verfahren gewählt werden. Gleichstellungsstellen sollten ihre eigenen Haushaltsmittel und Ressourcen verwalten können, unter anderem indem sie ihr eigenes Personal auswählen und verwalten, und ihre eigenen Prioritäten festlegen können.
(18)Um zu gewährleisten, dass die Gleichstellungsstellen alle ihre Zuständigkeiten ausüben und all ihre Aufgaben wahrnehmen können, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die interne Struktur der Gleichstellungsstellen die unabhängige Ausübung ihrer verschiedenen Zuständigkeiten ermöglicht. Besondere Aufmerksamkeit sollte Situationen gewidmet werden, in denen die Stellen sowohl unparteiisch sein als auch Opfer unterstützen müssen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Gleichstellungsstelle über verbindliche Entscheidungsbefugnisse verfügt, die Unparteilichkeit erfordern, oder wenn sie Teil einer mit mehreren Mandaten betrauten Stelle ist und ein anderes Mandat Unparteilichkeit erfordert. Eine interne Struktur mit einer strikten Trennung der einschlägigen Zuständigkeiten und Aufgaben sollte gewährleisten, dass die Gleichstellungsstelle diese Befugnisse wirksam ausüben kann.
(19)Fehlende angemessene Ressourcen sind ein zentrales Problem und hindern die Gleichstellungsstellen daran, ihre Aufgaben angemessen zu erfüllen. Die Mitgliedstaaten sollten daher dafür sorgen, dass Gleichstellungsstellen ausreichende Finanzmittel erhalten, qualifiziertes Personal einstellen können und über geeignete Räumlichkeiten und Infrastrukturen verfügen, um jede ihrer Aufgaben innerhalb einer angemessenen Frist und innerhalb der im nationalen Recht festgelegten Fristen wirksam wahrnehmen zu können. Sie sollten außer im Falle einer Ausweitung der Zuständigkeiten, die auf mehrjähriger Grundlage geplant ist, über eine solide Mittelzuweisung verfügen, mit der sie auch Kosten decken können, die möglicherweise schwer vorherzusehen sind, wie z. B. im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten. Damit sichergestellt ist, dass die Gleichstellungsstellen über ausreichende Mittel verfügen, sollten beispielsweise ihre Haushaltsmittel nicht wesentlich stärker gekürzt werden als die durchschnittlichen Kürzungen bei anderen öffentlichen Einrichtungen; ebenso sollte ihr jährliches Wachstum zumindest an den durchschnittlichen Finanzierungszuwachs anderer Unternehmen gekoppelt sein. Die Ressourcen sollten proportional aufgestockt werden, wenn sich die Aufgaben und das Mandat der Gleichstellungsstellen erweitern.
(20)Automatisierte Systeme, einschließlich künstlicher Intelligenz, sind ein nützliches Instrument zur Ermittlung von Diskriminierungsmustern, aber algorithmische Diskriminierung birgt auch Risiken. Gleichstellungsstellen sollten daher Zugang zu qualifizierten Mitarbeitern oder Diensten haben, die in der Lage sind, einerseits automatisierte Systeme für ihre Arbeit zu nutzen und andererseits zu bewerten, ob diese die Nichtdiskriminierungsvorschriften einhalten. Besondere Aufmerksamkeit sollte darauf gelegt werden, dass Gleichstellungsstellen entweder direkt oder im Wege der Vergabe von Unteraufträgen mit geeigneten digitalen Ressourcen ausgestattet werden.
(21)Den Gleichstellungsstellen kommt neben anderen Akteuren eine Schlüsselrolle bei der Prävention von Diskriminierung und der Förderung der Gleichstellung zu. Um die strukturellen Aspekte der Diskriminierung anzugehen und zum sozialen Wandel beizutragen, sollten sie Gleichstellungspflichten, bewährte Verfahren, positive Maßnahmen und die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung bei öffentlichen und privaten Einrichtungen fördern und diesen einschlägige Schulungen, Informationen, Beratung und Unterstützung anbieten. Sie sollten mit öffentlichen und privaten Einrichtungen und diskriminierungsgefährdeten Gruppen kommunizieren und sich an der öffentlichen Debatte beteiligen, um Stereotypen zu bekämpfen und das Bewusstsein für Vielfalt und deren Vorteile als zentrale Säule der Gleichstellungsstrategien der Union zu schärfen.
(22)Eine zentrale Aufgabe der Gleichstellungsstellen ist neben der Prävention die Unterstützung von Diskriminierungsopfern. Diese Unterstützung sollte stets die Bereitstellung wichtiger Informationen für Beschwerdeführer und eine vorläufige Bewertung ihrer Beschwerde auf der Grundlage der ersten Informationen, die von den Parteien auf freiwilliger Basis eingeholt wurden, vorsehen. Die Mitgliedstaaten sollten für die Festlegung der Modalitäten zuständig sein, die für diese Bewertung durch die Gleichstellungsstellen gelten, wie z. B. der Zeitrahmen des Verfahrens oder Verfahrensgarantien gegen wiederholte oder missbräuchliche Beschwerden.
(23)Um sicherzustellen, dass alle Opfer Beschwerde einreichen können, sollte es möglich sein, Beschwerden auf unterschiedlichem Wege einzureichen. Die Mitgliedstaaten sollten auch der Empfehlung 2018/951 der Kommission gebührend Rechnung tragen, die vorsieht, dass die Einreichung von Beschwerden nach Wahl des Beschwerdeführers in einer üblichen Sprache des Mitgliedstaats, in der die Gleichbehandlungsstelle ihren Sitz hat, möglich sein sollte. Um die Angst vor Repressalien als eine Ursache für die unzureichende Anzeige anzugehen und unbeschadet der Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sollte Zeugen und Hinweisgebern und, soweit möglich auch Beschwerdeführern, Vertraulichkeit gewährt werden.
(24)Im Hinblick auf eine rasche und erschwingliche außergerichtliche Streitbeilegung sollten die Mitgliedstaaten den Parteien eine gütliche Streitbeilegung durch die Gleichbehandlungsstelle oder eine andere bestehende spezielle Einrichtung ermöglichen. Die Verfahrensmodalitäten für eine gütliche Beilegung sollten sie nach nationalem Recht festlegen.
(25)Wenn die Gleichbehandlungsstellen einen möglichen Verstoß gegen den in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG oder 2004/113/EG verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung vermuten, können sie aufgrund einer Beschwerde oder von sich aus weitere Maßnahmen ergreifen.
(26)Beweise sind entscheidend dafür, um festzustellen, ob ein Fall von Diskriminierung vorliegt, und liegen oftmals in den Händen des mutmaßlichen Täters. Gleichbehandlungsstellen sollten daher Zugang zu den Informationen erhalten, die für die Feststellung von Diskriminierung erforderlich sind, und mit den zuständigen öffentlichen Stellen – wie Arbeitsaufsichtsbehörden oder Bildungsaufsichtsbehörden – zusammenarbeiten. Im Einklang mit den nationalen Vorschriften und Verfahren sollten die Mitgliedstaaten einen geeigneten Rahmen für die Ausübung dieser Zuständigkeit schaffen.
(27)Auf der Grundlage der freiwillig oder im Rahmen einer Untersuchung erhobenen Beweise sollten die Gleichbehandlungsstellen dem Beschwerdeführer und dem mutmaßlichen Täter ihre Bewertung übermitteln. Die Mitgliedstaaten sollten den rechtlichen Stellenwert dieser Bewertung bestimmen; dabei kann es sich um eine unverbindliche Stellungnahme oder einen verbindlichen vollstreckbaren Beschluss handeln. In beiden sollten die Gründe für die Bewertung und erforderlichenfalls Maßnahmen zur Behebung eines festgestellten Verstoßes und zur Verhinderung von Wiederholungen angegeben werden. Um zu gewährleisten, dass die Gleichstellungsstellen wirksam arbeiten, sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zur Weiterverfolgung von Stellungnahmen und zur Durchsetzung von Entscheidungen ergreifen.
(28)Zur Förderung ihrer Arbeit und des Gleichstellungsrechts sollten Gleichstellungsstellen eine Zusammenfassung ihrer Stellungnahmen und Entscheidungen veröffentlichen können, ohne jedoch personenbezogene Daten offenzulegen.
(29)Gleichbehandlungsstellen sollten befugt sein, in zivil- oder verwaltungsrechtlichen Gerichtsverfahren tätig zu werden, um zur Einhaltung des in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung beizutragen. Wenngleich diese Gerichtsverfahren dem nationalen Verfahrensrecht, einschließlich den nationalen Vorschriften über die Zulässigkeit von Klagen, unterliegen sollten, so dürfen diese Vorschriften und insbesondere die Voraussetzung des berechtigten Interesses nicht so angewendet werden, dass die Gleichstellungsstellen daran gehindert werden, ihr Recht zu Handeln wirksam wahrzunehmen. Die den Gleichstellungsstellen durch diese Richtlinie übertragenen Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse sowie das ihnen übertragene Recht, in Gerichtsverfahren tätig zu werden, werden die praktische Umsetzung der derzeitigen Bestimmungen der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG über die Beweislast und den Rechtsschutz erleichtern. Unter den in dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen können die Gleichstellungsstellen Tatsachen feststellen, „die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen“, und somit die Voraussetzungen des Artikels 8 der Richtlinie 2000/43/EG, des Artikels 10 der Richtlinie 2000/78/EG und des Artikels 9 der Richtlinie 2004/113/EG erfüllen. Durch ihre Unterstützung wird den Opfern somit der Zugang zur Justiz erleichtert.
(30)Die Klagebefugnis ermöglicht es den Gleichstellungsstellen, im Namen oder zur Unterstützung der Opfer tätig zu werden, sodass Opfer, die häufig von verfahrensrechtlichen und finanziellen Hürden oder Angst vor Viktimisierung abgeschreckt werden, Zugang zur Justiz erhalten. Die Klagebefugnis ermöglicht es den Gleichstellungsstellen auch, die Fälle, die sie vor nationalen Gerichten verfolgen wollen, strategisch auszuwählen, und zur korrekten Auslegung und Anwendung der Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung beizutragen.
(31)Einige Fälle von Diskriminierung lassen sich schwer bekämpfen, da es keinen Beschwerdeführer gibt, der den Fall selbst verfolgt. In seinem Urteil in der Rechtssache C-54/07 (Feryn), das von einer Gleichstellungsstelle in eigenem Namen angestrengt wurde, bestätigte der Gerichtshof, dass Diskriminierung auch dann vorliegt, wenn es kein identifizierbares Opfer gibt. Daher ist es wichtig, dass Gleichstellungsstellen in eigenem Namen tätig werden können, um das öffentliche Interesse zu schützen.
(32)Ferner sollten Gleichbehandlungsstellen mündliche oder schriftliche Erklärungen bei den Gerichten einreichen können – z. B. als Amicus Curiae – um auf einfacherem Wege Fälle mit ihrem Sachverständigengutachten zu unterstützen.
(33)Das Recht der Gleichstellungsstellen, vor Gericht tätig zu werden, muss den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und der Waffengleichheit entsprechen. Daher sollte es der Gleichstellungsstelle – außer in Fällen, in denen sie als Partei in einem Verfahren zur Vollstreckung oder gerichtlichen Überprüfung einer eigenen Entscheidung oder als Amicus Curiae handelt – nicht gestattet sein, in Gerichtsverfahren Beweismittel vorzulegen, die im Rahmen früherer Ermittlungen in derselben Sache erlangt wurden und zu deren Vorlage der mutmaßliche Täter oder Dritte rechtlich verpflichtet war.
(34)Um die Wahrung der Rechte des Einzelnen zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten die Befugnisse der Gleichbehandlungsstellen mit geeigneten Verfahrensgarantien ausgestalten und sicherstellen, dass zentrale Grundsätze wie das Recht auf Verteidigung, das Recht auf gerichtliche Überprüfung und das Recht auf Vertraulichkeit angemessen geschützt werden.
(35)Die Bestimmungen über das Recht der Gleichstellungsstellen, in Gerichtsverfahren tätig zu werden, berühren nicht die Rechte von Opfern und von Vereinigungen, Organisationen oder anderen juristischen Personen, die die Rechte von Opfern durchsetzen, die gemäß den in ihrem nationalen Recht festgelegten Kriterien ein berechtigtes Interesse daran haben, die Einhaltung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG gemäß diesen Richtlinien zu gewährleisten.
(36)Ein wirksames Arbeiten der Gleichstellungsstellen setzt auch voraus, dass diskriminierungsgefährdete Gruppen uneingeschränkten Zugang zu den Dienstleistungen dieser Stellen erhalten. Laut einer Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte wissen 71 % der Angehörigen ethnischer Minderheiten oder Einwanderergruppen nicht, welche Organisation Unterstützung oder Beratung für Diskriminierungsopfer anbietet. Als wichtigen Schritt für einen Zugang zu Unterstützung müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Menschen ihre Rechte kennen und sich bewusst sind, welche Dienstleistungen Gleichstellungsstellen anbieten. Dies gilt insbesondere für benachteiligte Gruppen und Gruppen, deren Zugang zu diesen Informationen beeinträchtigt werden kann, z. B. aufgrund ihres wirtschaftlichen Status, einer Behinderung, Lese- und Rechtschreibschwäche oder eines fehlenden Zugangs zu Online-Tools.
(37)Der gleichberechtigte Zugang zu den Dienstleistungen und Veröffentlichungen der Gleichstellungsstellen sollte für jeden Einzelnen gewährleistet sein. Daher sollten potenzielle Hindernisse für den Zugang zu den Diensten der Gleichstellungsstellen ermittelt und beseitigt werden. Dienstleistungen sollten für Beschwerdeführer kostenfrei sein. Die Mitgliedstaaten sollten ferner dafür sorgen, dass diese Dienste der Gleichstellungsstellen in ihrem gesamten Hoheitsgebiet allen potenziellen Opfern zur Verfügung stehen, beispielsweise durch die Einrichtung lokaler Büros, einschließlich mobiler Büros, die Organisation lokaler Kampagnen oder die Zusammenarbeit mit lokalen Delegierten oder Organisationen der Zivilgesellschaft.
(38)Die Union und alle Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD), das die Verpflichtung enthält, Diskriminierung aufgrund von Behinderungen zu verbieten und Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten und wirksamen Rechtsschutz gegen Diskriminierung aus allen Gründen zu gewährleisten. Diese Richtlinie sollte im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ausgelegt werden. Um einen gleichberechtigten und wirksamen Rechtsschutz und Zugang für Menschen mit Behinderungen zu allen Dienstleistungen und Tätigkeiten von Gleichbehandlungsstellen zu gewährleisten, ist es erforderlich, die Barrierefreiheit im Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und angemessene Vorkehrungen zu gewährleisten. Gleichbehandlungsstellen sollten für physische und digitale Barrierefreiheit sorgen, indem sie Hindernisse für den Zugang zu ihren Dienstleistungen und Informationen für Menschen mit Behinderungen verhindern und beseitigen und angemessene Vorkehrungen treffen und erforderlichenfalls notwendige Änderungen und Anpassungen vornehmen, wenn dies in einem bestimmten Fall angebracht erscheint.
(39)Das Ermöglichen einer regelmäßigen langfristigen Koordinierung und Zusammenarbeit von Gleichstellungsstellen auf verschiedenen Ebenen ist für das wechselseitige Lernen, die Kohärenz und Konsistenz von entscheidender Bedeutung und kann die Reichweite und Wirkung ihrer Arbeit erhöhen. Gleichstellungsstellen sollten insbesondere mit anderen Gleichstellungsstellen desselben Mitgliedstaats und anderer Mitgliedstaaten – auch im Rahmen des Europäischen Netzes der Gleichbehandlungsstellen (Equinet) – und mit öffentlichen und privaten Einrichtungen auf lokaler, regionaler, nationaler, Unions- und internationaler Ebene zusammenarbeiten, darunter Organisationen der Zivilgesellschaft, Datenschutzbehörden, Gewerkschaften, Arbeitsaufsichtsbehörden oder Bildungsaufsichtsbehörden, Strafverfolgungsbehörden, mit auf nationaler Ebene für die Verteidigung der Menschenrechte zuständigen Stellen, Unionsmittel verwaltende Behörden, nationalen Roma-Kontaktstellen, Verbraucherorganisationen und nationalen unabhängigen Mechanismen zur Förderung, zum Schutz und zur Überwachung des VN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Eine solche Zusammenarbeit sollte nicht mit dem Austausch personenbezogener Daten (d. h. Gleichstellungsdaten, die eine Identifizierung der Einzelperson zulassen) einhergehen.
(40)Gleichstellungsstellen können ihrer Rolle als Sachverständige für Gleichbehandlung nicht in vollem Umfang gerecht werden, wenn sie nicht rechtzeitig während des politischen Entscheidungsprozesses zu Fragen im Zusammenhang mit Rechten und Pflichten, die sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergeben, konsultiert werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten transparente Verfahren einführen, die eine rechtzeitige Konsultation gewährleisten. Sie sollten es den Gleichstellungsstellen auch ermöglichen, Empfehlungen auszusprechen und zu veröffentlichen.
(41)Gleichstellungsdaten sind von entscheidender Bedeutung für die Aufklärung und Sensibilisierung der Bürger, die Ermittlung des Ausmaßes von Diskriminierung, das Aufzeigen von Entwicklungen im Zeitverlauf, den Nachweis der Existenz von Diskriminierung, die Bewertung der Umsetzung der Gleichstellungsvorschriften, den Nachweis der Notwendigkeit positiver Maßnahmen, und für einen Beitrag zu evidenzbasierter Politikgestaltung. Gleichstellungsstellen tragen in diesem Zusammenhang zur Ausarbeitung einschlägiger Gleichstellungsdaten bei, z. B. indem sie regelmäßige Rundtischgespräche aller einschlägigen Einrichtungen organisieren. Sie sollten ferner Daten über ihre eigenen Tätigkeiten erheben und auswerten oder Erhebungen durchführen können, und sie sollten Zugang zu statistischen Daten haben, auf diese zugreifen und nutzen können, die von anderen öffentlichen oder privaten Stellen – wie nationalen statistischen Ämtern, nationalen Gerichten, Arbeitsaufsichtsbehörden oder Bildungsaufsichtsbehörden, Gewerkschaften oder Organisationen der Zivilgesellschaft – erhoben wurden und sich auf die Angelegenheiten beziehen, die ihnen gemäß den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG übertragen wurden. Diese statistischen Informationen dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.
(42)Neben der Veröffentlichung eines Jahresberichts über ihre Tätigkeiten sollten die Gleichstellungsstellen regelmäßig einen Bericht mit einer Gesamtbewertung der Situation in Bezug auf Diskriminierungen, die in den Zuständigkeitsbereich des Mitgliedstaats fallen, veröffentlichen. Dieser Bericht sollte Informationen für öffentliche und private Einrichtungen enthalten und als Richtschnur für die Festlegung künftiger Prioritäten der Gleichstellungsstellen dienen. Berichte dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.
(43)Um ihre Vision für die Zukunft und die Ziele ihrer Organisation festzulegen, sollten Gleichstellungsstellen ein Mehrjahresprogramm annehmen. Damit sollten sie langfristig die Kohärenz ihrer verschiedenen Arbeitsbereiche gewährleisten und systemische Diskriminierungsprobleme, die in ihren Aufgabenbereich fallen, im Rahmen eines langfristigen Aktionsplans angehen können.
(44)Um die Wirksamkeit dieser Richtlinie bewerten zu können, muss ein Mechanismus zur Überwachung ihrer Anwendung geschaffen werden, mit dem neben der Überwachung ihrer Einhaltung auch ihre praktischen Auswirkungen bewertet werden können. Die Kommission sollte für diese Überwachung zuständig sein und regelmäßig einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie erstellen. Um einheitliche Bedingungen für die Umsetzung der Berichterstattungspflichten der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 Absatz 2 hinsichtlich der praktischen Auswirkungen dieser Richtlinie zu gewährleisten, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um eine Liste relevanter Indikatoren zu erstellen, auf deren Grundlage Daten erhoben werden sollten. Diese Überwachung sollte keine Verarbeitung personenbezogener Daten vorsehen.
(45)In dieser Richtlinie werden Mindestanforderungen festgelegt; es steht den Mitgliedstaaten somit frei, günstigere Vorschriften einzuführen oder beizubehalten. Die Umsetzung dieser Richtlinie darf keine Absenkung des in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Schutzniveaus rechtfertigen.
(46)Die vorliegende Richtlinie baut auf den Bestimmungen der Richtlinien 2000/43/EG und 2004/113/EG auf und ergänzt diese, indem strengere Maßstäbe für die Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen eingeführt werden. Frühere Bestimmungen aus Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 12 der Richtlinie 2004/113/EG bezüglich von Gleichbehandlungsstellen sollten daher gestrichen werden.
(47)Mit dieser Richtlinie soll ein Mindeststandard für alle Gleichbehandlungsstellen sichergestellt werden, um die Wirksamkeit ihrer Arbeit zu verbessern und ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten und die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu stärken. Da die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Unionsebene zu erreichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie, die sich auf die Festlegung von Mindeststandards beschränkt, nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(48)Eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch Gleichbehandlungsstellen im Rahmen dieser Richtlinie sollte voll und ganz im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Aufgaben der Gleichbehandlungsstellen im Einklang mit Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/679 in Verbindung mit Artikel 6 Absätze 2 und 3 der genannten Verordnung eindeutig gesetzlich festgelegt sind. Gleichbehandlungsstellen sollten personenbezogene Daten nur insoweit verarbeiten, als dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Richtlinie erforderlich ist, mit der die Grundrechte und -pflichten aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG durchgesetzt werden sollen. Personen, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden, sollten über ihre Rechte als betroffene Personen informiert werden, darunter auch über die ihnen auf nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.
(49)Erfordert die Erfüllung der Aufgaben der Gleichbehandlungsstellen die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, nämlich Daten über die Rasse oder ethnische Herkunft, die Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder sexuelle Ausrichtung, so sollten die Mitgliedstaaten auch sicherstellen, dass das nationale Recht den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz achtet und geeignete und spezifische Maßnahmen zum Schutz der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person im Einklang mit Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2016/679 vorsieht. Diese Garantien sollten beispielsweise interne Strategien und Maßnahmen zur Gewährleistung der Datenminimierung umfassen, darunter soweit möglich auch durch Anonymisierung personenbezogener Daten, sowie zur Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten, zur Verhinderung eines unbefugten Zugriff auf personenbezogene Daten und deren Übermittlung und zur Gewährleistung, dass personenbezogene Daten nicht länger verarbeitet werden als es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist.
(50)Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 angehört und hat am [Datum] eine Stellungnahme abgegeben —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Zweck, Gegenstand und Anwendungsbereich
(1)Mit der vorliegenden Richtlinie werden Mindestanforderungen an die Arbeitsweise von Gleichstellungsstellen, die ihre Wirksamkeit verbessern und ihre Unabhängigkeit gewährleisten sollen, festgelegt, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, wie er sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergibt, zu stärken.
(2)Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und die Aufgaben der Gleichstellungsstellen nach der vorliegenden Richtlinie umfassen die Rechte und Pflichten, die sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergeben.
Artikel 2
Benennung von Gleichstellungsstellen
Die Mitgliedstaaten benennen eine oder mehrere Stellen (im Folgenden „Gleichstellungsstellen“), die die in dieser Richtlinie festgelegten Zuständigkeiten ausüben.
Gleichstellungsstellen können Teil von Einrichtungen sein, die auf nationaler Ebene für die Verteidigung der Menschenrechte oder den Schutz der Rechte des Einzelnen verantwortlich sind.
Artikel 3
Unabhängigkeit
(1)Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Gleichstellungsstellen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und der Ausübung ihrer Zuständigkeiten unabhängig und frei von äußeren Einflüssen sind, insbesondere was ihre rechtliche Struktur, ihre Rechenschaftspflicht, ihren Haushalt, ihre Personalausstattung und ihre organisatorischen Angelegenheiten betrifft.
(2)Die Mitgliedstaaten sehen transparente Vorschriften und Garantien für Auswahl, Ernennung, Abberufung und potenzielle Interessenkonflikte des Personals der Gleichstellungsstellen, insbesondere von Personen in Führungspositionen vor, um deren Kompetenz und Unabhängigkeit zu gewährleisten.
(3)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass insbesondere in der internen Struktur der Gleichstellungsstellen geeignete Garantien vorhanden sind, um die unabhängige Ausübung ihrer Zuständigkeiten zu gewährleisten, insbesondere, wenn einige Unparteilichkeit erfordern und andere schwerpunktmäßig auf die Unterstützung von Opfern ausgerichtet sind.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in der internen Struktur von Stellen mit mehreren Mandaten geeignete Garantien vorhanden sind, um die autonome Ausübung des Gleichstellungsmandats zu gewährleisten.
Artikel 4
Ressourcen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede Gleichstellungsstelle mit den personellen, technischen und finanziellen Ressourcen ausgestattet wird, die sie benötigt, um alle ihre Aufgaben wirksam erfüllen und alle ihre Zuständigkeiten wirksam ausüben zu können, und zwar aus allen Gründen und in allen unter die Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG fallenden Bereichen, auch für den Fall, dass die Zuständigkeiten erweitert werden, die Zahl der Beschwerden steigt, Prozesskosten anfallen und automatisierte Systeme genutzt werden.
(2)Ist die Gleichstellungsstelle Teil einer Stelle mit mehreren Mandaten, so gilt Absatz 1 eigens für das Gleichstellungsmandat und die Bediensteten und Systeme für die Unterstützung.
Artikel 5
Prävention, Förderung und Sensibilisierung
Die Mitgliedstaaten
a)verabschieden eine Strategie zur Sensibilisierung der allgemeinen Bevölkerung in ihrem gesamten Hoheitsgebiet, unter besonderer Berücksichtigung diskriminierungsgefährdeter Personen und Gruppen, für die Rechte nach den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG sowie für das Bestehen von Gleichstellungsstellen und deren Diensten;
b)stellen sicher, dass sich die Gleichstellungsstellen an der Prävention von Diskriminierung und an der Förderung der Gleichbehandlung beteiligen, und eine Strategie verabschieden, in der festgelegt wird, wie sie sich am öffentlichen Dialog beteiligen, mit diskriminierungsgefährdeten Personen und Gruppen kommunizieren, Schulungen und Leitfäden anbieten und Gleichstellungspflichten, die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellung und positive Maßnahmen bei öffentlichen und privaten Einrichtungen fördern werden.
Dabei berücksichtigen die Mitgliedstaaten und die Gleichstellungsstellen die für jede Zielgruppe am besten geeigneten Kommunikationsinstrumente und -formate. Sie konzentrieren sich insbesondere auf benachteiligte Gruppen, deren Zugang zu Informationen beispielsweise aufgrund ihres wirtschaftlichen Status, ihres Alters, einer Behinderung, ihrer Lese- und Schreibkompetenz, ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Aufenthaltsstatus oder ihres mangelnden Zugangs zu Online-Tools erschwert sein kann.
Artikel 6
Unterstützung von Opfern
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen in der Lage sind, Opfer nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 zu unterstützen.
(2)Die Gleichstellungsstellen müssen in der Lage sein, Beschwerden wegen Diskriminierung mündlich, schriftlich und online entgegenzunehmen.
(3)Die Gleichstellungsstellen unterstützen Opfer, indem sie sie zunächst über den rechtlichen Rahmen, einschließlich einer auf deren besondere Lage zugeschnittenen Beratung, über die von der Gleichstellungsstelle angebotenen Dienste und damit zusammenhängende Verfahrensaspekte sowie über die verfügbaren Rechtsbehelfe, einschließlich der Möglichkeit, einen Fall vor Gericht zu verfolgen, informieren.
Die Gleichstellungsstellen informieren Opfer auch über die geltenden Vertraulichkeitsvorschriften, über den Schutz personenbezogener Daten und über die Möglichkeiten, psychologische oder andere Formen einschlägiger Unterstützung von anderen Stellen oder Organisationen zu erhalten.
(4)Die Gleichstellungsstellen unterziehen Beschwerden auf der Grundlage der Informationen, die von den Beteiligten freiwillig übermittelt werden, einer vorläufigen Prüfung. Die Mitgliedstaaten legen die genauen Modalitäten fest, nach denen die Gleichstellungsstelle eine solche vorläufige Prüfung vornimmt.
Die Gleichstellungsstellen unterrichten die Beschwerdeführer über ihre vorläufige Einschätzung und darüber, ob sie ihre Beschwerde zu den Akten legen werden oder ob es Gründe gibt, sie weiterzuverfolgen, auch im Rahmen der in den Artikeln 7, 8 und 9 festgelegten Verfahren.
Artikel 7
Gütliche Beilegung
Die Gleichstellungsstellen müssen den Parteien die Möglichkeit bieten, ihre Streitigkeit gütlich beizulegen. Dieser Prozess ist von der Zustimmung der Parteien abhängig und kann von der Gleichstellungsstelle selbst oder einer anderen bestehenden speziellen Einrichtung geleitet werden; in diesem Fall kann die Gleichstellungsstelle gegenüber dieser Einrichtung Anmerkungen vorbringen. Die Beteiligung an einem solchen Prozess hindert die Parteien nicht daran, ihr Recht auf Zugang zu den Gerichten auszuüben.
Artikel 8
Stellungnahmen und Entscheidungen
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gleichstellungsstellen, die aufgrund einer Beschwerde oder von sich aus zu der Auffassung gelangen, dass möglicherweise gegen den in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen wurde, befugt sind, den Fall weiter zu untersuchen.
(2)Die Mitgliedstaaten schaffen einen Rahmen, der es den Gleichstellungsstellen ermöglicht, den Sachverhalt aufzuklären.
Dieser Rahmen muss den Gleichstellungsstellen insbesondere wirksame Rechte auf Zugang zu Informationen einräumen, die erforderlich sind, um feststellen zu können, ob Diskriminierung vorliegt. Er muss auch geeignete Mechanismen für die Zusammenarbeit der Gleichstellungsstellen mit den zuständigen öffentlichen Stellen zu diesem Zweck vorsehen.
(3)Die Mitgliedstaaten können auch vorsehen, dass der mutmaßliche Täter und Dritte rechtlich verpflichtet sind, von Gleichstellungsstellen angeforderte Informationen und Dokumente zur Verfügung zu stellen.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen ihre Einschätzung des Falles schriftlich festhalten, einschließlich einer Feststellung des Sachverhalts und einer begründeten Schlussfolgerung zum Vorliegen von Diskriminierung. Die Mitgliedstaaten legen fest, ob dies durch unverbindliche Stellungnahmen oder durch verbindliche vollstreckbare Entscheidungen geschehen muss.
Die Stellungnahmen und Entscheidungen müssen gegebenenfalls konkrete Maßnahmen umfassen, um bei festgestellten Verstößen Abhilfe zu schaffen und ein erneutes Auftreten zu verhindern. Die Mitgliedstaaten richten geeignete Mechanismen für Folgemaßnahmen zu Stellungnahmen, zum Beispiel Rückmeldepflichten, und für die Durchsetzung von Entscheidungen ein.
Die Gleichstellungsstellen veröffentlichen Zusammenfassungen ihrer Stellungnahmen und Entscheidungen, ohne personenbezogene Daten offenzulegen.
Artikel 9
Rechtsstreitigkeiten
(1)Unbeschadet der nationalen Vorschriften über die Zulässigkeit von Klagen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Gleichstellungsstellen das Recht haben, in Gerichtsverfahren in Verwaltungs- und Zivilsachen, die die Umsetzung des in den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung betreffen, im Einklang mit den Absätzen 2 bis 5 tätig zu werden.
(2)Das Recht, in Gerichtsverfahren tätig zu werden, umfasst
a)das Recht der Gleichstellungsstelle, in einem Verfahren zur Vollstreckung oder gerichtlichen Überprüfung einer Entscheidung nach Artikel 8 Absatz 4 als Partei aufzutreten;
b)das Recht der Gleichstellungsstelle, dem Gericht als Amicus Curiae Stellungnahmen zu übermitteln;
c)das Recht der Gleichstellungsstelle, im Namen oder zur Unterstützung eines oder mehrerer Opfer ein Verfahren einzuleiten oder daran teilzunehmen; in diesem Fall ist die Zustimmung der Opfer erforderlich.
(3)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstelle Gerichtsverfahren im eigenen Namen einleiten kann, insbesondere um gegen strukturelle und systematische Diskriminierung in Fällen vorzugehen, die von der Gleichstellungsstelle aufgrund ihrer großen Häufigkeit, ihrer Schwere oder der Notwendigkeit ihrer rechtlichen Klärung ausgewählt wurden.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstelle außer in den in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten Fällen in Gerichtsverfahren keine Beweismittel vorlegt, die sie in Ausübung der Befugnisse nach Artikel 8 Absatz 3 erlangt hat.
(5)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass keine Untersuchungen nach Artikel 8 Absätze 2 bis 4 eingeleitet oder fortgesetzt werden, während ein Gerichtsverfahren in derselben Sache anhängig ist.
Artikel 10
Verfahrensgarantien
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in den Verfahren nach den Artikeln 6, 7, 8 und 9 die Verteidigungsrechte der beteiligten natürlichen und juristischen Personen ordnungsgemäß geschützt werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen Zeugen und Hinweisgebern und, soweit möglich, auch Beschwerdeführern Vertraulichkeit garantieren.
Entscheidungen nach Artikel 8 Absatz 4 unterliegen einer gerichtlichen Überprüfung nach Maßgabe des nationalen Rechts.
Artikel 11
Zugang, Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen
(1)Die Mitgliedstaaten gewährleisten den gleichberechtigten Zugang zu den Diensten und Veröffentlichungen der Gleichstellungsstellen für alle und stellen sicher, dass es keine Hindernisse für die Einreichung von Beschwerden gibt.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Dienste der Gleichstellungsstellen in ihrem gesamten Hoheitsgebiet, auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten, für Beschwerdeführer kostenlos erbracht werden.
(3)Die Mitgliedstaaten sorgen für Barrierefreiheit und angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen, um zu gewährleisten, dass sie gleichberechtigten Zugang zu allen Dienstleistungen und Tätigkeiten der Gleichstellungsstellen haben, einschließlich der Unterstützung von Opfern, der Bearbeitung von Beschwerden, der Mechanismen für eine gütliche Streitbeilegung, der Informationen und Veröffentlichungen sowie der Präventions-, Förderungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen.
Artikel 12
Zusammenarbeit
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen über geeignete Mechanismen verfügen, um im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten mit anderen Gleichstellungsstellen in demselben Mitgliedstaat und mit einschlägigen öffentlichen und privaten Einrichtungen, einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie in anderen Mitgliedstaaten und auf Unions- und internationaler Ebene zusammenarbeiten zu können.
Artikel 13
Konsultation
Die Mitgliedstaaten richten transparente Verfahren ein, um sicherzustellen, dass die Regierung und andere öffentliche Institutionen die Gleichstellungsstellen zeitnah zu Rechtsvorschriften, Politik, Verfahren, Programmen und Praxis im Zusammenhang mit den Rechten und Pflichten, die sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergeben, konsultieren.
Sie stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen das Recht haben, in diesen Angelegenheiten Empfehlungen auszusprechen, sie zu veröffentlichen und Rückmeldungen von den zuständigen Behörden zu verlangen.
Artikel 14
Erhebung von Daten und Zugang zu Gleichstellungsdaten
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen im Hinblick auf die Erstellung der in Artikel 15 Buchstaben b und c genannten Berichte Daten über ihre Tätigkeiten erheben.
Die erhobenen Daten sind im Einklang mit den in Artikel 16 genannten Indikatoren nach den Gründen und Bereichen aufzuschlüsseln, die unter die Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG fallen. Die erhobenen personenbezogenen Daten werden anonymisiert oder, wenn dies nicht möglich ist, pseudonymisiert.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen Zugang zu Statistiken über die Rechte und Pflichten, die sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergeben, haben, die von öffentlichen und privaten Einrichtungen wie Behörden, Gewerkschaften, Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft erstellt werden, wenn sie solche Statistiken für erforderlich halten, um eine Gesamtbewertung der Lage in Bezug auf Diskriminierung in dem Mitgliedstaat vornehmen und den in Artikel 15 Buchstabe c genannten Bericht ausarbeiten zu können.
(3)Die Mitgliedstaaten gestatten den Gleichstellungsstellen, an öffentliche und private Einrichtungen wie Behörden, Gewerkschaften, Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft Empfehlungen dazu zu richten, welche Daten in Bezug auf die Rechte und Pflichten, die sich aus den Richtlinien 79/7/EWG, 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG ergeben, zu erheben sind. Die Mitgliedstaaten gestatten den Gleichstellungsstellen ferner, bei der Erhebung von Gleichstellungsdaten eine koordinierende Funktion zu übernehmen.
(4)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen unabhängige Erhebungen zum Thema Diskriminierung durchführen können.
Artikel 15
Berichte und strategische Planung
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen
a)ein Mehrjahresprogramm verabschieden, in dem ihre Prioritäten und künftigen Tätigkeiten, einschließlich der in Artikel 5 Buchstabe b genannten Strategie, dargelegt sind;
b)einen jährlichen Tätigkeitsbericht, einschließlich ihrer jährlichen Haushalts-, Personal- und Finanzberichterstattung, erstellen und der Öffentlichkeit zugänglich machen;
c)mindestens alle vier Jahre einen Bericht mit Empfehlungen über den Stand von Gleichbehandlung und Diskriminierung, einschließlich möglicher struktureller Probleme, in ihrem Mitgliedstaat veröffentlichen.
Artikel 16
Überwachung
(1)Die Kommission erstellt im Wege eines Durchführungsrechtsakts eine Liste gemeinsamer Indikatoren zur Messung der praktischen Auswirkungen dieser Richtlinie. Bei der Ausarbeitung der Indikatoren kann die Kommission die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen zurate ziehen. Diese Indikatoren umfassen die Ressourcen, die unabhängige Arbeitsweise, die Tätigkeiten und die Wirksamkeit der Gleichstellungsstellen sowie Entwicklungen bei ihrem Mandat, ihren Befugnissen oder ihrer Struktur und gewährleisten die Vergleichbarkeit, Objektivität und Zuverlässigkeit der auf nationaler Ebene erhobenen Daten.
(2)Spätestens [fünf Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist] und danach alle fünf Jahre stellen die Mitgliedstaaten der Kommission alle sachdienlichen Informationen über die Anwendung dieser Richtlinie zur Verfügung, einschließlich Daten zu ihren praktischen Auswirkungen, die auf der Grundlage der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Indikatoren erhoben wurden, insbesondere unter Berücksichtigung der von den Gleichstellungsstellen nach Artikel 15 Buchstaben b und c ausgearbeiteten Berichte.
(3)Auf der Grundlage der in Absatz 2 genannten Informationen und zusätzlicher einschlägiger Daten, die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte und dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen auf nationaler und auf Unionsebene insbesondere bei Interessenträgern erhoben wurden, arbeitet die Kommission einen Bericht über die Anwendung und die praktischen Auswirkungen dieser Richtlinie aus.
Artikel 17
Mindestanforderungen
(1)Die Mitgliedstaaten können Bestimmungen einführen oder beibehalten, die günstiger sind als die in dieser Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen.
(2)Die Durchführung dieser Richtlinie darf keinesfalls als Rechtfertigung für eine Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten Schutzniveaus in Bezug auf Diskriminierung in den unter die Richtlinie fallenden Bereichen genutzt werden.
Artikel 18
Verarbeitung personenbezogener Daten
(1)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gleichstellungsstellen personenbezogene Daten nur erheben dürfen, wenn dies für die Erfüllung einer Aufgabe nach dieser Richtlinie erforderlich ist.
(2)Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten durch die Gleichstellungsstellen, nämlich Daten zur rassischen oder ethnischen Herkunft, zu Religion oder Weltanschauung, zu einer Behinderung oder zur sexuellen Orientierung, angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorgesehen werden.
Artikel 19
Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel 12 der Richtlinie 2004/113/EG werden gestrichen.
Bezugnahmen auf die in diesen Artikeln genannten „mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen“ gelten als Bezugnahmen auf die in Artikel 2 dieser Richtlinie genannten Gleichstellungsstellen.
Artikel 20
(1)Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am [18 Monate] nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(2)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 21
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 19 gilt ab dem [in Artikel 20 Absatz 1 genannten Tag].
Artikel 22
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin