Brüssel, den 9.11.2022

COM(2022) 590 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Sicherstellung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln














1.Einleitung

Derzeit erleben wir eine schwere weltweite Krise bei mineralischen Düngemitteln, wie es sie seit den 1970er-Jahren nicht gegeben hat. Die COVID-19-Pandemie und die dadurch bedingten Unterbrechungen der Lieferketten, gefolgt von der Energiekrise, haben zu Rekordpreisen für Düngemittel geführt.

Düngemittel spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit. 1

Die illegale und ungerechtfertigte russische Invasion der Ukraine hat sich äußerst negativ auf die bereits sehr angespannten weltweiten Düngemittelmärkte ausgewirkt. Sie hat die Schwächen aufgezeigt, die auf die Abhängigkeit von einigen wenigen globalen Lieferanten zurückzuführen sind. Russland, auf das 2020 rund 15 % der weltweiten Düngemittelausfuhren entfielen, hat Beschränkungen für seine Ausfuhren von Lebensmitteln und Düngemitteln verhängt, die das weltweite Angebot senken und die Preise in die Höhe treiben. Düngemittelknappheit und hohe Preise für Düngemittel verschärfen die weltweite Krise im Bereich der Ernährungssicherheit 2 , und es bedarf konzertierter Anstrengungen, um die weltweiten Engpässe bei Düngemitteln zu bewältigen. Die EU hat ihre Anstrengungen zur Bekämpfung der weltweiten Ernährungsunsicherheit und zur Abfederung der Auswirkungen der Nahrungsmittelkrise in ärmeren Ländern durch eine rasche und umfassende „Team Europa“-Reaktion auf die weltweite Ernährungsunsicherheit verstärkt.

Darüber hinaus haben die Solidaritätskorridore der EU und die Schwarzmeer-Getreide-Initiative die Nahrungsmittelkrise wirksam abgefedert, indem sie es der Ukraine ermöglicht haben, weiterhin Getreide auszuführen. Diese Initiativen haben auch zur Stabilisierung der Märkte und zur Senkung der Lebensmittelpreise beigetragen. Die Solidaritätskorridore zwischen der EU und der Ukraine sind zu einer wichtigen Handelsverbindung zwischen der Ukraine, der EU und dem Rest der Welt geworden und haben bislang die Ausfuhr von über 14 Mio. Tonnen ukrainischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse (Getreide, Ölsaaten und ähnliche Erzeugnisse sowie Düngemittel) ermöglicht und so zur Linderung der weltweiten Nahrungsmittelkrise beigetragen. Die EU hat die Vereinten Nationen und die Türkei in ihrer Vermittlerrolle unterstützt und sich für die Verlängerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative über den 19. November hinaus eingesetzt. Eine Aussetzung der Initiative hätte schwerwiegende Folgen für die weltweite Ernährungssicherheit.

Besonders Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen spüren die Auswirkungen der angespannten Düngemittelmärkte. Im Jahr 2022 sind mehr Menschen als je zuvor, nämlich 222 Millionen Menschen in 53 Ländern akut von Ernährungsunsicherheit betroffen und benötigen dringend Hilfe. Am stärksten betroffen sind Somalia, Afghanistan, Äthiopien, Nigeria, Südsudan und Jemen, aber auch der südamerikanische Kontinent.

Zwar hängt eine rentable Nahrungsmittelerzeugung nicht nur von Düngemitteln ab, doch ist die derzeitige Situation aufgrund der kurzfristigen Auswirkungen der Düngemittelknappheit auf die landwirtschaftlichen Erträge besonders kritisch. Niedrigere Erträge bedeuten weniger Nahrungsmittel. Die Vereinten Nationen haben vor einer weltweiten Düngemittelkrise gewarnt, die die Nahrungsmittelerzeugung in den kommenden Jahren gefährden könnte, was sich vor allem auf Länder auswirken würde, die nicht über den haushaltspolitischen Spielraum für Unterstützungsprogramme verfügen, mit denen Düngemittel erschwinglich bleiben. 

Abbildung 1: Nettohandel mit Düngemitteln, in Mio. Tonnen Nährstoffen

Quelle: FAOSTAT 3  

Die weltweite Düngemittelknappheit ist in erster Linie auf den hohen Erdgaspreis zurückzuführen, da Erdgas für die Herstellung von Stickstoffdüngern benötigt wird. 4  Europa verfügt über eine große Düngemittelindustrie, ist aber von Erdgaseinfuhren sowie von Einfuhren von Phosphaten und Kali abhängig. 5  Im Sommer 2022 machten die Kosten für Gas bis zu 90 % der variablen Produktionskosten der Ammoniakproduktion in der EU aus (Ammoniak ist ein Zwischenprodukt für Stickstoffdünger). Im August 2022, als die Gaspreise ihren Höchststand erreichten, legte die Industrie 70 % ihrer Ammoniakproduktionskapazität still, da die Produktion unrentabel war. Derzeit werden schätzungsweise 50 % der Kapazitäten genutzt. Sollten die Gaspreise weiter sinken, dürfte die Auslastung weiter steigen. Die geringere Produktion in der EU führt auch zu sinkenden Ausfuhren in Nicht-EU-Länder. Die Ausfuhren von Stickstoffzwischenprodukten und Düngemitteln sind um 9 % zurückgegangen, während die Einfuhren in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 19 % gestiegen sind.

Düngemittel sind in der EU zwar nach wie vor verfügbar, ihre Preisentwicklung stellt jedoch eine Herausforderung für die Landwirtschaft dar (149 % Preisanstieg im September 2022 im Jahresvergleich für Stickstoffdünger), insbesondere, da auch die Preise für andere Betriebsmittel (Energie) erheblich gestiegen sind. Hohe Düngemittelpreise wirken sich auf die Kauf- und Pflanzentscheidungen der Landwirtinnen und Landwirte aus, was wiederum die Ernte in der nächsten Saison und den Beitrag der EU zur weltweiten Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Lebensmitteln beeinträchtigen könnte.

Die Maßnahmen, die die EU zur Abmilderung der hohen Energiepreise ergreift, werden die Bedingungen auch für die Düngemittelindustrie verbessern. Es sind jedoch unmittelbarere und gezieltere Maßnahmen erforderlich. Die hier vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen sollen die Schwierigkeiten der Landwirte und Düngemittelerzeuger in der EU abfedern und zur Erreichung des strategischen Ziels der EU beitragen, die Abhängigkeit von Einfuhren aus Russland durch Diversifizierung der Produktion und Sicherstellung zuverlässiger Lieferketten zu verringern. Die EU muss ihr Engagement bei der Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit weltweit intensivieren.

Abbildung 2: Weltweiter Preisindex für Dünge- und Nahrungsmittel (Index 100 = 2010)

Quelle: Weltbank

Die übergreifende strategische Zielsetzung der EU bleibt die Erfüllung der in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ festgelegten Ziele. Es gibt Belege dafür, dass Düngemittel nicht immer ordnungsgemäß ausgebracht werden. So gehen in bestimmten Regionen bis zu 50-60 % der auf den Feldern ausgebrachten Nährstoffe verloren, was auf einen übermäßigen Düngemitteleinsatz pro Hektar Ackerfläche in vielen Teilen der EU hindeutet, ohne dass dies mit spürbaren Ertragsgewinnen einhergeht. Das Ziel der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“, die Nährstoffverluste bis 2030 um 50 % zu verringern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, ist daher realistisch.

In dieser Mitteilung legt die Kommission die folgenden EU-internen Maßnahmen dar:

-Die Kommission erinnert daran, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Mitteilung der Kommission „Gaseinsparungen für den Winter“ in ihren nationalen Notfallplänen im Falle einer Gasrationierung dem ständigen und ununterbrochenen Zugang von Düngemittelherstellern zu Erdgas Vorrang einräumen können.

-Der geänderte befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen ermöglicht eine gesonderte Unterstützung für Landwirte und Düngemittelerzeuger. Mit der zweiten Änderung des Rahmens am 28. Oktober 2022 hat die Kommission die Höchstbeträge für begrenzte Beihilfen für die Landwirtschaft erhöht und – unter bestimmten Bedingungen – die Flexibilität und die Unterstützungsmöglichkeiten für von steigenden Energiekosten betroffene Unternehmen, etwa Düngemittelhersteller, erhöht. Es besteht die Möglichkeit, solche gezielten Beihilfen über den derzeit niedrigen Anteil der für den Sektor genehmigten Beihilfen hinaus auszuweiten. Die Behörden können beispielsweise Düngemittel kaufen und den Landwirtinnen und Landwirten zu niedrigeren Preisen anbieten.

-Mittel, die durch im EU-Recht vorgesehene Maßnahmen wie die Obergrenze für die Markterlöse bestimmter Stromerzeuger und den Solidaritätsbeitrag generiert werden, können unter Einhaltung der geltenden Bedingungen ebenfalls für nationale Unterstützungsregelungen eingesetzt werden.

-Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten prüfen, ob die Agrarreserve in Höhe von 450 Mio. EUR für das Haushaltsjahr 2023 von Landwirtinnen und Landwirten in Anspruch genommen werden darf, die von hohen Betriebsmittelkosten betroffen sind.

Vor dem Hintergrund der geopolitischen Unsicherheiten sollten kurzfristig jedoch alle zumutbaren Anstrengungen unternommen werden, um zu vermeiden, dass der Beitrag der EU zur Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Nahrungsmitteln beeinträchtigt wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die EU-Sanktionen gegen Russland wie vorgesehen umgesetzt werden und die Durchfuhr und Verbringung von Düngemitteln zur Verwendung durch Landwirtinnen und Landwirte in der EU und darüber hinaus ermöglichen. Die Beschleunigung des Übergangs zu einer nachhaltigen Lebensmittelerzeugung und innovativen Technologien ist die strukturelle Lösung der Union, um die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Lebensmitteln zu gewährleisten und die Gesundheit unserer Umwelt und unseres Planeten zu schützen.

-Die Kommission wird prüfen und mit den Mitgliedstaaten erörtern, wie die GAP-Strategiepläne am besten genutzt werden können, um die Situation in diesem Bereich anzugehen. Maßnahmen für eine nachhaltige Düngung sollten beschleunigt werden. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten, ihre Pläne (bei momentan unzureichender Planung) derart anzupassen, dass sie den Landwirtinnen und Landwirten dabei helfen, Düngemittel effizienter und nachhaltiger zu nutzen. Die Kommission wird solche Änderungen begrüßen und unterstützen und sicherstellen, dass diese Interventionen umweltschädliche Nährstoffverluste verringern und verhindern.

-Die Kommission wird Schritte unternehmen, um die Markttransparenz auf dem Düngemittelmarkt der EU durch eine neue Marktbeobachtungsstelle, die 2023 eingerichtet werden soll, und durch die Organisation regelmäßiger Konsultationen der Interessenträger im Rahmen der Expertengruppe des europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) zu verbessern.

-Zur Förderung der offenen strategischen Autonomie der EU als Chance für die EU, die Sicherheit ihrer Lebensmittelversorgung zu gewährleisten und hohe Nachhaltigkeitsstandards festzulegen, wird die Kommission folgende Maßnahmen in Bezug auf Düngemittel unterstützen:

oBesserer Zugang zu organischen Düngemitteln und Nährstoffen aus recycelten Abfallströmen, insbesondere in Regionen mit geringem Einsatz von organischen Düngemitteln.

oUnterstützung der europäischen Stickstoffdüngemittelindustrie bei der Umstellung auf Ammoniak, das mittels erneuerbarem und sauberem Wasserstoff hergestellt wird.

oGewährleistung eines stabilen und praktikablen Regelungsumfelds für die Erzeugung von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff und Sicherstellung, dass sich der Markt für aus solchem Wasserstoff hergestellte Düngemittel rasch entwickeln kann.

oUnterstützung der Diversifizierung der Einfuhren zur Verringerung der Abhängigkeit von Russland.

oNeue Challenge des Europäischen Innovationsrats (EIC Challenges) für eine widerstandsfähige Landwirtschaft (2023).

-Die Kommission wird im ersten Quartal 2023 einen Aktionsplan für integriertes Nährstoffmanagement annehmen, der auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene Maßnahmen vorsieht, um unter Berücksichtigung der Ausgangslage in den Mitgliedstaaten und im Hinblick auf das Null-Schadstoff-Ziel eine effizientere Verwendung von Nährstoffen zu fördern.

Im internationalen Bereich wird die Kommission

-die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den europäischen Finanzinstitutionen im Rahmen eines „Team Europa“-Ansatzes fortsetzen, um zu den vier Bereichen der Reaktion auf die weltweite Ernährungsunsicherheit (Solidarität, Erzeugung, Handel und Multilateralismus) beizutragen,

-weiter mit den Mitgliedstaaten, der Ukraine, Moldau und einschlägigen Interessenträgern zusammenarbeiten, um die Kapazitäten der Solidaritätskorridore zwischen der EU und der Ukraine auszuweiten,

-mit ausgewählten EU-Partnerländern zusammenarbeiten, etwa im Rahmen der Global Fertilizer Challenge, um ihre Abhängigkeit und ihren Verbrauch von eingeführten mineralischen Düngemitteln durch den Einsatz wirksamer und nachhaltiger landwirtschaftlicher Verfahren und Alternativen auf der Grundlage einer nachhaltigen Bewirtschaftung zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu verringern,

-die weltweite Markttransparenz bei Düngemitteln durch einen Beitrag zu einschlägigen internationalen Initiativen im Bereich Düngemittel, insbesondere zum Agrarmarkt-Informationssystem (AMIS) der G20, verbessern,

-die Zusammenarbeit mit UN-Agenturen und internationalen Finanzinstitutionen fortsetzen, um in bilateralen und multilateralen Foren Fragen zur Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln zu erörtern und zu nachhaltigen multilateralen Lösungen beizutragen,

-die Unterstützung zur Deckung des Zahlungsbilanzbedarfs verstärken, unter anderem durch den IWF-Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum, und die Zusammenarbeit mit unabhängigen Finanzinstitutionen im Rahmen von Global Gateway intensivieren, um innovative und nachhaltige Investitionen voranzubringen,

-Gespräche über mehr Transparenz anstoßen, einschließlich der Vermeidung von Ausfuhrbeschränkungen für den Handel mit Düngemitteln in der WTO, mit dem Ziel, die Verpflichtungen aus der Erklärung zum Thema Ernährungsunsicherheit zu erfüllen, die auf der letzten Ministerkonferenz beschlossen wurde,

-weiter mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der weltweite Handel mit Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, einschließlich Düngemitteln, reibungslos erfolgt,

-ihre Arbeit in Bezug auf die gemeinsame Kommunikation und diplomatische Kontakte intensivieren, um die Reaktion von Team Europa zur Bekämpfung der Ernährungsunsicherheit hervorzuheben und zu festigen und um russische Desinformation zu bekämpfen. Die EU wird die Manipulation von Informationen durch Russland weiterhin überwachen und bekämpfen, unter anderem über die öffentlichen Kanäle der EU wie EUvsDisinfo, und gleichzeitig weiterhin mit gleich gesinnten Partnern zusammenarbeiten, insbesondere im Rahmen der G7 und der NATO.


2.Sicherstellung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln in der EU

2.1.Marktüberwachung

Seit dem Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel im Jahr 2021 steht der Düngemittelmarkt auf der Tagesordnung der Sitzungen der Kommission mit Interessenträgern und Mitgliedstaaten, unter anderem im Rahmen des europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) und der Sitzungen der Expertengruppe für Düngeprodukte.

Es liegen keine Daten zu den Lagerbeständen der Düngemittelindustrie und/oder der Landwirte und ihrer Erzeugerorganisationen vor. Die Kommission wird die Markttransparenz durch eine Beobachtungsstelle für Düngemittelmärkte in der EU verbessern und prüfen, wie mehr Echtzeitdaten von den Mitgliedstaaten und von Interessenträgern eingeholt werden können.

2.2.Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und GAP-Strategiepläne der Mitgliedstaaten

Im Rahmen der neuen GAP stehen den Landwirtinnen und Landwirten umfangreiche finanzielle Unterstützungsangebote zur Verfügung, um ihren Düngemitteleinsatz zu optimieren und sie so in die Lage zu versetzen, ökologische, klimatische und wirtschaftliche Fortschritte zu erzielen. Bewährte Verfahren aus den Mitgliedstaaten zeigen, dass der Einsatz von Düngemitteln durch eine höhere Stickstoffnutzungseffizienz verringert werden kann, während gleichzeitig die Ertragsraten erhalten oder sogar gesteigert werden und die Bodenfruchtbarkeit insgesamt verbessert wird. 6 Gleichzeitig wird eine höhere Effizienz in der EU den Bedarf an Düngemitteln verringern und die Spannungen auf dem Weltmarkt verringern.

Die neue grüne Architektur kombiniert eine verbesserte Konditionalität (GLÖZ und GAB) zum Schutz und zur Verbesserung der Bodengesundheit und -fruchtbarkeit 7 mit freiwilligen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte über die Mindestanforderungen hinaus, auch im Bereich der Nährstoffbewirtschaftung. Freiwillige Maßnahmen für Landwirtinnen und Landwirte umfassen Interventionen wie Öko-Regelungen oder Agrarumwelt- und Klimaverpflichtungen. Alle GAP-Strategiepläne befassen sich durch verschiedene Maßnahmen mit der Effizienz des Nährstoffeinsatzes:

-Durch Interventionen werden Anreize für die Anbaudiversifizierung und eine erweiterte Fruchtfolge unter Einbeziehung von Eiweißpflanzen geschaffen. Die GAP-Pläne unterstützen auch den Zwischenfruchtanbau 8 , der die Gründüngung und die organische Bodensubstanz erhöht, oder die Verpflichtung, die Bodenbedeckung über die Mindestanforderungen hinaus zu erhöhen.

-Mit den GAP-Strategieplänen wird die breitere Annahme von Nährstoffbewirtschaftungsplänen unterstützt, die über die Bereiche hinausgehen, in denen sie bereits gemäß der Nitratrichtlinie verpflichtend sind, und die die Effizienz des Nährstoffeinsatzes erhöhen.

-Im Rahmen der Pläne werden die Präzisionslandwirtschaft, die ökologische/biologische Landwirtschaft und die Agrarökologie in Form von Bewirtschaftungsverpflichtungen und Investitionen in neue Maschinen und Verfahren, die einen geringeren Einsatz von Düngemitteln erfordern, und einem besseren Zugang zu Beratung und Schulung unterstützt. 9

-Die GAP-Strategiepläne unterstützen die teilweise Ersetzung mineralischer Düngemittel durch organische Düngemittel wie Gülle, Klärschlamm und Bioabfall aus Methanisierungsprozessen oder biologischen und thermischen Behandlungen, und gewährleisten gleichzeitig, dass dies nicht zu höheren Nährstoffverlusten führt.

In den Verhandlungen, die zur Annahme der GAP-Strategiepläne führten, forderte die Kommission die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Maßnahmen für Verfahren zur Optimierung des Düngemitteleinsatzes in ihre Pläne aufzunehmen. Sobald alle Pläne angenommen sind, wird sie sicherstellen, dass die geplanten Maßnahmen weiterverfolgt und umgesetzt werden. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten dazu anhalten, eine umfassendere Umsetzung dieser Maßnahmen durch die Landwirtinnen und Landwirte zu fördern. Sie wird die Mitgliedstaaten auffordern, bei künftigen Überarbeitungen ihrer GAP-Strategiepläne eine weitere Priorisierung zu erwägen und solche Interventionen ambitionierter zu gestalten. Insbesondere fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, die Einführung des Betriebsnachhaltigkeitsinstruments für Nährstoffe (FaST) und dessen Nutzung durch die Landwirtinnen und Landwirte zu beschleunigen. 10  

2.3.Außergewöhnliche Maßnahmen und Agrarreserve

Im März 2022 nahm die Kommission ein außerordentliches Unterstützungspaket in Höhe von 500 Mio. EUR an, um die von den schwerwiegenden Folgen des Krieges in der Ukraine am stärksten betroffenen Erzeuger zu unterstützen. Dabei wurden Mittel aus der Krisenreserve der GAP verwendet. Auf dieser Grundlage haben die Mitgliedstaaten 492 Mio. EUR an finanzieller Unterstützung bereitgestellt, wobei Landwirtinnen und Landwirten Vorrang eingeräumt wurde, die nachhaltige Verfahren anwenden und am stärksten von der Krise betroffen sind.

Im Rahmen der Agrarreserve der reformierten GAP werden im Jahr 2023 Mittel in Höhe von 450 Mio. EUR für die öffentliche Intervention und die private Lagerhaltung zur Stabilisierung der Agrarmärkte oder für außergewöhnliche Maßnahmen zur Reaktion auf drohende Marktstörungen, Gesundheitsrisiken oder andere Notfälle gemäß der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation zur Verfügung stehen. Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten prüfen, ob außergewöhnliche Maßnahmen im Rahmen der Agrarreserve ergriffen werden sollten, um Marktstörungen zu verhindern, die sich aufgrund der Auswirkungen des angespannten Düngemittelmarktes auf die landwirtschaftliche Produktion in der EU ergeben.

2.4.Befristeter Krisenrahmen für staatliche Beihilfen als Kanal für finanzielle Unterstützung

Der befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen (im Folgenden der „Rahmen“) erlaubt es den Mitgliedstaaten, die in den Beihilfevorschriften vorgesehene Flexibilität zu nutzen, und ermöglicht es ihnen, unter anderem landwirtschaftliche Primärerzeuger (auch in Bezug auf den Erwerb von Düngemitteln) und Düngemittelhersteller zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten können – unter bestimmten Bedingungen – Beihilfen zur teilweisen Deckung des jüngsten Anstiegs der Gas- und Stromkosten für Unternehmen, auch im Bereich der Primärlandwirtschaft und der Düngemittelherstellung, gewähren.

Zwischen März und September 2022 genehmigte die Kommission auf der Grundlage des Rahmens 18 spezifische Beihilferegelungen für die Landwirtschaft mit einer Gesamtmittelausstattung von rund 3,5 Mrd. EUR. Drei der Regelungen sind für den Erwerb von Düngemitteln durch Landwirte bestimmt (Gesamtbudget: 855 Mio. EUR). Die meisten Mitgliedstaaten haben sich für Dachprogramme entschieden, die allen Wirtschaftszweigen offenstehen (455 Mrd. EUR im September 2022). Einige Mitgliedstaaten haben spezielle Beihilferegelungen zur Unterstützung energieintensiver Unternehmen gewählt.

Am 28. Oktober 2022 wurde der Rahmen an den Bedarf der Mitgliedstaaten angepasst, um energieintensive Unternehmen, die am stärksten von der Krise betroffen sind, darunter Düngemittelhersteller, zu unterstützen. Düngemittelhersteller können als besonders betroffener Sektor, wenn sie die Förderkriterien erfüllen, von höheren Beihilfeintensitäten und Beihilfebeträgen von bis zu 150 Mio. EUR profitieren. 11 Für Unternehmen, die höhere Beihilfebeträge erhalten, sieht der befristete Krisenrahmen Verpflichtungen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks des Energieverbrauchs und zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen vor. Außerdem wurden die Höchstbeträge für Beihilfen für die Primärlandwirtschaft (Landwirte) angehoben, sodass die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls den Erwerb von Düngemitteln durch Landwirtinnen und Landwirte unterstützen können.

Staatliche Unterstützung kann neben staatlichen Beihilfemaßnahmen weitere Formen annehmen. So können etwa Behörden (angesichts ihrer Verhandlungsmacht) Düngemittel zu günstigeren Marktpreisen erwerben und sie den Landwirtinnen und Landwirten zu niedrigeren Preisen anbieten (dabei wäre ein Element staatlicher Beihilfe gegeben), und zwar innerhalb der geltenden Grenzen des Rahmens. Die Mitgliedstaaten könnten auch sicherstellen, dass Düngemittel in angemessener und nichtdiskriminierender Weise unter den Landwirtinnen und Landwirten aufgeteilt werden, insbesondere, wenn eine Rationierung von Gas notwendig werden sollte.

2.5.Andere EU-Finanzhilfen

Aufgrund einer Obergrenze für die Markterlöse bestimmter Stromerzeuger und des Solidaritätsbeitrags 12 verfügen die Mitgliedstaaten gegebenenfalls über Mittel, die sie u. a. über den Rahmen an energieintensive Branchen wie Landwirtschaft und Düngemittelherstellung weiterleiten können (schätzungsweise bis zu 140 Mrd. EUR). So können Unternehmen in energieintensiven Wirtschaftszweigen unterstützt werden, sofern sie Investitionen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz oder andere Dekarbonisierungstechnologien vornehmen. Die kürzlich vorgeschlagenen gezielten und außergewöhnlichen Maßnahmen (SAFE – Supporting Affordable Energy) im Rahmen der Vorschriften der Kohäsionspolitik 2014–2020 würden es den nationalen Behörden ermöglichen, bis zu 40 Mrd. EUR umzuschichten, um KMU, Arbeitnehmer und finanziell schwächere Haushalte bei der Bewältigung der steigenden Energiepreise zu unterstützen. Darüber hinaus ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen Vorrang einzuräumen, die auf die Erschwinglichkeit von Düngemitteln abzielen und damit die Ernährungssicherheit verbessern.

Angesichts der derzeitigen Energiekrise hat die Kommission vorgeschlagen, gezielte Änderungen an der Verordnung über die Aufbau- und Resilienzfazilität vorzunehmen, um spezielle REPowerEU-Kapitel aufzunehmen, die die Mitgliedstaaten in ihre bestehenden Aufbau- und Resilienzpläne integrieren können. Die Kommission hat Leitlinien für die Mitgliedstaaten herausgegeben, wie deren Aufbau- und Resilienzpläne durch spezielle REPowerEU-Kapitel geändert und ergänzt werden können, die auf Energieeinsparungen, die Diversifizierung der Energieversorgung und die beschleunigte Einführung erneuerbarer Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe in Haushalten, in der Industrie und bei der Stromerzeugung abzielen sollten. Als Teil dieser Diversifizierung und unter uneingeschränkter Achtung des Grundsatzes der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ 13 können die Mitgliedstaaten bei der Überarbeitung ihrer Pläne Unterstützung für eine nachhaltige Herstellung von Düngemitteln vorsehen.

Im Rahmen von Horizont Europa 14 werden für den Zeitraum des aktuellen Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 gezielte Investitionen in Höhe von rund 9 Mrd. EUR mobilisiert, die für die Arbeitsprogramme, Partnerschaften und Missionen des Clusters 6 in den Bereichen Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt bestimmt sind. In den ersten beiden Jahren der Laufzeit von Horizont Europa dürften über 35 Projekte mit einem Budget von rund 180 Mio. EUR sich mit Düngemitteln in der Landwirtschaft befassen, darunter Projekte zur Optimierung der Nährstoffbilanz sowie zu alternativen Düngeprodukten und naturbasierten und agrarökologischen Lösungen für das Nährstoffmanagement. Mittel werden auch im Rahmen der Mission „Ein Boden-Deal für Europa“ gewährt. Eines der spezifischen Ziele der Mission besteht darin, die Bodenverschmutzung zu reduzieren und Maßnahmen zur Verringerung des Düngemitteleinsatzes und der Nährstoffverluste zu ergreifen.

2023 wird die Kommission eine neue Challenge des Europäischen Innovationsrats für eine widerstandsfähige Landwirtschaft mit einem Budget von 65 Mio. EUR auf den Weg bringen, um Agrartechnologie-Start-ups bei der raschen Entwicklung von technologieintensiven Innovationen zur Erhaltung und Verbesserung des Ernteertrags mittels umweltfreundlicher Technologien, insbesondere im Bereich der Düngung, zu unterstützen.

Aus dem Innovationsfonds des Emissionshandelssystems (EHS) werden ebenfalls innovative Demonstrationsprojekte finanziert, die zu den Zielen der Kreislaufwirtschaft beitragen und mit der Rückgewinnung von Materialien (unter anderem Nährstoffen) aus Abfällen und Abwasser verknüpft sind.

2.6.Organische Düngemittel

Die Substitution mineralischer Düngemittel durch organische Düngemittel ist Teil der Lösung zur Verringerung der Abhängigkeit der EU von Gas und wird auch durch das EU-Ziel für Biolandwirtschaft 15 (25 % der landwirtschaftlichen Fläche bis 2030) gefördert. Sie wird dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck von Düngemitteln zu verringern.

Seit Juli 2022 wurde mit der Verordnung über Düngeprodukte 16 der Binnenmarkt geöffnet, insbesondere für Düngemittel aus verwerteten Abfällen und Nebenprodukten, die in der EU verfügbar sind. Die Verordnung fördert grüne und kreislauforientierte Alternativen zu Erdgas und abgebauten Rohstoffen für die Düngemittelproduktion. Spezielle EU-Düngeprodukte wie Düngemittel mit Hemmstoffen, Langzeitdüngemittel und Pflanzen-Biostimulanzien werden die Effizienz erhöhen und somit die Düngemittelmenge für optimale Erträge verringern. Die bevorstehende Festlegung von Endpunkten in der Herstellungskette im Rahmen der Verordnung über tierische Nebenprodukte – eine Vorbedingung für den von der Verordnung über Düngeprodukte gewährten Marktzugang – wird einen weiteren wichtigen Fortschritt darstellen.

Die Entwicklung von Methoden zur Ausweitung des effizienten Nährstoffrecyclings organischer Abfälle (z. B. Gülle, anaerobe Vergärung, Klärschlamm und andere organische Abfallströme) zu erneuerbaren biobasierten Düngeprodukten trägt zu den Zielen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ bei. Ein wichtiges Element dabei ist die Trennung und Sammlung von Bioabfällen. Eine bessere lokale Nutzung organischer Abfälle ist nicht nur für die Umwelt von Nutzen, sondern hat auch wirtschaftliche Vorteile für Tierhalter und Ackerbauern und wird die Abhängigkeit der europäischen Landwirtschaft von importierten mineralischen Düngemitteln verringern. Am 26. Oktober 2022 nahm die Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 17 an, einschließlich strengerer Verpflichtungen zur Rückgewinnung von Nährstoffen aus Abwasser, die dann in der Landwirtschaft wiederverwendet werden können.

Die Verwendung von Gülle und verarbeiteter Gülle 18 im Einklang mit der Nitratrichtlinie kann dazu beitragen, dass Landwirtinnen und Landwirte weniger anfällig gegenüber volatilen Mineraldüngerpreisen werden und Nährstoffkreisläufe schließen können. 19 Die kreislauforientierte Nutzung von Bioabfällen als Düngemittel wird Teil des Aktionsplans der Kommission für integriertes Nährstoffmanagement sein, der Anfang 2023 angenommen wird. In diesem Zusammenhang wird die Kommission auch weitere regulatorische und nicht regulatorische Schritte prüfen, um eine umfassendere Nutzung von aus Gülle zurückgewonnenen Nährstoffen zu ermöglichen.

2.7.Alternative Bezugsquellen für Einfuhren und Aussetzung der Einfuhrzölle für Ammoniak und Harnstoff

Die Diversifizierung der Versorgungsquellen für importierte Düngemittel und Zwischenprodukte zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Düngemitteln stellt eine pragmatische Reaktion auf Produktionsrückgänge in der EU dar, insbesondere in Regionen, in denen geeignete Hafenanbindungen bestehen. In diesem Zusammenhang fördern die Freihandelsabkommen der EU den Zugang zu Düngemitteln von wichtigen Handelspartnern. Dies ändert jedoch nichts am strategischen Interesse der EU an einem wettbewerbsfähigen Düngemittelproduktionssektor in der EU.

Die Kommission hat sich an alternative Düngemittellieferanten gewandt, um fehlende Mengen aus Russland und Belarus auszugleichen. Oman, Turkmenistan und Katar wurden als alternative Quellen für Stickstoffdünger ermittelt. Die Volkswirtschaften dieser Nicht-EU-Länder werden von solchen Einfuhren durch mehr Wachstum und Beschäftigung profitieren. Die Einfuhren aus Ägypten und Algerien sind erheblich gestiegen (um fast 20 % bzw. 40 %), wobei Ägypten Russland 2022 wahrscheinlich als Haupteinfuhrquelle der EU ablösen wird.

Für die Einfuhr von Stickstoffdüngern in die EU gilt ein Meistbegünstigungszollsatz von 6,5 %. 20 Die Kommission hat vorgeschlagen, diese Zölle für zwei wichtige Zwischenprodukte, die bei der Herstellung von Stickstoffdüngern verwendet werden, nämlich Ammoniak und Harnstoff, bis Ende 2024 auszusetzen. 21 Dies würde die Versorgung mit und die Erschwinglichkeit von Ammoniak und Harnstoff verbessern und die Diversifizierung der Einfuhren fördern. Der Vorschlag wird derzeit im Rat erörtert. Im Jahr 2019 führte die Kommission im Anschluss an eine Untersuchung von Dumping, das die EU-Wirtschaft schädigte, Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL) aus Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten ein. Am 26. Oktober 2022 beschloss die Kommission, diese nicht auszusetzen. 22  

2.8.Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Versorgung mit und der Erschwinglichkeit von Gas

Bereits seit einem Jahr unternimmt die Kommission entscheidende Schritte, um die Gasversorgungssicherheit zu gewährleisten und die Gasmärkte zu stabilisieren. Am 13. Oktober 2021 veröffentlichte sie Leitlinien für die Mitgliedstaaten („Energiepreis-Toolbox“), um die unmittelbaren Auswirkungen von Preiserhöhungen zu bewältigen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Schocks zu stärken. 23  

Mit dem REPowerEU-Plan vom 18. Mai 2022 wurden Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Gasmärkte und zur Förderung von erneuerbarem Gas sowie von Energieeinsparungen, zur Diversifizierung der Energieversorgung und zur beschleunigten Einführung erneuerbarer Energien vorgelegt, um die Auswirkungen von Versorgungsunterbrechungen zu begrenzen und die Energiepreise unter Kontrolle zu halten.

In ihrer Mitteilung „Gaseinsparungen für den Winter 24 vom Juli 2022 traf die Kommission weitere Vorbereitungen, damit die EU für den Winter gewappnet ist. Die Maßnahmen zur Verringerung der Nachfrage sowie die im Rahmen der Verordnung über die Gasspeicherung unternommenen Anstrengungen, die Ziele der Union für die Gasspeicherung zu erreichen oder sogar zu übertreffen, waren erfolgreich. Obwohl die Preise nach wie vor auf einem historisch hohen Niveau liegen, sind sie im Vergleich zu ihrem Höchststand im August 2022 gesunken. Die Kommission hat den Mitgliedstaaten Leitlinien zu den aus gesellschaftlicher Sicht als kritisch oder strategisch wichtig eingestuften Wirtschaftszweigen zur Verfügung gestellt, um entsprechend zu priorisieren. Der Lebensmittelsektor wird ebenso als kritischer Sektor eingestuft wie der Düngemittelsektor, da dieser den gesellschaftlich relevanten Agrarsektor in der gesamten EU bedient. Die Kommission weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten dem kontinuierlichen und ununterbrochenen Zugang von Düngemittelherstellern zu Erdgas im Falle einer Gasrationierung im Rahmen ihrer nationalen Notfallpläne Vorrang einräumen können.

Vor kurzem, nämlich am 18. Oktober 2022, hat die Kommission eine neue Notfallverordnung vorgeschlagen, um die hohen Gaspreise in der EU anzugehen und die Versorgungssicherheit in diesem Winter zu gewährleisten. 25 Dies erfolgt durch gemeinsame Gasbeschaffung, durch Preisbegrenzungsmechanismen, durch neue Maßnahmen zur transparenten Infrastrukturnutzung und zur Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sowie durch kontinuierliche Anstrengungen zur Verringerung der Gasnachfrage. Diese neuen Maßnahmen werden auch dazu beitragen, den Preisdruck, dem die europäischen Bürgerinnen und Bürger und die europäische Industrie ausgesetzt sind, weiter zu mindern und gleichzeitig die Versorgungssicherheit und einen funktionierenden Binnenmarkt zu gewährleisten.

2.9.Förderung der Produktion von grünem Ammoniak und Biomethan

Was Stickstoffdünger betrifft, so ist Ammoniak, das mit erneuerbarem CO2-armen oder anderem grünen Wasserstoff hergestellt wird, eine vielversprechende Technologie, die die Treibhausgasemissionen aus dem Düngemittelherstellungsprozess erheblich senken dürfte. Der Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff würde darüber hinaus die Abhängigkeit der EU von Erdgas bei der Herstellung von Düngemitteln beenden. Obwohl viele Großprojekte laufen, werden diese erst ab 2025 erhebliche Mengen von Düngemittel produzieren.

Die Ausweitung der Ammoniakproduktion auf der Grundlage von erneuerbarem Wasserstoff ist nach wie vor herausfordernd, nicht zuletzt aufgrund mangelnder Infrastruktur, langwieriger Genehmigungsverfahren und eines Rechtsrahmens, der sich noch in der Entwicklung befindet. Der REPowerEU-Plan enthält eine Reihe von Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Da die Gaspreise steigen, werden diese Projekte im Vergleich zu Ammoniak, das auf Erdgas basiert, wirtschaftlich tragfähig, wodurch ihr Einsatz beschleunigt wird. Um die Branche für erneuerbaren Wasserstoff in der EU auszubauen, wird eine neue Europäische Wasserstoffbank eingerichtet, die 3 Mrd. EUR in die Ankurbelung eines Wasserstoffmarkts in der EU investiert, unter anderem durch die Abstimmung von Angebot und Nachfrage.

Neben dem befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen hat die Kommission kürzlich ihr Instrumentarium für staatliche Beihilfen 26 überarbeitet und modernisiert, mit dem die Mitgliedstaaten die Umstellung der europäischen Stickstoffdüngemittelindustrie auf Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder auf erneuerbaren Wasserstoff ebenso unterstützen können wie lokale Projekte zur Rückgewinnung von Nährstoffen, sofern die einschlägigen Bedingungen erfüllt sind.

Die Kommission ist bestrebt, ein stabiles und praktikables Regelungsumfeld für die Erzeugung von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff zu gewährleisten und so sicherzustellen, dass sich der Markt für aus solchem Wasserstoff hergestellte Düngemittel rasch entwickeln kann. Die Kommission wird demnächst zwei delegierte Rechtsakte gemäß der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Schaffung eines Rechtsrahmens für erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs veröffentlichen.

Biomethan birgt ein vielversprechendes Substitutionspotenzial zu Gas, insbesondere in Gebieten, in denen erneuerbarer Wasserstoff weniger wettbewerbsfähig wäre. Wie in REPowerEU dargelegt, ist die Ausweitung der nachhaltigen Biomethanproduktion auf 35 Mrd. m³ bis 2030 ein kosteneffizienter Weg, um die Erdgaseinfuhren der EU aus Russland zu reduzieren. Dies wird nicht nur erneuerbare Energie liefern und das Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte steigern, sondern auch einen neuen Versorgungsstrom für organische Düngemittel schaffen. Die Europäische Industrieallianz für Biomethan wurde am 28. September 2022 mit dem Ziel ins Leben gerufen, bis 2030 Biomethan im Umfang von 35 Mrd. m³ jährlich zu erzeugen und zu nutzen.

Darüber hinaus wird die Kommission Maßnahmen prüfen, die dazu beitragen können, grüne Düngemittel beim Übergang zu einer vollständig dekarbonisierten Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen.

3.Sicherstellung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln weltweit

3.1.Unterstützung multilateraler und bilateraler Initiativen durch die EU

Die Europäische Union hat rasch auf den systemischen Schock reagiert, der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verursacht wurde, und zwar durch die auf vier verschiedene Aspekte abzielende Reaktion von Team Europa auf die globale Ernährungsunsicherheit: 1) Solidarität, 2) Erzeugung, 3) Handel und 4) Multilateralismus. Insgesamt wird die Europäische Union bis 2024 voraussichtlich Mittel in Höhe von 7,7 Mrd. EUR zur Unterstützung der weltweiten Ernährungssicherheit und nachhaltiger Lebensmittelsysteme bereitstellen. Die EU unterstützt unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Bodengesundheit sowie Initiativen für einen optimalen und nachhaltigeren Einsatz von Düngemitteln.

Die Kommission würdigt die Arbeit der von den Vereinten Nationen geleiteten Globalen Krisenreaktionsgruppe für Ernährung, Energie und Finanzen sowie andere internationale Initiativen wie die Globale Allianz der G7 für Ernährungssicherheit, den Handlungsaufruf und FARM. Zu diesen Initiativen gehören Maßnahmen zur Behebung von Engpässen bei Düngemitteln, insbesondere indem die Märkte offen gehalten und Ausfuhrbeschränkungen vermieden werden, die vorübergehende Erhöhung der Düngemittelproduktion, um Engpässe auszugleichen, die Unterstützung der Innovation im Bereich Düngemittel und die Förderung von Verfahren zur Maximierung der Düngemitteleffizienz.

Die Kommission verstärkt den multilateralen Ansatz in ihren bilateralen Gesprächen mit strategischen Partnern. So werden beispielsweise im Rahmen der Plattform für die Zusammenarbeit in der Landwirtschaft, die im November 2021 mit den Vereinigten Staaten eingerichtet wurde, wichtige Fragen erörtert, wie der Mangel an zuverlässigen Informationen über Angebot und Nachfrage auf internationalen Märkten, die Notwendigkeit, die Effizienz der pflanzlichen Erzeugung und den Einsatz von Nährstoffen zu verbessern, und die Verbesserung der Produktionsverfahren durch die Nutzung von Daten und eine präzise Ausbringung. Die Kommission und Kanada werden eine gemeinsame Veranstaltung zum nachhaltigen Einsatz von Düngemitteln ausrichten, deren Schwerpunkt auf der Optimierung des Einsatzes und der Entwicklung neuer Produkte liegt.

Die Kommission wird sich der Global Fertilizer Challenge anschließen, die auf dem Forum der führenden Wirtschaftsnationen im Juni 2022 ins Leben gerufen wurde. Mit der Initiative soll die weltweite Ernährungssicherheit gestärkt und sollen die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verringert werden, indem sie insbesondere durch eine bessere Nährstoffbewirtschaftung, eine höhere Effizienz des Düngemitteleinsatzes, alternative landwirtschaftliche Verfahren und Alternativen zu mineralischen Düngemitteln dazu beiträgt, Engpässe bei der Düngemittelversorgung zu verringern. Die Kommission eruiert derzeit konkrete Maßnahmen, mit denen sie zu den Zielen der Global Fertilizer Challenge beitragen kann.

Zusätzlich zu den Auswirkungen der russischen Invasion sind die globalen Düngemittelmärkte stark von Marktstörungen betroffen. Wichtige Erzeugerländer wie Russland und China haben Ausfuhrbeschränkungen eingeführt, die sich auf 20 % des weltweiten Düngemittelhandels (als Anteil von Nährstoffen) ausgewirkt haben. 27 Die EU setzt alles daran, mit ihren Partnern und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, um solche Handelsbeschränkungen zu vermeiden.

3.2.Unterstützung der Partnerländer: Nachhaltige Bewirtschaftung zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und Produktionskapazitäten der Landwirtinnen und Landwirte

Der weltweite Verbrauch von mineralischen Düngemitteln je Hektar Ackerland ist sehr unterschiedlich. 28  Diversifizierte landwirtschaftliche Verfahren, Zugang zu Wasser, angemessene Schulungen und Beratungsdienste für den ländlichen Raum, gesicherte Bodenrechte, fairer Zugang zu hochwertigem Saatgut und Zugang zu Krediten gehören zu den wichtigsten Hebeln, um die Produktions- und Resilienzstrategien der Landwirtinnen und Landwirte zu unterstützen. Diese Faktoren sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere in Gebieten, in denen die Bodendegradation zu einer geringen Wirksamkeit von Düngemitteln führt.

Vor diesem Hintergrund und im Einklang mit ihrer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie setzt sich die Kommission entschlossen dafür ein, weltweit innovative Ansätze zur Unterstützung einer integrierten Bewirtschaftung zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu fördern, indem verschiedene standortspezifische Lösungen angewandt werden, die nachhaltige Ertragsgewinne begünstigen. Diversifizierte Agrarökosysteme, ein höherer Gehalt an organischen Substanzen im Boden und ein besseres Nährstoffkreislaufmanagement werden i) die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel erhöhen, ii) durch eine umfassendere Speicherung von Kohlenstoff im Boden zum Klimaschutz beitragen und iii) die Erhaltung der biologischen Vielfalt verbessern.

Obwohl nicht alle Landwirtinnen und Landwirte in jedem Land in gleicher Weise und in gleichem Umfang betroffen sind, unterstützt die EU alle ihre Partner dabei, ihre Abhängigkeit von importierten Düngemitteln und mineralischen Düngemitteln zu verringern, indem sie in Alternativen, einschließlich organischer Düngemittel, sowie in nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit investiert. Entsprechend dieser Ziele wurden im Anschluss an den Weltgipfel 2021 der Vereinten Nationen zu Ernährungssystemen länderspezifische Pfade zur Transformation der nationalen Lebensmittelsysteme eingeführt. Dazu werden eine Reihe von Maßnahmen entwickelt, die aus dem Instrument „NDICI 29 /Europa in der Welt“ finanziert werden, unter anderem aus der mit 225 Mio. EUR ausgestatteten neuen Nahrungsmittel- und Resilienzfazilität für Nordafrika und den Nahen Osten, sowie aus der Entwicklungsdotation der kürzlich angekündigten Unterstützung in Höhe von 600 Mio. EUR aus den EEF-Reserven für AKP-Länder und der Nahrungsmittel- und Resilienzfazilität. Insbesondere wird die EU

-den Dialog und Erfahrungsaustausch erleichtern, Forschungs- und Innovationstätigkeiten unterstützen, insbesondere in Ländern mit hohem Düngemitteleinsatz und/oder geringer Effizient des Nährstoffeinsatzes;

-über spezifische landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten hinaus eng mit Landwirtschaftsverbänden zusammenarbeiten und diese Organisationen systematisch mit landwirtschaftlichen Forschungsorganisationen und dem Privatsektor in Verbindung setzen, wobei unter anderem auf den Portfolios DeSIRA und GCCA+ 30 aufgebaut wird;

-agrarökologische Ansätze fördern, auch in Bezug auf bestimmte Wertschöpfungsketten und Kulturen, und nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren unterstützen, die für die Verbesserung und Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit von wesentlicher Bedeutung sind (Leguminosen und Pflanzenproteine, Deckfrüchte, Agrarforstwirtschaft, Viehzucht mit verschiedenen Tierarten usw.). Solche Maßnahmen werden im Rahmen der mit 225 Mio. EUR dotierten regionalen „Nahrungsmittel- und Resilienzfazilität“ beispielsweise in Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Libanon und Syrien umgesetzt;

-den Zugang zu Düngemitteln verbessern und den effizienten Einsatz von Düngemitteln für Kleinbetriebe erleichtern, und zwar durch transparente und zielgerichtete Instrumente (z. B. elektronische Gutscheine, Zuzahlungsregelungen, Effizienzsteigerung durch die Nutzung von Mikrodosen), effiziente Beratungsdienste (Berechnung der Nährstoffbilanz, Mobilisierung verschiedener Nährstoffquellen) und verbesserte Förderprogramme der öffentlichen Hand für mineralische und organische Düngemittel;

-laufende strategische Partnerschaften fördern, insbesondere mit der CGIAR 31 , dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) und der FAO, um die nachhaltige Bewirtschaftung zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu stärken und agrarökologische Ansätze zu erleichtern.

Darüber hinaus will die EU ihre humanitäre Hilfe im Ernährungsbereich weiter stärken, die sich 2022 bislang bereits auf mehr als 900 Mio. EUR beläuft. Das sind rund 55 Prozent mehr als im vergangenen Jahr und fast 80 Prozent mehr als 2020. Mit den Mitteln werden die Ernährungssicherheit und der Ernährungszustand gefährdeter Bevölkerungsgruppen je nach Land und regionalen Gegebenheiten auf unterschiedliche Art und Weise gestärkt (direkte Nahrungsmittelhilfe in Form von Sach-/Barmitteln, einschließlich Mehrzweck-Bargeldhilfen, Nährstoffe).

3.3.Markttransparenz und Agrarmarkt-Informationssystem (AMIS) der G20

Die EU wird weiter die Markttransparenz fördern, um die Stabilität der Märkte zu gewährleisten und Marktstörungen und Preisexplosionen zu vermeiden. Die Kommission begrüßt die Ausweitung des AMIS der G20 auf den Düngemittelmarkt und verpflichtet sich, dem AMIS-Sekretariat alle erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen und es zu unterstützen. In diesem Zusammenhang prüft die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Möglichkeiten für eine Aufstockung der Mittel für das AMIS.

3.4.Erleichterung des weltweiten Düngemittelhandels

Wie in der Mitteilung der Kommission vom 23. März verdeutlicht, wird sich die EU weiterhin gegen Maßnahmen zur Beschränkung oder zum Verbot der Ausfuhr von Düngemitteln einsetzen. Die EU wird in internationalen Foren (insbesondere in der WTO, der G7 und der FAO) eng mit anderen Ländern zusammenarbeiten, um Handelsbeschränkungen oder Ausfuhrverbote für Düngemittel zu vermeiden und offene, transparente und berechenbare Rahmenbedingungen für den Handel zu gewährleisten. In diesem Sinne wird die EU Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz in Bezug auf Ausfuhrbeschränkungen (auch für Düngemittel) fördern, um die Verpflichtungen umzusetzen, die sie im Rahmen der auf der letzten WTO-Ministerkonferenz vereinbarten Erklärung zum Thema Ernährungsunsicherheit eingegangen ist.

Die neuen und erweiterten Logistikrouten, die im Rahmen der Solidaritätskorridore zwischen der EU und der Ukraine eingerichtet wurden, sind zu wichtigen Routen für ukrainische Ausfuhren von Gütern aus der Landwirtschaft und anderen Sektoren geworden. Seit August hat die von den Vereinten Nationen vermittelte Schwarzmeer-Getreide-Initiative zur Wiederankurbelung von Getreidelieferungen aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen beigetragen. Insgesamt haben beide Initiativen die Ausfuhr von mehr als 22 Mio. Tonnen ukrainischem Getreide, Ölsaaten und verwandten Erzeugnissen zwischen Mai und Oktober ermöglicht. Ein erheblicher Teil dieser landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurde in bedürftige Partnerländer transportiert.

Gleichzeitig hat die EU den Agrar- und Lebensmittelsektor sowie Düngemittel im Wesentlichen von ihren restriktiven Maßnahmen gegen Russland ausgenommen. 32 Da es sich bei diesen Sanktionen nicht um extraterritoriale Sanktionen handelt, gelten sie nicht für Unternehmen oder Einzelpersonen aus Drittländern, die ausschließlich außerhalb der EU tätig sind. Darüber hinaus ermöglichen sie die Verbringung von Kalidüngern, die aus Russland stammen oder aus Russland in Nicht-EU-Länder verbracht werden, durch EU-Wirtschaftsteilnehmer oder über das Gebiet der EU. 33 Die Finanzierung oder finanzielle Unterstützung im Zusammenhang mit solchen Transfers sowie die Erbringung von Versicherungsdienstleistungen sind zulässig. Darüber hinaus enthalten die EU-Sanktionen spezifische Bestimmungen, um sicherzustellen, dass Transaktionen mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Russland, einschließlich Düngemitteln, reibungslos abgewickelt werden können. Die Kommission hat hierzu Leitlinien herausgegeben, um die Mitgliedstaaten bei der wirksamen und einheitlichen Umsetzung der EU-Sanktionen zu unterstützen, was für den Agrar- und Lebensmittelsektor von entscheidender Bedeutung ist. Darüber hinaus arbeitet die Kommission weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen zusammen, um sicherzustellen, dass die Leitlinien und die Umsetzung durch die zuständigen Behörden transparent und kohärent sind, die Industrie funktionale Lieferketten unter uneingeschränkter Einhaltung der EU-Sanktionen aufrechterhalten kann und die Verfügbarkeit von Düngemitteln für die Landwirtschaft gewährleistet ist. Die EU-Sanktionen haben ein klares Ziel, nämlich die Abschreckung und Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Aus diesem Grund werden mit den EU-Sanktionen Beschränkungen für einige Schlüsselsektoren der Wirtschaft eingeführt, um die Finanzierung der russischen Kriegsmaschinerie zu verhindern und die Vermögenswerte von Personen und Organisationen, die den Krieg unterstützen, einzufrieren. Entgegen den Behauptungen der russischen Propaganda stehen diese Ziele jedoch der Ernährungssicherheit nicht entgegen.

3.5.Erschwinglichkeit durch einen größeren haushaltspolitischen Spielraum

Höhere Einfuhrpreise für Lebens- und Düngemittel, Unterbrechungen der Lieferketten für Lebensmittelimporteure sowie Einnahmeausfälle für einige Lebensmittelexporteure erhöhen den kurzfristigen Zahlungsbilanzbedarf bestimmter Drittländer. Der Beitrag der EU in Höhe von 100 Mio. EUR zum IWF-Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum (PRGT) und dessen Hebelwirkung wird ärmere Länder unterstützen, deren Importkosten gestiegen sind. Der IWF hat kürzlich einen Finanzierungsmechanismus für Nahrungsmittelpreisschocks ins Leben gerufen. Die EU unterstützt diesen Mechanismus durch ihren Beitrag zum PRGT, da dies den AKP-Staaten (vor allem Ländern mit niedrigem Einkommen) den Zugang zu Darlehen zu Vorzugsbedingungen erleichtert, um die Folgen der Nahrungsmittelkrise abzufedern. Darüber hinaus wird die EU mit der neuen Fazilität für Ernährungssicherheit und Resilienz in Höhe von 225 Mio. EUR unter anderem die Stabilisierung der Zahlungsbilanz in den Ländern der südlichen Nachbarschaft unterstützen, und diese Unterstützung sollte 2023 weiter verlängert werden.

3.6.Stärkung der Partnerschaften mit internationalen Finanzinstitutionen

Die EU wird nach Wegen suchen, um Partnerschaften zu stärken und innovative und nachhaltige Investitionen im Agrarsektor zu entwickeln, indem sie die Zusammenarbeit mit internationalen Finanzinstitutionen im Rahmen von Global Gateway als Teil einer umfassenden Reaktion von Team Europa verstärkt, unter anderem im Rahmen des Investitionsfensters „Offene Architektur“ in der Landwirtschaft des Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+). Der EFSD+ unterstützt klimaintelligente Landwirtschaftssysteme und Wertschöpfungsketten. Das Portfolio der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung umfasst bereits erhebliche Investitionen im Privatsektor der Agrarindustrie. Die Europäische Investitionsbank stellt dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) ein Darlehen zu Vorzugsbedingungen in Höhe von 500 Mio. EUR zur Verfügung, damit Investitionen zur Förderung der nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktion und zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit finanziert werden können.

3.7.Strategische Kommunikation und Bekämpfung von Desinformation

Die Kommission wird die gemeinsame Kommunikation über ihre Anstrengungen im Bereich Düngemittel auf multilateraler, regionaler und Länderebene ausweiten, auch über die EU-Delegationen, um auf Beobachtungen und Bedenken in Partnerländern einzugehen. Parallel dazu wird die EU – unter anderem über öffentliche Kanäle der EU wie EUvsDisinfo und mit gleich gesinnten Partnern wie der G7 und der NATO – weiterhin die Manipulation von Informationen und die Einmischung durch Russland überwachen und bekämpfen, die darauf abzielen, von seiner Verantwortung für die Ernährungssicherheitskrise aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine abzulenken.

4.Schlussfolgerung

Düngemittel sind wichtig, um die kontinuierliche Herstellung von Lebens- und Futtermitteln in der EU und weltweit zu gewährleisten. Hohe Gaspreise und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Abhängigkeit von einer begrenzten Zahl von Lieferanten – darunter Russland – haben die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln vermindert und somit die Ernährungssicherheit gefährdet, insbesondere in den ärmsten Ländern der Welt.

Daher sind kurzfristige Maßnahmen erforderlich, um die Landwirtschaft und die Düngemittelindustrie zu unterstützen. Diese umfassen eine bessere Markttransparenz, Unterstützungsmaßnahmen zugunsten von Düngemittelerzeugern und Landwirten durch staatliche Beihilfen und EU-Mittel etwa durch GAP-Strategiepläne und Marktmaßnahmen im Rahmen der Agrarreserve, die Diversifizierung der Einfuhrquellen von Düngemitteln sowie Maßnahmen zur Gassicherung und zur Begrenzung der Gaspreise. Zugleich werden nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren für einen effizienteren Einsatz von Düngemitteln und eine geringere Abhängigkeit von Düngemitteln gefördert. Solche Maßnahmen sollten stets mit den langfristigen Zielen des Grünen Deals der EU und den damit verbundenen Strategien im Einklang stehen.

Die EU wird weiter mit den Mitgliedstaaten, den Europäischen Entwicklungsbanken, internationalen Organisationen, Partnerländern und anderen wichtigen Akteuren zusammenarbeiten, um die Auswirkungen der verminderten Erschwinglichkeit von Düngemitteln auf die weltweite Ernährungssicherheit abzumildern und ihren effizienten Einsatz zu verbessern. Die EU hat sich neuen internationalen Initiativen wie der Global Fertilizer Challenge angeschlossen, intensiviert ihre Partnerschaft mit internationalen Finanzinstitutionen und wird weiterhin Maßnahmen zur Gewährleistung der globalen Markttransparenz und zur Vermeidung von Ausfuhrbeschränkungen fördern.

Mittel- und langfristig können die Herausforderungen in Bezug auf die Versorgung mit Düngemitteln sowie die Umwelt und das Klima nicht zuletzt durch den Übergang zu einer nachhaltigen Verwendung von Düngemitteln und den Einsatz nachhaltiger Alternativen zu mineralischen Düngemitteln gemeistert werden. Die Unterstützung des Recyclings von Nährstoffen aus Abfallströmen und die Ausweitung der Erzeugung von grünem Ammoniak werden wichtige flankierende Maßnahmen sein. Dies wird den Landwirtinnen und Landwirten, der Umwelt und dem Klima zugutekommen und gleichzeitig die Abhängigkeit der EU von aus fossilen Brennstoffen gewonnenen Düngemitteln verringern. Dies sollte mit weiteren Bemühungen um eine bessere Markttransparenz, die Diversifizierung der Einfuhrquellen, die Verhinderung von Marktbeschränkungen und Maßnahmen zur Gewährleistung einer erschwinglichen und sicheren Energieversorgung einhergehen.

Dieser Ansatz bietet auch für die Partnerländer der EU Chancen. Die EU wird sie dabei unterstützen, Alternativen zu mineralischen Düngemitteln auf der Grundlage einer nachhaltigen Bewirtschaftung zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit zu fördern.

Die derzeitige Krise bietet die Chance, den Übergang zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem zu beschleunigen, sich von der problematischen Abhängigkeit von synthetischen Düngemitteln zu lösen und gleichzeitig eine angemessene und erschwingliche Düngemittelversorgung für die Landwirtschaft in der EU und weltweit zu gewährleisten.

(1)    Siehe Anhang 1 dieser Mitteilung, der eine kurze Erläuterung der biologischen und chemischen Prozesse enthält, die der Funktionsweise und den Auswirkungen von Düngemitteln zugrunde liegen.
(2)    Siehe Mitteilung der Kommission vom 23. März 2022 mit dem Titel „Gewährleistung der Ernährungssicherheit und Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Lebensmittelsysteme“, COM(2022) 133 final.
(3)    Bei den geografischen Aggregaten handelt es sich um FAOSTAT-Aggregate oder daraus abgeleitete Aggregate.
(4)    Der Zustand und die Dynamik des Düngemittelmarkts in der EU und weltweit werden in Anhang 2 dieser Mitteilung zusammenfassend erläutert.
(5)    Die wichtigsten Makronährstoffe, die bei der Düngemittelherstellung verwendet werden, sind Stickstoff, Phosphor und Kalium.
(6)    In diesem Zusammenhang wird der Vorschlag für das Bodengesundheitsgesetz im Jahr 2023 weitere gezielte mittel- und langfristige Antworten auf die Frage der Bedeutung der Bodenfruchtbarkeit für die Ernährungssicherheit in der EU liefern.
(7)    Die GLÖZ (guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand) und die GAB (Grundanforderungen an die Betriebsführung), die den Bereich Nährstoffe betreffen, sind die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Nitratrichtlinie (GAB 2), die Einrichtung von Pufferstreifen entlang von Wasserläufen (GLÖZ 4), Maßnahmen zur Vermeidung von Bodenerosion und zur Gewährleistung einer Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 5 und 6) sowie die Fruchtfolge (GLÖZ 7).
(8)    Zwischenfrüchte nehmen überschüssigen Stickstoff aus der Düngung der vorherigen Kultur auf, wodurch verhindert wird, dass dieser durch Auswaschen verloren geht.
(9)    Investitionen in die Präzisionslandwirtschaft sind in 24 Planentwürfen ausdrücklich erwähnt.
(10)    Das Betriebsnachhaltigkeitsinstrument für Nährstoffe ermöglicht es den Landwirtinnen und Landwirten, ihren Einsatz von Düngemitteln in Bezug auf Zeitpunkt, Menge und Ort der Ausbringung zu optimieren.
(11)    Mitteilung der Kommission „Befristeter Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine“ (C(2022) 7945 final).
(12)    Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise.
(13) 12. Februar 2021, Bekanntmachung der Kommission „Technische Leitlinien für die Anwendung des Grundsatzes der ,Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen‘“ (2021/C58/01).
(14) Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 zur Einrichtung von „Horizont Europa“, dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, sowie über dessen Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1290/2013 und (EU) Nr. 1291/2013.
(15)    Im ökologischen/biologischen Landbau sind keine synthetischen Düngemittel erlaubt.
(16)    Verordnung (EU) 2019/1009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit Vorschriften für die Bereitstellung von EU-Düngeprodukten auf dem Markt.
(17)    Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser.
(18)    JRC 2020, „REcovered Nitrogen from manURE“ – Technische Vorschläge für die sichere Verwendung verarbeiteter Gülle oberhalb des Schwellenwerts, der in der Nitratrichtlinie für nitratgefährdete Gebiete festgelegt wurde („RENURE“, aus Dung zurückgewonnener Stickstoff). Dieser Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle von 2020 kommt zu dem Schluss, dass erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung von Technologien zur Verringerung der Auswaschung verarbeiteter Gülle erzielt wurden. Die verfügbaren Technologien dürften jedoch Produkte mit höheren Ammoniakemissionen als bestimmte mineralische Düngemittel wie Calciumammoniumnitrat (CAN) und Ammoniumnitrat (AN) hervorbringen. Sie liegen aber unter den Werten für Gülle und schneiden ähnlich oder besser als Harnstoff ab. Daher müssten RENURE-Produkten strengen Anforderungen in Bezug auf die Anwendung unterliegen, die im Einklang mit den Kriterien der Nitratrichtlinie stehen müssten.
(19)    Richtlinie des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen. In nitratgefährdeten Gebieten dürfen sowohl Gülle als auch verarbeitete Gülle nur bis zu den in der Nitratrichtlinie festgelegten Grenzwerten (170 kg/ha/Jahr) als Ersatz für mineralische Düngemittel verwendet werden, um weitere Verschmutzungen zu vermeiden.
(20)    Eine Reihe von Düngemittel exportierenden Ländern wie Marokko, Ägypten, Algerien, Tunesien sowie Trinidad und Tobago haben im Rahmen von Freihandelsabkommen einen zollfreien Zugang zum EU-Markt.
(21)    Vorschlag für eine Verordnung des Rates vom 19. Juli 2022 zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (COM(2022) 359).
(22)    Durchführungsbeschluss (EU) 2022/2070 der Kommission vom 26. Oktober 2022 (C(2022) 7826).
(23)    Mitteilung der Kommission vom 13. Oktober 2021 „Steigende Energiepreise – eine ,Toolbox‘ mit Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen“, COM(2021) 660 final.
(24)    Mitteilung der Kommission vom 17. Juli 2022 „Gaseinsparungen für einen sicheren Winter“ COM(2022) 360 final.
(25)    Vorschlag für eine Verordnung des Rates „Mehr Solidarität durch eine bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, den grenzüberschreitenden Austausch von Gas und zuverlässige Preis-Referenzwerte“ (COM(2022) 549 final).
(26)    Mitteilung der Kommission vom 18. Februar 2022 „Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen“ (C/2022/481); Unionsrahmen vom 19. Oktober 2022 für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation (C(2022) 7388 final).
(27)      IFPRI food trade policy tracker, https://www.ifpri.org/project/covid-19-food-trade-policy-tracker.
(28)    Von 20 kg/ha in der Region südlich der Sahara bis 77 kg/ha in Nordafrika, 125 kg/ha in Nordamerika, 155 kg/ha in Europa, 171 kg/ha in Lateinamerika bis 294 kg/ha in Ostasien (2018, Weltbank).
(29)    Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit.
(30)    DeSIRA: Development Smart Innovation through Research in Agriculture (Entwicklungsorientierte Innovation durch Landwirtschaftsforschung). GCCA+: Globale Allianz gegen den Klimawandel+.
(31)    Consultative Group on International Agricultural Research (Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung).
(32)    Die einzige Beschränkung, die derzeit für Russland gilt, betrifft die Einfuhr bestimmter Kalidünger in die EU, für die jedoch aufgrund des bisherigen Verbrauchs ein großes Kontingent gilt. Sanktionen, die sich auf benannte Personen beziehen, sind ebenfalls relevant.
(33)    Dies berührt nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz ihrer nationalen Sicherheitsinteressen zu ergreifen.

Brüssel, den 9.11.2022

COM(2022) 590 final

ANHÄNGE

der

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Sicherstellung der Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Düngemitteln


Anhang 1

Bedeutung von Düngemitteln für die Ernährungssicherheit und Risiko eines übermäßigen Düngemitteleinsatzes

Düngemittel spielen eine wichtige Rolle bei der Erzeugung von Lebensmitteln. Heutzutage dürften rund 50 % der weltweiten Nahrungsmittelerzeugung vom Einsatz mineralischer Düngemittel abhängen. Der intensive Einsatz von Düngemitteln hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf Gesundheit, Klima und Umwelt.

Wenn dem Boden durch Düngemittel Nährstoffe zugeführt werden, steigert dies innerhalb gewisser biologischer Grenzen die Erzeugung von Biomasse und den potenziellen Ertrag von Kulturen und trägt zur CO2-Abscheidung bei. Pflanzen nehmen Nährstoffe aus dem Boden auf, um wachsen zu können, wodurch der Boden ausgelaugt wird. Durch Düngemittel werden dem Boden Nährstoffe zurückgegeben. So kann auf einer kleineren Fläche ein höherer Output (d. h. mehr Getreide, Gras usw.) erzielt werden, wodurch die weltweit für die Nahrungsmittelerzeugung benötigte landwirtschaftliche Fläche verringert wird.

Düngemittel können mineralisch oder organisch sein.

Es gibt drei wichtige Nährstoffe für das Pflanzenwachstum: Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K). Die Nährstoffe Phosphor und Kalium sind in abgebautem Erz und Gestein enthalten (mineralische Düngemittel). Der Nährstoff, der weltweit in der Getreideproduktion am meisten eingesetzt wird, ist Stickstoff. Er muss regelmäßig ausgebracht werden. Im Gegensatz dazu kann bei Phosphor und Kalium eine gewisse Zeit auf die Ausbringung verzichtet werden, ohne dass sich dies negativ auf die Erträge auswirkt.

Es ist zwar schwierig, einen genauen Wert zu ermitteln, doch wird davon ausgegangen, dass eine nicht sorgfältig geplante Reduzierung von Stickstoffdünger um 20 % bei einer Kulturpflanze wie Weizen in der EU zu einer Ertragsminderung von 4 % bis 5 % führen würde (ausgehend von der optimalen Ausbringungsrate). 1

Zur Herstellung synthetischer Stickstoffdünger wird viel Energie benötigt. In der EU wird hierfür in der Regel Erdgas verwendet, das auch als Ausgangsstoff für die Erzeugung von Wasserstoff (H2) dient, der wiederum benötigt wird für synthetische Stickstoffdünger (wobei das Zwischenprodukt Ammoniak (NH3) ist). Bei diesem Verfahren wird Stickstoff aus der Luft gewonnen.

Bei der Herstellung von Stickstoffdünger entstehen erhebliche CO2-Emissionen, und zwar unabhängig von den kontinuierlichen Verbesserungen bei den emissionsmindernden Technologien, insbesondere an den Produktionsstandorten in der EU.

Werden Düngemittel nicht ordnungsgemäß ausgebracht, können die Nährstoffverluste bis zu 50 % oder 60 % der auf den Feldern ausgebrachten Mengen ausmachen. In der EU werden bei Düngemitteln die als planetare Belastungsgrenzen geltenden Grenzwerte deutlich überschritten, und zwar um mehr als den Faktor 3 für Stickstoff und um den Faktor 2 für Phosphor. In vielen Teilen der EU werden zu große Mengen an Düngemitteln eingesetzt, ohne dass dies mit spürbaren Ertragsgewinnen einherginge. Mehr als 90 % der gesamten (gasförmigen) Ammoniakemissionen der EU entstehen in der Landwirtschaft; 80 % davon stammen aus Gülle und 20 % aus mineralischen Düngemitteln. Düngemittelauswaschung und -abfluss aufgrund übermäßiger Ausbringung sind die Hauptursachen für zu hohe Nährstoffkonzentrationen im Boden und im Wasser, die die Ökosysteme schädigen und die Wasserqualität beeinträchtigen können. Diese Auswirkungen können – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – sowohl auf mineralische als auch auf organische Düngemittel zurückzuführen sein (bei unverarbeiteter Gülle sind die Auswaschungseigenschaften tendenziell schlechter als bei mineralischen Düngemitteln). Wenn Düngemittel in die Umwelt gelangen, fördern sie auch die Produktion von Distickstoffoxid, einem starken Treibhausgas.

Ziel eines optimierten Düngemitteleinsatzes ist es, die Kluft zwischen dem tatsächlichen und dem erreichbaren Ernteertrag zu verringern und dabei die Verschwendung von Düngemitteln und die Schädigung der Umwelt einzudämmen.

Die vollständige Substitution mineralischer Düngemittel durch organische Düngemittel, bei deren Herstellung keine oder weniger Emissionen entstehen, ist aufgrund der bestehenden Probleme im Bereich der Landbesitzverhältnisse, der Ernährungssicherheit und der derzeitigen Ernährungsgewohnheiten kurzfristig nicht möglich. Durch die Einführung und Ausweitung von Kreislaufwirtschaftskonzepten wie Rückgewinnung von Nährstoffen aus Abwässern und anderen Bioabfällen (z. B. kompostierte Grünabfälle aus Haushalten) oder Verwendung verarbeiteter Gülle zur Verbesserung der Abflusseigenschaften kann jedoch ein deutlich geringerer Einsatz und weniger Abhängigkeit von importierten mineralischen Düngemitteln erreicht werden. So gibt es beispielsweise Vorschriften über die Mindestquoten für die Wiederverwendung und Rückgewinnung von Phosphor und Stickstoff aus Klärschlamm, die die Kommission in der überarbeiteten Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 2 vorgeschlagen hat.

Ein effizienterer Stickstoffeinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben durch Verbesserung der landwirtschaftlichen Verfahren, mehr Bodenkenntnis, die Nutzung der Präzisionslandwirtschaft und die Durchsetzung der Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Umweltverschmutzung im Rahmen der Nitrat-Aktionsprogramme sind unerlässlich, um den übermäßigen Düngemitteleinsatz zu verringern, und werden dazu beitragen, Nährstoffverluste an die Umwelt zu verringern und die Nährstoffrückhaltung zu verbessern. Demselben Ziel dient es, die ökologische/biologische Landwirtschaft stärker zu fördern, Pflanzen mit geringerem Stickstoffbedarf anzubauen oder Stickstoff aus der Luft zu binden und dem Boden zuzuführen. All diese Ansätze versprechen positive ökologische, klimapolitische und wirtschaftliche Nebeneffekte und werden die offene strategische Autonomie der EU stärken. Strategien und Maßnahmen zur Unterstützung dieser Ansätze sollten beschleunigt werden, um die Widerstandsfähigkeit der EU und die Ernährungssicherheit zu verbessern.



Anhang 2

Situation auf den Düngemittelmärkten in der EU und weltweit

Die europäische Düngemittelindustrie verfügt über mehr als 120 Produktionsstätten, die über fast alle Mitgliedstaaten verteilt sind, was belegt, welch strategische Rolle sie im Bereich der Ernährungssicherheit spielt. 2017 waren in diesem Bereich 61 000 Menschen beschäftigt, und im Zeitraum von 2017 bis 2019 wurde ein durchschnittlicher Umsatz von 23,3 Mrd. EUR erzielt.

Im Durchschnitt belief sich die Gesamtproduktion von Zwischen- und Endprodukten im Düngemittelsektor in der EU-27 auf 40,2 Mio. Tonnen (2019–2021). Die wichtigsten Erzeugerländer in Bezug auf den Wert sind Deutschland, Polen, Frankreich und Spanien. Neben mineralischen Düngeprodukten wurden innerhalb der EU-27 in den Produktionsstätten 12,2 Mio. Tonnen Ammoniak produziert, die hauptsächlich zur Herstellung von Düngemitteln, aber auch in anderen Industriezweigen, z. B. für chemische Erzeugnisse, verwendet wurden. AdBlue, das aus Ammoniak hergestellt wird, wird als Reagens verwendet, um die Luftverschmutzung durch Dieselabgase zu verringern, und ist von entscheidender Bedeutung für die Lieferketten, da es in Transport-Lkws zum Einsatz kommt. Kohlendioxid ist ein wichtiges Nebenprodukt der Ammoniakproduktion. 3  

Tabelle 1: EU-Produktion von Zwischen- und Endprodukten im Düngemittelsektor (1000 Tonnen)

Quelle: EUROSTAT Prodcom

Der Verbrauch von mineralischen Stickstoffdüngern in der Landwirtschaft wird in der EU-27 für das Jahr 2018 auf 10,3 Mio. Tonnen (ausgedrückt in Tonnen Stickstoff) geschätzt. Der Verbrauch von mineralischen Phosphatdüngern belief sich 2018 auf 1,2 Mio. Tonnen. Bei synthetischen Stickstoffdüngern blieb der Verbrauch im Zeitraum 2000–2018 relativ stabil, während bei mineralischen Phosphordüngern ein Rückgang von rund 1,6 Mio. Tonnen im Jahr 2000 auf 1,2 Mio. Tonnen im Jahr 2018 zu verzeichnen war.

Abbildung 1: Verbrauch mineralischer Düngemittel in der EU (Mio. Tonnen Nährstoffe)

Quelle: Eurostat

Der internationale Düngemittelhandel ist stark konzentriert: 2020 entfielen im weltweiten Vergleich 43 % des Handels mit Stickstoff (N), 76 % des Handels mit Phosphat (P) und 83 % des Handels mit Kali (K) auf die fünf größten Nährstoffexporteure. Die Vorkommen von Rohstoffen, die bei der Herstellung von Düngemitteln verwendet werden, sind ungleich verteilt. Die weltweiten Phosphorvorkommen liegen alle außerhalb Europas: etwa drei Viertel des Abbaus von Phosphatgestein entfallen auf China, Marokko, Saudi-Arabien, Russland, die Vereinigten Staaten und Tunesien. 68 % der gesamten weltweiten Kalivorkommen liegen in Belarus, Kanada und Russland.

2021 importierte die EU rund 26 Mio. Tonnen Stickstoff, Phosphat und Kali sowie Zwischenprodukte, hauptsächlich auf Stickstoffbasis (10,6 Mio. Tonnen), d. h. Ammoniak, Harnstoff, Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung, Ammoniumnitrat usw., Kali (3,4 Mio. Tonnen), Phosphor und dessen Ausgangsstoffe (6,4 Mio. Tonnen) sowie Mehrnährstoffdünger, die die drei Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K) enthalten (5,6 Mio. Tonnen). Einfuhren machen 30 %, 68 % bzw. 85 % des EU-Verbrauchs an Stickstoff-, Phosphat- und Kalinährstoffen aus. Was Phosphate betrifft, so stammen 28 % der EU-Einfuhren aus Marokko und 23 % aus Russland. Bei Kali kommen 64 % der EU-Einfuhren 4 aus Russland und Belarus 5 .

Schätzungen für 2022 auf der Grundlage der ersten acht Monate des Jahres zeigen einen Rückgang der Düngemitteleinfuhren um insgesamt rund 13 %, insbesondere bei Kali, Phosphaten und Mehrnährstoffdünger, während die Einfuhren von Ammoniak- und Stickstoffdüngern 2022 erheblich gestiegen sind (+ 19 % in den ersten acht Monaten des Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2021).

Abbildung 2: EU-Einfuhren von Zwischen- und Endprodukten im Düngemittelsektor (in Mio. Tonnen Erzeugnisse) – Januar bis August

Quelle: Eurostat - Comext

2021 beliefen sich die Düngemittelausfuhren der EU auf 12,9 Mio. Tonnen, im Wesentlichen Stickstoffdünger (7,8 Mio. Tonnen) und Mehrnährstoffdünger (3,6 Mio. Tonnen).

2022 sind die Ausfuhren mineralischer Düngemittel gesunken (- 13 % in den ersten acht Monaten des Jahres im Vergleich zu 2021). 

Abbildung 3: EU-Ausfuhren von Zwischen- und Endprodukten im Düngemittelsektor (in Mio. Tonnen Erzeugnisse) – Januar bis August

Quelle: Eurostat - Comext

Hohe und volatile Düngemittelpreise stellen eine Herausforderung für die Landwirte in der EU dar. Auf Düngemittel entfällt ein nennenswerter Anteil der Betriebsmittelkosten der Landwirte, und zwar durchschnittlich rund 6 % im Zeitraum 2017–2020, während es bei auf Ackerbau spezialisierten Landwirten 12 % sind. Bei hohen Preisen für landwirtschaftliche Rohstoffe kann es sich für Landwirte auch bei hohen Düngemittelpreisen lohnen, optimale Düngemittelmengen einzusetzen. Allerdings haben die Landwirte keine Gewissheit, welche Preise sie künftig für ihre Ackerkulturen erzielen können. Die Düngemittelpreisindizes sind in letzter Zeit stärker gestiegen als die Preisindizes für Nahrungsmittelrohstoffe, was auf einen Schereneffekt hindeutet. Die Landwirte legen in der Regel im Sommer einen Düngemittelvorrat für die nächste Erntesaison an. 2022 zögerten sie diese Käufe hinaus.

Die weltweiten Düngemittelpreise stiegen seit Anfang 2021 schrittweise und erreichten zwischen September und November 2021, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sowie im April 2022 jeweils einen Höchststand. Seitdem sind sie, insbesondere bei Stickstoff- und Phosphatdünger, leicht zurückgegangen. Im September war wiederum ein Anstieg zu verzeichnen, vor allem bei Harnstoff. Im Vergleich zum Durchschnitt des Bezugszeitraums 2016–2020 lagen die Preise im September 2022 nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau: + 128 % für Diammoniumphosphat, + 200 % für Harnstoff und + 141 % für Kali.

Abbildung 4: Weltmarktpreis für Düngeprodukte (USD/Tonne)

Quelle: Rohstoffpreisdaten der Weltbank

Die russische Invasion in der Ukraine hat große Auswirkungen auf die weltweiten Düngemittelmärkte, insbesondere weil diese Erdgas benötigen und weil dadurch Marktstörungen verursacht wurden, auch durch Ausfuhrbeschränkungen, die von wichtigen Erzeugerländern wie Russland und China verhängt wurden. Russland ist der weltweit führende Exporteur von Düngemitteln, insbesondere von Stickstoff, und der zweitwichtigste Exporteur von Phosphatdüngern. Beschränkungen der Düngemittelausfuhren durch einen wichtigen Hersteller wie Russland sind für den Weltmarkt besonders schädlich.

Düngemittel werden immer weniger erschwinglich, da die Düngemittelpreise schneller gestiegen sind als die Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe. Viele Länder weltweit sind bei ihren Düngemitteleinfuhren auf einige wenige Handelspartner angewiesen, weshalb sie mit höheren Ausgaben für Düngemitteleinfuhren und höheren Produktionskosten konfrontiert sind, die sich wiederum negativ auf die Ernte auswirken werden. Bleiben die Düngemittelpreise auch in der nächsten Pflanzsaison hoch, dürfte sich die Krise auf die Reiserzeugung ausweiten, wovon rund 3 Milliarden Menschen in Amerika und Asien betroffen wären, für die Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel ist.

(1)    Diese Daten stammen aus wissenschaftlichen Versuchen, die ein Düngemittelhersteller in den zurückliegenden 15 Jahren anhand unterschiedlicher Stickstoffausbringungsraten durchgeführt hat. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass in einigen Regionen Europas die optimale Ausbringungsrate überschritten wird.
(2)    Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser.
(3)    Es wird zur Betäubung von Tieren, zur Haltbarmachung von verpacktem Fleisch und für kohlensäurehaltige Getränke verwendet.
(4)    Europäische Kommission (2020), Non-critical Raw Materials Factsheets , S. 412.
(5)    Als Reaktion auf die Eskalation schwerer Menschenrechtsverletzungen in Belarus erließ die EU am 24. Juni 2021 restriktive Maßnahmen für Einfuhren von Kali aus Belarus.