6.9.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 342/324


P9_TA(2022)0028

Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung — Antrag EGF/2021/005 FR/Airbus — Frankreich

Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Februar 2022 zu dem Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer infolge des Antrags Frankreich — EGF/2021/005 FR/Airbus (COM(2021)0698 — C9-0011/2022 — 2021/0363(BUD))

(2022/C 342/32)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat (COM(2021)0698 — C9-0011/2022),

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/691 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer (EGF) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1309/2013 (1) („EGF-Verordnung“),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021–2027 (2), insbesondere auf Artikel 8,

gestützt auf die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel (3) („IIV vom 16. Dezember 2020“), insbesondere auf Nummer 9,

unter Hinweis auf die Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten,

unter Hinweis auf das Schreiben des Ausschusses für regionale Entwicklung,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltsausschusses (A9-0013/2022),

A.

in der Erwägung, dass die Union Legislativ- und Haushaltsinstrumente eingerichtet hat, um Arbeitskräften, die unter den Folgen der Globalisierung und des technologischen und ökologischen Wandels, wie etwa unter Veränderungen im Welthandelsgefüge, Handelsstreitigkeiten, weitreichenden Änderungen in den Handelsbeziehungen der Union oder der Zusammensetzung des Binnenmarktes und Finanz- oder Wirtschaftskrisen sowie unter dem Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft oder infolge von Digitalisierung bzw. Automatisierung, zu leiden haben, zusätzliche Unterstützung zu bieten;

B.

in der Erwägung, dass die Union den Anwendungsbereich des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) so ausgeweitet hat, dass finanzielle Unterstützung bei etwaigen größeren Umstrukturierungsmaßnahmen geleistet wird, womit Wirtschaftsfolgen der COVID-19-Krise abgedeckt werden;

C.

in der Erwägung, dass die laufende Dekarbonisierung des Verkehrswesens verschiedene Auswirkungen auf die Luftfahrt haben dürfte und die Union eine wichtige Rolle spielt, wenn es darum geht, durch Finanzbeiträge aus dem EGF die erforderliche Solidarität zu zeigen, wobei es Ziel des EGF ist, die Begünstigten rasch wieder in eine menschenwürdige und nachhaltige Beschäftigung innerhalb oder außerhalb ihres ursprünglichen Tätigkeitsbereichs zu integrieren und gleichzeitig vereinbar mit einer umweltfreundlicheren und stärker digitalisierten europäischen Wirtschaft im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal zu sein;

D.

in der Erwägung, dass Frankreich den Antrag EGF/2021/005 FR/Airbus auf einen Finanzbeitrag aus dem EGF wegen 508 Entlassungen im Wirtschaftszweig NACE Rev. 2 Abteilung 30 (Sonstiger Fahrzeugbau) in den NUTS-2-Regionen Midi-Pyrénées (FRJ2) und Pays de la Loire (FRG0) in Frankreich innerhalb eines Bezugszeitraums für den Antrag vom 1. November 2020 bis zum 1. März 2021 gestellt hat;

E.

in der Erwägung, dass der Antrag 508 entlassene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft, die ihre Tätigkeit in der wirtschaftlichen und sozialen Einheit (UES) (4) Airbus Commercial von Airbus (Airbus SE) aufgeben mussten;

F.

in der Erwägung, dass der Antrag unter Berufung auf die in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der EGF-Verordnung genannten Interventionskriterien gestellt wurde, wonach es innerhalb eines Bezugszeitraums von vier Monaten in einem Unternehmen in einem Mitgliedstaat in mindestens 200 Fällen zur Entlassung von Arbeitskräften gekommen sein muss;

G.

in der Erwägung, dass die allgemeinen Reisebeschränkungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie zu einem allgemeinen Zusammenbruch der gewerblichen Luftfahrt geführt haben, insbesondere im Bereich des Personenflugverkehrs, und nach Angaben von Airbus eine vollständige Erholung der Branche nicht vor 2025 zu erwarten ist (5);

H.

in der Erwägung, dass Airbus, dessen Abteilung für gewerbliche Luftfahrt 77 % des Gesamtumsatzes (6) ausmacht, sein Produktionsniveau ab April 2020 um ein Drittel senken musste (7) und daher einen Umstrukturierungsplan umsetzen musste, der dazu führte, dass in Frankreich 4 248 Stellen gestrichen wurden (8);

I.

in der Erwägung, dass die Unterstützung der langfristigen Kurzarbeit, die ordnungsgemäß mit den betroffenen Arbeitnehmern ausgehandelt wurde, durch die französischen Behörden und die Förderung eines Programms des Conseil pour la recherche aéronautique civile die Möglichkeit eröffneten, die Zahl der Entlassungen beträchtlich zu mindern (um 2 002 Stellen); in der Erwägung, dass in Bezug auf die übrigen 2 246 Stellen, die auf dem Spiel standen, fast alle Arbeitnehmer internen Mobilitätsmaßnahmen oder Paketvereinbarungen über die freiwillige Aufhebung von Arbeitsverhältnissen zugestimmt haben;

J.

in der Erwägung, dass die Kommission erklärt hat, dass die Gesundheitskrise zu einer Wirtschaftskrise führe, einen Aufbauplan für die Wirtschaft infolge der Entschließungen des Europäischen Parlaments eingerichtet und den Anstoß für die deutsch-französische Initiative zur wirtschaftlichen Erholung Europas nach der COVID-19-Krise vom 18. Mai 2020 (9) gegeben hat und ferner betont hat, welchen Stellenwert der EGF als Notfallinstrument hat (10);

K.

in der Erwägung, dass gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (11) die Mittelausstattung des EGF einen jährlichen Höchstbetrag von 186 Mio. EUR (zu Preisen von 2018) nicht überschreiten darf;

1.

teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der EGF-Verordnung erfüllt sind und dass Frankreich gemäß dieser Verordnung Anspruch auf einen Finanzbeitrag in Höhe von 3 745 264 EUR (d. h. 85 % der Gesamtkosten in Höhe von 4 406 194 EUR) ausschließlich für Ausgaben für personalisierte Dienstleistungen hat;

2.

stellt fest, dass die französischen Behörden den Antrag am 26. Juli 2021 eingereicht haben und dass die Kommission die Bewertung des Antrags am 19. November 2021 abgeschlossen und das Parlament am 5. Januar 2022 davon in Kenntnis gesetzt hat;

3.

begrüßt die Maßnahmen der französischen nationalen und lokalen öffentlichen Stellen, etwa die Bestimmungen des neuen Notfallgesetzes (12), den Unterstützungsplan für die Luftfahrtindustrie, das Programm für langfristige Kurzarbeit (13) und die Aufstockung des Ader-4-Plans, wodurch die Zahl der Entlassungen deutlich gesenkt wurde;

4.

stellt fest, dass der Antrag 508 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrifft, die entlassen wurden; nimmt ferner zur Kenntnis, dass Frankreich davon ausgeht, dass 297 der insgesamt für eine Unterstützung infrage kommenden Personen an den Maßnahmen teilnehmen werden („zu unterstützende Begünstigte“);

5.

weist darauf hin, dass die gesellschaftlichen Folgen der Entlassungen für beide Regionen bedeutend sein dürften und dass bereits im ersten Quartal 2021 die Arbeitslosenquote in Okzitanien bei 9,4 % und im Pays de la Loire bei 6,9 % lag (14);

6.

weist darauf hin, dass die Entlassungen in Okzitanien beträchtliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben dürften, da die Region in hohem Maße von der Luftfahrt als wichtigster Branche abhängig ist und Airbus der größte private Arbeitgeber in der Region ist;

7.

nimmt zur Kenntnis, dass Okzitanien sich als wichtiges Ökosystem für Start-ups etabliert hat und somit potenziell Chancen für Begünstigte bietet, die ihr eigenes Unternehmen gründen wollen; weist darauf hin, dass ein großer Teil der Betroffenen in der Region über ein hohes Bildungsniveau verfügt;

8.

weist darauf hin, dass zwar in der Region Pays de la Loire die Auswirkungen der Luftverkehrskrise auf die lokale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt aufgrund der starken Diversifizierung der regionalen Wirtschaft weniger ausgeprägt sein dürften, dass aber Chancen im Meeressektor und im Bereich erneuerbare Energieträger aufkommen dürften, wofür wiederum eine angemessene Umschulung erforderlich ist;

9.

weist darauf hin, dass 13,5 % der Zielempfänger über 54 Jahre alt und 74,7 % von ihnen 30–54 Jahre alt sind;

10.

stellt fest, dass Airbus am 1. November 2020 mit der Erbringung personalisierter Dienstleistungen für die Begünstigten begonnen hat und dass sich der Zeitraum, in dem ein Finanzbeitrag aus dem EGF gewährt werden kann, somit vom 1. November 2020 bis 24 Monate nach Inkrafttreten des Finanzierungsbeschlusses erstreckt;

11.

erinnert daran, dass es sich bei den personalisierten Dienstleistungen, die den Arbeitskräften und Selbstständigen angeboten werden sollen, um folgende Maßnahmen handelt: Beihilfe zur Unternehmensgründung, Schulung zur Unternehmensgründung, Vergütungen für Ausgaben im Zusammenhang mit Schulungen zur Unternehmensgründung und Gehaltsaufstockungen;

12.

ist der Ansicht, dass diese personalisierten Dienstleistungen eine sachdienliche Zeitspanne entsprechend der Art des Projekts umfassen sollten;

13.

begrüßt, dass das koordinierte Paket personalisierter Dienstleistungen das Ergebnis eines guten Kollektivarbeitsvertrags zwischen Airbus und Arbeitnehmervertretern in Absprache mit Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertretern war; begrüßt den Umstand, dass den Begünstigten umgehend finanzielle Unterstützung geleistet wurde, obwohl in einigen Fällen zusätzliche Investitionen zur Gründung eines neuen Unternehmens benötigt werden;

14.

betont, dass 98,7 % der finanziellen Unterstützung im Zusammenhang mit der Gründung von Start-ups und Unternehmen stehen, die die berufliche Wiedereingliederung und Umstrukturierung fördern, die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Regionen steigern und zum Wirtschaftsaufschwung beitragen werden;

15.

betont, dass die französischen Behörden bestätigt haben, dass für die förderfähigen Maßnahmen keine Unterstützung aus anderen Fonds oder Finanzinstrumenten der Union in Anspruch genommen wird;

16.

erklärt erneut, dass die Unterstützung aus dem EGF nicht an die Stelle von Maßnahmen, für die die Unternehmen aufgrund des nationalen Rechts oder wegen Kollektivvereinbarungen verantwortlich sind, oder von anderen Beihilfen bzw. Ansprüchen, die die Begünstigten erhalten können, treten darf, damit die Mittel vollumfänglich zusätzlich sind; fordert, dass Begünstigte der personalisierten Dienstleistungen, die vom EGF abgedeckt werden sollen, öffentlich und persönlich über die Kofinanzierung der Union informiert werden;

17.

stellt fest, dass alle verfahrensrechtlichen Anforderungen erfüllt wurden; betont, dass alle Schritte des Verfahrens transparent sein müssen, und fordert die Einbeziehung der Sozialpartner in die Umsetzung und Bewertung des Dienstleistungspakets;

18.

billigt den dieser Entschließung beigefügten Beschluss;

19.

beauftragt seine Präsidentin, diesen Beschluss mit dem Präsidenten des Rates zu unterzeichnen und seine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veranlassen;

20.

beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung mit ihrer Anlage dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 153 vom 3.5.2021, S. 48.

(2)  ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 11.

(3)  ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 28.

(4)  Eine wirtschaftliche und soziale Einheit — UES (Unité économique et sociale) — ist eine Rechtsform nach französischem Recht, in der Unternehmen zusammengefasst werden können, die dieselbe Leitung haben, in derselben Branche tätig sind und deren Beschäftigte dieselben Interessen haben, aber rechtlich getrennte Unternehmen darstellen, mit dem Ziel, die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitnehmervertretung zu fördern. Die Entlassungen erfolgten bei der UES Airbus Commercial, die die beiden französischen Tochtergesellschaften Airbus SAS und Airbus Operations SAS der Airbus SE umfasst.

(5)  Unveröffentlichtes Dokument: Airbus „Livre 2“, eine interne Analyse der COVID-19-Krise und ihrer Auswirkungen auf den Tätigkeitsbereich von Airbus in Frankreich.

(6)  https://lentreprise.lexpress.fr/actualites/1/actualites/le-geant-europeen-airbus-en-chiffres_2129633.html

(7)  https://www.airbus.com/newsroom/press-releases/en/2020/04/airbus-reports-first-quarter-q1-2020-results.html

(8)  Nach dem Umstrukturierungsplan von Airbus: „Accord collectif relatif au plan d’adaptation des sociétés composant l’UES Airbus Commercial dans le contexte de la crise économique Covid-19 et ses conséquences sur l’emploi“.

(9)  https://www.elysee.fr/en/emmanuel-macron/2020/05/18/french-german-initiative-for-the-european-recovery-from-the-coronavirus-crisis

(10)  COM(2020)0442.

(11)  ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 11.

(12)  Loi d’urgence no2020-734 vom 17. Juni 2020.

(13)  Activité Partielle de Longue Durée (APLD): https://www.service-public.fr/professionnels-entreprises/vosdroits/F35381

(14)  Daten des französischen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien.


ANLAGE

BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer infolge des Antrags Frankreichs — EGF/2021/005 FR/Airbus

(Der Text dieser Anlage ist hier nicht wiedergegeben; er entspricht dem endgültigen Rechtsakt, Beschluss (EU) 2022/359.)