27.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 286/30


Zusammenfassung des Beschlusses der Kommission

vom 25. Januar 2022

zur Änderung des Beschlusses C(2013) 306 final in einem Verfahren nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

(SACHE AT.39839 – TELEFÓNICA UND PORTUGAL TELECOM)

(bekanntgegeben unter C(2022) 324)

(Nur Englisch und Portugiesisch sind die verbindlichen Sprachen der Rechtssache)

(2022/C 286/10)

Am 25. Januar 2022 erließ die Kommission einen Beschluss in einem Verfahren nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Nach Artikel 30 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (1) veröffentlicht die Kommission im Folgenden die Namen der Parteien und den wesentlichen Inhalt des Beschlusses einschließlich der verhängten Sanktionen, wobei sie dem berechtigten Interesse der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt.

1.   EINLEITUNG

(1)

Am 23. Januar 2013 erließ die Kommission einen Beschluss zur Verhängung einer Geldbuße gegen Telefónica und Portugal Telecom wegen des Abschlusses einer Wettbewerbsverbotsvereinbarung, die dem Ziel diente, den Wettbewerb im Binnenmarkt zu beschränken, was gegen Artikel 101 AEUV verstößt (im Folgenden „Beschluss von 2013“). In seinen Urteilen vom 28. Juni 2016 (2) (später bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 2017) bestätigte das Gericht die von der Kommission in ihrem Beschluss vorgenommene Argumentation in Bezug auf die Zuwiderhandlung, erklärte jedoch die von der Kommission verhängten Geldbußen für nichtig. Im Einklang mit den Urteilen des Gerichts werden in dem Beschluss die Dienstleistungen bestimmt, für die Telefónica und Portugal Telecom zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung nicht in potenziellem Wettbewerb standen; diese Dienstleistungen werden von der Berechnung der Geldbußen ausgenommen.

2.   VERFAHREN

(2)

In ihrem Beschluss vom 23. Januar 2013 stellte die Kommission fest, dass Telefónica und Portugal Telecom gegen Artikel 101 AEUV verstoßen hatten, indem sie in ihrem am 28. Juli 2010 im Zusammenhang mit dem Erwerb der alleinigen Kontrolle über den brasilianischen Mobilfunkbetreiber Vivo durch Telefónica geschlossenen Aktienkaufvertrag als Punkt 9 ein Wettbewerbsverbot vereinbart hatten.

(3)

Wegen dieser Zuwiderhandlung verhängte die Kommission gemäß Artikel 23 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gegen Telefónica eine Geldbuße in Höhe von 66 894 000 EUR und gegen Portugal Telecom eine Geldbuße in Höhe von 12 290 000 EUR.

(4)

Sowohl Telefónica als auch Portugal Telecom fochten den Beschluss der Kommission vor dem Gericht an. In seinen Urteilen vom 28. Juni 2016 bestätigte das Gericht die Schlussfolgerung der Kommission in Artikel 1 ihres Beschlusses, dass Telefónica und Portugal Telecom vom 27. September 2010 bis zum 4. Februar 2011 gegen Artikel 101 AEUV verstoßen hatten, indem sie eine Wettbewerbsverbotsklausel vereinbart hatten.

(5)

Bezüglich der Verhängung der Geldbußen erklärte das Gericht Artikel 2 des Beschlusses der Kommission für nichtig, insoweit die Höhe der Geldbußen auf der Grundlage des von der Kommission berücksichtigten Umsatzes festgesetzt wurde.

(6)

Telefónica legte gegen das Telefónica-Urteil Berufung ein. Am 13. Dezember 2017 erließ der Gerichtshof sein Urteil in der Rechtssache C-487/16 P Telefónica/Kommission, mit dem die Berufung von Telefónica zurückgewiesen wurde. Pharol legte keine Berufung gegen das PT-Urteil ein.

3.   SACHVERHALT

(7)

Der Umstand, dass die von der Kommission getroffene Feststellung einer Zuwiderhandlung wirksam und rechtskräftig bleibt, während die für diese Zuwiderhandlung verhängten Geldbußen für nichtig erklärt wurden, sollte behoben werden, indem die Kommission einen neuen Beschluss nach Artikel 23 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wegen des im Beschluss von 2013 festgestellten Verstoßes von Telefónica und Portugal Telecom gegen Artikel 101 AEUV erlässt.

(8)

Bei der Berechnung der Geldbuße stützt sich die Kommission auf die Würdigung des im Beschluss von 2013 festgestellten Sachverhalts. Gleichzeitig wendet sie die in den Urteilen des Gerichts festgelegten Grundsätze im Hinblick auf die Verpflichtung der Kommission an, die Dienstleistungen, bei denen es während der Geltungsdauer der Wettbewerbsverbotsklausel keinen potenziellen Wettbewerb zwischen den Parteien auf der Iberischen Halbinsel gab, auf der Grundlage der von den Parteien vorgebrachten Gesichtspunkten zu bestimmen. Die Kommission schließt daher den auf diese Dienstleistungen bezogenen Umsatz bei der Berechnung der Geldbußen aus.

(9)

Außerdem hat die Kommission bei der laufenden Neuberechnung der Geldbußen festgestellt, dass Telefónica bei der Angabe ihrer Umsatzzahlen mehrere Fehlberechnungen unterlaufen waren, die sich letztlich auf die Berechnung der Geldbußen im Beschluss von 2013 ausgewirkt hatten.

(10)

Solche Berechnungsfehler dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Falls diese nicht berichtigt würden, wäre der Umsatz weiterhin falsch und zu niedrig und hätte eine auf der Grundlage falscher Informationen berechnete Geldbuße zur Folge. Daher stützt sich die Kommission bei der Ermittlung des korrekten Umsatzes in ihrem Beschluss auf die neuen überarbeiteten Zahlen, die Telefónica im Rahmen der laufenden Untersuchung vorgelegt hat.

(11)

In dem neuen Beschluss zieht die Kommission den Umsatz der Dienstleistungen ab, bei denen nach Auffassung der Kommission während der Geltungsdauer der Wettbewerbsverbotsklausel kein potenzieller Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen bestanden hatte.

(12)

Am 21. Januar 2022 gab der Beratende Ausschuss für Kartell- und Monopolfragen eine befürwortende Stellungnahme ab. Der Beschluss wurde am 25. Januar 2022 erlassen.

4.   RECHTLICHE WÜRDIGUNG

4.1.   Potenzieller Wettbewerb

(13)

Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung (3) ist die Kommission der Auffassung, dass in Marktaufteilungsvereinbarungen wie der in diesem Beschluss behandelten das Beweismaß für die Beurteilung des potenziellen Wettbewerbs ist, „ob dem Eintritt in den Markt unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen“. Gleichzeitig wendet die Kommission im vorliegenden Fall einen strengeren Ansatz an als erforderlich und prüft, ob die Möglichkeit des Markteintritts angesichts der besonderen Umstände der verschiedenen Märkte oder Dienstleistungen nicht rein hypothetisch war.

(14)

Daher handelt es sich bei den Dienstleistungen, bei denen die Kommission der Auffassung ist, dass während der Geltungsdauer der Wettbewerbsverbotsklausel kein potenzieller Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen bestand, um folgende Dienstleistungen:

A)

Für Telefónica:

i)

Vorleistungszugang zur (physischen) Netzinfrastruktur (LLU),

ii)

Universaldienste,

iii)

SIRDEE-Dienste (Digitales Funksystem für Notfälle) und

iv)

bestimmte Dienstleistungen, die Teil der Festnetzkommunikationsdienste in öffentlichen Bereichen von Telefónica sind (Zahlungsdienste, Verkauf von Defibrillatoren und Vermietung von Lösungen für Außenwerbung im öffentlichen Raum).

B)

Für Pharol:

i)

Vorleistungszugang zur (physischen) Netzinfrastruktur (LLU),

ii)

Übertragungsdienste für digitales Fernsehen auf Vorleistungsebene und

iii)

Übertragungsdienste für analoges terrestrisches Fernsehen auf Vorleistungsebene.

5.   GELDBUSSEN

(15)

Was die Schwere der Zuwiderhandlung zur Berechnung der Geldbuße, die Dauer der Zuwiderhandlung, den zu berücksichtigenden Umsatzanteil und das Vorliegen erschwerender und mildernder Umstände anbelangt, so wendet die Kommission dieselben Erwägungen an wie im Jahr 2013.

(16)

Der angepasste Grundbetrag übersteigt 10 % des Gesamtumsatzes von Telefónica im Jahr 2020 nicht. Nach einer Reihe aufeinanderfolgender Transaktionen und Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens erzielte Pharol im Jahr 2020 keinen Umsatz, was dessen wirtschaftliches Gewicht nicht angemessen widerspiegelt. Die Kommission stellt fest, dass nach der Rechtsprechung der Umsatz von Pharol im Jahr 2013, dem letzten abgeschlossenen Jahr der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit von Pharol über einen Zeitraum von zwölf Monaten, (4) die tatsächliche wirtschaftliche Lage von Pharol am besten widerspiegelt und eine hinreichend abschreckende Wirkung gewährleistet. Der angepasste Grundbetrag von Pharol übersteigt 10 % ihres Gesamtumsatzes für das Geschäftsjahr 2013 nicht.

(17)

Schließlich hätte die Kommission die fehlerhaften Angaben in Bezug auf den Umsatz von Telefónica, die zwar auf die falschen Berechnungen von Telefónica selbst zurückzuführen waren, nicht entdeckt und hätte daher die Geldbuße nicht erhöhen können, wenn das Gericht die im Beschluss von 2013 verhängten Geldbußen nicht für nichtig erklärt hätte. Unter diesen Umständen sowie angesichts der relativ geringen Auswirkungen dieser Fehler auf die Höhe der Geldbuße und des Umstands, dass seit dem Auftreten dieser Fehler (12. September 2012) bereits ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, hält die Kommission es im vorliegenden Fall für angemessen, ihren Ermessensspielraum gemäß Ziffer 37 der Leitlinien zur Festsetzung von Geldbußen (5) zu nutzen, um die Geldbuße für Telefónica auf das im Beschluss von 2013 festgesetzte Niveau herabzusetzen.

(18)

Die endgültige Höhe der nach Artikel 23 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 verhängten Geldbußen wird somit wie folgt festgesetzt:

Partei

Geldbuße insgesamt (in EUR)

Telefónica

66 894 000

Pharol

12 146 000


(1)  ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 (ABl. L 68 vom 6.3.2004, S. 1).

(2)  Urteil des Gerichts, Telefónica/Kommission, T-216/13 (im Folgenden „Telefónica-Urteil“) und Urteil des Gerichts, Portugal Telecom/Kommission, T-208/13 (im Folgenden „PT-Urteil“).

(3)  Telefónica-Urteil, Rn. 221, und PT-Urteil, Rn. 181; Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2018, Servier u. a./Kommission, T-691/14, ECLI:EU:T:2018:922, Rn. 319, 327 und 328; Urteil des Gerichts vom 21. Mai 2014, Toshiba/Kommission, T-519/09, ECLI:EU:T:2014:263, Rn. 231.

(4)  Siehe z. B. das Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T-456/05 und T-457/05, ECLI:EU:T:2010:168, Rn. 94 bis 103, und entsprechende weitere Verweise.

(5)  „In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.“