29.12.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 525/1


BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION

Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2021/C 525/01)

INHALT

EINLEITUNG 5

1.

Anwendungsbereich 6

1.1.

Die Begriffe „Unternehmer“ und „Verbraucher“ 6

1.2.

Der Begriff des „Vertrags“ 7

1.3.

Erfasste Verträge 8

1.4.

Gemischte Verträge 9

1.5.

Unterscheidung zwischen digitalen Dienstleistungen und digitalen Inhalten 10

1.6.

Verträge gegen Zahlung und Verträge, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt 12

1.6.1.

Verträge gegen Zahlung 12

1.6.2.

Verträge, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt 13

1.7.

Verträge, für die die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht gilt 14

1.7.1.

Mietverträge und Bauverträge 14

1.7.2.

Pauschalreisen 15

1.7.3.

Vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossene Verträge 16

1.7.4.

Verträge über Gegenstände des täglichen Bedarfs 16

1.7.5.

Personenbeförderung 16

1.7.6.

Automatisierter Verkauf 17

1.7.7.

Bestimmte Verträge über elektronische Kommunikationsdienste 17

1.8.

Mögliche Ausnahmen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge mit geringem Wert 18

1.9.

Vorschriften für öffentliche Versteigerungen 19

2.

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge 19

2.1.

Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurden 19

2.2.

Verträge, die abgeschlossen werden, nachdem der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume angesprochen wurde 20

2.3.

Verträge, die während eines vom Unternehmer organisierten Ausflugs geschlossen werden 21

3.

Verbraucherinformationen 22

3.1.

Allgemeine Anforderungen 22

3.1.1.

Einleitung 22

3.1.2.

Klarheit bezüglich Informationen und ein Link zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 22

3.1.3.

Informationen, die sich „bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben“ 23

3.1.4.

Informationspflichten in anderen EU-Rechtsvorschriften 23

3.1.5.

Auferlegung von zusätzlichen Informationspflichten 24

3.1.6.

Ausnahmeregelungen für Geschäfte des täglichen Lebens 25

3.1.7.

Die Unabdingbarkeit vorvertraglicher Informationen 25

3.1.8.

Zusätzliche sprachliche Anforderungen 25

3.1.9.

Beweislast 26

3.2.

Gemeinsame Informationsanforderungen bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen bzw. außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen 26

3.2.1.

Über wesentliche Eigenschaften 26

3.2.2.

Identität und Kontaktdaten des Unternehmers 27

3.2.3.

Preis 30

3.2.4.

Lieferung und Leistung des Vertrags 31

3.2.5.

Zahlungsbedingungen 32

3.2.6.

Garantie und Kundendienst 32

3.2.7.

Laufzeit und Kündigung des Vertrags 34

3.2.8.

Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität 34

3.3.

Zusätzliche Anforderungen im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen 36

3.3.1.

Personalisierter Preis 36

3.3.2.

Kosten für den Einsatz von Fernkommunikationstechnik 36

3.3.3.

Kautionen und finanzielle Sicherheiten 37

3.3.4.

Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren 37

3.4.

Zusätzliche Anforderungen für Online-Marktplätze 38

3.4.1.

Rankingkriterien 38

3.4.2.

Status des Vertragspartners 40

3.4.3.

Informationen über die Nichtanwendbarkeit des EU-Verbraucherrechts 40

3.4.4.

Zuweisung der Verantwortung für den Vertrag 41

3.4.5.

Möglichkeit, zusätzliche Informationspflichten vorzusehen 41

4.

Besondere Anforderungen bei Fernabsatzverträgen 42

4.1.

Definition eines Fernabsatzvertrags 42

4.2.

Vorvertragliche Informationen 43

4.2.1.

Informationen, die unmittelbar vor der Bestellung vorzulegen sind 43

4.2.2.

Schaltfläche zur Auftragsbestätigung 44

4.2.3.

Informationen über Lieferbeschränkungen und Zahlungsmittel 44

4.2.4.

Mittels eines Fernkommunikationsmittels mit begrenztem Raum bzw. begrenzter Zeit geschlossene Verträge 45

4.3.

Telefonisch geschlossene Verträge 46

4.4.

Bestätigung des Vertrags 47

5.

Das Widerrufsrecht 49

5.1.

Berechnung der Widerrufsfrist 49

5.1.1.

Einleitung 49

5.1.2.

Beginn der Widerrufsfrist 50

5.2.

Information über das Widerrufsrecht 51

5.3.

Ausübung des Widerrufsrechts 52

5.4.

Auswirkungen des Widerrufs auf die Daten 53

5.5.

Widerrufsrecht in Bezug auf Waren 54

5.5.1.

Mehrere oder fehlerhafte Waren 54

5.5.2.

Rücksendung von Waren 54

5.5.3.

Rückzahlung der vom Verbraucher eingegangenen Zahlungen 55

5.5.4.

Haftung des Verbrauchers für falsche Handhabung der Waren 56

5.5.5.

Risiko bei der Rücksendung der Waren an den Unternehmer 58

5.6.

Recht auf Rücktritt von Verträgen über Dienstleistungen und öffentliche Versorgungsleistungen 58

5.6.1.

Zustimmung des Verbrauchers zur unverzüglichen Erbringung der Leistung 58

5.6.2.

Abgeltungspflicht des Verbrauchers 60

5.7.

Widerrufsrecht bei Verträgen über digitale Inhalte 61

5.8.

Folgen des Unterlassens der Belehrung über das Widerrufsrecht 62

5.8.1.

Folgen in Bezug auf die Waren 63

5.8.2.

Folgen in Bezug auf Dienstleistungen und öffentliche Versorgungsleistungen 63

5.8.3.

Folgen in Bezug auf digitale Inhalte 64

5.9.

Beendigung des Vertrags nach Ausübung des Widerrufsrechts 64

5.10.

Akzessorische Verträge 65

5.11.

Ausnahmen vom Widerrufsrecht 65

5.11.1.

Waren oder Dienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt 65

5.11.2.

Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind 66

5.11.3.

Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde 67

5.11.4.

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen versiegelte Waren 67

5.11.5.

Waren, die untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden 68

5.11.6.

Verträge mit einem spezifischen Termin oder Zeitraum 68

5.11.7.

Vom Verbraucher geforderte Reparaturen 69

5.12.

Regelungsmöglichkeiten bei ungebetenen Besuchen oder Ausflügen 69

5.12.1.

Einleitung 69

5.12.2.

Verlängerung der Widerrufsfrist 70

5.12.3.

Abweichungen von den Ausnahmen vom Widerrufsrecht 71

6.

Lieferung 71

7.

Risikoübergang 72

8.

Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel 73

8.1.

Einleitung 73

8.2.

Definition des Begriffs „Entgelte“ 73

8.3.

Definition der dem Unternehmer entstehenden „Kosten“ 74

8.3.1.

Die Händlergebühr (Merchant Service Charge) und andere direkte Kosten 74

8.3.2.

Allgemeine Betriebskosten eines Unternehmens 74

8.3.3.

Anrechenbare Kosten, die ein Entgelt für die Nutzung von Zahlungsmitteln rechtfertigen 74

8.4.

Zahlungsverkehr in Fremdwährung 75

9.

Telefonische Kommunikation 76

10.

Zusätzliche Zahlungen 77

11.

Rechtsdurchsetzung 77

11.1.

Öffentliche und private Rechtsdurchsetzung 77

11.2.

Anwendung auf Unternehmer aus Drittländern 78

11.3.

Sanktionen 79

11.3.1.

Kriterien für die Verhängung von Sanktionen 79

11.3.2.

Sanktionen im Rahmen der koordinierten Durchsetzungsmaßnahmen der CPC-Verordnung 80
ANHANG 82

EINLEITUNG

Die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (1) über die Rechte der Verbraucher (im Folgenden „Richtlinie über die Rechte der Verbraucher“ oder „Richtlinie“) zielt darauf ab, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau in der EU zu erreichen und zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen. (2)

Zweck dieser Bekanntmachung (im Folgenden „Leitlinien“) besteht darin, die wirksame Anwendung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher zu erleichtern. Die Leitlinien zielen auch darauf ab, alle interessierten Parteien wie Verbraucher, Unternehmen, die Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der nationalen Gerichte, und Angehörige der Rechtsberufe in der gesamten EU für die Richtlinie zu sensibilisieren. Sie umfassen die mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingeführten Änderungen im Hinblick auf eine bessere Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union, die ab dem 28. Mai 2022 in Kraft treten. Dementsprechend werden in einem Teil dieser Leitlinien die Vorschriften wiedergegeben und erörtert, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Bekanntmachung noch nicht in Kraft getreten sind. Die relevanten Abschnitte und Nummern sind deutlich gekennzeichnet.

Die Leitlinien spiegeln die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden „EuGH“ oder „Gerichtshof“) zur Richtlinie seit deren Inkrafttreten am 13. Juni 2014 wider. Ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ersetzt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher die Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (4) und die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz. (5) In der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher werden einige Vorschriften der älteren Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG beibehalten. Daher wird in diesem Dokument gegebenenfalls auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung dieser Richtlinien verwiesen.

In den Leitlinien wird die Anwendung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher in den einzelnen Mitgliedstaaten, einschließlich der Entscheidungen der nationalen Gerichte und anderer zuständiger Stellen, nicht analysiert. Zusätzlich zu den verschiedenen Informationsquellen, die in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, sind Informationen über die nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie sowie über die Rechtsprechung und die Fachliteratur in der Datenbank zum Verbraucherrecht verfügbar, die über das E-Justiz-Portal zugänglich ist. (6)

Diese Bekanntmachung richtet sich an die EU-Mitgliedstaaten und an Island, Liechtenstein und Norwegen als Unterzeichnerstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (7) (EWR). Bezugnahmen auf die EU, die Union oder den Binnenmarkt sind daher als Bezugnahmen auf den EWR oder den EWR-Markt zu verstehen.

Diese Leitlinien sind lediglich als Leitfaden gedacht; rechtsverbindlich ist ausschließlich der Wortlaut der Rechtsvorschriften der EU. Eine verbindliche Auslegung der Vorschrift kann sich nur aus dem Wortlaut der Richtlinie und unmittelbar aus den Entscheidungen des Gerichtshofs ergeben. In diesen Leitlinien werden die Urteile des Gerichtshofs berücksichtigt, die bis Oktober 2021 veröffentlicht wurden; der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann jedoch nicht vorgegriffen werden.

Die in dieser Bekanntmachung vertretenen Auffassungen berühren nicht den Standpunkt der Europäischen Kommission vor dem Gerichtshof. Die Informationen in diesen Leitlinien sind allgemeiner Art und beziehen sich nicht auf bestimmte Personen oder Einrichtungen. Weder die Europäische Kommission noch Personen, die im Auftrag der Europäischen Kommission handeln, können für die Verwendung der folgenden Informationen verantwortlich gemacht werden.

Da diese Bekanntmachung den Stand der Technik zur Zeit der Veröffentlichung widerspiegelt, können die vorgestellten Leitlinien unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt geändert werden.

1.   Anwendungsbereich

1.1.    Die Begriffe „Unternehmer“ und „Verbraucher“

Gemäß Artikel 1 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gilt diese für „Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden“. Damit ein Vertrag in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher fällt, muss daher nachgewiesen werden, dass eine Vertragspartei ein Unternehmer im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 und die andere Partei ein Verbraucher im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 ist.

Gemäß Artikel 2 Absatz 1 ist „Verbraucher“ jede natürliche Person, die bei von der Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Person unter diesen Begriff fällt, nämlich i) dass die Person eine natürliche Person ist und ii) dass die Person zu nicht beruflichen Zwecken handelt.

Wie in Erwägungsgrund 13 erläutert, können die Mitgliedstaaten nationale Rechtsvorschriften beibehalten oder einführen, die den Bestimmungen der Richtlinie in Bezug auf Verträge entsprechen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, indem sie beispielsweise die Anwendung der nationalen Vorschriften auch auf natürliche Personen, die keine Verbraucher im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 sind, oder auf juristische Personen wie Nichtregierungsorganisationen, Start-ups oder kleine und mittlere Unternehmen ausweiten.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof in der Rechtssache C-329/19, Condominio di Milano (8), bestätigt, dass der Begriff des „Verbrauchers“ durch die nationale Rechtsprechung in der Weise erweitert werden kann, dass seine Schutzvorschriften auch auf einen Vertrag Anwendung finden, den ein Rechtssubjekt, das keine natürliche Person ist, wie das „Condominio“ (Miteigentümergemeinschaft) im italienischen Recht, mit einem Unternehmer schließt.

Darüber hinaus stellte der Gerichtshof fest, dass sich der Begriff „Verbraucher“ auf eine Person bezieht, die keine gewerblichen oder handwerklichen Tätigkeiten ausübt. (9) Dieses zweite Kriterium ist im Lichte von Erwägungsgrund 17 auszulegen, in dem die Bestimmung der „überwiegenden Verwendung“ eingeführt wird: „Wird der Vertrag … für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden.“

Somit würde auch eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu Zwecken handelt, die in erster Linie nicht ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, durch den Begriff des „Verbrauchers“ erfasst. Eine solche Einstufung erfordert eine Vorgehensweise von Fall zu Fall. (10)

Der Begriff „Unternehmer“ ist in Artikel 2 Absatz 2 definiert als eine natürliche oder juristische Person, die „selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“. Als Unternehmer gelten juristische Personen, die sowohl privater als auch öffentlicher Natur sind.

In der Rechtssache C-105/17, Kamenova (11), stellte der Gerichtshof fest, dass der Begriff „Gewerbetreibender“ bzw. „Unternehmer“ in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher und in der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken (12) nahezu identisch definiert wird und daher einheitlich auszulegen ist. Gestützt auf die im Rahmen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken entwickelte Rechtsprechung legte der Gerichtshof den Begriff „Gewerbetreibender“ bzw. „Unternehmer“ weit aus und vertrat die Auffassung, dass er anhand des korrelativen, aber antinomischen Begriffs „Verbraucher“ bestimmt werden muss. Im Vergleich zu einem Gewerbetreibenden bzw. Unternehmer befindet sich der Verbraucher in einer unterlegenen Position und muss als weniger informiert, wirtschaftlich schwächer und rechtlich weniger erfahren angesehen werden als sein Vertragspartner. Die Einstufung als „Gewerbetreibender“ bzw. „Unternehmer“ erfordert eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der folgenden Richtkriterien:

i)

ob der Verkauf über die Online-Plattform planmäßig erfolgte,

ii)

ob mit diesem Verkauf Erwerbszwecke verfolgt wurden,

iii)

ob der Verkäufer über Informationen oder technische Fähigkeiten hinsichtlich der von ihm zum Verkauf angebotenen Waren verfügt, über die der Verbraucher nicht notwendigerweise verfügt, sodass er sich gegenüber diesem Verbraucher in einer vorteilhafteren Position befindet,

iv)

ob der Verkäufer eine Rechtsform hat, die ihm die Vornahme von Handelsgeschäften erlaubt,

v)

in welchem Ausmaß der Verkauf mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Verkäufers zusammenhängt,

vi)

ob der Verkäufer mehrwertsteuerpflichtig ist,

vii)

ob der Verkäufer, der im Namen oder im Auftrag eines bestimmten Gewerbetreibenden oder durch eine andere Person auftritt, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, eine Vergütung oder Erfolgsbeteiligung erhalten hat,

viii)

ob der Verkäufer neue oder gebrauchte Waren zum Zweck des Wiederverkaufs erwirbt und dieser Tätigkeit auf diese Weise eine gewisse Regelmäßigkeit, Häufigkeit und/oder Gleichzeitigkeit im Verhältnis zu seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit verleiht,

ix)

ob die zum Verkauf gestellten Waren alle gleichartig sind oder denselben Wert haben und

x)

ob sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert.

Der EuGH betonte, dass diese Kriterien weder abschließend noch ausschließlich sind, sodass der Umstand, dass eines oder mehrere von ihnen erfüllt sind, für sich genommen grundsätzlich nicht ausreicht, um zu beurteilen, ob der Online-Verkäufer unter den Begriff „Gewerbetreibender“ bzw. „Unternehmer“ fällt. Daher reicht die bloße Tatsache, dass mit dem Verkauf ein Erwerbszweck verfolgt wurde oder dass eine Person gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten wurden, auf einer Online-Plattform veröffentlichte, für sich genommen nicht aus, um diese Person als „Gewerbetreibenden“ bzw. „Unternehmer“ einzustufen. (13)

In Situationen, in denen ein Vermittler (z. B. ein Online-Marktplatz) oder ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer vertritt, beteiligt ist, sollten diese verschiedenen Unternehmer dem Verbraucher deutlich machen, welcher Unternehmer die Vertragspartei für den Verbraucher ist und welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten die verschiedenen Unternehmer jeweils haben. Diese Frage wird in Abschnitt 3.2.2.1 weiter erörtert.

In diesem Zusammenhang wurde mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher geändert und eine Verpflichtung für die Anbieter von Online-Marktplätzen eingeführt, den Verbraucher darüber zu informieren, ob der Drittanbieter als „Unternehmer“ oder „Nichtunternehmer“ (Peer-Verbraucher) handelt, und zwar auf der Grundlage einer Erklärung des Drittanbieters gegenüber dem Anbieter des Online-Marktplatzes. Die Informationsanforderungen für Online-Marktplätze werden in Abschnitt 3.4.2 erläutert.

1.2.    Der Begriff des „Vertrags“

Ausschlaggebend für die Anwendung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ist das Angebot zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. In der Richtlinie wird der Begriff „Vertrag“ nicht definiert und es wird nicht festgelegt, unter welchen Umständen ein Vertrag, auf den die Richtlinie Anwendung findet, als geschlossen gilt. Es liegt im Ermessen der nationalen Gerichte und Vollstreckungsbehörden des betreffenden Mitgliedstaats zu beurteilen, ob ein Rechtsverhältnis einen „Vertrag“ darstellt. In Artikel 3 Absatz 5 heißt es:

Artikel 3

(5)   Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt.“

So lässt die Richtlinie beispielsweise die innerstaatlichen vertragsrechtlichen Vorschriften über die Übertragung von vertraglichen Rechten und Pflichten von einem Verbraucher auf einen anderen unberührt.

Es ist zu beachten, dass ein einziger Vertrag mehrere Gegenstände abdecken kann, dabei sowohl Waren als auch digitale Inhalte. Beispielsweise kann ein einziger Abonnementvertrag in Abhängigkeit von den darin genannten Konditionen die Bereitstellung einer Reihe digitaler Inhalte umfassen. Wäre diese durch einen Abonnementvertrag geregelt, würde daher nicht jede Einzelbereitstellung individueller digitaler Inhalte im Rahmen dieses Vertrags einen neuen Vertrag im Sinne der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher darstellen.

In der Rechtssache C-922/19, Stichting Waternet (14), befasste sich der Gerichtshof mit der Frage, ob die fortgesetzte Versorgung einer Wohnung mit Wasser bei einem Wohnungswechsel ohne ausdrücklichen Antrag des neuen Bewohners eine „Lieferung unbestellter Waren und Dienstleistungen“ im Sinne von Nummer 29 des Anhangs I der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken („schwarze Liste“) auszulegen ist, sodass der Verbraucher gemäß Artikel 27 der Richtlinie berechtigt ist, für diese Versorgung nicht zu zahlen. In dieser Rechtssache war unter anderem zu klären, ob ein Vertrag zwischen einem Wasserversorgungsunternehmen und einem Verbraucher als geschlossen angesehen werden kann, wenn der Verbraucher nicht ausdrücklich zugestimmt hat.

Der Gerichtshof erkannte an, dass die Lieferung von Wasser nicht immer das Bestehen eines Vertrags voraussetzt. Es ist auch möglich, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem jeweiligen Versorger und dem Verbraucher vollständig durch nationale Rechtsvorschriften geregelt wird, und zwar sowohl in Bezug auf die Lieferung von Wasser durch den Gewerbetreibenden als auch in Bezug auf die vom Verbraucher zu tragenden Kosten, die mit dieser Lieferung verbunden sind(15)

In einem solchen Fall, in dem es keinen Vertrag gibt, würde die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht für das Verhältnis zwischen dem Anbieter und dem Verbraucher gelten. Entscheidend bleibt in jedem Fall, ob das jeweilige Verhältnis nach dem anwendbaren nationalen Recht als „Vertrag“ angesehen wird.

1.3.    Erfasste Verträge

In der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher werden bestimmte Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern geregelt. Erstens werden verschiedene Verträge je nach den Umständen ihres Abschlusses unterschieden:

(1)

Verträge, die außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmers geschlossen werden (außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge),

(2)

Verträge, die unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden — über das Internet, einschließlich auf Online-Marktplätzen, per Telefon usw. (Fernabsatzverträge) und

(3)

Verträge, die keine Fernabsatzverträge oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind (in der Regel handelt es sich dabei um Verträge, die in regulären Ladengeschäften geschlossen werden, im Folgenden „innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“).

In der Richtlinie werden ferner folgende Vertragsarten unterschieden, die sich auf den Vertragsgegenstand beziehen:

(1)

Kaufverträge,

(2)

Dienstleistungsverträge, einschließlich Verträge über digitale Dienstleistungen,

(3)

Verträge über die Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden (Verträge über digitale Inhalte) und

(4)

Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme (Verträge über öffentliche Versorgungsleistungen).

Kaufverträge und Dienstleistungsverträge werden in Artikel 2 Absätze 5 und 6 der Richtlinie definiert. Für Verträge über digitale Online-Inhalte und über öffentliche Versorgungsleistungen liegt keine ausdrückliche Definition vor, allerdings wird in Erwägungsgrund 19 erläutert, dass sie im Sinne der Richtlinie nicht als Kauf- oder Dienstleistungsverträge eingestuft werden.

Obgleich zahlreiche Vorschriften der Richtlinie in der Regel für alle vier Vertragsarten gelten, gibt es auch Bestimmungen, die sich lediglich auf eine bestimmte Vertragsart beziehen. So gelten insbesondere für die einzelnen Vertragsarten (siehe Artikel 9) unterschiedliche Bestimmungen zur Berechnung der Frist, innerhalb derer das Widerspruchsrecht ausgeübt werden kann (siehe auch Abschnitt 5 zum Widerrufsrecht).

In Erwägungsgrund 19 wird außerdem klargestellt, dass digitale Inhalte, die auf einem materiellen Datenträger bereitgestellt werden, im Sinne der Richtlinie als „Waren“ gelten. Dies bezieht sich auf digitale Inhalte, die beispielsweise auf CD oder DVD geliefert werden, aber derselbe Ansatz gilt auch für digitale Inhalte, die auf anderen Trägern oder auf einem intelligenten Gerät, wie einer Spielkonsole mit vorinstallierten Spielen, geliefert werden. Unabhängig von der Art des materiellen Datenträgers (16) fällt der Vertrag über solche digitalen Inhalte unter die für Kaufverträge geltenden Vorschriften über das Widerrufsrecht der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher(17)

Angesichts der Tatsache, dass sich die Definition des Kaufvertrags (siehe im Folgenden) auf den Übergang des Eigentums an Waren vom Unternehmer an den Verbraucher bezieht (z. B. bei Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern), kommt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht bei Verträgen zur Anwendung, in denen das Eigentum an Waren vom Verbraucher an den Unternehmer übertragen wird, beispielsweise im Falle von Gebrauchtwagen oder Schmuck.

1.4.    Gemischte Verträge

Artikel 2

„5.   „Kaufvertrag“ [bezeichnet] jeden Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder die Übertragung des Eigentums an dieser Ware zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben;

6.   „Dienstleistungsvertrag“ [bezeichnet] jeden Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung, einschließlich einer digitalen Dienstleistung, für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt;“

In der Praxis umfassen zahlreiche Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, auf die diese Richtlinie Anwendung findet, sowohl Aspekte von Dienstleistungen als auch von Waren. In derartigen Fällen kommt der letzte Abschnitt der Definition gemäß Artikel 2 Absatz 5 zur Anwendung, weil dort Verkaufsverträge als Verträge definiert werden, „die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben“.

Gemäß der Definition in Artikel 2 Absatz 5 dient als Kriterium für die Einstufung eines Vertrags als „Kaufvertrag“ die Übertragung des Eigentums an Waren an den Verbraucher. Dies führt dazu, dass ein Vertrag, der hauptsächlich die Übertragung des Eigentums an bestimmten Waren zum Gegenstand hat, als Kaufvertrag eingestuft werden muss, auch wenn er zusätzlich damit verbundene Dienstleistungen durch den Verkäufer, wie Installation, Wartung oder weitere Verarbeitungsschritte beinhaltet, und zwar ungeachtet des Wertanteils der Waren und der Dienstleistungen.

Beispiele für Verträge, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben und aufgrund ihres Hauptzwecks für gewöhnlich als Kaufverträge eingestuft werden sollten, sind solche wie Verträge über

den Erwerb einer neuen Küche, inklusive Einbau in der Wohnung des Verbrauchers,

den Erwerb spezifischer Bauelemente wie Fenster und Türen, inklusive Einbau im Haus des Verbrauchers,

den Erwerb eines Smartphones im Paket mit einem Abonnement für einen elektronischen Kommunikationsdienst.

Wenn im Gegenzug der Hauptzweck eines gemischten Vertrags nicht in der Übertragung des Eigentums an spezifischen Waren besteht, sollte der Vertrag nicht als Kaufvertrag eingestuft werden.

Beispiele für Verträge, die sowohl Dienstleistungen als auch Waren zum Gegenstand haben und aufgrund ihres Hauptzwecks als Dienstleistungsverträge eingestuft werden sollten:

Vertrag über die Reparatur, die Renovierung und die Errichtung von Anbauten an Gebäuden (siehe Erwägungsgrund 26),

Vertrag über die Teilnahme an einem Vortrag, einschließlich der Bereitstellung von Stiften und Heften für die Teilnehmer,

Vertrag über eine Schulung, einschließlich der Bereitstellung eines Kursheftes für jeden Teilnehmer.

Diese Auslegung wird durch die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zum freien Warenverkehr und zur Dienstleistungsfreiheit bestätigt, die auch im Zusammenhang mit der jetzigen Richtlinie ihre Bedeutung behält.

So hat der Gerichtshof beispielsweise in der Rechtssache C-20/03, Marcel Burmanjer, festgestellt, dass eine Wirtschaftstätigkeit entweder im Kontext des freien Warenverkehrs oder der Dienstleistungsfreiheit zu prüfen ist, wenn eine der beiden Freiheiten „der anderen zugeordnet werden kann und ihr gegenüber völlig zweitrangig ist“. (18)

Dies bedeutet auch, dass ein gemischter Vertrag als Kaufvertrag eingestuft werden sollte, wenn aus dem Sachverhalt hervorgeht, dass sein eigentlicher Zweck in der Übertragung des Eigentums an Waren besteht:

Wenn beispielsweise im Schulungsangebot des Unternehmers und in der Kommunikation zwischen den Parteien der Verkauf des Kursheftes eine herausragende Rolle eingenommen hat und das Heft einen relativ hohen Anteil am Gesamtpreis für die Schulung ausmacht, kann der Vertrag im Sinne der Richtlinie möglicherweise als Kaufvertrag und nicht als Dienstleistungsvertrag eingestuft werden.

Andererseits sollte ein gemischter Vertrag auch dann als Dienstleistungsvertrag angesehen werden, wenn er zur Herstellung einer Sache in materieller Form führt, sofern der Vertragsgegenstand in der Erbringung einer geistigen oder fachlichen Leistung besteht und die anschließende Lieferung nur zweitrangig ist. (19)

So sind beispielsweise der Vertrag mit einem Architekten, der ein Haus plant, und der Vertrag mit einem Rechtsanwalt, der eine Klage vorbereitet und einreicht, beides Dienstleistungsverträge, auch wenn es am Ende ein greifbares Ergebnis gibt (z. B. Baupläne, eine Klage oder ein Antrag). Auch der Vertrag mit einem Künstler, der ein Gemälde malt, und der Vertrag mit einem Fotografen, der ein Hochzeitsfoto macht, sind Dienstleistungsverträge.

Kurz gesagt, die Einstufung gemischter Verträge sollte auf der Grundlage ihres Hauptzwecks erfolgen. Die Tatsache, dass der Vertrag die Möglichkeit weiterer Vereinbarungen in der Zukunft vorsieht, sollte nicht per se Einfluss auf seine Merkmale haben. Beispiel:

Ist in einem Vertrag über die Vermietung von Waren lediglich die Möglichkeit, jedoch nicht Pflicht zur Eigentumsübertragung vorgesehen, so sollte er im Sinne der Richtlinie als Dienstleistungsvertrag eingestuft werden.

 

Die Widerrufsfrist (Artikel 9) berechnet sich nach der Einstufung eines Vertrags als Kauf- oder Dienstleistungsvertrag. Bei Dienstleistungsverträgen beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Bei Kaufverträgen setzt die Widerrufsfrist erst nach Eingang der Waren ein. Außerdem gelten einige Bestimmungen der Richtlinie, wie Artikel 18 und 20 über die Lieferung bzw. den Risikoübergang, lediglich für Kaufverträge.

 

Ein und derselbe Kauf- oder Dienstleistungsvertrag kann auch Dienstleistungen beinhalten, die nicht unter die Richtlinie fallen. So kann ein Kauf- oder Dienstleistungsvertrag beispielsweise die Möglichkeit von Ratenzahlungen mit fester Verzinsung vorsehen. Bei einem solchen Vertrag kämen auch die spezifischen Vorschriften für Finanzdienstleistungen für Verbraucher zur Anwendung. (20) Die Vorschriften für akzessorische Verträge in Artikel 15 der Richtlinie würden dann entsprechend gelten (siehe Abschnitt 5.10).

1.5.    Unterscheidung zwischen digitalen Dienstleistungen und digitalen Inhalten

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde die Definition des Begriffs „Dienstleistungsvertrag“ in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher dahin gehend präzisiert, dass er auch Verträge über „digitale Dienstleistungen“ umfasst (siehe die Definition im vorherigen Abschnitt). Darüber hinaus wurde mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 in Artikel 2 Absatz 16 eine Definition des Begriffs „digitale Dienstleistung“ eingeführt, die auf die Definition in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates über digitale Inhalte (21) verweist.

In Artikel 2 der Richtlinie über digitale Inhalte heißt es:

Artikel 2

„1.   „digitale Inhalte“ [bezeichnen] Daten, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden;

2.   „digitale Dienstleistung“ [bezeichnet]

a)

eine Dienstleistung, die dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung und Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu Daten in digitaler Form ermöglicht, oder

b)

eine Dienstleistung, die die gemeinsame Nutzung der von dem Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktion mit diesen Daten, ermöglicht;“

In Erwägungsgrund 19 der Richtlinie über digitale Inhalte heißt es: „Um den rasanten technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen und sicherzustellen, dass die Begriffe ‚digitale Inhalte‘ und ‚digitale Dienstleistungen‘ nicht schon bald überholt sind, sollte sich diese Richtlinie unter anderem auf Computerprogramme, Anwendungen, Videodateien, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher und andere elektronische Publikationen und auch digitale Dienstleistungen erstrecken, … einschließlich Software-as-a-Service, wie die gemeinsame Nutzung von Video- oder Audioinhalten und andere Formen des Datei-Hosting, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud-Computing-Umgebung und in sozialen Medien angeboten werden.“ Es sei darauf hingewiesen, dass die zweite Gruppe von Beispielen eindeutig der Kategorie der digitalen Dienstleistungen zuzuordnen ist, während die Einstufung der ersten Gruppe von Beispielen als digitale Inhalte oder Dienstleistungen von der Art der Übertragung oder des Zugangs sowie von anderen Besonderheiten des Geschäftsmodells abhängt.

Erwägungsgrund 30 der Richtlinie (EU) 2019/2161 enthält weitere Hinweise zur Unterscheidung von Verträgen über digitale Inhalte und Verträgen über digitale Dienstleistungen. „Digitale Dienstleistungen sind beispielsweise Dienste zur gemeinsamen Nutzung von Video- oder Audioinhalten und andere Formen des Filehostings, Textverarbeitung oder Spiele, die in der Cloud angeboten werden, Cloud-Speicher, Webmail, soziale Medien und Cloud-Anwendungen.“ Im Gegensatz dazu sind „[v]iele Verträge über die Bereitstellung digitaler [Online-]Inhaltedurch eine einmalige Bereitstellung gekennzeichnet, mit der dem Verbraucher bestimmte digitale Inhalte wie bestimmte Musik- oder Videodateien bereitgestellt werden.“

Dementsprechend sind digitale Dienstleistungen zum Beispiel:

Abonnements für die internetgestützte Speicherung von Fotos des Verbrauchers, für soziale Netze oder für Sprach- und Videotelefonie über das Internet,

Abonnements für internetgestützte Wetterdienste oder Online-Verkehrsdienste,

Abonnements für Online-Zeitungen/Newsletter (siehe auch Ausnahme vom Widerrufsrecht gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe j die für die Lieferung einer Tageszeitung, nicht jedoch für Abonnement-Verträge über die Lieferung solcher Publikationen gilt).

In Erwägungsgrund 30 der Richtlinie (EU) 2019/2161 wird anerkannt, dass es dennoch schwierig sein kann, zwischen unterschiedlichen Arten von digitalen Online-Inhalten und digitalen Dienstleistungen zu unterscheiden. „Bestehen [daher] Zweifel daran, ob es sich um einen Dienstleistungsvertrag oder einen Vertrag über die Bereitstellung digitaler Inhalte handelt, die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, sollten die Bestimmungen über das Widerrufsrecht für Dienstleistungen gelten.“

Die Unterscheidung zwischen Verträgen über digitale Inhalte und Verträgen über digitale Dienstleistungen ist wegen der unterschiedlichen Regelungen für das Widerrufsrecht wichtig. Die Bestimmungen über das Widerrufsrecht für Verträge über Dienstleistungen, die dem Verbraucher ermöglichen, die Dienstleistung zu prüfen und binnen 14 Tagen nach Vertragsabschluss zu entscheiden, ob er sie weiter in Anspruch nehmen will oder nicht.

Im Gegensatz dazu besteht nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m kein Widerrufsrecht bei der Bereitstellung digitaler Inhalte, sofern mehrere Bedingungen erfüllt sind. Gemäß den durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 eingeführten Änderungen sind diese Bedingungen, dass der Verbraucher dem Beginn der Vertragserfüllung ausdrücklich zugestimmt hat und bestätigt hat, dass er zur Kenntnis genommen hat, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert sowie dass der Unternehmer eine Bestätigung des geschlossenen Vertrags gestellt hat (siehe auch Abschnitt 5.7).

In der Rechtssache C-641/19, PE Digital, stellte der Gerichtshof klar, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht nach Artikel 16 Buchstabe m der Richtlinie, die für Verträge über digitale Inhalte gilt, eng auszulegen ist. (22) In dem Fall ging es um den Widerruf einer Premium-Mitgliedschaft für eine Partnervermittlung-Website, allerdings erst, nachdem der Verbraucher einen Persönlichkeitstest durchgeführt hatte, der auf der Grundlage eines geschützten Algorithmus eine Auswahl von Partnervorschlägen lieferte.

Der Gerichtshof stellte fest, dass Artikel 16 Buchstabe m in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 11 der Richtlinie dahin gehend auszulegen ist, dass die Erstellung eines solchen Persönlichkeitsgutachtens keine Lieferung von „digitalen Inhalten“ darstellt. Der Gerichtshof stellt ferner allgemeiner fest, dass im Licht des 19. Erwägungsgrundes der Richtlinie die webgestützten Dienstleistungen, die dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten und die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen, als solche nicht als Lieferung „digitaler Inhalte“ im Sinne von Artikel 16 Buchstabe m angesehen werden können(23)

Die Bereitstellung von Videospielen kann beispielsweise sowohl Verträge über digitale Inhalte als auch Verträge über digitale Dienstleistungen umfassen. Herunterladbare Spiele würden normalerweise als digitale Inhalte gelten, wenn ihre Nutzung nicht von einer ständigen Beteiligung des Spieleanbieters abhängt. Im Gegensatz dazu würden Online-Spiele, die in einer Cloud-Umgebung angeboten werden, als digitale Dienstleistungen eingestuft werden.

Spielinterne Kleinstgeschäfte (In-App-Käufe) in solchen Spielen, die das Spielerlebnis des jeweiligen Nutzers verbessern, wie virtuelle Gegenstände, würden normalerweise als Verträge über digitale Inhalte gelten. Auch In-App-Käufe von Inhalten, die außerhalb des Spiels genutzt werden können (z. B. eine Aufzeichnung der Spielsitzung, die heruntergeladen oder auf einer Video-Sharing-Plattform geteilt werden kann), würden normalerweise einen Vertrag über digitale Inhalte darstellen. Der Kauf von Premium-Inhalten, die die Online-Spielumgebung erweitern, würde dagegen eine neue digitale Dienstleistung darstellen, die die ursprüngliche ergänzt.

1.6.    Verträge gegen Zahlung und Verträge, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt

Artikel 3 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, in dem ihr Anwendungsbereich definiert wurde, wurde durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 geändert. Der geänderte Absatz 1 verweist nun auf die „Zahlung des Preises“ als Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie.

Gleichzeitig wurde ein neuer Absatz 1a hinzugefügt, der den Anwendungsbereich der Richtlinie auf Verträge über digitale Inhalte im Internet und auf Verträge über digitale Dienstleistungen ausweitet, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt (vorbehaltlich einiger Ausnahmen).

Artikel 3

(1)   Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für alle Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden, bei denen der Verbraucher den Preis zahlt oder die Zahlung des Preises zusagt. Sie gilt für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden.

(1a)   Diese Richtlinie gilt auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt oder für den Verbraucher digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt, außer in Fällen, in denen die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten durch den Unternehmer ausschließlich zur Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, oder digitaler Dienstleistungen im Einklang mit dieser Richtlinie oder zur Erfüllung von vom Unternehmer einzuhaltenden rechtlichen Anforderungen verarbeitet werden, und der Unternehmer diese Daten zu keinen anderen Zwecken verarbeitet.“

1.6.1.   Verträge gegen Zahlung

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurden die Definitionen von Kauf- und Dienstleistungsverträgen in Artikel 2 Absätze 5 und 6 der Richtlinie geändert, die sich nicht mehr auf die Zahlung eines „Preises“ durch den Verbraucher beziehen. Unter Berücksichtigung der Änderungen in Artikel 3 unterliegen diese Verträge jedoch nur noch dann der Richtlinie, wenn der Verbraucher einen Preis zu zahlen hat (es sei denn, der Gegenstand eines Dienstleistungsvertrags ist eine digitale Dienstleistung — siehe unten).

Die „Zahlung eines Preises“ ist weit zu verstehen und umfasst auch Instrumente mit einem bestimmten konvertierbaren oder monetären Wert (auch wenn dieser zeitlich variieren kann), wie Gutscheine (24), Geschenkkarten, Treuepunkte sowie digitale Wertdarstellungen (25) wie elektronische Gutscheine, E-Coupons und virtuelle Währungen.

Die Richtlinie gilt unabhängig vom Geschäftswert, sodass auch Abonnementdienste von geringem Wert (z. B. 5 EUR pro Monat oder pro Jahr für den Zugang zu hochwertigen Waren oder Angeboten) abgedeckt sind. Die Richtlinie gilt auch bei Dienstleistungsverträgen, einschließlich Verträgen über digitale Dienstleistungen, die eine kostenfreie Testphase umfassen und nach Abschluss der Testphase automatisch in kostenpflichtige Verträge umgewandelt werden (sofern der Verbraucher den Vertrag nicht vor Ablauf der Testphase kündigt).

Wenn eine (eingeschränkte) Version des digitalen Dienstes kostenlos zur Verfügung steht und der Verbraucher sich anschließend für den kostenpflichtigen (vollständigen) Dienst entscheiden kann, werden zwei aufeinanderfolgende separate Verträge geschlossen. Die Richtlinie gilt in diesem Fall für den entgeltlichen Vertrag, während ihre Anwendbarkeit auf den ersten Vertrag über die kostenlose (eingeschränkte) Version des digitalen Dienstes davon abhängt, ob der Verbraucher personenbezogene Daten unter den in Artikel 3 Absatz 1a genannten Bedingungen zur Verfügung stellt.

Die Richtlinie gilt nicht für Geschenke oder Dienstleistungen, die der Unternehmer ohne Zahlung des Preises, d. h. „unentgeltlich“, erbringt. (26)

1.6.2.   Verträge, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt

Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gilt für Verträge über digitale Inhalte und für Verträge über digitale Dienstleistungen, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt. (27) In dieser Hinsicht verfolgt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher denselben Ansatz wie die Richtlinie über digitale Inhalte.

So wird die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher beispielsweise für Verträge gelten, die den kostenlosen Zugang zu digitalen Inhalten oder digitalen Diensten vorsehen, und der Verbraucher stimmt der Verarbeitung personenbezogener Daten auch zu Direktwerbungszwecken zu.

Wie die Richtlinie über digitale Inhalte gilt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher jedoch nicht für Verträge über digitale Inhalte und Verträge über digitale Dienstleistungen, bei denen die personenbezogenen Daten nur zum Zweck der Vertragserfüllung und der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verarbeitet werden. In Erwägungsgrund 34 der Richtlinie (EU) 2019/2161 wird klargestellt, dass solche rechtlichen Anforderungen beispielsweise die Registrierung des Verbrauchers zu Sicherheits- und Identifizierungszwecken umfassen können, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist.

Wie in Erwägungsgrund 35 der Richtlinie (EU) 2019/2161 erläutert, gilt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher außerdem nicht in Fällen, in denen der Verbraucher ausschließlich zwecks Erlangung des Zugangs zu digitalen Inhalten oder einer digitalen Dienstleistung Werbung ausgesetzt ist, ohne mit dem Unternehmer einen Vertrag abgeschlossen zu haben. (28)

Außerdem wird klargestellt, dass die Richtlinie nicht in Fällen gilt, in denen der Unternehmer nur Metadaten wie Informationen zum Gerät oder Browser des Verbrauchers (Verfolgung von Gerät oder Browsererkennungen) oder zum Browserverlauf erhebt, es sei denn, der betreffende Sachverhalt gilt als Vertrag nach nationalem Recht. (29)

Beinhaltet der Vertrag die Verarbeitung personenbezogener Daten, muss der Unternehmer seine verbraucherrechtlichen Pflichten und — in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher — auch die Pflichten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (30) (im Folgenden „DSGVO“) einhalten. Beide Rechtsrahmen gelten für das Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern gleichzeitig und komplementär.

Bei allen Verträgen, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt (unabhängig davon, ob eine Zahlung erfolgt oder nicht), muss der Unternehmer den Verbraucher zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten über die Zwecke der Verarbeitung unterrichten. Darüber hinaus muss der Verantwortliche nachweisen, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten auf einen der in Artikel 6 Absatz 1 DSGVO genannten Rechtsgründe gestützt werden kann. Der „Vertrag“ (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b DSGVO) ist eine der zulässigen Rechtsgrundlagen in dieser Verordnung. Er gilt jedoch nur für die Verarbeitung, die „für die Erfüllung des Vertrags erforderlich“ ist, was eng ausgelegt wird. (31)

Dementsprechend muss sich der Unternehmer bei Verarbeitungen, die nicht für die Erfüllung des Vertrags erforderlich sind, zusätzlich auf eine andere rechtmäßige Grundlage für die Verarbeitung gemäß der DSGVO stützen, beispielsweise auf die freie Einwilligung des Verbrauchers in informierter Weise (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a). (32) Gemäß DSGVO ist die Einwilligung der Verbraucher nur dann gültig, wenn sie freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben wird. Im Rahmen eines Vertragsverhältnisses kann eine Einwilligung nur dann freiwillig erteilt werden, wenn sie für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich ist (Artikel 7 Absatz 4 DSGVO). Die Möglichkeit, die Einwilligung zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden, ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die Gültigkeit der Einwilligung (Erwägungsgrund 42 DSGVO). Nach Rücknahme der Einwilligung kann der Unternehmer die personenbezogenen Daten, deren Verarbeitung auf dieser Einwilligung beruhte, nicht mehr rechtmäßig verarbeiten.

Dementsprechend muss der Verantwortliche sicherstellen, dass es für Verarbeitungen, die nicht für die Erfüllung des Vertrags erforderlich sind, eine andere Rechtsgrundlage gemäß der DSGVO gibt. Im Gegensatz dazu umfasst der „Vertrag“ im Sinne der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher alle Rechte und Pflichten der Parteien, unabhängig von der Unterscheidung der Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DSGVO.

Die Feststellung der Verarbeitungstätigkeiten im Rahmen von Verträgen mit Verbrauchern und der korrekten Rechtsgrundlage nach der DSGVO kann dem Unternehmer helfen zu verstehen, ob der „Vertrag“, den er mit dem Verbraucher abschließt, der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher unterliegt. Wenn sich der Unternehmer in der Praxis für die Verarbeitung personenbezogener Daten von Verbrauchern auf eine gesonderte Einwilligung des Verbrauchers oder eine andere Rechtsgrundlage nach der DSGVO (mit Ausnahme einer rechtlichen Verpflichtung) stützen muss, unterliegt der Vertrag, in dessen Rahmen diese Verarbeitung stattfindet, den Anforderungen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

1.7.    Verträge, für die die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht gilt

Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert, gilt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gemäß der durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 vorgenommenen Änderung von Artikel 3 nicht für Verträge, bei denen der Verbraucher keinen Preis zahlt, oder im Falle von Verträgen über digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen, bei denen der Verbraucher weder den Preis zahlt noch dem Unternehmer personenbezogene Daten übermittelt.

Darüber hinaus werden in Artikel 3 Absatz 3 bestimmte Kategorien von Aufträgen aufgeführt, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ausgeschlossen sind. So kommt die Richtlinie beispielsweise nicht bei Verträgen über Finanzdienstleistungen einschließlich Versicherung und Geldanlage zur Anwendung. Gleichermaßen ausgeschlossen sind soziale und Gesundheitsdienstleistungen, Glücksspiele, Teilzeitnutzungsverträge und verwandte Urlaubsdienstleistungen. Die Beförderung von Personen und Pauschalreiseverträge (33) sind grundsätzlich ausgenommen, obwohl besondere Bestimmungen gelten.

Weitere Erläuterungen werden im Folgenden gegeben. In der Regel sind alle Ausnahmen eng auszulegen. (34)

1.7.1.   Mietverträge und Bauverträge

Artikel 3

„(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

e)

über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Immobilien;

f)

über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum;“

Die Ausnahmeregelung unter Buchstabe e bezieht sich auf die allgemeine Kategorie von Immobilien, einschließlich Grundbesitz, während Buchstabe f Gebäude zum Gegenstand hat.

Während die Vermietung von Wohnraum vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen ist, fällt die Vermietung von Räumen für andere als Wohnzwecke unter die Richtlinie. Dies wird auch in Erwägungsgrund 26 erläutert: „Dienstleistungsverträge insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung von Anbauten an Gebäude (z. B. dem Anbau einer Garage oder eines Wintergartens) und im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Renovierung von Gebäuden, die keine erheblichen Umbauarbeiten darstellen, wie auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilienmaklern und über die Vermietung von Räumen für andere als Wohnzwecke sollten unter diese Richtlinie fallen.“

Beispielsweise fällt die Vermietung eines Parkplatzes oder eines Festsaals unter die Richtlinie.

Es sollte zwischen Bauaufträgen und Dienstleistungsaufträgen im Zusammenhang mit dem Bau unterschieden werden. In der Rechtssache C-208/19, NK, stellte der Gerichtshof fest, dass die Ausnahme nach Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe f nicht auf einen Vertrag zwischen einem Architekten und einem Verbraucher anwendbar ist, nach dem der Erstere die Pläne eines neuen Gebäudes zu erstellen hat. Obwohl die Planung den Bauarbeiten vorausgeht, handelt es sich um einen getrennten Prozess, und es ist nicht sicher, dass das Gebäude überhaupt gebaut wird. (35)

Darüber hinaus kann ein solcher Vertrag gemäß Artikel 2 Absätze 3 und 4 sowie Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c nicht als Vertrag über die Lieferung von Waren angesehen werden, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, wie es in der letztgenannten Bestimmung heißt. Die Pläne könnten zwar in greifbarer Form auf Papier oder als digitaler Inhalt zur Verfügung gestellt werden, doch ist der Vertragsgegenstand eine geistige Dienstleistung — ein Architekturentwurf — und die anschließende Lieferung hat nur eine untergeordnete Funktion. (36)

Entsprechend der obigen Logik sollte die Richtlinie auch für Dienstleistungsverträge gelten, die zwar mit dem Bau zusammenhängen, aber einen getrennten Prozess mit einem eigenständigen Ergebnis darstellen, wie Verträge mit Geometern, Verträge für Innenarchitektur, Landschaftsplanung usw.

1.7.2.   Pauschalreisen

Artikel 3

(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

g)

über Pauschalreisen im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates.

Artikel 6 Absatz 7, Artikel 8 Absätze 2 und 6 und Artikel 19, Artikel 21 und Artikel 22 der vorliegenden Richtlinie gelten für Pauschalreisen im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 in Bezug auf Reisende im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der genannten Richtlinie entsprechend;“

Es gelten in der Richtlinie bestimmte Bestimmungen für Pauschalreiseverträge im Sinne der Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates (37), insbesondere bezüglich der Wahlmöglichkeit der Mitgliedstaaten, sprachliche Anforderungen in Bezug auf Vertragsinformationen festzulegen (Artikel 6 Absatz 7), Informationen, die Unternehmer den Verbrauchern unmittelbar vor Abschluss eines Vertrags auf elektronischem Wege zur Verfügung stellen müssen, einschließlich der Informationen über die Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers (Artikel 8 Absatz 2), der Regelungen der Mitgliedstaaten über die Angebotsbestätigung bei Fernabsatzverträgen, die per Telefon abgeschlossen werden (Artikel 8 Absatz 6), des Verbots, Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel zu verlangen (Artikel 19), des Verbots, Telefonnummern zu verwenden, deren Gebühren über dem Grundtarif liegen (Artikel 21) und des Erfordernisses, die ausdrückliche Zustimmung der Verbraucher für zusätzliche Zahlungen einzuholen (Artikel 22).

Es sei darauf hingewiesen, dass die Pauschalreiserichtlinie auch die sogenannten „verbundenen Reiseleistungen“ (38) regelt, die mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen umfassen, die für den Zweck derselben Reise erworben werden, bei der es sich aber nicht um eine Pauschalreise (im Sinne der Richtlinie) handelt und das Ergebnis des Abschlusses separater Verträge mit den jeweiligen Erbringern der Reiseleistungen sind. In der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind die Anforderungen an die vorvertraglichen Informationen festgelegt; sie gilt für die einzelnen Dienstleistungsverträge, die eine verbundene Reiseleistung umfassen, vorbehaltlich der in Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe l festgelegten Einschränkungen. Für Aufträge über Personenbeförderungsleistungen gelten beispielsweise nur die Anforderungen von Artikel 8 Absatz 2 sowie der Artikel 19, 21 und 22 (siehe Abschnitt 1.7.5 für weitere Informationen).

1.7.3.   Vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossene Verträge

Artikel 3

„(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

i)

die nach dem Recht der Mitgliedstaaten vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossen werden, der gesetzlich zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist und durch umfassende rechtliche Aufklärung sicherzustellen hat, dass der Verbraucher den Vertrag nur aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung und in Kenntnis seiner rechtlichen Tragweite abschließt.“

In der Richtlinie werden die in dieser Bestimmung genannten öffentlichen Amtsträger nicht näher beschrieben. Allerdings werden die Kriterien festgelegt, die erfüllt werden müssen, damit der Vertrag nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Diese Ausnahmeregelung gilt ausschließlich für vor einem öffentlichen Amtsträger (wie einem Notar) geschlossene Verträge, der nach einzelstaatlichem Recht alle unter Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe i genannten Voraussetzungen erfüllen muss:

Die Ausnahmeregelung gilt beispielsweise nicht für einen Vertrag, bei dem ein öffentlicher Amtsträger, der gesetzlich zu Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist, lediglich die Identität der Parteien bescheinigt hat.

Damit die Ausnahmeregelung greifen kann, ist es offensichtlich nicht notwendig, dass das einzelstaatliche Recht den Abschluss des entsprechenden Vertrags unter Mitwirkung eines öffentlichen Amtsträgers erfordert. Die Ausnahmeregelung kommt auch dann zum Tragen, wenn eine oder beide Vertragsparteien für den Abschluss des Vertrags einen öffentlichen Amtsträger freiwillig bestellen(39)

1.7.4.   Verträge über Gegenstände des täglichen Bedarfs

Artikel 3

(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

j)

über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden;“

Diese Ausnahmeregelung setzt die Erfüllung von zwei Bedingungen voraus:

a)

dass der Unternehmer die Waren im Rahmen „häufiger und regelmäßiger Fahrten“ liefert, und

b)

dass es sich bei diesen Waren um „Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs“ handelt.

Der ausdrückliche Verweis in der vorliegenden Bestimmung auf die Lieferung am Arbeitsplatz des Verbrauchers lässt darauf schließen, dass der tatsächliche Verbrauch der Waren nicht zwangsläufig am Wohnsitz erfolgen muss.

1.7.5.   Personenbeförderung

Artikel 3

(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

k)

über die Beförderung von Personen mit Ausnahme des Artikels 8 Absatz 2 und der Artikel 19, 21 und 22;“

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde diese Ausnahmeregelung geändert und Artikel 21 über das Erfordernis eines „Grundtarifs“ für nachvertragliche Telefongespräche auch auf die Personenbeförderung anwendbar gemacht (siehe Abschnitt 9 für weitere Informationen).

In der Rechtssache C-583/18, DB Vertrieb, entschied der Gerichtshof, dass diese Ausnahme nicht für den Verkauf von Rabattkarten für die Personenbeförderung gilt, die somit in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher fallen.

Der Gerichtshof qualifizierte letzteren als eine Art „Dienstleistungsvertrag“, der nicht unmittelbar eine Personenbeförderungsleistung zum Gegenstand hat. Vielmehr handelt es sich bei dem Vertrag, der dem Verbraucher das Recht verschafft, bei einem späteren Abschluss von Personenbeförderungsverträgen einen Rabatt zu erhalten, und dem Vertrag über den Kauf von Fahrscheinen um zwei rechtlich voneinander getrennte Verträge, sodass der erstere nicht als ein untrennbar mit dem letzteren verbundener Vertrag angesehen werden kann. Der Erwerb einer Karte, die es ihrem Inhaber ermöglicht, beim Erwerb von Fahrscheinen Rabatte in Anspruch zu nehmen, impliziert nämlich nicht zwangsläufig den späteren Abschluss eines Vertrags, der die Personenbeförderung als solche zum Gegenstand hat. (40)

1.7.6.   Automatisierter Verkauf

Artikel 3

„(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

l)

die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden;“

Diese Ausnahme gilt für Verträge, die in physischer Anwesenheit des Verbrauchers und an dem Ort geschlossen werden, an dem die Ware oder Dienstleistung mithilfe von Automaten verkauft oder erbracht wird, z. B. an Verkaufsautomaten, Tankautomaten oder Parkplätzen.

1.7.7.   Bestimmte Verträge über elektronische Kommunikationsdienste

Artikel 3

„(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge

m)

die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossen werden oder die zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Faxverbindung geschlossen werden.“

Mit dieser Bestimmung werden zwei Arten von Verträgen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen.

Dabei handelt es sich erstens um mit Anbietern von elektronischen Kommunikationsdiensten mithilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossene Verträge. Der Begriff „öffentliches Münz- oder Kartentelefon“ bezieht sich auf ein der Allgemeinheit zur Verfügung stehendes Telefon, für dessen Nutzung als Zahlungsmittel unter anderem Münzen, Kredit-/Abbuchungskarten oder Guthabenkarten, auch solche mit Einwahlcode, verwendet werden können. (41)

Da diese Ausnahmeregelung für Verträge gilt, die „über“ öffentliche Fernsprecher geschlossen wurden, sind auch Fälle zu berücksichtigen, in denen der Vertrag beispielsweise durch den Einwurf von Münzen oder das Einlesen einer Kreditkarte am öffentlichen Fernsprecher, um ein Telefongespräch zu führen oder Zugang zu einem Telefonbuch oder einem anderen Auskunftsdienst zu erhalten, der von demselben Betreiber angeboten wird, zustande kommt.

Die Ausnahmeregelung sollte nicht für Verträge gelten, die mit Betreibern von öffentlichen Fernsprechern beispielsweise durch den vorherigen Kauf einer Telefonkarte mit Guthaben abgeschlossen worden sind.

Der zweite Teil von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe m über Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Verbindung hat einen breiteren Anwendungsbereich. Anders als bei Verträgen über die Nutzung öffentlicher Fernsprecher werden für diese Vertragsart keine Parteien spezifiziert, was den Schluss nahelegt, dass nicht nur Verträge mit Anbietern von elektronischen Kommunikationsdiensten abgedeckt sind. Darüber hinaus gibt es keine näheren Angaben zu Zweck oder Inhalt dieser Vertragsart.

Beispielsweise könnte diese Ausnahme Folgendes einschließen:

einen Vertrag über die Nutzung eines drahtlosen Zugangspunkts (wireless access point, im Folgenden „WAP“) für eine einzelne Internetsitzung.

Die Ausnahmeregelung sollte jedoch nicht für Verträge über elektronische Kommunikationsdienste (42) gelten, die einen bestimmten Zeitraum und/oder ein bestimmtes Nutzungsvolumen abdecken, so z. B.

Verträge, die durch den vorherigen Erwerb einer Prepaid-Karte für Mobilfunkdienste oder eines Zugangscodes für Mehrfachnutzung oder langfristige WLAN-Zugangsdienste geschlossen werden.

Diese Ausnahme kommt auch bei Verträgen zur Anwendung, die mit den Betreibern von Premium-Diensten, d. h. Diensten, die über die Telefonrechnung des Verbrauchers (43) bezahlt werden, in Fällen geschlossen wurden, in denen der Vertrag über einen einzigen getätigten Anruf oder das Senden einer SMS durch den Verbraucher an die Sondernummer mit erhöhtem Tarif abgeschlossen und gleichzeitig vollständig erbracht wird, so beispielsweise

Anruf bei einer Telefonauskunft oder Teilnahme an einer Telefonabstimmung im Rahmen einer Sendung.

Im Gegensatz dazu gilt die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher für Verträge, bei denen eine Sprachmitteilung oder eine SMS an eine Sondernummer mit erhöhtem Tarif ein Mittel zum Abschluss und zur Bezahlung eines Vertrags darstellt, der zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt wird:

zum Beispiel Verträge, die über eine SMS an einen Anbieter von Parkdiensten abgeschlossen werden.

In diesen Fällen muss der Unternehmer den Verbraucher über die Kosten des Anrufs oder der SMS an die Sondernummer mit erhöhtem Tarif informieren, da diese Kosten den „Preis“ für den betreffenden Vertrag im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e darstellen. Darüber hinaus ist es gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f erforderlich, die Kosten für den Einsatz der genutzten Fernkommunikationstechnik, die über dem „Grundtarif“ für den Vertragsabschluss liegen, anzugeben. Die Auslegung des Begriffs „Grundtarif“ wird in Abschnitt 8 näher erörtert.

Die Tatsache, dass die Richtlinie gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe m nicht für bestimmte Verträge im Zusammenhang mit Premium-Diensten gilt, führt nicht dazu, dass diese nicht den Verbraucherschutzvorschriften unterliegen. Der EU-Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation, insbesondere die Richtlinie (EU) 2018/1972 des europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (44), bietet den Mitgliedstaaten und den zuständigen einzelstaatlichen Regulierungsbehörden die Möglichkeit, spezifische Maßnahmen für den Verbraucherschutz im Zusammenhang mit Premium-Diensten zu ergreifen. Dementsprechend haben einige Mitgliedstaaten in diesem Bereich zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, beispielsweise Verbrauchsgrenzen, Verpflichtungen zur Preisankündigung zu Beginn des Anrufs usw.

1.8.    Mögliche Ausnahmen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge mit geringem Wert

Gemäß Artikel 3 Absatz 4 können die Mitgliedstaaten beschließen, die Richtlinie nicht auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR oder einen geringeren Wert gemäß einzelstaatlichem Recht nicht überschreitet, anzuwenden. Wenn sich ein Mitgliedstaat für diese Möglichkeit entscheidet, besteht die Gefahr, dass die Richtlinie von Unternehmern umgangen wird, indem sie einen Einzelvertrag, der den genannten Schwellenwert überschreitet, künstlich in mehrere Verträge aufteilen. In Erwägungsgrund 28 heißt es: „Werden zwei oder mehr Verträge, die in Bezug auf ihren Gegenstand zusammenhängen, vom Verbraucher gleichzeitig geschlossen, so sollten deren Gesamtkosten für diesen Schwellenwert maßgebend sein.“ Dieser Grundsatz würde beispielsweise für Folgendes gelten:

Verkauf der einzelnen Bücher einer Trilogie in drei getrennten Verträgen oder Verkauf von einem Paar Ohrringe in zwei getrennten Verträgen.

 

Bei langfristigen Verträgen (Abonnements) ist der relevante Betrag für die Anwendung dieser Ausnahmeregelung der Gesamtbetrag, zu dessen Zahlung sich der Verbraucher bei Vertragsabschluss verpflichtet, d. h. der Gesamtbetrag der monatlichen Raten oder Gebühren während der vereinbarten Vertragslaufzeit, einschließlich etwaiger „kostenfreier“ Zeiträume.

1.9.    Vorschriften für öffentliche Versteigerungen

Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gilt vorbehaltlich spezifischer Bestimmungen für eine „öffentliche Versteigerung“, die in Artikel 2 Absatz 13 definiert wird als „eine Verkaufsmethode, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die bei der Versteigerung persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist“.

Bei öffentlichen Versteigerungen ist es laut Artikel 6 Absatz 3 möglich, Identität, Kontaktdaten und Geschäftsanschrift des Unternehmers, der die Waren verkauft, durch die des Versteigerers zu ersetzen. Darüber hinaus besteht gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe k kein Widerrufsrecht in Bezug auf Verträge, die auf öffentlichen Versteigerungen geschlossen werden.

Bei einer öffentlichen Versteigerung sollten die Verbraucher die Gelegenheit haben, persönlich anwesend zu sein, auch wenn die Abgabe von Geboten im Internet oder per Telefon möglich ist. Im Gegensatz dazu sollten Online-Auktionen, bei denen eine persönliche Anwesenheit nicht möglich ist, nicht als öffentliche Versteigerungen betrachtet werden.

In Erwägungsgrund 24 heißt es: „Die Verwendung von Online-Plattformen, die Verbrauchern und Unternehmern zu Versteigerungszwecken zur Verfügung stehen, sollte nicht als öffentliche Versteigerung im Sinne dieser Richtlinie gelten.“ Online-Auktionen sollten folglich in vollem Umfang der Richtlinie unterliegen, was dann Fragen wie die vorvertraglichen Informationen, die bereitgestellt werden müssen, bevor der Verbraucher durch den Vertrag (das Angebot) gebunden ist, und das Widerrufsrecht betreffen würde.

Ein Beispiel für die Einschränkung der oben genannten Ausnahme ist eine Online-Plattform, die Verbrauchern verschiedene Artikel wie Fahrzeugteile, kleine Maschinen, Werkzeuge, Elektronik und Möbel zum Kauf anbietet. Auch wenn Geschäfte in Form einer Versteigerung abgeschlossen werden, bei der der Verkaufspreis der Waren auf der Grundlage von Angeboten bestimmt wird, die auf einen Startpreis hin abgegeben werden, handelt es sich nicht um eine „öffentliche Versteigerung“. Die Verbraucher hätten also weiterhin das Recht, ein einmal abgegebenes Angebot innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Fristen zurückzuziehen.

2.   Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge

2.1.    Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurden

Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge werden in Artikel 2 Nummer 8 wie folgt definiert:

Artikel 2

8.   „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“ [bezeichnet] jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher,

a)

der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist;

b)

für den der Verbraucher unter den unter Buchstabe a genannten Umständen ein Angebot gemacht hat; […]“

Geschäftsräume werden in Artikel 2 Nummer 9 wie folgt definiert:

Artikel 2

„9.   „Geschäftsräume“ [bezeichnen]

a)

unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, oder

b)

bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt;“

In Erwägungsgrund 22 werden mehrere Beispiele für den Begriff „Geschäftsräume“ genannt. Einerseits würde der Begriff „Geschäfte, Stände oder Lastwagen“ sowie „Markt- und Messestände“ umfassen, wenn „der Unternehmer an diesen sein Gewerbe ständig oder gewöhnlich ausübt“.

Ebenso Verkaufsstätten, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, beispielsweise während der Fremdenverkehrssaison an einem Skiort oder Seebadeort, sollten als Geschäftsräume angesehen werden, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit in diesen Geschäftsräumen für gewöhnlich ausübt.

Andererseits sollten der Öffentlichkeit zugängliche Orte wie Straßen, Einkaufszentren, Strände, Sportanlagen und öffentliche Verkehrsmittel, die der Unternehmer ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, nicht als Geschäftsräume gelten. Auch Privatwohnungen oder Arbeitsplätze von (Verbrauchern) sollten nicht als Geschäftsräume angesehen werden.

Verträge, die während des Besuchs des Unternehmers in der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Verbrauchers geschlossen werden, gelten als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, und zwar unabhängig davon, ob der Besuch vom Verbraucher gewünscht wurde oder nicht. Einem solchen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag können vorbereitende Schritte vorausgehen:

Ein Besuch des Vertreters (Technikers) des Unternehmers in der Wohnung des Verbrauchers zum Verkauf und zur gleichzeitigen Installation einer Anlage oder eines Geräts ist beispielsweise ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Dienstleistungsvertrag, unabhängig davon, ob der Verbraucher zuvor einen solchen Besuch nach einem persönlichen Besuch im Geschäft des Unternehmers beantragt (gebucht) hat.

Wurde der Vertrag dagegen tatsächlich während des Besuchs des Verbrauchers im Geschäft oder über Fernkommunikationsmittel geschlossen, so würde der anschließende Besuch des Technikers zur Installation der erforderlichen Geräte in der Wohnung des Verbrauchers nichts an der Einstufung des Vertrags als Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen ändern.

In der Rechtssache C-485/17, Verbraucherzentrale Berlin (45), hat der Gerichtshof bestätigt, dass der Ausdruck „für gewöhnlich“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 9 Buchstabe b als Verweis auf die „Üblichkeit der Ausübung“ der in Rede stehenden Tätigkeit in der betreffenden Räumlichkeit zu verstehen ist. Die Anwendung dieses Konzepts erfordert eine Einzelfallprüfung, bei der insbesondere die Art der verkauften Waren oder Dienstleistungen und die Geschäftspraktiken des jeweiligen Unternehmers zu berücksichtigen sind.

Konkret befasste sich der Gerichtshof mit einem Stand, den ein Unternehmer auf einer Messe betreibt, auf der er jedes Jahr für einige Tage seine Tätigkeit ausübt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass ein solcher Messestand „Geschäftsräume“ darstellt, wenn in Anbetracht aller tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen(46)

Außerdem erkannte der Gerichtshof an, dass seine früheren Schlussfolgerungen in der Rechtssache C-423/97, Travel-Vac, S.L., über die Auslegung der früheren Richtlinie 85/577/EWG des Rates weiterhin relevant sind. In diesem Urteil stellte der Gerichtshof insbesondere Folgendes fest:

„Zu der Frage, ob der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Gewerbetreibenden geschlossen wurde, ist festzustellen, dass dieser Begriff die Geschäftsräume bezeichnet, in denen der Gewerbetreibende gewöhnlich seine Tätigkeit ausübt und die deutlich als öffentliche Verkaufsräume gekennzeichnet sind.“. (47)

Nutzt der Unternehmer also für den Verkauf von Waren und Dienstleistungen Räumlichkeiten, die nicht „gewöhnlich“ für diesen Zweck genutzt werden und die nicht deutlich als öffentliche Verkaufsräume gekennzeichnet sind, handelt es sich bei den mit den Verbrauchern geschlossenen Verträgen wahrscheinlich um Verträge außerhalb von Geschäftsräumen.

Beim Verkauf von Waren im Rahmen von Veranstaltungen (Kongresse, Seminare, Partys usw.), die in Restaurants, Cafés oder Hotels stattfinden, die für die jeweilige Veranstaltung angemietet wurden, handelt es sich bei den mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen wahrscheinlich um außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge.

Die Einstufung eines Vertrags als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag hängt von den Umständen des Vertragsabschlusses ab. Ein Unternehmer wird die Art seiner Tätigkeit einordnen können und sollte sich entweder entsprechend den Vorschriften für innerhalb oder aber denen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge verhalten. Alle Streitfälle, die sich beispielsweise aus der Frage ergeben, ob das Widerrufsrecht zur Anwendung gilt, weil der Vertrag als außerhalb der Geschäftsräume geschlossener Vertrag hätte eingestuft werden müssen, sind im Einzelfall zu prüfen.

2.2.    Verträge, die abgeschlossen werden, nachdem der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume angesprochen wurde

Artikel 2

8.   „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“ [bezeichnet] jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher, […]

c)

der in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem anderen Ort als den Geschäftsräumen des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers persönlich und individuell angesprochen wurde; oder …“

Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe c enthält ein weiteres Beispiel für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. Die in dieser Bestimmung enthaltenen Begriffe „persönlich und individuell angesprochen“ sollten für Angebote und vergleichbare kommerzielle Kommunikationsformen (ungeachtet der rechtlichen Einstufung) gelten, über die unmittelbar im Anschluss in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel ein Vertrag geschlossen wird.

Damit diese Bestimmung wirksam wird, sollte das Angebot des Händlers an einen bestimmten Verbraucher gerichtet werden; als Beispiel sei Folgendes genannt:

Der Vertreter des Unternehmers spricht den jeweiligen Verbraucher auf der Straße mit einem Angebot für ein Abonnement einer Monatszeitschrift an, und der Vertrag wird sofort in den nahe gelegenen Geschäftsräumen des Unternehmers unterzeichnet.

Die nicht an bestimmte Verbraucher gerichtete alleinige Verteilung von Werbebroschüren auf der Straße in der Nähe der Geschäftsräume des Unternehmers würde im Sinne dieser Bestimmung dagegen nicht als „persönliche und individuelle“ Ansprache von Verbrauchern eingestuft.

Außerdem müsste der Vertrag unmittelbar danach geschlossen werden, damit die Bestimmung wirksam wird. Wenn der Verbraucher die Geschäftsräume des Unternehmers nach der Einladung wieder verlässt und auf eigene Initiative zu einem späteren Zeitpunkt erneut erscheint, beispielsweise am folgenden Tag, nachdem er das Angebot überdacht hat, würde der Vertrag nicht als unmittelbar geschlossen gelten.

In der Rechtssache C-465/19, B & L Elektrogeräte GmbH, entschied der Gerichtshof, dass der gemeinsame Gang der verschiedenen Verkaufsstände in einer Ausstellungshalle, in der sich der Stand des Unternehmers (der selbst als „Geschäftsraum“ anerkannt wurde) befindet, nicht als „Geschäftsraum“ angesehen werden kann, da dieser Gang als Zugang zu allen Ständen der Händler in dieser Halle dient. Wird ein Verbraucher von einem Unternehmer in einem solchen Gemeinschaftsraum der Messe angesprochen und kommt es unmittelbar danach an einem von ihm betriebenen Stand zu einem Vertragsabschluss, so handelt es sich um einen „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie. (48)

2.3.    Verträge, die während eines vom Unternehmer organisierten Ausflugs geschlossen werden

Artikel 2

8.   „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag“ [bezeichnet] jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher, […]

d)

der auf einem Ausflug geschlossen wird, der von dem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert wurde, dass er für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen beim Verbraucher wirbt und entsprechende Verträge mit dem Verbraucher abschließt;“

In Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe d der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher werden außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge als Verträge definiert, die auf einem durch den Unternehmer organisierten Ausflug geschlossen werden, unabhängig davon, ob die Verträge außerhalb oder innerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen werden.

Darüber hinaus wird in der Richtlinie erläutert, dass sie für Ausflüge gilt, die sowohl in der „Absicht“ als auch mit dem „Ergebnis“ organisiert werden, Waren beim Verbraucher zu bewerben und an ihn zu verkaufen, sodass es unerheblich ist, ob der Verbraucher im Vorfeld über den beabsichtigten Warenverkauf während des Ausflugs unterrichtet wird.

Der Begriff „Ausflug“ umfasst Fahrten, die mit Besichtigungen oder anderen Freizeitaktivitäten verbunden sind, oder Fahrten zu Orten wie Restaurants, Cafés oder Hotels, an denen eine Verkaufsveranstaltung außerhalb von Geschäftsräumen stattfindet. Für die Auslegung dieses Begriffs sollte es unerheblich sein, ob der die Waren während des Ausflugs verkaufende Unternehmer die Beförderung selbst organisiert oder ein Transportunternehmen damit beauftragt hat:

Wenn ein Unternehmer beispielsweise den Veranstalter des Ausflugs beauftragt hat, im Verlauf des Ausflugs sicherzustellen, dass die Touristen auch zu seinem Geschäft befördert werden, handelt es sich bei den innerhalb des Geschäfts geschlossenen Verträgen vermutlich um außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge, ungeachtet der Tatsache, dass zu dem entsprechenden Geschäft die Geschäftsräume dieses Unternehmers genutzt werden.

Andererseits ist ein von einem Einkaufszentrum organisierter Shuttlebusservice, der ausschließlich darauf ausgerichtet ist, mögliche Kunden in das Einkaufszentrum zu befördern, dem eigentlichen Zweck der Tätigkeit (z. B. dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen) eher untergeordnet und sollte nicht als „Ausflug“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 8 eingestuft werden.

3.   Verbraucherinformationen

3.1.    Allgemeine Anforderungen

3.1.1.   Einleitung

In Artikel 5 bis 8 der Richtlinie sind die Anforderungen an die vorvertraglich zu erteilenden Informationen festgelegt. Dabei unterscheiden sich die Anforderungen bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Artikel 5 Absatz 1) von denen bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen (Artikel 6 Absatz 1). Die Anforderungen sind im Falle der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge weiter gefasst, knüpfen jedoch an die Anforderungen an, die für innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gelten. Zusätzliche besondere Informationspflichten bei auf Online-Marktplätzen geschlossenen Verträgen sind in Artikel 6a festgelegt, der durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 in die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher aufgenommen wurde.

Die Informationspflichten bezüglich des Widerrufsrechts gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h bis k werden getrennt in Abschnitt 5 beleuchtet.

3.1.2.   Klarheit bezüglich Informationen und ein Link zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

Gemäß Artikel 7 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sind irreführende Unterlassungen verboten, d. h. Geschäftspraktiken, bei denen wesentliche Informationen, „die der durchschnittliche Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen“, vorenthalten oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden, wenn diese Praktiken den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. In Artikel 7 Absatz 4 werden die Informationsanforderungen für die „Aufforderung zum Kauf“ festgelegt, d. h. für die kommerzielle Kommunikation, die Informationen über die Merkmale und den Preis des Produkts enthält und somit auch die vorvertragliche Phase des Geschäfts abdeckt.

Die vorvertragliche Phase ist in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ausführlicher geregelt als in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. In den Artikeln 5 und 6 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind alle in Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken festgelegten Informationsanforderungen enthalten. (49) Aus diesem Grund kommt ein Unternehmer, der gemäß der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher vorvertragliche Informationen bereitstellt, auch den spezifischen Informationsanforderungen für die Aufforderung zum Kauf gemäß Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nach. Dies gilt unbeschadet der Anwendung anderer Transparenz- und Lauterkeitsanforderungen im Rahmen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Sowohl Artikel 5 Absatz 1 als auch Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher erfordern die Bereitstellung von Informationen in „klarer und verständlicher Weise“. In Erwägungsgrund 34 heißt es, dass der Unternehmer „[b]ei der Bereitstellung dieser Informationen … den besonderen Bedürfnissen von Verbrauchern Rechnung tragen [sollte], die aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Behinderung, ihrer psychischen Labilität, ihres Alters oder ihrer Leichtgläubigkeit in einer Weise besonders schutzbedürftig sind, die für den Unternehmer vernünftigerweise erkennbar ist. Die Berücksichtigung dieser besonderen Bedürfnisse sollte jedoch nicht zu unterschiedlichen Verbraucherschutzniveaus führen.“

Darüber hinaus müssen die Unternehmer nach den allgemeinen Bestimmungen von Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sicherstellen, dass die Informationen verständlich sind und rechtzeitig erfolgen, d. h. die Art und Weise und der Zeitpunkt der Bereitstellung der relevanten vorvertraglichen Informationen müssen es dem Durchschnittsverbraucher ermöglichen, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge verlangt Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher darüber hinaus, dass die vorvertraglichen Informationen „lesbar und in klarer und verständlicher Sprache“ abgefasst sind, und für Fernabsatzverträge müssen die Informationen gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie „in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise“ zur Verfügung gestellt werden. Soweit diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, müssen sie lesbar sein.“

Es reicht nicht aus, die vorgeschriebenen vorvertraglichen Informationen lediglich als Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen bereitzustellen, die der Verbraucher unter Umständen akzeptieren muss, bevor er mit dem Geschäftsvorgang fortfahren kann. (50) Das Erfordernis, Informationen in „klarer und verständlicher Weise“ bereitzustellen, bedeutet, dass die einzelnen Elemente der vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher nahegebracht werden müssen.

Im Online-Bereich müssen die Unternehmer die vorgeschriebenen Informationen für die Verbraucher leicht zugänglich und deutlich sichtbar machen. Aufgrund ihres Umfangs ist es unter Umständen nicht möglich, die vorgeschriebenen Verbraucherinformationen in „klarer und verständlicher“ Weise auf einer einzigen Seite bereitzustellen. Übermäßig lange Seiten, bei denen die Verbraucher lange nach unten scrollen müssten, um alle Inhalte zu lesen, sollten vermieden werden.

Stattdessen sollten die verschiedenen Elemente der vorvertraglichen Informationen dann zur Verfügung gestellt werden, wenn sie während des Vertragsabschlusses am relevantesten sind, wenn der Verbraucher von einer Seite der Online-Benutzeroberfläche zur nächsten wechselt. Bei Bedarf sollten Informationen zu bestimmten Themen auf mehreren Seiten untergebracht werden, wobei ein hervorgehobener Verweis auf der Homepage zu einer verlinkten Seite führt, die alle Einzelheiten zu dem jeweiligen Thema enthält. (51)

Zusätzliche Anforderungen an die Gestaltung von Fernabsatzverträgen, die auf elektronischem Wege geschlossen werden, sind in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher festgelegt, auf den in Abschnitt 4.2.4 näher eingegangen wird.

3.1.3.   Informationen, die sich „bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben“

Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen brauchen die Unternehmer gemäß Artikel 5 keine Informationen, die sich „bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben“, bereitzustellen.

Das Konzept von Informationen, die sich „unmittelbar aus den Umständen ergeben“, wird auch in Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken verwendet. (52) So könnten beispielsweise die Anschrift und die Identität des Unternehmers als „offensichtlich oder aus dem Zusammenhang ersichtlich“ angesehen werden, da die Verbraucher normalerweise die Anschrift eines Geschäfts oder Restaurants kennen, in dem sie sich befinden.

3.1.4.   Informationspflichten in anderen EU-Rechtsvorschriften

Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher hat Querschnittscharakter. Sie ergänzt die produkt- und sektorspezifischen Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere in Bezug auf die Informationspflichten.

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 (53) berührt die Richtlinie nicht die Anwendung von Informationspflichten, die sich aus anderen sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften ergeben. Dazu gehören die Datenschutzgrundverordnung (EU) 2016/679 und die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates (54), die bei Online-Verkäufen besonders relevant sind, wenn es um Fragen wie die Information über die Datenverarbeitung und die Einwilligung der betroffenen Personen zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten geht, sofern erforderlich.

Darüber hinaus sind zusätzliche Informationsanforderungen für elektronische Kommunikationsdienste im europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation („E-Kodex“, Richtlinie (EU) 2018/1972) und in der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243 der Kommission (55) zur Festlegung eines Musters für die Vertragszusammenfassung festgelegt.

In Artikel 102 Absatz 1 des E-Kodexes wird unter Bezugnahme auf die Artikel 5 und 6 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher und Anhang VIII des E-Kodexes festgelegt, welche Informationen die Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste bereitstellen sollten, bevor ein Verbraucher durch einen Vertrag oder ein entsprechendes Angebot gebunden ist. Die Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste sind außerdem verpflichtet, den Verbrauchern klare und leicht lesbare Vertragszusammenfassungen bereitzustellen (Artikel 102 Absatz 3 des E-Kodexes und die Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243). Die bloße Bereitstellung der Vertragszusammenfassung genügt jedoch nicht in vollem Umfang den vorvertraglichen Informationspflichten, wie sie in Artikel 102 Absatz 1 und Anhang VIII des E-Kodexes vorgesehen sind.

Zusätzliche Informationspflichten sind auch in der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über audiovisuelle Mediendienste (56), der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates für den Elektrizitätsbinnenmarkt (57), der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates für den Erdgasbinnenmarkt (58) usw. festgelegt. (59)

In Artikel 6 Absatz 8 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher wird speziell auf das Verhältnis zwischen den in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten und den in der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (60) und der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr des Europäischen Parlaments und des Rates (61) enthaltenen Pflichten eingegangen. Erstens wird festgelegt, dass sich die Informationspflichten in diesen drei Richtlinien ergänzen. Zweitens wird klargestellt, dass bei Kollisionen zwischen einer Bestimmung dieser beiden Richtlinien betreffend „den Inhalt der Information und die Art und Weise, wie die Information bereitzustellen ist“, und einer Bestimmung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher die Bestimmung der letztgenannten Richtlinie Vorrang hat. (62)

3.1.5.   Auferlegung von zusätzlichen Informationspflichten

In Artikel 4 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher heißt es: „Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“

Eine der Ausnahmen von diesem Ansatz der vollständigen Harmonisierung ist Artikel 5 Absatz 4, gemäß dem die Mitgliedstaaten für innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten einführen oder aufrechterhalten können.

Während die Informationspflichten für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge im Prinzip erschöpfend sind, können die Mitgliedstaaten gleichzeitig gemäß Artikel 6 Absatz 8 und Erwägungsgrund 12 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher zusätzliche Informationspflichten im Einklang mit der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG und der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vorschreiben.

Die einschlägige Bestimmung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr ist Artikel 5, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Diensteanbieter den Nutzern des Dienstes und den zuständigen Behörden zumindest die in diesem Artikel genannten Informationen leicht, unmittelbar und ständig verfügbar macht. Artikel 10 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr enthält weitere Informationspflichten in Bezug auf den Vertragsabschluss.

Was die Dienstleistungsrichtlinie betrifft, so enthält Artikel 22 Absätze 1 bis 4 spezifische Anforderungen an die Informationen, die Dienstleistungserbringer den Dienstleistungsempfängern zur Verfügung stellen müssen, sowie das Erfordernis einer klaren, unzweideutigen und rechtzeitigen Mitteilung dieser Informationen. In Artikel 22 Absatz 5 heißt es weiter, dass es „die Mitgliedstaaten nicht daran [hindert], zusätzliche Informationsanforderungen für Dienstleistungserbringer, die in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassen sind, vorzuschreiben“.

Bei der Festlegung zusätzlicher Informationspflichten gemäß Artikel 6 Absatz 8 der Richtlinie handelt es sich um eine der Regelungsmöglichkeiten, von denen die Mitgliedstaaten die Kommission gemäß Artikel 29 in Kenntnis setzen müssen. Die Kommission veröffentlicht diese Information im Internet. (63)

3.1.6.   Ausnahmeregelungen für Geschäfte des täglichen Lebens

Laut Artikel 5 Absatz 3 dürfen die Mitgliedstaaten die vorvertraglichen Informationsanforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 nicht auf innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge anwenden, „die Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sofort erfüllt werden“.

Naturgemäß dürfte es sich dabei um Geschäfte mit geringwertigen Erzeugnissen. Ein offensichtliches Beispiel ist der Kauf von Lebensmitteln und Getränken, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind — z. B. Snacks, Mahlzeiten zum Mitnehmen usw.

Darüber hinaus kann Artikel 5 Absatz 3 auch für bestimmte Dienstleistungen und nicht nur für Waren gelten. In diesem Zusammenhang ist das zweite in Artikel 5 Absatz 3 aufgeführte Kriterium, d. h. die Anforderung, dass der Vertrag zum Zeitpunkt des Abschlusses sofort erfüllt wird, von besonderer Bedeutung.

Mögliche Beispiele für solche Geschäfte das täglichen Lebens: Schuhputzdienste auf der Straße, und Kinodienstleistungen, wenn die Eintrittskarte unmittelbar vor der Filmaufführung erworben (und damit der Vertrag geschlossen) wird.

3.1.7.   Die Unabdingbarkeit vorvertraglicher Informationen

Artikel 6 Absatz 5 enthält die folgenden Hinweise zur Unabdingbarkeit vorvertraglicher Informationen, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 bereitzustellen sind: „(5) Die Informationen nach Absatz 1 sind fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags und dürfen nicht geändert werden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes.“

Dementsprechend sollten die auf der Webseite des Unternehmers bereitgestellten Informationen für die Parteien verbindlich sein, und wenn der Unternehmer bestimmte Bestandteile ändern möchte, sollte er dafür die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers einholen:

Die Parteien könnten sich beispielsweise in einer E-Mail-Korrespondenz ausdrücklich auf eine andere Lieferzeit für die Waren als die auf der Webseite des Unternehmers aufgeführten verständigen.

Allerdings würde eine in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Bestimmung, der zufolge der Unternehmer von den auf der Webseite aufgeführten Informationen abweichen kann, nicht mit den Anforderungen an eine ausdrückliche Zustimmung der Parteien übereinstimmen.

 

Artikel 6 Absatz 5 würde nicht für Änderungen der Vertragsbedingungen nach Vertragsabschluss gelten. Wenn solche Änderungen auf den Vertragsbedingungen beruhen, ist die Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln (64) maßgeblich.

3.1.8.   Zusätzliche sprachliche Anforderungen

In Übereinstimmung mit Artikel 6 Absatz 7 können die Mitgliedstaaten sprachliche Anforderungen in Bezug auf die Vertragsinformationen, die in innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen enthalten sind, auferlegen. (65)

Wenn von dieser Regelungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wurde, würden die entsprechenden Pflichten, wie beispielsweise die Pflicht zur Bereitstellung der Informationen in der Amtssprache des betroffenen Mitgliedstaats, für grenzüberschreitend tätige Unternehmer vorbehaltlich der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (66) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) gelten. Gemäß Artikel 6 der Verordnung unterliegt ein Vertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder eine solche Tätigkeit auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet.

Haben die Parteien ein anderes Recht gewählt, kann dem Verbraucher durch diese Wahl nicht der Schutz entzogen werden, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen seines Wohnsitzlandes gewährleistet wird. Daher muss der Unternehmer auch in dieser Situation, wenn er seine Tätigkeit auf Verbraucher in einem Mitgliedstaat ausrichtet, der gemäß Artikel 6 Absatz 7 der Richtlinie sprachliche Anforderungen gestellt hat, den Verbrauchern vertragliche Informationen in der von diesem Mitgliedstaat geforderten Sprache zur Verfügung stellen, wenn diese sprachliche Anforderung als zwingende „vertragliche Verpflichtung“ im Sinne des nationalen Rechts angesehen wird.

Der Gerichtshof hat sich in den verbundenen Rechtssachen C-585/08 und C-144/09, Peter Pammer und Hotel Alpenhof GmbH, mit dem Begriff der „Ausrichtung“ der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers befasst. In diesem Urteil wird eine Reihe von Kriterien genannt, anhand derer festgestellt werden kann, ob eine Website auf einen bestimmten Mitgliedstaat „ausgerichtet“ ist, z. B. die Verwendung verschiedener Sprachen oder Währungen auf der Website. (67)

Es sei darauf hingewiesen, dass diese Regelungsmöglichkeit im Rahmen der Richtlinie die sektor- und produktspezifischen Rechtsvorschriften der Union ergänzt, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, sprachliche Anforderungen an Warnhinweise oder Anleitungen für z. B. Spielzeug (68) oder Funkgeräte (69) festzulegen. Darüber hinaus ermöglicht die Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates (70) die Festlegung von sprachlichen Anforderungen an gewerbliche Garantien für Waren.

3.1.9.   Beweislast

Da das Versäumnis des Unternehmers, spezifische in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher geforderte Informationen vorzulegen, gemäß der Richtlinie zahlreiche Sanktionen (zusätzlich zu den Sanktionen nach nationalem Recht) nach sich zieht, wird in Artikel 6 Absatz 9 eine äußerst wichtige Bestimmung für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge vorgesehen, nach der „die Beweislast für die Erfüllung der in diesem Kapitel genannten Informationspflichten ... dem Unternehmer“ obliegt.

Ungeachtet der Möglichkeit eines Nachweises mit anderen Mitteln würde die Position des Unternehmers eindeutig geschwächt, wenn die erforderlichen Informationen nicht in der Bestätigung des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger enthalten sind, der gemäß Artikel 7 Absätze 1 und 2 oder Artikel 8 Absatz 7 (erörtert in Abschnitt 4.4) stets die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen enthalten muss, sofern diese nicht bereits auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt wurden.

3.2.    Gemeinsame Informationsanforderungen bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen bzw. außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

3.2.1.   Über wesentliche Eigenschaften

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a:

die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang;

Diese Informationspflicht bezieht sich zwar ausdrücklich auf „Waren und Dienstleistungen“, in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absatz 2 und Artikel 6 Absatz 2 gilt sie jedoch auch für öffentliche Versorgungsleistungen und digitale Inhalte.

Die gleiche Pflicht ergibt sich aus Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, in dem die Informationsanforderungen für die „Aufforderung zum Kauf“ festgelegt sind. Dementsprechend sollten die Unternehmer bei der Auswahl der wesentlichen Eigenschaften, die dem Verbraucher mitzuteilen sind, denselben Ansatz verfolgen wie bei der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, d. h. sie sollten über die Eigenschaften informieren, die die Verbraucher benötigen, um eine informierte Kaufentscheidung treffen zu können. Informationen über die wesentlichen Eigenschaften von Waren können auf der Verpackung oder der Kennzeichnung zu finden sein, die der Verbraucher einsehen kann. Bei komplexeren Waren kann es erforderlich sein, zusätzliche Informationen zu übermitteln, um ihre wesentlichen Eigenschaften festzustellen.

Insbesondere müssen den Verbrauchern alle Produktmerkmale und einschränkenden Bedingungen mitgeteilt werden, die der Durchschnittsverbraucher bei einer bestimmten Kategorie oder Art von Waren oder Dienstleistungen normalerweise nicht erwartet, da diese ihre geschäftlichen Entscheidungen besonders stark beeinflussen können. (71)

Bei allen Verträgen, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten zur Verfügung stellt (unabhängig davon, ob eine Zahlung erfolgt oder nicht), muss der Unternehmer den Verbraucher zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten über die Zwecke der Verarbeitung unterrichten.

3.2.2.   Identität und Kontaktdaten des Unternehmers

Artikel 5 Absatz 1

b)

die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen und die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer;“

Artikel 6 Absatz 1

b)

die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen;

c)

die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse; wenn der Unternehmer andere Online-Kommunikationsmittel bereitstellt, die gewährleisten, dass der Verbraucher etwaige schriftliche Korrespondenz mit dem Unternehmer, einschließlich des Datums und der Uhrzeit dieser Korrespondenz, auf einem dauerhaften Datenträger speichern kann, so umfassen die Informationen darüber hinaus auch Angaben zu diesen anderen Kommunikationsmitteln; sämtliche dieser vom Unternehmer bereitgestellten Kommunikationsmittel stellen sicher, dass der Verbraucher schnell Kontakt zum Unternehmer aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann; gegebenenfalls gibt der Unternehmer auch die Anschrift und die Identität des Unternehmers an, in dessen Auftrag er handelt;

d)

falls diese von der gemäß Buchstabe c angegebenen Anschrift abweicht, die Geschäftsanschrift des Unternehmers und gegebenenfalls die Geschäftsanschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann;“

3.2.2.1.   Identität des Unternehmers

Zusätzlich zu den Bestimmungen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher wird in Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken festgelegt, dass die Informationen über die Anschrift und die Identität des Gewerbetreibenden als wesentliche Informationen im Falle einer Aufforderung zum Kauf gelten. Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen können sich solche Informationen aus den Umständen ergeben (siehe auch Abschnitt 3.1.3).

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen/Fernabsatzverträgen muss der Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers handelt, gemäß der Richtlinie auch die Identität und Anschrift des Letzteren angeben. Auch Online-Marktplätze müssen, selbst wenn sie nur Vermittler sind und nicht „im Namen“ eines anderen Unternehmers handeln, Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Verbraucher ordnungsgemäß über die Identität des tatsächlichen Unternehmers informiert wird, der die betreffenden Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar auf der Grundlage der vom Unternehmer selbst bereitgestellten Informationen. Erweckt nämlich das Versäumnis des Marktplatzes, die Identität des tatsächlichen Unternehmers mitzuteilen, den Eindruck, dass der Marktplatz der tatsächliche Unternehmer ist, kann dies dazu führen, dass der Marktplatz für die Verpflichtungen des Unternehmers haftet.

In der Rechtssache C-149/15, Wathelet (72), befasste sich der Gerichtshof mit der Verantwortung eines Offline-Vermittlers (Autowerkstatt) für die Konformität der an Verbraucher verkauften Waren im Rahmen der früheren Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf (73). Der Gerichtshof stellte fest, dass sich die Richtlinie 1999/44/EG zwar nicht mit der Frage der Haftung von Vermittlern gegenüber Verbrauchern befasst, dass dies allein jedoch nicht ausschließt, „dass der Begriff ‚Verkäufer‘ im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 1999/44/EG dahin ausgelegt werden kann, dass er sich auf einen für Rechnung einer Privatperson handelnden Gewerbetreibenden erstreckt, wenn dieser sich aus Sicht des Verbrauchers als Verkäufer eines Verbrauchsguts aufgrund eines Vertrags im Rahmen seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit darstellt. Der Gewerbetreibende könnte nämlich beim Verbraucher den irrigen Eindruck erwecken, dass er das Verbrauchsgut als Eigentümer verkauft.“ (74)

Der Gerichtshof führte weiter aus, dass „das Ausmaß der Beteiligung und die Intensität der Bemühungen, die der Vermittler beim Verkauf aufgewendet hat, die Umstände, unter denen das Verbrauchsgut dem Verbraucher präsentiert wurde, sowie das Verhalten des Verbrauchers relevant sein [können], um festzustellen, ob dieser hätte verstehen können, dass der Vermittler für Rechnung einer Privatperson handelte.“ (75)

Die Feststellungen des Gerichtshofs zur Haftung des Offline-Vermittlers für die Konformität von Waren könnten auch für andere Vermittler und andere Verpflichtungen von Unternehmern nach EU-Recht relevant sein, auch im Online-Bereich. Insbesondere könnten Online-Marktplätze für die Verpflichtungen des Unternehmers in Bezug auf vorvertragliche Informationen oder die Vertragserfüllung nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher haftbar gemacht werden, wenn sie sich aus der Sicht des Verbrauchers als Unternehmer im Rahmen des (vorgeschlagenen) Vertrags darstellen.

In der Rechtssache C-149/15, Wathelet, betonte der Gerichtshof, dass es „unerlässlich [ist],dass der Verbraucher von der Identität des Verkäufers und insbesondere von seiner Eigenschaft als Privatperson oder Gewerbetreibender Kenntnis erlangt, um von dem Schutz, den ihm die Richtlinie 1999/44 gewährt, profitieren zu können.“ (76) Allerdings kann der Verbraucher auch dann, wenn der tatsächliche Anbieter ebenfalls ein Unternehmer ist und der Verbraucher seine Rechte nicht verlieren würde, den Vertrag nicht geschlossen haben, wenn die Identität des tatsächlichen Unternehmers bekannt war. Insbesondere könnte der Verbraucher Bedenken haben, z. B. hinsichtlich der Zuverlässigkeit eines solchen Unternehmers und der Möglichkeit, seine Verbraucherrechte ihm gegenüber durchzusetzen.

Das Versäumnis, Informationen über die Identität des Unternehmers bereitzustellen, oder die Angabe falscher Daten würde einen Verstoß gegen die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher darstellen. Sie könnte auch eine irreführende Praxis im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken darstellen, soweit sie die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers beeinflusst. Es gibt auch sektorale Bestimmungen im EU-Recht, mit denen diese Anforderung verstärkt wird. So ist beispielsweise beim Online-Verkauf von Arzneimitteln (77) eine unklare Unterscheidung zwischen Marktplatz und Einzelhändler streng verboten. Ein Marktplatz, der Arzneimittel auf dem EU-Markt anbietet, sollte sicherstellen, dass die Verbraucher überprüfen können, ob der Unternehmer über die entsprechenden Genehmigungen verfügt und gesetzeskonform handelt. (78)

Die Art der Vertragserfüllung, an der ein Drittunternehmer beteiligt ist, hat keinen Einfluss auf die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag, die sich aus der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ergeben. Beim „Dropshipping“-Geschäftsmodell zum Beispiel hält der Unternehmer bestimmte Waren, die er verkauft, nicht auf Lager, sondern kauft sie auf Bestellung eines Verbrauchers von einem Dritten und lässt sie direkt an den Verbrauchern liefern.

Bearbeitet der Unternehmer die Bestellung jedoch nur als Vermittler und leitet sie dann an einen anderen Unternehmer weiter, der sie im eigenen Namen ausführt, so könnte nach dem Urteil in der Rechtssache Wathelet der erste Unternehmer gegenüber dem Verbraucher haftbar gemacht werden, wenn er sich aus der Sicht des Verbrauchers als Verkäufer von Verbrauchsgütern im Rahmen des Vertrags darstellt. Um eine solche Haftung zu vermeiden, muss der Unternehmer den Verbraucher ausdrücklich darauf hinweisen, dass er als Vermittler auftritt, und ihn in deutlich erkennbarer Form über die Identität des tatsächlichen Verkäufers informieren. (79)

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 eingeführte Artikel 6a Buchstabe b eine spezifische zusätzliche Verpflichtung für die Anbieter von Online-Marktplätzen enthält, die Verbraucher über den Status des Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, auf der Grundlage der von diesem Dritten bereitgestellten Informationen zu unterrichten (siehe Abschnitt 3.4.2).

3.2.2.2.   Kommunikationsmittel

Bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist der Unternehmer nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c in der Fassung der Richtlinie (EU) 2019/2161 verpflichtet, dem Verbraucher im Rahmen der vorvertraglichen Informationen Auskunft über die folgenden Kommunikationsmittel zu geben:

die Anschrift des Unternehmers, seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse und

falls verfügbar, andere schriftliche Online-Kommunikationsmittel, die es ermöglichen, Inhalt, Datum und Uhrzeit der schriftlichen Korrespondenz auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern.

Der Begriff „dauerhafter Datenträger“ wird in Artikel 2 Absatz 10 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher definiert als „jedes Medium, das es dem Verbraucher oder dem Unternehmer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht“ (siehe auch Abschnitt 4.4).

Einige Nachrichtenanwendungen ermöglichen es dem Absender, wie dem Unternehmer im B2C-Kontext, die von ihm gesendeten Nachrichten innerhalb eines bestimmten (kurzen) Zeitraums nach deren Zustellung auch vom Gerät des Empfängers entweder standardmäßig oder manuell zu löschen. Diese Kommunikationsmittel ermöglichen es dem Verbraucher daher nicht, die empfangene Nachricht zu speichern. Der Empfänger könnte seine Nachrichten zwar speichern oder sichern, doch würde dies zusätzliche technische Fähigkeiten und Kenntnisse erfordern, die vom Durchschnittsverbraucher nicht erwartet werden können. Dementsprechend muss bei jeder Nachrichtenanwendung einzeln geprüft werden, ob sie die festgelegten Kriterien erfüllt, wobei auch die ständige Weiterentwicklung dieser Anwendungen berücksichtigt werden muss.

Der Gerichtshof hat in der Rechtssache C-649/17 Amazon EU ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit für den Verbraucher, mit dem Unternehmer schnell Kontakt aufzunehmen und effizient mit ihm zu kommunizieren von grundlegender Bedeutung für die Wahrung und wirksame Durchsetzung der Verbraucherrechte ist. (80) Folglich muss jedes vom Unternehmer eingesetzte Kommunikationsmittel die Kriterien der direkten und effizienten Kommunikation erfüllen können.

In dieser Entscheidung bestätigte der Gerichtshof, dass Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c es dem Unternehmer nicht verbietet, zusätzlich zu den in der Bestimmung aufgeführten Mitteln andere Kommunikationsmittel zu verwenden, die eine direkte und effiziente Kommunikation gewährleisten. (81)

Diese Auslegung ist auch nach den durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 eingeführten Änderungen maßgeblich. Zwar muss der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss über die aufgeführten Kommunikationsmittel informieren, die den in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c genannten Kriterien entsprechen, doch wird er nicht daran gehindert, auch alternative Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Dabei kann es sich beispielsweise um automatische Sprachassistenten oder schriftliche Online-Kommunikationsmittel (Chatbots) handeln, die nicht die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c genannten Merkmale aufweisen. Für diese zusätzlichen Mittel gelten die allgemeinen Regeln der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Insbesondere sollten die Unternehmer die Verbraucher klar und rechtzeitig darüber informieren, ob diese alternativen Mittel es den Verbrauchern ermöglichen, die schriftliche Korrespondenz, einschließlich Datum und Uhrzeit, nachverfolgen zu können.

Der Unternehmer hat ferner dafür zu sorgen, dass alle Online-Kommunikationsmittel, über die der Verbraucher vor Vertragsabschluss (und in der Vertragsbestätigung) gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c informiert wurde, auf der Benutzeroberfläche des Unternehmers leicht zugänglich sind. Zusätzliche Kommunikationsmittel sollten nicht in einer Weise dargestellt und beworben werden, die es den Verbrauchern erschwert, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c bereitgestellten Kommunikationsmittel zu nutzen.

Mit der Bereitstellung der Kommunikationsmittel wird bezweckt, dass der Verbraucher schnell und effizient mit dem Unternehmer in Kontakt treten kann. In diesem Zusammenhang sollte durch entsprechende Vorkehrungen beispielsweise sichergestellt werden, dass Telefonanrufe während der Bürozeiten entgegengenommen und E-Mails rasch beantwortet werden.

3.2.2.3.   Ort der Niederlassung

Der Begriff der „Niederlassung“ ist bei dieser Informationspflicht identisch mit dem, der beispielsweise in der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG vorkommt, wo er in Artikel 4 als „die tatsächliche Ausübung einer von Artikel 43 des Vertrags erfassten wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Dienstleistungserbringer auf unbestimmte Zeit und mittels einer festen Infrastruktur, von der aus die Geschäftstätigkeit der Dienstleistungserbringung tatsächlich ausgeübt wird“ definiert wird. In Erwägungsgrund 37 dieser Richtlinie heißt es: „Hat ein Dienstleistungserbringer mehrere Niederlassungsorte, so ist es wichtig zu bestimmen, von welchem Niederlassungsort aus die betreffende Dienstleistung tatsächlich erbracht wird“.

Dieser Ansatz kann auch für die Bestimmung des Ortes verwendet werden, dessen Anschrift im Rahmen dieser Richtlinie anzugeben ist. Da die Anschrift unbedingt angegeben werden muss, muss sie sich auf einen physischen Ort beziehen:

Es reicht beispielsweise nicht aus, lediglich das Postfach als Anschrift des Unternehmers anzugeben.

3.2.2.4.   Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit

Mit „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit“ wird der Ort bezeichnet, an dem die wichtigsten Entscheidungen eines Unternehmens getroffen und die Handlungen zu dessen zentraler Verwaltung vorgenommen werden. Diese Schlussfolgerung ergibt sich z. B. aus dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-73/06, Planzer:

„Bei der Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, und zwar in erster Linie der statutarische Sitz, der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte der Gesellschaft zusammentreffen, und der gewöhnlich mit diesem übereinstimmende — Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik dieser Gesellschaft bestimmt wird. Andere Elemente wie der Wohnsitz der Hauptführungskräfte, der Ort, an dem die Gesellschafterversammlung zusammentritt, der Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt und die Bücher geführt werden, und der Ort, an dem die Finanz und insbesondere die Bankgeschäfte hauptsächlich wahrgenommen werden können ebenfalls in Betracht gezogen werden.“ (82)

3.2.3.   Preis

Artikel 5 Absatz 1

c)

den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware oder der Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können;“

Artikel 6 Absatz 1

e)

den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können. Im Falle eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrags umfasst der Gesamtpreis die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten. Wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, umfasst der Gesamtpreis ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art der Preisberechnung anzugeben;“

Bei den unterstrichenen Passagen von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e handelt es sich um zusätzliche Anforderungen an Preisinformationen, die ausschließlich für Fernabsatzverträge/außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gelten und neben den Anforderungen von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c für innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gelten. So sind bei Fernabsatzverträgen/außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen insbesondere spezifische Informationen erforderlich, die Abonnement- und unbefristete Verträge betreffen.

Wenn für ein Erzeugnis (oder eines der Erzeugnisse), die auf der Grundlage eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnements geliefert werden, ein Festpreis in Rechnung gestellt wird, sollten Informationen zu den pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten und zu den monatlichen Gesamtkosten zur Verfügung gestellt werden.

Beispielsweise wird für Abonnements für Internet- oder audiovisuelle Mediendienste üblicherweise unabhängig vom Nutzungsvolumen ein monatlicher/zweimonatlicher/vierteljährlicher Festpreis berechnet. Daher sollten dem Verbraucher, der ein Abonnement im Internet oder außerhalb von Geschäftsräumen abschließen will, die monatlichen Kosten und bei einem abweichenden Abrechnungszeitraum die Kosten pro Abrechnungszeitraum genannt werden.

Für den Fall, dass die Gesamtkosten für ein Erzeugnis, auf das sich der Vertrag bezieht oder das er beinhaltet, nicht im Voraus beziffert werden können, sollte der Unternehmer den Verbraucher darüber informieren, wie diese variablen Kosten berechnet werden:

Der Unternehmer sollte dem Verbraucher beispielsweise bei Sprachtelefondiensten, deren Kosten nutzungsabhängig sind, eine ausführliche Preisliste für Anrufe zur Verfügung stellen. (83)

Gemäß Artikel 6 Absatz 6 haben die Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen keine zusätzlichen und sonstigen Kosten zu tragen, wenn ihnen der Unternehmer dies nicht mitgeteilt hat. Damit wird der Verpflichtung des Unternehmers Rechnung getragen, den Verbraucher über den vollen Preis zu informieren, einschließlich aller anfallenden Steuern, Abgaben und zusätzlichen Kosten, insbesondere Einfuhrumsatzsteuer, Zölle, Zollabfertigung usw., die bei Käufen von Unternehmern außerhalb der EU anfallen. (84)

Umfassen die digitalen Inhalte oder die digitale Dienstleistung optionale zusätzliche und integrierte Käufe, so sollte der Verbraucher, bevor er das digitale Produkt erwirbt, ordnungsgemäß informiert werden, dass Angebote für derartige zusätzliche Kaufoptionen gemacht werden können. Diese Anforderung könnte etwa für folgende Beispiele gelten:

Anwendungen (Apps), die In-App-Verkäufe wie Zusatzfunktionen oder zusätzliche Ebenen in einem Videospiel umfassen,

Abonnements für audiovisuelle inhaltliche Dienste, die gegen zusätzliches Entgelt angebotene optionale Pay-Per-View-Inhalte (Spielfilme) einschließen.

3.2.4.   Lieferung und Leistung des Vertrags

Artikel 5 Absatz 1

d)

gegebenenfalls die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen der Unternehmer sich verpflichtet hat, sowie das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden;“

Artikel 6 Absatz 1

g)

die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden;“

Diese Informationspflicht ist bei innerhalb und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen/Fernabsatzverträgen ähnlich, mit Ausnahme der Anforderung, dass bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen alle einschlägigen Informationen nur „gegebenenfalls“, bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen/Fernabsatzverträgen dagegen in jedem Fall bereitzustellen sind; davon ausgenommen sind Informationen über das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden, die nur „gegebenenfalls“ erforderlich sind.

Die genannte Informationspflicht ähnelt der aus Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe d der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken müssen Informationen über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen jedoch nur dann in der Aufforderung zum Kauf angegeben werden, falls sie im Vergleich zu sorgfältigen Marktpraktiken zum Nachteil des Verbrauchers sind.

Der Unternehmer würde den Anforderungen von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d oder Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g im Zusammenhang mit dem Termin oder der Lieferung oder der Leistung auch nachkommen, wenn er einen Zeitraum (z. B. „10 Tage“ oder „zwei Wochen“) nach Vertragsabschluss (Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher) benennt. Der Unternehmer muss nicht zwangsläufig einen bestimmten Kalendertag angeben, weil dies in der Praxis nicht immer realisierbar ist.

Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen muss der Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, nicht angegeben werden, wenn die Lieferung oder Dienstleistung unverzüglich durchgeführt wird.

Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist die Anforderung der Angabe der Lieferzeit „gegebenenfalls“ auch im Lichte von Artikel 18 auszulegen. Demzufolge sollte der Unternehmer keine Angaben zur Lieferzeit von Waren machen müssen, wenn er die Lieferung innerhalb des in Artikel 18 festgelegten vorgegebenen Zeitraums von 30 Tagen vornehmen will. Dies hindert jedoch weder den Unternehmer daran, dem Verbraucher eine andere Lieferfrist mitzuteilen, noch den Unternehmer und den Verbraucher, sich auf einen anderen Termin zu einigen. Der vereinbarte Termin wäre folglich der „vereinbarte“ Zeitpunkt für die Lieferung, wie in Artikel 18 aufgeführt (siehe auch Abschnitt 6 zur Lieferung).

Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EU) 2018/644 des Europäischen Parlaments und des Rates (85) über grenzüberschreitende Paketzustelldienste müssen alle Unternehmer, die mit Verbrauchern Kaufverträge abschließen, die den grenzüberschreitenden Versand von Paketen umfassen, sofern dies möglich und anwendbar ist, bereits vor Vertragsabschluss etwaige Informationen über die für den jeweiligen Kaufvertrag bestehenden Optionen für die grenzüberschreitende Zustellung, über die vom Verbraucher für die grenzüberschreitende Paketzustellung zu entrichtenden Gebühren sowie, falls vorhanden, über ihre eigenen Regelungen für die Bearbeitung von Beschwerden zur Verfügung stellen.

In Bezug auf digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen ist darauf hinzuweisen, dass der Unternehmer gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie über digitale Inhalte diese dem Verbraucher unverzüglich nach Vertragsschluss bereitstellen muss, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher betreffend Verträge über (digitale) Dienstleistungen (siehe Abschnitt 5.6) und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher betreffend Verträge über digitale Inhalte (siehe Abschnitt 5.7) sollte der Anbieter jedoch vor Ablauf des Widerrufsrechts das vorherige ausdrückliche Verlangen bzw. die Zustimmung des Verbrauchers zur Erbringung einer digitalen Dienstleistung oder zur Lieferung digitaler Inhalte erhalten. Andernfalls könnte der Verbraucher immer noch von den jeweiligen Verträgen zurücktreten und wäre berechtigt, für die erhaltene digitale Dienstleistung oder digitalen Inhalte gemäß Artikel 14 Absatz 4 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht zu zahlen (oder eine Erstattung zu verlangen) (siehe Abschnitt 5.8).

Außerdem wird in Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie über digitale Inhalte klargestellt, dass der Unternehmer seine Verpflichtung zur Bereitstellung erfüllt hat, sobald

a)

die digitalen Inhalte oder jedes Mittel, die/das für den Zugang zu den digitalen Inhalten oder deren Herunterladen geeignet ist, dem Verbraucher oder einer von ihm zu diesem Zweck bestimmten körperlichen oder virtuellen Einrichtung zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht worden ist;

b)

die digitale Dienstleistung dem Verbraucher oder einer von ihm zu diesem Zweck bestimmten körperlichen oder virtuellen Einrichtung zugänglich gemacht worden ist.

3.2.5.   Zahlungsbedingungen

Beispiele für Zahlungsbedingungen, die dem Verbraucher besonders klar erläutert werden sollten, sind:

Zahlung über die Telefonrechnung des Verbrauchers.

Bei Abonnement-Verträgen, beispielsweise für Online-Videospiele, die Bedingung, dass der Unternehmer die Angaben zu den Zahlungsmitteln (wie Kreditkartendaten), die ihm der Verbraucher zum Zeitpunkt des erstmaligen Abonnementabschlusses übermittelt hat, auch für die Abrechnung späterer Käufe nutzt, ohne den Verbraucher zur erneuten Eingabe der Daten aufzufordern.

Zahlungen unterliegen der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates (86) über Zahlungsdienste (siehe auch Abschnitt 8 bezüglich Artikel 19 über Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel). In Artikel 64 Absatz 1 der Richtlinie heißt es: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Zahlungsvorgang nur dann als autorisiert gilt, wenn der Zahler dem Zahlungsvorgang zugestimmt hat. Der Zahler kann einen Zahlungsvorgang entweder vor oder — sofern zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister so vereinbart — nach der Ausführung autorisieren.“

Außerdem sollten die Verbraucher im Voraus klar und in deutlich erkennbarer Form über die Zahlungsmodalitäten für diese zusätzlichen Käufe informiert werden, und zwar bevor sie sich für das digitale Hauptprodukt, in Verbindung mit dem diese angeboten werden, anmelden.

Die Standard-Voreinstellung für Käufe sollte nicht zulassen, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers (z. B. über ein Passwort oder andere angemessene Mittel) zusätzliche Käufe abgewickelt werden. Wenn das System bei In-App-Käufen ein Zeitfenster für die Gültigkeit der Authentifizierungseinstellungen (z. B. ein Fenster von 15 Minuten) bereitstellt, sollten die Unternehmer nicht automatisch Standardeinstellungen benutzen, sondern stattdessen auch in Bezug auf die Gültigkeitsdauer die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers einholen. (87)

3.2.6.   Garantie und Kundendienst

Artikel 5 Absatz 1

e)

zusätzlich zu dem Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren, digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen nach dem Verkauf und gewerblichen Garantien;“

Artikel 6 Absatz 1

l)

einen Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Waren, digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen;

m)

gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien;“

Innerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge und außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge/Fernabsatzverträge werden zwar leicht unterschiedlich dargestellt, unterliegen jedoch nahezu identischen Informationspflichten bezüglich des Bestehens des gesetzlichen Gewährleistungsrechts und der möglichen Kundendienstleistungen.

Die materiellrechtlichen Vorschriften über das gesetzliche Gewährleistungsrecht sind in Artikel 10 der Richtlinie über den Warenkauf und in Artikel 11 der Richtlinie über digitale Inhalte niedergelegt. In diesen Vorschriften wird Folgendes vorgesehen:

Bei Waren haftet der Verkäufer für Vertragswidrigkeiten (Mängel), die zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden und sich binnen zwei Jahren nach der Lieferung offenbaren (oder einer längeren Haftungsfrist, die nach dem einschlägigen nationalen Recht gilt).

Im Falle digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen haftet der Anbieter für Vertragswidrigkeiten, die zum Zeitpunkt der Bereitstellung bestanden und binnen zwei Jahren nach der Bereitstellung (oder einer längeren Haftungsfrist, die nach dem einschlägigen nationalen Recht gilt) offenbar werden, wenn es sich um eine einmalige Bereitstellung handelt; bei fortlaufender Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen haftet er während des vertraglichen Zeitraums der Bereitstellung.

In Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe l der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher wird der Begriff „Hinweis auf das Bestehen“ verwendet, sodass es nicht erforderlich ist, detaillierte Informationen über das gesetzliche Gewährleistungsrecht zu geben. Um die Informationspflicht zu erfüllen, muss der Unternehmer die Verbraucher jedoch zumindest über das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts informieren und dessen Dauer angeben.

Die Bestimmungen der Richtlinie über den Warenkauf und der Richtlinie über digitale Inhalte sind im Prinzip vollständig harmonisiert. Lediglich in einigen Aspekten können die Mitgliedstaaten für einen stärkeren Verbraucherschutz sorgen, insbesondere für längere Haftungsfristen. (88)

Unternehmer, insbesondere grenzüberschreitende Online-Händler, können mit ihren Angeboten auf die Märkte mehrerer Mitgliedstaaten abzielen, ohne dass die Informationen für jeden Zielmarkt angepasst werden. Um den potenziellen Unterschieden in den nationalen Rechtsvorschriften Rechnung zu tragen, sollten diese Händler daher auch die möglicherweise strengeren Vorschriften in den verschiedenen Mitgliedstaaten, auf die sie abzielen, anerkennen. Insbesondere sollten sie darauf hinweisen, dass zwei Jahre die Mindestdauer des gesetzlichen Gewährleistungsrechts sind und dass im nationalen Recht des Landes, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, möglicherweise stärkere Verbraucherrechte vorgesehen sind.

Neben dem Hinweis auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht muss der Unternehmer, der die Waren oder Dienstleistungen liefert, auch Informationen über etwaige Kundendienstleistungen bereitstellen, die vom Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen oder anderen betroffenen Unternehmern, wie dem Hersteller der Waren, freiwillig erbracht werden.

Informationen über das Bestehen und die Bedingungen eines Kundendienstes, Kundendienstleistungen und/oder gewerblichen Garantien dürfen nur bereitgestellt werden, wenn solche zusätzlichen Leistungen tatsächlich angeboten werden.

Die gewerbliche Garantie wird in Artikel 2 Absatz 14 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher weit definiert als die Verpflichtung, den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen, oder nachzubessern oder Dienstleistungen zu erbringen, wenn sie nicht konform sind oder anderen Anforderungen nicht genügen. Für die anderen Leistungsarten gibt es keine Definitionen. Tatsächlich kann ein und dieselbe Leistung von verschiedenen Unternehmen unter verschiedenen Bezeichnungen vermarktet werden.

Durch die Richtlinie über den Warenkauf wird die gewerbliche Garantie, die vom Verkäufer oder einer anderen Partei wie dem Hersteller geleistet werden kann, für den Garantiegeber rechtsverbindlich. Ungeachtet dessen werden die Rechte des Verbrauchers im Rahmen der gewerblichen Garantie vertraglich festgelegt und sind daher von einem Unternehmer zum anderen oder sogar für verschiedene von ein und demselben Unternehmer angebotene Waren unterschiedlich (89). Gibt der Hersteller gemäß Artikel 17 der Richtlinie über den Warenkauf eine „gewerbliche Haltbarkeitsgarantie“ für einen bestimmten Zeitraum ab, so hat der Verbraucher Anspruch auf Nachbesserung und Ersatzlieferung gemäß den Bestimmungen der Richtlinie über den Warenkauf.

Aus den Informationen über diese Kundendienstleistungen sollte insbesondere hervorgehen, wo die jeweiligen Dienstleistungen erbracht werden und wer (gegebenenfalls) die Transportkosten trägt. Falsche oder irreführende Informationen über Kundendienstleistungen können nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eine irreführende Praxis darstellen. Laut der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ist es untersagt, den „Verbrauchern gesetzlich zugestandene Rechte […] als Besonderheit des Angebots des Gewerbetreibenden“ zu präsentieren (siehe Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g und Anhang I Nummer 10). (90)

3.2.7.   Laufzeit und Kündigung des Vertrags

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe o

„gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge;“

Artikel 6 Absatz 1

p)

gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht;“

Informationen über die Bedingungen für die Kündigung eines unbefristeten Vertrags oder eines sich automatisch verlängernden Vertrags (erforderlich sowohl für innerhalb als auch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge/Fernabsatzverträge) sollten insbesondere Folgendes beinhalten:

anfallende Kosten,

Kündigungsmodalitäten, insbesondere die Frist und die Form der Übermittlung der Kündigung (z. B. E-Mail oder Postanschrift).

Bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sind laut Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe p zusätzliche Informationen zur Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht, erforderlich, also z. B. zur Mindestlaufzeit, während deren vom Verbraucher zu den durch den Unternehmer festgelegten Bedingungen eine Zahlung erwartet wird:

Beispielsweise kann ein Mobiltelefonvertrag mit einer 24-monatigen Laufzeit eine Mindestlaufzeit von sechs Monaten beinhalten, die im Falle einer vorzeitigen Kündigung in Rechnung gestellt wird. (91)

Eine solche Mindestlaufzeit, während deren die Kündigung eines Vertrags nicht zulässig ist, sollte auch als eine der wichtigsten Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f gelten. Aus diesem Grund sollten Informationen über die Mindestlaufzeit auch für unbefristete Verträge und sich automatisch verlängernde Verträge, die innerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden und unter Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f fallen, bereitgestellt werden.

In der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher werden lediglich Informationspflichten bezüglich der Kündigung und Verlängerung von Verträgen festgelegt. Die Beurteilung der Angemessenheit der jeweiligen Vertragsklauseln unterliegt der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Vertragsklauseln (92). Besondere Regeln für die Dauer, Verlängerung und Kündigung von Verträgen können in den einschlägigen sektorspezifischen EU-Rechtsvorschriften festgelegt werden. (93)

3.2.8.   Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität

Gemäß den mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 eingeführten Änderungen müssen Unternehmer, die Waren mit digitalen Elementen („intelligente“ Geräte), digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen anbieten, den Verbraucher auch über deren Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität informieren. Die entsprechenden Anforderungen sind in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben r und s für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und für Fernabsatzverträge sowie in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben g und h für innerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gleichlautend festgelegt.

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe g und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe r

„gegebenenfalls die Funktionalität von Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen;“

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe h und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe s

„gegebenenfalls — soweit wesentlich — die Kompatibilität und Interoperabilität von Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen, soweit diese dem Unternehmer bekannt sind oder vernünftigerweise bekannt sein müssen;“

Die Begriffe „Funktionalität“, „Kompatibilität“ und „Interoperabilität“ sind in Artikel 2 der Richtlinie über digitale Inhalte definiert.

„Waren mit digitalen Elementen“ (d. h. „intelligente“ Geräte) sind eine Unterkategorie in der aktualisierten Definition von „Waren“ in der Richtlinie über den Warenkauf, die auch im Zusammenhang mit der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gilt. In Erwägungsgrund 14 der Richtlinie über den Warenverkauf wird erläutert, dass „Waren mit digitalen Elementen“ digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder so mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen könnten. Digitale Inhalte, die in einer Ware enthalten sind oder mit ihr verbunden sind, können alle Daten sein, die in digitaler Form erzeugt und bereitgestellt werden, wie Betriebssysteme, Anwendungen und andere Software. Digitale Inhalte können zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags bereits installiert sein oder diesem Vertrag entsprechend erst später installiert werden. Zu digitalen Dienstleistungen, die mit einer Ware verbunden sind, können Dienstleistungen zählen, die die Erstellung, Verarbeitung, die Speicherung von oder den Zugang zu Daten in digitaler Form erlauben, wie Software as a Service, die in einer Cloud-Computing-Umgebung bereitgestellt wird, die fortlaufende Bereitstellung von Verkehrsdaten in einem Navigationssystem oder die fortlaufende Bereitstellung von individuell angepassten Trainingsplänen im Falle einer intelligenten Armbanduhr (smart watch).

Der Unternehmer sollte die Notwendigkeit, Informationen über die Merkmale der Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen, anhand ihrer besonderen Merkmale beurteilen. Die folgende indikative und nicht abschließende Liste von Elementen, die auch Aspekte der Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität abdeckt, kann als Checkliste bei der Entscheidung darüber verwendet werden, welche Informationen über eine bestimmte Ware mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt werden müssen (siehe auch den Abschnitt 3.2.1 über Informationen zu den Hauptmerkmalen):

(1)

die Sprache(n) der Benutzeroberflächen der Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten oder Dienstleistungen und, falls abweichend, die Sprache(n) etwaiger Benutzeranweisungen für deren Bedienung,

(2)

die Methode zur Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung: z. B. Streaming, Online, einmaliges Herunterladen, Möglichkeit des Herunterladens für eine bestimmte Zeit,

(3)

bei Video- oder Audiodateien, die Abspieldauer des Inhalts,

(4)

bei herunterladbaren Dateien: Dateityp und -größe,

(5)

eine Aussage dazu, ob der Unternehmer oder ein Dritter verpflichtet ist, die Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen zu warten oder zu aktualisieren, oder ob keine derartige Verpflichtung besteht,

(6)

Bedingungen, die nicht direkt mit der Interoperabilität zusammenhängen, wie:

a)

Tracking und/oder Personalisierung,

b)

die Notwendigkeit einer Internetverbindung und der technischen Anforderungen an die Verbindung (wie die Download- und Upload-Mindestgeschwindigkeit),

c)

die Notwendigkeit, dass andere Nutzer über eine spezielle Software verfügen (z. B. Kommunikationssoftware).

(7)

Einschränkungen der Nutzung, wie:

a)

Einschränkungen der Häufigkeit oder der Dauer, mit der ein digitaler Inhalt oder eine digitale Dienstleistung angesehen, gelesen oder genutzt werden kann,

b)

Einschränkungen der Wiederverwendung für Zwecke wie die Erstellung privater Kopien,

c)

durch den Standort des Gerätes des Verbrauchers bedingte Einschränkungen,

d)

etwaige Funktionsweisen, die von zusätzlichen Käufen abhängig gemacht werden, wie kostenpflichtige Inhalte, Clubmitgliedschaften oder zusätzliche Hard- oder Software.

(8)

Geräte, mit denen die digitalen Inhalte oder die digitale Dienstleistung genutzt werden können, und gegebenenfalls Angaben zum erforderlichen Betriebssystem sowie zu zusätzlicher Software (einschließlich Versionsnummer) und zusätzlicher Hardware (z. B. Prozessorgeschwindigkeit und Grafikkartenfunktionen) umfassen.

(9)

Alle Besonderheiten im Zusammenhang mit den „Internet der Dinge“-Funktionen der Waren mit digitalen Elementen.

3.3.    Zusätzliche Anforderungen im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen

3.3.1.   Personalisierter Preis

Artikel 6 Absatz 1

„ea)

gegebenenfalls den Hinweis, dass der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist;“

Diese durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 eingeführte Informationspflicht gilt für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge. In der Praxis wird sie nur für online geschlossene Verträge von Bedeutung sein, die eine automatisierte Entscheidungsfindung und eine Erstellung von Profilen des Verbraucherverhaltens (im Folgenden „Profiling“) ermöglichen, um den Preis für bestimmte Verbraucher oder bestimmte Kategorien von Verbrauchern zu personalisieren.

Wenn derartige Techniken zur Personalisierung des Preises eingesetzt werden, sollten die Verbraucher klar und deutlich darauf hingewiesen werden, damit sie die möglichen Risiken bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen können.

Wie in Erwägungsgrund 45 der Richtlinie (EU) 2019/2161 erläutert, sollte „[d]iese Informationspflicht … nicht für Techniken wie die dynamische Preissetzung oder die Preissetzung in Echtzeit gelten, bei denen sich der Preis in sehr flexibler und schneller Weise in Abhängigkeit von der Marktnachfrage ändert, ohne dass diese Techniken eine Personalisierung auf der Grundlage automatisierter Entscheidungsfindung umfassen.“

Dynamische Preisgestaltung bedeutet, dass sich die Preise aufgrund von Variablen ändern, die nicht kundenbezogen sind, z. B. Tageszeit, verfügbares Angebot, Preise der Wettbewerber. Bei der dynamischen Preisgestaltung ohne Preispersonalisierung sollten verschiedene Verbraucher oder Verbrauchergruppen denselben Preis sehen, wenn sie zur gleichen Zeit dasselbe Produkt kaufen, unabhängig von ihrem Profil und ihren individuellen Merkmalen.

Preisunterschiede aufgrund unterschiedlicher Steuern oder Abgaben (z. B. unterschiedliche Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten) stellen ebenfalls keine personalisierte Preisgestaltung dar. Ebenso fallen Preisnachlässe, die allgemein angewandt werden und nicht auf eine bestimmte, durch automatisiertes Profiling ausgewählte Person oder Gruppe abzielen, nicht in die Kategorie der personalisierten Preisgestaltung.

Bei der personalisierten Preisgestaltung geht es um Individualisierung. Unternehmer sammeln Daten über einzelne Verbraucher und nutzen automatisierte Entscheidungsfindung, um Profile des Verbraucherverhaltens zu erstellen. Zu den Elementen, die zur Bestimmung des Verbraucherprofils verwendet werden können, gehören Daten über den Suchverlauf oder das Computergerät.

So könnte beispielsweise ein Online-Händler den Preis erhöhen, wenn er einen erhöhten Website-Verkehr feststellt, was eine Form der dynamischen Preisgestaltung wäre. Die „Anzahl der Klicks“ des Verbrauchers auf einer bestimmten Webseite kann jedoch auch vom Algorithmus verwendet werden, um ein Profil des Verbraucherverhaltens zu erstellen und den Preis für diesen Verbraucher zu personalisieren.

Die Anforderung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher beschränkt sich auf Informationen über die Tatsache der Personalisierung. Dies ist eine zusätzliche Informationspflicht, die zum Zeitpunkt des Angebots eines personalisierten Preises erfüllt werden sollte. Diese Informationspflicht gilt „unbeschadet der Verordnung (EU) 2016/679, nach der Personen unter anderem das Recht haben, nicht einer auf einer automatisierten Verarbeitung — einschließlich Profiling — beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden“ (Erwägungsgrund 45 der Richtlinie (EU) 2019/2161). Die personalisierte Preisgestaltung kann unter die besonderen Vorschriften über die automatisierte Entscheidungsfindung in Artikel 22 DSGVO fallen. (94) Weitere in diesem Zusammenhang relevante Anforderungen der DSGVO sind das Erfordernis einer Rechtsgrundlage gemäß Artikel 6 sowie die Informationspflichten gemäß Artikel 12 bis 14.

Die Bereitstellung von Informationen über die automatisierte Entscheidungsfindung in der Datenschutzerklärung des Unternehmers reicht nicht aus, um die vorvertraglichen Informationspflichten über die Preispersonalisierung gemäß der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher zu erfüllen. Informationen über die Preispersonalisierung sollten vor jedem Geschäftsvorgang bereitgestellt werden, statt nur im Rahmen der allgemeinen Informationen über die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Unternehmer.

3.3.2.   Kosten für den Einsatz von Fernkommunikationstechnik

Artikel 6 Absatz 1

„f)

die Kosten für den Einsatz der für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationstechnik, sofern diese nicht nach dem Grundtarif berechnet werden;“

Diese Informationspflicht würde insbesondere in Fällen zum Tragen kommen, in denen der Unternehmer mit den Sondernummern mit erhöhtem Tarif wirbt, die der Verbraucher anrufen muss, um den Vertrag über die angebotenen Waren oder Dienstleistungen abzuschließen.

3.3.3.   Kautionen und finanzielle Sicherheiten

Artikel 6 Absatz 1

„q)

gegebenenfalls den Hinweis auf die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen;“

Kautionen oder finanzielle Sicherheiten sind typische Merkmale von Mietverträgen, mit denen dem Verbraucher ein Wertgegenstand zur Verfügung gestellt wird, wie bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen. In Erwägungsgrund 33 heißt es: „Der Unternehmer sollte verpflichtet sein, den Verbraucher im Voraus über etwaige Geschäftsmodalitäten zu informieren, die dazu führen, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Kaution zahlt; dazu gehören auch Modalitäten, bei denen ein Betrag auf der Kredit- oder Debitkarte des Verbrauchers gesperrt wird.“

Beispielsweise sollte aus den Informationen zu den Garantiebedingungen insbesondere hervorgehen, ob der entsprechende Betrag auf dem Konto des Verbrauchers gesperrt oder das Konto damit belastet wird und wann und unter welchen Voraussetzungen dieser Betrag wieder freigegeben oder an den Verbraucher zurückgezahlt wird.

3.3.4.   Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren

Artikel 6 Absatz 1

„t)

gegebenenfalls die Möglichkeit des Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, und die Voraussetzungen für diesen Zugang.“

Die oben genannte Informationspflicht bezieht sich auf alle außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, denen der Unternehmer unterliegt, einschließlich der Verfahren, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (95) über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (im Folgenden „Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“) fallen.

Durch die Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten wird sichergestellt, dass in der EU ansässige Personen Zugang zu außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren haben, um ihre Streitigkeiten mit in der EU ansässigen Unternehmern beizulegen. Sie enthält spezifische Qualitätsanforderungen für die Stellen für alternative Streitbeilegung und deren Verfahren. Gemäß der Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten werden nur diejenigen Stellen für die alternative Streitbeilegung als „AS-Stellen“ anerkannt, die von den Mitgliedstaaten anhand dieser Anforderungen bewertet und der Kommission mitgeteilt wurden.

Die Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten gilt für innerstaatliche und grenzüberschreitende Streitigkeiten über vertragliche Verpflichtungen aus Kauf- oder Dienstleistungsverträgen, unabhängig davon, welches Produkt oder welche Dienstleistung ein Verbraucher erworben hat (ausgenommen sind lediglich Streitigkeiten im Bereich des Gesundheitswesens und der Hochschulbildung (96)), ob das Produkt oder die Dienstleistung online oder offline erworben wurde und ob der Unternehmer im Mitgliedstaat des Verbrauchers oder in einem anderen Mitgliedstaat seinen Sitz hat.

Handelt es sich bei dem außergerichtlichen Verfahren, über das der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe t der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher unterrichtet, um eine „AS-Stelle“ im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten, muss der Unternehmer folglich auch die Anforderungen von Artikel 13 dieser Richtlinie erfüllen. Danach müssen Unternehmer die für sie zuständige(n) AS-Stelle(n) angeben, wenn sie sich verpflichten, zur Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern auf eine alternative Streitbeilegung zurückzugreifen, oder wenn sie dazu verpflichtet sind. Diese Angaben müssen die Internetadressen der betreffenden AS-Stellen enthalten. Gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten sind die Informationen in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Form auf der Website des Unternehmers — soweit vorhanden — und gegebenenfalls in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kauf- oder Dienstleistungsverträge zwischen dem Unternehmer und einem Verbraucher aufzuführen.

Der Gerichtshof erklärt hierzu, dass es angesichts sowohl von Artikel 13 Absatz 2 der Richtlinie über die alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten als auch von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe t der Richtlinie nicht ausreicht, dass der Verbraucher die Informationen über die alternative Streitbeilegung erst zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Unternehmer erhält, sei es im Rahmen der allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Vertrag oder in einem gesonderten Dokument. Vielmehr muss der Verbraucher diese Informationen rechtzeitig vor Vertragsabschluss erhalten und nicht erst im Stadium des Vertragsschlusses. (97)

Darüber hinaus sind die in der Union niedergelassenen Unternehmer, die Online-Kauf- oder -Dienstleistungsverträge abschließen, und die in der Union niedergelassenen Online-Marktplätze gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (98) über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten) verpflichtet, auf ihren Websites einen elektronischen Link zur OS-Plattform anzugeben. (99)..

3.4.    Zusätzliche Anforderungen für Online-Marktplätze

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 werden sowohl die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher als auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken geändert und Informationspflichten für „Online-Marktplätze“ eingeführt. Online-Marktplätze sind in Artikel 2 Absatz 17 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher definiert. (100)

Artikel 2

17.   „Online-Marktplatz“ [bezeichnet] einen Dienst, der es Verbrauchern durch die Verwendung von Software, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, ermöglicht, Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;“

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher um einen neuen Artikel 6a „Zusätzliche besondere Informationspflichten bei auf Online-Marktplätzen geschlossenen Verträgen“ ergänzt.

Artikel 6a beginnt mit einer Generalklausel, die Anforderungen an die Zugänglichkeit der vom Online-Marktplatz bereitzustellenden Informationen enthält — diese formalen Anforderungen entsprechen den bereits bestehenden Anforderungen in Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 für alle Fernabsatzverträge:

Artikel 6a

(1)   Bevor ein Verbraucher durch einen Fernabsatzvertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot auf einem Online-Marktplatz gebunden ist, informiert der Anbieter des Online-Marktplatzes den Verbraucher, unbeschadet der Richtlinie 2005/29/EG, in klarer, verständlicher und in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise über Folgendes:“

Die spezifischen Informationspflichten sind in Artikel 6a Absatz 1 festgelegt. Unter Buchstabe a wird die Transparenz der Parameter zur Festlegung des Rankings gefordert, während die Verpflichtungen unter den Buchstaben b, c und d Informationen über den Status des anderen Vertragspartners, die Anwendbarkeit der Verbraucherrechte und die Verantwortung für die Vertragserfüllung erfordern.

3.4.1.   Rankingkriterien

Artikel 6a Absatz 1

„a)

allgemeine Informationen, die die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der Angebote gemäß der Definition in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe m der Richtlinie 2005/29/EG, die dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage auf dem Online-Marktplatz präsentiert werden, sowie die relative Gewichtung dieser Parameter im Vergleich zu anderen Parametern betreffen und die in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung gestellt werden, der von der Seite, auf der die Angebote angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist;“

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde eine ähnliche Informationspflicht auch in die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken aufgenommen, und zwar in Form eines neuen Absatzes 4a in Artikel 7 über irreführende Auslassungen. Außerdem wurde ein neuer Punkt 11a in die „Schwarze Liste“ des Anhangs I der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken aufgenommen, der versteckte Werbung und bezahlte Verkaufsförderung in Suchergebnissen verbietet.

Die Pflicht im Rahmen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher gilt für Online-Marktplätze, die den direkten Abschluss von Verbraucherverträgen mit Dritten ermöglichen (sowohl B2C- als auch C2C-Verträge). Im Gegensatz dazu gilt sie nicht für Preisvergleichs-Tools und Online-Suchmaschinen, wenn diese nicht als Online-Marktplätze fungieren — diese Vermittler unterliegen lediglich den Anforderungen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

Ranking wird in Artikel 2 Buchstabe m der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken definiert als „die relative Hervorhebung von Produkten, wie sie vom Gewerbetreibenden dargestellt, organisiert oder kommuniziert wird, unabhängig von den technischen Mitteln, die für die Darstellung, Organisation oder Kommunikation verwendet werden“. Dieselbe Definition gilt auch im Zusammenhang mit der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

In Erwägungsgrund 19 der Richtlinie (EU) 2019/2161 heißt es weiter: „einschließlich in Folge der Verwendung von algorithmischer Sequenzierung, Beurteilungs- oder Bewertungsmechanismen oder von visueller Hervorhebung oder anderen Hervorhebungsinstrumenten oder einer Kombination davon“.

Die Pflicht zur Information über die Ranking-Parameter entsteht, wenn der Marktplatz auf die Suchanfrage eines Verbrauchers hin Suchergebnisse liefert, die auf Produkte verweisen, die von verschiedenen Unternehmern oder Verbrauchern angeboten werden, die auf dem Marktplatz gehostet werden. Dagegen gilt sie nicht für die Standardgestaltung der Online-Benutzeroberfläche, die dem Verbraucher angezeigt wird und die nicht das Ergebnis einer spezifischen Suchanfrage auf dieser Online-Benutzeroberfläche ist.

Im Hinblick auf den Inhalt der Informationen muss der Marktplatz „allgemeine“ Informationen über die Hauptparameter, die für das Ranking der Produkte ausschlaggebend sind, und über die „relative Gewichtung“ dieser Parameter im Vergleich zu anderen Parametern bereitstellen.

In Erwägungsgrund 22 der Richtlinie (EU) 2019/2161 heißt es: „Parameter für das Ranking sind alle allgemeinen Kriterien, Prozesse und spezifischen Signale, die in Algorithmen eingebunden sind, oder sonstige Anpassungs- oder Rückstufungsmechanismen, die im Zusammenhang mit dem Ranking eingesetzt werden.“

Die Angaben zum Ranking gelten unbeschadet der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates (101) über Geschäftsgeheimnisse. Wie in der parallelen Transparenzpflicht in Bezug auf das Ranking für alle Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen in Artikel 5 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates (102) (im Folgenden „P2B-Verordnung“) erläutert, bedeutet dies, dass eine Abwägung der geschäftlichen Interessen der betreffenden Anbieter niemals dazu führen sollte, dass die Offenlegung der wichtigsten Parameter, die das Ranking bestimmen, abgelehnt wird. Gleichzeitig wird weder in der Richtlinie (EU) 2016/943 noch in der P2B-Verordnung die Offenlegung der detaillierten Funktionsweise der Ranking-Mechanismen der betreffenden Anbieter, einschließlich ihrer Algorithmen, verlangt. (103) Der gleiche Ansatz gilt für die Informationspflicht nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

Die Unternehmer können eine allgemeine Beschreibung der Hauptparameter für das Ranking bereitstellen, die nicht jeweils auf die einzelne Suchanfrage zugeschnitten werden muss. (104) Zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen an die Zugänglichkeit müssen die Informationen über die Parameter des Rankings in einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche zur Verfügung gestellt werden, der von der Seite, auf der die Suchergebnisse angezeigt werden, unmittelbar und leicht zugänglich ist. (105)

Die Informationspflicht gilt auch, wenn ein Unternehmer die Suche auf einer Online-Benutzeroberfläche durch Sprachbefehle (über „digitale Assistenten“) statt durch Tippen ermöglicht. Auch in diesem Fall müssen die Informationen auf der Website/Anwendung des Unternehmers in „einem bestimmten Bereich der Online-Benutzeroberfläche“ zur Einsichtnahme bereitgestellt werden.

In den Vorschriften über die Transparenz des Rankings gegenüber den Verbrauchern (in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) wird der Begriff „Ranking“ im Wesentlichen ähnlich definiert wie in der P2B-Verordnung. Gemäß der P2B-Verordnung müssen Plattformen ihren gewerblichen Nutzern Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform zur Verfügung stellen oder diese Informationen in der vorvertraglichen Phase zugänglich machen.

Obwohl die jeweiligen Informationsanforderungen ähnlich sind, handelt es sich um unterschiedliche „Zielgruppen“. Aus diesem Grund werden in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (und in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) nur „allgemeine“ Informationen über die Hauptparameter des Rankings und ihre relative Gewichtung verlangt. Dieser Unterschied zur P2B-Verordnung spiegelt den Informationsbedarf der Verbraucher wider, die kurze und leicht verständliche Informationen benötigen. Aus demselben Grund ist nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) auch keine Erläuterung der „Gründe“ für die relative Gewichtung der Hauptparameter des Rankings erforderlich, wie es in der P2B-Verordnung vorgeschrieben ist.

In der Praxis können die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten die detaillierteren Informationen, die sie ihren gewerblichen Nutzern im Rahmen der P2B-Verordnung zur Verfügung stellen, als Grundlage für die Gestaltung einer verbraucherorientierten Erläuterung der Ranking-Parameter verwenden. Die Kommission hat gemäß der P2B-Verordnung Leitlinien zur Transparenz des Rankings herausgegeben. (106) In diesen Leitlinien werden mehrere Fragen behandelt, die indirekt auch für die Anwendung der Vorschriften der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zur Transparenz des Rankings von Bedeutung sind, z. B. die Begriffe „Hauptparameter“, „relative Hervorhebung“ und „direkte und indirekte Entgelte“.

3.4.2.   Status des Vertragspartners

Artikel 6a Absatz 1

b)

ob es sich bei dem Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, um einen Unternehmer handelt oder nicht, auf der Grundlage der Erklärung dieses Dritten gegenüber dem Anbieter des Online-Marktplatzes;

Eine ähnliche Anforderung in Bezug auf den Status des Dritten, der die Produkte anbietet, ist in dem neuen Buchstaben f von Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken enthalten, der sich mit der Aufforderung zum Kauf befasst.

Mit dieser Informationspflicht speziell für Online-Marktplätze soll sichergestellt werden, dass die Verbraucher immer erkennen können, ob sie eine Ware oder eine Dienstleistung auf einem Online-Marktplatz von einem Unternehmer oder einem anderen Verbraucher kaufen. Die irrtümliche Annahme, dass es sich bei dem Drittanbieter um einen Unternehmer handelt, kann dem Verbraucher Probleme bereiten, sollte beim Online-Kauf etwas schieflaufen (z. B. die Ware ist vertragswidrig) und anschließend festgestellt werden, dass Verbraucherschutzvorschriften wie das 14-tägige Widerrufsrecht oder die gesetzliche Garantie nicht auf den Vertrag anwendbar sind.

Sowohl in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher als auch in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ist vorgesehen, dass die Informationen über den Status des Drittanbieters auf einer Erklärung dieses Anbieters beruhen sollten, die der Online-Marktplatz dann an den Verbraucher weiterleitet. Daher kann sich der Online-Marktplatz in erster Linie auf die Erklärung des Drittanbieters verlassen. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Verbot, Online-Vermittlern im Rahmen der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (107) allgemeine Überwachungspflichten aufzuerlegen, soweit die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr auf den Online-Marktplatz anwendbar sind. Gleichzeitig bleiben die Pflichten des Marktplatzes in Bezug auf rechtswidrige Inhalte unberührt, z. B. das Handeln aufgrund einer Meldung über bestimmte betrügerische Angebote von Unternehmern auf der Plattform. (108)

Es sei darauf hingewiesen, dass Artikel 6a Absatz 1 Buchstabe b eine Informationspflicht festlegt, um den Verbrauchern, die auf Online-Marktplätzen einkaufen, mehr Klarheit zu verschaffen. Die Eigenerklärung stellt zwar einen guten Indikator für den rechtlichen Status des Anbieters dar, sie ersetzt jedoch nicht die Definition des „Unternehmers“, die weiterhin gemäß den festgelegten Kriterien anzuwenden ist. In diesem Zusammenhang sei auf Nummer 22 der „schwarzen Liste“ des Anhangs I der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken verwiesen, wonach Unternehmern untersagt ist, vorzutäuschen, dass sie keine Unternehmen sind. Dieses Verbot gilt für jede unrichtige oder ungenaue Erklärung, ein Nichtunternehmer im Sinne dieser neuen Informationspflicht zu sein.

3.4.3.   Informationen über die Nichtanwendbarkeit des EU-Verbraucherrechts

Artikel 6a Absatz 1 Buchstabe c zielt darauf ab, die Unternehmer dazu anzuhalten, ihren Status wahrheitsgemäß zu erklären. Danach ist der Anbieter des Online-Marktplatzes verpflichtet, die Verbraucher darauf hinzuweisen, dass sie nicht in den Genuss von Verbraucherrechten kommen, wenn der Drittanbieter seinen Status als Nichtunternehmer erklärt hat.

Artikel 6a Absatz 1

c)

sofern der Dritte, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, kein Unternehmer ist, dass die im Verbraucherschutzrecht der Union verankerten Verbraucherrechte auf den Vertrag keine Anwendung finden;

Der Hinweis, dass die EU-Verbraucherrechte nicht auf den Vertrag anwendbar sind, muss knapp gehalten und an gut sichtbarer Stelle mit der Information verfügbar sein, dass der Drittanbieter seinen Status als Nichtunternehmer erklärt hat. Diese Mitteilung dient vor allem dazu, die Verbraucher darauf hinzuweisen, dass sie nicht mit dem Rechtsschutz rechnen können, den sie normalerweise erwarten würden, wie ein Widerrufsrecht oder eine gesetzliche Garantie, sodass sie den Vertrag in voller Kenntnis dieser Einschränkungen abschließen würden.

3.4.4.   Zuweisung der Verantwortung für den Vertrag

Artikel 6a Absatz 1

d)

gegebenenfalls wie die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen zwischen dem Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, und dem Anbieter des Online-Marktplatzes aufgeteilt werden, wobei diese Information die Verantwortung, die der Anbieter des Online-Marktplatzes oder der dritte Unternehmer in Bezug auf den Vertrag im Rahmen anderer Vorschriften des Unionsrechts oder des nationalen Rechts hat, nicht berührt.

Verbraucher, die einen Online-Marktplatz nutzen, schließen entweder mit dem Anbieter des Marktplatzes oder mit dem Drittanbieter Verträge über die Lieferung bestimmter auf dem Marktplatz angebotener Produkte ab. Darüber hinaus hat der Verbraucher auch einen (Rahmen-)Vertrag mit dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dieser hat Verträge mit den Anbietern auf dem Marktplatz. Diese Verträge regeln die Nutzungsbedingungen des Marktplatzes für die Nutzer, einschließlich der vom Marktplatz angebotenen Dienstleistungen für die Verbraucher im Zusammenhang mit ihren Verträgen mit den Anbietern bestimmter Produkte.

Gemäß Artikel 6a Absatz 1 Buchstabe d sollen die Verbraucher beim Abschluss von Verträgen mit Drittanbietern auf dem Marktplatz Klarheit darüber erhalten, „wie die sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen“ zwischen dem Drittanbieter und dem Anbieter des Marktplatzes aufgeteilt werden. Danach ist der Marktplatz verpflichtet, den Verbraucher an alle Verpflichtungen hinzuweisen, die er im Zusammenhang mit solchen Verträgen gegenüber dem Verbraucher übernommen hat.

Diese Informationen über die Aufteilung der Verantwortung zwischen dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dem Drittanbieter müssen „gegebenenfalls“ bereitgestellt werden. Diese Anforderung gilt nämlich nur dann, wenn der Online-Marktplatz und der Drittanbieter gegenüber den Verbrauchern eine gemeinsame Verantwortung haben. So könnte beispielsweise der Online-Marktplatz die Verantwortung für die Lieferung der Waren übernehmen, während der Drittanbieter für die Konformität der Waren verantwortlich bleibt.

In der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ist nicht geregelt, wie die Verantwortung zwischen den Parteien aufzuteilen ist. Es obliegt dem Online-Marktplatz und dem Drittanbieter, vorbehaltlich des anwendbaren nationalen Rechts ihre jeweilige Verantwortung für die auf dem Marktplatz geschlossenen Verträge zu vereinbaren, und der Marktplatz muss die Verbraucher entsprechend informieren.

In Erwägungsgrund 27 der Richtlinie (EU) 2019/2161 wird veranschaulicht, wie der Online-Marktplatz diese neue Informationspflicht umsetzen könnte: „Der Anbieter des Online-Marktplatzes könnte darauf verweisen, dass ausschließlich ein Drittunternehmer für die Gewährleistung der Verbraucherrechte verantwortlich ist, oder seine besonderen Zuständigkeiten erläutern, wenn dieser Anbieter Verantwortung für bestimmte Vertragsaspekte übernimmt, zum Beispiel die Lieferung oder die Ausübung des Widerrufsrechts.“ In Erwägungsgrund 27 wird auch erwähnt, dass die Informationen in klarer und verständlicher Weise und nicht lediglich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder ähnlichen Vertragsdokumenten erteilt werden sollen.

3.4.5.   Möglichkeit, zusätzliche Informationspflichten vorzusehen

Gemäß Artikel 6a Absatz 2 können die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr zusätzliche Informationspflichten für Online-Marktplätze vorsehen.

Artikel 6a

(2)   Unbeschadet der Richtlinie 2000/31/EG hindert dieser Artikel die Mitgliedstaaten nicht daran, zusätzliche Informationspflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen vorzusehen. Diese Bestimmungen müssen verhältnismäßig, nicht diskriminierend und aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein.“

Dementsprechend ähnelt diese Regelungsmöglichkeit der allgemeineren Möglichkeit in Artikel 6 Absatz 8, wonach die Mitgliedstaaten zusätzliche Informationspflichten vorsehen können (wie im Abschnitt 3.1.5 erläutert).

4.   Besondere Anforderungen bei Fernabsatzverträgen

4.1.    Definition eines Fernabsatzvertrags

Laut der Definition von Fernabsatzverträgen in Artikel 2 bezeichnet „7. „Fernabsatzvertrag“ jeden Vertrag, der zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/werden“.

Erwägungsgrund 20 enthält weitere Erläuterungen zu diesem Begriff sowie Beispiele für Fernkommunikationsmittel: „Die Begriffsbestimmung von Fernabsatzverträgen sollte alle Fälle erfassen, in denen ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Rahmen eines für die Lieferung im Fernvertrieb organisierten Verkaufs- oder Dienstleistungserbringungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/werden (z. B. Bestellung per Post, Internet, Telefon oder Fax). Diese Begriffsbestimmung sollte auch Situationen erfassen, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume lediglich zum Zwecke der Information über die Waren oder Dienstleistungen aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Im Gegensatz dazu sollte ein Vertrag, der in den Geschäftsräumen eines Unternehmers verhandelt und letztendlich über ein Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten. Desgleichen sollte ein Vertrag, der über ein Fernkommunikationsmittel angebahnt und letztendlich in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten. Desgleichen sollte der Begriff des Fernabsatzvertrags auch keine Reservierungen eines Verbrauchers über ein Fernkommunikationsmittel im Hinblick auf die Dienstleistung eines Fachmanns, wie beispielsweise im Fall eines Telefonanrufs eines Verbrauchers zur Terminvereinbarung mit einem Friseur, einschließen.“

Beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags können die Parteien auch eine Kombination mehrerer verschiedener Fernkommunikationsmittel (z. B. Websites, mobile Apps oder Telefonanrufe) nutzen. Die Tatsache, dass die Parteien nach Abschluss eines Fernabsatzvertrags, üblicherweise zum Zeitpunkt der Lieferung oder Zahlung, aufeinandertreffen, sollte keinen Einfluss auf die Einstufung eines Vertrags als Fernabsatzvertrag haben. Wenn der Verbraucher die Geschäftsräume lediglich zum Zwecke der Information über die Waren oder Dienstleistungen aufsucht, sollte der Vertrag, den er anschließend mit dem Unternehmer aus der Ferne verhandelt und abschließt, als Fernabsatzvertrag betrachtet werden. Obwohl eine alleinige Terminvereinbarung mit dem Unternehmer nicht als Fernabsatzvertrag gilt, kann eine verbindliche Reservierung beispielsweise von Waren, die abgeholt werden, oder Dienstleistungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden sollen, im Sinne der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher wahrscheinlich als Fernabsatzvertrag eingestuft werden.

Die Richtlinie gilt ausschließlich für Fernabsatzverträge, die im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems abgeschlossen werden. Wenn beispielsweise ein Unternehmer nur ausnahmsweise über E-Mail oder Telefon einen Vertrag mit einem Verbraucher abschließt, nachdem der Verbraucher Kontakt mit ihm aufgenommen hat, sollte ein solcher Vertrag nicht als Fernabsatzvertrag gemäß der Richtlinie gelten. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Unternehmer ein komplexes System, z. B. eine Online-Benutzeroberfläche, für den Fernabsatz einrichtet. Auch einfachere Vereinbarungen, wie die Förderung der Nutzung von E-Mail oder Telefon für den Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern, würden in den Anwendungsbereich der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher fallen.

Für den Abschluss von Verträgen, die unter die Richtlinie fallen, kann der Unternehmer einen Online-Marktplatz nutzen. In Erwägungsgrund 20 heißt es: „Der Begriff eines für die Lieferung im Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungserbringungssystems sollte von einem Dritten angebotene Fernabsatz- oder Dienstleistungssysteme erfassen, die von Unternehmern verwendet werden, wie etwa eine Online-Plattform. Der Begriff sollte jedoch nicht Fälle erfassen, in denen Webseiten lediglich Informationen über den Unternehmer, seine Waren und/oder Dienstleistungen und seine Kontaktdaten anbieten.“

Die Anwendung der Richtlinie hängt nicht von der Technologie ab, die ein Unternehmer einsetzt. Es ist unerheblich, ob ein Verbraucher einen „normalen“ Fernabsatzvertrag über das Internet abschließt oder die Blockchain-Ausführungstechnologie verwendet. (109)

4.2.    Vorvertragliche Informationen

4.2.1.   Informationen, die unmittelbar vor der Bestellung vorzulegen sind

Artikel 8

(2)   Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin.“

Artikel 8 Absatz 2 bezieht sich auf Informationen, die den Verbrauchern unmittelbar vor dem Abschluss von Verträgen auf elektronischem Wege, die eine Zahlung des Preises vorsehen, bereitgestellt werden müssen.

Der Begriff „auf elektronischem Wege“ wird zwar in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nicht näher definiert, allerdings sollte er sich angesichts der Erläuterung in Erwägungsgrund 39 auf Verträge beziehen, die über Websites und andere Online-Benutzeroberflächen abgeschlossen werden:„Es ist wichtig, dass sichergestellt wird, dass die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Zu diesem Zweck sollte in dieser Richtlinie dafür Sorge getragen werden, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden“. Darüber hinaus kann sich Artikel 8 Absatz 2 auf der Grundlage der Definition von elektronischen Mitteln in der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates (110) auch auf andere Technologien, wie beispielsweise über TV-Set-Top-Boxen bereitgestellte digitale Inhalte, beziehen.

Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sollte im Zusammenhang mit nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Bestimmungen über den Abschluss von Verträgen betrachtet werden, die sich in der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr finden und die zur Anwendung kommen, wenn auf den Vertrag die Definition des „Dienstes der Informationsgesellschaft“ zutrifft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.

In Artikel 8 Absatz 9 der Richtlinie wird ausdrücklich bestätigt, dass die Bestimmungen der Artikel 9 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG unberührt bleiben, gemäß denen der Unternehmer dem Verbraucher ermöglichen muss, eine elektronische Bestellung vor der Abgabe zu prüfen.

Dementsprechend würde Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher in der Praxis ab dem Zeitpunkt gelten, an dem der Verbraucher aufgefordert wird, in Übereinstimmung mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr die Bestellung zu prüfen, d. h. den Inhalt seines Warenkorbs zu kontrollieren, bevor er die Schaltfläche „Kaufen“ wählt. (111)

Die Wendung „unmittelbar bevor“ in Artikel 8 Absatz 2 sollte zunächst den zeitlichen Aspekt umfassen und als „direkt bevor“ aufgefasst werden. Darüber hinaus deuten die Formulierungen „in hervorgehobener Weise“ in Artikel 8 Absatz 2 und „in unmittelbarer Nähe“ in Erwägungsgrund 39 auf strengere Anforderungen an die Vorlage von Informationen im Vergleich zu den allgemeinen Anforderungen von Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 8 Absatz 1 hin. Die Informationen sollten so präsentiert werden, dass der Verbraucher sie vor Abgabe der Bestellung tatsächlich sehen und lesen kann, ohne dafür die Bestellseite verlassen zu müssen.

Die in Artikel 8 Absatz 2 genannten spezifischen vorvertraglichen Informationspflichten umfassen:

(1)

die wesentlichen Eigenschaften (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a);

(2)

den Gesamtpreis (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e);

(3)

die Laufzeit des Vertrags und die Kündigungsbedingungen (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe o);

(4)

gegebenenfalls die Mindestlaufzeit des Vertrags (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe p).

4.2.2.   Schaltfläche zur Auftragsbestätigung

Artikel 8

„(2)   […]

Der Unternehmer sorgt dafür, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden.“

Gemäß Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 ist die Schaltfläche für die Bestellabgabe eindeutig zu kennzeichnen. Der entsprechende Hinweis (Kennzeichnung) muss sich auf der Schaltfläche selbst oder unmittelbar daneben befinden. Diese Kennzeichnung kann unterschiedlich ausfallen, solange sie einen eindeutigen Hinweis auf die Zahlungsverpflichtung enthält: (112)

Beispielsweise würde mit Formulierungen wie „Jetzt kaufen“, „Jetzt zahlen“ oder „Kauf bestätigen“ dieser Bestimmung entsprochen.

Hingegen sind Wendungen wie „Anmelden“, „Bestätigen“ oder „Jetzt bestellen“ sowie unnötig lange Formulierungen, hinter denen sich die eigentliche Mitteilung über die Zahlungsverpflichtung verbergen kann, weniger dazu geeignet, dieser Anforderung nachzukommen;

Diese Anforderung gilt auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher die vorvertraglichen Informationen in Übereinstimmung mit Artikel 8 Absatz 4 vorgelegt hat.

4.2.3.   Informationen über Lieferbeschränkungen und Zahlungsmittel

Artikel 8

„(3)   Auf Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr wird spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich angegeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Gemäß Artikel 8 Absatz 3 müssen die Verbraucher auf den Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr über Lieferbeschränkungen, einschließlich geografischer Beschränkungen, in leicht verständlicher und deutlich sichtbarer Form informiert werden. Beispielsweise sollten diese Informationen nicht nur in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers oder nur auf gesonderten Webseiten erwähnt werden, die nicht eindeutig gekennzeichnet sind und auf die der Verbraucher daher während seines Einkaufs wahrscheinlich nicht zugreifen wird.

Die gemäß Artikel 8 Absatz 3 bereitgestellten Informationen über „Lieferbeschränkungen“ müssen den gemäß Artikel 6 Buchstabe g der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher bereitgestellten Informationen über die Lieferbedingungen entsprechen.

Die Liefer- und Zahlungsbeschränkungen unterliegen der Geoblocking-Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates. (113) So könnte vor allem die automatische Änderung der Informationen über Lieferbeschränkungen auf der Grundlage der Geolokalisierung des Nutzers einen Verstoß gegen Artikel 4 der Geoblocking-Verordnung darstellen, insbesondere wenn dadurch der Zugang zu den Waren in einem Gebiet verhindert wird, in dem der Unternehmer üblicherweise tätig ist.

So darf beispielsweise ein Unternehmer, der auf seiner internationalen “.com“-Website die Lieferung in einen bestimmten Mitgliedstaat gemäß den dort geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen anbietet, diese Lieferoption nicht automatisch ausschließen, wenn er feststellt, dass sich ein Verbraucher aus diesem Mitgliedstaat anmeldet, für den auch eine eigene nationale Website verfügbar ist.

Hinsichtlich der Zahlungsmittel ist es den Unternehmen nach Artikel 5 der Geoblocking-Verordnung untersagt, Einschränkungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb der EU vorzunehmen, z. B. aufgrund des Ortes der Ausstellung der Bankkarte.

4.2.4.   Mittels eines Fernkommunikationsmittels mit begrenztem Raum bzw. begrenzter Zeit geschlossene Verträge

Artikel 8 Absatz 4 hat die Fernkommunikationsmittel zum Gegenstand, auf denen für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht:

Artikel 8

(4)   Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, bei dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum beziehungsweise begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer auf dem Wege des jeweiligen Fernkommunikationsmittels vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen; hiervon ausgenommen ist das unter Buchstabe h genannte Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B. Die anderen in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen, einschließlich des Muster-Widerrufsformulars, hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise gemäß Absatz 1 dieses Artikels zu erteilen.“

Dementsprechend enthält Artikel 8 Absatz 4 dieselben Informationspflichten wie Artikel 8 Absatz 2, doch sind zusätzlich Informationen zu folgenden Punkten zu geben:

(1)

die Identität des Unternehmers gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b;

(2)

das Widerrufsrecht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h, d. h. Informationen über die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts.

Artikel 8 Absatz 4 umfasst nicht die Pflicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe p, Informationen über „die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht“, bereitzustellen. Allerdings stellt, wie bereits in Abschnitt 3.2.7 erläutert, eine solche Mindestdauer auch eine der wichtigsten Bedingungen für den Rücktritt von unbefristeten Verträgen oder sich automatisch verlängernden Verträge gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe o dar. In der Praxis sollte dieser Informationsbestandteil daher auch unter Artikel 8 Absatz 4 fallen.

Artikel 8 Absatz 4 gilt für Verträge, die unter Verwendung von Technologien geschlossen werden, z. B. telefonisch, über sprachgesteuerte Einkaufsassistenten, per SMS oder über andere Fernkommunikationsmittel, bei denen der Umfang der Informationen, die dem Verbraucher vorgelegt werden können, technisch begrenzt ist. (114) In solchen Fällen darf der Unternehmer dem Verbraucher vor Abschluss des Fernabsatzvertrags nur eine begrenzte Anzahl von Informationen zur Verfügung stellen, während die anderen in Artikel 6 Absatz 1 geforderten Informationen auf andere Weise in einfacher und verständlicher Sprache erteilt werden müssen (siehe auch Erwägungsgrund 36, in dem die „Angabe einer gebührenfreien Telefonnummer oder eines Hypertext-Links zu einer Webseite des Unternehmers“ erwähnt wird).

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie geändert und die Verpflichtung zur Bereitstellung des Muster-Widerrufsformulars in Anhang I Teil B von den Informationspflichten ausgenommen. Daher genügt es, wenn dieses Formular auf andere Weise in einfacher und verständlicher Sprache mitgeteilt wird. (115) Nach Abschluss des Vertrags sollten die vollständigen Informationen der Vertragsbestätigung hinzugefügt werden, die gemäß Artikel 8 Absatz 7 auf einem dauerhaften Datenträger bereitzustellen ist.

Der Gerichtshof befasste sich mit der Anwendung von Artikel 8 Absatz 4 in der Rechtssache C-430/17, Walbusch Walter Busch, bei der es um Fernabsatzverkäufe über den Postversand ging (über Zeitungen und Zeitschriften verteilte Bestellscheine).

Der Gerichtshof entschied, dass „[d]ie Frage, ob in einem konkreten Fall auf dem Kommunikationsmittel für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 … zur Verfügung steht, …unter Berücksichtigung sämtlicher technischer Eigenschaften der Werbebotschaft des Unternehmers zu beurteilen [ist]. Hierbei ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des Raumes und der Zeit, die von der Botschaft eingenommen werden, und der Mindestgröße des Schrifttyps, der für einen durchschnittlichen Verbraucher, an den diese Botschaft gerichtet ist, angemessen ist, alle in Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2011/83 genannten Informationen objektiv in dieser Botschaft dargestellt werden könnten.

Hingegen sind die vom betreffenden Unternehmer getroffenen Entscheidungen hinsichtlich der Aufteilung und der Nutzung des Raumes und der Zeit, über die er gemäß dem Kommunikationsmittel verfügt, für das er sich entschieden hat, für diese Beurteilung irrelevant.“ (116)

In der Praxis handelt es sich bei den in Artikel 8 Absatz 4 genannten „Fernkommunikationsmittel …, auf … [denen] für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht“ um solche, die keine mehrschichtige Bereitstellung von Informationen (z. B. durch erweiterbare Überschriften oder Hyperlinks, die den Verbraucher zu einer ausführlicheren Darstellung der relevanten Informationen führen) ermöglichen — siehe hierzu den Abschnitt 3.1.1 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen in klarer und verständlicher Form.

Smartphones gelten nicht als „Fernkommunikationsmittel …, auf … [denen] für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht“, da den Nutzern solcher Bildschirme immer auch zusätzliche Informationen über erweiterte Inhaltsstrukturen oder zusätzliche Seiten bereitgestellt werden können. Hat der Unternehmer den Inhalt und die Darstellung der Online-Benutzeroberfläche für solche Geräte angepasst, kann er Artikel 8 Absatz 4 und die damit verbundene Rechtsprechung als Richtschnur für die Auswahl der Informationen heranziehen, die am deutlichsten hervorgehoben werden sollten. In diesen Fällen kann sich der Unternehmer auf die in Artikel 8 Absatz 4 geforderten Informationen beschränken, gegebenenfalls in einem erweiterbaren (117) Format, und den Rest der vorgeschriebenen Informationen auf zusätzlichen Seiten bereitstellen.

4.3.    Telefonisch geschlossene Verträge

Artikel 8

(5)   Ruft der Unternehmer den Verbraucher im Hinblick auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags an, so hat er unbeschadet des Absatzes 4 zu Beginn des Gesprächs mit dem Verbraucher seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, in deren Auftrag er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen.“

Artikel 8 Absatz 5 enthält eine besondere Vorschrift für telefonisch abgeschlossene Verträge, gemäß der zu Beginn des Gesprächs die Identität des Unternehmers und der geschäftliche Zweck des Anrufs offengelegt werden. Da diese Vorschrift „unbeschadet des Absatzes 4“ gilt, können die Unternehmer die im Verlauf des Telefongesprächs bereitgestellten Informationen in Übereinstimmung mit Artikel 8 Absatz 4 begrenzen.

Artikel 8

(6)   Für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Unternehmer dem Verbraucher das Angebot bestätigen muss und der Verbraucher erst dann gebunden ist, wenn er das Angebot unterzeichnet oder sein schriftliches Einverständnis übermittelt hat. Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass solche Bestätigungen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen müssen.“

Artikel 8 Absatz 6 umfasst eine weitere Regelungsmöglichkeit, von der die Mitgliedstaaten Gebrauch machen können. Einige Mitgliedstaaten haben diese Regelungsmöglichkeit nur in einem begrenzteren Umfang genutzt, d. h. sie haben die entsprechenden zusätzlichen Anforderungen lediglich bei Verträgen zur Anwendung gebracht, die auf Initiative des Unternehmers während eines Telefongesprächs abgeschlossen wurden.

In dieser Bestimmung bezieht sich der Begriff „dauerhafter Datenträger“ auf die Papierform und andere dauerhafte Datenträger, die in Erwägungsgrund 23 erläutert werden: „Dauerhafte Datenträger sollten es dem Verbraucher ermöglichen, Informationen so lange zu speichern, wie es für den Schutz seiner Interessen in den Beziehungen zum Unternehmer erforderlich ist. Zu diesen dauerhaften Datenträgern sollten insbesondere Papier, USB-Sticks, CD-ROMs, DVDs, Speicherkarten oder die Festplatten von Computern sowie E-Mails gehören.“ Die Mitgliedstaaten können daher verlangen, dass sowohl die Bestätigung des Angebots durch den Unternehmer als auch die Zustimmung durch den Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, der nicht zwangsläufig aus Papier besteht und beispielsweise auch eine E-Mail-Korrespondenz umfassen kann.

4.4.    Bestätigung des Vertrags

Artikel 8

(7)   Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die Bestätigung des geschlossenen Vertrags innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung, und zwar spätestens bei der Lieferung der Waren oder bevor die Ausführung der Dienstleistung beginnt. Diese Bestätigung enthält:

a)

alle in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zukommen lassen, und

b)

gegebenenfalls die Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m.“

Der Unternehmer sollte dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrags mit allen gemäß Artikel 6 Absatz 1 erforderlichen Informationen zukommen lassen, sofern diese nicht bereits vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger, beispielsweise in einem Versandhauskatalog, einer SMS oder E-Mail, bereitgestellt worden sind.

Der Gerichtshof hat die Definition eines „dauerhaften Datenträgers“ in der Rechtssache C-49/11, Content Services, zur Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG geprüft, die gemäß Artikel 5 Absatz 1 ebenfalls die Bestätigung eines Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger erfordert. Der Gerichtshof gelangte zu dem Schluss, dass die alleinige Bereitstellung von Informationen auf einer Website nicht als dauerhaftes Medium anzusehen ist: Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ist dahin auszulegen, „dass eine Geschäftspraxis, nach der die in dieser Bestimmung vorgesehenen Informationen nur über einen Hyperlink auf einer Webseite des betreffenden Unternehmens zugänglich gemacht werden, nicht den Anforderungen der genannten Bestimmung entspricht, da diese Informationen weder im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG von dem Unternehmen „,erteilt‘ noch im Sinne derselben Bestimmung vom Verbraucher ‚erhalten‘ werden, und dass eine Webseite wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht als ‚dauerhafter Datenträger‘ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 anzusehen ist.“. (118)

Gleichzeitig hat der Gerichtshof die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, einige Websites als dauerhafte Datenträger einzustufen, sofern sie den Anforderungen entsprechen: „Den Akten ist aber nicht zu entnehmen, dass es die Website des Verkäufers, auf die der dem Verbraucher mitgeteilte Link verweist, dem Verbraucher ermöglicht, an ihn persönlich gerichtete Informationen so zu speichern, dass er während einer angemessenen Dauer auf sie zugreifen und sie originalgetreu wiedergeben kann, ohne dass die Möglichkeit einer einseitigen Änderung ihres Inhalts durch den Verkäufer bestünde.“ (119)

Das Konzept des „dauerhaften Datenträgers“ wurde in der Rechtssache C-375/15, BAWAG, im Zusammenhang mit der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (120) über Zahlungsdienste, die eine ähnliche Definition des Begriffs „dauerhafter Datenträger“ enthielt, weiter analysiert. Der Gerichtshof stellte fest, dass bestimmte Websites unter gewissen Bedingungen als „dauerhafte Medien“ angesehen werden können:

die Website gestattet es dem Verbraucher, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann und ihm die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen möglich ist, ohne dass ihr Inhalt durch den Dienstleister oder einen Unternehmer einseitig geändert werden kann, und

sofern der Verbraucher die Website besuchen muss, um von den betreffenden Informationen Kenntnis zu erlangen, geht mit ihrer Übermittlung einher, dass der Dienstleister von sich aus tätig wird, um den Verbraucher davon in Kenntnis zu setzen, dass die Informationen auf der Website vorhanden und verfügbar sind. (121)

Dementsprechend könnte die private Mailbox eines Verbrauchers beim Unternehmer, in der der Unternehmer Informationen für den Verbraucher hochlädt und die er nicht einseitig entfernen oder ändern kann, im Sinne der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher einen dauerhaften Datenträger darstellen. Wenn der Unternehmer nur über diese eine Möglichkeit verfügt, um Informationen zum Vertrag bereitzustellen, sollte der Verbraucher ununterbrochenen Zugang innerhalb eines angemessenen Zeitraums erhalten, auch nachdem er vom Vertrag mit dem Unternehmer zurückgetreten ist.

Hinsichtlich der Frage, was es bedeutet, von sich aus „tätig zu werden“, um den Verbraucher über eine neue Information in Kenntnis zu setzen, hat der Gerichtshof in der Rechtssache BAWAG bestätigt, dass die Übersendung einer E-Mail an die persönliche Mailbox des Verbrauchers ausreichen kann, vorausgesetzt, dass i) die betreffende Mailbox vom Verbraucher üblicherweise für die Kommunikation mit Dritten genutzt wird und ii) die Parteien in dem zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher geschlossenen Dienstleistungsvertrag die Nutzung der Mailbox vereinbart haben. Dabei darf es sich jedoch nicht um die Adresse handeln, die dem Verbraucher auf der vom Unternehmer verwalteten Website zugeteilt wurde. (122)

Der Unternehmer sollte auch weiterhin der Verpflichtung gemäß Artikel 8 Absatz 7 unterliegen, die Bestätigung eines Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, auch wenn dem Verbraucher in Übereinstimmung mit Artikel 8 Absatz 4 vorvertragliche Informationen vorgelegt worden sind. Diese Verpflichtung kann unter anderem dann als ordnungsgemäß erfüllt angesehen werden, wenn der Unternehmer mit Zustimmung des Verbrauchers eine Vertragsbestätigung per E-Mail versendet.

Was den Termin für die Vorlage der Bestätigung anbelangt, so wird in Artikel 8 Absatz 7 vorgesehen, diese „innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags“ zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus muss die Bestätigung spätestens bei der Lieferung der Waren oder vor Beginn der Erbringung der Dienstleistung vorliegen.

Für Dienstleistungen besteht keine Pflicht, die Bestätigung vor Ende der Widerrufsfrist bereitzustellen (sofern die Vertragserfüllung nach Ablauf dieser Frist beginnt). Allerdings ergibt sich aus der Anforderung, die Bestätigung innerhalb einer „angemessenen Frist“ zur Verfügung zu stellen, dass diese so früh bereitgestellt wird, dass der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen kann. Die Frage, ob eine verspätet übermittelte Bestätigung im Sinne von Artikel 8 Absatz 7 als unangemessen betrachtet werden kann, ist im Einzelfall zu klären.

Es gibt keine ausdrückliche endgültige Frist für die Bestätigung von Verträgen über die Bereitstellung von öffentlichen Versorgungsleistungen und von Verträgen über digitale Inhalte. Analog dazu sollten für diese Verträge die Vorschriften für Dienstleistungsverträge gelten, d. h. die Bestätigung sollte spätestens vorliegen, wenn die Erfüllung des Vertrags beginnt. Diese Analogie wird durch die einheitlichen Bestimmungen der Richtlinie über die Berechnung der Widerrufsfrist für derartige Verträge in Übereinstimmung mit Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a und c bestätigt.

Verträge über digitale Inhalte werden in der Regel unverzüglich ausgeführt, d. h. bevor die Widerrufsfrist abläuft, und die gängigste Form der Bestätigung sind E-Mails. In diesem Zusammenhang stellt sich die entscheidende Frage, ob die betreffenden Unternehmer sicherstellen müssen, dass die E-Mail-Bestätigung beim Verbraucher eingeht, bevor das Herunterladen oder Herunterladen in Echtzeit (Streaming) von digitalen Inhalten beginnt, oder ob es ausreicht, dass der Unternehmer eine solche E-Mail vor dem Beginn der Vertragserfüllung verschickt.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich Artikel 8 Absatz 7 nicht auf den „Eingang“ der Bestätigung durch den Verbraucher bezieht; stattdessen hat der Unternehmer die Aufgabe, diese zu „erteilen“. Der Gerichtshof hat sich in der Rechtssache C-49/11, Content Services, mit der Bedeutung der Begriffe „erteilen“ und „erhalten“ im Zusammenhang mit der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG befasst. In Artikel 5 Absatz 1 der Fernabsatzrichtlinie heißt es dazu, dass der Verbraucher rechtzeitig eine Bestätigung in schriftlicher Form oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger, der ihm zur Verfügung steht und zu dem er Zugang hat, erhalten muss, soweit ihm diese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluss schriftlich oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erteilt wurden.

Der Gerichtshof hat in seinem Urteil festgestellt, dass sich die Begriffe „erteilen“ und „erhalten“ von dem Begriff „verfügen“ unterscheiden, der in anderen Bestimmungen der Richtlinie verwendet wird und den der Gerichtshof als neutrale Formulierung betrachtet hat: „Insoweit ist auch festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber, während er in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 97/7 in den allermeisten Sprachfassungen auf eine neutrale Formulierung zurückgegriffen hat, wonach der Verbraucher über die relevanten Informationen ‚verfügen‘ muss, demgegenüber in Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie einen für den Unternehmer verbindlicheren Begriff gewählt hat, nach dem der Verbraucher die Bestätigung dieser Informationen ‚erhalten‘ muss.“ (123)

Ferner sollte berücksichtigt werden, dass der Unternehmer keine Kontrolle über die Bestätigung des Prozesses der E-Mail-Übermittlung hat. In Anbetracht dessen werden die Anforderungen gemäß Artikel 8 Absatz 7 erfüllt, wenn die Bestätigungsmail unmittelbar vor Bereitstellung des digitalen Inhalts verschickt wird, d. h. bevor mit dem Herunterladen in Echtzeit (Streaming) oder dem Herunterladen begonnen wird.

5.   Das Widerrufsrecht

5.1.    Berechnung der Widerrufsfrist

5.1.1.   Einleitung

Artikel 9

(1)   Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann.

(1a)   [E]in Mitgliedstaat [kann] Bestimmungen erlassen, gemäß derer die in Absatz 1 genannte Widerrufsfrist von 14 Tagen auf 30 Tage verlängert wird, wenn die Verträge im Zusammenhang mit unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder im Zusammenhang mit Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden.“

Artikel 9 räumt dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen ein, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. Bei Verträgen, die im Rahmen von unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder von Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden, können die Mitgliedstaaten die Widerrufsfrist von 14 auf 30 Tage verlängern. Die Anwendung der alternativen Regelungen im Falle unerbetener Besuche oder Ausflüge wird in Abschnitt 5.9 erörtert.

In Erwägungsgrund 41 ist festgelegt: „[Es] sollten alle in dieser Richtlinie genannten Fristen als in Kalendertagen ausgedrückt zu verstehen sein. Ist für den Anfang einer nach Tagen bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so sollte bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet werden, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt.“

Unter den „14/30 Tagen“ sind in dieser Bestimmung demnach entsprechend 14 oder 30 Kalendertage zu verstehen, beginnend ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem das maßgebende Ereignis (d. h. der Vertragsabschluss oder die Warenlieferung) eingetreten ist:

Wenn beispielsweise am 1. März die Waren geliefert werden oder der Dienstleistungsvertrag geschlossen wird, sollte der 15. März, bzw. in den in Absatz 1a genannten Fällen der 31. März der letzte Tag sein, an dem das Widerspruchsrecht ausgeübt werden kann.

In Erwägungsgrund 41 heißt es, dass die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates (124) auf die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher anzuwenden ist. Nach dieser Verordnung (Artikel 3 Absatz 3) gilt: „Die Fristen umfassen die Feiertage, die Sonntage und die Sonnabende, soweit diese nicht ausdrücklich ausgenommen oder die Fristen nach Arbeitstagen bemessen sind.“

Somit werden Feiertage, Sonntage und Sonnabende bei diesen 14/30 Tagen mitgerechnet.

Endet jedoch die Widerspruchsfrist an einem dieser Tage, so sollte sie auf den nächstfolgenden Arbeitstag ausgedehnt werden, heißt es doch in Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71: „Fällt der letzte Tag einer nicht nach Stunden bemessenen Frist auf einen Feiertag, einen Sonntag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf der letzten Stunde des folgenden Arbeitstags.“

Das Verzeichnis der Tage, die von den Mitgliedstaaten im Sinne der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 zu Feiertagen bestimmt wurden, wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. (125)

Endet beispielsweise diese 14-tägige Widerrufsfrist für einen mit einem rumänischen Verbraucher geschlossenen Vertrag am 25. Dezember 2021, so sollte sie bis zum 27. Dezember verlängert werden, weil 2021 der 25. und 26. Dezember in Rumänien Feiertage sind.

Obwohl Unternehmer das Recht des Verbrauchers anerkennen sollten, den Vertrag innerhalb der erweiterten Widerrufsfrist zu widerrufen, ist es nicht ausdrücklich ihre Pflicht, den Verbraucher über die Möglichkeit einer Verlängerung in Kenntnis zu setzen (siehe auch die Muster-Widerrufsbelehrung, die der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher als Anhang beigefügt ist).

5.1.2.   Beginn der Widerrufsfrist

Artikel 9

(2)   Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 genannte Widerrufsfrist wie folgt, wobei die Dauer der Frist 30 Tage beträgt, sofern ein Mitgliedstaat Bestimmungen gemäß Absatz 1a erlassen hat:

a)

bei Dienstleistungsverträgen 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses,

b)

bei Kaufverträgen 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der Waren gelangt, oder

i)

wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt,

ii)

bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks gelangt,

iii)

bei Verträgen zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der ersten Ware gelangt,

c)

bei Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses.“

Der Tag, ab dem die 14-/30-tägige Widerrufsfrist beginnt, hängt davon ab, ob es sich bei dem Vertrag um einen Kaufvertrag, einen Dienstleistungsvertrag, einen Vertrag über digitale Inhalte oder einen Vertrag über öffentliche Versorgungsleistungen handelt. In der Richtlinie sind zwei Ausgangspunkte vorgesehen:

der Tag des Vertragsabschlusses: bei Dienstleistungsverträgen, Verträgen über öffentliche Versorgungsleistungen und Verträgen über digitale Online-Inhalte;

der Tag der physischen Inbesitznahme von Waren (der Lieferung): bei Kaufverträgen, jedoch vorbehaltlich verschiedener besonderer Bestimmungen für 1) mehrere Waren, die in einer Bestellung bestellt, jedoch getrennt geliefert werden; 2) Waren, die aus mehreren Partien oder Teilen bestehen und getrennt geliefert werden und 3) Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg.

Für gelieferte Waren beginnt die Widerrufsfrist einen Tag, nachdem die Waren in den physischen Besitz des Verbrauchers oder eines vom Verbraucher benannten Dritten, der nicht der Beförderer ist (Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b), gelangt sind. Das weicht von Artikel 20 ab, nach dem das Risiko auf den Verbraucher übergeht, sobald die Waren an den Beförderer übergeben sind, wenn der Beförderer vom Verbraucher mit der Beförderung der Waren beauftragt wurde und diese Option nicht vom Unternehmer angeboten wurde.

Liegen mehr als nur eine Lieferung vor, so beginnt die Widerrufsfrist einen Tag nach der Lieferung der letzten der Waren, die in einer Bestellung bestellt, jedoch getrennt geliefert wurden (Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i). Diese Regelung wird gerechtfertigt durch das berechtigte Interesse des Verbrauchers, alle Teile einer gemeinsamen Bestellung zu erhalten, bevor er sich entscheidet, von einem Vertrag beispielsweise über die folgenden Artikel zurückzutreten:

eine Hauptware plus Zubehör, beispielsweise eine Kamera und ein Objektiv, oder

Bekleidungsstücke wie eine Jacke und eine Hose, die zusammen bestellt wurden und auch zusammengetragen werden sollen.

In solchen Fällen sollte eine gemeinsame Widerrufsfrist gelten, die einen Tag nach der Lieferung der letzten Ware beginnt.

Wie in Erwägungsgrund 40 festgestellt wird, “… sollte der Verbraucher das Widerrufsrecht ausüben können, bevor die Waren physisch in Empfang genommen werden“. Außerdem hindert in diesem Falle nichts den Verbraucher daran, die Inbesitznahme der Waren zu verweigern:

Beispielsweise entdeckt ein Verbraucher, nachdem er einen Artikel bei Unternehmer X bestellt hat, ein besseres Angebot des Unternehmers Y für den gleichen Artikel; daher teilt der Verbraucher dem Unternehmer X mit, dass er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, und holt den Artikel nicht von der Post ab.

5.2.    Information über das Widerrufsrecht

In Artikel 6 Absatz 1 werden die Unternehmer aufgefordert, die folgenden Informationen über das Recht auf Widerruf von Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen bereitzustellen:

Artikel 6 Absatz 1

h)

im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B;

i)

gegebenenfalls den Hinweis, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat und bei Fernabsatzverträgen die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können;

j)

den Hinweis, dass, falls der Verbraucher das Widerrufsrecht nach Erklärung eines Verlangens gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 ausübt, der Verbraucher verpflichtet ist, dem Unternehmer einen angemessenen Betrag gemäß Artikel 14 Absatz 3 zu leisten;

k)

in Fällen, in denen gemäß Artikel 16 kein Widerrufsrecht besteht, den Hinweis, dass der Verbraucher nicht über ein Widerrufsrecht verfügt, oder gegebenenfalls die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert;

Nach Artikel 6 Absatz 1 muss die Information in klarer und verständlicher Weise erfolgen. Nach Artikel 6 Absatz 4 kann das Unternehmen das in Anhang I Teil A der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher enthaltene Muster-Widerrufsformular benutzen, um die in den Buchstaben h, i und j genannten Informationen zu übermitteln. Hat der Unternehmer die Informationen ordnungsgemäß mitgeteilt und dem Verbraucher zur Verfügung gestellt, so ist er seiner Informationspflicht nachgekommen.

Das genannte Muster-Widerrufsformular in Anhang I Teil A ist jedoch nicht zwingend in dieser Form vorgeschrieben, und der Unternehmer kann beispielsweise den Wortlaut anpassen, indem er die Begriffe „ich/mir“ anstelle von „wir/uns“ verwendet, wenn es sich um einen Einzelunternehmer handelt, oder er kann Namen und Kontaktdaten des Unternehmens auf dem Kopf des Formblattes angeben und sich im Text darauf beziehen.

Kommt dagegen das Widerrufsrecht nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h zur Anwendung, so sollte der Unternehmer dem Verbraucher stets das Muster-Widerrufsformular aus Anhang I Teil B übermitteln, und zwar auch dann, wenn er dem Verbraucher außerdem die Möglichkeit anbietet, gemäß Artikel 11 Absatz 3 ein Formular auf seiner Website zu dessen Widerrufsrecht auszufüllen und abzuschicken. Für die Bereitstellung des Muster-Widerrufsformulars bei Verträgen gemäß Artikel 8 Absatz 4, die über Fernkommunikationsmittel, auf denen für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, geschlossen werden, gelten andere Regeln — siehe Abschnitt 4.2.4.

Das zusätzliche Widerrufsformular, das der Unternehmer gemäß Artikel 11 Absatz 3 auf seiner Website bereitstellen kann, kann sich von dem Muster-Widerrufsformular in Anhang I Teil B der Richtlinie unterscheiden. Möchte der Unternehmer jedoch solches Onlineformular benutzen, weil er vom Verbraucher weitere Informationen in Erfahrung bringen möchte, etwa zu den Gründen für den Widerruf, so sollten sämtliche zusätzlichen Fragen dieser Art getrennt gestellt werden, und es sollte möglich sein, das Formular abzusenden, ohne die Fragen zu beantworten.

Werden Informationen zu den Fristen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h für den Widerruf von Kaufverträgen nach Artikel 9 (mit Ausnahme von Verträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren) bereitgestellt, so kann der Unternehmer, wenn die genaue Liefervariante (Einmal- oder Mehrfachlieferung) nicht im Voraus bekannt ist, dem Verbraucher mitteilen, dass die Widerrufsfrist 14/30 Tage nach dem Tag abläuft, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher genannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware oder Partie der Bestellung gelangt.

Wenn eine der Ausnahmen vom Widerrufsrecht nach Artikel 16 zur Anwendung kommt, sollte der Verbraucher von den Ausnahmen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k in Kenntnis gesetzt werden.

Kommt eine der nicht an Bedingungen geknüpften Ausnahmen zur Anwendung, so sollten lediglich die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k geforderten Informationen bereitgestellt werden, nicht jedoch die Informationen über das Widerrufsrecht nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h und i:

Beispielsweise ist für Waren wie Blumen, die unter die in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d genannte Ausnahme fallen, lediglich die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k geforderte Information wichtig; d. h. der Unternehmer sollte den Verbraucher darauf hinweisen, dass kein Widerrufsrecht zum Vertrag besteht, da diese Waren schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde.

Bei Ausnahmen dagegen, die nur unter bestimmten Umständen zur Anwendung kommen, ist die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k geforderte Information zusätzlich zu der nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h und j erforderlichen Information bereitzustellen:

Bietet der Unternehmer beispielsweise Kontaktlinsen oder eine Zahnbürste an, deren Verpackung eine Versiegelung im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e darstellt, sollte er den Verbraucher über die Bedingungen, Fristen usw. für den Widerruf gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h informieren. Der Unternehmer sollte den Verbraucher zudem darauf hinweisen, dass der Verbraucher des Widerrufsrechts aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen verlustig geht, wenn die Verpackung der Waren geöffnet wird.

In Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i wird vom Unternehmer gefordert, auf die Kosten für die Rücksendung der Waren, die nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, hinzuweisen:

Dies gilt beispielsweise für sperrige Gegenstände wie Möbel und Großgeräte (Kühlschränke, Waschmaschinen usw.), die in der Regel nicht zur Abholung in einem Postamt angeliefert werden, sondern im Tür-zu-Tür-Verkauf.

In Erwägungsgrund 36 wird erläutert, dass diese Informationsanforderung zum Beispiel dann erfüllt ist, wenn der Unternehmer etwa einen Beförderer (beispielsweise den, den er mit der Warenlieferung beauftragt hat) und einen Preis für die Rücksendung der Waren angibt.

In Erwägungsgrund 36 heißt es auch: „In den Fällen, in denen die Kosten für die Rücksendung der Waren vom Unternehmer vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, beispielsweise weil der Unternehmer nicht anbietet, die Rücksendung der Waren selbst zu organisieren, sollte der Unternehmer erklären, dass Kosten zu entrichten sind und diese Kosten hoch sein können, einschließlich einer vernünftigen Schätzung der Höchstkosten, die auf den Kosten der Lieferung an den Verbraucher basieren könnte.

Bietet der Unternehmer unterschiedliche Zustellungsmethoden an, so können die Kosten für die Rücksendung unter Zugrundelegung der Kosten der vom Verbraucher gewählten besonderen Methode geschätzt werden:

Erfolgt beispielsweise die Lieferung an die Wohnanschrift des Verbrauchers, so können den Kosten für die Rücksendung die Kosten für die Abholung der Waren an dieser Wohnanschrift zugrunde gelegt werden.

Die Pflicht zur Mitteilung der Rücksendekosten oder zur Bereitstellung einer Kostenschätzung sollte nicht die Forderung an den Unternehmer einschließen, diese Information für verschiedene mögliche Rücksendungsszenarien bereitzustellen (wie die Rücksendung von Möbeln, die nicht zusammengebaut in einem Paket verpackt angeliefert wurden, in zusammengebautem Zustand).

5.3.    Ausübung des Widerrufsrechts

In Artikel 11 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ist festgelegt, dass der Verbraucher den Vertrag entweder unter Verwendung des Muster-Widerrufsformulars oder durch eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form widerrufen kann. In dem einschlägigen Erwägungsgrund 44 ist von „Rücksendung der Waren, begleitet von einer deutlichen Erklärung“ die Rede: „Dem Verbraucher sollte es jedoch nach wie vor freistehen, den Vertrag mit seinen eigenen Worten zu widerrufen, vorausgesetzt, seine an den Unternehmer gerichtete Erklärung, aus der seine Widerrufsentscheidung hervorgeht, ist unmissverständlich. Diese Anforderung könnte durch einen Brief, einen Telefonanruf oder durch die Rücksendung der Waren, begleitet von einer deutlichen Erklärung, erfüllt sein; die Beweislast, dass der Widerruf innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Fristen erfolgt ist, sollte jedoch dem Verbraucher obliegen. Aus diesem Grund ist es im Interesse des Verbrauchers, für die Mitteilung des Widerrufs an den Unternehmer einen dauerhaften Datenträger zu verwenden.“

Daher sollte es nicht möglich sein, vom Vertrag zurückzutreten, indem die Waren ohne ausdrückliche Erklärung zu diesem Vorgang einfach nur zurückgesandt werden. Die Ablehnung der Lieferung oder die Nichtabholung der Waren im Postamt würden als solche nicht als gültiger Ausdruck eines Widerrufs gewertet. Damit wird in der Richtlinie sichergestellt, dass der Unternehmer nicht fälschlicherweise die Rücksendung eines Pakets als Widerruf wertet, wenn dieses aus einem technischen Grund nicht an den Kunden geliefert wurde.

Andererseits muss sich die Erklärung, die vom Verbraucher benutzt wird, um vom Vertrag zurückzutreten, nicht notwendigerweise rechtlich einwandfrei auf das „Widerrufsrecht“ berufen:

Beispielsweise sollte auch eine Erklärung der „Beendigung“ oder des „Rücktritts“ vom Vertrag oder die Benutzung ähnlicher Worte als hinreichend „eindeutig“ angesehen werden, solange der Verbraucher und der Vertrag, um den es geht, erkennbar sind.

Da die Beweislast im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Widerspruchsrechts beim Verbraucher liegt, wird in Erwägungsgrund 44 der Richtlinie auf die Vorteile verwiesen, die die Verwendung eines dauerhaften Datenträgers für den Fall von Streitigkeiten hat. Zudem wäre ein Beweis dafür, dass die Mitteilung versandt wurde, für den Verbraucher eindeutig eine zusätzliche Sicherheit bei seiner Beweisführung:

Beispielsweise könnte der Verbraucher eine Kopie der versandten E-Mail oder bei Einschreiben die Empfangsquittung aufbewahren.

5.4.    Auswirkungen des Widerrufs auf die Daten

In Artikel 13 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind die Pflichten des Unternehmers im Falle des Widerrufs festgelegt. Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde dieser Artikel geändert, indem Bestimmungen über die Auswirkungen des Widerrufsrechts auf die Verarbeitung von Daten eingeführt wurden.

Artikel 13

„(4)   In Bezug auf personenbezogene Daten des Verbrauchers hat der Unternehmer die nach der Verordnung (EU) 2016/679 geltenden Vorschriften einzuhalten.

(5)   Der Unternehmer darf Inhalte, die nicht personenbezogene Daten sind, und die vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden, nicht verwenden, es sei denn, diese Inhalte

a)

haben außerhalb des Kontextes der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen keinen Nutzen;

b)

hängen ausschließlich mit der Nutzung der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher zusammen;

c)

wurden vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert und können nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden oder

d)

wurden vom Verbraucher gemeinsam mit anderen erzeugt und andere Verbraucher können die Inhalte weiterhin nutzen.

(6)   Mit Ausnahme der in Absatz 5 Buchstabe a, b oder c genannten Fälle stellt der Unternehmer dem Verbraucher auf dessen Ersuchen alle Inhalte, die nicht personenbezogene Daten sind, bereit, welche vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden.

(7)   Der Verbraucher ist berechtigt, diese digitalen Inhalte kostenfrei, ohne Behinderung durch den Unternehmer, innerhalb einer angemessenen Frist und in einem allgemein gebräuchlichen und maschinenlesbaren Format wiederzuerlangen.“

Diese Bestimmungen decken sich mit Artikel 16 Absätze 2 bis 4 der Richtlinie über digitale Inhalte. Beide befassen sich mit den Folgen der Vertragsbeendigung — die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher mit der Beendigung des Vertrags aufgrund des Widerrufsrechts, die Richtlinie über digitale Inhalte mit der Vertragsbeendigung aufgrund der Vertragswidrigkeit.

Die Folgen der Vertragsbeendigung in Bezug auf personenbezogene Daten sind in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geregelt. Die neuen Bestimmungen von Artikel 13 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (und Artikel 16 der Richtlinie über digitale Inhalte) betreffen die Daten, die der Verbraucher hochgeladen oder durch die Nutzung des digitalen Dienstes erzeugt hat und die keine personenbezogenen Daten sind.

Insbesondere ist der Unternehmer nach Artikel 13 Absatz 6 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher verpflichtet, auf Ersuchen des Verbrauchers die Daten in einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung zu stellen, das zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags infolge der Ausübung des Widerrufsrechts gebräuchlich ist.

Nehmen Verbraucher ihr Widerrufsrecht nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (oder das Recht auf Beendigung des Vertrags nach der Richtlinie über digitale Inhalte) in Anspruch, so ist nach der Datenschutz-Grundverordnung zu prüfen, ob der Widerruf des Vertrags auch den Entzug der Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten bedeutet. In vielen Situationen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Erklärung des Verbrauchers, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen und den Vertrag zu kündigen, so ausgelegt werden kann, dass auch die Rechtsgrundlage entzogen wird, einschließlich des Widerrufs der Einwilligung in eine andere Verarbeitung personenbezogener Daten, die für die Erfüllung des Vertrags im Sinne der DSGVO nicht erforderlich war. In diesem Fall muss der Unternehmer/der Verantwortliche prüfen, ob es noch eine gültige Rechtsgrundlage für eine solche andere Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten gibt, z. B. die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Liegt keine gültige Rechtsgrundlage vor, sollte die Verarbeitung eingestellt werden.

Darüber hinaus wurde die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 um spezifische Vorschriften über die Rechte des Unternehmers und die Pflichten des Verbrauchers im Falle eines Widerrufs ergänzt. Diese Bestimmungen in Artikel 13 Absatz 8 und Artikel 14 Absatz 2a sind mit Artikel 16 Absatz 5 und Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie über digitale Inhalte identisch.

Artikel 13

(8)   Im Falle des Widerrufs des Vertrags darf der Unternehmer jede weitere Nutzung der digitalen Inhalte oder der digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher unterbinden, insbesondere indem er unbeschadet des Absatzes 6 den Zugang des Verbrauchers zu den digitalen Inhalten oder digitalen Dienstleistungen oder das Nutzerkonto des Verbrauchers sperrt.“

Artikel 14

(2a)   Im Falle des Widerrufs des Vertrags hat der Verbraucher die Nutzung der digitalen Inhalte oder der digitalen Dienstleistungen sowie deren Zurverfügungstellung an Dritte zu unterlassen.“

5.5.    Widerrufsrecht in Bezug auf Waren

5.5.1.   Mehrere oder fehlerhafte Waren

Wenn ein Verbraucher, der einen Vertrag über den Kauf mehrerer Waren geschlossen hat, den Kauf lediglich einer oder mehrerer dieser Waren rückgängig machen möchte, beabsichtigt er von diesem Vertrag teilweise zurückzutreten.

Obwohl in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ein solches Recht nicht ausdrücklich vorgesehen ist, hindert sie den Unternehmer und den Verbraucher auch nicht daran, einen teilweisen Rücktritt vom Vertrag durch Rücksendung lediglich einer einzelnen Ware oder aber mehrerer Waren, die im Zuge einer gemeinsamen Bestellung verkauft wurden, zu vereinbaren. Wenn jedoch Waren, die im Rahmen ein und desselben Vertrags geliefert wurden, der Verkaufsförderung dienende Artikel einschließen, sollte der Unternehmer nicht verpflichtet sein, der Rücksendung lediglich der Artikel zuzustimmen, die zum vollen Preis verkauft wurden.

Anders verhielte es sich, wenn der Verbraucher der Entgegennahme eines Geschenks nicht zugestimmt hat, dieses vom Unternehmer aber dennoch geliefert wurde. Ein solches Geschenk kann als unerbetene Lieferung von Waren gewertet werden und fällt damit unter die Vorschriften für unbestellte Waren. In Artikel 27 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher und Nummer 29 von Anhang I der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken untersagt wird die „Aufforderung des Verbrauchers zur sofortigen oder späteren Bezahlung oder zur Rücksendung oder Verwahrung von Produkten, die der Gewebetreibende geliefert, der Verbraucher aber nicht bestellt hat“.

Wurde dem Verbraucher eine nicht vertragskonforme fehlerhafte Ware geliefert, so sollte er gemäß Richtlinie über den Warenkauf die Wahl haben, innerhalb der Widerrufsfrist nach erfolgter Lieferung entweder die in dieser Richtlinie vorgesehenen Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen oder vom Vertrag zurückzutreten.

5.5.2.   Rücksendung von Waren

Artikel 14

„(1)   Der Verbraucher hat die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer gemäß Artikel 11 seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Vertrag zu widerrufen, an den Unternehmer oder eine von diesem zur Entgegennahme der Waren ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet.

Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn, der Unternehmer hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Unternehmer hat es unterlassen, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat.

Im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, holt der Unternehmer die Waren auf eigene Kosten ab, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden können.“

In Artikel 14 Absatz 1 wird der Verbraucher aufgefordert, die Waren an den Unternehmer zurückzusenden, wobei er sie spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Vertrag zu widerrufen, abzusenden hat. Da der Verbraucher jedoch während der Widerrufsfrist (siehe auch Abschnitt 5.5.4) für den Umgang mit den Waren und deren Wertminderung haftet, sollte es in seinem natürlichen Interesse liegen, diese möglichst bald zurückzuschicken anstatt abzuwarten, bis die Frist abläuft.

Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gilt eine Ausnahme. Wurden die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an die Wohnanschrift des Verbrauchers geliefert, so hat der Unternehmer die Waren, wenn diese „nicht normal mit der Post zurückgesandt werden können“, auf seine Kosten abholen zu lassen.

Diese Anforderung ist demnach eine Ausnahme von der allgemeinen Regel nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i, wonach Unternehmer die Verbraucher über die Kosten für die Rücksendung von Waren, die „nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können,“zu informieren haben (siehe Abschnitt 5.2).

Die unmittelbaren Kosten für die Rücksendung von Waren werden vom Verbraucher getragen, sofern der Unternehmer es nicht unterlassen hat, den Verbraucher über diese Anforderung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i zu informieren, bzw. sich einverstanden erklärt hat, die Kosten zu übernehmen. Diese beiden Informationselemente sind auch Bestandteil der Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I Teil A, die von Unternehmern genutzt werden kann, um ihrer Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher gerecht zu werden. Der Begriff der „unmittelbaren Kosten“ sollte keinerlei Verwaltungs-, Abwicklungs- oder „Wiederauffüllungskosten“ einschließen, die der Unternehmer im Zusammenhang mit der Rücksendung der Waren zu tragen hat.

Ein Angebot des Unternehmers, „die Waren selbst abzuholen“, sollte für den Verbraucher nur dann bindend sein, wenn der Unternehmer gleichzeitig angeboten hat, die Kosten zu tragen. Ist das nicht der Fall und findet der Verbraucher eine kostengünstigere und dennoch zuverlässige Rücksendemethode, die von einem anerkannten Dienstleistungserbringer angeboten wird, sollte er laut Richtlinie nicht verpflichtet sein, das Angebot des Unternehmers zur Abholung der Waren anzunehmen.

5.5.3.   Rückzahlung der vom Verbraucher eingegangenen Zahlungen

Artikel 13

„(1)   Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.

Der Unternehmer nimmt die Rückzahlung gemäß Unterabsatz 1 unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vor, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Kosten an.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 ist der Unternehmer nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu erstatten, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung entschieden hat.

(3)   Bei Kaufverträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen.“

In Artikel 13 Absatz 1 wird gefordert, dass der Unternehmer die Rückzahlung unverzüglich spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag, an dem der Verbraucher dem Unternehmer seinen Entschluss mitteilt, den Vertrag zu widerrufen, vornimmt.

Für Kaufverträge nach Artikel 13 Absatz 3 kann der Unternehmer lediglich die Rückzahlung über diese Frist hinaus verweigern, bis er entweder die Waren zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher zumindest den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat.

Sind die Waren oder der Nachweis nach Ablauf der 14-Tage-Frist eingetroffen, sollte der Unternehmer die Rückzahlung an den Verbraucher unverzüglich vornehmen. Was „unverzüglich“ bedeutet, ist auf Einzelfallbasis zu beurteilen; unter normalen Umständen sollte es jedoch höchstens wenige Arbeitstage erfordern, den Betrag zu erstatten.

Der Begriff des „erbrachten Nachweises, dass die Waren zurückgeschickt wurden“ ist für die Anwendung von Artikel 13 Absatz 3 wichtig. Grundsätzlich sollte es sich bei diesem „Nachweis“ um einen schriftlichen Beleg eines etablierten Spediteurs oder Anbieters von Postdiensten handeln, in dem Absender und Empfänger genannt sind.

Dieser Nachweis muss nicht unbedingt Zusicherungen Dritter einschließen, dass die betreffenden Waren inspiziert und geprüft wurden. Derartige Zusatzleistungen sind wahrscheinlich kostenaufwendig und könnten daher den Verbraucher von der Wahrnehmung seines Widerrufsrechts abhalten, was in der Richtlinie eigens ausgeschlossen wird (siehe Erwägungsgrund 47: „Die Verpflichtungen des Verbrauchers im Falle des Widerrufs sollten den Verbraucher nicht davon abhalten, sein Widerrufsrecht auszuüben.“)

Obwohl Artikel 14 Absatz 2 den Unternehmer berechtigt, für einen etwaigen Wertverlust der Waren den Verbraucher haftbar zu machen, wenn dieser durch falsche Handhabung während der Widerrufsfrist verursacht wurde, hat der Unternehmer nach Artikel 13 Absatz 3 dem Verbraucher die geleisteten Zahlungen zu erstatten, sobald er den Nachweis erhalten hat, dass die Waren zurückgeschickt wurden.

Akzeptiert der Verbraucher das Angebot des Unternehmers, die Waren selbst abzuholen, oder hat der Unternehmer angeboten, diese auf eigene Kosten abzuholen, so sollte der Unternehmer das Recht auf Verweigerung der Rückzahlung nach Artikel 13 Absatz 3 nicht geltend machen können. Dies wäre ein zusätzlicher Anreiz für den Unternehmer, die Rücksendung der Waren so bald wie möglich zu veranlassen.

In Artikel 13 Absatz 1 wird dem Unternehmen ausdrücklich auferlegt, die Rückzahlung unter Verwendung desselben Zahlungsmittels, das vom Verbraucher für die ursprüngliche Transaktion eingesetzt wurde, vorzunehmen. Insbesondere sollte der Unternehmer den vollen Betrag, der vom Verbraucher gezahlt wurde, in der bei der Zahlung verwendeten Währung zurückzahlen:

Hat der Verbraucher beispielsweise seine Zahlung durch Überweisung von 50 EUR auf das Bankkonto des Unternehmers geleistet, so sollte der Unternehmer die Rückzahlung vornehmen, indem er den gleichen Betrag zurücküberweist und auch für etwaige Gebühren aufkommt, die von der Bank des Verbrauchers für die Rücküberweisung erhoben werden.

Der Unternehmer sollte jedoch keine Bankgebühren übernehmen müssen, die vom Verbraucher für die ursprüngliche Zahlung gezahlt wurden.

Wird das Bankkonto des Verbrauchers in einer anderen Währung geführt als der, in der Zahlung und Rückzahlung erfolgen so ist der Unternehmer nicht haftbar zu machen für etwaige Verluste aus der Währungsumrechnung, die von der Bank des Verbrauchers im Zusammenhang mit der Rückzahlung vorgenommen wird.

Artikel 13 Absatz 1 erlaubt dem Unternehmer und dem Verbraucher auch, ausdrücklich etwas anderes zu vereinbaren, wie beispielsweise eine Rückerstattung per Bankscheck oder eine Überweisung in einer anderen als der Zahlungswährung, vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen durch die Benutzung einer anderen Methode keine Kosten an:

Beispielsweise der Unternehmer das Einverständnis des Verbrauchers ein, anstelle einer Banküberweisung eine Rückzahlung per Bankscheck zu akzeptieren, so sollte der Unternehmer sämtliche zusätzlichen Kosten für den Verbraucher tragen wie etwa die Kosten für die Währungsumrechnung oder Bankgebühren aufgrund der Verwendung einer anderen Zahlungsmethode durch den Unternehmer.

In Erwägungsgrund 46 heißt es zur Verwendung von Gutscheinen: „Die Erstattung sollte nicht in Form eines Gutscheins erfolgen, es sei denn, der Verbraucher hat für die ursprüngliche Transaktion Gutscheine verwendet oder diese ausdrücklich akzeptiert.“

5.5.4.   Haftung des Verbrauchers für falsche Handhabung der Waren

Artikel 14

(2)   Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

(5)   Sofern in Artikel 13 Absatz 2 und diesem Artikel nichts anderes vorgesehen ist, kann der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht in Anspruch genommen werden.“

Wie in Erwägungsgrund 47 erläutert, können Verbraucher vom Vertrag unabhängig davon zurücktreten, wie die Waren während der Widerrufsfrist behandelt wurden: „Manche Verbraucher üben ihr Widerrufsrecht aus, nachdem sie die Waren in einem größeren Maß genutzt haben, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig gewesen wäre. In diesem Fall sollte der Verbraucher das Widerrufsrecht nicht verlieren, sollte aber für einen etwaigen Wertverlust der Waren haften.

In solchen Fällen macht jedoch Artikel 14 Absatz 2 den Verbraucher haftbar „für einen etwaigen Wertverlust der Waren, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist“. In Erwägungsgrund 47 findet sich eine weitere Erläuterung dieser Pflicht: „Wenn er Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren feststellen will, sollte der Verbraucher mit ihnen nur so umgehen und sie nur so in Augenschein nehmen, wie er das in einem Geschäft tun dürfte. So sollte der Verbraucher beispielsweise ein Kleidungsstück nur anprobieren, nicht jedoch tragen dürfen. Der Verbraucher sollte die Waren daher während der Widerrufsfrist mit der gebührenden Sorgfalt behandeln und in Augenschein nehmen.“

Der Wertverlust der Waren kann insbesondere in Reinigungs- und Reparaturkosten sowie — sollten die Waren nicht mehr als neu verkauft werden können — in einem objektiv begründeten Einkommensverlust für den Unternehmer bestehen, wenn dieser die zurückgeschickte Ware nur noch als Gebrauchtware abgeben kann.

Im Streitfall wird auf Einzelfallbasis zu beurteilen sein, ob die Prüfung der Waren durch den Verbraucher über das hinausging, was zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise erforderlich gewesen wäre. Der Vergleich mit dem, was der Verbraucher üblicherweise in einem Ladengeschäft tun darf, ist eine gute Bezugsgrundlage. Im Folgenden einige Beispiele hierfür:

Bevor der Verbraucher Audio-, Video- und entsprechende Aufzeichnungsgeräte kauft, würde er sich normalerweise von deren Bild- oder Tonqualität überzeugen.

Das Anprobieren eines Kleidungsstücks in einem Geschäft würde nicht das Entfernen der Anhänger des Herstellers einschließen.

Der Verbraucher könnte normalerweise Haushaltstechnik wie Küchengeräte nicht in der Praxis ausprobieren, da ihre praktische Benutzung unweigerlich Spuren hinterlässt.

Dem Verbraucher wäre es nicht möglich, auf einem Computer Software zu konfigurieren; folglich wären die angemessenen Kosten für jede Zurücksetzung des Geräts in den Ausgangszustand ebenfalls als Wertverlust zu werten.

Der Verbraucher könnte Parfüms und ähnliche kosmetische Produkte, die normalerweise in Geschäften getestet werden können, mit einem Tester testen, den der Unternehmer dem Produkt kostenlos beifügen könnte. Auf diese Weise bräuchten die Verbraucher die Verpackung des Erzeugnisses nicht zu öffnen, um ihr Recht auf Feststellung von Art und Eigenschaften des Produkts wahrzunehmen (bestimmte kosmetische Mittel können aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene versiegelt sein — siehe Abschnitt 5.11.4).

Zu beachten ist, dass in diesem Zusammenhang die „Feststellung der Funktionsweise“ der Waren etwas anderes ist als die Überprüfung dessen, dass sie in jeder Hinsicht fehlerfrei sind. Sollten sich die Waren bei der späteren Benutzung als fehlerhaft erweisen, ist der Verbraucher durch die Richtlinie (EU) 2019/771 über den Warenkauf geschützt.

Grundsätzlich sollte der Verbraucher die Verpackung öffnen können, um an den Inhalt heranzukommen, wenn ähnliche Waren in Geschäften üblicherweise unverpackt gezeigt werden. Die Beschädigung des Verpackungsmaterials durch das bloße Öffnen ist somit kein Grund, Entschädigung zu fordern. Etwaige Schutzfilme, die an dem Artikel angebracht sind, sollten jedoch nur dann entfernt werden, wenn es unbedingt notwendig ist, ihn auszuprobieren.

Die Rücksendung der Waren ohne die Originalverpackung (126) (z. B. die Schachtel mit einem elektronischen Gerät) oder mit einer außergewöhnlichen Wertminderung der Verpackung könnte als Wertminderung der Waren angesehen werden.

In der Rechtssache C-681/17, slewo, entschied der EuGH, dass mit Schutzfolie überzogene Matratzen nicht unter die in Artikel 16 Buchstabe e vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht für Waren fallen, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene versiegelt und deren Versiegelung vom Verbraucher entfernt wurde. Der Gerichtshof vertrat die Auffassung, dass Matratzen mit Kleidungsstücken gleichgesetzt werden können, für die das Recht zur Anprobe ausdrücklich zugelassen ist. Daher galten Matratzen, deren Schutzfolie entfernt und die möglicherweise vom Verbraucher benutzt wurden, als geeignet, um von einem neuen Käufer weiterverkauft und benutzt zu werden, sofern der Unternehmer in der Lage ist, Matratzen (oder Kleidungsstücke) unbeschadet der Erfordernisse des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene mittels einer Behandlung wie Reinigung oder Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen Dritten geeignet zu machen(127)

Gleichzeitig verwies der Gerichtshof ausdrücklich auf das Bestehen eines Marktes für gebrauchte Matratzen. (128) Der Gerichtshof verweist außerdem auf die Haftung des Verbrauchers für einen etwaigen Wertverlust einer Ware, der auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang gemäß Artikel 14 Absatz 2 zurückzuführen ist.

Eine derartige Haftung kann demnach entstehen, wenn es aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene erforderlich ist, die Matratze (oder das Kleidungsstück und vergleichbare Waren) zu reinigen, um sie an einen neuen Käufer weiterzuverkaufen. Sie kann auch entstehen, wenn solche gereinigten Waren nicht als Neuware, sondern nur als Gebrauchtware zu einem (deutlich) niedrigeren Preis verkauft werden können. In diesem Zusammenhang darf der Unternehmer den neuen Käufer der gereinigten Waren nicht über deren Spezifikation (neu oder „gebraucht“) irreführen, da dies auch im Rahmen der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ein wichtiger Teil der Produkteigenschaften ist.

Im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht im Rahmen der ersetzten Fernabsatz-Richtlinie 97/7/EG befand der Gerichtshof in der Rechtssache C-489/07, Pia Messner (129), dass eine nationale Regelung, die dem Verbraucher die Beweislast dafür auferlegte, dass er die Ware während der Widerrufsfrist nicht in einer Weise benutzt hat, die über das hinausgeht, was zur zweckdienlichen Ausübung seines Widerrufsrechts erforderlich ist, die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf beeinträchtigen würde.

Gemäß Artikel 14 Absatz 5 haftet der Verbraucher nicht für die Folgen der Ausübung des Widerrufsrechts, es sei denn, dies ist in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher vorgesehen. In diesem Zusammenhang wurde durch das Urteil in der Rechtssache Messner auch bestätigt, dass ein Verkäufer keinen Wertersatz für die Nutzung der Waren durch den Verbraucher in der Zeit vor der Rückgabe an den Unternehmer verlangen kann. (130)

Die Richtlinie regelt nicht die Durchsetzung der Haftung des Verbrauchers für den Wertverlust der Waren. Insbesondere trifft sie keine Aussage dazu, ob diese Haftung lediglich beinhaltet, dass der Unternehmer ein Gerichtsverfahren gegen den Verbraucher anstrengen kann, oder dass der Unternehmer dem Verbraucher einseitig den Schaden in Rechnung stellen bzw. als Ausgleich für den behaupteten Wertverlust der Waren einen etwaigen Rückzahlungsbetrag, auf den der Verbraucher Anspruch hat, einseitig kürzen kann.

Wie in Artikel 3 Absatz 5 festgestellt, sind diese Themen daher Gegenstand des allgemeinen Vertrags- und Prozessrechts der Mitgliedstaaten. Beispielsweise können die Mitgliedstaaten Unternehmern gestatten, als Ausgleich für den Wertverlust infolge fehlerhafter Handhabung während der Widerrufsfrist den Betrag zu kürzen, der für zurückgeschickte Waren erstattet wird.

Nach dem Artikel 14 Absatz 2 haftet „[d]er Verbraucher … in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.“

Eine weitere Folge des Unterlassens dieser Belehrung besteht gemäß Artikel 10 der Richtlinie darin, dass die Widerrufsfrist auf bis zu 12 Monate verlängert wird. Das bedeutet, dass ein Verbraucher nach einer beträchtlichen Zeit, während derer er die Waren in praktischer Benutzung hatte, vom Vertrag zurücktreten kann, ohne dass er irgendeine Haftung für den in dieser Zeit aufgetretenen Verschleiß zu übernehmen hat (siehe auch den Abschnitt 5.3 über die Folgen einer unterlassenen Unterrichtung der Verbraucher über ihr Widerrufsrecht).

In Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h wird nicht ausdrücklich verlangt, dass der Verbraucher bei Ausübung des Rückgaberechts über die Haftung für einen Wertverlust der Waren informiert wird. Informationen über den Wertverlust der Waren sind jedoch in der Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I Teil A enthalten. Die Bereitstellung dieser Informationen könnte sowohl für die Verbraucher als auch für die Unternehmer von Vorteil sein, selbst wenn der Unternehmer diese Musteranweisungen nicht befolgt.

5.5.5.   Risiko bei der Rücksendung der Waren an den Unternehmer

In der Richtlinie ist nicht geregelt, wer das Risiko der zufälligen Beschädigung oder des Verlusts der Waren trägt, wenn der Verbraucher vom Vertrag zurücktritt. Daher ist auch dieser Punkt Gegenstand des einzelstaatlichen Rechts, das beispielsweise festlegen kann, dass das Risiko während der Rücksendung der Waren beim Verbraucher liegt, sobald er diese gemäß Artikel 20 nach der Lieferung entgegengenommen hat.

Grundsätzlich sollte der Verbraucher bei der Rücksendung der Waren die gebotene Sorgfalt walten lassen, etwa indem er ein etabliertes Speditionsunternehmen oder einen entsprechenden Anbieter von Postdiensten auswählt, um sicherzustellen, dass die Waren den Unternehmer erreichen und nicht bei der Beförderung Schaden nehmen.

Hat der Verbraucher die Waren zu keinem Zeitpunkt physisch in Besitz genommen, etwa indem er die Annahme der Lieferung entweder ohne ausdrückliche Erklärung oder aber mit einer Mitteilung an den Unternehmer über den Rücktritt vom Vertrag verweigerte, trägt der Unternehmer weiterhin das Risiko des Verlusts oder der Beschädigung, da dann gemäß Artikel 20 kein Übergang des Risikos an den Verbraucher stattgefunden hat.

5.6.    Recht auf Rücktritt von Verträgen über Dienstleistungen und öffentliche Versorgungsleistungen

5.6.1.   Zustimmung des Verbrauchers zur unverzüglichen Erbringung der Leistung

In Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind die formalen Anforderungen für den Fall festgelegt, dass der Verbraucher die Erfüllung der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Dienstleistungsverträgen, Fernabsatzdienstleistungsverträgen oder Verträgen über öffentliche Versorgungsleistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen möchte. Die beiden Bestimmungen sind identisch formuliert, mit der Ausnahme, dass der Unternehmer nach Artikel 7 Absatz 3 verpflichtet ist, das Verlangen des Verbrauchers nach unverzüglicher Erfüllung auf einem dauerhaften Datenträger einzuholen:

Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8

„Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, und verpflichtet der Vertrag den Verbraucher zur Zahlung, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen [auf einem dauerhaften Datenträger] (*1) zu erklären und verlangt vom Verbraucher die Bestätigung, dass dieser zur Kenntnis genommen hat, dass er das Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.“

Diese Bestimmungen gelten somit, wenn der Verbraucher möchte, dass die Leistungserbringung oder die Bereitstellung von öffentlichen Versorgungsleistungen während der Widerrufsfrist beginnt. Diese Bestimmungen sollten den Unternehmer jedoch nicht daran hindern, aktiv vorzuschlagen, dass der Verbraucher ein derartiges Verlangen äußert. Gleichzeitig ist der Unternehmer nicht verpflichtet, diese Möglichkeit anzubieten oder das Verlangen des Verbrauchers zu akzeptieren.

Artikel 14 Absatz 3 gestattet es dem Verbraucher, die Erbringung von Leistungen der öffentlichen Versorgungsunternehmen selbst dann zu widerrufen, wenn er zuvor ein ausdrückliches Verlangen geäußert hat. Dies wird auch in Erwägungsgrund 50 bekräftigt: „Der Verbraucher sollte … sein Widerrufsrecht auch dann ausüben können, wenn er die Erbringung von Dienstleistungen vor Ende der Widerrufsfrist gewünscht hat.“

Bei Dienstleistungsverträgen verliert der Verbraucher jedoch gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a das Widerrufsrecht, wenn die Dienstleistung vollständig erbracht wurde, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

Artikel 16

„Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn

a)

bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, aber, sofern der Vertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, nur wenn der Unternehmer die Erbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und Bestätigung des Verbrauchers, dass er zur Kenntnis genommen hat, dass er sein Widerrufsrecht mit vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte;“

Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher wurden durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 geändert. Mit dieser Änderung wurde die Angleichung an Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a sichergestellt. Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 enthalten nun die gleichen beiden Anforderungen wie Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a: 1) das Verlangen des Verbrauchers nach sofortiger Erfüllung und 2) die Kenntnisnahme des Verbrauchers, dass er sein Widerrufsrecht bei der vollständigen Erfüllung des Vertrags durch den Unternehmer verliert.

In den Änderungen wurde auch klargestellt, dass diese Anforderungen nur für entgeltliche Dienstleistungen gelten. Dies war im Zusammenhang mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher auf digitale Dienste gemäß Artikel 3 Absatz 1a erforderlich. (131)

Kommt der Unternehmer seiner Pflicht, das Verlangen des Verbrauchers nach unverzüglicher Erfüllung einzuholen, nicht nach, so zieht dies die in Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe a vorgesehenen Folgen nach sich, d. h. der Verbraucher hat das Recht, die Kosten für die Dienstleistung oder die öffentlichen Versorgungsleistungen nicht zu tragen — siehe Abschnitt 5.8.

Die „ausdrückliche Zustimmung“ des Verbrauchers nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a sollte als das „ausdrückliche Verlangen“, das nach Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 erforderlich ist, ausgelegt werden.

Analog zu den Vorschriften für zusätzliche Zahlungen gemäß Artikel 22 sind die Begriffe „ausdrückliche Zustimmung/ausdrückliches Verlangen“ in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass sie eine positive Aktion des Verbrauchers wie beispielsweise das Anklicken eines Kästchens auf der Webseite bedeuten. Die Verwendung eines als Voreinstellung angeklickten Kästchens oder die Berufung auf eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu diesem Zwecke dürfte diesen Anforderungen nicht gerecht werden. (132)

Die ausdrückliche Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers können vor, während oder nach dem Vertragsschluss erfolgen, solange sie vor Beginn der Leistung erfolgt. Das Verlangen des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme lassen sich in einem Schritt zum Ausdruck bringen. Die Anforderungen von Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 sowie Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a könnten beispielsweise durch den folgenden Satz erfüllt werden:

Ich ersuche hiermit um [unverzügliche Ausführung oder Ausführung zu/ab einem bestimmten Datum während der Widerrufsfrist] des Dienstleistungsvertrags und nehme zur Kenntnis, dass ich mein Recht auf Widerruf des Vertrags verliere, sobald der Dienstleistungsvertrag vollständig erfüllt ist.

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, die unter Artikel 7 Absatz 3 fallen, wäre die Anforderung des „dauerhaften Datenträgers“ erfüllt, wenn das Verlangen und die Kenntnisnahme des Verbrauchers auf einem Datenträger aufgezeichnet werden, der den Vertragsparteien die Speicherung der Informationen in einer Weise ermöglicht, die für eine künftige Bezugnahme zugänglich ist und eine unveränderte Wiedergabe erlaubt (für weitere Informationen siehe Abschnitt 4.4). Im Allgemeinen reicht es aus, wenn der Verbraucher auf dem Bestellschein ein Kästchen ankreuzt, sofern das Verlangen und die Kenntnisnahme in der dem Verbraucher zur Verfügung gestellten Kopie angemessen wiedergegeben sind.

5.6.2.   Abgeltungspflicht des Verbrauchers

Artikel 14

(3)   Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet.“

Tritt der Verbraucher während der Widerrufsfrist vom Vertrag zurück, nachdem er zuvor dessen sofortige Ausführung verlangt hatte, so enthält Artikel 14 Absatz 3 die Forderung an den Verbraucher, an den Unternehmer einen Betrag zu zahlen, der verhältnismäßig dem entspricht, was im Vergleich zum vereinbarten Gesamtpreis geleistet worden ist:

Beispielsweise hätte ein Verbraucher, der von einem Mobiltelefonvertrag zurücktritt, nachdem er die Leistungen zehn Tage lang in Anspruch genommen hat, an den Unternehmer ein Drittel der Monatsgebühr (133) zuzüglich des Preises etwaiger zusätzlicher Leistungen, die er in diesem Zeitraum bezogen hat, zu entrichten.

Ist die Erbringung von Dienstleistungen mit einmaligen Kosten für den Unternehmer verbunden, damit diese für den Verbraucher bereitgestellt werden können, so kann der Unternehmer diese Kosten in die Berechnung des Abgeltungsbetrags einbeziehen:

Beispielsweise kann der Unternehmer die Kosten für die Arbeiten in Rechnung stellen, die im Rahmen eines Vertrags über elektronische Festnetzdienste zur Herstellung eines Anschlusses in der Wohnung des Verbrauchers erfolgt sind, bevor der Verbraucher den Vertrag widerrufen hat.

Ist der Gesamtpreis überhöht, sollte jedoch der Abgeltung der Marktwert dessen, was bereits erbracht wurde, zugrunde gelegt werden. Hilfreiche Erläuterungen, wie der Marktwert zu bestimmen ist, können Erwägungsgrund 50 entnommen werden, wo es heißt: „Der anteilige Betrag sollte ausgehend vom vertraglich vereinbarten Gesamtpreis berechnet werden; falls der Verbraucher jedoch nachweist, dass der Gesamtpreis selbst unverhältnismäßig ist, wird der zu zahlende Betrag auf der Grundlage des Marktwertes der erbrachten Dienstleistung berechnet. Der Marktwert sollte festgelegt werden, indem der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zum Vergleich herangezogen wird.“

Erwägungsgrund 14 bezieht sich auf die Anwendung der Vorschriften der Mitgliedstaaten „über überhöhte Preise oder Wucherpreise“, die bei der Anwendung von Artikel 14 Absatz 3 eine Rolle spielen können.

In der Rechtssache C-641/19, PE Digital, hat der EuGH klargestellt, dass bei der Anwendung von Artikel 14 Absatz 3 zur Bestimmung des anteiligen Betrags, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wenn er ausdrücklich verlangt hat, dass die Ausführung des geschlossenen Vertrags während der Widerrufsfrist beginnt, und dann den Vertrag widerruft, grundsätzlich auf den im Vertrag vereinbarten Preis für die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen abzustellen und der geschuldete Betrag zeitanteilig zu berechnen ist.

Nur wenn der Vertrag ausdrücklich vorsieht, dass i) eine oder mehrere der Leistungen gleich zu Beginn der Vertragsausführung vollständig und ii) gesondert zu einem getrennt zu zahlenden Preis erbracht werden, ist bei der Berechnung des dem Unternehmer nach Artikel 14 Absatz 3 zustehenden Betrags der volle für eine solche Leistung vorgesehene Preis zu berücksichtigen. (134)

In der Rechtssache PE Digital stellte der Gerichtshof ferner klar, dass die Beurteilung der Frage, ob der von dem Unternehmer geforderte Wertersatz überhöht ist, auf der Grundlage des Marktwertes erfolgt. Gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher im Lichte deren Erwägungsgrunds 50 sind bei dieser Beurteilung der Preis für die Dienstleistung, den der betreffende Unternehmer anderen Verbrauchern unter den gleichen Bedingungen anbietet, sowie der Preis einer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von anderen Unternehmern erbrachten gleichwertigen Dienstleistung zu berücksichtigen. (135)

Zu Dienstleistungen, die im Rahmen eines Kaufvertrags erbracht werden, wird in Erwägungsgrund 50 Folgendes festgestellt: „Bei Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben, sollten hinsichtlich der Waren die Vorschriften dieser Richtlinie über die Rücksendung von Waren und hinsichtlich der Dienstleistungen die Regelungen über die Abgeltung von Dienstleistungen gelten.“

Die Bestimmungen über den Wertersatz für Dienstleistungen, die während der Widerrufsfrist erbracht werden, sind in Artikel 14 Absatz 3 und Absatz 4 Buchstabe a festgelegt — siehe auch Abschnitt 5.8.2. Wird also eine Dienstleistung während der Widerrufsfrist für einen Kaufvertrag erbracht (z. B. wenn eine Installationsleistung unmittelbar nach Anlieferung der Ware erbracht wird), so sollte der Unternehmer auch das ausdrückliche Verlangen des Verbrauchers nach Erbringung der Dienstleistung während der Widerrufsfrist einholen, wenn der Unternehmer diese Dienstleistung in dem Fall, dass der Verbraucher vom Vertrag zurücktritt, abgegolten haben möchte:

So kann ein Fernabsatzvertrag oder ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag die Lieferung und die Installation eines Haushaltsgeräts vorsehen. Verlangt der Verbraucher ausdrücklich, dass der Unternehmer das Gerät unmittelbar nach der Lieferung installiert, beschließt dann aber, innerhalb der Widerrufsfrist (14 Tage ab Lieferung) den Vertrag zu widerrufen, so hat der Unternehmer Anspruch auf Entschädigung für die Installationskosten (gegebenenfalls zusätzlich zu einem Ersatz für den Wertverlust des Geräts).

Die durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 in Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 eingefügte Verpflichtung des Unternehmers, den Verbraucher aufzufordern, zur Kenntnis zu nehmen, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, ist im Fall von Dienstleistungen im Rahmen von Kaufverträgen nicht relevant. Diese Verpflichtung betrifft nur Dienstleistungsverträge, da nur für Dienstleistungsverträge die in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht gilt.

5.7.    Widerrufsrecht bei Verträgen über digitale Inhalte

Das Widerrufsrecht bei Verträgen über digitale Dienstleistungen wird im vorangegangenen Abschnitt 5.6 über Dienstleistungsverträge im Allgemeinen behandelt.

Die besonderen Einschränkungen des Widerrufsrechts bei Verträgen über digitale Inhalte sind in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m festgelegt.

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde eine dritte Bedingung hinzugefügt, die der Unternehmer erfüllen muss, damit der Verbraucher sein Recht auf Widerruf des Vertrags verliert. Dies steht im Einklang mit den Bedingungen in Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b, in dem die Folgen der Nichteinhaltung der Informations-/Formvorschriften behandelt werden.

Artikel 16

„Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn

 

m) bei Verträgen über die Bereitstellung digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, die Vertragserfüllung begonnen hat, und, sofern der Vertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, wenn

i)

der Verbraucher dem Beginn der Vertragserfüllung während der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestimmt hat;

ii)

der Verbraucher bestätigt hat, dass er zur Kenntnis genommen hat, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert und

iii)

der Unternehmer eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung gestellt hat.“

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m verfolgt ein ähnliches Ziel wie das in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe i, mit dem in einer versiegelten Packung gelieferte Datenträger (CD, DVD usw.) vom Widerrufsrecht ausgeschlossen werden, wenn der Verbraucher die Versiegelung entfernt hat. Dementsprechend ist der Verbraucher in diesen beiden Fällen, anders als beim Widerruf der Leistungserbringung (siehe Abschnitt 5.6), nicht berechtigt, den digitalen Inhalt während der Widerrufsfrist zu „testen“.

Folglich verliert der Verbraucher das Widerrufsrecht, sobald die Ausführung des Vertrags mit seiner Zustimmung und seiner Kenntnisnahme, dass er dieses Recht verliert, begonnen hat, wenn der Unternehmer die Vertragsbestätigung vorgelegt hat. Wie in Artikel 7 Absatz 2 für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und in Artikel 8 Absatz 7 für Fernabsatzverträge vorgesehen, muss diese Bestätigung auch eine Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers enthalten (siehe auch den Abschnitt 4.4 über die Bestätigung des Vertrags).

Die Ausführung beginnt mit dem Herunterladevorgang oder Streaming eines Videos oder einer Audiodatei. Stellt ein Unternehmer einen Internetlink zum Auslösen eines Streaming- oder Herunterladevorgangs bereit, so verliert der Verbraucher das Widerrufsrecht, sobald er den Link aktiviert.

Die ausdrückliche Zustimmung und Kenntnisnahme des Verbrauchers können vor, während oder nach dem Vertragsschluss erfolgen, solange sie vor Beginn der Leistung erfolgt. In Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 8 Absatz 7 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ist ausdrücklich vorgeschrieben, dass die Vertragsbestätigung die Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und der Kenntnisnahme gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m enthalten muss. Erteilt der Verbraucher seine Zustimmung zur unverzüglichen Ausführung und Kenntnisnahme, nachdem der Unternehmer bereits eine Vertragsbestätigung verschickt hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher daher eine gesonderte zusätzliche Bestätigung dieser Zustimmung und Kenntnisnahme zukommen lassen, bevor die Ausführung beginnt.

„Ausdrückliche“ Zustimmung und Kenntnisnahme im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m sind analog zu den Vorschriften in Artikel 22 über die ausdrückliche Zustimmung zu Extrazahlungen für zusätzliche Leistungen auszulegen. Dies bedeutet, dass der Verbraucher zustimmend handeln muss, beispielsweise ein Kästchen auf der Webseite des Unternehmers anklicken. Die Äußerung von Zustimmung und Kenntnisnahme mittels eines bereits als Voreinstellung angekreuzten Kästchens oder durch Akzeptierung der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht geeignet, die Anforderungen von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m zu erfüllen.

Die ausdrückliche Zustimmung und die Kenntnisnahme des Verbrauchers können in einer einzigen Erklärung erfolgen, die auch Informationen über die Ausnahme vom Widerrufsrecht enthält, wie sie z. B. in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k vorgesehen ist:

Hiermit erteile ich meine Zustimmung zur unverzüglichen Ausführung des Vertrags und nehme zur Kenntnis, dass ich mein Recht auf Widerruf des Vertrags verliere, sobald das Herunterladen oder Streaming des digitalen Inhalts beginnt.

Der Unternehmer muss den Informationspflichten über das Widerrufsrecht nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h nachkommen. Nur bei Verträgen über digitale Inhalte, die unverzüglich ausgeführt werden und bei denen der Verbraucher seine Zustimmung und Kenntnisnahme gibt, die zum Beginn der Ausführung des Vertrags führen, muss der Unternehmer keine Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h bereitstellen, einschließlich des Muster-Widerrufsformulars in Anhang I Teil B.

5.8.    Folgen des Unterlassens der Belehrung über das Widerrufsrecht

Nach Artikel 6 Absatz 1 muss der Unternehmer dem Verbraucher vorvertragliche Informationen in klarer und verständlicher Weise erteilen. Besteht ein Widerrufsrecht, so muss der Unternehmer gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h den Verbraucher auf die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts sowie auf das Muster-Widerrufsformular in Anhang I Teil B hinweisen. (136) Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen führt zu den Folgen von Artikel 10 Absatz 1, wonach die Widerrufsfrist für alle Verträge verlängert wird. Erteilt der Unternehmer diese Informationen nicht, verlängert sich die Widerrufsfrist um 12 Monate.

Artikel 10

(1)   Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt, so läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab.“

In Artikel 10 Absatz 2 wird der Fall geregelt, dass der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h geforderten Informationen binnen 12 Monaten ab dem Ablauf der gemäß Artikel 9 Absatz 2 berechneten ursprünglichen Widerrufsfrist erteilt. In diesem Fall endet die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat.

Artikel 10

(2)   Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage oder, sofern ein Mitgliedstaat Bestimmungen gemäß Artikel 9 Absatz 1a erlassen hat, 30 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat.“

5.8.1.   Folgen in Bezug auf die Waren

Zusätzlich zu der oben erwähnten Verlängerung der Widerrufsfrist gilt bei Waren gemäß Artikel 14 Absatz 2, dass der Verbraucher nicht für einen etwaigen Wertverlust der Waren haftet, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über das Widerrufsrecht informiert wurde.

Artikel 14

(2)   Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.“

In Bezug auf personalisierte Waren oder verderbliche Waren (siehe Abschnitte 5.11.2 und 5.11.3), die gemäß Artikel 16 Unterabsatz 1 Buchstaben c und d bedingungslos vom Widerrufsrecht ausgenommen sind, werden in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher keine Folgen für den Fall festgelegt, dass der Unternehmer der Informationspflicht über den Wegfall des Widerrufsrechts gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k nicht nachkommt. Wird der Verbraucher in einer solchen Situation jedoch nicht über das fehlende Widerrufsrecht informiert, könnte dies eine unlautere Geschäftspraxis (irreführende Unterlassung) darstellen, die nach der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken verboten ist, sofern der Verbraucher dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wird, die er sonst nicht getroffen hätte.

5.8.2.   Folgen in Bezug auf Dienstleistungen und öffentliche Versorgungsleistungen

Bei Dienstleistungen (einschließlich digitaler Dienstleistungen) und öffentlichen Versorgungsleistungen trägt der Verbraucher gemäß Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe a keine Kosten, d. h. er hat entweder Anspruch auf Rückzahlung des bereits entrichteten Betrags oder muss nichts bezahlen, wenn der Unternehmer ihm nicht die gebotene Information über das Widerrufsrecht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h oder j erteilt hat oder, wenn er als Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, dass während der Widerspruchsfrist gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 mit der Erbringung der Dienstleistung begonnen wird.

Artikel 14

(4)   Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

a)

Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn:

i)

der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder

ii)

der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, […]“

Dementsprechend kann der Verbraucher in diesen Fällen den Dienstleistungsvertrag oder den Vertrag über öffentliche Versorgungsleistungen, dessen Ausführung begonnen hat und noch andauert, während der verlängerten Frist von 12 Monaten ab dem Ende der gemäß Artikel 9 Absatz 2 berechneten ursprünglichen Widerrufsfrist widerrufen und muss keine Kosten für die erbrachten Dienstleistungen tragen.

Belehrt der Unternehmer den Verbraucher über das Widerrufsrecht binnen 12 Monaten nach Ablauf der gemäß Artikel 9 Absatz 2 berechneten ursprünglichen Widerrufsfrist, so kann der Verbraucher den Vertrag binnen 14 Tagen nach dem Tag, an dem er die Belehrung erhalten hat, widerrufen, wobei ihm keine Kosten für die bis zu dem Zeitpunkt der Belehrung erbrachten Dienstleistungen entstehen.

Der Verbraucher trägt auch dann keine Kosten für erbrachte Leistungen, wenn die Erbringung von Dienstleistungen oder öffentlichen Versorgungsleistungen vor Ausübung des Widerrufsrechts abgeschlossen (vollständig erbracht) wurde, auch nicht während der verlängerten Frist nach Artikel 10, es sei denn, der Unternehmer hat die formalen Anforderungen von Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erfüllt, was zum Verlust des Widerrufsrechts des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a führt (siehe Abschnitt 5.6.1 für weitere Informationen).

5.8.3.   Folgen in Bezug auf digitale Inhalte

Ist bei Verträgen über digitale Inhalte eine der drei in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe m genannten Bedingungen nicht erfüllt (siehe Abschnitt 5.7) und macht der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, so findet Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b Anwendung, der den Verbraucher berechtigt, entweder die erhaltenen Inhalte nicht zu bezahlen oder die gezahlten Beträge erstattet zu bekommen:

Artikel 14

(4)   Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

 

(…)

b)

die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

i)

der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder;

ii)

der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder

iii)

der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen.“

5.9.    Beendigung des Vertrags nach Ausübung des Widerrufsrechts

Artikel 12

„Mit der Ausübung des Widerrufsrechts enden die Verpflichtungen der Vertragsparteien:

a)

zur Erfüllung des Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags oder

b)

zum Abschluss des Fernabsatz- oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags, sofern der Verbraucher dazu ein Angebot abgegeben hat.“

Nach Artikel 12 enden mit der Ausübung des Widerrufsrechts die Verpflichtungen der Vertragsparteien zur Erfüllung des Vertrags, insbesondere die Verpflichtung des Verbrauchers zur Bezahlung oder zum Abschluss des Vertrags, sofern der Verbraucher dazu ein Angebot abgegeben hat.

Gemäß Artikel 3 Absatz 2 berührt diese Bestimmung jedoch nicht die Bestimmungen anderer sektorspezifischer Unionsrechtsakte zur Beendigung von Verträgen.

Beispielsweise ist in der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Elektrizitätsbinnenmarkt (137) und der Richtlinie 2009/73/EG über den Erdgasbinnenmarkt (138) vorgesehen, dass in Fällen, in denen ein Verbraucher im Rahmen der Vertragsbedingungen den Lieferanten zu wechseln beabsichtigt, der/die betreffenden Betreiber diesen Wechsel binnen drei Wochen vorzunehmen haben.

Anders als bei den in Artikel 14 Absatz 3 genannten Vorschriften zur Abgeltung dessen, was bis zum Widerruf bereits geliefert wurde, können der ursprüngliche Lieferant und der Verbraucher, sollte Letztgenannter sich entschließen, von einem Vertrag über die Lieferung von Strom oder Gas zurückzutreten und zu einem anderen Anbieter zu wechseln, bis zu drei Wochen weiterhin an ihren Vertrag gebunden sein.

5.10.    Akzessorische Verträge

Artikel 15

„(1)   Unbeschadet des Artikels 15 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge werden, wenn der Verbraucher sein Recht auf Widerruf eines im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags gemäß den Artikeln 9 bis 14 dieser Richtlinie ausübt, auch alle akzessorischen Verträge automatisch beendet, ohne dass dem Verbraucher dafür Kosten entstehen dürfen, außer solchen, die gemäß Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 dieser Richtlinie vorgesehen sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten bezüglich der Beendigung dieser Verträge fest.“

Artikel 2 Absatz 15 definiert einen akzessorischen Vertrag als „einen Vertrag, mit dem der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen erwirbt, die im Zusammenhang mit einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag stehen und bei dem diese Waren oder Dienstleistungen von dem Unternehmer oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen diesem Dritten und dem Unternehmer geliefert oder erbracht werden“, wie

ein Liefer-, Wartungs- oder Installationsvertrag,

ein Versicherungs- und Kreditvertrag zur Finanzierung des Kaufs,

eine zusätzliche gewerbliche Garantie.

Etwaige akzessorische Versicherungs- und Kreditverträge würden, obwohl sie durch Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe d generell aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden, gemäß Artikel 15 beendet.

Das Verhältnis zwischen den einzelnen verbundenen Verträgen sollte bewertet und auf diese Weise bestimmt werden, welcher der Hauptvertrag und welcher der akzessorische Vertrag ist:

Kauft ein Verbraucher beispielsweise mit gesonderten Verträgen von ein und demselben Unternehmer Mobiltelefondienste und ein Smartphone, das in Raten bezahlt wird, die monatlich zusammen mit dem Hauptabonnementpreis in Rechnung gestellt werden, ist der Dienstleistungsvertrag als der Hauptvertrag anzusehen. Das sollte den Verbraucher nicht daran hindern, gesondert lediglich von dem akzessorischen Kaufvertrag zurückzutreten, den Dienstleistungsvertrag hingegen weiterlaufen zu lassen.

Unterliegt der akzessorische Vertrag der Richtlinie (beispielsweise ein Liefervertrag oder ein Installationsvertrag), so sollte der Verbraucher dem Unternehmer die Kosten für die Leistungen, die bereits erbracht wurden, gemäß Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 erstatten.

Fällt der akzessorische Vertrag dagegen überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (wie ein Versicherungs- oder Kreditvertrag), so unterliegen die Folgen der Vertragsbeendigung den sektorspezifischen oder den allgemeinen vertragsrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten.

Ausführliche Vorschriften zur Beendigung akzessorischer Verträge sind von den Mitgliedstaaten zu erlassen. Dazu könnte beispielsweise die Pflicht des Unternehmers gehören, etwaige andere Unternehmer in Kenntnis zu setzen, wenn er selbst von einem Verbraucher von dessen Entscheidung erfährt, vom Hauptvertrag zurückzutreten.

5.11.    Ausnahmen vom Widerrufsrecht

In Artikel 16 Absatz 1 sind 13 Verträge bzw. Situationen aufgezählt, in denen der Verbraucher kein Widerrufsrecht genießt oder dieses Recht unter bestimmten Umständen verliert.

Darüber hinaus wurden mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 zwei Regelungsmöglichkeiten für die Mitgliedstaaten eingeführt, die im Rahmen von unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder von Ausflügen geschlossen werden, sowie im Falle von Reparaturen, die der Verbraucher ausdrücklich verlangt.

In diesem Zusammenhang bedürfen die nachstehenden Situationen oder Verträge besonderer Aufmerksamkeit: Die Ausnahmen für vollständig ausgeführte Dienstleistungsverträge und Verträge über digitale Inhalte werden in den Abschnitten 5.6 und 5.7 gesondert behandelt.

5.11.1.   Waren oder Dienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt

Artikel 16

b)

Waren oder Dienstleistungen …, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können;

In Erwägungsgrund 43 der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde klargestellt, dass Verträge über Einzellieferungen nicht leitungsgebundener Energie vom Widerrufsrecht nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b ausgenommen werden sollten, da „deren Preis von Schwankungen auf den Rohstoff- bzw. Energiemärkten abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können“.

5.11.2.   Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind

Artikel 16

c)

Waren …, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind;

„Nach Verbraucherspezifikation angefertigte Waren“ sind in Artikel 2 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher als „Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Entscheidung durch den Verbraucher maßgeblich ist“ definiert. Erwägungsgrund 49 der Richtlinie nennt „nach Maß gefertigte Vorhänge“ als Beispiel für Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Da diese Vorschrift eine Ausnahme von der allgemeineren Bestimmung der Richtlinie ist, die den Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen das Widerrufsrecht einräumt, ist sie eng auszulegen.

Beispielsweise könnte diese Ausnahme Folgendes einschließen:

Waren, für die der Verbraucher Spezifikationen vorgelegt hat, wie Maße für Möbel oder die Abmessungen eines Stoffes,

Waren, für die der Verbraucher besondere, auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Eigenschaften erbeten hat, wie beispielsweise die spezielle Bauart eines Pkw, die auf Bestellung angefertigt wird, oder eine besondere Komponente für einen Computer, die für diesen speziellen Auftrag eigens beschafft werden muss und die nicht Bestandteil des allgemeinen Angebots war, das vom Unternehmer öffentlich unterbreitet wurde,

Adressaufkleber mit den Kontaktdaten des Verbrauchers.

Spezifikation bzw. Personalisierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Waren im Prinzip einmalig sind und nach individuellen Wünschen und Anforderungen angefertigt wurden, die vom Verbraucher angegeben und mit dem Unternehmer abgestimmt wurden.

Stellt der Verbraucher Waren dagegen einfach nur zusammen, indem er diese aus den vom Unternehmer angebotenen (vorgegebenen) Standardoptionen auswählt, sollte weder von „Spezifikation“ noch von „Personalisierung“ im engeren Sinne dieser Bestimmung die Rede sein. Daher würde die Ausnahme in den folgenden Beispielen nicht gelten:

Auswahl von Möbeln mit einer bestimmten Farbe oder Textur aus dem Herstellerkatalog,

Auto mit zusätzlicher Ausstattung, ausgewählt aus dem Herstellerkatalog,

eine Möbelgarnitur aus Standardelementen.

Außerdem gilt die Ausnahme nicht für Dienstleistungsaufträge, die zu greifbaren Ergebnissen führen. In der Rechtssache C-208/19, NK (Planung eines Einfamilienhauses), entschied der Gerichtshof, dass der Vertrag zwischen einem Architekten und einem Verbraucher, nach dem Ersterer dem Letzteren die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses schuldet, nicht als unter Artikel 16 Buchstabe c der Richtlinie fallend angesehen werden kann. Die Pläne könnten zwar in greifbarer Form auf Papier oder digital zur Verfügung gestellt werden, doch ist der Vertragsgegenstand eine geistige Dienstleistung — ein Architekturentwurf — und die anschließende Lieferung hat nur eine untergeordnete Funktion. (139)

Mit dieser Entscheidung unterstreicht der EuGH die Bedeutung des schöpferischen Prozesses für das Zustandekommen des greifbaren Ergebnisses als entscheidendes Kriterium für die Einstufung des Auftrags. Ähnliche Überlegungen lassen sich auch auf andere geistige Dienstleistungen anwenden (z. B. Buchhaltung, Rechtsberatung oder die Fotografie von Familienfesten), deren Ergebnisse in greifbarer Form vorliegen könnten.

Im Gegensatz dazu ist in den Fällen, in denen die Ausnahme Anwendung findet, die Einschränkung des Widerrufsrechts bei Verträgen über die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, ausnahmslos und hängt nicht davon ab, ob der Unternehmer mit der Bearbeitung der Bestellung begonnen hat oder nicht. Dies wurde in der Rechtssache C-529/19, Möbel Kraft, bestätigt, in der der Gerichtshof feststellte, dass dies die einzige Auslegung von Artikel 16 Buchstabe c der Richtlinie darstellt, mit der die Rechtssicherheit gewährleistet werden kann, die eines der in den Erwägungsgründen 7 und 40 genannten Ziele der Richtlinie ist. (140) Das Bestehen des Widerrufsrechts des Verbrauchers würde in Frage gestellt, wenn es davon abhängen würde, wie weit die Vertragserfüllung durch den Unternehmer fortgeschritten ist; über diesen Fortschritt wird der Verbraucher üblicherweise nicht informiert, und er hat daher erst recht keinen Einfluss darauf. Außerdem wäre eine solche Auslegung nicht mit der Verpflichtung des Unternehmers zu klarer vorvertraglicher Unterrichtung vereinbar.

5.11.3.   Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde

Artikel 16

d)

Waren …, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde;

Die Eigenschaft „schnell verderben oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde“ ist ein objektives Merkmal der betreffenden Ware. Einige der offensichtlichen Beispiele für die unter Buchstabe d genannten Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde, sind:

Lebensmittel und Getränke mit kurzer Haltbarkeitsfrist einschließlich solcher, die gekühlt gelagert werden müssen,

Bestellungen in Restaurants zum Mitnehmen,

frische Blumen.

Bei Abonnementverträgen für regelmäßige Lieferungen von Restaurants zum Mitnehmen besteht zwar kein Widerrufsrecht für die tatsächliche Lieferung, doch kann der Verbraucher das Abonnement nach den Vorschriften über das Widerrufsrecht für Verträge „zur regelmäßigen Lieferung“ von Waren gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii widerrufen, d. h. binnen 14 Tagen ab dem Tag der ersten Lieferung.

Pflanzen haben von Natur aus eine begrenzte Lebensdauer, in der ihre Merkmale erhalten bleiben. Grundsätzlich unterscheiden sich diese Pflanzen von anderen Waren (Textilien, elektronischen Geräten usw.) dadurch, dass jemand (z. B. das Lieferunternehmen oder der Verbraucher) aktiv eingreifen muss, um ihre Eigenschaften zu erhalten. Diese anderen Waren könnten nicht „schnell verderben oder deren Verfallsdatum würde nicht schnell überschritten“, wenn sie unter angemessenen Bedingungen gelagert würden, und der Verbraucher sei lediglich verpflichtet, sie vor ihrer Rücksendung keinen abnormalen Bedingungen auszusetzen, um die Haftung nach Artikel 14 Absatz 2 auszuschließen.

Daher ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, bei der die notwendige Behandlung berücksichtigt wird, damit die Pflanzen ihre Eigenschaften über einen längeren Zeitraum behalten, auch im Falle einer Rückgabe durch den Verbraucher. Daher sollte das Widerrufsrecht nur dann gelten, wenn die betreffenden Pflanzen nicht „schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde“.

5.11.4.   Aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen versiegelte Waren

Artikel 16

e)

versiegelte Waren …, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde;

Damit Waren gemäß Buchstabe e vom Widerrufsrecht ausgenommen werden können, müssen triftige Gesundheitsschutz- oder Hygienegründe für die Versiegelung vorliegen, die aus einer Schutzverpackung oder einer Schutzfolie bestehen kann. Die Ausnahme vom Widerrufsrecht könnte beispielsweise für die folgenden Waren gelten, wenn nach deren Anlieferung ihre Versiegelung vom Verbraucher entfernt wurde:

Kosmetikartikel wie Lippenstifte,

Zahnbürsten, Rasierer und ähnliche Körperpflegeartikel.

Der Gerichtshof hat in der Rechtssache C-681/17, slewo, entschieden, dass diese Ausnahme nicht für Matratzen gilt. Der Gerichtshof stellte insbesondere fest, dass es die Beschaffenheit einer Ware ist, die die Versiegelung ihrer Verpackung aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen rechtfertigen kann, und dass daher die Entfernung der Versiegelung einer solchen Verpackung dazu führt, dass für die darin enthaltene Ware die Garantie in Bezug auf Gesundheitsschutz oder Hygiene entfällt. (141)

Die Ausnahme vom Widerrufsrecht nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e greift daher nur dann, wenn nach Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist, weil es für den Unternehmer wegen ihrer Beschaffenheit unmöglich oder übermäßig schwierig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die sie wieder verkaufsfähig machen, ohne dass einem dieser Erfordernisse nicht genügt würde. (142)

5.11.5.   Waren, die untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden

Artikel 16

„f)

Waren … die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden;“

In Erwägungsgrund 49 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ist die Lieferung von „Brennstoff“ als Beispiel für Waren genannt, die untrennbar mit anderen Gütern verbunden sind.

5.11.6.   Verträge mit einem spezifischen Termin oder Zeitraum

Artikel 16

l)

Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Mietwagen, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht werden und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht;

Damit diese Ausnahme zur Anwendung gelangen kann, sollte im Vertrag „ein spezifischer Termin oder Zeitraum“ vorgeschrieben werden. Da es sich wieder um eine Ausnahme handelt, ist sie eng auszulegen. (143) Bei ihrer Anwendung sollten daher die in Erwägungsgrund 49 aufgezählten Gründe berücksichtigt werden: „Die Einräumung eines Widerrufsrechts für den Verbraucher könnte auch im Fall bestimmter Dienstleistungen unangebracht sein, bei denen der Vertragsabschluss die Bereitstellung von Kapazitäten mit sich bringt, die der Unternehmer im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts möglicherweise nicht mehr anderweitig nutzen kann. Dies wäre beispielsweise bei Reservierungen in Hotels, für Ferienhäuser oder Kultur- oder Sportveranstaltungen der Fall.“ Daher sollte die Einschränkung des Widerrufsrechts gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe l nicht für Verträge über Freizeitbetätigungen gelten, die keine Kapazitätsbegrenzung enthalten.

In Erwägungsgrund 49 werden folgende Beispiele angeführt, bei denen die Ausnahme nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe l gelten würde:

Reservierungen in Hotels und Ferienhäuser,

Kultur- oder Sportveranstaltungen sowie Theateraufführungen zu einem spezifischen Datum,

Lieferung von Speisen und Getränken für eine Geburtstags- oder Hochzeitsfeier zu einem spezifischen Datum.

Ebenso sollte der Begriff „Beförderung von Gütern“ weit ausgelegt werden. Lauf Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-336/03, easyCar, in der es um die Fernabsatz-Richtlinie 97/7/EG ging, schließt „Beförderung“ auch ein, dass dem Verbraucher ein Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt wird. (144) Nach dieser Auslegung könnte das Anmieten von Lastkraftwagen zur Beförderung von Gütern an einem spezifischen Tag in den Anwendungsbereich der in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe l für die „Beförderung von Waren“ vorgesehenen Ausnahme fallen.

Schließlich gilt Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe l zwar für Verträge über die Beförderung von Waren, er findet jedoch keine Anwendung auf Einlagerungsdienste, selbst wenn diese zu einem spezifischen Termin erbracht werden.

5.11.7.   Vom Verbraucher geforderte Reparaturen

Artikel 16

h)

[wenn] es sich um Verträge handelt, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher in Bezug auf diese zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren ein Widerrufsrecht zu;

Die in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht gilt für dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten.

Bei allen anderen Reparaturen, die nicht „dringend“ sind, haben die Verbraucher ein Widerrufsrecht, und die Unternehmer müssen sie u. a. über dieses Recht informieren. Haben Unternehmer die Verbraucher nicht oder verspätet über das Widerrufsrecht belehrt, gelten Artikel 10 und Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe a. Die Verbraucher können ihr Widerrufsrecht binnen14 Tagen nach Vertragsabschluss ausüben. Gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a verliert der Verbraucher jedoch sein Widerrufsrecht, wenn die (Reparatur-)Dienstleistung vollständig erbracht worden ist. Voraussetzung für die Anwendung dieser Einschränkung ist, dass der Unternehmer Folgendes erhält: 1) die vorherige ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers und 2) die Kenntnisnahme des Verbrauchers, dass dieser sein Widerrufsrecht nach vollständiger Vertragserfüllung verliert. Diese beiden Voraussetzungen für den Beginn der Leistungserbringung vor Ablauf der Widerrufsfrist sind in Artikel 7 Absatz 3 für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und in Artikel 8 Absatz 8 für Fernabsatzverträge festgelegt.

Artikel 16

„Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Verbraucher bei Dienstleistungsverträgen, die ihm eine Zahlungspflicht auferlegen, sein Widerrufsrecht verliert, nachdem die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, wenn die Leistungserbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat und der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um Reparaturarbeiten vornehmen zu lassen.“

Diese durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 (145) eingeführte Regelungsmöglichkeit in Artikel 16 Absatz 3 gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von den Bedingungen für den Verlust des Widerrufsrechts nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a abzuweichen, indem sie festlegen, dass es bei den unter Artikel 16 Absatz 3 fallenden Reparaturen ausreicht, dass der Unternehmer die vorherige ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zum Beginn der Ausführung erhält. Dementsprechend ist der Unternehmer in diesem Fall nicht verpflichtet, auch die Kenntnisnahme des Verbrauchers, dass er sein Widerrufsrecht verliert, gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder gemäß Artikel 8 Absatz 8 einzuholen.

5.12.    Regelungsmöglichkeiten bei ungebetenen Besuchen oder Ausflügen

5.12.1.   Einleitung

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurden sowohl die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken als auch die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher geändert, indem den Mitgliedstaaten gestattet wurde, Bestimmungen zum Schutz der berechtigten Interessen der Verbraucher in Bezug auf aggressive und irreführende Vermarktungs- oder Verkaufspraktiken im Zusammenhang mit unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder Ausflügen, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden, zu erlassen, sofern diese Bestimmungen verhältnismäßig, nicht diskriminierend und aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sind. Die Gründe für die Bestimmungen werden in den Erwägungsgründen 54–57 der Richtlinie (EU) 2019/2161 erläutert, wobei das Subsidiaritätsprinzip und das Ziel der Erleichterung der Durchsetzung hervorgehoben werden.

Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken enthält eine allgemeine Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten verhältnismäßige, nichtdiskriminierende und gerechtfertigte nationale Vorschriften erlassen können, um die Verbraucher vor aggressiven oder irreführenden unerbetenen Besuchen und/oder Ausflügen zu schützen, die von einem Unternehmer organisiert werden (für mehr Details siehe Abschnitt 1.1 des Leitfadens zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken).

Neben der allgemeinen Bestimmung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken können die Mitgliedstaaten auch gemäß der geänderten Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nationale Vorschriften erlassen, die günstigere Regeln für das Widerrufsrecht vorsehen. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Artikel 9 Absatz 1a, Artikel 10 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 4 und Artikel 16 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher eine längere Widerrufsfrist von 30 Tagen (anstelle von 14 Tagen) vorsehen oder von mehreren der bestehenden Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei unerbetenen Besuchen oder Ausflügen abweichen.

Gemäß Artikel 29 Absatz 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten die Kommission bis zum 28. November 2021 über nationale Maßnahmen, mit denen vom Widerrufsrecht abgewichen wird, sowie über etwaige spätere Änderungen in Kenntnis setzen, und zwar durch eine gesonderte Mitteilung, in der die betreffenden nationalen Vorschriften genau erläutert werden, und nicht nur als Teil der allgemeinen Mitteilung über Umsetzungsmaßnahmen.

5.12.2.   Verlängerung der Widerrufsfrist

Gemäß Artikel 9 Absatz 1a können die Mitgliedstaaten die Widerrufsfrist von 14 Tagen auf 30 Tage verlängern, wenn es sich um Verträge handelt, die im Rahmen von unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden.

Artikel 9

„(1a)   Zum Schutz der berechtigten Interessen der Verbraucher in Bezug auf aggressive oder irreführende Vermarktungs- oder Verkaufspraktiken kann ein Mitgliedstaat Bestimmungen erlassen, gemäß derer die in Absatz 1 genannte Widerrufsfrist von 14 Tagen auf 30 Tage verlängert wird, wenn die Verträge im Zusammenhang mit unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder im Zusammenhang mit Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden. Diese Bestimmungen müssen verhältnismäßig, nicht diskriminierend und aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein.

Artikel 6 Absatz 4, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 10 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 4, die sich auf die Widerrufsfrist beziehen, wurden ebenfalls durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 geändert, um die mögliche Verlängerung dieser Frist auf 30 Tage zu berücksichtigen.

Artikel 6 Absatz 4

„(4)   Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben h, i und j dieses Artikels können mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A gegeben werden. Die Informationspflicht des Unternehmers gemäß Absatz 1 Buchstaben h, i und j dieses Artikels ist erfüllt, wenn der Unternehmer dieses Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat. Der Hinweis auf die Widerrufsfrist von 14 Tagen in der in Anhang I Teil A aufgeführten Muster-Widerrufsbelehrung muss durch Hinweise auf eine Widerrufsfrist von 30 Tagen ersetzt werden, sofern Mitgliedstaaten Bestimmungen nach Artikel 9 Absatz 1a erlassen haben.

Artikel 9 Absatz 2

„(2)   Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 genannte Widerrufsfrist wie folgt, wobei die Dauer der Frist 30 Tage beträgt, sofern ein Mitgliedstaat Bestimmungen gemäß Absatz 1a erlassen hat:“

Artikel 10 Absatz 2

„(2)   Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage oder, sofern ein Mitgliedstaat Bestimmungen gemäß Artikel 9 Absatz 1a erlassen hat, 30 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten;“

Artikel 14 Absatz 4

„(4)   Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für:

b)

die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn

i)

der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der in Artikel 9 genannten Frist von 14 oder 30 Tagen beginnt;“

5.12.3.   Abweichungen von den Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Artikel 16

„Zum Schutz der berechtigten Interessen der Verbraucher in Bezug auf aggressive oder irreführende Vermarktungs- oder Verkaufspraktiken können Mitgliedstaaten von den in Absatz 1 Buchstaben a, b, c und e vorgesehenen Ausnahmen vom Widerrufsrecht für Verträge abweichen, die im Zusammenhang mit unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder im Zusammenhang mit Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden. Diese Bestimmungen müssen verhältnismäßig, nicht diskriminierend und aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein.“

Bei Verträgen, die im Rahmen von unerbetenen Besuchen eines Unternehmers in der Wohnung eines Verbrauchers oder von Ausflügen geschlossen werden, die von einem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert werden, dass für den Verkauf von Produkten bei Verbrauchern geworben wird oder Produkte an Verbraucher verkauft werden, können die Mitgliedstaaten von den folgenden Ausnahmen vom Widerrufsrecht abweichen:

wenn bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a);

wenn Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b);

wenn Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c);

wenn versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e).

Die Abweichung bedeutet nicht zwangsläufig die vollständige Nichtanwendung der Ausnahme vom Widerrufsrecht. Es kann sich auch um eine Änderung der bestehenden Ausnahmen handeln, um sie für den Verbraucher günstiger zu gestalten, wobei sichergestellt werden muss, dass sie verhältnismäßig (auch im Hinblick auf die berechtigten Interessen der Unternehmer), nicht diskriminierend und aus Gründen des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sind.

6.   Lieferung

Artikel 18

„(1)   Sofern die Vertragsparteien hinsichtlich des Zeitpunkts der Lieferung nichts anderes vereinbart haben, liefert der Unternehmer die Waren, indem er den physischen Besitz an den Waren oder die Kontrolle über die Waren dem Verbraucher unverzüglich, jedoch nicht später als dreißig Tage nach Vertragsabschluss, überträgt.

(2)   Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist nicht nachgekommen, so fordert ihn der Verbraucher auf, die Lieferung innerhalb einer den Umständen angemessenen zusätzlichen Frist vorzunehmen. Liefert der Unternehmer die Waren nicht innerhalb dieser zusätzlichen Frist, so ist der Verbraucher berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Unterabsatz 1 gilt nicht für Kaufverträge, wenn sich der Unternehmer geweigert hat, die Waren zu liefern, oder wenn die Lieferung innerhalb der vereinbarten Frist unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände wesentlich ist oder wenn der Verbraucher dem Unternehmer vor Vertragsabschluss mitteilt, dass die Lieferung bis zu einem bestimmten Datum oder an einem bestimmten Tag wesentlich ist. In diesen Fällen ist der Verbraucher berechtigt, sofort vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die Waren nicht zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der Frist gemäß Absatz 1 liefert.

(3)   Im Fall des Rücktritts hat der Unternehmer unverzüglich alle gemäß dem Vertrag gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

(4)   Zusätzlich zum Rücktrittsrecht gemäß Absatz 2 können dem Verbraucher andere, nach dem einzelstaatlichen Recht vorgesehene Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.“

Wie in Artikel 17 Absatz 1 ausdrücklich festgestellt wird, gilt Artikel 18 lediglich für Kaufverträge. Die Bestimmungen des Artikels 18 über den Zeitpunkt der Lieferung stehen in Zusammenhang mit dem Erfordernis von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g, den Zeitpunkt der Lieferung der Waren anzugeben.

Nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g, wo es um Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge geht, hat der Unternehmer den Verbraucher über „den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern“, zu informieren. Bei Verträgen innerhalb von Geschäftsräumen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d ist diese Information „gegebenenfalls“ bereitzustellen.

Bei Verträgen innerhalb von Geschäftsräumen müssen diese Informationen daher nicht bereitgestellt werden, wenn die Waren unverzüglich geliefert bzw. die Leistungen sofort erbracht werden. Bei innerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Kaufverträgen braucht diese Information auch nicht bereitgestellt zu werden, wenn der Verkäufer die Absicht hat, die Waren innerhalb der in Artikel 18 Absatz 1 angegebenen 30-Tage-Frist zu liefern (siehe auch Abschnitt 3 zu den vorvertraglichen Informationspflichten).

Wichtig ist die Feststellung, dass in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher keine spezifischen Vorschriften für den Fall enthalten sind, dass der Unternehmer bei Dienstleistungsverträgen den Termin für die Erbringung der Dienstleistungen nicht angibt. Die Folgen einer solchen Unterlassung können durch das einzelstaatliche Recht geregelt werden.

Hat der Unternehmer die Lieferung nicht innerhalb dieser Frist oder zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt ausgeführt, so hat der Verbraucher nach Artikel 18 Absatz 2 mit dem Unternehmer eine Verlängerung der Lieferfrist zu vereinbaren. Liefert der Unternehmer auch vor Ablauf dieser verlängerten Frist nicht, so ist der Verbraucher berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Ist jedoch die angegebene Lieferfrist oder die Standardfrist von 30 Tagen von ausschlaggebender Bedeutung (beispielsweise im Falle der Lieferung eines Hochzeitskleides — siehe Erwägungsgrund 52), und der Unternehmer liefert die Waren nicht rechtzeitig, so ist der Verbraucher berechtigt, nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Frist unverzüglich vom Vertrag zurückzutreten.

In einzelstaatlichen Gesetzen kann die Art und Weise geregelt werden, wie der Verbraucher dem Unternehmer seinem Willen zum Rücktritt vom Vertrag mitteilen sollte (siehe Erwägungsgrund 52).

Gemäß Artikel 18 Absatz 4 können einzelstaatliche Gesetze dem Verbraucher andere Rechtsbehelfe an die Hand geben, für die in Erwägungsgrund 53 Beispiele genannt werden: „Neben dem Recht des Verbrauchers, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren gemäß dieser Richtlinie nicht nachkommt, kann der Verbraucher gemäß den geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen, beispielsweise dem Unternehmer eine zusätzliche Lieferfrist gestatten, die Erfüllung des Vertrags durchsetzen, Zahlungen zurückhalten und Schadensersatz verlangen.“

Liegt ein Rücktritt vom Vertrag vor, so hat der Unternehmer nach Artikel 18 Absatz 3 alle gezahlten Beträge unverzüglich zurückzuerstatten. In der Richtlinie ist keine Frist für die Rückerstattung angegeben. Sollte es zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Rückerstattung kommen, so müssen die zuständigen nationalen Stellen und Gerichte eine Einzelfallentscheidung treffen. Grundsätzlich sollten für den Unternehmer einige Arbeitstage ausreichend sein, um die Rückzahlung in die Wege zu leiten.

7.   Risikoübergang

Artikel 20

„Bei Verträgen, bei denen der Unternehmer die Waren an den Verbraucher versendet, geht das Risiko für einen Verlust oder eine Beschädigung der Waren auf den Verbraucher über, wenn er oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen hat. Unbeschadet der Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Beförderer geht das Risiko mit der Übergabe an den Beförderer jedoch auf den Verbraucher über, wenn der Beförderer vom Verbraucher mit der Beförderung der Waren beauftragt wurde und diese Option nicht vom Unternehmer angeboten wurde.“

Nach Artikel 20 geht das Risiko mit der Übergabe an einen Beförderer auch dann auf den Verbraucher über, wenn der Beförderer nicht vom Unternehmer angeboten, sondern vom Verbraucher ausgewählt wurde.

Die reguläre Lieferung von Waren, die im elektronischen Geschäftsverkehr, über den Versandhandel usw. bestellt werden, findet häufig statt, ohne dass der Verbraucher die gelieferten Waren unmittelbar in Augenschein nimmt. Der Richtlinie zufolge geht das Risiko unabhängig davon, ob die Waren auf Schäden geprüft wurden, auf den Verbraucher über. Gemäß der Richtlinie (EU) 2019/771 über den Warenkauf besteht jedoch eine Pflicht zur schadenfreien Lieferung. In Artikel 11 dieser Richtlinie sind die Regeln für die Beweislast bei Vertragswidrigkeiten festgelegt.

8.   Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel

Artikel 19

„Die Mitgliedstaaten verbieten Unternehmern, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen.“

8.1.    Einleitung

Artikel 19 gilt für die Verwendung von „Zahlungsmitteln“. Da dieser Begriff in keiner Weise näher bestimmt wird, sollte Artikel 19 auf sämtliche Zahlungsmittel angewendet werden, Barmittel eingeschlossen.

Es sei darauf hingewiesen, dass „Zahlungsdienste“ als solche in die Kategorie der „Finanzdienstleistungen“ fallen, die gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe d vom Anwendungsbereich der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher ausgeschlossen sind. Folglich unterliegen die Zahlungsdienstleister nicht den Anforderungen der Richtlinie. Die in Artikel 19 genannte Pflicht richtet sich nicht an Zahlungsdienstleister, sondern an andere Unternehmer, die Verträge mit Verbrauchern schließen, die unter die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher fallen. Nach dieser Bestimmung ist es den Unternehmern untersagt, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die normalerweise für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen.

Der Anwendungsbereich von Artikel 19 wurde durch die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie, die seit dem 13. Januar 2018 in Kraft ist, erheblich eingeschränkt. Nach Maßgabe von Artikel 62 Absatz 4 der Zahlungsdiensterichtlinie sind Entgelte ausdrücklich verboten für:

die Zahlungsinstrumente, für die Interbankenentgelte (146) gemäß der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates (147) über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge geregelt werden; dieses Verbot betrifft Zahlungen mit Debit- und Kreditkarten von Verbrauchern, die bei mehr als 95 % der Zahlungsvorgänge auf dem EU-Kartenmarkt verwendet werden;

Zahlungsdienste, auf die die SEPA-Verordnung (EU) 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (148) anwendbar ist, d. h. Überweisungen und Lastschriften in Euro.

Folglich bleibt Artikel 19 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher nur für die „nicht gedeckelten“ Karten relevant, d. h. für Firmenkarten und Karten, die von sogenannten Drei-Parteien-Systemen ausgegeben werden, wobei die Karten von dem System selbst ausgegeben werden, das gleichzeitig als Bank gilt, sowie für Barzahlungen.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Artikel 62 Absatz 5 der Zahlungsdiensterichtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, die Entgelte für spezifische Zahlungsinstrumente zu verbieten oder zu begrenzen, die nicht unter die Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge fallen, wie die bereits erwähnten Firmenkarten und Karten, die von Drei-Parteien-Systemen ausgegeben werden.

8.2.    Definition des Begriffs „Entgelte“

Artikel 19 sollte auf Entgelte jeder Art angewendet werden, die einen Zusammenhang mit einem Zahlungsmittel stehen, und zwar unabhängig davon, wie diese den Verbrauchern präsentiert werden.

So sollten beispielsweise Entgelte, die als Verwaltungs-, Buchungs- oder Bearbeitungsgebühren bezeichnet werden, unter Artikel 19 fallen, wenn sie durch die Verwendung eines bestimmten Zahlungsmittels vermieden werden können.

Preisnachlässe, die Verbrauchern gewährt werden, wenn diese ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzen (am gebräuchlichsten ist in diesem Zusammenhang der Bankeinzug), sollten nicht automatisch so verstanden werden, dass alle anderen zu Gebote stehenden Zahlungsmittel im Sinne von Artikel 19 als „Entgelte“ zu werten sind. Denn der „Preisnachlass“ kann seine Ursache in dem berechtigten Interesse des Unternehmers haben, zur Verwendung bestimmter Zahlungsmittel anzuregen, die für seine Unternehmensstruktur am effizientesten sind. (149)

Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass Aufschläge im Sinne Artikel 19 erzielt werden, indem für verschiedene Zahlungsmittel identische oder unterschiedliche Preisnachlässe gewährt werden und beispielsweise nur eine oder zwei Zahlungsmethoden von der Nachlassregelung ausgeschlossen werden. Jede Rabattregelung müsste auf Einzelfallbasis auf ihre Vereinbarkeit mit Artikel 19 überprüft werden.

In Artikel 19 werden die „Entgelte“ geregelt, die für die Verwendung eines bestimmten Zahlungsmittels zu entrichten sind. Dies sollte Unternehmer nicht daran hindern, für ein und dieselbe Ware oder Dienstleistung unterschiedliche Preise zu erheben, wenn diese über verschiedene Vertriebskanäle abgesetzt werden.

Beispielsweise kann für eine Konzerteintrittskarte, die unmittelbar im Theater verkauft wird, ein höherer Preis erhoben werden als an anderen Verkaufsorten.

8.3.    Definition der dem Unternehmer entstehenden „Kosten“

8.3.1.   Die Händlergebühr (Merchant Service Charge) und andere direkte Kosten

In der Richtlinie wird der Begriff der „dem Unternehmer entstehenden Kosten“, auf den in Artikel 19 Bezug genommen wird, weder definiert noch im Einzelnen bestimmt.

Für die meisten Unternehmer ist die Händlergebühr der größte Einzelbestandteil der Kosten, die durch die Annahme von Kartenzahlungen entstehen. Die Händlergebühr umfasst im Allgemeinen Folgendes:

(1)

das Interbankenentgelt, das von der Bank des Unternehmers (der Händlerbank) an den Kartenaussteller gezahlt wird; (150)

(2)

die Entgelte, die von der Bank des Unternehmers an das Drei-Parteien-System gezahlt werden (z. B. Visa oder MasterCard) und

(3)

die von der Bank des Unternehmers zur Deckung der Kosten und zu Gewinnzwecken einbehaltene Marge.

Bei Kreditkartengeschäften wird die Händlergebühr im Regelfall auf einen bestimmten Prozentsatz des Transaktionswertes festgesetzt, bei Debitkartentransaktionen ist dagegen ein pauschaler Satz üblicher, wenn auch nicht in allen Fällen. Je nach Umsatz, Branche und anderen Merkmalen des Unternehmers schwankt die Händlergebühr erheblich.

Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen der Unternehmer an die Händlerbank oder einen Zahlungsverkehrsdienstleister Transaktions- oder Mehraufwandgebühren zahlen muss.

Zahlungsverkehrsdienstleister helfen manchen Einzelhändlern beim Akzeptieren sicherer Zahlungen und können für die Bereitstellung von Zahlungsfunktionen, Betrugsaufdeckungs- und Verwaltungsdiensten und/oder Leistungen, die üblicherweise von Händlerbanken erbracht werden, Gebühren erheben. (151)

8.3.2.   Allgemeine Betriebskosten eines Unternehmens

In der Regel tragen die Unternehmer die sonstigen Betriebskosten, die mittelbar mit der Annahme oder Verarbeitung von Zahlungen auf der Grundlage der verwendeten Mittel in Zusammenhang gebracht werden können. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Verwaltungskosten, Geräteeinrichtungs- und Installationsgebühren sowie mit dem Betrugs- und Risikomanagement verbundene Kosten.

8.3.3.   Anrechenbare Kosten, die ein Entgelt für die Nutzung von Zahlungsmitteln rechtfertigen

Nur unmittelbar auf Rechnung des Unternehmers gehende Entgelte für die Verwendung eines Zahlungsmittels sollten als „Kosten“ des betreffenden Zahlungsmittels im Sinne von Artikel 19 gelten.

Bei den Kosten, die dem Unternehmer entstehen und zu Recht als Grundlage für die den Verbrauchern in Rechnung gestellten Entgelte herangezogen werden können, handelt es sich um die Händlergebühr und die Transaktionskosten bzw. Gemeinkosten, die für einen Teil oder die Gesamtheit der Leistungen im Rahmen des Händlerservice, der üblicherweise von den Händlerbanken erbracht wird, an Zahlungsverkehrsdienstleister gezahlt wurden. In solchen Fällen setzt sich der Dienstleister in der Regel mit der Händlerbank auseinander und tritt als Ansprechpartner für die Händler in Erscheinung, wobei er für die betreffenden Dienstleistungen einen Aufschlag auf die Gebühren der Händlerbank in Rechnung stellt.

Die Entscheidung, ob beispielsweise die Bereitstellung der folgenden Artikel/Dienstleistungen untervergeben werden soll, liegt beim Unternehmer:

Erwerb und Instandhaltung von Kassenausrüstungen wie Chip- & PIN-Geräte,

Betrugsüberwachung und Sicherstellung der von allen größeren Kartenanbietern geforderten Einhaltung der Datensicherheitsstandards der Zahlungskartenbranche (PCI DSS) als Beitrag zur Verhinderung von Betrug,

Entwicklung und Betreiben der Infrastruktur zur Abwicklung von Kartenzahlungen, wie Zahlungsfunktionen für Webseiten oder Callcenter und

Personalschulung.

Die Kosten für Zahlungsmittel, Betrugsaufdeckung und Verwaltungsleistungen (oder ähnliche Dienstleistungen) sollten stattdessen als allgemeine Betriebskosten betrachtet werden, unabhängig davon, ob sie dem Unternehmer direkt entstehen oder ausgelagert werden. Im Falle ihrer Auslagerung werden sie im Allgemeinen getrennt von den „Gemeinkosten“ bzw. Händlergebühren als dem wichtigsten Faktor in Rechnung gestellt.

Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Umgang mit Bargeld sind mit Personalkosten verbunden, deren quantitative Bestimmung schwierig ist, da sie häufig Bestandteil der allgemeinen Verwaltungskosten sind. Die Kosten des Betrugs- und Risikomanagements schwanken zwischen den einzelnen Branchen und Unternehmern erheblich; es wird jedoch davon ausgegangen, dass sie im Allgemeinen aufgrund der Einführung neuer elektronischer Zahlungstechniken rückläufig sind. Da diese Kosten mit der jeweiligen Geschäftstätigkeit verbunden sind (selbst wenn sie zur Einhaltung von Vorschriften anfallen), sollten sie auch nicht unter den Begriff „Kosten für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels“ gemäß Artikel 19 fallen, sondern als Teil der allgemeinen Betriebskosten eines Unternehmens angesehen werden.

Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die ausschließlich über das Internet Waren verkaufen oder Dienstleistungen erbringen und die nur elektronische Zahlungsmittel akzeptieren. Das Geschäftsmodell dieser Unternehmen beruht ja gerade darauf, dass Personalkosten für die Abwicklung der elektronischen Zahlungsvorgänge und Kosten für das Betrugs- und Risikomanagement entstehen.

Zudem würde, vom praktischen Standpunkt aus betrachtet, die Einbeziehung sämtlicher möglicher Elemente, die, wenn auch nur indirekt, mit einem Zahlungsmittel in Zusammenhang gebracht werden können, in den Begriff „Kosten“ die Durchsetzung von Artikel 19 erschweren und ihm jede praktische Wirksamkeit („effet utile“) nehmen. Das ist so, weil beispielsweise in der Öffentlichkeit nur sehr wenige Informationen über die Verwaltungskosten vorliegen und die genauen Geräte- und/oder Installationskosten nur berechnet werden können, indem der Betrag auf eine nicht bekannte Zahl von Transaktionen verteilt wird. Daher sollten die Unternehmer diese Kosten vielmehr über den Preis ihrer Waren oder Dienstleistungen wieder hereinholen, als von den Verbrauchern zusätzliche Entgelte für die Nutzung eines Zahlungsmittels zu verlangen.

8.4.    Zahlungsverkehr in Fremdwährung

Bei Bargeldzahlungen in Fremdwährung handelt es sich ebenfalls um ein „Zahlungsmittel“ im Sinne von Artikel 19. Daher sollte ein Unternehmer die Währungsumrechnung nicht als Methode nutzen, um dem Verbraucher in Wahrheit Aufpreise aufzuerlegen, die keine Rechtfertigung in den tatsächlich aufgetretenen Kosten im Zusammenhang mit der angebotenen Option der Barzahlung in Fremdwährung haben (insbesondere den Kosten des Händlers für die Umrechnung der eingenommenen Mittel).

Nimmt beispielsweise ein Unternehmer, der ein Restaurant in einer abgelegenen Gegend betreibt, ausnahmsweise eine Barzahlung eines Touristen in Fremdwährung an, so kann der angewandte Wechselkurs etwas höher sein als der tatsächliche Kurs, um die außerordentlichen Kosten der Reise des Unternehmers zur nächsten Bank und die von der Bank für den Umtausch entrichteten Entgelte zu decken.

Die Anwendung eines überhöhten Wechselkurses in dem oben genannten Szenario würde jedoch gegen Artikel 19 verstoßen, da die Einnahmen aus einer solchen Transaktion die außerordentlichen Kosten deutlich übersteigen würden.

Ist jedoch die Annahme ausländischer Barmittel als Zahlungsmittel eine Standardgeschäftspraxis des betreffenden Unternehmers, kommen wohl lediglich die anwendbaren Währungsumtauschgebühren als anrechenbare Kosten in Frage. Dies ist z. B. der Fall bei einem Restaurant in einem Ferienort, das häufig Touristen bedient, die in bar in Fremdwährung bezahlen.

9.   Telefonische Kommunikation

Artikel 21

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.

Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.“

Zweck dieser Bestimmung ist es, die Verbraucher vor zusätzlichen Gebühren zu schützen, wenn sie den Unternehmer, mit dem sie einen Vertrag geschlossen haben, anrufen müssen, beispielsweise wenn sie eine Beschwerde anbringen möchten. Bei Telefongesprächen dieser Art darf der Verbraucher nicht mehr als den „Grundtarif“ zahlen müssen. Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe k der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher geändert, um den Anwendungsbereich von Artikel 21 auf die Beförderung von Personen auszuweiten.

Zwar liefert die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher keine ausdrückliche Definition des Grundtarifs, doch besteht ihr Sinn und Zweck gemäß Artikel 21 in der Forderung an die Unternehmer sicherzustellen, dass die Verbraucher nicht mehr als die reinen Kosten des elektronischen Kommunikationsdienstes für Anrufe zu zahlen haben. Dies wurde vom Gerichtshof in der Rechtssache C-568/15 bestätigt, in der er feststellte, dass der „Grundtarif“ den Standardkosten einer gewöhnlichen Verbindung entspricht, die der Verbraucher erwarten kann und die nicht erfordern, dass der Unternehmer ihn über diese Kosten informiert. (152) Mit anderen Worten dürfen die Gesprächsgebühren nicht höher sein als die Kosten für einen Anruf zu einer normalen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunknummer.

Nichtgeografische Rufnummern, die von den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste normalerweise in ihre Minutenbündel-Angebote zu einem monatlichen Fixpreis aufgenommen werden, und Nummern, für die keine höheren Gebühren erhoben werden als für Anrufe zu geografischen Rufnummern, wären ebenfalls Beispiele für Rufnummern, für die der Grundtarif erhoben wird.

Im Gegensatz dazu werden Nummernbereiche, die normalerweise einem Sondertarifsystem unterliegen, voraussichtlich nicht die Anforderung des „Grundtarifs“ erfüllen. In der Regel ermöglichen es die Sondernummern mit erhöhtem Tarif (Premium Rate Service) ihren Nutzern (den Unternehmern), die Kosten von Call-Centern zu finanzieren oder sich an ihnen zu beteiligen oder zusätzliche Einnahmen aus diesen Telefongesprächen durch die Aufteilung der Einnahmen mit den Telekommunikationsanbietern zu erzielen. In der Praxis ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Anrufe zu den Sondernummern zum „Grundtarif“ abgerechnet werden. Gleichzeitig hat der Gerichtshof in der Rechtssache C-568/15 klargestellt, dass es unerheblich ist, ob der Unternehmer durch solche Anrufe Gewinne erzielt, solange die Regel des „Grundtarifs“ beachtet wird. (153)

Obwohl in Artikel 21 die Kosten für Telefongespräche begrenzt werden, wird der tatsächliche Preis eines Anrufs beim Unternehmer zu den in Artikel 21 genannten Zwecken für die verschiedenen Verbraucher weiterhin unterschiedlich ausfallen, je nachdem, welchen Anbieter von elektronischen Kommunikationsdiensten sie für den betreffenden Anruf wählen.

Der Begriff „Grundtarif“ im Sinne der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sollte nicht so verstanden werden, als verpflichte er die Unternehmer zur Benutzung gebührenfreier Rufnummern, die für den Anrufer generell kostenlos sind. Er ist auch nicht so auszulegen, als verpflichte er den Unternehmer, sich für einen speziellen Telekommunikationsanbieter zu entscheiden bzw. von der Mobilfunk- zur Festnetztelefonie zu wechseln oder umgekehrt.

Artikel 21 sollte keine Auswirkungen auf die bestehenden Unterschiede zwischen den Roaming-Gebührensätzen für Inlands-, Auslands- und Mobilfunkgespräche haben, die von den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste erhoben werden. Wenn etwa ein Verbraucher einen Verkäufer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat anruft, so kann es sein, dass er für diesen Anruf mehr zu bezahlen hat als die inländischen Kunden des betreffenden Unternehmers.

Das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-332/17, Starman (154), betraf den Fall, dass der Unternehmer seinen Verbrauchern für die von Artikel 21 erfassten Zwecke sowohl eine zum Grundtarif berechnete Rufnummer als auch eine Kurzwahlnummer bereitstellt, die bei Anrufen von Mobiltelefonen zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif berechnet wird. Der Gerichtshof stellte fest, dass Artikel 21 es einem Unternehmer auch in einer solchen Situation verwehrt, einem Verbraucher einen höheren Preis als den Grundtarif in Rechnung zu stellen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer den Verbraucher in verständlicher und leicht zugänglicher Weise über das Bestehen einer alternativen Rufnummer zum Grundtarif informiert hat und der Verbraucher sich dennoch aus freiem Willen für die Verwendung einer anderen Nummer im Sinne von Artikel 21 entschieden hat:

„Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 2011/83 [ist] dahin auszulegen …, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.“ (155)

Selbst wenn der Verbraucher (irrtümlich) die teurere alternative Rufnummer und nicht die zum „Grundtarif“ berechnete Nummer gewählt hat, hat er also Anspruch darauf, für den betreffenden Anruf nur den „Grundtarif“ zu zahlen. Um in einem solchen Fall die Ausübung des in Artikel 21 vorgesehenen Rechts zu gewährleisten, muss der Verbraucher nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats Zugang zu geeigneten Rechtsbehelfen haben, d. h. er muss die Möglichkeit haben, einen Ausgleich für den über den Grundpreis hinaus gezahlten Preis zu verlangen.

Laut dem Urteil des Gerichtshofs ist es Unternehmen nicht grundsätzlich untersagt, verschiedene Arten von Rufnummern für andere als die in Artikel 21 genannten Zwecke zu verwenden, z. B. für die Vornahme von Bestellungen. Dabei sollten diese Unternehmer jedoch besonders darauf achten, dass die Verbraucher die richtige Nummer verwenden, d. h. die Nummer, die zum Grundtarif berechnet wird, wenn sie für Zwecke im Sinne von Artikel 21 anrufen.

10.   Zusätzliche Zahlungen

Artikel 22

„Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht. Hat der Unternehmer vom Verbraucher keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern sie dadurch herbeigeführt, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will, so hat der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung.“

Aufgrund von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe k gilt das in Artikel 22 angeführte Verbot von Voreinstellungen bei der Bereitstellung und Berechnung zusätzlicher Waren/Leistungen auch für die Personenbeförderung. Darüber hinaus gilt es unabhängig davon, ob die zusätzliche Dienstleistung selbst generell Gegenstand der Richtlinie ist. Die gemäß Artikel 22 verbotenen Voreinstellungen würde u. a. für die folgenden Beispiele gelten:

eine Expresslieferungsoption oder einen Wartungsvertrag beim Kauf von IT-Geräten,

einen Versicherungsvertrag beim Kauf eines Flugtickets.

11.   Rechtsdurchsetzung

11.1.    Öffentliche und private Rechtsdurchsetzung

Gemäß Artikel 23 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie durchgesetzt werden kann.

Artikel 23

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Vorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den nationalen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts anrufen kann bzw. können, um die Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen:

a)

öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter;

b)

Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben;

c)

Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden.“

In mehreren Bestimmungen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher sind unmittelbare Rechtsbehelfe für den Fall vorgesehen, dass der Unternehmer seinen jeweiligen Verpflichtungen nicht nachkommt. So sind in Artikel 6 Absatz 6, Artikel 10, Artikel 18 Absatz 2 und Artikel 22 der Richtlinie besondere Rechtsbehelfe für Verbraucher vorgesehen, während es dem Unternehmer nach Artikel 21 untersagt ist, vom Verbraucher für telefonische Rückfragen nach Vertragsabschluss mehr als den „Grundtarif“ zu verlangen, und der Verbraucher nach Artikel 27 von der Verpflichtung zur Erbringung einer Gegenleistung im Falle von unbestellten Waren und Dienstleistungen befreit ist. Wie in Erwägungsgrund 14 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher dargelegt, lässt sie das innerstaatliche Vertragsrecht, soweit vertragsrechtliche Aspekte durch diese Richtlinie nicht geregelt werden, sowie nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe unberührt. Daher können die Mitgliedstaaten im nationalen Recht zusätzliche vertragliche Rechtsbehelfe vorsehen.

Die Verbraucher können solche Rechtsbehelfe durch Einzelklagen geltend machen. Darüber hinaus wurde mit der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates (156) über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher in allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeführt, auch die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher mithilfe von Verbandsklagen durchzusetzen. Solche Klagen könnten von qualifizierten Einrichtungen erhoben werden, um Unterlassungsansprüche und Abhilfemaßnahmen im Namen der betroffenen Verbraucher durchzusetzen. (157)

11.2.    Anwendung auf Unternehmer aus Drittländern

Die Anwendung der Richtlinie auf Unternehmer außerhalb der EU unterliegt der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates (158) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) und der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I). Rom I und Rom II sind beide auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten anwendbar. In der Richtlinie sind sowohl außervertragliche Verpflichtungen (insbesondere Anforderungen an vorvertragliche Informationen, Verbot von „angekreuzten“ Kästchen usw.) als auch vertragliche Verpflichtungen (insbesondere das Widerrufsrecht, Bestimmungen über die Lieferung von Waren und die Vertragsbestätigung) vorgesehen.

In Bezug auf außervertragliche Schuldverhältnisse, insbesondere die vorvertraglichen Informationspflichten nach der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, ist nach der Rom-II-Verordnung das Recht anwendbar, das auf den Vertrag anwendbar wäre, wenn dieser geschlossen worden wäre. (159) Daher werden zur Bestimmung des anwendbaren Rechts für außervertragliche Schuldverhältnisse die gleichen Kriterien herangezogen wie für vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen nach der Rom-I-Verordnung. Dies bedeutet, dass sowohl für vertragliche als auch für außervertragliche Schuldverhältnisse das gleiche Recht gilt, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben. Die Vereinbarungen über die Rechtswahl unterliegen jedoch den in den Verordnungen Rom I und Rom II festgelegten Einschränkungen.

Schließt ein Verbraucher einen Vertrag mit einem Unternehmer in einem anderen Staat, der seine gewerbliche Tätigkeit auf irgendeine Weise auf Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausrichtet, so ist nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der Rom-I-Verordnung grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Begriff der „Ausrichtung“ der geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit auf den Staat des Verbrauchers wird im Abschnitt 3.1.8 dieser Leitlinien näher erläutert.

Gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Rom-I-Verordnung darf die Wahl eines anderen Rechts durch die Vertragsparteien nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch die Rechtsvorschriften des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährt wird und von dem die Parteien in ihrem Vertrag nicht abweichen können.

Bei den in der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher vorgesehenen Rechten und Pflichten handelt es sich um „zwingende Bestimmungen“; in Artikel 25 ist nämlich festgelegt, dass die Verbraucher auf die Rechte, die ihnen durch die einzelstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie eingeräumt werden, nicht verzichten können. Dementsprechend muss ein Unternehmer aus einem Drittland, der Verbraucher in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten anspricht, die Anforderungen der Richtlinie erfüllen, insbesondere die Anforderungen an die vorvertragliche Information und das Widerrufsrecht.

11.3.    Sanktionen

In Artikel 24 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher werden Sanktionen für Verstöße gegen die innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie geregelt. Nach Absatz 1 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Sanktionen für Verstöße gegen die aufgrund der Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften festzulegen. Dabei bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, über die Art der verfügbaren Sanktionen zu entscheiden und die Maßnahmen zu ihrer Anwendung zu treffen, sofern sie wirksam, angemessen und abschreckend sind.

Die Vorschriften über Sanktionen unterscheiden sich von den oben erwähnten Vorschriften über individuelle vertragliche Rechtsbehelfe für die einzelnen betroffenen Verbraucher und ergänzen diese.

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 wurde Artikel 24 um zusätzliche Anforderungen ergänzt. Erstens wird eine nicht abschließend zu verstehende und beispielhafte Liste von Kriterien für die Anwendung der Sanktionen aufgestellt (Absatz 2). Zweitens werden genauere Vorschriften (Absätze 3 und 4) für Geldbußen für schwere grenzüberschreitende Verstöße festgelegt, die Gegenstand koordinierter Durchsetzungsmaßnahmen gemäß der Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates (160) über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (im Folgenden „CPC-Verordnung“) sind.

In Erwägungsgrund 15 der Richtlinie (EU) 2019/2161 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bei der Aufteilung der Einnahmen aus Geldbußen „die Stärkung des Schutzes der allgemeinen Interessen der Verbraucher sowie anderer geschützter öffentlicher Interessen in Erwägung zu ziehen“.

Nach Absatz 5 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von den einzelstaatlichen Vorschriften über Sanktionen und allen späteren Änderungen in Kenntnis zu setzen, und zwar durch eine gesonderte Mitteilung, in der die betreffenden nationalen Vorschriften genau erläutert werden, und nicht nur als Teil der allgemeinen Mitteilung über Umsetzungsmaßnahmen.

11.3.1.   Kriterien für die Verhängung von Sanktionen

Artikel 24 Absatz 2 enthält eine nicht abschließend zu verstehende und beispielhafte Liste von sechs Kriterien, die von den zuständigen Behörden und Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Verhängung von Sanktionen berücksichtigt werden sollten. Sie gelten „sofern zutreffend“ für alle Verstöße, sowohl im Inland als auch in grenzüberschreitenden Situationen.

Artikel 24

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei der Verhängung der Sanktionen folgende als nicht abschließend zu verstehende und beispielhafte Kriterien, sofern zutreffend, berücksichtigt werden:

a)

die Art, die Schwere, der Umfang und die Dauer des Verstoßes;

b)

Maßnahmen des Unternehmers zur Minderung oder Beseitigung des Schadens, der Verbrauchern entstanden ist;

c)

frühere Verstöße des Unternehmers;

d)

vom Unternehmer aufgrund des Verstoßes erlangte finanzielle Vorteile oder vermiedene Verluste, wenn dazu die entsprechenden Daten verfügbar sind;

e)

Sanktionen, die gegen den Unternehmer für denselben Verstoß in grenzüberschreitenden Fällen in anderen Mitgliedstaaten verhängt wurden, sofern Informationen über solche Sanktionen im Rahmen des aufgrund der Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates errichteten Mechanismus verfügbar sind;

f)

andere erschwerende oder mildernde Umstände im jeweiligen Fall.“

In Erwägungsgrund 7 der Richtlinie (EU) 2019/2161 werden einige der Kriterien erläutert. In Erwägungsgrund 8 wird klargestellt, dass sie „möglicherweise nicht in allen Fällen, so insbesondere bei nicht schwerwiegenden Verstößen, relevant für die Entscheidung über Sanktionen“ sind. Darüber hinaus sollten „[d]ie Mitgliedstaaten … auch anderen bei der Verhängung von Sanktionen anzuwendenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie dem Grundsatz non bis in idem Rechnung tragen.“

Der vorsätzliche Charakter des Verstoßes ist für die Anwendung der unter den Buchstaben a und f genannten Kriterien relevant. Der Vorsatz ist jedoch keine notwendige Voraussetzung für die Verhängung von Sanktionen im Falle eines Verstoßes.

Das unter Buchstabe c genannte Kriterium bezieht sich auf gleiche oder andersartige frühere Verstöße des betreffenden Unternehmers gegen die Bestimmungen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

Das unter Buchstabe e genannte Kriterium betrifft Fälle, in denen derselbe Verstoß in mehreren Mitgliedstaaten begangen wurde. Es gilt nur, wenn Informationen über Sanktionen, die von anderen Mitgliedstaaten wegen desselben Verstoßes verhängt wurden, im Rahmen des durch die CPC-Verordnung eingerichteten Kooperationsmechanismus verfügbar sind.

Je nach den Umständen des Falles könnte(n) die Sanktion(en), die gegen denselben Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten wegen desselben Verstoßes verhängt wurde(n), sowohl auf einen größeren Umfang als auch auf einen höheren Schweregrad gemäß Buchstabe a hindeuten und/oder als „früherer Verstoß“ gemäß Buchstabe c eingestuft werden. Daher könnten Sanktionen, die für denselben Verstoß in anderen Mitgliedstaaten verhängt wurden, einen erschwerenden Umstand darstellen. Die Verhängung von Sanktionen in anderen Mitgliedstaaten für denselben Verstoß könnte auch in Verbindung mit anderen „erschwerenden“ Umständen in Betracht gezogen werden, die unter die anderen Kriterien in Buchstaben f fallen, die sich allgemein auf „alle anderen“ erschwerenden oder mildernden Umstände bezieht. Allerdings kann auch eine von einem anderen Mitgliedstaat gegen denselben Unternehmer wegen desselben Verstoßes verhängte Sanktion für die Anwendung des Grundsatzes non bis in idem im Einklang mit dem nationalen Recht und Artikel 10 Absatz 2 der CPC-Verordnung relevant sein. (161)

11.3.2.   Sanktionen im Rahmen der koordinierten Durchsetzungsmaßnahmen der CPC-Verordnung

Artikel 24 Absätze 3 und 4 enthalten zusätzliche, präskriptivere Bestimmungen (im Vergleich zur allgemeinen Bestimmung in Absatz 1) über die Sanktionen, die nach nationalem Recht für Verstöße vorgesehen sein müssen, die Gegenstand koordinierter Aktionen nach der CPC-Verordnung sind.

Nach Artikel 21 der CPC-Verordnung sind die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet, gegen den für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer, um die Einstellung oder Untersagung des weitverbreiteten Verstoßes zu bewirken.„Weitverbreitete Verstöße“ und „weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension“ sind grenzüberschreitende Verstöße im Sinne von Artikel 3 Absätze 3 und 4 der CPC-Verordnung. (162)

Für diese Kategorie von Verstößen müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 24 Absatz 3 die Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen vorsehen, wobei sich der Höchstbetrag solcher Geldbußen auf mindestens 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmers beläuft. Dementsprechend können die Mitgliedstaaten den Schwellenwert für die maximale Geldbuße auch höher als 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmers ansetzen. Sie können sich auch dafür entscheiden, die Geldbuße auf der Grundlage eines größeren Bezugsumsatzes, z. B. des weltweiten Umsatzes des Unternehmens, festzusetzen. Ebenso können sie die Sanktionen, die bei koordinierten Aktionen nach Maßgabe der CPC-Verordnung verhängt werden können, auf andere Arten von Verstößen, z. B. im Inland, ausweiten.

Liegen keine Informationen über den Jahresumsatz des Unternehmers vor, z. B. bei neu gegründeten Unternehmen, müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 24 Absatz 4 die Möglichkeit vorsehen, eine Geldbuße mit einem Höchstbetrag von mindestens 2 Mio. EUR zu verhängen. Auch hier können die Mitgliedstaaten den Schwellenwert für den Höchstbetrag der Geldbuße auf mehr als 2 Mio. EUR festsetzen.

Mit dieser Harmonisierung der nationalen Geldbußenvorschriften soll sichergestellt werden, dass die Durchsetzungsmaßnahmen in allen Mitgliedstaaten, die an einer koordinierten Durchsetzungsmaßnahme im Rahmen der CPC-Verordnung teilnehmen, durchführbar und kohärent sind.

Die Verhängung von Geldbußen gemäß Artikel 24 Absätze 3 und 4 unterliegt den in Artikel 24 Absatz 2 festgelegten gemeinsamen Kriterien, zu denen insbesondere „Art, Schwere und Dauer oder zeitlichen Wirkungen des Verstoßes“ gehören. Die von der zuständigen Behörde oder dem Gericht in einem bestimmten Fall tatsächlich verhängte Geldbuße kann je nach Art, Schwere und anderen relevanten Merkmalen des Verstoßes niedriger sein als die oben beschriebenen Höchstbeträge.

Vorbehaltlich der Koordinierungspflichten nach der CPC-Verordnung kann die zuständige Behörde oder das Gericht beschließen, periodische Geldbußen (z. B. Tagessätze) zu verhängen, bis der Unternehmer den Verstoß einstellt. Sie könnten auch beschließen, die Geldbuße unter Vorbehalt zu verhängen, wenn der Unternehmer den Verstoß trotz der Unterlassungsanordnung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist einstellt.

Der für die Berechnung der Geldbuße maßgebliche Umsatz ist der in dem Mitgliedstaat, der die Geldbuße verhängt, erzielte Umsatz. Nach Artikel 24 Absatz 3 kann die Geldbuße jedoch auch auf der Grundlage des in allen von der koordinierten Aktion betroffenen Mitgliedstaaten erzielten Umsatzes des Unternehmers festgesetzt werden, soweit die Koordinierung nach Maßgabe der CPC-Verordnung dazu führt, dass ein einziger Mitgliedstaat die Geldbuße im Namen der beteiligten Mitgliedstaaten verhängt.

In Erwägungsgrund 10 der Richtlinie (EU) 2019/2161 wird klargestellt, dass es sich „bei dem Unternehmer … in bestimmen Fällen auch um eine Unternehmensgruppe handeln“ kann. Handelt es sich bei dem für den Verstoß verantwortlichen Unternehmen um eine Unternehmensgruppe, so wird der Gesamtumsatz der Gruppe in den betreffenden Mitgliedstaaten für die Berechnung der Geldbuße herangezogen.

In der Richtlinie ist das Bezugsjahr für die Bestimmung des Jahresumsatzes nicht festgelegt. Daher können die nationalen Behörden bei der Festsetzung der Geldbuße beispielsweise die letzten verfügbaren jährlichen Umsatzdaten zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Geldbuße (d. h. das vorangegangene Geschäftsjahr) verwenden.


(1)  Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).

(2)  Siehe Artikel 1 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

(3)  Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (ABl. L 328 vom 18.12.2019, S. 7).

(4)  Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372 vom 31.12.1985, S. 31).

(5)  Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz — Erklärung des Rates und des Parlaments zu Artikel 6 Absatz 1 — Erklärung der Kommission zu Artikel 3 Absatz 1 erster Gedankenstrich (ABl. L 144 vom 4.6.1997, S. 19).

(6)  https://e-justice.europa.eu/591/DE/consumer_law_database

(7)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.

(8)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 2020, Condominio di Milano, C-329/19, EU:C:2020:263, Rn. 34.

(9)  Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2018, Kamenova, C-105/17, EU:C:2018:808, Rn. 33.

(10)  Siehe entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2018, Kamenova, C-105/17, EU:C:2018:808, Rn. 36-37.

(11)  Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2018, Kamenova, C-105/17, EU:C:2018:808, Rn. 27-29, 34.

(12)  Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2018, Kamenova, C-105/17, EU:C:2018:808, Rn. 27-29, 34-40 und 45.

(14)  Stichting Waternet, Rechtssache C-922/19, EU:C:2021:91.

(15)  Ebd., Rn. 39.

(16)  Im Gegensatz dazu ist die Art des Datenträgers für die Anwendung der Richtlinie (EU) 2019/770 über digitale Inhalte und der Richtlinie (EU) 2019/771 über den Warenkauf von Bedeutung, da erstere für digitale Inhalte gilt, die auf einem materiellen Datenträger, wie DVDs, CDs, USB-Sticks und Speicherkarten, bereitgestellt werden, sowie für den körperlichen Datenträger selbst, sofern „die körperlichen Datenträger ausschließlich als Träger der digitalen Inhalte dienen“ (siehe Erwägungsgrund 20 der Richtlinie über digitale Inhalte).

(17)  Es gelten auch die einschlägigen Beschränkungen, wie die Ausnahme für ein Widerrufsrecht nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe i in Bezug auf die Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware, die in einer versiegelten Packung geliefert wurden und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.

(18)  Urteil des Gerichtshofs vom 26. Mai 2005, Marcel Burmanjer, C-20/03, EU:C:2005:307, Rn. 24-35. Der Gerichtshof hat dieses Vorgehen in der Rechtssache C-108/09, Ker-Optika bt, EU:C:2010:725 bestätigt (siehe Rn. 43).

(19)  Siehe hierzu Urteil des Gerichtshofs vom 14. Mai 2020, NK, C-208/19, ECLI:EU:C:2020:382, Rn. 58-59.

(20)  Insbesondere Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. L 271, 9.10.2002, S. 16) und Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, 22.5.2008, S. 66).

(21)  Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 1).

(22)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. Oktober 2020, PE Digital, C-641/19, EU:C:2020:808, Rn. 41-46.

(23)  Ebd., Rn. 44.

(24)  Siehe Erwägungsgrund 46, in dem Artikel 13 Absatz 1 zur Erstattung von durch den Verbraucher erhaltenen Zahlungen näher erläutert und ebenfalls ausdrücklich auf die Verwendung von Gutscheinen bei Zahlungen verwiesen wird. Der Vertrag über den Erwerb von Gutscheinen selbst unterliegt den Anforderungen der Richtlinie, insbesondere in Bezug auf die Bereitstellung von vorvertraglichen Informationen über die Gültigkeitsdauer, die Bedingungen für den Austausch von Waren und Dienstleistungen und die Übertragbarkeit.

(25)  Der Begriff der „digitalen Wertdarstellung“ wird in Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 770/2019 über digitale Inhalte anhand der Beispiele elektronischer Gutscheine, E-Coupons und virtueller Währungen präzisiert, soweit letztere im nationalen Recht anerkannt sind.

(26)  Im Rahmen sektorspezifischer EU-Rechtsvorschriften können jedoch (bestimmte) Bestimmungen der Richtlinie auch auf solche „unentgeltlichen“ Verträge anwendbar sein. Gemäß Artikel 102 der Richtlinie (EU) 2018/1972 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (im Folgenden „E-Kodex“) müssen die in den Artikeln 5 und 6 der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher genannten Informationen auch in Bezug auf elektronische Kommunikationsdienste bereitgestellt werden, die ohne unmittelbare Zahlung eines Entgelts erbracht werden, den Nutzern aber andere Verpflichtungen auferlegen. In diesen Fällen müssen die Unternehmer gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243 der Kommission zur Festlegung eines Musters für die Vertragszusammenfassung, das von den Anbietern öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste gemäß der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates zu verwenden ist im Abschnitt „Preis“ angeben, dass der Dienst vorbehaltlich bestimmter Verpflichtungen für die Nutzer bereitgestellt wird.

(27)  Um Zweifel auszuschließen, könnte ein Vertrag gegen Zahlung auch die Bereitstellung personenbezogener Daten durch den Verbraucher beinhalten, aber für die Zwecke der Klassifizierung wird er als Vertrag gegen Zahlung betrachtet.

(28)  In diesen Fällen muss der Unternehmer personenbezogene Daten im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung verarbeiten.

(29)  Mithilfe virtueller Fingerabdrücke können einzelne Nutzer oder Geräte ganz oder teilweise identifiziert werden, selbst wenn die Cookies ausgeschaltet sind. In jedem Fall muss jede Erhebung von Daten (unabhängig davon, ob es sich um personenbezogene Daten wie Standort- oder Teilnehmerdaten oder um andere Daten wie Informationen über Browsertyp und -version, Betriebssystem, aktive Plugins, Zeitzone, Sprache usw. handelt) vom Endgerät des Nutzers mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation, insbesondere mit Artikel 5 Absatz 3, in Einklang stehen.

(30)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1.. In Artikel 4 Absatz 7 wird der „Verantwortliche“ definiert.

(31)  In den Leitlinien des EDSA (Oktober 2019) zur Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b DSGVO wird die frühere Position der Artikel-29-Datenschutzgruppe in Bezug auf die vorherige Richtlinie 95/46/EG bestätigt, dass die Bestimmung „für die Erfüllung eines Vertrags mit der betroffenen Person erforderlich sind … eng auszulegen [ist]; sie gilt nicht für Situationen, in denen die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags nicht wirklich notwendig ist, sondern der betroffenen Person von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen einseitig auferlegt wird. Auch bedeutet der Umstand, dass eine gewisse Datenverarbeitung durch einen Vertrag abgedeckt ist, nicht automatisch, dass die Verarbeitung für dessen Erfüllung erforderlich ist.“

(32)  Neben der Einwilligung sind in Artikel 6 DSGVO eine Reihe weiterer rechtmäßiger Gründe für die Datenverarbeitung aufgeführt, die je nach den Umständen des Einzelfalls herangezogen werden können.

(33)  Siehe Artikel 27 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen.

(34)  Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2010, E. Friz GmbH, C-215/08, EU:C:2010:186, Rn. 32. „Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Ausnahmen von unionsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen sind (vgl. u. a. Urteil vom 13. Dezember 2001, Heininger, C-481/99, ECR-I-9945, Rn. 31)“.

(35)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. Mai 2020, NK (Planung eines neuen Einfamilienhauses), C-208/19, EU:C:2020:382, Rn. 43.

(36)  Ebd., Rn. 58-59.

(37)  Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1).

(38)  Festgelegt in Artikel 3 Absatz 5 der Pauschalreisenrichtlinie.

(39)  Vgl. den abweichenden Ansatz in der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge, die in Artikel 14 zum Widerrufsrecht auf Verträge eingeht, die „nach geltenden Rechtsvorschriften unter Mitwirkung eines Notars geschlossen werden müssen“: „(6) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Absätze 1 bis 4 nicht für Kreditverträge gelten, die nach geltenden Rechtsvorschriften unter Mitwirkung eines Notars geschlossen werden müssen, sofern der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers gemäß den Artikeln 5 und 10 gewahrt sind.“

(40)  Urteil des Gerichtshofs vom 12. März 2020, DB Vertrieb, C-583/18, EU:C:2020:199, Rn. 35.

(41)  Der Begriff „öffentliches Münz- oder Kartentelefon“ wurde in Artikel 2 der Universaldienstrichtlinie 2002/22/EG definiert, die durch den Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Richtlinie (EU) 2018/1972, der E-Kodex) aufgehoben wurde. Der E-Kodex enthält keine gesonderte Definition des Begriffs „öffentliches Münz- oder Kartentelefon“, sondern es wird in Erwägungsgrund 235 den Wortlaut von Artikel 2 der Universaldienstrichtlinie verwendet.

(42)  Siehe auch die sektoralen Rechtsvorschriften, insbesondere den E-Kodex, der Bestimmungen über Verträge über elektronische Kommunikationsdienste enthält, z. B. Artikel 102-107.

(43)  Dabei kann es sich um bestimmte „Mehrwertdienste“ oder „Dienste zum Sondertarif“ handeln. Gemäß dem Vorschlag der Kommission vom 24.2.2021 für eine Roaming-Verordnung (Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union, KOM/2011/0402 endgültig — 2011/0187 (COD)) sind unter Mehrwertdiensten diejenigen Dienste zu verstehen, die z. B. durch die Verbindung zu Sondernummern mit erhöhtem Tarif, gebührenfreien Rufnummern oder Nummern mit Kostenteilung erbracht werden und für die auf nationaler Ebene besondere Preisbedingungen gelten (siehe Erwägungsgrund 36 des Vorschlags). Daher sind Premium-Dienste nur eine Kategorie von Mehrwertdiensten, die ein umfassenderes Konzept darstellen, das auch für den Verbraucher kostenlose Hotlines/Notrufstellen umfasst.

(44)  Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Festlegung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).

(45)  Urteil des Gerichtshofs vom 7. August 2018, Verbraucherzentrale Berlin, C-485/17, EU:C:2018:642.

(46)  Ebd., Rn. 46.

(47)  Urteil des Gerichtshofs vom 22. April 1999, Travel-Vac, S.L, C-423/97, EU:C:1999:197, Rn. 37.

(48)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2019, B & L Elektrogeräte GmbH, C-465/19, EU:C:2019:1091, Rn. 29 und 34.

(49)  Nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken muss eine Aufforderung zum Kauf folgende Informationen enthalten, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: die wesentlichen Merkmale des Produkts in dem für das Medium und das Produkt angemessenen Umfang, Anschrift und Identität des Unternehmers, der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben, die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, falls sie von den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt abweichen, sowie gegebenenfalls das Bestehen eines Widerrufsrechts.

(50)  In der Rechtssache C-536/20, Tiketa, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung anhängig ist, geht es um die Frage, ob die Anforderungen der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher bei einem Vertrag, der auf einer Plattform für den Kartenverkauf (d. h. einem Online-Marktplatz) geschlossen wird, durch die Annahme der allgemeinen Geschäftsbedingungen erfüllt werden können.

(51)  Im Juli 2019 veröffentlichten die EU-Unternehmensorganisationen eine Selbstregulierungsinitiative mit dem Titel „Recommendations for a better presentation of information to consumers“ (Empfehlungen für eine bessere Darstellung von Informationen für Verbraucher). Sie befasst sich sowohl mit der Darstellung der vorgeschriebenen Verbraucherinformationen als auch mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers. Insbesondere wird ein Modell („Consumer Journey“ (Schritte von Verbrauchern)) für die Bereitstellung von Verbraucherinformationen in verschiedenen Phasen des Geschäftsvorgangs, auch mittels grafischer Elemente, vorgeschlagen. Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/sr_information_presentation.pdf.

(52)  Siehe Abschnitt 2.9 der Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

(53)  Dort heißt es in Artikel 3 Absatz 2: „Kollidiert eine Bestimmung dieser Richtlinie mit einer Bestimmung eines anderen Unionsrechtsakts, der spezifische Sektoren regelt, so hat die Bestimmung dieses anderen Unionsrechtsakts Vorrang und findet auf diese spezifischen Sektoren Anwendung.“

(54)  Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).

(55)  Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Festlegung eines Musters für die Vertragszusammenfassung, das von den Anbietern öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste gemäß der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates zu verwenden ist (ABl. L 336 vom 30.12.2019, S. 274).

(56)  Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1).

(57)  Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55).

(58)  Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94).

(59)  Eine vollständige Liste der sektor- und produktspezifischen Rechtsvorschriften ist in Abschnitt 1.2 der Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zu finden.

(60)  Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36).

(61)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).

(62)  Siehe Artikel 5 und 10 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Gemäß dem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (COM/2020/825 vom 15. Dezember 2020) sind einige Bestimmungen der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (Artikel 12–15) zu ersetzen, ohne deren Artikel 5 über die Informationspflichten zu ändern.

(63)  https://ec.europa.eu/info/law/law-topic/consumers/consumer-contract-law/consumer-rights-directive/regulatory-choices-under-article-29-crd_en.

(64)  Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29).

(65)  Die Mitteilungen der Mitgliedstaaten über diese Entscheidung sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/law/law-topic/consumers/consumer-contract-law/consumer-rights-directive/regulatory-choices-under-article-29-crd_en.

(66)  Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6).

(67)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2010, Peter Pammer und Hotel Alpenhof GmbH, C-585/08 und C-144/09, EU:C:2010:740, insbesondere Rn. 92 und 93.

(68)  Gemäß der Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (ABl. L 170 vom 30.6.2009, S. 1) müssen Hersteller und Einführer sicherstellen, dass dem Spielzeug Anleitungen und Sicherheitsinformationen in einer oder mehreren Sprachen beigefügt sind, die von den Verbrauchern leicht verstanden werden können und die von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegt werden.

(69)  Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG (ABl. L 153 vom 22.5.2014, S. 62). Danach ist es erforderlich, dass den Funkanlagen die Gebrauchsanleitung und die Sicherheitsinformationen beigefügt sind, die in einer Sprache, die von den Verbrauchern und sonstigen Endbenutzern leicht verstanden werden kann, gemäß der Entscheidung des betreffenden Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt wird. Außerdem muss die EU-Konformitätserklärung oder die vereinfachte EU-Konformitätserklärung der Funkanlage beigefügt werden, und beide müssen in die Sprache(n) übersetzt werden, die von dem Mitgliedstaat, in dem die Funkanlage in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt wird, vorgeschrieben sind.

(70)  Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 28). Sie erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Sprache(n) festzulegen, in der/denen die gewerbliche Garantieerklärung dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden muss.

(71)  Siehe auch Abschnitt 2.9.5 über „wesentliche Informationen“ in Kaufaufforderungen in den Leitlinien zur Umsetzung/Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken — Artikel 7 Absatz 4.

(72)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2018, Wathelet, C-149/15, EU:C:2016:840.

(73)  Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12).

(74)  Ebd., Rn. 33-34.

(75)  Ebd., Rn. 44.

(76)  Ebd., Rn. 37.

(77)  Gemäß der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67) dürfen nur ermächtigte (oder nach nationalem Recht berechtigte) Apothekeneinzelhändler Arzneimittel online verkaufen. Der Einzelhändler muss auf seiner Webseite das EU-Logo anzeigen, anhand dessen überprüft werden kann, ob das Unternehmen rechtmäßig tätig ist.

(78)  Siehe Artikel 85c der Richtlinie 2001/83/EG.

(79)  Dieser Grundsatz wird auch in Bezug auf Online-Vermittler in Artikel 5 Absatz 3 des Vorschlags für das Gesetz über digitale Dienste ausdrücklich genannt. Weitere Erläuterungen zum Begriff des „Unternehmers“ sind in der anhängigen Rechtssache C-536/20, Tiketa, zu erwarten, in der es um die Frage geht, ob ein Online-Vermittler (eine Plattform für den Kartenverkauf) gemeinsam mit dem Unternehmer, der die Dienstleistung tatsächlich erbringt, haftbar gemacht werden kann, insbesondere dann, wenn der Vermittler es versäumt hat, eindeutig darauf hinzuweisen, dass er lediglich als Vermittler tätig ist.

(80)  Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 2019, Amazon EU, C-649/17, EU:C:2019:576, Rn. 41.

(81)  Ebd., Rn. 52.

(82)  Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2007, Planzer, C-73/06, EU:C:2007:397, Rn. 61.

(83)  Für elektronische Kommunikationsdienste, siehe auch Artikel 102 Absatz 1 und Anhang VIII der Richtlinie 2018/1972 (Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation) sowie das Muster für die Vertragszusammenfassung und die darin enthaltenen Angaben zum Preis für elektronische Kommunikationsdienste gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2019/2243.

(84)  Informationen über den Online-Kauf von Waren, die aus einem Land außerhalb der Europäischen Union stammen, sind abrufbar unter: https://ec.europa.eu/taxation_customs/buying-goods-online-coming-non-european-union-country_de.

(85)  Verordnung (EU) 2018/644 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 über grenzüberschreitende Paketzustelldienste (ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 19).

(86)  Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 35).

(87)  Siehe Pressemitteilung IP/14/187 vom 27. Februar 2014 und Common Position of the national consumer enforcement authorities on consumer protection in relation to‘in-app purchases‘ for on-line games (Gemeinsamer Standpunkt der nationalen Verbraucherschutzbehörden zum Verbraucherschutz bei In-App-Käufen für Online-Spiele), abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_14_187 und https://ec.europa.eu/info/sites/ default/files/common-position_of_national_authorities_within_cpc_2013_en_0.pdf.

(88)  Siehe z. B. Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie über den Warenkauf.

(89)  Gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie über den Warenkauf ist jede gewerbliche Garantie für den Garantiegeber nach Maßgabe der Bedingungen verbindlich, die in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder vor Vertragsabschluss verfügbaren Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung festgelegt sind.

(90)  Die Frage, inwieweit der Unternehmer den Verbraucher über die von einem Dritten (Hersteller) gewährte gewerbliche Garantie informieren muss, ist Gegenstand einer anhängigen Rechtssache C-179/21, Victorinox.

(91)  Siehe Artikel 105 Absatz 1 und Artikel 107 des E-Kodexes.

(92)  Siehe auch Bekanntmachung der Kommission „Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen“ (ABl. C 323 vom 27.9.2019, S. 4).

(93)  Zum Beispiel in den Artikeln 105 und 107 der Richtlinie (EU) 2018/1972 (Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation) in Bezug auf elektronische Kommunikationsdienste.

(94)  Weitere Hinweise sind in der Artikel-29-Datenschutzgruppe: Leitlinien zu automatisierten Entscheidungen im Einzelfall einschließlich Profiling für die Zwecke der Verordnung 2016/679 zu finden.

(95)  Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63).

(96)  Zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich siehe Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten.

(97)  Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juni 2020, Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, C-380/19, EU:C:2020:498, Rn. 34-35.

(98)  Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 1).

(99)  https://ec.europa.eu/consumers/odr/main/index.cfm?event=main.home2.show&lng=DE

(100)  Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor, COM(2020) 842 final vom 15. Dezember 2020, 2020/0374(COD), (Gesetz über digitale Märkte) enthält zusätzliche Verpflichtungen für bestimmte Marktplätze, die von sogenannten Gatekeepern betrieben werden.

(101)  Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1).

(102)  Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).

(103)  Siehe Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 2019/2161 und Erwägungsgrund 27 der P2B-Verordnung.

(104)  Siehe Erwägungsgrund 23 der Richtlinie (EU) 2019/2161.

(105)  Siehe Artikel 7 Absatz 4a der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken.

(106)  Bekanntmachung der Kommission – Leitlinien zur Transparenz des Rankings gemäß der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. C 424 vom 8.12.2020, S. 1).

(107)  Die gleiche Regelung ist im Vorschlag der Kommission für das Gesetz über digitale Dienste vorgesehen, siehe: https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-services-act-ensuring-safe-and-accountable-online-environment_de.

(108)  Siehe Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr.

(109)  Dieser Grundsatz gilt auch für Transaktionen, bei denen die sogenannten „Smart Contracts“ verwendet werden. Unter dem Begriff „Smart Contract“ ist ein Computerprogramm oder ein Transaktionsprotokoll zu verstehen, das rechtlich relevante Ereignisse und Handlungen automatisch ausführen, steuern oder dokumentieren soll. Eine einheitliche Definition des Begriffs „Smart Contracts“ steht noch aus. Laut dem Bericht über den rechtlichen und regulatorischen Rahmen von Blockchains und Smart Contracts, der von der ConsenSys AG im Auftrag der Einrichtung European Union Blockchain Observatory & Forum (Beobachtungsstelle und Forum der Europäischen Union für die Blockchain-Technologie) erstellt wurde, bezeichnet der Begriff im Allgemeinen einen Computercode, der auf einer Blockchain gespeichert ist und auf den eine oder mehrere Parteien zugreifen können ( https://www.eublockchainforum.eu/sites/default/files/reports/report_legal_v1.0.pdf). Diese Programme sind oft selbstausführend und nutzen die Eigenschaften der Blockchain wie Manipulationssicherheit, dezentrale Verarbeitung usw. Daher sollte der Begriff „Smart Contract“ nicht als Synonym für den Vertrag selbst verwendet werden, auch wenn er nach den Bedingungen eines bestimmten Vertrags funktioniert, den er ausführt.

(110)  Richtlinie (EU) Nr. 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1). Artikel 1 Buchstabe b Ziffer ii: „elektronisch erbrachte Dienstleistung“ [bezeichnet] eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung (einschließlich digitaler Kompression) und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen wird und die vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischem Wege gesendet, weitergeleitet und empfangen wird.

(111)  Einige Unternehmer stellen in der letzten Phase des Bestellvorgangs andere Produkte vor, die den Verbrauchern „gefallen könnten“ und erschweren es den Verbrauchern, ihre Bestellung zu überprüfen und sicherzustellen, dass alles korrekt ist. Könnte die Darstellung den Verbraucher verwirren und ihn daran hindern, die wesentlichen Bestandteile des Vertrags vor der Bestellung richtig zu verstehen, könnte eine solche Praxis als irreführend im Sinne von Artikel 6 oder 7 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eingestuft werden.

(112)  Weitere Hinweise zur Auslegung der „entsprechenden eindeutigen Formulierung“ sind in der anhängigen Rechtssache C-249/21, Fuhrmann-2, zu erwarten, bei der geprüft wurde, ob eine solche Formulierung unter Berücksichtigung aller Umstände eines Bestell- oder Buchungsvorgangs zu beurteilen ist, insbesondere der Art und Weise, wie der Bestellvorgang strukturiert ist, oder allein anhand der Sprache, die zur Kennzeichnung der Schaltfläche/ähnlichen Funktion verwendet wird.

(113)  Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1).

(114)  Siehe auch Erwägungsgrund 41 der Richtlinie (EU) 2019/2161.

(115)  Urteil des Gerichtshofs, Walbusch Walter Busch, C-430/17, EU:C:2019:47, Rn. 46.

(116)  Ebd., Rn. 39.

(117)  Die Unternehmer könnten die „Inhaltsverzeichnisse“ mit erweiterbaren Überschriften verwenden. Auf der obersten Ebene könnten die Verbraucher die Hauptthemen finden, von denen jedes durch Anklicken erweitert werden kann, sodass die Verbraucher zu einer detaillierteren Darstellung der relevanten Informationen geleitet werden. Auf diese Weise haben die Verbraucher alle erforderlichen Informationen an einem Ort und behalten gleichzeitig die Kontrolle darüber, was sie wann überprüfen.

(118)  Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2012, Content Services Ltd, C-49/11, EU:C:2012:419, Rn. 51.

(119)  Ebd., Rn. 46.

(120)  Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. L 319 vom 5.12.2007, S. 1).

(121)  Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2017, BAWAG, C-375/15, EU:C:2017:38, Rn. 43-45.

(122)  Ebd., Rn. 51 und 53.

(123)  Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juli 2012, Content Services Ltd, C-49/11, EU:C:2012:419, Rn. 35.

(124)  Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1).

(125)  Das Verzeichnis der Feiertage für 2021 ist beispielsweise abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3AC2020%2F451%2F02&qid=1617356863154.

(126)  Es handelt sich dabei um die für dieses Produkt gestaltete Verpackung, die Teil seiner Vermarktung darstellt. Die Verbraucher sollten die Möglichkeit haben, jegliche allgegenwärtige Verpackung zu ersetzen, die nur dem Schutz der Waren beim Transport dient.

(127)  Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 2019, slewo, C-681/17, EU:C:2019:255, Rn. 43-46.

(128)  Ebd., Rn. 42.

(129)  Urteil des Gerichtshofs vom 3. September 2009, Messner, C-489/07, EU:C:2009:502, Rn. 27.

(130)  Ebd., Rn. 22-24.

(*1)  Hinweis auf zusätzliches Element in Artikel 7 Absatz 3

(131)  Siehe Erwägungsgrund 42 der Richtlinie (EU) 2019/2161 hinsichtlich der Notwendigkeit der Angleichung.

(132)  In der Rechtssache C-673/17, Planet49, EU:C:2019:801, Rn. 65, in der es um die Verarbeitung personenbezogener Daten ging, stellte der Gerichtshof beispielsweise fest, dass es keine wirksame Zustimmung gibt, wenn das entsprechende Kästchen von dem Verantwortlichen vorab angekreuzt worden ist.

(133)  Siehe auch Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71, wo es heißt: „Umfasst eine Frist Monatsbruchteile, so wird bei der Berechnung der Monatsbruchteile ein Monat von dreißig Tagen zugrunde gelegt.“

(134)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. Oktober 2020, PE Digital, C-641/19, EU:C:2020:808, Rn. 29 und 32.

(135)  Ebd., Rn. 37.

(136)  Vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen von Artikel 8 Absatz 4 — siehe Abschnitt 5.2.3.

(137)  Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125), Artikel 12 Absatz 1: „Ein Wechsel des Versorgers oder des im Bereich der Aggregierung tätigen Marktteilnehmers erfolgt binnen kürzestmöglicher Zeit. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kunden, die Versorger oder im Bereich der Aggregierung tätige Marktteilnehmer wechseln möchten, einen Anspruch auf den Wechsel unter Einhaltung der Vertragsbedingungen binnen höchstens drei Wochen nach dem Tag der Antragstellung haben.“

(138)  Richtlinie 2009/73/EC, Artikel 3 Absatz 6: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass:

a)

in den Fällen, in denen Kunden im Rahmen der Vertragsbedingungen beabsichtigen, den Lieferanten zu wechseln, die betreffenden Betreiber diesen Wechsel binnen drei Wochen vornehmen, und

b)

die Kunden das Recht haben, sämtliche sie betreffenden Verbrauchsdaten zu erhalten.“

(139)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. Mai 2020, NK (Planung eines Einfamilienhauses), C-208/19, EU:C:2020:382, Rn. 58-59.

(140)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 2020, Möbel Kraft, C-529/19, EU:C:2020:846, Rn. 27-29.

(141)  Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 2019, slewo, C-681/17, EU:C:2019:255, Rn. 37.

(142)  Ebd., Rn. 40. Siehe auch Abschnitt 6.5.4 mit näheren Angaben zur Rechtssache C-681/17.

(143)  Weitere Hinweise zum Widerrufsrecht bei Freizeitbetätigungen werden von der anhängigen Rechtssache C-96/21, CTS Eventim, erwartet, bei der es um den Fall geht, dass ein Unternehmer dem Verbraucher die Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen nicht direkt erbringt, sondern dem Verbraucher lediglich ein Recht auf Zugang zu einer solchen Dienstleistung weiterverkauft.

(144)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 10. März 2005, easyCar, C-336/03, EU:C:2005:150, insbesondere Rn. 26 und 31.

(145)  Siehe Erwägungsgrund 42 der Richtlinie (EU) 2019/2161.

(146)  Multilaterale Interbankenentgelte sind auf multilateraler Ebene abgestimmte Entgelte, die zwischen den Zahlungsdienstleistern des Zahlers/Verbrauchers und des Zahlungsempfängers/Unternehmers zu entrichten sind.

(147)  Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1).

(148)  Verordnung (EU) 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 22).

(149)  Insbesondere gestattet es das Lastschriftverfahren dem Unternehmer, die Einnahmen vorauszusagen (Cashflow). Der Preisnachlass bei Nutzung des Lastschriftverfahrens wird daher unter Umständen weniger für die Nutzung eines speziellen Zahlungsmittels eingeräumt, sondern vielmehr um den Verbraucher zu veranlassen, regelmäßige Zahlungen zu festen Terminen zu leisten.

(150)  Durch die Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) werden die Interbankenentgelte auf 0,2 % des Zahlungswertes für Debitkarten und auf 0,3 % für Kreditkarten für Verbraucher begrenzt. Damit ist ein Teil der Kosten, die der Unternehmer zu tragen hat, eindeutig festgelegt.

(151)  Zahlungsverkehrsdienstleister helfen manchen Einzelhändlern beim Akzeptieren sicherer Zahlungen über das Internet oder bei anderen Transaktionen des Typs „Karteninhaber nicht anwesend“ wie über Callcenter oder im Versandhandel. Sie können Gebühren erheben für: i) die Bereitstellung von Geräten und Diensten, die für das Akzeptieren von Onlinezahlungen und anderen Arten der Fernbezahlung erforderlich sind, z. B. Zahlungsfunktionen für Einzelhändlerwebseiten und/oder ii) die Bereitstellung von Betrugsaufdeckungs- und Verwaltungsleistungen (auf die sich manche Zahlungsverkehrsdienstleister spezialisieren) und/oder die Bereitstellung mancher oder sämtlicher Leistungen des Händlerservice, der üblicherweise von den Händlerbanken erbracht wird, bis hin zur vollständigen Transaktionsverarbeitung. In diesen Fällen setzt sich der Dienstleister in der Regel mit der Händlerbank auseinander und agiert als Ansprechpartner für den Händler, der einen Aufschlag auf die entsprechenden Gebühren des Acquiring-Dienstleisters erhebt.

(152)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. März 2017, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, C-586/15, EU:C:2017:154, Rn. 22.

(153)  Ebd., Rn. 31 und 32.

(154)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2018, Starman, C-332/17, EU:C:2018:721.

(155)  Ebd., Rn. 33.

(156)  Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 409 vom 4.12.2020, S. 1).

(157)  Siehe Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2020/1828.

(158)  Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40).

(159)  Artikel 12 Absatz 1 der Rom-II-Verordnung.

(160)  Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 1).

(161)  Artikel 10 Absatz 2 der CPC-Verordnung. „Die in Anwendung dieser Verordnung erfolgende Durchführung und Ausübung der Befugnisse nach Artikel 9 muss verhältnismäßig sein und im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht, einschließlich der geltenden Verfahrensgarantien und der Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, stehen. Die in Anwendung dieser Verordnung ergriffenen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen müssen der Art und dem tatsächlichen oder potenziellen Gesamtschaden des Verstoßes gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen angemessen sein.“

(162)  Artikel 3 Absatz 3 der CPC-Verordnung. „‚Weitverbreiteter Verstoß‘ bedeutet: a) jede Handlung oder Unterlassung, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstößt und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann, die in mindestens zwei anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem i) die Handlung oder die Unterlassung ihren Ursprung hatte oder stattfand, ii) der für die Handlung oder Unterlassung verantwortliche Unternehmer niedergelassen ist oder iii) Beweismittel oder Vermögensgegenstände des Unternehmers vorhanden sind, die einen Zusammenhang mit der Handlung oder der Unterlassung aufweisen; oder b) alle Handlungen oder Unterlassungen desselben Unternehmers, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstoßen und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt haben, schädigen oder voraussichtlich schädigen können, und in mindestens drei Mitgliedstaaten gleichzeitig stattfinden sowie gemeinsame Merkmale aufweisen, einschließlich derselben unerlaubten Verhaltensweise und derselben verletzten Interessen.“

Artikel 3 Absatz 4 der CPC-Verordnung. „Weitverbreiteter Verstoß mit Unions-Dimension“ einen weitverbreiteten Verstoß, der in mindestens zwei Dritteln der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens zwei Drittel der Bevölkerung der Union ausmachen, die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann.“


ANHANG

Liste der in dieser Bekanntmachung genannten Rechtssachen

(geordnet nach dem Jahr des Urteils)

Nummer und Bezeichnung der Rechtssache

Thema (Themen)

Abschnitt(e) in der Bekanntmachung

1999

C-423/97 — Travel–Vac

Richtlinie 85/577/EWG — Geltungsbereich — Teilzeitnutzungsvertrag — Rücktrittsrecht

2.1.

Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurden

2005

C-20/03 — Burmanjer

Ambulanter Verkauf — Abschluss von Zeitschriftenabonnements — Vorherige Genehmigung

1.4.

Gemischte Verträge

2009

C-489/07 — Messner

Richtlinie 97/7/EG — Verbraucherschutz — Vertragsabschlüsse im Fernabsatz — Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher — Dem Verkäufer zu zahlender Wertersatz für die Nutzung

5.5.4.

Haftung des Verbrauchers für falsche Handhabung der Waren

2012

C-49/11 — Content Services

Richtlinie 97/7/EG — Verbraucherschutz — Vertragsabschlüsse im Fernabsatz — Verbraucherinformation — Erteilte oder erhaltene Informationen — Dauerhafter Datenträger — Begriff — Hyperlink auf der Internetseite des Lieferers — Widerrufsrecht

4.4.

Bestätigung des Vertrags

2016

C-149/15 — Wathelet

Richtlinie 1999/44/EG — Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter — Geltungsbereich — Begriff „Verkäufer“ — Zwischenperson — Außergewöhnliche Umstände

3.2.2

Identität und Kontaktdaten des Unternehmers

2017

C-375/15 — BAWAG

Richtlinie 2007/64/EG — Zahlungsdienste im Binnenmarkt — Rahmenverträge — Allgemeine vorvertragliche Unterrichtung — Erfordernis der Unterrichtung auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger — Übermittlung von Informationen über eine Mailbox auf einer Website für Electronic-Banking

4.4.

Bestätigung des Vertrags

C-586/15 — zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 21 — Telefonische Kommunikation — Von einem Unternehmer zu dem Zweck eingerichtete Telefonleitung, dem Verbraucher im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag die Kontaktaufnahme mit ihm zu ermöglichen — Verbot der Anwendung eines den Grundtarif übersteigenden Tarifs — Begriff „Grundtarif“

9

Telefonische Kommunikation

2018

C-105/17 — Kamenova

Richtlinie 2005/29/EG — Artikel 2 Buchstaben b und d — Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 2 Absatz 2 — Begriffe „Gewerbetreibender“ und „Geschäftspraktiken“

1.1.

Definitionen von „Unternehmer“ und „Verbraucher“

3.4.2.

Status des Vertragspartners

C-332/17 — Starman

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 21 — Verbraucherverträge — Telefongespräche — Praxis eines Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen, seinen Kunden, die bereits einen Vertrag geschlossen haben, eine Kundendienstkurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif anzubieten

9

Telefonische Kommunikation

C-485/17 — Verbraucherzentrale Berlin

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 2 Absatz 9 — Begriff „Geschäftsräume“ — Kriterien — An einem Messestand eines Unternehmers abgeschlossener Kaufvertrag

2.1.

Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurden

2019

C-430/17 — Walbusch Walter Busch

Richtlinie 2011/83/EU — Fernabsatzverträge — Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h — Pflicht, über das Widerrufsrecht zu informieren — Artikel 8 Absatz 4 — Vertrag, der mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht — Begriff „auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht“ — Beilage zu einer Zeitschrift — Bestellpostkarte, die einen Hyperlink enthält, der auf die Informationen über das Widerrufsrecht verweist

4.2.2.

Anforderungen an die Schaltfläche zur Bestellbestätigung

5.2.

Information über das Widerrufsrecht

C-649/17 — Amazon EU

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c — Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen — Pflicht des Unternehmers, „gegebenenfalls“ seine Telefonnummer und seine Telefaxnummer anzugeben — Umfang

3.1.2.

Klarheit bezüglich Informationen und ein Link zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

3.2.2.

Identität und Kontaktdaten des Unternehmers

5.2.

Information über das Widerrufsrecht

C-681/17 — slewo

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k und Artikel 16 Buchstabe e — Fernabsatzvertrag — Widerrufsrecht — Ausnahmen — Begriff „versiegelte Waren …, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“ — Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde

5.4.4.

Haftung des Verbrauchers für falsche Handhabung der Waren

C–465/19 — B & L Elektrogeräte

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 2 Absatz 8 Buchstabe c und Absatz 9 — Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag — Begriff der „Geschäftsräume“ — Vertrag, der an einem Verkaufsstand einer Messe abgeschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher, der sich an einem gemeinsam genutzten Ort der Messe befindet, vom Unternehmer angesprochen wurde

2.2.

Verträge, die abgeschlossen werden, nachdem der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume angesprochen wurde

C-673/17 — Planet49

Richtlinie 95/46/EG — Richtlinie 2002/58/EG — Verordnung (EU) 2016/679 — Verarbeitung personenbezogener Daten und Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation — Cookies — Begriff der Einwilligung der betroffenen Person — Einwilligungserklärung mittels eines mit einem voreingestellten Häkchen versehenen Ankreuzkästchens

5.6.1.

Zustimmung des Verbrauchers zur unverzüglichen Erbringung der Leistung

2020

C-583/18 — DB Vertrieb GmbH

Richtlinie 2011/83/EU — Geltungsbereich — Dienstleistungsvertrag — Artikel 2 Absatz 6 — Vertrag über die Beförderung von Personen — Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe k — Karten, die dem Inhaber das Recht verschaffen, beim späteren Abschluss von Personenbeförderungsverträgen Rabatte in Anspruch zu nehmen — Online- Verkauf dieser Karten, ohne den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu informieren

1.7.5

Personenbeförderung

C-208/19 — NK (Planung eines Einfamilienhauses)

Richtlinie 2011/83/EU — Geltungsbereich — Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe f — Begriff „Verträge über den Bau von neuen Gebäuden“ — Artikel 16 Buchstabe c — Begriff „Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind“ — Vertrag zwischen einem Architekten und einem Verbraucher über die Herstellung eines Plans für ein neues Einfamilienhaus

1.7.1.

Mietverträge und Bauverträge

5.11.2.

Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind

C-266/19 — EIS

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben c und h und Artikel 6 Absatz 4 — Anhang I Teil A — Widerrufsrecht — Vom Unternehmer zur Verfügung zu stellende Informationen zu den Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts — Pflicht des Unternehmers, „gegebenenfalls“ seine Telefonnummer anzugeben — Umfang

5.2.

Information über das Widerrufsrecht

C-329/19 — Condominio di Milano, via Meda

Richtlinie 93/13/EWG — Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen — Artikel 1 Absatz 1 — Artikel 2 Buchstabe b — Begriff „Verbraucher“ — Eigentümergemeinschaft

1.1.

Definitionen von „Unternehmer“ und „Verbraucher“

C-380/19 — Deutsche Apotheker

Richtlinie 2011/83/EU — Alternative Streitbeilegung — Artikel 13 Absätze 1 und 2 — Zwingende Informationen — Zugänglichkeit der Informationen

3.3.4.

Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren

C-529/19 — Möbel Kraft

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 16 Buchstabe c — Widerrufsrecht — Ausnahmen — Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind — Waren, mit deren Herstellung der Unternehmer begonnen hat

5.11.2.

Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind

C-641/19– PE Digital

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 2 Nummer 11, Artikel 14 Absatz 3 und Artikel 16 Buchstabe m — Fernabsatzvertrag — Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen — Widerrufsrecht — Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall — Bestimmung des Betrags, der vom Verbraucher für die vor Ausübung des Widerrufsrechts erbrachten Leistungen zu zahlen ist — Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Lieferung digitaler Inhalte

1.5.

Unterscheidung zwischen digitalen Dienstleistungen und digitalen Inhalten

5.6.2

Abgeltungspflicht des Verbrauchers

2021

C-922/19 — Stichting Waternet

Richtlinie 97/7/EG — Artikel 9 — Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 27 — Richtlinie 2005/29/EG — Artikel 5 Absatz 5 — Anhang I Nummer 29 — Unlautere Geschäftspraktiken — Begriff „Lieferung einer unbestellten Ware oder Dienstleistung“ — Trinkwasserversorgung

1.2.

Der Begriff des „Vertrags“

C-536/20 — Tiketa

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 2 Absatz 2 — Begriff des Unternehmers — Artikel 8 Absatz 1 — Informationspflichten

3.1.2.

Klarheit bezüglich Informationen und ein Link zur Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

3.2.2.

Identität und Kontaktdaten des Unternehmers

C-96/21 — CTS Eventim

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 16 Absatz 1 — Widerrufsrecht für kulturelle Veranstaltungen — Online–Vermittler

5.11.6.

Verträge mit einem spezifischen Termin oder Zeitraum

C-179/21 — Victorinox

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe m — Informationen über die Herstellergarantie

3.2.6

Garantie und Kundendienst

C-249/21 — Fuhrmann-2

Richtlinie 2011/83/EU — Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 2 — „Kennzeichnung“ einer Schaltfläche oder einer ähnlichen Funktion, deren Aktivierung Bestandteil eines Bestellvorgangs ist

4.2.1

Informationen, die unmittelbar vor der Bestellung vorzulegen sind