23.3.2021 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 100/16 |
BEKANNTMACHUNG DER KOMMISSION
Leitfaden zur Anwendung der Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2021/C 100/02)
INHALT
1. |
Einleitung | 18 |
2. |
Geltungsbereich der Verordnung (Artikel 2 der Verordnung) | 18 |
2.1. |
Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind | 19 |
2.1.1. |
Waren | 19 |
2.1.2. |
In einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht | 19 |
2.2. |
„Verwaltungsentscheidungen“ im Sinne der Verordnung | 19 |
2.2.1. |
Was ist eine Verwaltungsentscheidung? | 19 |
2.2.2. |
Erstes Kriterium: Nationale technische Vorschriften als Grundlage für eine Verwaltungsentscheidung | 20 |
2.2.3. |
Zweites Kriterium: Direkte oder indirekte Folge der Verwaltungsentscheidung ist eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs im Bestimmungsmitgliedstaat | 21 |
2.2.4. |
Nationale technische Vorschriften und Vorabgenehmigungsverfahren | 22 |
2.2.5. |
Einige Fälle, in denen die Verordnung (EU) 2019/515 nicht anwendbar ist | 23 |
3. |
Wie funktioniert die gegenseitige Anerkennung im Rahmen der Verordnung? | 23 |
3.1. |
Rechtmäßiges Inverkehrbringen von Waren im Ursprungsmitgliedstaat | 23 |
3.2. |
Verkaufen der Waren in einem anderen Mitgliedstaat | 23 |
3.3. |
Informationen über die Bewertung | 23 |
3.4. |
Die „Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung“ (Artikel 4 der Verordnung) | 23 |
3.4.1. |
Inhalt und Struktur der Erklärung | 25 |
3.4.2. |
Sprache der Erklärung | 26 |
3.4.3. |
Wer kann die Erklärung abgeben? | 26 |
3.4.4. |
Was geschieht, wenn die Erklärung nur teilweise vollständig ist? | 26 |
3.4.5. |
Wie und wann kann die Erklärung vorgelegt werden? | 27 |
3.4.6. |
Wie werden Unterlagen eingereicht? | 27 |
3.5. |
Bewertung durch die zuständige Behörde (Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung) | 27 |
3.5.1. |
Berechtigte Gründe des Allgemeininteresses | 28 |
3.5.2. |
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 28 |
3.6. |
Vorübergehende Aussetzung des Marktzugangs (Artikel 6 der Verordnung) | 30 |
3.7. |
Verwaltungsentscheidung (Artikel 5 Absätze 9 bis 13 der Verordnung) | 31 |
3.8. |
Mitteilungen an die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten | 31 |
3.9. |
Rechtsbehelfe gegen die Verwaltungsentscheidung | 32 |
3.10. |
Was ist SOLVIT? | 32 |
3.11. |
SOLVIT und das Problemlösungsverfahren nach Artikel 8 der Verordnung | 33 |
3.12. |
Die Stellungnahme der Kommission im Rahmen des Problemlösungsverfahrens nach Artikel 8 der Verordnung | 34 |
3.13. |
Die Rolle der Produktinfostellen (Artikel 9 der Verordnung) | 34 |
3.14. |
Verwaltungszusammenarbeit (Artikel 10 der Verordnung) | 35 |
4. |
Vorherige Bewertung nationaler technischer Vorschriften — Richtlinie (EU) 2015/1535 und die Binnenmarktklausel | 36 |
5. |
Zusammenhang zwischen der Verordnung (EU) 2019/515 und der Richtlinie 2001/95/EG | 37 |
5.1. |
Maßnahmen in Bezug auf Produkte, die eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen | 37 |
5.2. |
Maßnahmen in Bezug auf Verbrauchsgüter, die andere Risiken darstellen | 37 |
1. EINLEITUNG
Die Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind (1) (im Folgenden „Verordnung“) gilt seit dem 19. April 2020 und ersetzte die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (2). Ziel der Verordnung ist es, das Funktionieren des Binnenmarktes dadurch zu stärken, dass die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung verbessert wird und ungerechtfertigte Handelshemmnisse abgebaut werden (Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung).
Mit diesem Leitliniendokument sollen Unternehmen und zuständige nationale Behörden bei der Anwendung der Verordnung unterstützt werden (3). Rechtskraft besitzt jedoch nur der Text der Verordnung selbst. Die Auslegung des Unionsrechts obliegt ausschließlich dem Gerichtshof der Europäischen Union („der Gerichtshof“).
Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung leitet sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Artikeln 34 und 36 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ab. In der Verordnung sind Regeln und Verfahren für die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung in Einzelfällen festgelegt (Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung).
Die Artikel 34 und 36 AEUV finden Anwendung, wenn keine Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union für Waren oder bestimmte Aspekte von Waren vorliegen.
Nach Artikel 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
Artikel 36 AEUV lautet wie folgt:
Die Bestimmungen der Artikel 34 und 35 stehen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Beschränkungen können auch durch andere Ziele gerechtfertigt sein, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs genannt werden (sogenannte zwingende Erfordernisse).
Auf der Grundlage der Artikel 34 und 36 hat der Gerichtshof den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung entwickelt:
— |
Die Mitgliedstaaten dürfen den Verkauf von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten. |
— |
Die Mitgliedstaaten können das Inverkehrbringen von Waren beschränken oder verweigern, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, wenn die Beschränkung oder Verweigerung aus den in Artikel 36 AEUV dargelegten Gründen oder aufgrund anderer, durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannter Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. |
2. GELTUNGSBEREICH DER VERORDNUNG (ARTIKEL 2 DER VERORDNUNG)
Diese Verordnung gilt für 1) Waren aller Art, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, und 2) für Verwaltungsentscheidungen, die von einer zuständigen Behörde eines Bestimmungsmitgliedstaats im Zusammenhang mit solchen Waren getroffen wurden. Um in den Geltungsbereich der Verordnung zu fallen, müssen Verwaltungsentscheidungen auf einer nationalen technischen Vorschrift beruhen, die im Bestimmungsmitgliedstaat anwendbar ist, und die Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs im Bestimmungsmitgliedstaat als direkte oder indirekte Folge haben (Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung).
Es ist nicht immer ohne Weiteres feststellbar, ob Waren vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung profitieren können. Das liegt daran, dass die Artikel 34 und 36 AEUV — und damit die gegenseitige Anerkennung — für ein sehr breites Spektrum von Waren oder Aspekten von Waren gelten, die nicht vollständig unter die Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union fallen.
2.1. Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind
2.1.1. Waren
Die Verordnung gilt für Waren aller Art, einschließlich landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Der Begriff „landwirtschaftliche Erzeugnisse“ schließt gemäß Artikel 38 Absatz 1 AEUV Fischereierzeugnisse ein (Artikel 2 Absatz 1 und Erwägungsgrund 12 der Verordnung).
Die Verordnung betrifft Waren, die unter Artikel 34 AEUV fallen (Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs werden „vom Anwendungsbereich des freien Warenverkehrs nur Erzeugnisse erfasst [...], die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können“ (4).
2.1.2. In einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht
Die Verordnung betrifft Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind (Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung).
Gemäß Artikel 3 Nummer 1 der Verordnung sind Waren, die „in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht“ worden sind, Waren, die „die im betreffenden Mitgliedstaat geltenden einschlägigen Vorschriften erfüllen oder keiner derartigen im betreffenden Mitgliedstaat geltenden Vorschriften unterliegen und im betreffenden Mitgliedstaat für den Endnutzer bereitgestellt werden“ (Artikel 3 Nummer 1 der Verordnung). Diese zentrale Definition umfasst zwei Kriterien, auf die in den beiden nachstehenden Absätzen näher eingegangen wird.
— |
Das erste Kriterium ist, dass die Waren oder Waren dieser Art die im Ursprungsmitgliedstaat geltenden einschlägigen Vorschriften erfüllen müssen bzw. keinen derartigen im betreffenden Mitgliedstaat geltenden Vorschriften unterliegen dürfen. Wenn für die spezifischen Waren im Ursprungsmitgliedstaat keine einschlägigen nationalen technischen Vorschriften vorhanden sind, ist es daher einfacher, die Frage zu beantworten, ob die Waren die nationalen technischen Vorschriften dieses Mitgliedstaats erfüllen. Gibt es hingegen im Ursprungsmitgliedstaat nationale technische Vorschriften, können Angaben zu den Merkmalen der Waren und die Angabe der Fundstelle im nationalen Recht in einigen Fällen ausreichen, um die Einhaltung der Vorschriften nachzuweisen. In anderen Fällen könnte eine Entscheidung über eine Vorabgenehmigung erforderlich sein. Es ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten möglicherweise sehr unterschiedliche Systeme zur Kontrolle von Waren vor deren Inverkehrbringen (Vorabgenehmigungsverfahren) oder nach deren Inverkehrbringen (Marktüberwachung) anwenden. In diesen unterschiedlichen Systemen kommt es vor, dass bestimmte Waren überhaupt nicht reguliert werden und keinen nationalen gesetzlichen Vorgaben entsprechen müssen. Dass die „Einhaltung der einschlägigen Vorschriften“ für bestimme Waren in einem bestimmten Mitgliedstaat von der Bedingung einer Vorabgenehmigung abhängt, bedeutet nicht notwendigerweise, dass für das rechtmäßige Inverkehrbringen der gleichen Waren in einem anderen Mitgliedstaat eine solche Genehmigung ebenfalls erforderlich wäre. Auf das Konzept des rechtmäßigen Inverkehrbringens haben die unterschiedlichen Anforderungen in den Mitgliedstaaten keine Auswirkung. |
— |
Das zweite Kriterium des Konzepts des rechtmäßigen Inverkehrbringens ist, dass die Waren in diesem Mitgliedstaat für Endnutzer bereitgestellt worden sind. In Artikel 3 Nummer 2 der Verordnung wird „Bereitstellung auf dem Markt“ definiert als „jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe der Waren zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Markt innerhalb des Hoheitsgebietes eines Mitgliedstaats im Rahmen einer Geschäftstätigkeit“. Jedes Dokument, das i) eindeutige Angaben zur Erkennung der Waren oder der Art von Waren und zur Identifizierung von Lieferanten, Kunden oder Endnutzern sowie ii) Angaben zum Datum enthält, z. B. eine Rechnung, sollte als notwendiger und hinreichender Nachweis dafür angesehen werden, dass das Kriterium erfüllt ist. |
2.2. „Verwaltungsentscheidungen“ im Sinne der Verordnung
2.2.1. Was ist eine Verwaltungsentscheidung?
In Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung wird festgelegt, dass die Verordnung für „Verwaltungsentscheidungen“ gilt, die von einer zuständigen Behörde eines Bestimmungsmitgliedstaats im Zusammenhang mit solchen Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, getroffen wurden oder zu treffen sind, sofern die Verwaltungsentscheidung die folgenden Kriterien erfüllt:
a) |
Grundlage für die Verwaltungsentscheidung ist eine nationale technische Vorschrift, die im Bestimmungsmitgliedstaat anwendbar ist, und |
b) |
direkte oder indirekte Folge der Verwaltungsentscheidung ist eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs im Bestimmungsmitgliedstaat. |
Des Weiteren umfasst gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung der Begriff „Verwaltungsentscheidungen“ sämtliche administrativen Schritte, die auf einer nationalen technischen Vorschrift beruhen und dieselbe oder im Wesentlichen dieselbe rechtliche Wirkung haben wie die unter Buchstabe b genannte Entscheidung.
Das bedeutet, dass der administrative Schritt nicht unbedingt die Bezeichnung „Entscheidung“ tragen muss. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob dieser Schritt Waren betrifft, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, und ob er beide Voraussetzungen (gemäß Buchstaben a und b) erfüllt.
2.2.2. Erstes Kriterium: Nationale technische Vorschriften als Grundlage für eine Verwaltungsentscheidung
Gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung ist unter einer „nationalen technischen Vorschrift“ jede Regelung in einem Gesetz, einer Verordnung oder einer sonstigen Verwaltungsbestimmung eines Mitgliedstaats zu verstehen, auf die Folgendes zutrifft:
a) |
Sie deckt Waren oder Aspekte von Waren ab, die keiner Harmonisierung auf EU-Ebene unterliegen, |
b) |
sie verbietet entweder die Bereitstellung von Waren oder Waren einer bestimmten Art auf dem Markt des betreffenden Mitgliedstaats oder ihre Erfüllung wird tatsächlich oder rechtlich verbindlich vorgeschrieben, wenn Waren oder Waren einer bestimmten Art auf diesem Markt bereitgestellt werden, und |
c) |
auf sie trifft mindestens eines der folgenden Kriterien zu:
|
Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung orientiert sich an Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) („Transparenzrichtlinie“) sowie an Artikel 1 Nummer 2 und Artikel 1 Nummer 3 der vorangegangenen Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (7). Die Rechtsprechung zu diesen Bestimmungen (8) dürfte daher nützliche Anhaltspunkte bieten. Es gilt zu beachten, dass der Transparenzrichtlinie unterliegende nationale technische Vorschriften, die im Entwurfsstadium nicht notifiziert werden, Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (9). Das Notifizierungsverfahren gemäß der Transparenzrichtlinie wird in Kapitel 4 dieser Leitlinien beschrieben.
Zum Begriff von Vorschriften, die einen erheblichen Einfluss auf die Bereitstellung von Waren auf dem Markt ausüben, ist außerdem zu erwähnen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Beschränkungen der Verwendung bestimmter Waren als Hindernisse für den freien Warenverkehr angesehen werden können, da sie das Verhalten der Verbraucher beeinflussen. Verbraucher werden keine Waren kaufen, die sie nicht verwenden dürfen. Nachfolgend werden drei spezifische Beispiele für diese Rechtsprechung erörtert.
— |
In seinem Urteil in der Rechtssache Kommission/Italien beispielsweise kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass ein Verbot für Kradfahrzeuge, einen Anhänger mitzuführen, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen darstelle. Dies gelte, soweit das Verbot dazu führe, den Zugang zu dem betreffenden Markt für Anhänger zu versperren, die eigens für Kradfahrzeuge konzipiert worden seien, da es erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Verbraucher habe und die Nachfrage nach derartigen Anhängern auf dem betreffenden Markt verhindere (10). So hätten Verbraucher, die wüssten, dass sie ihr Kradfahrzeug nicht mit einem eigens dafür konzipierten Anhänger verwenden dürfen, praktisch kein Interesse daran, einen solchen Anhänger zu kaufen (11). |
— |
Ganz ähnlich befand der Gerichtshof in der Rechtssache Mickelsson, in der es um nationale Regelungen für die Bezeichnung von schiffbaren Gewässern und Wasserstraßen ging, dass die Beschränkung der Verwendung eines Erzeugnisses, die durch solche Regelungen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auferlegt werde, je nach ihrer Tragweite erheblichen Einfluss auf das Verhalten der Verbraucher haben könne. Dies wiederum könne sich auf den Zugang des Erzeugnisses zum Markt des Mitgliedstaats auswirken (12). Verbraucher, die wüssten, dass die von einer derartigen Regelung gestattete Benutzung sehr begrenzt ist, hätten nämlich nur ein geringes Interesse daran, das fragliche Erzeugnis zu kaufen (13). Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die nationalen Regeln über die Bezeichnung der schiffbaren Gewässer und Wasserstraßen, wenn sie dazu führen sollten, die Benutzer von Wassermotorrädern daran zu hindern, von diesen den ihnen eigenen und wesensimmanenten Gebrauch zu machen, oder deren Nutzung stark zu behindern, zur Folge hätten, den Zugang dieser Erzeugnisse zum fraglichen nationalen Markt zu behindern, und damit eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen wären (14). |
— |
Der Gerichtshof sah das Verbot der Befestigung von farbigen Folien an den Scheiben von Kraftfahrzeugen als Verstoß gegen Artikel 34 AEUV an und verwies u. a. darauf, dass potenzielle Interessenten, Händler oder Privatpersonen in dem Wissen, dass es verboten sei, solche Folien an der Windschutzscheibe und den Scheiben bei den Sitzen der Kraftfahrzeuginsassen zu befestigen, praktisch kein Interesse daran hätten, sie zu kaufen (15) |
Es ist wichtig hervorzuheben, dass die Verordnung nicht für Verwaltungsentscheidungen in Bezug auf andere Arten von Maßnahmen gilt, die zwar unter Artikel 34 AEUV fallen, jedoch keine nationalen technischen Vorschriften darstellen, wie etwa für öffentliche Vergabeverfahren erstellte technische Spezifikationen oder die obligatorische Verwendung der Amtssprache(n) in dem betreffenden Mitgliedstaat (Erwägungsgrund 10 der Verordnung).
Darüber hinaus fallen Vorschriften über Verkaufsmodalitäten nur dann in den Geltungsbereich von Artikel 34 AEUV, wenn sie Erzeugnisse aufgrund ihrer Herkunft diskriminieren, sei es rechtlich oder tatsächlich (16).
2.2.3. Zweites Kriterium: Direkte oder indirekte Folge der Verwaltungsentscheidung ist eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs im Bestimmungsmitgliedstaat
Wie bereits in Abschnitt 2.2.1 dargelegt, muss laut Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung die „direkte oder indirekte Folge der Verwaltungsentscheidung [...] eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs im Bestimmungsmitgliedstaat“ sein.
In seinem Urteil in der Rechtssache Dassonville (17) stellte der Gerichtshof fest, dass „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, [...] als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen anzusehen“ sei.
Ein gutes Beispiel für Verwaltungsentscheidungen mit der direkten Folge einer Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs könnten Entscheidungen sein, wonach Schmuckstücken, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, der Marktzugang mit der Begründung verweigert wird, dass auf ihnen keine Punze angebracht ist oder dass die Punze im Bestimmungsmitgliedstaat nicht anerkannt wird. Im Edelmetallbereich ist die gegenseitige Anerkennung oft mit Schwierigkeiten verbunden.
In der Rechtssache C-525/14, Kommission/Tschechische Republik, ging es darum, dass die tschechische Seite sich geweigert hatte, die Punzen von WaarborgHolland, einer unabhängigen Garantiestelle mit Sitz in den Niederlanden und Zweigniederlassungen in Drittstaaten, anzuerkennen und dementsprechend die Anbringung einer zusätzlichen tschechischen Punze auf den betreffenden Edelmetallen verlangt hatte. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass nach dieser Praxis die mit Punzen von WaarborgHolland, einer niederländischen Garantiestelle, versehenen Edelmetalle im Hoheitsgebiet Tschechiens erst in Verkehr gebracht werden könnten, nachdem sie in Tschechien einer Kontrolle unterzogen und mit einer zusätzlichen Garantiepunze versehen worden seien. Diese zusätzliche Kontrolle und Punzierung sei geeignet, die Einfuhr der betreffenden Waren aus anderen Mitgliedstaaten in das Hoheitsgebiet Tschechiens zu erschweren und zu verteuern. In Bezug auf Punzen, die in den Niederlanden und nicht in Zweigniederlassungen in Drittstaaten angebracht wurden, wird diese Praxis daher als nach Artikel 34 AEUV verboten angesehen.
Hinsichtlich der indirekten Folgen von Verwaltungsentscheidungen ist zu bedenken, dass es bereits ausreicht, wenn eine Verwaltungsentscheidung den Marktzugang im Bestimmungsmitgliedstaat beschränken oder verweigern könnte. Eine Entscheidung hat indirekte Folgen, wenn sie als solche den Marktzugang zwar nicht beschränkt oder verweigert, doch zumindest geeignet ist, dies nach den tatsächlichen Gegebenheiten und dem begrifflichen Verständnis, die in dem Mitgliedstaat bestehen, zu tun (18).
Entscheidungen, die nur indirekte Folgen für den Intra-EU-Handel haben, sollten klar von Entscheidungen abgegrenzt werden, deren Folgen zu indirekt sind, um sich überhaupt auszuwirken. In bestimmten Fällen (19) hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die beschränkenden Wirkungen, die eine Maßnahme für den freien Warenverkehr haben könnte, zu ungewiss und zu mittelbar seien, als dass die in ihr aufgestellte Verpflichtung als geeignet angesehen werden könne, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern und eine Verletzung von Artikel 34 AEUV darzustellen.
Wenn eine Maßnahme zwar nur einen Teil des Hoheitsgebiets erfasst, sich aber direkt oder indirekt auf den freien Warenverkehr auswirkt, wird sie auch dann als Beschränkung betrachtet, wenn sie auf ein geografisches Gebiet begrenzt ist.
Ein Beispiel hierfür ist die Rechtssache Ditlev Bluhme (20); nach den dänischen Rechtsvorschriften durften auf der Insel Læsø keine anderen Bienen als solche der Unterart Apis mellifera mellifera (braune Læsø-Biene) gehalten werden, da Letztere vor dem Aussterben geschützt werden sollte. Obwohl die Maßnahme nur auf dieser relativ kleinen Insel in Dänemark in Kraft war, gelangte der Gerichtshof zu der Überzeugung, dass ein Einfuhrverbot eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung darstelle und „dem [...] nicht entgegen[steht], daß die streitige Maßnahme auf einen Teil des Hoheitsgebiets beschränkt ist“ (21). Das Argument, dass ein Verbot der Einfuhr von Waren (andere Bienenarten), das auf einen Teil des Hoheitsgebiets begrenzt sei, eine Ausnahme wegen Geringfügigkeit darstellen könne, da es den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nur unwesentlich beeinträchtige, wurde vom Gerichtshof zurückgewiesen. Dennoch wurde befunden, dass die Maßnahme nach Artikel 36 EG-Vertrag durch den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Tieren als gerechtfertigt anzusehen sei, da die Gefahr des Aussterbens der braunen Læsø-Biene im Fall der Kreuzung mit gelben Bienen wegen der rezessiven Gene der braunen Biene unbestreitbar bestehe.
2.2.4. Nationale technische Vorschriften und Vorabgenehmigungsverfahren
Nach dem nationalen Recht mancher Mitgliedstaaten ist eine Vorabgenehmigung erforderlich, bevor Waren in Verkehr gebracht werden. Ein Vorabgenehmigungsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren nach dem Recht eines Mitgliedstaats, bei dem eine zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats auf der Grundlage des Antrags eines Wirtschaftsakteurs ihre förmliche Zustimmung zur Bereitstellung von Waren auf dem Markt des Mitgliedstaats geben muss (Artikel 3 Nummer 7 der Verordnung).
Ein Vorabgenehmigungsverfahren stellt als solches keine nationale technische Vorschrift im Sinne der Verordnung dar (Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung). Deshalb sollten Verwaltungsentscheidungen, die den Marktzugang von Waren ausschließlich aus dem Grund beschränken oder verweigern, dass für die Waren keine gültige Vorabgenehmigung vorliegt, vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden (Erwägungsgrund 11 der Verordnung).
Dennoch gilt eine auf der Grundlage einer nationalen technischen Vorschrift getroffene Entscheidung zur Verweigerung der Vorabgenehmigung als eine Verwaltungsentscheidung, die unter diese Verordnung fällt, wenn diese Entscheidung die übrigen Bedingungen nach Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung erfüllt (Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung). Das heißt, wenn die nationale Vorschrift, mit der das Vorabgenehmigungsverfahren eingeführt wird, eine nationale technische Vorschrift umsetzt, stellt eine auf der Grundlage einer nationalen technischen Vorschrift getroffene Entscheidung zur Verweigerung der Vorabgenehmigung eine Verwaltungsentscheidung im Sinne der Verordnung dar. Folglich kommt der Antragsteller in den Genuss des Verfahrensschutzes der Verordnung (Erwägungsgrund 11 der Verordnung).
2.2.5. Einige Fälle, in denen die Verordnung (EU) 2019/515 nicht anwendbar ist
Die Verordnung gilt nicht für gerichtliche Entscheidungen der nationalen Gerichtsbarkeit (Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung). Davon betroffen sind Entscheidungen der mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeit über die Rechtmäßigkeit von Fällen, in denen Waren, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, der Zugang zum Markt in einem anderen Mitgliedstaat verwehrt wird (Erwägungsgrund 14 der Verordnung).
Ferner gilt die Verordnung nicht für gerichtliche Entscheidungen von Strafverfolgungsbehörden im Rahmen von Untersuchungen oder Verfolgungen von Straftaten im Zusammenhang mit der Verwendung von Terminologie, Symbolen oder sonstigen inhaltlichen Bezügen auf verfassungsfeindliche oder kriminelle Organisationen oder rassistische, diskriminierende oder fremdenfeindliche Straftaten (Artikel 2 Absatz 5 Buchstabe b der Verordnung).
3. WIE FUNKTIONIERT DIE GEGENSEITIGE ANERKENNUNG IM RAHMEN DER VERORDNUNG?
3.1. Rechtmäßiges Inverkehrbringen von Waren im Ursprungsmitgliedstaat
Wenn Wirtschaftsakteure Waren in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr bringen und keine EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften vorliegen, sollten die Wirtschaftsakteure zunächst sicherstellen, dass die Waren den Vorschriften des Ursprungsmitgliedstaats entsprechen (oder keinen solchen Vorschriften unterliegen), die an dem Tag gelten, an dem diese Waren im Bestimmungsmitgliedstaat in Verkehr gebracht und für Endnutzer im Ursprungsmitgliedstaat bereitgestellt werden. Wenn die Waren im Ursprungsmitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, können sich die Wirtschaftsakteure vor den zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung berufen.
3.2. Verkaufen der Waren in einem anderen Mitgliedstaat
Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung lautet:
Der Wirtschaftsakteur darf während der Durchführung der Bewertung nach Absatz 1 dieses Artikels durch die zuständige Behörde die Waren im Bestimmungsmitgliedstaat auf dem Markt bereitstellen, und er kann dies fortsetzen, es sei denn, der betreffende Wirtschaftsakteur erhält eine Verwaltungsentscheidung zur Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs für diese Waren. Dieser Absatz gilt nicht, wenn die Bewertung im Rahmen eines Vorabgenehmigungsverfahrens erfolgt, oder wenn die zuständige Behörde die Bereitstellung von Waren, die dieser Bewertung unterliegen, auf dem Markt gemäß Artikel 6 vorübergehend ausgesetzt hat.
Dies bedeutet, dass der Wirtschaftsakteur, sobald die Bedingungen gemäß Abschnitt 3.1 erfüllt sind, die Waren grundsätzlich auf dem Markt des Bestimmungsmitgliedstaats bereitstellen darf. Der Wirtschaftsakteur sollte jedoch prüfen, ob im Bestimmungsmitgliedstaat ein Vorabgenehmigungsverfahren vorgeschrieben ist. Ist für das Inverkehrbringen der Waren eine Vorabgenehmigung im Bestimmungsmitgliedstaat erforderlich, so muss der Wirtschaftsakteur diese Genehmigung beantragen, bevor die Waren auf diesem Markt bereitgestellt werden. Wenn ein Vorabgenehmigungsverfahren anwendbar ist oder wenn die zuständige Behörde beschließt, die Bereitstellung der von ihr zu bewertenden Waren auf dem Markt vorübergehend auszusetzen, können die Waren nicht unverzüglich auf dem Markt bereitgestellt werden
3.3. Informationen über die Bewertung
Hat eine zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats im Rahmen der Umsetzung einer nationalen technischen Vorschrift die Absicht, eine Bewertung von unter diese Verordnung fallenden Waren durchzuführen, so muss dem betreffenden Wirtschaftsakteur unverzüglich mitgeteilt werden, dass eine solche Bewertung vorgenommen wird (Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung). Insbesondere muss die zuständige Behörde den Wirtschaftsakteur darüber informieren, i) welche Waren der Bewertung unterzogen werden, ii) welche geltenden nationalen technischen Vorschriften Anwendung finden oder welches Vorabgenehmigungsverfahren zur Anwendung gelangt und iii) dass die Möglichkeit besteht, eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung für die Zwecke dieser Bewertung zur Verfügung zu stellen (Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung).
3.4. Die „Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung“ (Artikel 4 der Verordnung)
Die Verordnung sieht vor, dass der Hersteller, der Einführer oder der Händler eine freiwillige Erklärung (oder „Selbsterklärung“) zum rechtmäßigen Inverkehrbringen der Waren für die Zwecke der gegenseitigen Anerkennung („Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung“) abgeben können. Diese Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung hilft Unternehmen dabei, darzulegen, dass die Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden. Gleichzeitig hilft sie den zuständigen Behörden bei der Bewertung von Waren nach Artikel 5 der Verordnung und erleichtert die länderübergreifende Zusammenarbeit.
Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats muss den Wirtschaftsakteur informieren, wenn sie die Absicht hat, zu bewerten, ob bestimmte Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden (Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung). Durch die Verordnung wird sichergestellt, dass das Verfahren für den Wirtschaftsakteur weniger aufwendig ist, wenn er sich für die Erklärung entscheidet.
Wird einer zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zur Verfügung gestellt, fordert die zuständige Behörde keine weiteren Angaben oder Nachweise außer den in der Verordnung festgelegten dafür an, dass die Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind (Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung).
Der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung sind die zur Überprüfung der in der Erklärung enthaltenen Angaben erforderlichen Nachweise beizufügen (Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe a der Verordnung).
Die Vorlage der freiwilligen Erklärung hindert die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats nicht daran, i) eine Bewertung von Waren durchzuführen, um festzustellen, ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift in ihrem Bestimmungsmitgliedstaat erfasst werden, unter Berücksichtigung der Merkmale der fraglichen Waren angemessen geschützt sind, oder ii) Verwaltungsentscheidungen für eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs zu treffen, solange diese Entscheidungen begründet sind.
Die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung sollte immer auch genaue und vollständige Informationen zu den Waren enthalten (Erwägungsgrund 19 der Verordnung). Sie sollte aktualisiert werden, damit alle Änderungen — z. B. der einschlägigen nationalen technischen Vorschriften — berücksichtigt werden (Erwägungsgrund 19 und Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung).
Änderungen der nationalen Vorschriften können auch Änderungen der Waren erforderlich machen. Wenn die spezifischen Waren den geänderten technischen Vorschriften entsprechen, sollten die Waren nicht geändert werden. Wenn die Waren jedoch infolge der Änderungen der nationalen Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, diesen Vorschriften nicht mehr entsprechen, müssen die Waren so geändert werden, dass sie den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats entsprechen, in dem sie rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind. Verantwortlich für den Inhalt und die Richtigkeit der Erklärung ist der Wirtschaftsakteur, der den einschlägigen Teil der Erklärung unterzeichnet (Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung).
Die Wirtschaftsakteure können sich entscheiden, keinen Gebrauch von der Vorlage der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zu machen. In diesem Fall können die zuständigen Behörden die Wirtschaftsakteure auffordern, innerhalb einer Frist von mindestens 15 Arbeitstagen nach entsprechender Aufforderung Unterlagen und Angaben zur Verfügung zu stellen (Artikel 5 Absätze 5 und 6 der Verordnung). Die Kommission ist der Auffassung, dass die Anforderung von Unterlagen und Angaben aus Gründen der guten Verwaltung und der Rechtssicherheit schriftlich erfolgen sollte. Die Unterlagen und Angaben, die eine zuständige Behörde anfordern kann, sollten notwendig sein, um Folgendes zu bewerten: i) die Merkmale der fraglichen Waren oder Art von Waren und ii) das rechtmäßige Inverkehrbringen in einem anderen Mitgliedstaat (Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung). Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen die zuständigen Behörden jedoch nicht mehr verlangen, als notwendig ist, um die Merkmale der Waren aufzuzeigen und um nachzuweisen, dass die Waren rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden. In diesem Sinne könnte die Forderung, dass ein Wirtschaftsakteur eine von einem Ministerium oder einer anderen Verwaltungsstelle im Ursprungsmitgliedstaat ausgestellte Bescheinigung über das rechtmäßige Inverkehrbringen einholen muss, ein Beispiel für eine unverhältnismäßige Anforderung von Nachweisen sein.
Zu Prüfberichten oder Bescheinigungen, die von einer Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt werden, heißt es in Artikel 5 Absatz 8 der Verordnung:
Bei der Durchführung der Bewertung nach Absatz 1 berücksichtigen die zuständigen Behörden der Bestimmungsmitgliedstaaten den Inhalt von Prüfberichten oder Bescheinigungen, die von einer Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt und von einem beliebigen Wirtschaftsakteur im Rahmen der Bewertung zur Verfügung gestellt wurden, gebührend. Die zuständigen Behörden der Bestimmungsmitgliedstaaten dürfen Prüfberichte oder Bescheinigungen, die von einer für eine entsprechende Konformitätsbewertungstätigkeit gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle ausgestellt wurden, nicht aus Gründen, die sich auf die Befugnisse dieser Konformitätsbewertungsstelle beziehen, zurückweisen.
Das heißt, die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats darf von einem Wirtschaftsakteur, der Bescheinigungen einer für den entsprechenden Bereich der Konformitätsbewertung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (22) akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle vorgelegt hat, nicht Bescheinigungen einer anderen Konformitätsbewertungsstelle verlangen, nur weil sie die Befugnis der Konformitätsbewertungsstelle, die die Bescheinigungen ausgestellt hat, infrage stellt.
3.4.1. Inhalt und Struktur der Erklärung
Im Anhang der Verordnung ist der Aufbau der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung, die stets sämtliche im Anhang aufgeführten Angaben enthalten muss, dargestellt (Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung).
Die Erklärung gliedert sich in zwei Teile, die beide einem bestimmten Ziel dienen.
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Teil I enthält Informationen zu den Merkmalen der Waren oder der Art von Waren und zu den spezifischen Vorschriften in dem Mitgliedstaat, in dem die Waren rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden. |
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Teil II enthält Angaben zum Inverkehrbringen der Waren oder der betreffenden Art von Waren im Ursprungsmitgliedstaat. Als Nachweise für die Angaben dieses Teils können u. a. eine Rechnung, ein Dokument mit einem Verkaufsnachweis, Steuerunterlagen, Registrierungen, Lizenzen, Mitteilungen an/von Behörden, Bescheinigungen oder Auszüge aus öffentlichen Datenbeständen vorgelegt werden.
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3.4.2. Sprache der Erklärung
Die Erklärung muss in einer der Amtssprachen der EU abgefasst sein. Ist die Erklärung in einer anderen Sprache als den vom Bestimmungsmitgliedstaat vorgeschriebenen Sprachen abgefasst, hat der Wirtschaftsakteur die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung in eine vom Bestimmungsmitgliedstaat vorgeschriebene Sprache zu übersetzen (Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 6 der Verordnung).
3.4.3. Wer kann die Erklärung abgeben?
Durch die Bestimmungen der Verordnung bezüglich der Erklärung wird das notwendige Gleichgewicht gewährleistet, mit dem dafür gesorgt wird, dass i) alle Wirtschaftsakteure die Möglichkeit erhalten, die Erklärung abzugeben, und ii) der Wirtschaftsakteur, der die Erklärung oder Teile der Erklärung abgibt, die Verantwortung dafür übernimmt.
Der Hersteller von Waren oder von Waren einer bestimmten Art ist am besten in der Lage, die freiwillige Erklärung abzugeben. Der Hersteller kann auch einen Bevollmächtigten beauftragen, die Erklärung in seinem Namen und unter seiner Verantwortung abzugeben (Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz1 der Verordnung). Auch der Einführer oder der Händler kann die Erklärung abgeben, sofern er die erforderlichen Nachweise für die Überprüfung der in der Erklärung enthaltenen Angaben vorlegen kann (Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 5 der Verordnung).
Der Hersteller oder sein entsprechend Bevollmächtigter können in der Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung lediglich die in Teil I des Anhangs angeführten Angaben machen (z. B. Art, Beschreibung, Merkmale der Waren, gegebenenfalls die anwendbare Vorschrift in dem Mitgliedstaat, in dem die Waren vorgeblich rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, Konformitätsbewertungsverfahren oder Prüfberichte usw.). In solchen Fällen müssen die in Teil II des Anhangs angeführten Angaben vom Einführer oder Händler eingesetzt werden (Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 4 der Verordnung).
Wirtschaftsakteure, die die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung oder einen ihrer Teile unterzeichnen, sind verantwortlich für den Inhalt und die Richtigkeit der von ihnen in der Erklärung gemachten Angaben. Sie haften nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften, und wenn die Erklärung übersetzt werden muss, sind sie für die Richtigkeit der von ihnen übersetzten Angaben verantwortlich (Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung).
Die Wirtschaftsakteure müssen auch sicherstellen, dass die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung stets auf dem neuesten Stand gehalten wird, sodass alle Änderungen ihrer Angaben berücksichtigt werden (Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung).
3.4.4. Was geschieht, wenn die Erklärung nur teilweise vollständig ist?
Gemäß Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Verordnung muss die Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung gemäß den Teilen I und II des Anhangs aufgebaut sein und sämtliche darin aufgeführten Angaben enthalten.
Wenn die Anmeldung unvollständig ist, weil sie nicht alle erforderlichen Elemente enthält, sollte sie daher als ungültig im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung angesehen werden. Infolgedessen findet Artikel 5 Absätze 5 und 6 der Verordnung Anwendung, und die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats kann die für die Bewertung erforderlichen Informationen anfordern. Dem Wirtschaftsakteur ist eine Frist von mindestens 15 Arbeitstagen einzuräumen, um der Aufforderung nachzukommen, die für die Bewertung erforderlichen Unterlagen und Angaben vorzulegen.
3.4.5. Wie und wann kann die Erklärung vorgelegt werden?
Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats muss den betroffenen Wirtschaftsakteur „unverzüglich“ informieren, wenn sie die Absicht hat zu bewerten, ob Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind und, falls dies der Fall ist, ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats erfasst werden, unter Berücksichtigung der Merkmale der fraglichen Waren angemessen geschützt sind (Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung).
Gleichzeitig teilt die zuständige Behörde gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung mit,
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welche Waren der Bewertung unterzogen werden, |
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welche geltenden technischen Vorschriften Anwendung finden oder welches Vorabgenehmigungsverfahren zur Anwendung gelangt, |
— |
dass die Möglichkeit besteht, eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zur Verfügung zu stellen. |
Der Wirtschaftsakteur kann sich dafür entscheiden, eine Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung zusammen mit den für die Überprüfung der darin enthaltenen Angaben erforderlichen Nachweisen abzugeben. Dies wäre für den Wirtschaftsakteur weniger aufwendig, da die zuständige Behörde von keinem Wirtschaftsakteur weitere Angaben oder Unterlagen zum Nachweis dafür anfordern darf, dass die Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind (Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung).
3.4.6. Wie werden Unterlagen eingereicht?
Für die Einreichung der Erklärung und der entsprechenden Nachweise muss eine Frist von mindestens 15 Arbeitstagen nach Aufforderung durch die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats eingeräumt werden (Artikel 5 Absatz 6 der Verordnung). Sie kann entsprechend den Anforderungen des Bestimmungsmitgliedstaats entweder in Papierform oder elektronisch übermittelt oder online zugänglich gemacht werden (Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung).
3.5. Bewertung durch die zuständige Behörde (Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung)
Eine zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats kann Waren bewerten, um festzustellen,
— |
ob die Waren oder die betreffende Art von Waren in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, |
— |
und, falls dies der Fall ist, ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats erfasst werden, unter Berücksichtigung der Merkmale der fraglichen Waren angemessen geschützt sind. |
Für Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, kann der Zugang zum Markt des Bestimmungsmitgliedstaats nur beschränkt oder verweigert werden, wenn
1) |
die nationale technische Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats ein Ziel von berechtigtem öffentlichem Interesse verfolgt und |
2) |
die Beschränkung oder Verweigerung des Zugangs verhältnismäßig ist, d. h. die Maßnahme für die Erreichung des Ziels geeignet und notwendig ist (also nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist). |
Verwaltungsentscheidungen, die den Marktzugang von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, beschränken oder verweigern, sollen nicht allein darauf gründen, dass die in Rede stehenden Waren das von dem Mitgliedstaat verfolgte Ziel von berechtigtem öffentlichem Interesse auf andere Art erfüllen als Waren in diesem Mitgliedstaat dies tun (Erwägungsgrund 5 der Verordnung). Was heißt: Waren erfüllen das Ziel von berechtigtem öffentlichem Interesse auf andere Art? Es bedeutet, dass Waren das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel auch dann erreichen könnten, wenn sie beispielsweise im Ursprungsmitgliedstaat mit Prüfverfahren geprüft wurden, die sich von dem im Bestimmungsmitgliedstaat vorgeschriebenen Verfahren unterscheiden.
3.5.1. Berechtigte Gründe des Allgemeininteresses
Gemäß Artikel 36 AEUV stehen die Bestimmungen der Artikel 34 und 35 Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die i) aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, ii) Ordnung und Sicherheit, iii) zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, iv) des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder v) des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Zusätzlich zu den in Artikel 36 AEUV aufgeführten Gründen gibt es „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ oder „zwingende Erfordernisse“ (23), die vom Gerichtshof entwickelt worden sind. In seinem Urteil in der Rechtssache Cassis de Dijon (24) erklärte der Gerichtshof, dass ein Hemmnis für den freien Warenverkehr, das sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung der Erzeugnisse ergebe, hingenommen werden müsse, soweit die betreffenden Bestimmungen notwendig seien, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes. Das Gericht kann auch andere Rechtfertigungsgründe anerkennen, etwa den Schutz der Grundrechte (z. B. Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit von Demonstranten (25), den Verbraucherschutz (26), den Schutz von Kindern (27) oder den Umweltschutz (28).
Weitere Informationen über berechtigte Gründe des Allgemeininteresses finden Sie in der Veröffentlichung Der freie Warenverkehr — Leitfaden zur Anwendung der Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr (29).
3.5.2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Die Entscheidung muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies bedeutet, dass die Verwaltungsentscheidung geeignet sein muss, das damit verfolgte Ziel zu verwirklichen, ohne über das zur Zielerreichung erforderliche Maß hinauszugehen.
In der Rechtssache C-320/03, Kommission/Österreich, befand der Gerichtshof: „Bei der Prüfung, ob eine solche Behinderung dem im vorliegenden Fall verfolgten rechtmäßigen Zweck, die Umwelt zu schützen, angemessen ist, ist zu untersuchen, ob sie zur Erreichung des zulässigen Zweckes erforderlich und geeignet ist“ (30).
Die Verhältnismäßigkeit der nationalen technischen Vorschrift bildet die Grundlage für den Nachweis der Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsentscheidung, die auf dieser Vorschrift beruht. Allerdings müssen in jedem Einzelfall die Mittel festgelegt werden, mit denen der Nachweis der Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsentscheidung zu erbringen ist (Erwägungsgrund 27 der Verordnung).
Die Veröffentlichung Der freie Warenverkehr — Leitfaden zur Anwendung der Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr enthält nützliche Informationen über die Prüfung der Verhältnismäßigkeit.
In den folgenden Absätzen werden einige Beispiele für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erörtert.
a)
Der Gerichtshof beurteilte die Geeignetheit von Maßnahmen zur Erreichung des Ziels u. a. in folgenden Fällen (31):
— |
In seinem Urteil in der Rechtssache Ålands Vindkraft betonte der Gerichtshof, dass die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung dem Umweltschutz diene, da sie zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen beitrage, die zu den Hauptursachen der Klimaänderungen zählten, zu deren Bekämpfung sich die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet hätten (32). |
— |
Der Gerichtshof entschied in der Rechtssache Kommission/Italien (Anhänger), dass ein Verbot für Kradfahrzeuge, einen Anhänger mitzuführen, geeignet sei, das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu erreichen (33). |
— |
In der Rechtssache Dynamic Medien stellte der Gerichtshof fest, dass kein Zweifel bestehe, dass das Verbot des Verkaufs und der Überlassung von Bildträgern im Versandhandel, die nicht durch die zuständige Stelle zum Zweck des Schutzes Minderjähriger geprüft und eingestuft worden seien und die keine Angabe dieser Stelle über die Altersfreigabe trügen, eine Maßnahme darstelle, die geeignet sei, das Kind vor Informationen und Material zu schützen, die sein Wohlergehen beeinträchtigen (34). |
b)
Die Verwaltungsentscheidung ist verhältnismäßig, wenn sie nicht nur geeignet, sondern auch notwendig ist, um das rechtmäßige Ziel zu erreichen. In diesem Teil der Bewertung ist zu beurteilen, ob die Verwaltungsentscheidung über das für die Erreichung des rechtmäßigen Ziels erforderliche Maß hinausgeht. Dies ist dann der Fall, wenn dasselbe Ziel auch mit weniger restriktiven Mitteln erreicht werden könnte. Die nachstehenden Beispiele zeigen, welche Fragen gestellt werden sollten, um die Notwendigkeit einer Verwaltungsentscheidung zu bewerten.
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In seinem Urteil in der Rechtssache Kommission/Tschechische Republik stellte der Gerichtshof klar, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der Betrugsbekämpfung, die zum Schutz der Verbraucher in ihrem Hoheitsgebiet unternommen werde, davon ausgehen dürften, dass die im Gebiet von Drittstaaten angebrachten Garantiepunzen kein Verbraucherschutzniveau böten, das den von unabhängigen Stellen im Gebiet der Mitgliedstaaten angebrachten Garantiepunzen gleichwertig sei (es sei denn, der Mitgliedstaat der Einfuhr von Waren aus Drittstaaten, der über ein gleichwertiges Punzierungssystem verfüge, führe Kontrollen der Waren durch und die Ergebnisse erfüllten die Anforderungen dieses Mitgliedstaats) (35). Der Gerichtshof befand jedoch, dass die Maßnahme hinsichtlich des von ihr verfolgten Ziels nicht verhältnismäßig sei, da dasselbe Ziel auch mit anderen, weniger restriktiven Maßnahmen hätte erreicht werden können. Erstens hätten die tschechischen Behörden vom Einführer einen urkundlichen Nachweis verlangen können, der den Ort, an dem die fragliche Punze angebracht wurde, und gegebenenfalls den Ort der Überführung in den freien Verkehr und des rechtmäßigen Inverkehrbringens der fraglichen Edelmetalle in der Union bescheinigt. Zweitens hätten die tschechischen Behörden die Verweigerung der Anerkennung der Punzen von WaarborgHolland auf allein die Fälle beschränken können, in denen eine zusätzliche Kontrolle dieser Metalle durch die tschechischen Behörden tatsächlich durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt sei, insbesondere in Fällen von Einfuhren aus Drittländern (36). |
— |
In der Rechtssache Ålands Vindkraft wurde die Zuteilung von schwedischen Stromzertifikaten für einen in Finnland befindlichen Windenergiepark abgelehnt, weil lediglich in Schweden befindliche Anlagen zur Erzeugung grünen Stroms dafür zugelassen werden konnten. Nach Auffassung des Gerichtshofs war diese Maßnahme allerdings verhältnismäßig, da nicht ersichtlich sei, dass Schweden allein dadurch, dass es eine Förderregelung, bei der grüne Zertifikate zum Einsatz kämen, auf den im Inland erzeugten grünen Strom beschränkt habe, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hätte. Die Mitgliedstaaten hätten ein verbindliches nationales Ziel in Bezug auf erneuerbare Energien (ihre angemessene Beteiligung an den Anstrengungen), auf das sie jedoch nur Strom anrechnen könnten, der in ihren eigenen Anlagen erzeugt werde. Infolgedessen sei Schweden zu der Annahme berechtigt gewesen, dass eine solche territoriale Beschränkung nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung des sowohl mit dieser nationalen Regelung als auch mit der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (37), in deren Rahmen sie sich einfüge, verfolgten Ziels erforderlich sei, das darin bestehe, in der Union die Erzeugung und, mittelbar, den Verbrauch von grünem Strom zu steigern (38). |
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In seinem Urteil in der Rechtssache Dynamic Medien bewertete der Gerichtshof die Notwendigkeit der Maßnahme wie folgt: Hinsichtlich der sachlichen Reichweite des in Frage stehenden Verbots sei darauf hinzuweisen, dass das Jugendschutzgesetz nicht jeder Form des Vertriebs von ungeprüften Bildträgern entgegenstehe. Wie der Entscheidung zu entnehmen sei, dürften solche Bildträger eingeführt und an Erwachsene über Vertriebswege verkauft werden, die einen persönlichen Kontakt zwischen dem Lieferanten und dem Käufer beinhalteten und es so ermöglichen würden, zu kontrollieren, dass Kinder zu diesen Bildträgern keinen Zugang hätten. In Anbetracht dieser Umstände sei festzustellen, dass die fragliche Regelung nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung des vom betroffenen Mitgliedstaat verfolgten Ziels erforderlich sei (39). |
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In der Rechtssache C-265/06, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Portugiesische Republik, stellte der Gerichtshof fest, dass die Verbrechensbekämpfung und die Sicherheit des Straßenverkehrs zwingende Gründe des Gemeinwohls sein könnten, die eine Behinderung des freien Warenverkehrs rechtfertigen könnten. Zwar scheine das Verbot der Befestigung von farbigen Folien an den Scheiben von Personen- oder Güterkraftfahrzeugen „eine solche Beobachtung zu erleichtern und infolgedessen geeignet zu sein, die Ziele der Verbrechensbekämpfung und der Sicherheit des Straßenverkehrs zu erreichen, doch ergibt sich daraus nicht, dass es zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist und dass es dafür keine anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen gibt“ (40). Die Notwendigkeit des Verbots sei umso weniger nachgewiesen, als die Behörden eingeräumt hätten, dass Kraftfahrzeuge, die in der Originalausstattung über Scheiben verfügten, die in den von der Richtlinie 92/22/EWG (41) vorgesehenen Grenzen getönt seien, in ihrem Gebiet zugelassen seien. Darüber hinaus gebe es ein großes Sortiment an farbigen Folien (das von transparenten bis zu praktisch undurchsichtigen Folien reiche), was bedeute, dass zumindest bei einigen Folien, nämlich denjenigen, die einen ausreichenden Grad an Transparenz aufwiesen, die gewünschte Sichtkontrolle des Innenraums von Kraftfahrzeugen möglich sei. Daher kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass das Verbot von farbigen Folien an Scheiben von Kraftfahrzeugen übermäßig sei und somit außer Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehe (42). |
3.6. Vorübergehende Aussetzung des Marktzugangs (Artikel 6 der Verordnung)
Wenn eine zuständige Behörde eines Bestimmungsmitgliedstaats Waren bewertet, bevor sie über eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs entscheidet, sollte diese Behörde nicht die Aussetzung des Marktzugangs beschließen dürfen, es sei denn, es ist ein zügiges Eingreifen erforderlich, um die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen zu schützen oder Schäden für die Umwelt zu verhindern oder um die Bereitstellung von Waren zu verhindern, wenn diese Bereitstellung aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit oder der öffentlichen Sicherheit — z. B. zur Kriminalitätsprävention — generell verboten ist (Erwägungsgrund 29 der Verordnung).
Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung dürfen die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats, wenn sie eine Bewertung von Waren durchführen, die Bereitstellung der betreffenden Waren auf dem Markt des Mitgliedstaats nur dann vorübergehend aussetzen, wenn
a) |
die Waren unter normalen oder nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Gebrauchsumständen ein erhebliches Risiko für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit von Menschen oder die Umwelt — einschließlich solcher Risiken, deren Folgen nicht unmittelbar eintreten — darstellen, das ein rasches Einschreiten der zuständigen Behörde notwendig macht, oder |
b) |
die Bereitstellung der Waren oder von Waren dieser Art auf dem Markt im betreffenden Mitgliedstaat aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit oder der öffentlichen Sicherheit generell verboten ist. |
Setzt die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats den Marktzugang vorübergehend aus, muss sie unverzüglich den betroffenen Wirtschaftsakteur, die Kommission sowie die anderen Mitgliedstaaten darüber unterrichten (Artikel 6 Absatz 2). Ist der Grund für die vorübergehende Aussetzung, dass die Waren unter normalen oder nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Gebrauchsumständen ein erhebliches Risiko für die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen oder die Umwelt — einschließlich Risiken ohne unmittelbare Folgen — darstellen, das ein rasches Einschreiten der zuständigen Behörde notwendig macht, so muss diese Mitteilung eine ausführliche technische oder wissenschaftliche Begründung enthalten, warum der Fall in den Anwendungsbereich des genannten Buchstabens fällt (Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung).
3.7. Verwaltungsentscheidung (Artikel 5 Absätze 9 bis 13 der Verordnung)
Nach Abschluss einer Bewertung der Waren kann die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats beschließen, eine Verwaltungsentscheidung über die Waren zu treffen, die sie bewertet hat (Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung).
Wie bereits erwähnt, stellt die gegenseitige Anerkennung kein absolutes Prinzip dar. Dennoch bedarf jede Ausnahme von diesem Prinzip einer fundierten Begründung. Der Marktzugang für Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, kann nicht allein deshalb beschränkt oder verweigert werden, weil die nationalen Vorschriften unterschiedliche Anforderungen an die betreffenden Waren stellen. Wenn ein triftiger Grund dafür vorliegt, den Marktzugang zu beschränken oder zu verweigern, muss eine solche Entscheidung stets begründet werden.
Bisher wurden in Verwaltungsentscheidungen nur selten die Gründe für eine Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs für Waren dargelegt, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden.
In Artikel 5 Absätze 10 bis 12 der Verordnung sind die Kategorien von Angaben aufgeführt, die in der Verwaltungsentscheidung enthalten sein müssen.
In der Verwaltungsentscheidung sind die Gründe für die Entscheidung anzugeben; diese müssen ausreichend detailliert und fundiert dargestellt sein, um eine Bewertung ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und den Anforderungen der Verordnung zu erleichtern (Artikel 5 Absatz 10 der Verordnung). Insbesondere ist in der Verwaltungsentscheidung Folgendes anzugeben (Artikel 5 Absatz 11 der Verordnung):
a) |
die nationale technische Vorschrift, auf der die Verwaltungsentscheidung beruht, |
b) |
der berechtigte Grund des Allgemeininteresses, mit dem die Anwendung der nationalen technischen Vorschrift, auf der die Verwaltungsentscheidung beruht, begründet wird, |
c) |
die durch die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats berücksichtigten technischen oder wissenschaftlichen Nachweise, einschließlich gegebenenfalls etwaiger relevanter Änderungen des Stands der Technik, die seit dem Inkrafttreten der nationalen technischen Vorschrift eingetreten sind, |
d) |
eine Zusammenfassung der Argumente des betreffenden Wirtschaftsakteurs, falls solche vorgebracht wurden, die relevant sind, um zu bewerten, ob die Waren rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden und ob die berechtigten Allgemeininteressen, die von der geltenden nationalen technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaats erfasst werden, unter Berücksichtigung der Merkmale der fraglichen Waren angemessen geschützt sind, |
e) |
die Nachweise, die belegen, dass die Verwaltungsentscheidung geeignet ist, das damit verfolgte Ziel zu verwirklichen, ohne über das zur Zielerreichung erforderliche Maß hinauszugehen. |
Für die Zwecke von Artikel 5 Absatz 11 der Verordnung sind „berechtigte Gründe des Allgemeininteresses“ definiert als alle in Artikel 36 AEUV aufgeführten Gründe oder sonstige zwingende Gründe des Allgemeininteresses (Artikel 3 Nummer 14 der Verordnung). (43)
In der Verwaltungsentscheidung sind die nach dem nationalen Recht des Bestimmungsmitgliedstaats verfügbaren Rechtsbehelfe und die dafür geltenden Fristen aufzuführen. Es ist darin auch darauf hinzuweisen, dass Wirtschaftsakteure SOLVIT und das neue Problemlösungsverfahren nutzen können (Artikel 5 Absatz 12 der Verordnung, siehe auch Abschnitt 3.10).
Die Verwaltungsentscheidung, mit der der Marktzugang beschränkt oder verweigert wird, muss dem Wirtschaftsakteur unverzüglich mitgeteilt werden. Die Entscheidung wird erst wirksam, wenn sie dem Wirtschaftsakteur mitgeteilt wurde (Artikel 5 Absätze 9 und 13 der Verordnung).
3.8. Mitteilungen an die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten
Die zuständigen nationalen Behörden müssen die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten unterrichten über
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vorübergehende Aussetzungen (Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung); |
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Verwaltungsentscheidungen (Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung). |
Für die Zwecke von Artikel 5 Absatz 9 und Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung ist das Informations- und Kommunikationssystem für die Marktüberwachung (Information and Communication System on Market Surveillance — ICSMS) zu verwenden (Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung).
Die Kommission muss für die zukünftige Bewertung der Verordnung die im ICSMS vorhandenen Angaben heranziehen (Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung).
Vorübergehende Aussetzungen müssen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten unverzüglich über das ICSMS mitgeteilt werden (Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung).
Verwaltungsentscheidungen müssen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten spätestens 20 Arbeitstage, nachdem die Entscheidung getroffen wurde, über das ICSMS mitgeteilt werden (Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung).
Die mitgeteilte vorübergehende Aussetzung oder Verwaltungsentscheidung ist in das ICSMS hochzuladen.
Wenn eine über das System zum raschen Informationsaustausch (Rapid Information Exchange System — RAPEX) (44) oder über das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (Rapid Alert System for Food and Feed — RASFF) (45) gemeldete Maßnahme Waren betrifft, die nicht unter die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften fallen und die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht werden, muss auch diese Maßnahme theoretisch gemäß der Verordnung über das ICSMS gemeldet werden.
Mit der Verordnung sollen die Mitgliedstaaten von der Last doppelter Meldungen befreit werden, wenn eine Maßnahme nach zwei Systemen gemeldet werden muss. Daher wird in Artikel 7 Folgendes festgelegt: Wenn eine Verwaltungsentscheidung oder eine vorübergehende Aussetzung auch eine Maßnahme darstellt, die über RAPEX oder RASFF zu melden ist, „so ist nach dieser Verordnung eine separate Mitteilung an die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten nicht notwendig“, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind: a) In der RAPEX- oder RASFF-Meldung wird darauf hingewiesen, dass die Meldung auch als Meldung gemäß der Verordnung (EU) 2019/515 gilt, und b) die gemäß der Verordnung (EU) 2019/515 erforderlichen Nachweise sind beigefügt.
Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaats ist für das Hochladen der gemäß der Verordnung erforderlichen Unterlagen verantwortlich. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei diesen Unterlagen um die Verwaltungsentscheidung und die vorübergehende Aussetzung (zusammen mit einer ausführlichen technischen oder wissenschaftlichen Begründung, wenn der Grund ein erhebliches Risiko für die Sicherheit oder Gesundheit von Menschen oder die Umwelt ist).
3.9. Rechtsbehelfe gegen die Verwaltungsentscheidung
In jeder Verwaltungsentscheidung, die von der zuständigen Behörde eines Bestimmungsmitgliedstaats gemäß der Verordnung getroffen wird, müssen die nach dem nationalen Recht verfügbaren Rechtsbehelfe und die Fristen für deren Inanspruchnahme aufgeführt sein (Artikel 5 Absatz 12 der Verordnung und Erwägungsgrund 35 der Verordnung), damit Wirtschaftsakteure Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung einlegen oder gegen sie klagen können. Welche Möglichkeiten zur Anfechtung solcher Entscheidungen bestehen, hängt von den Rechtsbehelfen ab, die im nationalen Recht vorgesehen sind (Verwaltungsbeschwerde, nationale Gerichtsbarkeit oder andere Berufungsinstanzen). Im Allgemeinen sehen die nationalen Justizsysteme die Möglichkeit vor, entweder direkt oder nach einer Verwaltungsbeschwerde vor einem Gericht Rechtsmittel gegen die Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörde über die Beschränkung oder Verweigerung des Marktzugangs einzulegen.
In Artikel 8 der Verordnung wird ein Problemlösungsverfahren eingeführt, um einen wirksamen Rechtsbehelf zur Verfügung zu stellen und das Vertrauen in die gegenseitige Anerkennung wiederherzustellen. Dieses neue Verfahren wird an das SOLVIT-Netz übertragen.
3.10. Was ist SOLVIT?
SOLVIT ist ein Netz von Zentren der Mitgliedstaaten, dessen Ziel gemäß der Empfehlung 2013/461/EU der Kommission zu den Grundsätzen für SOLVIT darin besteht, rasche, wirksame und informelle Lösungen für Probleme zu finden, mit denen Einzelpersonen und Unternehmen konfrontiert sind, wenn Behörden ihnen ihre Rechte als EU-Bürger im Binnenmarkt verweigern (46).
SOLVIT ist ein informeller außergerichtlicher Problemlösungsmechanismus, der eine Alternative zu Gerichtsverfahren bietet. SOLVIT bietet in grenzübergreifenden Situationen praktische Lösungen für Einzelpersonen und Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, die mit dem Binnenmarkt zusammenhängen und von einer Behörde verursacht wurden. Bei SOLVIT handelt es sich um einen kostenfreien Dienst, der von den nationalen Behörden in jedem EU-Mitgliedstaat sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen erbracht wird. Die Grundsätze für die Arbeitsweise von SOLVIT werden in der Empfehlung 2013/461/EU der Kommission dargelegt, in der es heißt, dass jeder Mitgliedstaat eine SOLVIT-Stelle einrichten muss, die mit angemessenen Mitteln ausgestattet ist, um die Beteiligung am SOLVIT-Netz sicherzustellen (47).
Das SOLVIT-Verfahren kann von Wirtschaftsakteuren eingeleitet werden, die von einer Verwaltungsentscheidung betroffen sind. In der Empfehlung 2013/461/EU wird keine Frist für die Einleitung des SOLVIT-Verfahrens genannt. Wenn Wirtschaftsakteure sich aber entschließen, SOLVIT in Anspruch zu nehmen, ist es ratsam, die Verwaltungsentscheidung so früh wie möglich an SOLVIT zu übermitteln. Da es sich bei SOLVIT um einen informellen Mechanismus handelt, werden durch die Inanspruchnahme des SOLVIT-Verfahrens weder etwaige formale Fristen für eine Verwaltungsbeschwerde oder einen gerichtlichen Rechtsbehelf ausgesetzt, noch werden solche Rechtsmittel dadurch ersetzt. Wenn ein Wirtschaftsakteur während eines laufenden SOLVIT-Verfahrens einen gerichtlichen Rechtsbehelf einlegt, ist es üblich, die SOLVIT-Stelle zu benachrichtigen. Die SOLVIT-Stelle stellt das SOLVIT-Verfahren daraufhin ein, und das Mandat der SOLVIT-Stelle erlischt (48).
Wenn nationale Systeme die Möglichkeit vorsehen, gegen die Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörde, den Marktzugang zu beschränken oder zu verweigern, eine Verwaltungsbeschwerde bei der für die Aufsicht über die zuständige Behörde verantwortlichen Behörde einzulegen (in Abhängigkeit von dem im betreffenden Mitgliedstaat anwendbaren System), beschließen manche Behörden, das Verfahren vorübergehend einzustellen, wenn ein SOLVIT-Problemlösungsverfahren läuft. Auf diese Weise hat die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit, das SOLVIT-Verfahren zu berücksichtigen.
Alle SOLVIT-Fälle werden von zwei SOLVIT-Stellen bearbeitet: der Heimat-SOLVIT-Stelle und der federführenden SOLVIT-Stelle (49). Die Heimatstelle befindet sich in der Regel im Mitgliedstaat des Beschwerdeführers, während sich die federführende Stelle im Mitgliedstaat der Behörde befindet, über die eine Beschwerde eingereicht wurde. Die Heimatstelle ist dafür zuständig, eine rechtliche Analyse des Problems vorzunehmen und den Fall vorzubereiten, bevor sie ihn der SOLVIT-Stelle der Behörde zuleitet, über die eine Beschwerde eingereicht wurde. (50) Die federführende Stelle ist dafür zuständig, Lösungen für die Antragsteller zu suchen, einschließlich einer Klarstellung des anwendbaren EU-Rechts, und sollte die Heimatstelle regelmäßig über den Fortgang des Verfahrens informieren (51).
SOLVIT-Stellen nutzen ein sicheres Online-System für die Fallbearbeitung (52). Dieses sorgt für eine effiziente Kommunikation und fördert eine vollständige Transparenz. Die Kommission hat Zugriff auf das System, überwacht die Qualität der Fallbearbeitung und bietet in komplexen Fällen Unterstützung und Beratung an.
3.11. SOLVIT und das Problemlösungsverfahren nach Artikel 8 der Verordnung
Das in der Empfehlung 2013/461/EU beschriebene SOLVIT-Verfahren und das in Artikel 8 der Verordnung vorgesehene besondere Problemlösungsverfahren unterscheiden sich voneinander. Der Hauptunterschied zwischen diesen Verfahren besteht in Bezug auf die Möglichkeit für die SOLVIT-Stellen, die Kommission um eine Stellungnahme zu ersuchen.
Das in der Empfehlung 2013/461/EU beschriebene SOLVIT-Verfahren sieht für SOLVIT-Stellen keine Möglichkeit vor, die Kommission um eine Stellungnahme zu bitten. In Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung ist jedoch festgelegt, dass, wenn ein Wirtschaftsakteur ein SOLVIT-Verfahren eingeleitet hat, die Heimatstelle oder die federführende Stelle die Kommission um eine Stellungnahme ersuchen kann, um bei der Lösung des Falles Unterstützung zu bieten. Dieses besondere Verfahren kommt nur in Fällen zur Anwendung, in denen die Behörden eine Verwaltungsentscheidung gemäß Artikel 5 der Verordnung erlassen haben. Es beinhaltet die Möglichkeit, dass eine SOLVIT-Stelle die Kommission ersuchen kann, zu bewerten, ob die Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und mit den Anforderungen der Verordnung vereinbar ist (Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Verordnung). Das Problemlösungsverfahren im Rahmen der Verordnung sieht längere Fristen als das übliche SOLVIT-Verfahren vor, damit die Kommission genügend Zeit hat, die Stellungnahme vorzulegen.
Um Wirtschaftsakteure auf die Verfügbarkeit des spezifischen Problemlösungsverfahrens der Verordnung aufmerksam zu machen, müssen alle von den nationalen Behörden im Rahmen der Verordnung erlassenen Verwaltungsentscheidungen einen Hinweis darauf enthalten, dass Wirtschaftsakteure SOLVIT und das in Artikel 8 der Verordnung festgelegte Problemlösungsverfahren nutzen können (Artikel 5 Absatz 12 der Verordnung; siehe auch Abschnitt 3.7). Die Verwaltungsentscheidung könnte zum Beispiel einen Absatz wie den folgenden enthalten:
„Sie haben die Möglichkeit, diese Entscheidung zu den in der Empfehlung 2013/461/EU festgelegten Bedingungen an SOLVIT zu übermitteln. Die Heimatstelle oder die federführende Stelle kann die Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/515 darum ersuchen, eine Stellungnahme abzugeben und so bei der Lösung des Falles behilflich zu sein.“
Wirtschaftsakteure haben bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt stets die Möglichkeit gehabt, SOLVIT in Anspruch zu nehmen. Sonstige Probleme im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von Waren in einem anderen Mitgliedstaat, wie z. B. das Ausbleiben einer Antwort der zuständigen Behörde oder die Weigerung, eine Entscheidung zu erlassen, werden von SOLVIT weiterhin auf die übliche Weise bearbeitet. Solche Probleme lösen jedoch nicht das in Artikel 8 der Verordnung festgelegte besondere Problemlösungsverfahren aus.
3.12. Die Stellungnahme der Kommission im Rahmen des Problemlösungsverfahrens nach Artikel 8 der Verordnung
Wenn der informelle Ansatz von SOLVIT nicht zum Erfolg führt und weiterhin Zweifel an der Vereinbarkeit der Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bestehen, kann jede der beteiligten SOLVIT-Stellen die Kommission um eine Stellungnahme ersuchen (Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung). Im Rahmen der Stellungnahme soll die Kommission die Möglichkeit haben, zu bewerten, ob die Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und den Anforderungen der Verordnung vereinbar ist (Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung). Die Kommission prüft u. a. die im Rahmen des SOLVIT-Verfahrens bereitgestellten Unterlagen und Angaben. Sie kann über die zuständige SOLVIT-Stelle zusätzliche Angaben oder Unterlagen anfordern (Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung).
Innerhalb von 45 Arbeitstagen nach Eingang des Ersuchens um eine Stellungnahme (diese Frist beinhaltet nicht den für die Erlangung der zusätzlichen Angaben und Unterlagen durch die Kommission erforderlichen Zeitraum) muss die Kommission ihre Bewertung abschließen und eine Stellungnahme vorlegen (Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung). In der Stellungnahme sollte nur die Frage bewertet werden, ob die Verwaltungsentscheidung mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und den Anforderungen der Verordnung vereinbar ist (Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung). Gegebenenfalls wird in der Stellungnahme auf etwaige bedenkliche Punkte hingewiesen, auf die in dem SOLVIT-Verfahren eingegangen werden sollte, oder es werden Empfehlungen abgegeben, die bei der Lösung des Falles hilfreich sein könnten (Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung). Die Stellungnahme der Kommission muss im Rahmen des SOLVIT-Verfahrens berücksichtigt werden (Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung).
Die Kommission übermittelt ihre Stellungnahme über die zuständige SOLVIT-Stelle an den betreffenden Wirtschaftsakteur und die zuständigen Behörden. Sie benachrichtigt auch alle Mitgliedstaaten über das ICSMS über die Stellungnahme (Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung). Der Wirtschaftsakteur kann von der in Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung genannten Stellungnahme der Kommission Gebrauch machen und sie allen relevanten Dritten zur Verfügung stellen.
Wird die Kommission davon in Kenntnis gesetzt, dass der Fall während des Bewertungszeitraums gelöst wurde, so muss sie keine Stellungnahme abgeben (Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung).
Die Tatsache, dass die Kommission eine Stellungnahme abgibt, berührt nicht ihre Befugnisse nach Artikel 258 AEUV (Erwägungsgrund 40 der Verordnung).
3.13. Die Rolle der Produktinfostellen (Artikel 9 der Verordnung)
Durch die Verordnung wird es künftig viel einfacher sein, in anderen Mitgliedstaaten Waren in Verkehr zu bringen, die nicht unter die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften fallen, aber es wird den Wirtschaftsakteuren auch mehr Verantwortung übertragen. Sie müssen die einschlägigen nationalen Vorschriften nicht nur in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihre Waren rechtmäßig in Verkehr bringen, sondern auch im Bestimmungsmitgliedstaat kennen, z. B. ob dort ein Vorabgenehmigungsverfahren erforderlich ist.
Um sicherzustellen, dass Wirtschaftsakteure bei der Erfassung produktbezogener Informationen in den Mitgliedstaaten nicht auf sich allein gestellt sind, erleichtert die Verordnung die Erfassung dieser Informationen über die Produktinfostellen. Gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung erbringen die Produktinfostellen ihre Dienstleistungen im Einklang mit der Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates (Verordnung über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors) (53). Die Produktinfostellen sollten über geeignete Ausrüstung und angemessene Ressourcen verfügen (Artikel 9 Absatz 1 und Erwägungsgrund 42 der Verordnung), damit sie ihre wichtige Rolle bei der Erleichterung der Kommunikation zwischen den nationalen Behörden und den Wirtschaftsakteuren erfüllen können.
Die Produktinfostellen müssen folgende Informationen online bereitstellen (Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung):
a) |
den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und die Anwendung der Verordnung im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats einschließlich Angaben zum Verfahren der Bewertung von Waren gemäß Artikel 5 der Verordnung; |
b) |
die Direktkontaktinformationen der zuständigen Behörden in ihrem Mitgliedstaat, einschließlich der Angabe der Behörden, die die Anwendung der im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats geltenden nationalen technischen Vorschriften überwachen; |
c) |
im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats verfügbare Rechtsbehelfe und Verfahren bei Streitigkeiten zwischen der zuständigen Behörde und einem Wirtschaftsakteur, einschließlich des Problemlösungsverfahrens gemäß Artikel 8 der Verordnung. |
Obwohl die Produktinfostellen dafür verantwortlich sind, die wichtigsten Daten auf ihren Websites bereitzustellen (siehe Artikel 9 Absatz 2 und Erwägungsgrund 42 der Verordnung), können sie auch direkt von Wirtschaftsakteuren oder von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten kontaktiert werden und müssen innerhalb von 15 Arbeitstagen nach Eingang eines Ersuchens weitere Informationen liefern (Artikel 9 Absätze 3 und 4 der Verordnung). Diese zusätzlichen Informationen müssen sie kostenlos bereitstellen (Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung). Die Produktinfostellen sollten die mit der Bereitstellung produktbezogener Informationen verbundenen Aufgaben, zu denen die Bereitstellung von elektronischen Kopien der nationalen technischen Vorschriften oder eines Online-Zugangs zu diesen Vorschriften gehört, unbeschadet der für die Verbreitung nationaler technischer Vorschriften geltenden nationalen Vorschriften ausführen (Erwägungsgrund 42 der Verordnung).
Die nationalen Behörden können sich auch an die Produktinfostellen oder Behörden eines anderen Mitgliedstaats (z. B. des Ursprungsmitgliedstaats/des Mitgliedstaats des erstmaligen rechtmäßigen Inverkehrbringens) wenden und diese um Informationen ersuchen, um die von Wirtschaftsakteuren im Rahmen der Bewertung von Waren bereitgestellten Daten zu überprüfen (siehe Artikel 5, Artikel 9 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung). Produktinfostellen können auch genutzt werden, um Kontakte zwischen den betreffenden zuständigen Behörden zu erleichtern (Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung).
Die Produktinfostellen sollten jedoch nicht verpflichtet sein, Kopien von Normen oder einen Online-Zugang zu Normen, für die Rechte des geistigen Eigentums von Normungsgremien oder -organisationen gelten, bereitzustellen (Erwägungsgrund 42 der Verordnung).
Artikel 10 der Verordnung enthält Regeln für die Verwaltungszusammenarbeit, in denen die wichtigsten Bereiche vorgegeben sind, in denen eine effiziente Zusammenarbeit der Produktinfostellen und der nationalen Behörden erforderlich ist.
3.14. Verwaltungszusammenarbeit (Artikel 10 der Verordnung)
Mit der Verordnung werden die Produktinfostellen als einer der wichtigsten Kommunikationskanäle für die gegenseitige Anerkennung gestärkt und die Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden und den Produktinfostellen der Mitgliedstaaten verbessert.
Eine der in der Verordnung vorgesehenen Formen der Verwaltungszusammenarbeit ist der Austausch von Beamten zwischen den Mitgliedstaaten und die Durchführung gemeinsamer Aus- und Weiterbildungs- sowie Sensibilisierungsprogramme für Behörden und Unternehmen (Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung). Die Kommission sorgt für die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den Produktinfostellen der Mitgliedstaaten, während die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ihre zuständigen Behörden und Produktinfostellen sich an diesen Tätigkeiten beteiligen (Artikel 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung).
Die Verwaltungszusammenarbeit ist besonders wichtig für die Bewertung von Waren. Über das ICSMS können die zuständigen Behörden eines Bestimmungsmitgliedstaats mit den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats des erstmaligen rechtmäßigen Inverkehrbringens Kontakt aufnehmen, wenn sie die von dem Wirtschaftsakteur bereitgestellten Angaben überprüfen müssen (Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung). Die zuständigen Behörden stellen auf solche Anfragen hin innerhalb von 15 Arbeitstagen sämtliche Informationen zu den Waren zur Verfügung, die für die Überprüfung der von dem Wirtschaftsakteur im Rahmen der Bewertung bereitgestellten Daten und Unterlagen sachdienlich sind (Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung).
Die Produktinfostellen können genutzt werden, um Kontakte zwischen den betreffenden zuständigen Behörden innerhalb der Frist von 15 Arbeitstagen für die Bereitstellung der geforderten Angaben zu erleichtern (Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung).
4. VORHERIGE BEWERTUNG NATIONALER TECHNISCHER VORSCHRIFTEN — RICHTLINIE (EU) 2015/1535 UND DIE BINNENMARKTKLAUSEL
Die Richtlinie (EU) 2015/1535 ist ein wichtiges Instrument zur Vermeidung von technischen Handelshemmnissen für Erzeugnisse, die nicht oder nur teilweise unter die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften fallen. Sie trägt zu einer umfassenderen und besseren gegenseitigen Anerkennung bei, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, der Kommission Mitteilung über alle Entwürfe technischer Vorschriften für Erzeugnisse und Dienste der Informationsgesellschaft zu machen, bevor diese im nationalen Recht festgeschrieben werden.
Die Richtlinie (EU) 2015/1535 und die Verordnung kommen in unterschiedlichen Phasen des Lebenszyklus einer technischen Vorschrift zur Anwendung. Gemeinsam stellen sie sicher, dass nationale Vorschriften zu keinem Zeitpunkt in ihrem Lebenszyklus ungerechtfertigte Handelshemmnisse errichten.
Das Notifizierungsverfahren gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 ermöglicht der Kommission und den Mitgliedstaaten, technische Vorschriften für Erzeugnisse und Dienste der Informationsgesellschaft zu prüfen, die einzelne Mitgliedstaaten zu erlassen beabsichtigen. Es verhindert das Entstehen neuer technischer Handelshemmnisse, indem es sicherstellt, dass die nationalen Rechtsvorschriften mit dem EU-Recht und den Grundsätzen des Binnenmarktes vereinbar sind. Anhand des Verfahrens haben Unternehmen und andere Interessengruppen zudem die Möglichkeit, zu notifizierten Entwürfen in der TRIS-Datenbank (Technical Regulation Information System) Stellung zu nehmen.
Ein kritisches Merkmal des Verfahrens sind die rechtlichen Folgen bei Nichteinhaltung. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil in der Rechtssache C-194/94 (54) grundsätzlich entschieden, dass der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht (Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2015/1535) zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften führe, sodass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden könnten.
Der Gerichtshof befand, dass die Richtlinie (EU) 2015/1535 dahin auszulegen sei, dass sie unmittelbare Wirkung entfalte, dass sie also von Einzelnen, die sich im Widerspruch zu den zuständigen Behörden befänden, vor nationalen Gerichten herangezogen werden könne. Ferner entschied er, dass die nationalen Vorschriften unanwendbar seien, da sie nicht mitgeteilt worden seien. Der Gerichtshof stellte fest, dass Ziel und Zweck der Richtlinie zunichtegemacht würden, wenn nicht mitgeteilte Vorschriften Einzelnen entgegengehalten werden könnten, da dies die Mitgliedstaaten dazu verleite, von einer Mitteilung abzusehen. Das Urteil in der Rechtssache C-194/94 hat die Wirkung der Richtlinie (EU) 2015/1535 erheblich beeinflusst. Grundsätzlich bedeutet es, dass Unternehmen nicht gezwungen werden können, nationale technische Vorschriften einzuhalten, die nicht notifiziert worden sind.
Der Umstand, dass eine technische Vorschrift notifiziert wurde, ist allerdings keine Garantie dafür, dass ihre Anwendung mit dem EU-Recht vereinbar ist. Auch eine notifizierte technische Vorschrift kann den freien Warenverkehr beeinträchtigen, je nachdem, wie die nationalen Behörden sie anwenden. Hier kommt die Verordnung (EU) 2019/515 über die gegenseitige Anerkennung ins Spiel, die sicherstellt, dass die Vorschrift im Einzelfall korrekt angewendet wird, und zwar in einer Weise, die dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung entspricht.
Um die nationalen Behörden und die Wirtschaftsakteure für den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu sensibilisieren, sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, klare und eindeutige „Binnenmarktklauseln“ in ihren nationalen technischen Vorschriften vorzusehen (Erwägungsgrund 16 der Verordnung); so würden sie das Risiko verringern, dass diese Vorschriften zu regulatorischen Handelshemmnissen führen (55), und die Anwendung des besagten Grundsatzes erleichtern. Im Rahmen des Notifizierungsverfahrens gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 empfiehlt die Kommission regelmäßig, dass die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats gegebenenfalls eine Binnenmarktklausel in den notifizierten Entwurf aufnehmen, entsprechend der Formulierung in ihrer Mitteilung Das Waren-Paket: das Vertrauen in den Binnenmarkt stärken (56). Nachstehend wird die Klausel in einer klarer formulierten Fassung wiedergegeben.
Waren, die rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in der Türkei in Verkehr gebracht wurden oder die ihren Ursprung in den Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und dort rechtmäßig in Verkehr gebracht wurden, gelten als mit diesen Vorschriften vereinbar. Die Anwendung dieser Vorschriften unterliegt der Verordnung (EU) 2019/515 vom 19. März 2019 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind.
5. ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DER VERORDNUNG (EU) 2019/515 UND DER RICHTLINIE 2001/95/EG
In der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit (57) („RaPS“) wird bestimmt, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen (Artikel 3 der RaPS), und es werden die Produktsicherheitsverpflichtungen von Herstellern und Händlern festgelegt. Laut der Richtlinie verfügen die zuständigen Behörden über die Befugnis, gefährliche Produkte zu verbieten oder andere geeignete Maßnahmen zu ergreifen (Artikel 8 der RaPS).
Die RaPS findet Anwendung auf Verbrauchsgüter, d. h. auf Produkte, die Harmonisierungsrechtsvorschriften der EU unterliegen (sofern diese Rechtsvorschriften keine spezifischen Bestimmungen enthalten, die dasselbe Ziel wie die Richtlinie 2001/95/EG verfolgen), und auf Produkte, die keiner Harmonisierung auf EU-Ebene unterliegen (Artikel 1 Absatz 2 und Artikel 2 Buchstabe a der RaPS).
Die Verordnung gilt sowohl für Verbrauchsgüter als auch für Nichtverbrauchsgüter oder Aspekte von Waren, die nicht unter die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften fallen.
5.1. Maßnahmen in Bezug auf Produkte, die eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen
In der RaPS wird das Verfahren beschrieben, nach dem die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn Produkte eine Gefahr darstellen, wie etwa die in Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben b bis f genannten Maßnahmen. Die Artikel 5 und 6 der Verordnung berühren nicht die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben b bis f und von Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie 2001/95/EG (siehe Artikel 2 Absatz 6 der Verordnung).
5.2. Maßnahmen in Bezug auf Verbrauchsgüter, die andere Risiken darstellen
In Bezug auf Verbrauchsgüter findet die Verordnung Anwendung, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats beabsichtigen, den Marktzugang für ein Verbrauchsgut, das nicht unter die EU-Harmonisierungsrechtsvorschriften fällt und das in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht wurde, auf der Grundlage einer nationalen technischen Vorschrift und aus anderen Gründen als wegen einer Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher zu beschränken oder zu verweigern. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn diese Behörden ein Produkt, das keine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellt, aus Gründen des Umweltschutzes vom Inverkehrbringen ausschließen.
(1) Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 764/2008 (ABl. L 91 vom 29.3.2019, S. 1).
(2) Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 zur Festlegung von Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter nationaler technischer Vorschriften für Produkte, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind, und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 3052/95/EG (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 21).
(3) Siehe die Mitteilung der Kommission COM(2017) 787 final vom 19. Dezember 2017, Das Waren-Paket: das Vertrauen in den Binnenmarkt stärken, sowie Erwägungsgrund 5 der Verordnung.
(4) Urteil des Gerichtshofs vom 14. April 2011, Vlaamse Dierenartsenvereniging und Janssens, verbundene Rechtssachen C-42/10, C-45/10 und C-57/10, ECLI:ECLI:EU:C:2011:253, Rn. 68 und die darin angeführte Rechtsprechung.
(5) Dieser Punkt erfasst auch i) Herstellungsmethoden und -verfahren für landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Artikel 38 Absatz 1 Unterabsatz 2 AEUV, ii) die Herstellungsmethoden und -verfahren, die zur menschlichen oder tierischen Ernährung bestimmt sind, sowie iii) Herstellungsmethoden und -verfahren für andere Erzeugnisse, sofern sie die Merkmale dieser Erzeugnisse beeinflussen (Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung).
(6) Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).
(7) Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37).
(8) Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 13. Oktober 2016 im Verfahren M. und S., Rechtssache C-303/15, ECLI:ECLI:EU:C:2016:771; Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juni 2015, Berlington, Rechtssache C-98/14, ECLI:ECLI:EU:C:2015:386; Urteil des Gerichtshofs vom 19. Juli 2012, Fortuna u. a., verbundene Rechtssachen C-213/11, C-214/11 und C-217/11, ECLI:ECLI:EU:C:2012:495; Urteil des Gerichtshofs vom 26. Oktober 2006, Kommission/Republik Griechenland, Rechtssache C-65/05, ECLI:ECLI:EU:C:2006:673; Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 2007, Strafverfahren gegen Schwibbert, Rechtssache C-20/05, ECLI:ECLI:EU:C:2007:652; Urteil des Gerichtshofs vom 21. April 2005, Strafverfahren gegen Lindberg, Rechtssache C-267/03, ECLI:ECLI:EU:C:2005:246; Urteil des Gerichtshofs vom 26. September 2018, Strafverfahren gegen Van Gennip u. a., Rechtssache C-137/17, ECLI:ECLI:EU:C:2018:771.
(9) Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 1996, CIA Security/Signalson, Rechtssache C-194/94, ECLI:ECLI:EU:C:1996:172.
(10) Urteil des Gerichtshofs vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien, Rechtssache C-110/05, ECLI:ECLI:EU:C:2009:66, Rn. 56–58.
(11) Urteil des Gerichtshofs vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien, Rechtssache C-110/05, ECLI:ECLI:EU:C:2009:66, Rn. 57.
(12) Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009 im Verfahren gegen Mickelsson, Rechtssache C-142/05, ECLI:ECLI:EU:C:2009:336, Rn. 26.
(13) Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009 im Verfahren gegen Mickelsson, Rechtssache C-142/05, ECLI:ECLI:EU:C:2009:336, Rn. 27.
(14) Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009 im Verfahren gegen Mickelsson, Rechtssache C-142/05, ECLI:ECLI:EU:C:2009:336, Rn. 28.
(15) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2008, Kommission/Portugiesische Republik, Rechtssache C-265/06, ECLI:EU:C:2008:210, Rn. 33.
(16) Urteil des Gerichtshofs vom 24. November 1993, Strafverfahren gegen Keck und Mithouard, verbundene Rechtssachen C-267/91 und C-268/91, ECLI:EU:C:1993:905, Rn. 16 und 17. Weitere Informationen über Verkaufsmodalitäten finden Sie in der Veröffentlichung Der freie Warenverkehr — Leitfaden zur Anwendung der Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr, 2010, Abschnitt 3.1.10.
(17) Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1974, Procureur du Roi/Benoît und Gustave Dassonville, Rechtssache C-8-74, ECLI:EU:C:1974:82.
(18) Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2009, Budějovický Budvar, národní podnik, Rechtssache C-478/07, ECLI:EU:C:2009:521, Rn. 81–82.
(19) Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1994, Strafverfahren gegen Peralta, Rechtssache C-379/92, ECLI:EU:C:1994:296, Rn. 24.
(20) Urteil des Gerichtshofs vom 3. Dezember 1998, Strafverfahren gegen Ditlev Bluhme, Rechtssache C-67/97, ECLI:EU:C:1998:584, Rn. 19–20.
(21) Ebd., Rn. 20.
(22) Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30).
(23) In seinem Urteil in der Rechtssache Cassis de Dijon verwendete der Gerichtshof die Bezeichnung „zwingende Erfordernisse“.
(24) Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 1979, Rewe-Zentral AG/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Rechtssache 120/78, ECLI:EU:C:1979:42, Rn. 13.
(25) Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C-112/00, ECLI:EU:C:2003:333: „Eine Beschränkung des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten ist durch das berechtigte Interesse des Schutzes von Grundrechten, in diesem Fall der Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit von Demonstranten, gerechtfertigt.“
(26) Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 2016, Europäische Kommission/Tschechische Republik, Rechtssache C-525/14, ECLI:EU:C:2016:714.
(27) Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2008, Dynamic Medien Vertriebs GmbH/Avides Media AG, Rechtssache C-244/06, ECLI:EU:C:2008:85: Verbot der Einfuhr von japanischen, als „Anime“ bezeichneten Comics auf DVDs oder Videokassetten aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland, weil diese keine Angabe der zuständigen Stelle über die Altersfreigabe trügen und der Schutz von Kindern eine gerechtfertigte Grundlage für das Verbot darstelle.
(28) Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft AB/Energimyndigheten, Rechtssache C-573/12, ECLI:EU:C:2014:2037; Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 2005, Kommission/Österreich, Rechtssache C-320/03, ECLI:EU:C:2005:684.
(29) Der freie Warenverkehr — Leitfaden zur Anwendung der Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr, 2010, https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/a5396a42-cbc8-4cd9-8b12-b769140091cd.
(30) Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 2005, Kommission/Österreich, Rechtssache C-320/03, ECLI:EU:C:2005:684, Rn. 85.
(31) Weitere Informationen über Verkaufsmodalitäten finden Sie im Leitfaden zur Anwendung der Vorschriften des Vertrags zum freien Warenverkehr, 2010, https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/a5396a42-cbc8-4cd9-8b12-b769140091cd.
(32) Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft AB/Energimyndigheten, Rechtssache C-573/12, ECLI:EU:C:2014:2037, Rn. 78.
(33) Urteil des Gerichtshofs vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien, Rechtssache C-110/05, ECLI:EU:C:2009:66, Rn. 64.
(34) Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2008, Dynamic Medien Vertriebs GmbH/Avides Media AG, Rechtssache C-244/06, ECLI:EU:C:2008:85, Rn. 47.
(35) Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 2016, Europäische Kommission/Tschechische Republik, Rechtssache C-525/14, ECLI:EU:C:2016:714, Rn. 54 und 55.
(36) Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 2016, Europäische Kommission/Tschechische Republik, Rechtssache C-525/14, ECLI:EU:C:2016:714, Rn. 65 und 66.
(37) Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16).
(38) Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2014, Ålands Vindkraft AB/Energimyndigheten, Rechtssache C-573/12, ECLI:EU:C:2014:2037, Rn. 104.
(39) Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 2008, Dynamic Medien Vertriebs GmbH/Avides Media AG, Rechtssache C-244/06, ECLI:EU:C:2008:85, Rn. 48.
(40) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2008, Kommission/Portugiesische Republik, Rechtssache C-265/06, ECLI:EU:C:2008:210, Rn. 38–41.
(41) Richtlinie 92/22/EWG des Rates vom 31. März 1992 über Sicherheitsscheiben und Werkstoffe für Windschutzscheiben in Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern (ABl. L 129 vom 14.5.1992, S. 11).
(42) Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2008, Kommission/Portugiesische Republik, Rechtssache C-265/06, ECLI:EU:C:2008:210, Rn. 38–48.
(43) Siehe auch Abschnitt 3.5.1.
(44) Gemäß der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).
(45) Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).
(46) Empfehlung 2013/461/EU der Kommission vom 17. September 2013 zu den Grundsätzen für SOLVIT (ABl. L 249 vom 19.9.2013, S. 10).
(47) Abschnitt IV Nummer 2 der Empfehlung 2013/461/EU.
(48) Abschnitt III Nummer 6 der Empfehlung 2013/461/EU.
(49) Abschnitt V.A Nummer 1 der Empfehlung 2013/461/EU.
(50) Abschnitt V.B Nummer 2 der Empfehlung 2013/461/EU.
(51) Abschnitt V.C Nummer 2 der Empfehlung 2013/461/EU.
(52) Die SOLVIT-Online-Datenbank ist ein eigenständiges Modul im Binnenmarkt-Informationssystem. Angesichts dieser technischen Integration gelten die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission („IMI-Verordnung“) (ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 1) zum Schutz personenbezogener Daten und vertraulicher Informationen auch für SOLVIT-Verfahren. Die SOLVIT-Empfehlung präzisiert zudem bestimmte Aspekte der Verarbeitung personenbezogener Daten in SOLVIT im Einklang mit der IMI-Verordnung.
(53) Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Oktober 2018 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 1).
(54) Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 1996, CIA Security/Signalson, Rechtssache C-194/94, ECLI:EU:C:1996:172. Siehe auch Urteil des Gerichtshofs vom 26. September 2000, Unilever, Rechtssache C-443/98, ECLI:EU:C:2000:496, und Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2019, Strafverfahren gegen X, Rechtssache C-390/18, ECLI:EU:C:2019:1112.
(55) Bericht der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Funktionsweise der Richtlinie (EU) 2015/1535 von 2014 bis 2015 (COM(2017) 788 final, S. 5).
(56) Siehe die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vom 19. Dezember 2017, Das Waren-Paket: das Vertrauen in den Binnenmarkt stärken (COM(2017) 787 final).