EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 14.4.2021
COM(2021) 177 final
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilischen Organisation (IKPO-INTERPOL)
BEGRÜNDUNG
1. KONTEXT DER EMPFEHLUNG
Terrorismus wie auch schwere und organisierte Kriminalität sind heute zunehmend dynamische, globalisierte und komplexe Phänomene, die eine starke und koordinierte Reaktion der Strafverfolgungsbehörden der Europäischen Union erfordern. Hinzu kommt, dass Terrorismus und schwere Kriminalität zunehmend zu mobilen, transnationalen und grenzüberschreitenden Phänomenen werden. Dadurch wird eine engere und wirksamere Zusammenarbeit mit internationalen Einrichtungen wie Interpol erforderlich, durch die eine Brücke zwischen der EU und den internationalen Strafverfolgungsbehörden geschaffen werden kann.
Kontext der derzeitigen Zusammenarbeit zwischen der EU und Interpol
Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) ist mit 194 Mitgliedsländern die weltweit größte zwischenstaatliche kriminalpolizeiliche Organisation. Sie erleichtert die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung, indem sie beispielsweise die gemeinsame Nutzung von und den Zugang zu strafverfolgungsrelevanten Daten ermöglicht. Interpol hat zahlreiche Kooperationsabkommen mit einer Reihe von internationalen Organisationen in Bereichen von gegenseitigem Interesse. Alle Mitgliedstaaten der EU sind Mitglieder von Interpol.
Seit der Annahme der ersten Vorschriften für die Verarbeitung von polizeilichen Informationen im Jahr 1983 hat Interpol seine Verfahren im Laufe der Jahre unter dem Grundsatz aktualisiert, dass die Achtung der Privatsphäre der betroffenen Personen ein zentrales Element des Informationsaustauschs im Rahmen der Strafverfolgung ist. Die Regeln von Interpol in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten wurden kürzlich (2019) aktualisiert.
Zwischen der EU und Interpol besteht bereits eine langjährige und intensive Zusammenarbeit in einer Reihe von Bereichen der Strafverfolgung. Interpol ist ein wichtiger Partner für die EU im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit, einschließlich der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, sowie beim integrierten Grenzmanagement.
So werden die Mitgliedstaaten im Gemeinsamen Standpunkt 2005/69/JI des Rates aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Strafverfolgungsbehörden sowie zwischen diesen und derartigen Behörden in Drittländern durch den Austausch von Passdaten mit Interpol zu verbessern, um schwere und organisierte Straftaten, einschließlich Terrorismus, zu verhüten und zu bekämpfen.
Interpol beteiligt sich auch aktiv an der operativen Umsetzung des EU-Politikzyklus/Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen – EMPACT, indem es die operativen Aktionen der Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den EU-Agenturen für Justiz und Inneres unterstützt, die auf der Grundlage einer Reihe von Abkommen oder Vereinbarungen eng mit Interpol zusammenarbeiten. Mit der Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) im Jahr 2017 wurde eine weitere EU-Einrichtung im Bereich der grenzüberschreitenden Ermittlung und Strafverfolgung geschaffen. Die Zusammenarbeit zwischen der EUStA und Interpol muss aufgebaut und geregelt werden, da die EUStA in Kürze ihre Arbeit aufnehmen soll.
Und schließlich ist die EU einer der größten Geldgeber von Interpol. Diese Mittel werden für Projekte verwendet, die von Interpol durchgeführt werden, oder bei denen Interpol ein Projektpartner ist. Sie dienen insbesondere dem Informationsaustausch, der Strafverfolgung, einschließlich der Zusammenarbeit beim Grenzmanagement und dem Aufbau von Kapazitäten, sowie Projekten und Programmen, die gegen eine Reihe von Bereichen des Terrorismus und der schweren Kriminalität geführt werden, wobei der regionale Schwerpunkt vor allem auf Afrika, Asien und Lateinamerika gelegt wird.
Notwendigkeit eines Kooperationsabkommens zwischen der EU und Interpol
In der EU-Strategie für eine Sicherheitsunion 2020 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Zusammenarbeit zwischen der EU und Interpol zu intensivieren, da dies für die Verbesserung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs unerlässlich ist. In der Strategie wird der wichtigen Rolle, die Interpol – eine der größten zwischenstaatlichen kriminalpolizeilichen Organisationen – in dieser Hinsicht zu spielen hat, Bedeutung zugemessen. Die Kommission wird daher prüfen, wie die Zusammenarbeit mit Interpol intensiviert werden kann, einschließlich des möglichen Zugangs zu Interpol-Datenbanken und der Stärkung der operativen und strategischen Zusammenarbeit. Darüber hinaus wird in der EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung 2020 anerkannt, dass Interpol ein wichtiger Partner bei der Terrorismusbekämpfung ist (z. B. aufgrund des Fachwissens der Organisationen über ausländische terroristische Kämpfer), dass es Bereiche gibt, in denen eine Zusammenarbeit eingerichtet oder verstärkt werden sollte, und dass mehrere EU-Organe mit der operativen Notwendigkeit konfrontiert sind, Zugang zu Interpol-Datenbanken zu haben, um ihre Aufgaben erfüllen zu können.
Trotz der bestehenden Zusammenarbeit mit Interpol gibt es Bereiche, in denen die Zusammenarbeit intensiviert oder sogar in neuen Bereichen aufgebaut werden könnte und sollte, um eine Reihe unerlässlicher operativer Erfordernisse zu erfüllen und bestehende Rechtsakte umzusetzen, mit dem Ziel, die Mitgliedstaaten bei der Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität besser zu unterstützen. Diese operativen Erfordernisse machen den Abschluss eines Kooperationsabkommens mit Interpol erforderlich.
In den folgenden Abschnitten werden diese Erfordernisse im Einzelnen aufgeführt.
Erstens ist ein neues Kooperationsabkommen zwischen der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und Interpol erforderlich. Zwischen Europol und Interpol besteht bereits ein Kooperationsabkommen, das den Austausch personenbezogener Daten vorsieht. Dieses Abkommen wurde 2001 geschlossen, also lange vor Inkrafttreten der Europol-Verordnung am 1. Mai 2017. Durch dieses Abkommen hat Europol jedoch keinen direkten oder indirekten Zugang zu Informationen und zu den Datenbanken von Interpol, insbesondere nicht zu den Ausschreibungen, die Informationen über Terroristen enthalten. Darüber hinaus tauscht die Agentur nur über den Verbindungsbeamten von Interpol bei Europol oder ihren Verbindungsbeamten bei Interpol Informationen mit Interpol aus oder greift zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Datenbanken von Interpol zu. Ein neues Abkommen das die Beziehungen zwischen der Agentur und Interpol regelt, ist daher erforderlich, um sowohl den jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität Rechnung zu tragen als auch den heutigen operativen Erfordernissen, dem Mandat von Europol und der neuesten Datenschutzregelung der EU gerecht zu werden.
Zweitens muss eine Interoperabilität sichergestellt werden. Nach der Verabschiedung der Verordnungen über die Interoperabilität der EU-Informationssysteme in den Bereichen Grenzen und Visa sowie polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration und der Verordnung über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) haben die EU und Interpol Sondierungsgespräche über die Notwendigkeit eines Kooperationsabkommens geführt.
Die Verordnungen zur Interoperabilität und zum Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem sehen einen kontrollierten Zugriff auf zwei Interpol-Datenbanken durch einen EU-Mitgliedstaat oder eine EU-Agentur über das Europäische Suchportal (ESP) vor. Bei den beiden Interpol-Datenbanken handelt es sich um die Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) und die Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN). Diese Datenbanken enthalten eine große Menge an Daten über Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen. Durch die Nutzung der Datenbanken können Informationslücken minimiert, positive Übereinstimmungen maximiert und somit die operativen Ergebnisse des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems verbessert werden.
Die beiden oben genannten Verordnungen besagen, dass Abfragen der Interpol-Datenbanken so erfolgen müssen, dass dem für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Informationen preisgegeben werden. Ein Kooperationsabkommen mit Interpol wird die erforderliche Rechtsgrundlage bieten, einschließlich Datenschutzgarantien, und eine Verbindung des Europäischen Suchportals mit Interpol-Datenbanken genehmigen. Ein Kooperationsabkommen wird auch die Möglichkeit bieten, eine sichere Verbindung des Europäischen Suchportals und des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems mit der IT-Infrastruktur von Interpol einzurichten, um den Zugriff auf Datenbanken von Interpol zu ermöglichen. Ziel ist es, terroristische Straftaten zu verhindern und zu untersuchen.
Im gleichen Zusammenhang hat die Kommission 2018 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Verordnung über das Visa-Informationssystem vorgelegt, durch die – ähnlich wie bei dem Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem – automatisierte Abfragen von EU-Systemen für Grenzmanagement und -sicherheit sowie von Interpol-Datenbanken zulassen werden. Im Dezember 2020 haben das Europäische Parlament und der Rat eine politische Einigung über diesen Vorschlag erzielt. Die förmliche Annahme wird in den kommenden Monaten folgen. Die politische Einigung enthält eine ähnliche Bestimmung wie die in der Verordnung über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem enthaltene Bestimmung. Die Überarbeitung der Verordnung über das Visa-Informationssystem sollte daher auch bei den Verhandlungen mit Interpol über den Abschluss eines Kooperationsabkommens berücksichtigt werden. Dies wird auch dazu beitragen, terroristischen Straftaten vorzubeugen und einschlägige Ermittlungen vorzunehmen.
Drittens benötigen die Strafverfolgungs- und Justizbehörden aktuelle Informationen über Verbrecher und Straftaten. Interpol verwaltet eine Vielzahl von Datenbanken, die diese Informationen durch Beiträge der 194 Mitgliedsländer von Interpol in globaler Dimension enthalten. Die 18 Datenbanken von Interpol enthalten über 100 Millionen Daten zur Strafverfolgung mit Informationen über Personen wie Namen und Fingerabdrücke, gestohlenes Eigentum wie Pässe und Fahrzeuge, Waffen und Schusswaffen.
Diese Informationen sind für Europol, Frontex, Eurojust und die EUStA wertvoll, damit sie ihre Aufgaben in Übereinstimmung mit ihren Mandaten erfüllen können. Sie erhöhen ihre Wirksamkeit, indem sie einen operativen Mehrwert bieten, insbesondere bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Aufdeckung, Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und anderen schweren Straftaten. Diese Informationsquellen ermöglichen es den Agenturen und der EUStA, die Genauigkeit und Qualität der ihnen bereits vorliegenden Informationen zu verbessern, Zusammenhänge oder andere Verbindungen zwischen Informationen zu erkennen, Informationslücken zu schließen und somit den Mitgliedstaaten ganzheitliche und zusammengeführte Erkenntnisse zu liefern. Die Datenbanken sind zwar für die EU-Mitgliedstaaten als Mitgliedsländer von Interpol direkt zugänglich, jedoch haben Frontex, Eurojust und die EUStA aufgrund eines fehlenden Abkommens mit Interpol derzeit keinen Zugang (weder direkt, noch auf einer Treffer-/Kein-Treffer-Basis) im Rahmen ihrer Mandate.
Agenturspezifische Probleme werden im Folgenden näher erläutert.
Europol
Die Agentur tauscht derzeit über den Verbindungsbeamten von Interpol bei Europol oder den Verbindungsbeamten der Agentur bei Interpol im Rahmen des geltenden Kooperationsabkommens zwischen Europol und Interpol Informationen mit Interpol aus und greift auf Interpol-Datenbanken zu, um ihre Aufgaben zu erfüllen. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass dieses Verfahren verbessert, beschleunigt und gestrafft werden sollte, um einen schnellen Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen, vor allem zu Informationen in den Interpol-Datenbanken, die sich auf die Terrorismusbekämpfung beziehen, und insbesondere zu den Ausschreibungen, die Informationen über Terroristen enthalten. Dies würde es ermöglichen, bei der von Europol für die Mitgliedstaaten geleisteten operativen Unterstützung – insbesondere durch die Analysefähigkeit der Agentur – auf die bei Interpol vorhandenen Informationen zurückzugreifen. Der direkte oder indirekte Zugang zu den Interpol-Datenbanken würde daher die operative Zusammenarbeit verbessern, wobei die von den Eigentümern der Daten auferlegten Beschränkungen gebührend berücksichtigt werden.
Frontex
Frontex hat den Auftrag, für eine integrierte europäische Grenzverwaltung an den Außengrenzen zu sorgen, um diese Außengrenzen effizient unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte zu verwalten. Zu den Komponenten der integrierten europäischen Grenzverwaltung gehören Maßnahmen, mit denen legale Grenzüberschreitungen erleichtert werden, und gegebenenfalls Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prävention und Aufdeckung grenzüberschreitender Kriminalität an den Außengrenzen, insbesondere Terrorismus, Schleusung von Migranten und Menschenhandel. In diesem Zusammenhang besteht für das Personal der Kategorie 1 („Statutspersonal“) der „ständigen Reserve“ von Frontex ein operativer Bedarf, auf Interpol-Datenbanken zuzugreifen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Konkret sieht Artikel 82 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1896 vor, dass die Mitglieder von Teams der Kategorie 1 die Befugnis haben müssen, Aufgaben und Befugnisse für Grenzkontrollen gemäß der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) wahrzunehmen. Dazu gehört die Kontrolle von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen anhand von Interpol-Datenbanken (insbesondere der Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente) gemäß Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer i, Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer ii und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e des Schengener Grenzkodex. Dies wird dazu beitragen, terroristische Straftaten zu verhindern und zu untersuchen, insbesondere bei Grenzkontrollen an den EU-Außengrenzen.
Eurojust
Die Agentur hat ein wesentliches operatives Bedürfnis, die Zusammenarbeit mit Interpol auszubauen und die Rechtsgrundlage für den Austausch personenbezogener Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu erwerben. Konkret bedarf es einer strukturierten und strukturellen Einbeziehung von Interpol in Eurojust-Fälle, einschließlich Koordinierungstreffen, Koordinierungszentren und gemeinsamer Ermittlungsgruppen. Insbesondere, wenn die Unterstützung von Eurojust bei der Koordinierung der Durchführung gerichtlicher Maßnahmen benötigt wird und Personen in Drittländern festgenommen werden müssen, würde die Einbindung von Interpol einen zusätzlichen Mehrwert bringen, die gerichtlichen Verfahren beschleunigen und die Arbeit von Eurojust erleichtern. Außerdem besteht der Bedarf, dass Eurojust mit Interpol Informationen über mutmaßliche ausländische terroristische Kämpfer austauscht, insbesondere unter Berücksichtigung des Justiziellen Terrorismusregisters bei Eurojust. Interpol-Kanäle werden bereits für die Übermittlung von Auslieferungsersuchen genutzt und könnten bald auch für die Übermittlung von Ersuchen um Rechtshilfe zur Verfügung stehen.
EUStA
Die EUStA ist eine unabhängige EU-Einrichtung, die dafür zuständig ist, gegen Täter von Straftaten und Teilnehmer an Straftaten, die sich gegen die finanziellen Interessen der EU richten, zu ermitteln, sie strafrechtlich zu verfolgen und wegen dieser Straftaten Anklage zu erheben. Sie hat die Befugnis, Ermittlungen und Strafverfolgungsanordnungen durchzuführen und die Aufgaben der Staatsanwaltschaft bei den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang sind die operativen Bedürfnisse der EUStA in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Interpol die gleichen wie die aller nationalen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten. Dies schließt den Zugang zu den in den Interpol-Datenbanken gespeicherten Informationen und den Austausch von Informationen mit Interpol und Drittländern über Interpol ein. Dieser Bedarf hat sich angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Straftaten, für die die EUStA zuständig ist, und der Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit Drittländern noch erhöht. Darüber hinaus wird die EUStA voraussichtlich die Unterstützung von Interpol in Anspruch nehmen, um den Informationsaustausch, insbesondere in Bezug auf Rechtshilfen, zu erleichtern. Die Zusammenarbeit zwischen der EUStA und Interpol muss noch entsprechend den Bestimmungen des Mandats der EUStA über die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, aufgebaut und geregelt werden.
Die Notwendigkeit eines Kooperationsabkommens wird auch von Interpol und seinen Mitgliedern anerkannt und bestätigt. Bei der 88. Interpol-Generalversammlung im Oktober 2019 wurde die Resolution 5, mit der das Interpol-Generalsekretariat ermächtigt wurde, Verhandlungen mit der EU zum Abschluss eines Kooperationsabkommens aufzunehmen, verabschiedet.
Andere Formen der Zusammenarbeit
Parallel dazu sind andere Formen der Zusammenarbeit mit Interpol abzudecken, die die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter für die GASP im Namen der EU als Teil eines gesonderten Instruments mit Interpol auf der Grundlage von Artikel 220 AEUV aufrechterhalten will. Diese Zusammenarbeit wird im Sinne des Artikel 220 Absatz 2 AEUV stehen, was die Festlegung des allgemeinen Kooperationsrahmens und die Schaffung eines Rahmens für einen strukturierten Dialog auf leitender und technischer Ebene zwischen der EU und Interpol betrifft. Diese Zusammenarbeit wird auch den Sicherheitsdiensten der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, dem Rat und dem Parlament Zugang zu spezifischen Interpol-Datenbanken für Hintergrundüberprüfungen, Anfragen und interne Ermittlungen in Bezug auf Drittstaatsangehörige verschaffen und die Kommission ermächtigen, auf die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente zuzugreifen und kontrollierte Ausschreibungen über verlorene, gestohlene und entzogene Laissez-Passer der EU zu erstellen.
2.DAS VORGESEHENE KOOPERATIONSABKOMMEN
Das vorgesehene EU-Interpol-Kooperationsabkommen wird folgende Ziele verfolgen:
–Regelung der Beziehungen zwischen Europol und Interpol, unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität sowie der derzeitigen operativen Erfordernisse, des Mandats von Europol und der neuesten Datenschutzregelung der EU.
–Bereitstellung der erforderlichen Schutzvorkehrungen und Garantien für einen kontrollierten Zugang zu Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) und zur Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN) über das Europäische Suchportal durch EU-Mitgliedstaaten und EU-Agenturen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, im Einklang mit ihren Zugangsrechten, mit EU- oder nationalem Recht, das einen solchen Zugang abdeckt, und in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte.
–Bereitstellung der erforderlichen Schutzvorkehrungen und Garantien, damit die EU-Mitgliedstaaten und Frontex (ihre Zentraleinheit für das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem) über das Europäische Suchportal unter Wahrung der EU-Datenschutzanforderungen und der Grundrechte auf die Interpol-Datenbanken zugreifen können.
–Bereitstellung der erforderlichen Schutzvorkehrungen und Garantien für die Umsetzung einer überarbeiteten Verordnung über das Visa-Informationssystem, die es den EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, bei der Prüfung von Anträgen auf Visa oder Aufenthaltstitel über das europäische Suchportal auf Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) und die Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN) zuzugreifen, und zwar in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte.
–Aufbau und Regelung der Zusammenarbeit zwischen der durch die Verordnung (EU) 2017/1939 eingerichteten Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) und Interpol im Einklang mit ihren Mandaten und in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte.
–Schaffung der Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Europol, von Frontex-Personal der Kategorie 1 (Statutspersonal der ständigen Reserve) und der EUStA zum Zugriff auf einschlägige Interpol-Datenbanken zur Erfüllung ihrer Aufgaben, in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte.
–Schaffung der Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Eurojust und der EUStA zum Austausch operativer Informationen mit Interpol in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte.
Alle oben genannten Ziele müssen vollständig mit der EU-Datenschutzregelung übereinstimmen.
3.ZUSTÄNDIGKEIT DER EU
Nach Artikel 3 Absatz 2 AEUV hat die EU die ausschließliche Zuständigkeit „für den Abschluss internationaler Übereinkünfte (...) soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.“ Eine internationale Übereinkunft kann gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern, wenn sich der von der Übereinkunft erfasste Bereich mit EU-Rechtsvorschriften überschneidet oder weitgehend durch EU-Recht abgedeckt ist. Die Europäische Union hat auf der Grundlage der Artikel 16, 77, 79, 85, 86, 87 Absätze 1 und 2 und Artikel 88 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gemeinsame Regeln für die im Kooperationsabkommen zu behandelnden Aspekte festgelegt.
Der aktuelle Rechtsrahmen der Europäischen Union umfasst:
–die Verordnungen (EU) 2016/794, (EU) 2019/1896, (EU) 2018/1727 und (EU) 2017/1939 über Europol, Frontex, Eurojust bzw. die EUStA, einschließlich Bestimmungen zur Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie Interpol;
–die Verordnungen (EU) 2019/817, (EU) 2019/818 und (EU) 2018/1240, die einen kontrollierten Zugriff auf Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und der Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten durch einen EU-Mitgliedstaat oder eine EU-Agentur vorsehen;
–die Verordnung (EU) 2017/458 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex), durch die die Kontrollen über einschlägige Datenbanken an den Außengrenzen verstärkt werden sollen, was die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente als eine der abzufragenden Datenbanken einschließt.
Diese Empfehlung steht im Einklang mit den Bestimmungen der oben genannten Rechtsakte.
4.
RECHTSGRUNDLAGE
Ziel dieser Empfehlung ist es, vom Rat eine Ermächtigung für die Kommission zur Aushandlung des künftigen Kooperationsabkommens zwischen der EU und Interpol im Namen der EU zu erlangen. Der Rat kann auf der rechtlichen Grundlage von Artikel 218 Absätze 3 und 4 AEUV eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen erteilen.
5.
VERHANDLUNGEN
Im Einklang mit Artikel 218 AEUV wird die Kommission zum EU-Verhandlungsführer für das Kooperationsabkommen zwischen der EU und Interpol ernannt.
Die Kommission wird die Verhandlungen im Einklang mit den im Anhang des Beschlusses aufgeführten Verhandlungsrichtlinien und in Absprache mit einem vom Rat eingesetzten Sonderausschuss führen.
Die Kommission wird das Europäische Parlament über die Verhandlungen zeitnah und umfassend auf dem Laufenden halten.
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-INTERPOL)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Es sollten Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Kooperationsabkommens (im Folgenden „Abkommen“) zwischen der Union und Interpol aufgenommen werden. Das Abkommen soll die Zusammenarbeit zwischen der Union und Interpol im Bereich der Strafverfolgung gemäß Artikel 87 und 88 AEUV, der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen gemäß Artikel 82, 85 und 86 AEUV und im Bereich der Grenzsicherheit (als Teil des Grenzmanagements) gemäß Artikel 77 AEUV regeln.
(2)Das Abkommen sollte die Zusammenarbeit zwischen der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (im Folgenden „Europol“) und Interpol unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus, der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität, der derzeitigen operativen Erfordernisse sowie des Mandats von Europol regeln.
(3)Das Abkommen sollte die erforderlichen Schutzvorkehrungen und Garantien vorsehen, um den kontrollierten Zugang für die Mitgliedstaaten der Union und die Agenturen der Union zu Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (im Folgenden „SLTD“) und der Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (im Folgenden „TDAWN“) über das Europäische Suchportal (im Folgenden „ESP“) zu ermöglichen, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, und zwar im Einklang mit ihren Zugangsrechten und mit dem Unions- oder nationalen Recht, das einen solchen Zugang abdeckt.
(4)Das Abkommen sollte die notwendigen Schutzvorkehrungen und Garantien vorsehen, um die Mitgliedstaaten der Union die Zentraleinheit des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (im Folgenden „ETIAS“) der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (im Folgenden „Frontex“) zu ermächtigen, über das Europäische Suchportal auf Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und die Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten zuzugreifen.
(5)Das Abkommen sollte die erforderlichen Schutzvorkehrungen und Garantien für die Umsetzung einer überarbeiteten Verordnung über das Visa-Informationssystem enthalten, die es den Mitgliedstaaten der Union gestattet, bei der Prüfung von Anträgen auf Visa oder Aufenthaltstitel über das Europäische Suchportal auf die Datenbanken von Interpol zuzugreifen.
(6)Das Abkommen sollte den Aufbau und die Regelung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft (im Folgenden „EUStA“) und Interpol erleichtern.
(7)Das Abkommen sollte die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Europol, von Frontex-Statutspersonal der ständigen Reserve (Personal der Kategorie 1) und der Europäischen Staatsanwaltschaft zum Zugriff auf einschlägige Interpol-Datenbanken zur Erfüllung ihrer Aufgaben bilden.
(8)Das Abkommen sollte die Rechtsgrundlage für die Ermächtigung der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (im Folgenden „Eurojust“) und der Europäischen Staatsanwaltschaft zum Austausch operativer Informationen mit Interpol bilden.
(9)Artikel 23 Absätze 1, 2 und 5 der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates sehen den Austausch personenbezogener Daten zwischen Europol und internationalen Organisationen vor, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben von Europol im Sinne von Artikel 4 der Verordnung (EU) 2016/794 erforderlich ist.
(10)Gemäß Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung (EU) 2019/817 des Europäischen Parlaments und des Rates, Artikel 5 Absatz 9 der Verordnung (EU) 2019/818 des Europäischen Parlaments und des Rates und Artikel 12 der Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates sollten Abfragen von Interpol-Datenbanken so durchgeführt werden, dass dem für die Interpol-Ausschreibung Verantwortlichen keine Informationen preisgegeben werden. Gemäß Artikel 65 der Verordnung (EU) 2018/1240 dürfen personenbezogene Daten nicht an Drittstaaten, internationale Organisationen oder private Stellen übermittelt oder diesen zur Verfügung gestellt werden, mit Ausnahme von Übermittlungen an Interpol zum Zwecke einer automatisierten Antragsbearbeitung anhand von Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und der Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten, und sofern diese Übermittlungen der Verordnung (EU) 2018/1725 unterliegen.
(11)In den Artikeln 80, 99 und 104 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates sind insbesondere die Beziehungen und der Informationsaustausch zwischen der Europäischen Staatsanwaltschaft und internationalen Organisationen geregelt.
(12)In Anbetracht des Erwägungsgrunds 33 der Verordnung (EU) 2016/794 und des Erwägungsgrunds 46 der Verordnung (EU) 2018/1727 des Europäischen Parlaments und des Rates ist es angemessen, die Zusammenarbeit zwischen Europol und Interpol bzw. Eurojust und Interpol zu intensivieren, indem der effiziente Austausch personenbezogener Daten gefördert wird.
(13)Nach Artikel 68 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates ist die Möglichkeit der Zusammenarbeit von Frontex mit internationalen Organisationen vorgesehen, zu denen insbesondere Interpol gehört. Gemäß Artikel 82 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1896 müssen die Teammitglieder der ständigen Reserve von Frontex die in der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates (Schengener Grenzkodex) festgelegten Aufgaben und Befugnisse für Grenzkontrollen wahrnehmen können. Gemäß Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer i, Artikel 8 Absatz 3 Buchstabe a Ziffer ii und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/399 umfasst dies die Überprüfung von Drittstaatsangehörigen anhand von Interpol-Datenbanken (insbesondere der Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente) an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten und der Drittstaaten, die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Personenkontrolle an den Außengrenzen assoziiert sind.
(14)In Artikel 47 Absatz 1, Artikel 47 Absätze 5 und 6 und in den Artikeln 52 und 56 der Verordnung (EU) 2018/1727 sind die Beziehungen zwischen Eurojust und internationalen Organisationen geregelt und ist der Austausch personenbezogener Daten vorgesehen.
(15)In Anbetracht des Erwägungsgrunds 96 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates ist es angemessen, die Zusammenarbeit zwischen der Union und Interpol durch die Förderung eines effizienten Austauschs personenbezogener Daten zu stärken.
(16)In Artikel 94 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates sind die Bedingungen für die Übermittlung von operativen personenbezogenen Daten an internationale Organisationen festgelegt.
(17)Das Abkommen sollte die Datenschutzbestimmungen der Europäischen Union uneingeschränkt einhalten, die in der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EU) 2018/1725 und der Richtlinie 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt sind.
(18)Das Abkommen sollte die Grundrechte uneingeschränkt wahren und die Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beachten (im Folgenden „Charta“), namentlich das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Artikel 7 der Charta, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten nach Artikel 8 der Charta und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein faires Verfahren nach Artikel 47 der Charta. Das Abkommen sollte im Einklang mit allen in der Charta verankerten Rechten und Grundsätzen angewendet werden.
(19)Die Kommission sollte den Europäischen Datenschutzbeauftragten während der Aushandlung des Abkommens bzw. in jedem Fall vor Abschluss des Abkommens konsultieren.
(20)Die Kommission sollte als Verhandlungsführer der Union benannt werden.
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die Kommission wird hiermit ermächtigt, im Namen der Europäischen Union ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation über die Zusammenarbeit und Koordinierung bei der Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität sowie bei der Gewährleistung eines integrierten Grenzmanagements an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten und der Drittländer, die bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands assoziiert sind, in Bezug auf die Personenkontrollen an den Außengrenzen und auch über die erforderlichen Garantien für den Schutz personenbezogener Daten auszuhandeln.
Artikel 2
Die Verhandlungsrichtlinien sind im Anhang festgelegt.
Artikel 3
Die Verhandlungen werden im Benehmen mit [Name des vom Rat einzusetzenden Sonderausschusses] geführt.
Artikel 4
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 14.4.2021
COM(2021) 177 final
ANHANG
der
Empfehlung für einen Beschluss des Rates
zur Genehmigung der Aufnahme von Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (IKPO-INTERPOL)
ANHANG
Die Kommission sollte in den Verhandlungen die nachstehend im Detail beschriebenen Ziele anstreben:
1)Regelung der Zusammenarbeit zwischen Europol und Interpol, unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen bei der Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden und transnationalen schweren organisierten Kriminalität, der derzeitigen operativen Erfordernisse, des Mandats von Europol und in voller Übereinstimmung mit den Anforderungen der EU in Bezug auf den Datenschutz und die Grundrechte,
2)Bereitstellung der Schutzvorkehrungen und Garantien, die erforderlich sind, um EU-Mitgliedstaaten und EU-Agenturen einen kontrollierten Zugang zu Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) und zur Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten (TDAWN) über das Europäische Suchportal (ESP) zu genehmigen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, im Einklang mit ihren Zugangsrechten, mit EU- oder nationalem Recht, das einen solchen Zugang abdeckt, und in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte,
3)Bereitstellung der Schutzvorkehrungen und Garantien, die erforderlich sind, um den EU-Mitgliedstaaten und Frontex (ihre Zentraleinheit für das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem ETIAS) den Zugriff auf Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und auf die Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten über das Europäische Suchportal unter Wahrung der EU-Datenschutzanforderungen und der Anforderungen der Grundrechte zu genehmigen,
4)Bereitstellung der Schutzvorkehrungen und Garantien, die erforderlich sind, um eine überarbeitete Verordnung über das Visa-Informationssystem anzuwenden, die die EU-Mitgliedstaaten dazu ermächtigt, bei der Prüfung von Anträgen auf Visa oder Aufenthaltstitel über das Europäische Suchportal auf Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und die Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten zuzugreifen, und zwar in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte,
5)Aufbau und Regelung der Zusammenarbeit zwischen der durch die Verordnung (EU) 2017/1939 eingerichteten Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) und Interpol im Einklang mit ihren Mandaten und in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte,
6)Schaffung der Rechtsgrundlage, um Europol, Frontex-Personal der Kategorie 1 (Statutspersonal der ständigen Reserve) und die Europäische Staatsanwaltschaft zum Zugriff auf einschlägige Interpol-Datenbanken für die Durchführung ihrer Aufgaben in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte zu ermächtigen,
7)Schaffung der Rechtsgrundlage, um Eurojust und die Europäische Staatsanwaltschaft zum Austausch operativer Informationen mit Interpol in voller Übereinstimmung mit den EU-Datenschutzanforderungen und den Anforderungen der Grundrechte zu ermächtigen.
Konkret sollte das Kooperationsabkommen Folgendes vorsehen:
a)die Festlegung von Schlüsselbegriffen, auch zu personenbezogenen Daten, im Einklang mit den Verordnungen (EU) 2016/679 und 2018/1725 sowie Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/680,
b)Vorkehrungen, damit alle automatisierten Abfragen von Interpols Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente und der Datenbank zur Erfassung von Ausschreibungen zugeordneten Reisedokumenten im Zusammenhang mit den Verordnungen über das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem, die Interoperabilität und (der überarbeiteten Verordnung) über das Visa-Informationssystem so durchgeführt werden, dass dem für die Interpol-Ausschreibung verantwortlichen Staat keine Informationen preisgegeben werden,
c)eine genaue Formulierung der Schutzvorkehrungen und Kontrollen, die für den Schutz personenbezogener Daten sowie der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Wohnort, beim Austausch von personenbezogenen Daten mit Interpol erforderlich sind. Insbesondere sollte Folgendes gelten:
i)Die Zwecke, zu denen personenbezogene Daten von den Vertragsparteien im Rahmen des Abkommens verarbeitet werden dürfen, sind klar und genau zu formulieren und dürfen nicht über das hinausgehen, was im Einzelfall für die Zwecke des Abkommens notwendig ist.
ii)Personenbezogene Daten, die von den Agenturen und Einrichtungen der EU im Bereich Justiz und Inneres gemäß ihren Mandaten im Rahmen des Abkommens an Interpol übermittelt werden, müssen nach Treu und Glauben, auf rechtmäßiger Grundlage und nur für die Zwecke verarbeitet werden, für die sie übermittelt wurden. Jede weitere Datenverarbeitung, die mit der ursprünglichen Datenverarbeitung nicht vereinbar ist, muss untersagt werden (Zweckbindung). Das Abkommen muss einen Geltungsbereich beinhalten, um bei der Übermittlung der Daten etwaige Zugangs- oder Nutzungsbeschränkungen anzugeben, einschließlich einer Beschränkung der Datenübertragung, -löschung oder -vernichtung.
iii)Übermittelte personenbezogene Daten müssen angemessen, relevant und auf das beschränkt sein, was für den Zweck erforderlich ist, für den sie übermittelt wurden. Sie müssen sachlich richtig sein und auf dem neuesten Stand gehalten werden. Sie dürfen nicht länger aufbewahrt werden als dies für die Zwecke notwendig ist, zu denen sie übermittelt wurden. In dem Abkommen müssen Regeln zur Speicherung, einschließlich der Speicherbegrenzung, zur Überprüfung, Korrektur und Löschung personenbezogener Daten festgelegt werden.
iv)Im Abkommen muss festgelegt werden, anhand welcher Kriterien die Zuverlässigkeit der Quellen und die sachliche Richtigkeit der Daten festgestellt wird.
v)Die Übermittlung personenbezogener Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Übermittlung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, von Daten über die Gesundheit und das Sexualleben oder die sexuelle Ausrichtung einer Person ist nur dann zu erlauben, wenn sie im Einzelfall für die Verhütung oder Bekämpfung der durch das Abkommen erfassten Straftaten unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist und geeigneten Schutzvorkehrungen unterliegt, die den spezifischen Risiken der Verarbeitung Rechnung tragen. In dem Abkommen sollten besondere Schutzvorkehrungen für die Übermittlung personenbezogener Daten von Minderjährigen und von Opfern von Straftaten, Zeugen oder anderen Personen, die Informationen über Straftaten liefern können, vorgesehen sein.
vi)In dem Abkommen müssen Regeln für die Informationen festgelegt sein, die Einzelpersonen zur Verfügung zu stellen sind, und es muss durchsetzbare Rechte von Personen gewährleisten, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden, und zwar in Form von Regeln für das Recht auf Information, Auskunft, Berichtigung und Löschung, einschließlich der besonderen Gründe, die unter Umständen notwendige, verhältnismäßige Einschränkungen zulassen. Durch das Abkommen muss außerdem sichergestellt sein, dass jede Person, deren Daten auf der Grundlage des Abkommens verarbeitet werden, über ein durchsetzbares Recht auf verwaltungsrechtliche und gerichtliche Rechtsbehelfe verfügt, die eine wirksame Abhilfe gewährleisten.
vii)In dem Abkommen müssen die Regeln für die Aufbewahrung von Aufzeichnungen zum Zwecke der Protokollierung und Dokumentation festgelegt sein.
viii)Durch das Abkommen müssen Schutzvorkehrungen in Bezug auf die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten einschließlich der Profilerstellung vorgesehen sein und Entscheidungen untersagt sein, die allein auf der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Informationen ohne menschliche Beteiligung beruhen.
ix)Das Abkommen muss die Verpflichtung enthalten, die Sicherheit personenbezogener Daten durch geeignete technische und organisatorische Vorkehrungen zu gewährleisten, auch in der Weise, dass nur befugte Personen auf personenbezogene Daten zugreifen können. Es muss auch die Verpflichtung enthalten, die zuständigen Behörden und, soweit erforderlich, die betroffenen Personen zu benachrichtigen, wenn eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten vorliegt, die sich auf die im Rahmen des Abkommens übermittelten Daten bezieht. Das Abkommen muss auch die Verpflichtung enthalten, Datenschutz durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen und durch Gestaltungsmaßnahmen zu implementieren, die darauf ausgelegt sind, die Datenschutzgrundsätze in wirksamer Weise umzusetzen.
x)Die Weitergabe von Informationen von Interpol an andere internationale Organisationen oder Drittländer darf nur für die Zwecke des Abkommens gestattet werden, muss angemessenen Bedingungen unterliegen und darf nur in Bezug auf Drittländer oder internationale Organisationen gestattet werden, die ein im Wesentlichen gleichwertiges Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleisten, wie es im Rahmen dieses Abkommens gewährleistet wird, es sei denn, die Weitergabe ist für die Verhütung und Ermittlung einer ernsten und unmittelbaren Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder zum Schutz lebenswichtiger Interessen einer natürlichen Person erforderlich. Insbesondere kann eine solche Weitergabe zulässig sein, wenn die internationale Organisation oder das Drittland unter einen Angemessenheitsbeschluss der Kommission gemäß Artikel 36 der Richtlinie (EU) 2016/680 oder angemessene Schutzvorkehrungen für den Schutz personenbezogener Daten fallen, die durch ein zwischen der Union und der betreffenden internationalen Organisation oder dem betreffenden Drittland geschlossenes internationales Abkommen gemäß Artikel 218 AEUV oder durch ein Kooperationsabkommen, das den Austausch operativer personenbezogener Daten zwischen der Agentur und dem betreffenden Drittland oder der betreffenden internationalen Organisation ermöglicht, gewährleistet sind, die Weitergaben abdecken und vor dem Beginn der Anwendung des Rechtsakts zur Errichtung der betreffenden Agentur geschlossen wurden.
xi)Mit dem Abkommen muss ein System der Aufsicht über die Verwendung dieser personenbezogenen Daten durch Interpol durch eine oder mehrere unabhängige, für den Datenschutz zuständige Stellen mit tatsächlichen Untersuchungs- und Eingriffsbefugnissen gewährleistet werden. Diese Stelle oder Stellen muss/müssen befugt sein, Beschwerden natürlicher Personen über die Nutzung ihrer personenbezogenen Daten entgegenzunehmen. In dem Abkommen muss die Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsorganen für Interpol einerseits und der zuständigen EU-Agentur oder Behörde des Mitgliedstaats andererseits vorgesehen sein.
d)In dem Kooperationsabkommen muss ein wirksamer Streitbeilegungsmechanismus in Bezug auf seine Auslegung und Anwendung vorgesehen sein, um sicherzustellen, dass die Parteien die gegenseitig vereinbarten Regeln einhalten.
e)Das Kooperationsabkommen muss eine Bestimmung über das Inkrafttreten und die Geltung sowie eine Bestimmung enthalten, wonach eine Vertragspartei es beenden oder aussetzen kann.
f)Das Kooperationsabkommen muss Bestimmungen über die laufende Anwendungskontrolle und regelmäßige Bewertung des Abkommens enthalten.
g)Das Kooperationsabkommen muss in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache gleichermaßen verbindlich sein und eine diesbezügliche Sprachklausel enthalten.