30.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 251/37


P9_TA(2021)0501

Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf die Eigenmittel der EU und auf die Zweckentfremdung von EU-Mitteln

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2021 zu den Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf die Eigenmittel der EU und auf die Zweckentfremdung von EU-Mitteln mit besonderem Augenmerk auf der geteilten Mittelverwaltung unter dem Gesichtspunkt der Rechnungsprüfung und Kontrolle (2020/2221(INI))

(2022/C 251/03)

Das Europäische Parlament,

gestützt auf die Artikel 310, 317 und 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug („PIF-Richtlinie“) (1),

unter Hinweis auf die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (2),

gestützt auf die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (3) (Haushaltsordnung),

unter Hinweis auf die OLAF-Berichte 2019 und 2020 und die Tätigkeitsberichte 2019 und 2020 des OLAF-Überwachungsausschusses,

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 01/2019 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben: Es muss gehandelt werden“,

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 06/2019 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „Bekämpfung von Betrug bei den EU-Kohäsionsausgaben: Verwaltungsbehörden müssen Aufdeckung, Reaktion und Koordinierung verstärken“,

unter Hinweis auf den Sonderbericht Nr. 13/2021 des Europäischen Rechnungshofs mit dem Titel „EU-Maßnahmen gegen Geldwäsche im Bankensektor sind fragmentiert und werden unzulänglich umgesetzt“,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 28. April 2019 mit dem Titel „Die Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission: verstärkte Maßnahmen zum Schutz des EU-Haushalts“ (COM(2019)0196) und die beigefügte Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Fraud risk assessment“ (Bewertung des Betrugsrisikos) (SWD(2019)0171),

unter Hinweis auf den Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 3. September 2020 mit dem Titel „31. Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Betrugsbekämpfung (2019)“ (PIF-Bericht) (COM(2020)0363) und die dem Bericht beigefügten Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen (SWD(2020)0156, SWD(2020)0157, SWD(2020)0158, SWD(2020)0159 und SWD(2020)0160),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/785 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Aufstellung des Betrugsbekämpfungsprogramms der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 250/2014 (4),

unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (5),

unter Hinweis auf den Beschluss (EU) 2019/1798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zur Ernennung des Europäischen Generalstaatsanwalts der Europäischen Staatsanwaltschaft (6),

gestützt auf Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union und das Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit,

unter Hinweis auf den Bericht 2019 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit dem Titel „Fraud and corruption in European Structural and Investment Funds — a spotlight on common schemes and preventive actions“ (Betrug und Korruption bei den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds — ein Blick auf gemeinsame Konzepte und vorbeugende Maßnahmen) (7),

unter Hinweis auf die am 13. Dezember 2016 veröffentlichten Leitlinien zu nationalen Betrugsbekämpfungsstrategien, die von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitet wurden, die aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten besteht und von der Abteilung für die Bekämpfung, Berichterstattung und Analyse von Betrug des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) (8) geleitet und koordiniert wird,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 14. April 2021 über eine EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 (COM(2021)0170),

unter Hinweis auf die von der Generaldirektion Interne Politikbereiche des Europäischen Parlaments am 7. Juli 2021 veröffentlichte Studie mit dem Titel „The Impact of Organised Crime on the EU’s Financial Interests“ (Die Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf die finanziellen Interessen der EU),

unter Hinweis auf das von der Kommission am 20. Juli 2021 vorgelegte Paket mit vier Legislativvorschlägen zur Harmonisierung der EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2021 zum Schutz der finanziellen Interessen der EU — Betrugsbekämpfung — Jahresbericht 2019 (9),

gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf die Stellungnahmen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres,

unter Hinweis auf den Bericht des Haushaltskontrollausschusses (A9-0330/2021),

A.

in der Erwägung, dass die Finanz- und Wirtschaftskriminalität mit Korruption, Betrug, Nötigung, Gewalt, Absprache, Schikane und Einschüchterung einhergeht, um unlauteren Gewinn zu erzielen, indem Gelder aus illegaler Herkunft mithilfe von Geldwäsche verschleiert werden und möglicherweise zu weiteren illegalen Zwecken, beispielsweise zur Terrorismusfinanzierung, verwendet werden;

B.

in der Erwägung, dass dem Europäischen Rechnungshof zufolge der Bekämpfung von Betrug nicht genug Aufmerksamkeit zukommt und es der Kommission an ausführlichen Informationen zu Ausmaß, Art und Ursachen von Betrug mangelt;

C.

in der Erwägung, dass in der EU eine zunehmende Anzahl an kriminellen Organisationen aktiv ist, die häufig grenzüberschreitend tätig sind; in der Erwägung, dass dieses Phänomen mit den neuen Märkten für Kriminalität und den neuen Vorgehensweisen, die sich aufgrund der Globalisierung und neuer Technologien ergeben, an Komplexität gewinnt; in der Erwägung, dass mafiaartige Organisationen besonders aktiv versuchen, EU-Gelder in den verschiedenen Mitgliedstaaten abzufangen;

D.

in der Erwägung, dass Technologie zu neuen Erkennungs- und Überwachungsmöglichkeiten führt, durch die die Tätigkeiten der Ermittler wirksamer werden und eine intelligentere Ausgestaltung der Durchsetzungsmaßnahmen ermöglicht wird;

Von organisierter Kriminalität betroffene EU-Mittel

1.

betont, dass sich gezeigt hat, dass die organisierte Kriminalität in hohem Maße die gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, finanziellen, unternehmerischen und administrativen Strukturen der Mitgliedstaaten unterwandert hat und in der Lage ist, in der legalen Wirtschaft die enormen Einnahmen aus Straftaten zu waschen, darunter auch Straftaten gegen die finanziellen Interessen der EU, weshalb sie eine ernstzunehmende Bedrohung für die Freiheiten der EU-Bürger darstellt; betont vor diesem Hintergrund, dass die organisierte Kriminalität eine ernstzunehmende Gefahr für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit darstellt und dass die Bekämpfung der Korruption und der Unterwanderung der legalen Wirtschaft durch die organisierte Kriminalität eine grundlegende Voraussetzung für die Sicherstellung der Gleichheit vor dem Gesetz, die Verteidigung der Bürgerrechte und den Schutz des Wohlbefindens der Bürgerinnen und Bürger, die Verhinderung von Missbrauch und die Gewährleistung der Rechenschaftspflicht von Inhabern öffentlicher Ämter darstellt; ist der Auffassung, dass eine gemeinsame, koordinierte Reaktion der EU und ihrer Mitgliedstaaten erforderlich ist;

2.

weist darauf hin, dass der Betrug zulasten der Einnahmen ein Bereich ist, in dem die durch organisierte Kriminalität verursachten Schäden besonders groß sind, auch beim Zollbetrug; betont, dass Zollbetrug einen wesentlichen Anteil am Betrug zulasten der Einnahmen hat; stellt fest, dass diese Art von Betrug häufig durch die Fälschung von Einfuhranmeldungen, die Verwendung gefälschter Dokumente für die Warenanmeldung und die falsche Angabe des Warenursprungs zur Umgehung von Antidumpingzöllen der EU begangen wird; nimmt zur Kenntnis, dass der Europäische Rechnungshof jüngst Mängel bei den Rechtsvorschriften zur Zollkontrolle und bei ihrer Anwendung hervorgehoben hat, die zu einer unzureichenden Harmonisierung und Risikobewertung sowie zu einem mangelnden Informationsaustausch in der gesamten Union und unter den Mitgliedstaaten führen; erklärt sich besorgt, dass sich für die organisierte Kriminalität dadurch Möglichkeiten ergeben, Schwachstellen im aktuellen System auszunutzen und die Union und ihre Mitgliedstaaten um ihre Einnahmen zu betrügen; stellt fest, dass Zollbetrug häufig auch dadurch begangen wird, dass der Wert der in die EU eingeführten Waren zu niedrig angegeben wird, wodurch Betrüger höhere Einfuhrzölle vermeiden können; stellt fest, dass die vom OLAF in den letzten Jahren untersuchten Fälle einer systematisch zu geringen Angabe des Warenwerts in erster Linie Waren betrafen, die aus China importiert wurden; begrüßt die Arbeit des OLAF bei der Untersuchung dieser Fälle, wodurch es ermöglicht wurde, die geschätzten Einnahmeausfälle für den EU-Haushalt von über 1 Mrd. EUR im Jahr 2017 auf 180 Mio. EUR im Jahr 2020 zu verringern (10); betont, dass trotz dieser positiven Entwicklungen die Bemühungen zur Bekämpfung von Betrügereien durch eine systematisch zu geringe Angabe des Warenwerts fortgesetzt werden müssen, da Betrugsmodelle mit neuen Mustern, insbesondere für den elektronischen Geschäftsverkehr, entwickelt werden;

3.

stellt fest, dass der Mehrwertsteuerbetrug eine weitere wichtige Komponente des Betrugs zulasten der Einnahmen ist; stellt fest, dass Mehrwertsteuerbetrug als Umgehung der Entrichtung der Mehrwertsteuer oder betrügerische Beantragung von Mehrwertsteuererstattungen bei den nationalen Behörden im Anschluss an eine illegale Kette von Umsätzen definiert ist; stellt fest, dass die häufigsten Formen des Mehrwertsteuerbetrugs der innergemeinschaftliche Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug, Betrug im elektronischen Geschäftsverkehr und Betrug im Zusammenhang mit dem Zollverfahren 42 sind; weist darauf hin, dass die Kraftstoffbranche zu den Branchen gehört, die am anfälligsten für Mehrwertsteuerbetrug sind, da kriminelle Netze hier die Bestimmungen zur MwSt.-Befreiung und die Preisunterschiede zwischen verschiedenen Kraftstoffarten missbrauchen, was zu enormen Steuerausfällen führt; ist besorgt darüber, dass kriminelle Organisationen nachweislich Wissen, Informationen und Erkenntnisse im Bereich des Mehrwertsteuerbetrugs austauschen, indem sie in großem Umfang neue Technologien und alternative Kryptowährungen verwenden und Unzulänglichkeiten legaler Unternehmensstrukturen ausnutzen, um ihre kriminellen Aktivitäten auszuweiten und zu verschleiern, wobei mit dem Mehrwertsteuerbetrug Gewinne in Höhe von mehreren Mrd. EUR erzielt werden; hebt hervor, dass aus der von Europol im Jahr 2021 vorgenommenen Bewertung der Bedrohungslage der Europäischen Union im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität hervorgeht, dass der Mehrwertsteuerbetrug von Personen begangen wird, die über gute Kenntnisse des Mehrwertsteuersystems, der Rechtsvorschriften und der Steuerverfahren verfügen; bedauert die systembedingte Schwächen des derzeitigen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und den unzureichenden Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten;

4.

bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass Subventionen ein Bereich sind, der vom Betrug auf der Ausgabenseite des Unionshaushalts betroffen ist; stellt mit großer Besorgnis fest, dass den Berichten von Europol zufolge die Zahl solcher Fälle im Laufe der Jahre stetig gestiegen ist; stellt fest, dass Subventionsbetrug in vielen Bereichen der EU-Ausgaben vorkommt, beispielsweise in den Bereichen Agrarpolitik, Kohäsionspolitik, Forschung und Entwicklung sowie Umweltpolitik; stellt mit Besorgnis fest, dass betrügerische Anträge auf Beihilfen und Ausschreibungen der EU in der Regel auf falschen Erklärungen, Fortschrittsberichten und Rechnungen beruhen; weist darauf hin, dass viele solche betrügerische Machenschaften von kriminellen Vereinigungen ausgeübt werden, die teilweise mit der Mafia vergleichbar sind;

5.

stellt fest, dass neben den offensichtlichen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die von den für kriminelle Vereinigungen typischen Formen der Gewalt ausgehen, die organisierte Kriminalität ebenso schwerwiegende Probleme in Form des Eindringens in die legale Wirtschaft und des damit verbundenen korrumpierenden Verhaltens von Amtsträgern und der daraus folgenden Unterwanderung von Institutionen und der öffentlichen Verwaltung verursachen kann; bekräftigt seine Forderung, dass die EU unverzüglich Vollmitglied der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) werden soll; betont, dass ausreichende Ressourcen für das Justizsystem bereitzustellen und alle verfügbaren Instrumente in kohärenter Weise in allen Mitgliedstaaten einzusetzen sind, um Betrug, Finanz- und Wirtschaftskriminalität aufzudecken und zu bekämpfen;

6.

hebt hervor, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) den größten Posten im EU-Haushalt darstellt und 31 % der Gesamtausgaben im Zeitraum 2021–2027 auf sie entfielen; betont, dass ordnungsgemäß funktionierende GAP-Kontrollsysteme auf europäischer und nationaler Ebene entscheidend dazu beitragen, dass die finanziellen Interessen der Union und ihrer Bürger wirksam geschützt und EU-Mittel nicht zweckentfremdet werden; nimmt die besondere Rolle der organisierten Kriminalität bei der missbräuchlichen Inanspruchnahme von GAP-Mitteln zur Kenntnis; bekräftigt seine Besorgnis darüber, dass die gegenwärtige Struktur der GAP-Subventionen ein Anreiz für den Landraub durch kriminelle und oligarchische Strukturen ist; betont, dass der durch oligarchische Strukturen verursachte finanzielle Schaden für die GAP mindestens ebenso hoch ist wie der durch organisierte Verbrecherbanden und dass die Erkennung solcher Strukturen für den Schutz von Landwirten, die tatsächlich von der Landwirtschaft leben, von wesentlicher Bedeutung ist; betont, dass Landwirte vor Einschüchterungen durch kriminelle Banden geschützt werden müssen, die versuchen, Beihilfen für das Land der Landwirte zu beantragen; betont, dass eingeschränkte Transparenz in Kombination mit Korruption es kriminellen Organisationen ermöglicht, ihre Machenschaften zu verschleiern und zu verhindern, dass EU-Mittel die vorgesehenen Begünstigten erreichen; bekräftigt, dass es in diesem Zusammenhang von wesentlicher Bedeutung ist, dass auf Unionsebene ordnungsgemäße Rechtsinstrumente gegen Landraub ausgearbeitet werden und ein wirksamer Informationsaustausch ermöglicht wird; bekräftigt nachdrücklich die Notwendigkeit einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten;

7.

betont, dass die Einrichtung einer zentralen und interoperablen Datenbank mit standardisierten und hochwertigen Daten, in der die unmittelbaren und endgültigen Begünstigten von EU-Subventionen aufgeführt sind, unabdingbar ist, um Betrüger, kriminelle Netze und oligarchischen Strukturen zu ermitteln und um zu verhindern, dass sie EU-Mittel missbräuchlich in Anspruch nehmen; betont, dass eine solche Datenbank die Fähigkeit der Strafverfolgungsbehörden, missbräuchlich in Anspruch genommene Mittel zurückzuerlangen, erheblich verbessern würde; betont, dass die Interoperabilität zwischen bestehenden Datenbanken der Mitgliedstaaten und der EU verbessert werden muss, damit eine solche Datenbank geschaffen werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Einrichtung einer solchen zentralen Datenbank im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zusammenzuarbeiten; hebt hervor, dass die Daten von angemessener Qualität sein müssen und in einem standardisierten Format verfügbar sein müssen, damit sie ausgetauscht und automatisch aggregiert werden können; hebt hervor, dass die Begünstigten eine eindeutige Kennung aufweisen müssen, mit der ihre Rückverfolgbarkeit über die Mitgliedstaaten und Fonds hinweg unabhängig von der Verwaltungsmethode sichergestellt wird; betont, dass der Einsatz neuer Technologien wie umfassender digitaler Grundbücher von wesentlicher Bedeutung ist, wenn es darum geht, die Transparenz zu erhöhen, die Datenerhebung wirksamer zu gestalten und das Risiko besser zu mindern, wodurch letztendlich die Möglichkeiten für Betrüger verringert werden; begrüßt die Bemühungen der Kommission, entsprechende Technologien verstärkt zu nutzen, und fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Umsetzung dieser Lösungen zu beschleunigen; weist darauf hin, dass die Kommission bzw. die zuständigen Agenturen u. a. Tierhaltungsbetriebe stärker kontrollieren müssen, und zwar insbesondere in Bezug auf Mittel, die in Abhängigkeit von der Anzahl der Tiere gewährt werden, da ordnungsgemäß überprüft werden muss, ob die Tiere tatsächlich existieren;

8.

weist darauf hin, dass die Konzentration der Einkommensstützung in der Landwirtschaft hauptsächlich auf flächenbezogene Direktzahlungen zurückzuführen ist; betont, dass eine gezieltere Unterstützung und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen großen und kleinen Begünstigten auf der Ebene der Mitgliedstaaten erforderlich sind; bedauert, dass die Deckelung der Ausgaben auch in der neuen GAP weiterhin freiwillig bleibt; fordert die Mitgliedstaaten auf, als Maßnahme gegen die missbräuchliche Inanspruchnahme von Mitteln für die Landwirtschaft und für deren gerechtere Verteilung auf die verschiedenen Umverteilungsinstrumente zurückzugreifen; kritisiert, dass die Mitgliedstaaten auf der Sondertagung des Europäischen Rates vom Juli 2020 einseitig beschlossen haben, in der ersten oder zweiten Säule keine Höchstbeträge für natürliche Personen einzuführen, wodurch einer Entscheidung im Rahmen der Trilogverhandlungen zur Reform der GAP vorgegriffen wurde;

9.

hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten im Bereich der geteilten Mittelverwaltung gemeinsam mit der Kommission für die Agrarfonds der EU verantwortlich sind; ist der Ansicht, dass das neue Umsetzungsmodell und die neuen nationalen Strategiepläne eine Gelegenheit sein können, die Kontrollen der Mitgliedstaaten und der Kommission in Bezug auf die Verteilung und Verwaltung der Mittel zu verstärken, sofern die Mitgliedstaaten wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme eingerichtet haben, und die für die Vergabe von Fördermitteln zuständigen Behörden dafür zu sensibilisieren, wo Betrugsmöglichkeiten ausgenutzt werden; betont, dass der Grundsatz der einzigen Prüfung dazu beitragen sollte, den Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe zu verringern, und dass die Kontrollen keine unnötigen oder zusätzlichen Verwaltungslasten für kleine und mittlere Betriebe mit sich bringen sollten; betont in diesem Zusammenhang, dass der Austausch zwischen den Strafverfolgungsorganen in der Union und den für die Freigabe von Fördermitteln zuständigen Behörden von großer Bedeutung dafür ist, auf möglichst hoher Ebene schon im Vorfeld für etwaigen Betrug zu sensibilisieren;

10.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten für organisierte Kriminalität in Form von Steuerhinterziehung, Korruption und rechtswidrigen Praktiken (etwa „Taschenverträge“) im Zusammenhang mit Landtransaktionen zu sensibilisieren und sie bei der Bekämpfung dieser Vergehen zu unterstützen;

11.

vertritt die Auffassung, dass jede Anstrengung unternommen werden sollte, um zu verhindern, dass das neue Umsetzungsmodell für die GAP dazu führt, dass die Endbegünstigten weniger GAP-Mittel in Anspruch nehmen, weil sie unbeabsichtigte Fehler machen, die Vorschriften nicht transparent genug sind oder geeignete Informationen fehlen, insbesondere während der anfänglichen Umsetzungsphase;

12.

betont, dass ein eigens konzipiertes System zur Betrugsprävention erforderlich ist, um der missbräuchlichen Inanspruchnahme der EU-Agrarfonds vorzubeugen; weist darauf hin, dass die Betrugsbekämpfung auch künftig eine hohe Priorität für die EU und die Mitgliedstaaten haben sollte, obwohl die Zahl der Betrugsfälle in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen ist; unterstreicht, dass Unionsmittel zügig wiedereingezogen werden müssen, und begrüßt die in der horizontalen GAP-Verordnung enthaltenen Bestimmungen über verhältnismäßige Sanktionen als wirksame Abschreckungsmaßnahme;

13.

stellt fest, dass das OLAF für die Bekämpfung von Betrug bei den GAP-Zahlungen zuständig ist und dass dies auf der Grundlage von Informationen aus den Mitgliedstaaten oder von Hinweisen betroffener Bürger geschieht, die daraufhin möglicherweise Repressalien ausgesetzt sind; weist außerdem darauf hin, dass die Dossiers des OLAF streng vertraulich sind und zum Zeitpunkt ihrer Schließung nicht in großem Umfang veröffentlicht werden; fordert daher, dass Hinweisgeber geschützt werden und die für Betrugsermittlungen zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten in diesem Bereich bewährte Verfahren austauschen;

14.

hebt hervor, dass die Zahlstellen für die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten überwacht werden müssen und sowohl ihre formelle als auch informelle Unabhängigkeit sichergestellt sein muss und zudem ihre Arbeit mit den Unionsvorschriften in Einklang gebracht werden muss, wobei unter anderem stichprobenartige Besuche zu einem besseren Kontrollsystem führen können;

15.

betont, dass die Haushaltsordnung, insbesondere Artikel 61, in allen Mitgliedstaaten eingehalten und umgesetzt und auf alle Zahlungen aus Unionsfonds, einschließlich der Direktzahlungen für die Landwirtschaft, angewendet werden muss;

16.

fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines zentralen Meldeverfahrens auf Unionsebene vorzuschlagen, um Einzelpersonen, die mit unlauterer Landnahme und Einschüchterungen seitens krimineller Organisationen konfrontiert sind, zu unterstützen, indem sie Gelegenheit erhalten, rasch Meldung bei der Kommission zu erstatten;

17.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (11), (Richtlinie über den Schutz von Hinweisgebern) zügig umzusetzen und im Rahmen des Umsetzungsprozesses rechtliche Garantien für Einzelpersonen und unabhängige Stellen vorzusehen, die Korruption aufdecken, einschließlich Journalisten, Whistleblower, unabhängige Medien und regierungsunabhängige Organisationen zur Korruptionsbekämpfung; fordert alle Mitgliedstaaten auf, umfassende Rahmenregelungen zum Schutz von Hinweisgebern zu schaffen; bekräftigt die Dringlichkeit dieser Forderung angesichts von Berichten über immer mehr physische Angriffe auf Journalisten, die Zunahme von SLAPP-Klagen (strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung) und die Anwendung von im Eilverfahren erlassenen Sicherheitsgesetzen in einigen Mitgliedstaaten, die die Verbreitung von Bildern oder Daten über Strafverfolgungsbeamte unter Strafe stellen und damit die Arbeit der Journalisten behindern und die Rechenschaftspflicht der nationalen Behörden einschränken;

18.

stellt mit Besorgnis fest, dass die Kommission und OLAF den Betrug bei öffentlichen Ausschreibungen und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge als einen wichtigen Trend unter Betrügern ermittelt haben; stellt fest, dass geheime Absprachen von Einzelpersonen und Organisationen, die Verwendung gefälschter Rechnungen, die Schaffung von Scheinunternehmen, die Erstellung falscher Belege sowie die Zweckentfremdung von Mitteln gängige Methoden sind, um die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge auszuhebeln; weist darauf hin, dass Betrugssysteme häufig länderübergreifend funktionieren und mehrere Länder (EU und Drittländer) umfassen können, was es schwierig macht, sie zu identifizieren und zu zerschlagen; bedauert, dass es in vielen Mitgliedstaaten keine besonderen Rechtsvorschriften gegen die organisierte Kriminalität gibt; betont, dass eine zeitnahe Zusammenarbeit zwischen den nationalen Strafverfolgungsbehörden ein zentrales Element einer wirksamen Reaktion auf grenzüberschreitende Kriminalität ist; fordert die zuständigen EU-Behörden und nationalen Behörden auf, die Interoperabilität ihrer Systeme zu verbessern, einen zeitnahen Informationsaustausch zu erleichtern und die Zusammenarbeit und das gemeinsame Vorgehen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität zu verbessern; fordert daher, dass der länderübergreifende Charakter der Betrugsbekämpfung und die Harmonisierung der Strafgesetze in den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gestärkt werden, was von entscheidender Bedeutung ist; fordert die Kommission auf, einen gemeinsamen Regelungsrahmen auszuarbeiten, der es den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, ein Strafverfahren an einen anderen Mitgliedstaat zu übergeben, um parallele Ermittlungen zu vermeiden;

19.

weist darauf hin, dass sich durch die COVID-19-Pandemie neue Chancen für Betrüger und die organisierte Kriminalität ergeben; nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass Europol einen Anstieg bei den kriminellen Tätigkeiten in Verbindung mit der COVID-19-Pandemie in Form von Cyberkriminalität, Betrug und betrügerischer Nachahmung, u. a. bei medizinischem Material und persönlicher Schutzausrüstung, beobachtet hat; weist erneut auf die in den EU-Ländern festgestellten betrügerischen und gefälschten Angebote von Impfstoffen als eines von vielen schädigenden Beispielen hin, bei dem Betrüger versucht haben, mehr als 1,1 Milliarden Impfdosen für einen Gesamtpreis von über 15,4 Mrd. EUR zu verkaufen; hebt hervor, dass die Bedrohung durch den illegalen Handel mit gefälschten digitalen COVID-19-Zertifikaten rapide zunimmt und zahlreiche Fälle in mehreren Mitgliedstaaten zu verzeichnen waren;

20.

ist besorgt angesichts der Bewertung des PIF-Berichts, in dem festgestellt wurde, dass sieben Mitgliedstaaten im Jahr 2019 Betrug in Verbindung mit der Gesundheitsinfrastruktur aufgedeckt haben und dass die Gesundheitsinfrastruktur besonders von Verstößen gegen Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge betroffen war; weist darauf hin, dass sich diese Probleme durch die Abhängigkeit von Notfallvergabeverfahren als Reaktion auf die COVID-19-Krise verschärft haben; betont, dass bei Notfallvergabeverfahren dieselben Normen für Transparenz und Rechenschaftspflicht gelten müssen wie bei regulären Verfahren; fordert die Kommission und die Behörden der Mitgliedstaaten auf, diese Verfahren durch den Einsatz von Instrumenten zur Risikominderung, die sich auf Prävention konzentrieren, sowie durch umfassende Ex-post-Kontrollen und Prüfungen zu ergänzen;

21.

ist äußerst besorgt darüber, dass Europol davon ausgeht, dass die pandemiebedingte Rezession neue Chancen für die organisierte Kriminalität mit sich bringen wird; gibt zu bedenken, dass der beispiellose Anstieg der EU-Ausgaben im Zusammenhang mit dem Aufbauplan NextGenerationEU großes Potenzial für die missbräuchliche Inanspruchnahme von Mitteln durch die organisierte Kriminalität birgt, da diese dem Geld hinterher ist; hebt hervor, dass dieser enorme Anstieg der Ausgaben mit einer angemessenen Mittelausstattung für die einschlägigen Institutionen einhergehen muss, die den Rahmen der EU und der Mitgliedstaaten für die Bekämpfung von Korruption, Betrug und organisierter Kriminalität bilden; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Einsatz neuer Technologien wie der Arachne-Datenbank und des Früherkennungs- und Ausschlusssystems EDES im Rahmen der Ausführung des EU-Haushalts verbindlich vorgeschrieben werden sollte; fordert den Rat erneut auf, der Hinzufügung von 40 Stellen für Prüfer beim Rechnungshof zuzustimmen, und fordert das OLAF und die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) erneut auf, dafür zu sorgen, dass sie ausreichende Mittel für die Aufdeckung und Verfolgung von gegen „NextGenerationEU“ gerichteten kriminellen Aktivitäten bereitstellen;

22.

betont, dass Kriminelle, die der organisierten Kriminalität und insbesondere mafiaartigen Strukturen angehören, bereits in der Vergangenheit ihre Machenschaften auf den Bereich der erneuerbaren Energie ausgerichtet hatten; weist darauf hin, dass kriminelle Organisationen, die bereits in diesem Bereich tätig sind, leicht Mittel abfangen können, die für den grünen Wandel vorgesehen sind und einen erheblichen Prozentsatz der im Rahmen von „NextGenerationEU“ bereitgestellten Gelder ausmachen;

23.

weist mit Besorgnis auf die Hilfsmittel der organisierten Kriminalität hin, beispielsweise Geldwäsche, Cyberkriminalität, Dokumentenbetrug, Korruption, fingierte Titel und Einsatz von Briefkastenfirmen; betont, dass diese Machenschaften die Fähigkeit der Behörden beeinträchtigen, wirksam zu überwachen, ob EU-Gelder bestimmungsgemäß verwendet werden;

Abschätzung der finanziellen Auswirkungen der organisierten Kriminalität

24.

ist besorgt darüber, dass die Aufgabe, Ausmaß und Schwere der Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf den EU-Haushalt abzuschätzen, wiederholt als extrem schwierig oder sogar unmöglich befunden wurde, unter anderem aufgrund der unterschiedlichen Definitionen der organisierten Kriminalität in den Mitgliedstaaten und des Fehlens zuverlässiger Schätzungen zur Bewertung der Situation, was die Bemühungen um die Koordinierung von Maßnahmen sowie die Ermittlung und Verfolgung von Fällen erschwert; bedauert, dass es der Kommission und den nationalen Behörden an Erkenntnissen zum Umfang, zur Art und zu den Ursachen des Betrugs fehlt und sie bis heute keine konsequente Bewertung von nicht aufgedeckten Betrugsfällen vorgenommen haben; betont, dass das Fehlen zuverlässiger Schätzungen eine genaue Bewertung der Lage verhindert, wodurch die Bekämpfung der organisierten Kriminalität behindert wird; fordert die zuständigen nationalen Behörden auf, die Datenerhebung zu verbessern und die Zuverlässigkeit der der Kommission übermittelten Daten zu erhöhen; fordert die Kommission auf, sich mit den Behörden der Mitgliedstaaten abzustimmen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, um eine umfassende EU-weite Bewertung des tatsächlichen Umfangs, der Art und der Ursachen des Betrugs durchzuführen und dabei die einschlägigen EU-Agenturen einzubeziehen und mit den Partnern aus den Nachbarländern der EU zusammenzuarbeiten;

25.

stellt fest, dass im PIF-Bericht 2019 514 betrügerische Unregelmäßigkeiten auf der Ausgabenseite mit einem finanziellen Wert von 381,4 Mio. EUR und 425 betrügerische Unregelmäßigkeiten auf der Einnahmenseite über insgesamt 79,7 Mio. EUR aufgezählt wurden; betont, dass diese Zahlen nicht dem tatsächlichen Ausmaß des Betrugs entsprechen, das wahrscheinlich deutlich größer ist; hebt außerdem hervor, dass Betrügereien nicht immer von organisierten Banden begangen werden, insbesondere auf der Einnahmenseite, auf der Betrügereien häufig von einzelnen Personen oder Unternehmen begangen werden, wobei sogar hohe Beamte und Regierungsbeamte daran beteiligt sein können;

26.

weist darauf hin, dass die Durchdringung der öffentlichen Beschaffungsmärkte der EU durch die organisierte Kriminalität jüngsten Studien zufolge bei 2,7 % bis 3,6 % der Gesamtausgaben liegt; bedauert, dass dies darauf hindeutet, dass von 2014 bis 2020 möglicherweise 1,9 Mrd. EUR bis 2,6 Mrd. EUR aus den Kohäsionsfonds der EU missbräuchlich durch die organisierte Kriminalität verwendet wurden; nimmt zur Kenntnis, dass sich die begrenzte Datenverfügbarkeit zwar auf die Zuverlässigkeit dieser Schätzungen auswirkt, die Daten aber trotzdem einen Anhaltspunkt für die Schwere des Problems bieten;

27.

weist mit Besorgnis darauf hin, dass Korruption ein wichtiger Bestandteil fast aller Machenschaften krimineller Organisationen ist und ein ernstzunehmendes Risiko für die finanziellen Interessen der EU darstellt, da sich die Verluste beim BIP auf schätzungsweise 170 bis 990 Mrd. EUR und die Kosten für die EU allein für den auf öffentliche Beschaffungen entfallenden Teil des Haushalts auf mehr als 5 Mrd. EUR jährlich belaufen (12);

28.

bedauert, dass Europol zufolge durch eine besondere Form des Mehrwertsteuerbetrugs, nämlich den innergemeinschaftlichen Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug, pro Jahr schätzungsweise 40 bis 60 Mrd. EUR in die Hände krimineller Organisationen gelangen; hebt hervor, dass der Großteil der Mehrwertsteuerausfälle von den Mitgliedstaaten getragen wird, da nur 0,3 % des Mehrwertsteueraufkommens in den EU-Haushalt fließen; betont, dass die auf der Mehrwertsteuer basierenden Eigenmittel im Jahr 2019 dennoch 11,97 % der gesamten EU-Haushaltseinnahmen ausmachten, was darauf hindeutet, dass die durch kriminelle Organisationen verursachten Mehrwertsteuerverluste erheblichen Einfluss auf die Einnahmen der EU haben;

Rechnungsprüfung und Kontrollmaßnahmen gegen organisierte Kriminalität

29.

bedauert, dass die Kommission Mängel bei der Erhebung und Analyse von Daten zur Betrugsbekämpfung, beim Einsatz der Meldesysteme (wie EDES und Arachne) durch die Mitgliedstaaten und beim Informationsfluss festgestellt hat; weist darauf hin, dass die EU-Rechtsvorschriften zum Austausch von Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität erst kürzlich aktualisiert wurden und nicht alle relevanten Behörden abdecken, wodurch ein wirksamer Informationsaustausch zwischen EU-Einrichtungen und Mitgliedstaaten verhindert wird;

30.

erachtet die Richtlinie über den Schutz der finanziellen Interessen der Union als wichtigen Schritt zum Schutz des EU-Haushalts, da sie eine gemeinsame Definition von Straftaten und der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Mitteln enthält und für eine Harmonisierung der Sanktionen bei gegen die finanziellen Interessen der EU gerichteten Straftaten sorgt; begrüßt, dass die Richtlinie klare Melde- und Untersuchungsverfahren vorsieht, die Überwachung des Rahmens für das Betrugsrisikomanagement festlegt und die Nutzung von Informationen, Datenbanken und Datenanalysen durch die Mitgliedstaaten fördert; begrüßt die jüngste Bewertung der Kommission zur Umsetzung der Richtlinie über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Tatsache, dass alle Mitgliedstaaten mitgeteilt haben, dass sie die Richtlinie über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union vollständig umgesetzt haben (13); ist jedoch besorgt über den Grad der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht; erinnert daran, dass die Kommission in mehreren Mitgliedstaaten Konformitätsprobleme festgestellt hat; stellt fest, dass diese Probleme unter anderem die Definition von Straftaten („Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union“, „Geldwäsche“, „Korruption“, „missbräuchliche Verwendung“), die Verantwortlichkeit von juristischen und natürlichen Personen und Sanktionen gegen sie sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, der Kommission jährlich statistische Daten zu übermitteln, betreffen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre nationalen Rechtsvorschriften vollständig an die Anforderungen der Richtlinie über den Schutz der finanziellen Interessen der Union anzugleichen, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, genau zu überwachen, ob die Mitgliedstaaten ihrer Pflicht nachkommen, da eine ordnungsgemäße Umsetzung unabdingbar ist, damit die EUStA wirksame Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen durchführen kann; fordert die Kommission nachdrücklich auf, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um eine ordnungsgemäße und vollständige Umsetzung sicherzustellen, einschließlich der Möglichkeit von Vertragsverletzungsverfahren;

31.

begrüßt die Errichtung der EUStA, deren Aufgabe es ist, gegen den EU-Haushalt gerichtete Straftaten zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und Anklage zu erheben, da hiermit ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Betrug und organisierter Kriminalität in der EU geleistet wird; fordert eine effektive Finanzierung und eine hinreichende personelle Ausstattung der EUStA; hält die Rolle, die der EUStA bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität im Zusammenhang mit dem Unionshaushalt zukommt, für besonders vielversprechend, da nationale Behörden durch die Grenzen an der Strafverfolgung gehindert werden und andere EU-Einrichtungen (wie Eurojust, Europol und OLAF) nicht über die erforderlichen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbefugnisse verfügen; stellt fest, dass der Schwerpunkt des Mandats der EUStA in der Richtlinie über den Schutz der finanziellen Interessen der Union festgelegt ist und die Bekämpfung von Betrug im Zusammenhang mit Ausgaben und Einnahmen der EU, Mehrwertsteuerbetrug, Geldwäsche, Korruption und die Beteiligung an kriminellen Vereinigungen umfasst; hebt hervor, dass diese Schwerpunkte für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität von entscheidender Bedeutung sind, und vertraut darauf, dass die EUStA daher ein wirksames Instrument zur Bekämpfung krimineller Vereinigungen, die sich auf den EU-Haushalt auswirken, sein wird; bedauert, dass fünf Mitgliedstaaten noch nicht an der EUStA teilnehmen, und fordert sie auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ihr beizutreten; fordert die Kommission auf, in der Zwischenzeit ihre Überwachung der betreffenden Mitgliedstaaten zu intensivieren, und bedauert die noch nicht erfolgte Benennung von Delegierten Europäischen Staatsanwälten, insbesondere durch Slowenien, sowie die beträchtlichen Verzögerungen bei vielen anderen Mitgliedstaaten; hebt hervor, dass dadurch die wirksame Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität stark beeinträchtigt wird;

32.

betont, dass Umweltstraftaten, die eine grenzüberschreitende Dimension aufweisen und sich negativ auf die biologische Vielfalt und die natürlichen Ressourcen auswirken — etwa der illegale Handel mit Pflanzen und Tieren, der illegale Holzeinschlag und -handel und der illegale Abfallhandel — besser bekämpft werden müssen; fordert die Kommission auf, eine Erweiterung des Mandats der Europäischen Staatsanwaltschaft einzuleiten, damit auch grenzüberschreitende Umweltstraftaten darunter fallen;

33.

bedauert, dass die Kommission einen Personalplan für die EUStA erstellt hat, der es ihr nicht ermöglicht, ihr Mandat effizient zu erfüllen; hebt hervor, dass eine hinreichende personelle Ausstattung erforderlich ist, damit die EUStA ihre Hauptaufgabe, nämlich die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, die zulasten des EU-Haushalts geht, erfüllen kann; stellt mit Bedauern fest, dass es in der EUStA derzeit kein ausreichende Zahl von Fallanalytikern und Finanzermittlern gibt, um die Strafverfolgungsmaßnahmen der Delegierten Europäischen Staatsanwälte zu unterstützen; bedauert, dass das operative Personal der EUStA derzeit hauptsächlich mit der Registrierung von Fällen und nicht mit der Strafverfolgung befasst ist; stellt mit Bedauern fest, dass es laut Auskunft der EUStA an dringend benötigten zusätzlichen qualifizierten Rechts- und IT-Experten sowie an Verwaltungsmitarbeitern fehlt, die für einen reibungslosen Betrieb sorgen könnten; weist darauf hin, dass die EUStA zusätzlich zu ihrem jährlichen Fallaufkommen von 2 000 Fällen einen Rückstand von mehr als 3 000 Fällen abarbeiten muss; ist besorgt, dass die Arbeitsbelastung der EUStA in den kommenden Jahren angesichts der gewaltigen Beträge, die im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität mobilisiert wurden, und der Beschleunigung der Vergabeverfahren während der COVID-19-Krise noch weiter zunehmen wird; hebt hervor, dass der Personalplan der Kommission für die EUStA für das Jahr 2022 nicht ausreicht, um die Unzulänglichkeiten zu beheben, auf die die EUStA hingewiesen hat; hebt hervor, dass die EUStA, sobald sie voll funktionsfähig ist, Vorteile im Hinblick auf den Schutz des EU-Haushalts mit sich bringen wird, die ihre Kosten übersteigen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Haushaltsmittel und die Anzahl der qualifizierten Mitarbeiter, die der EUStA zu Verfügung stehen, aufzustocken, damit sie ihr Potenzial bei der Verbrechensbekämpfung voll ausschöpfen kann;

34.

begrüßt die Mitteilung der Kommission über eine EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021–2025 und deren Schwerpunkt auf der Förderung eines wirksamen und zeitnahen Informationsaustauschs zwischen den Einrichtungen und Mitgliedstaaten der EU, beispielsweise durch eine bessere Interoperabilität zwischen den Informationssystemen der EU und durch Sicherstellung einer Verknüpfung mit den einschlägigen Datenbanken der Mitgliedstaaten; begrüßt die Zusage der Kommission, die Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung zu optimieren und das Potenzial bestehender Instrumente wie der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) voll auszuschöpfen; begrüßt das Ziel der Kommission, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Europol, Eurojust und Drittstaaten zu verbessern;

35.

begrüßt, dass die Kommission den Schwerpunkt darauf legt, die Unterwanderung der legalen Wirtschaft durch die organisierte Kriminalität zu verhindern, beispielsweise durch Überprüfung des EU-Rahmenwerks zur Bekämpfung der Geldwäsche und der geltenden EU-Regelungen zur Bekämpfung von Korruption; begrüßt, dass die Kommission den Schwerpunkt darauf legt, die Strafverfolgung an die Anforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen;

36.

stellt fest, dass Geldwäsche es Kriminellen ermöglicht, ihre Profite zu verschleiern, und dass das Anbieten von Geldwäschediensten selbst zu einem profitablen Geschäft für kriminelle Vereinigungen geworden ist; betont, dass sich dies erheblich auf die finanziellen Interessen der Union und der Mitgliedstaaten auswirkt, da unfassbare 98 Prozent der geschätzten Erträge aus Straftaten nicht beschlagnahmt werden und den Straftätern weiterhin zur Verfügung stehen; ist der Ansicht, dass die Bekämpfung der Geldwäsche von entscheidender Bedeutung ist, um die missbräuchliche Verwendung von Geldern durch kriminelle Vereinigungen zu verhindern; ist zutiefst besorgt über die Feststellungen des Rechnungshofs (14), wonach die Maßnahmen der EU zur Verhinderung von Geldwäsche fragmentiert und schlecht koordiniert sind, der bestehende Rechtsrahmen inkohärent ist und immer noch nicht vollständig von allen Mitgliedstaaten umgesetzt wurde, was sich Kriminelle zu Nutzen machen können; lobt die Kommission für das neue Legislativpaket zur Überarbeitung des Rahmens zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, da es sich dabei um ein einheitliches Regelwerk handelt, das einen großen Fortschritt bei der Bekämpfung der Geldwäsche bedeutet und eine einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ermöglichen wird;

37.

begrüßt insbesondere den Vorschlag zur Schaffung einer neuen EU-Agentur, nämlich einer Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche, und betont, dass eine solche Behörde mit hinreichenden personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden muss, damit sie voll funktionsfähig ist; bedauert, dass die Einrichtung der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche erst für 2023 erwartet wird und dass sie erst 2026 voll funktionsfähig sein wird; hebt hervor, dass die aktuellen Probleme im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dringend sind und keinen weiteren Aufschub erlauben; fordert die Kommission auf, konkrete Maßnahmen vorzulegen, um die aktuellen Probleme schon anzugehen, bevor die Behörde vollständig einsatzbereit ist;

38.

begrüßt außerdem die neuen Vorschläge der Kommission zu Kryptovermögenswerten, einer weitgehend unregulierten Branche, die in großem Umfang von der organisierten Kriminalität genutzt wird, um beträchtliche illegale Geldströme auf dem Markt für Kryptowährungen hin und her zu bewegen, ohne dafür belangt zu werden; weist darauf hin, dass die Anonymität rund um bestimmte Kryptowährungen dazu führt, dass diese zunehmend für illegale Aktivitäten genutzt werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Anbieter von Kryptowährungen dazu anzuhalten, Analyseinstrumente zu nutzen, um mögliche strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Bestimmungsort und der Empfängeradresse zu bewerten, und sicherzustellen, dass sie die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche uneingeschränkt anwenden, wenn Nutzer Kryptowährungen in echte Währung umwandeln; betont, dass Kryptowährungen denselben Aufsichtsbehörden wie herkömmliche Währungen unterliegen müssen;

39.

stellt fest, dass den zentralen Meldestellen (FIU) eine wichtige Funktion bei der Aufdeckung grenzüberschreitender Fälle von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zukommt; weist darauf hin, dass die zentralen Meldestellen in der EU auf nationaler Ebene tätig sind und dass die Kommission die Koordinierung und den Informationsaustausch zwischen den nationalen zentralen Meldestellen für unzureichend hielt (15); bedauert, dass es Unterschiede beim Umfang und der Art der zwischen den zentralen Meldestellen ausgetauschten Daten gibt; stellt fest, dass dies die Zusammenarbeit zwischen ihnen behindert, was wiederum ihre Fähigkeit beeinträchtigt, grenzüberschreitende Kriminalität rechtzeitig aufzudecken und zu verfolgen;

40.

bedauert, dass sich die nationalen Ansätze der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung organisierter Kriminalität in Bezug auf Rechtsvorschriften, Strategien und operative Leistungsfähigkeit stark voneinander unterscheiden; stellt fest, dass dies teilweise darauf zurückzuführen ist, dass die Übernahme und Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich weit gediehen ist; zeigt sich besorgt angesichts der unterschiedlichen Rolle und Fähigkeiten der Koordinierungsstellen für die Betrugsbekämpfung (AFCOS) in den Mitgliedstaaten, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass ihr Auftrag in den EU-Rechtsvorschriften nicht genau genug definiert ist, wodurch die Koordinierung auf nationaler und EU-Ebene erschwert wird; äußert seine Besorgnis darüber, dass Bemühungen zur Bekämpfung von Betrug bei EU-Mitteln in der Regel nicht dieselbe Priorität eingeräumt wird wie Bemühungen zur Bekämpfung von Betrug bei nationalen Ausgaben; stellt fest, dass sich dies daran zeigt, dass mehr als die Hälfte der OLAF-Untersuchungen von den Mitgliedstaaten nicht weiterverfolgt werden und noch weniger das Stadium der Strafverfolgung erreichen; bedauert zutiefst, dass einige Mitgliedstaaten die Empfehlungen des OLAF nach Abschluss einer Untersuchung immer wieder nicht umsetzen und keine gerichtlichen Schritte einleiten, um durch Betrug erlangte EU-Mittel zurückzufordern; fordert die Kommission auf, von ihren Befugnissen Gebrauch zu machen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die fristgerechte und ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften sicherzustellen;

41.

bringt sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass einer kürzlich durchgeführten Untersuchung zufolge einige Mitgliedstaaten dem Betrug bei EU-Mitteln nicht dieselbe Priorität einräumen wie dem Betrug bei nationalen Ausgaben; stellt fest, dass trotz Aufforderung seitens der Kommission nur 13 Mitgliedstaaten nationale Strategien zur Betrugsbekämpfung ausgearbeitet haben und dass keiner von ihnen dazu die von der Kommission zur Verfügung gestellte Vorlage verwendet hat; stellt mit Bedauern fest, dass diese Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten die effiziente Zusammenarbeit behindern; fordert daher die Kommission auf, entschlossener darauf hinzuwirken, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Vorschriften zur Verhinderung von Betrug zu Lasten der EU zu erlassen;

Schlussfolgerungen

42.

fordert die Kommission auf, ein gemeinsames Konzept zur Bewertung der Auswirkungen der organisierten Kriminalität auf EU-Mittel auszuarbeiten und die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen zur Bewältigung des Problems in allen Mitgliedstaaten zu bewerten; erachtet es als unabdingbar, dass Informationen zügig, vollständig und effizient ausgetauscht werden, und bekräftigt daher, dass die Harmonisierung der Definitionen wichtig ist, um vergleichbare Daten in den EU-Einrichtungen und den Mitgliedstaaten zu erhalten, damit die Auswirkungen der gegen EU-Finanzmittel gerichteten Machenschaften der organisierten Kriminalität abgeschätzt und rasch Maßnahmen zu deren Bekämpfung ergriffen werden können;

43.

erklärt sich besorgt darüber, dass das gegenwärtige System unterschiedlicher nationaler Ansätze ein wirksames grenzüberschreitendes Konzept zur Bewältigung des Problems verhindert, was Kriminellen die Möglichkeit bietet, ihre Machenschaften fortzuführen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, eng mit den EU-Einrichtungen sowie untereinander zusammenzuarbeiten und die Instrumente und Dienste der Union im Kampf gegen die organisierte Kriminalität zu nutzen, um den Datenaustausch zu maximieren und grenzüberschreitende Einsätze zu erleichtern, die sich gegen die zulasten des EU-Haushalts gehenden Machenschaften der organisierten Kriminalität richten;

44.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, eine kohärentere Nutzung aller verfügbaren Instrumente zur Aufdeckung und Bekämpfung von Betrug, insbesondere der IT-Plattform Arachne sowie des EDES, zu prüfen; betont, dass die Interoperabilität von Arachne und EDES sowie institutioneller und nationaler Datenbanken entscheidend ist, um einen wirksamen Informationsaustausch sicherzustellen, mit dem Betrug zulasten des EU-Haushalts verhindert und erkannt werden sollen; bedauert, dass Arachne und EDES derzeit in ihrem Anwendungsbereich, ihrem Bekanntheitsgrad und ihrer Nutzung durch die Mitgliedstaaten begrenzt sind; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass das EDES direkt und indirekt verwaltete Mittel abdeckt, nicht jedoch Mittel unter geteilter Mittelverwaltung, obwohl letztere etwa 80 % der EU-Ausgaben ausmachen; fordert die Kommission auf, die Anwendung des EDES auf diese Mittel auszuweiten; fordert die Kommission und insbesondere die Mitgliedstaaten im Rat erneut auf, die Nutzung von Arachne verbindlich vorzuschreiben; fordert die Kommission auf, den Rahmen für den Datenaustausch zwischen den Organen, Einrichtungen und Stellen der EU und mit den Mitgliedstaaten neu zu bewerten, um ein Höchstmaß an effektivem Informationsaustausch unter gleichzeitiger Beachtung der Datenschutzanforderungen zu erreichen;

45.

fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, wenn es um die Fortbildung der nationalen Behörden geht, damit sie mit dem entsprechenden Wissen ausgestattet werden, um Instrumente wie das EDES und Arachne möglichst wirksam und im Einklang mit den EU-Standards für die Berichterstattung zu nutzen; fordert die Kommission auf, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Schwierigkeiten zu analysieren, vor denen nationale Behörden bei der Nutzung von EDES und Arachne stehen, konkrete Empfehlungen zu formulieren und die bestehenden allgemeinen Leitlinien und die Benutzerfreundlichkeit dieser Instrumente zu verbessern; bedauert, dass einige Mitgliedstaaten diese Instrumente aus Sorge vor einem erhöhten bürokratischen Aufwand ablehnen; betont, dass diese Instrumente, wenn sie angemessen integriert sind, den bürokratischen Aufwand sogar verringern können; fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit zu überdenken, und fordert die Kommission auf, sich weiter dafür einzusetzen, dass die Vorteile von EDES und Arachne gegenüber den Mitgliedstaaten herausgestellt werden; fordert die Einführung von Schulungsprogrammen zur Bekämpfung der Geldwäsche, die es den Behörden ermöglichen, die Gefahr eines potenziellen Betrugs vor Auszahlung der Mittel zu erkennen, insbesondere im Bereich der Feststellung der Kundenidentität und der nicht offengelegten Beteiligung von politisch exponierten Personen an Subventionen, Projekten und Finanzhilfen im Rahmen der GAP;

46.

vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (16) (Dachverordnung), in der gemeinsame Vorschriften für die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus und den Kohäsionsfonds festgelegt sind, um ein weiteres wichtiges Element zur Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von EU-Mitteln durch die organisierte Kriminalität handelt;

47.

hebt hervor, dass ein wichtiger Schritt bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität darin besteht, sie weniger profitabel zu machen; weist in diesem Zusammenhang auf die Arbeit des OLAF hin, dessen Untersuchungen ein wesentliches Instrument bei der Betrugsbekämpfung sind; bedauert, dass die Quote der Anklageerhebungen aufgrund von Empfehlungen des OLAF an die Mitgliedstaaten gering ist und einem Abwärtstrend folgt, wobei sie von 53 % im Zeitraum 2007–2014 auf 37 % im Zeitraum 2016–2020 zurückgegangen ist; weist außerdem darauf hin, dass das Ausmaß, in dem zur Einziehung empfohlene finanzielle Beträge tatsächlich wieder eingezogen werden, in den letzten Jahren nicht bewertet wurde und dass die jüngste Bewertung für die Jahre 2002 bis 2016 auf eine Wiedereinziehungsquote von 30 % hindeutet; fordert das OLAF und die Kommission auf, die zugrunde liegenden Gründe zu untersuchen, und ersucht die Mitgliedstaaten ihrer rechtlichen Verpflichtung zur Wiedereinziehung der Gelder nachzukommen und eng mit den Einrichtungen der Union zusammenzuarbeiten, damit die von der organisierten Kriminalität missbräuchlich erlangten Mittel wirksam wieder eingezogen werden, zumal unfassbare 98 Prozent der geschätzten Erträge aus Straftaten nicht beschlagnahmt werden und den Straftätern weiterhin zur Verfügung stehen; fordert das OLAF auf, Informationen über die Quote der Wiedereinziehungen, die auf seine finanziellen Empfehlungen hin erfolgen, zu sammeln und diese Informationen in seinen Jahresberichten zu veröffentlichen; weist darauf hin, dass ein entschiedenes Vorgehen bei der Wiedereinziehung von Mitteln, auch durch vorbeugende Beschlagnahmungen oder vergleichbare Maßnahmen, kriminelle Organisationen davon abhalten kann, Betrug zu Lasten der EU zu begehen, und somit die finanziellen Interessen der EU schützen kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Quote der Beschlagnahmung von Geldern, die im Zusammenhang mit Betrug stehen, zu erhöhen und dabei den Schwerpunkt verstärkt auf präventive Maßnahmen zu legen; fordert die Kommission auf, die Möglichkeit zu prüfen, das derzeit fragmentierte Vorgehen bei der Wiedereinziehung von Vermögenswerten durch eine EU-weit tätige Einrichtung zu ergänzen, die für die zügige und wirksame Wiedereinziehung von EU-Mitteln zuständig wäre;

48.

ist der Ansicht, dass Betrugsprävention und die Bekämpfung von Betrug durch organisierte Kriminalität ein vorrangiger Schwerpunkt der Verwaltungs-, Zertifizierungs- und Prüfbehörden sowie Gegenstand besonderer Finanzermittlungen sein sollten; ist ferner der Ansicht, dass das Vorgehen gegen kriminelle Vereinigungen auch bessere Bestimmungen und Maßnahmen im Hinblick auf die Sicherstellung und Einziehung von Vermögenswerten erfordert, ggf. einschließlich der Möglichkeit der vorläufigen Beschlagnahmung von Vermögenswerten in entsprechender Höhe wie die aus Straftaten stammenden Erträge, damit diese Erträge nicht transferiert werden können bzw. nicht darüber verfügt werden kann, bevor das entsprechende Strafverfahren abgeschlossen ist; bekräftigt, dass unbedingt alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um die durch Betrug zu Lasten der EU erlangten Gelder zurückzufordern; spricht sich nachdrücklich für wirksamere Ermittlungen aus, um die Strukturen der organisierten Kriminalität zu zerschlagen, und betont, dass die Strafverfolgungsbehörden den Straftätern einen Schritt voraus sein müssen, die zunehmend neue Technologien nutzen und jede Gelegenheit zur Ausweitung ihrer illegalen Aktivitäten — online wie offline — ergreifen;

o

o o

49.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29.

(2)  ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 43.

(3)  ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1.

(4)  ABl. L 172 vom 17.5.2021, S. 110.

(5)  ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1.

(6)  ABl. L 274 vom 28.10.2019, S. 1.

(7)  https://www.oecd.org/gov/ethics/prevention-fraud-corruption-european-funds.pdf

(8)  https://ec.europa.eu/sfc/sites/default/files/EN-ORI-General%20Guidelines%20on%20National%20Anti-Fraud%20Strategies%20ARES%282016%296943965.pdf

(9)  Angenommene Texte, P9_TA(2021)0337.

(10)  OLAF-Bericht 2020.

(11)  ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17.

(12)  Rand Europe, 2016, „The Cost of Non-Europe in the area of Organised Crime and Corruption: Annex II: Corruption“ (Die Kosten des Verzichts auf EU-politisches Handeln im Bereich der organisierten Kriminalität und Korruption: Anhang II: Korruption).

(13)  Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (COM(2021)0536).

(14)  Europäischer Rechnungshof, Sonderbericht Nr. 13/2021: EU-Maßnahmen gegen Geldwäsche im Bankensektor sind fragmentiert und werden unzulänglich umgesetzt.

(15)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen (SWD(2021)0190), Folgenabschätzung zum Paket zur Bekämpfung der Geldwäsche, 20. Juli 2021.

(16)  Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159).