Brüssel, den 24.11.2021

COM(2021) 741 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Warnmechanismusbericht 2022


























Erstellt gemäß den Artikeln 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte

{SWD(2021) 361 final}


INHALTSVERZEICHNIS

Zusammenfassung

1.Der makroökonomische Kontext und die Entwicklung von Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet

2.Ungleichgewichte, Risiken und Anpassungen: wichtigste Entwicklungen in den Mitgliedstaaten

2.1.Eine Momentaufnahme der Ergebnisse des Scoreboards

2.2.Außenwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit

2.3.Private Verschuldung und Wohnimmobilienmarkt

2.4.Staatlicher Sektor

2.5.Finanzsektor

3.Zusammenfassung der wichtigsten Herausforderungen und Auswirkungen auf die Überwachung

4.Anmerkungen zu den einzelnen Mitgliedstaaten

Anhang 1: Prognosen und Gegenwartsprognosen für die Leitindikatoren des Scoreboards

Anhang 2: MIP-Scoreboard

Dieser Warnmechanismus-Bericht (WMB) bildet den Auftakt zur elften Runde des jährlichen Verfahrens zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (macroeconomic imbalance procedure – MIP). Das Verfahren zielt auf die Erkennung, Vermeidung und Korrektur von Ungleichgewichten, die sich nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft einzelner Mitgliedstaaten, der Wirtschafts- und Währungsunion oder der Union insgesamt auswirken, ab; darüber hinaus sollen Anstöße für angemessene Korrekturmaßnahmen gegeben werden. Um die Kohärenz mit Analysen und Empfehlungen im Rahmen anderer Instrumente der wirtschaftspolitischen Überwachung sicherzustellen, wird das MIP im Rahmen des Europäischen Semesters der wirtschaftspolitischen Koordinierung durchgeführt (Artikel 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011).

Die im WMB vorgenommene Analyse stützt sich auf die wirtschaftliche Auslegung eines Scoreboards, das aus ausgewählten Indikatoren besteht, welche durch ein breiteres Spektrum von Hilfsindikatoren, Analyseinstrumenten und Bewertungsrahmen sowie durch weitere relevante Informationen, darunter kürzlich veröffentlichte Daten und Prognosen, ergänzt werden. Dieser WMB beinhaltet eine verstärkte vorausschauende Bewertung der Risiken hinsichtlich der makroökonomischen Stabilität und der Entwicklung makroökonomischer Ungleichgewichte. Ferner enthält der WMB eine Analyse der Auswirkungen makroökonomischer Ungleichgewichte in den Mitgliedstaaten auf das Euro-Währungsgebiet insgesamt.

Im WMB werden die Mitgliedstaaten ermittelt, die einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollten, um zu bewerten, ob sie von Ungleichgewichten betroffen sind, die Korrekturmaßnahmen erforderlich machen (Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011). Unter Berücksichtigung der mit dem Europäischen Parlament sowie der im Rat und der in der Eurogruppe geführten Gespräche über den WMB wird die Kommission in der Folge Berichte über die eingehenden Überprüfungen zu den betreffenden Mitgliedstaaten erstellen. Die eingehenden Überprüfungen werden im Frühjahr 2022 veröffentlicht und sollen die Grundlage bilden für die Bewertung der Kommission hinsichtlich des Vorliegens und des Ausmaßes makroökonomischer Ungleichgewichte sowie für die Feststellung eines etwaigen politischen Handlungsbedarfs.

Zusammenfassung

Dieser Warnmechanismus-Bericht ist der zweite, der von der COVID-19-Pandemie geprägt ist. Unterdessen erholt sich die Wirtschaft von der im Jahr 2020 plötzlich und unerwartet eingetretenen Krise. Die COVID-19-Pandemie hat zu einer Wirtschaftskrise einzigartigen Ausmaßes geführt. Auf die Einbrüche im ersten Halbjahr 2020 folgte schnell eine anfängliche Phase der wirtschaftlichen Erholung, als die Eindämmungsmaßnahmen europaweit gelockert wurden. Der Einsatz von Impfstoffen markierte einen Wendepunkt in Richtung einer Verbesserung der Wirtschaftsaussichten. Wenngleich weiterhin Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, zeigen die Anstrengungen zur Bewältigung der unmittelbaren Auswirkungen des wirtschaftlichen Schocks Wirkung. Die erfolgreiche Bereitstellung von Impfstoffen, begleitet von einer wirksamen und gezielten Eindämmungsstrategie, führte ab Frühjahr 2021 zu einem stärkeren Wiederanstieg der Wirtschaftstätigkeit, und die wirtschaftspolitische Koordinierung ging dazu über, die Grundlagen für eine solide und inklusive Erholung zu schaffen und die Resilienz zu erhöhen. Der Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission zufolge werden die meisten Mitgliedstaaten voraussichtlich bis Ende 2021 wieder die Wirtschaftsleistung von vor der Krise erreichen, während dies bei einigen wenigen Ländern erst im nächsten Jahr der Fall sein wird.

Die Pandemie begann, als bei den meisten Ungleichgewichten unter günstigen makroökonomischen Bedingungen eine Korrektur im Gange war, während sich neue Risiken im Zusammenhang mit Anzeichen einer Überhitzung abzeichneten. Eine in den letzten zehn Jahren überwiegend anhaltende Phase des Wirtschaftswachstums erleichterte eine schrittweise Korrektur von Ungleichgewichten. Diese standen im Zusammenhang mit hohen privaten und öffentlichen Schuldenquoten, die sowohl Folgen der weltweiten Finanzkrise als auch der dieser vorangehenden Anhäufung waren. Hohe Leistungsbilanzdefizite oder ein sehr starkes Kreditwachstum waren ebenfalls korrigiert worden, was zu einem schrittweisen Abbau der Auslandsverschuldung und einer Stärkung der Banksysteme führte. In den letzten Jahren war es in einigen Sektoren einiger Länder nach einem anhaltenden Wirtschaftswachstum zu einer Anhäufung von Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit Anzeichen einer Überhitzung gekommen, vor allem in Bezug auf die Wohnimmobilienpreise und die Kostenwettbewerbsfähigkeit und insbesondere in Ländern mit stärkerem Wirtschaftswachstum.

Die Pandemie unterbrach den Rückgang der Schuldenquoten, während die Wohnimmobilienpreise anzogen und insgesamt auf eine Erhöhung makroökonomischer Risiken hinwiesen. Die Ungleichgewichte im Zusammenhang mit der hohen staatlichen und privaten Verschuldung nahmen zu, verursacht durch den starken Rückgang des BIP und die finanzpolitischen Auswirkungen der erforderlichen Maßnahmen, die zur Bewältigung der COVID-19-Krise getroffen wurden und auf die Aufrechterhaltung der Produktionskapazitäten und Begrenzung der beschäftigungspolitischen und sozialen Auswirkungen abzielten. Das bereits dynamische Wachstum der Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich weiter und stellt in mehreren Ländern ein Risiko dar, insbesondere wenn es von einem bedeutenden Anstieg bei der Hypothekenverschuldung begleitet wird. Dank ihrer hohen Eigenkapitalquoten und Liquiditätspuffer waren die Banken in der Lage, die Kreditvergabe an die Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Allerdings könnte es zu Zweitrundeneffekten im Bankensektor kommen, wenn Schutzmaßnahmen aufgehoben werden und sich die längerfristigen Auswirkungen der Pandemie auf die Solvenz von Unternehmen schließlich auch in der Wirtschaft bemerkbar machen. Die Zahlungsbilanz verschlechterte sich in Ländern, die von Einnahmen aus dem grenzüberschreitenden Tourismus abhängig sind. Die erweiterte politische Unterstützung half bei der Eindämmung der Arbeitslosigkeit und stabilisierte die Einkommen der privaten Haushalte. Wenn die Erholung sich festigt, kommt es in einigen Ländern zu Arbeitskräftemangel und Kostendruck, und in einer Reihe von Ländern werden erhebliche Lohnanstiege prognostiziert.

Die rasche und koordinierte politische Reaktion auf die Pandemie hat deren wirtschaftliche Auswirkungen abgefedert, und die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) bietet eine einzigartige Möglichkeit, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts wurde unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie aktiviert, um die nationalen finanzpolitischen Maßnahmen zu unterstützen. Ein Abkommen über den befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen ermöglichte es den Mitgliedstaaten, die bei den Beihilfevorschriften vorgesehene Flexibilität voll auszuschöpfen. Das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) half, Arbeitsplätze zu erhalten. Regierungen leisteten beispiellose fiskalische und politische Unterstützung, und die Europäische Zentralbank (EZB) ergriff ein breites Spektrum an Maßnahmen, um die Finanzstabilität zu wahren und das reibungslose Funktionieren der Finanzmärkte sicherzustellen. Mit der einsetzenden Erholung wird die wirksame Durchführung der in den Aufbau- und Resilienzplänen enthaltenen Reformen und Investitionsvorhaben dazu beitragen, eine dauerhafte Erholung zu fördern, die Widerstandsfähigkeit zu stärken und den ökologischen und digitalen Wandel der EU zu beschleunigen. Die Durchführung von Aufbau- und Resilienzplänen kann einen Abbau der Ungleichgewichte fördern und makroökonomische Risiken eindämmen. Die Pläne bieten eine einzigartige Möglichkeit, um die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Mitgliedstaaten auf einen anhaltend höheren Wachstumspfad zu bringen, der die Schaffung von Arbeitsplätzen fördern, die Schuldentragfähigkeit verbessern und dazu beitragen wird, die europäische Wirtschaft insgesamt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.



Die im WMB dargestellte horizontale Analyse kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

·Die COVID-19-Krise hat außenwirtschaftliche Positionen vorübergehend beeinträchtigt, die Entwicklung der Leistungsbilanz aber nicht grundlegend verändert. In Ländern, in denen der Sektor des grenzüberschreitenden Tourismus von großer Bedeutung ist, war allgemein ein deutlicher Anstieg der Leistungsbilanzdefizite oder eine Verringerung bei deren bescheidenen Überschüssen zu beobachten. Es ist zu erwarten, dass dies mit der Erholung des Reisesektors schrittweise korrigiert wird. Einige der großen Leistungsbilanzdefizite gingen im Jahr 2020 leicht zurück und brachten die Leistungsbilanz für das Euro-Währungsgebiet insgesamt mit den Fundamentaldaten in Einklang. Allerdings zeigen die Daten für das erste Halbjahr 2021 einen deutlichen Anstieg beim Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets, begünstigt vor allem durch eine höhere Handelsbilanz bei Dienstleistungen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2021 wieder ihren Stand von 2019 erreicht, was eine weiterhin verhaltene Binnennachfrage widerspiegelt. Insgesamt sind die größten Veränderungen bei den Leistungsbilanzen durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren bedingt: In allen Mitgliedstaaten führten die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und der zu deren Eindämmung getroffenen Maßnahmen dazu, dass der Sparüberhang des privaten Sektors zunahm, während der Finanzierungssaldo des Staatssektors deutlich abnahm. Mehrere Mitgliedstaaten mit hohem negativem Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) verzeichneten im Jahr 2020 eine Verschlechterung ihrer Leistungsbilanzen, wobei sich die Auswirkungen auf ihre NAVS-Quoten aber voraussichtlich allmählich umkehren werden.

·Die Störung der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2020 führte zu starken Anstiegen bei den Lohnstückkosten, die sich mit der Erholung voraussichtlich teilweise umkehren, aber in einer Reihe von Fällen kommt es zu Arbeitskräftemangel und Kostendruck. Die Lohnstückkosten stiegen in der gesamten EU infolge der trotz eines rapiden Produktionsrückgangs stabilen Zahl der Beschäftigten, die durch die verschiedenen öffentlichen Initiativen zur Arbeitsplatzerhaltung und insbesondere Kurzarbeitsregelungen ermöglicht wurde, welche eine Verringerung der Zahl geleisteter Arbeitsstunden anstelle der Beschäftigungsniveaus begünstigten. Diese Auswirkungen spiegeln sich in vorübergehenden Rückgängen bei der Gesamtarbeitsproduktivität im Jahr 2020 wider. Mit der Erholung steigt die Produktivität und gleicht einen Teil der Verluste bei den Lohnstückkosten aus. In einigen Ländern jedoch nimmt der Lohnanstieg zu und setzt mitunter Tendenzen aus der Zeit vor der Pandemie fort. Allerdings ist die Arbeitsmarktsituation je nach Sektoren und Ländern unterschiedlich, und während die Beschäftigung in einigen Fällen weitgehend wieder das Vorkrisenniveau erreicht hat, bleiben in anderen Fällen erhebliche Lücken. In einigen Fällen könnte die verstärkte Umverteilung zwischen Berufen, Unternehmen und Wirtschaftszweigen bei der Erholung fortgesetzt werden und zu gewissen dauerhaften Veränderungen der Produktionskapazität von Ländern führen. In einigen anderen Fällen kommt es zu Arbeitskräftemangel, vor allem in weniger von der Krise betroffenen Ländern und infolge höherer Nachfrage. In Verbindung mit anderen Faktoren wie schnell steigenden Energiepreisen kann der Kostendruck erheblich werden und künftig ein Risiko darstellen.

·Durch eine Reihe politischer Maßnahmen wurden Arbeitskräfte und Produktionskapazität während der Krise erhalten, indem Liquidität und Solvenz des Privatsektors unterstützt wurden. Unterstützungsmaßnahmen wie Schuldenmoratorien und staatliche Kreditgarantien halfen zu Beginn der COVID-19-Krise dabei, zu verhindern, dass Liquiditätsengpässe des Privatsektors zu Solvenzproblemen wurden. Moratorien ermöglichten einen Aufschub der Schuldentilgungen, wodurch der nominale Schuldenstand und die damit zusammenhängende Zinslast gestiegen sind. Mit dem Auslaufen dieser Maßnahmen können mögliche Tilgungsschwierigkeiten wieder zutage treten, vor allem in stärker von der Krise betroffenen Sektoren und bei Unternehmen, die bereits vorher anfällig waren. In vielen Ländern wird der Anstieg bei der Kreditaufnahme sowohl durch Unternehmen als auch durch private Haushalte von einem Anstieg der Nettoersparnisse begleitet.

·Die Verschuldung der Unternehmen ist in den meisten Ländern der EU im Jahr 2020 gestiegen, mitunter sogar stark. Die Aufnahme neuer Kredite zur Deckung plötzlicher Einnahmeverluste und Liquiditätsengpässe infolge der Pandemie trug zum Anstieg der Schuldenquote der Unternehmen bei, der zu den Auswirkungen der drastischen Rezession hinzukam. Während deutlich erhöhte Nettokreditflüsse bis Anfang 2021 anhielten, könnte ihre jüngste Abschwächung sowohl ein Anzeichen für eine geringere Nachfrage, die damit zusammenhängen könnte, dass Unternehmen angehäufte Liquidität nutzen, als auch ein Anzeichen für eine geringere Kreditvergabe sein.

·Die Kreditaufnahme der privaten Haushalte legt mit zunehmender Erholung zu. Im Jahr 2020 waren die höheren Schuldenquoten der privaten Haushalte größtenteils durch den starken Rückgang des BIP bedingt. Kreditflüsse wurden auf dem Höhepunkt der Pandemie gedämpft, vor allem aufgrund eines starken Rückgangs bei Verbraucherkrediten. Gleichzeitig kam es in vielen Ländern angesichts der hohen Aktivität auf dem Immobilienmarkt und der anziehenden Wohnimmobilienpreise zu einem starken Anstieg bei der Vergabe von Hypothekarkrediten. Seit Anfang 2021 sind die Nettokreditflüsse mit der einsetzenden Erholung in mehreren Ländern signifikanter geworden.

·Die COVID-19-Krise und die von den Regierungen zu deren Abfederung getroffenen Maßnahmen haben große Auswirkungen auf die öffentliche Verschuldung. Die von Regierungen geleistete unerlässliche und umfangreiche Unterstützung trägt dazu bei, einen Teil der nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie von den Haushalten und Unternehmen abzuwenden und damit Arbeitsplätze sowie Wachstumspotenzial zu erhalten. In Ländern, die vor allem aufgrund ihrer Tourismussektoren unverhältnismäßig stark von der Rezession betroffen sind, ist die öffentliche Schuldenquote stärker gestiegen. Mit der Erholung werden sich die Schuldenquoten voraussichtlich stabilisieren, und einige haben bereits zu sinken begonnen; insgesamt aber gehen die Regierungen mit deutlich höherer Verschuldung aus dieser Krise hervor. Der unterstützende finanzpolitische Kurs und die geldpolitischen Maßnahmen haben sich bei der Aufrechterhaltung von Vertrauen und Stabilität gegenseitig verstärkt. Die Bedingungen für die staatliche Kreditaufnahme sind trotz des erhöhten staatlichen Finanzierungsbedarfs günstig geblieben, was sowohl auf geldpolitische Maßnahmen als auch auf langfristige Faktoren wie den Sparüberhang über Investitionen im Euro-Währungsgebiet zurückzuführen ist. Angesichts der Inflationsentwicklung sind die Fremdfinanzierungskosten leicht gestiegen, bleiben aber insgesamt niedrig. Für einige Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets mit variablen Wechselkursen sind die Fremdfinanzierungskosten etwas stärker gestiegen. In einigen dieser Länder lautet ein nicht unerheblicher Teil der Schulden auf Fremdwährungen oder die Laufzeiten sind relativ kurz.

·Die Pandemie wird von einem weiteren Anziehen der Wohnimmobilienpreise begleitet. Der seit Jahren bestehende Anstieg der Wohnimmobilienpreise hat sich im Jahr 2020 und im ersten Halbjahr 2021 weiter beschleunigt, und die Preise erreichten ihre schnellsten Wachstumsraten seit der weltweiten Finanzkrise. In verschiedenen EU-Ländern sind Überbewertungsrisiken zu beobachten. Dies gibt vor allem dort Anlass zur Sorge, wo die Verschuldung der privaten Haushalte hoch ist oder schnell steigt. Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise war von verschiedenen Faktoren getrieben, die die Nachfrage erhöhen und das Angebot verringern. Angebotsengpässe gab es schon vor der Pandemie, und die Lockdowns verstärkten diese vorübergehend. Die Pandemie führt möglicherweise zu einigen strukturellen Veränderungen bei der Immobiliennachfrage, da der Übergang zu mehr Telearbeit die geografischen Präferenzen ändern kann. Die Finanzierungsbedingungen sind günstig und werden insgesamt wahrscheinlich auch weiterhin eine hohe Immobiliennachfrage fördern, während die mit der Erholung steigenden Einkommen der privaten Haushalte wahrscheinlich einen weiteren Anstieg der Wohnimmobilienpreise unterstützen werden.

·Der Bankensektor hat hohe Eigenkapitalquoten aufrechterhalten, aber die Rentabilität wurde im Jahr 2020 schwächer, und die vollständigen Auswirkungen der Krise auf die Bankbilanzen sind möglicherweise erst mit einer Verzögerung sichtbar. Die Lage im Bankensektor hat sich seit der weltweiten Finanzkrise erheblich verbessert, wobei in den Jahren vor der Pandemie Kapitalpuffer aufgebaut wurden. Die Eigenkapitalquoten stiegen im Jahr 2020 weiter, auch aufgrund der vorübergehenden regulatorischen Einschränkungen bezüglich Dividendenzahlungen. Die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Bankensektor sind begrenzt, dank der nach der Finanzkrise erreichten Stärkung des Sektors und aufgrund von umfangreichen befristeten politischen Maßnahmen wie Kreditgarantien, Schuldentilgungsmoratorien oder vorübergehender regulatorischer Lockerung. Der Bestand an notleidenden Krediten hat im Jahr 2020 weiter abgenommen, insbesondere in Ländern, in denen er umfangreich war und in denen Banken ihre Altlasten veräußerten. Das langjährige Problem der geringen Rentabilität bleibt jedoch bestehen. Darüber hinaus kommen die vollständigen Auswirkungen der Krise auf Vermögenswerte, Rentabilität und Kapitalpuffer möglicherweise erst zum Tragen, wenn die politischen Maßnahmen zurückgenommen werden. Eventuelle Rückkopplungseffekte zwischen Banken, Staaten und dem Unternehmenssektor sollten genau überwacht werden.

Zwar wurden die Auswirkungen der Pandemie durch die entschlossenen politischen Maßnahmen eingedämmt, sie verstärkte jedoch die Unterschiede zwischen den Ländern des Euro-Währungsgebiets. Mitgliedstaaten, in denen der Sektor des grenzüberschreitenden Tourismus von großer Bedeutung ist, waren den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie am stärksten ausgesetzt, was zu unterschiedlichen Auswirkungen auf Arbeitslosigkeit und Wachstum führte. Da diese Länder auch von einer relativ hohen öffentlichen, privaten oder Auslandsverschuldung geprägt waren, hat dies zu einer breiteren Streuung der Verschuldung innerhalb des Euro-Währungsgebiets geführt. Einige dieser Tendenzen sind mit temporären Faktoren wie etwa den Auswirkungen der Reisebeschränkungen verbunden, aber die Krise droht, Spuren zu hinterlassen und Unterschiede zu verfestigen, obwohl die Vergrößerung wirtschaftlicher und sozialer Unterschiede mit entschlossenen politischen Maßnahmen erfolgreich in Schach gehalten wird.

Im gesamten Euro-Währungsgebiet ist nach wie vor ein großer Leistungsbilanzüberschuss zu verzeichnen, was darauf hindeutet, dass eine Fortsetzung der Erholung im Euro-Währungsgebiet insgesamt möglich ist. Dies würde auch zu einem schnelleren Abbau der Ungleichgewichte führen. Die Leistungsbilanz für das Währungsgebiet insgesamt ist vorübergehend auf einen Wert nahe ihrer Fundamentaldaten zurückgegangen, sie wird jedoch voraussichtlich auf ihr Vorkrisenniveau oberhalb der Fundamentaldaten zurückkehren. Die Ergebnisse auf Ebene der Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich. Der Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet ist insofern umso wichtiger, als nur wenig Raum für zusätzliche geldpolitische Unterstützung zur Stützung der Nachfrage besteht.

Angesichts der Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebiets bedarf es einer geeigneten Kombination aus makroökonomischen Strategien der Mitgliedstaaten, um die Erholung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Ungleichgewichte zu korrigieren und neu entstehende Risiken auszuräumen. Ein Wirtschaftswachstum in Netto-Gläubigerländern des Euro-Währungsgebiets, einschließlich auf der Grundlage von günstigen Nachfragebedingungen, würde nicht nur diesen Ländern selbst nutzen, sondern auch Netto-Schuldnerländern, da ein höheres Wachstum im Euro-Währungsgebiet das Wachstum und den Schuldenabbau sowie die Verbesserung der außenwirtschaftlichen Positionen in der letztgenannten Gruppe von Ländern fördert. Eine Beendigung der außerordentlichen politischen Unterstützung, die im Zuge der Krise geleistet wurde, wäre diesbezüglich durchaus hilfreich, wenn sie zeitlich auf die Anpassungsbedürfnisse abgestimmt ist. Ausgeprägte und anhaltende Verbesserungen der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in Netto-Schuldnerländern würden ebenfalls zum Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte und helfen, die Schuldenlast zu verringern. Eine wirksame Nutzung der Instrumente, die auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und der EU eingerichtet wurden, sowie eine wirksame Umsetzung der erforderlichen Reformen und Investitionen würden dazu beitragen, eine dauerhafte Erholung zu fördern und die Widerstandsfähigkeit zu stärken, indem unter anderem Ungleichgewichte korrigiert und entstehende Risiken berücksichtigt werden. Es wird entscheidend sein, dass die EU-Mittel aus „NextGenerationEU“ und dem mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) vollständig ausgeschöpft und den produktivsten Verwendungszwecken zugeführt werden. Damit würden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Mittel maximiert werden und zu ausgewogenem Wachstum beitragen.

Die vollständigen Auswirkungen der Pandemie auf Ungleichgewichte werden erst mit Verzögerung deutlich werden, da es zu Zweitrundeneffekten kommen kann. Auf Unternehmensseite bleiben zugrunde liegende finanzielle Anfälligkeiten aufgrund der Aufzehrung von Eigenkapital infolge anhaltender Verluste und hoher Schulden stellenweise bestehen. Einige Unternehmen könnten von strukturellen Veränderungen betroffen sein, die Anpassungen ihrer Geschäftsmodelle erfordern. Das Auslaufen von Unterstützungsmaßnahmen könnte zu einem Anstieg von notleidenden Krediten und Insolvenzen führen, zumindest in den Sektoren, die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen sind, und bei Unternehmen, die vor der Krise anfällig waren. Je nachdem, welche Art von Stundungen andernfalls insolventen Darlehensnehmern möglicherweise angeboten werden, könnte es eine Weile dauern, bis dies zum Tragen kommt. Es ist wichtig, dass Insolvenzverfahren bestehende Beeinträchtigungen beseitigen können, um den Fluss neuer Kredite in die Wirtschaft sicherzustellen. Die staatliche Gewährung von Garantien für Unternehmenskredite hilft, rentable Kapitalgesellschaften zu erhalten, könnte aber, wenn sie umfangreich ist, auch zu Rückkopplungseffekten zwischen Unternehmenssektor und Staatssektor führen, durch die auch Banken beeinträchtigt werden. Schwächen in den Bilanzen von Unternehmen könnten den Arbeitsmarkt und infolgedessen auch die Fähigkeit einiger Haushalte in Mitleidenschaft ziehen, ihre Kredite zurückzuzahlen. Starke Anstiege bei Hypothekarkrediten sind ein zusätzlicher Risikofaktor, vor allem im Fall einer Korrektur auf Wohnimmobilienmärkten. Ähnlich könnte eine weitere Verschlechterung der Preise gewerblicher Immobilienvermögen auch den Finanzsektor schwächen.

Finanzierungsbedingungen werden sich auf die Entwicklung von Ungleichgewichten auswirken. Das Niedrigzinsumfeld hat es Regierungen, Unternehmen und Haushalten ermöglicht, höhere Schulden aufzunehmen und die Auswirkungen der Pandemie abzufedern, wodurch Arbeitskräfte und Produktionskapazitäten erhalten wurden. Ein Anstieg der Zinssätze würde die Fremdfinanzierungskosten sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor anheben und Risiken dort erhöhen, wo der Finanzierungsbedarf hoch ist. Die Inflation ist im Euro-Währungsgebiet und vielen anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit Anfang 2021 deutlich gestiegen. Zwar scheinen die Determinanten für diesen Anstieg der Inflation, einschließlich des sprunghaften Anstiegs der Energiepreise, größtenteils temporär zu sein, es besteht jedoch ein Risiko, dass die Dauer des Anstiegs nicht ganz so kurz sein könnte. Solange die Finanzierungsbedingungen nicht verschärft werden, kann die höhere Inflation die Schuldenlast verringern. Ein lang anhaltender Anstieg der Inflation könnte aber zu strengeren Finanzierungsbedingungen und höheren Fremdfinanzierungskosten führen.

Die Entwicklungen an den Wohnimmobilienmärkten erfordern eine genaue Beobachtung. Hohe Wohnimmobilienpreise stellen, vor allem, wenn sie mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte verbunden sind, ein Risiko dar, das durch unsichere Anpassungen des Arbeitsmarkts noch verstärkt wird. Dadurch wird die Fähigkeit der Haushalte gefährdet, ihren Hypothekenverpflichtungen nachzukommen. Durch erhöhte Zinssätze könnte die Fähigkeit zur Hypothekentilgung zusätzlich unter Druck geraten, mit Folgewirkungen für den Bankensektor. Mit fortschreitender Erholung weiter steigende Preise könnten den Lohndruck erhöhen und die Aufnahme von Hypotheken steigern. Die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, was möglicherweise nachteilige makroökonomische Folgen hat, die mit einem geringeren privaten Verbrauch und einer geringeren Mobilität von Arbeitskräften sowie mit einer Umleitung von Krediten fort von produktivitätssteigernden Investitionen verbunden sind.

Die Verringerung des hohen staatlichen und privaten Schuldenstands hängt maßgeblich davon ab, dass sich aus der wirtschaftlichen Erholung ein nachhaltiger Aufschwung ergibt, was produktive Investitionen erfordert. Eine nachhaltige Erholung ist von einer unterstützenden Politik und einer zur rechten Zeit erfolgenden Rücknahme der während der Krise getroffenen außerordentlichen politischen Unterstützungsmaßnahmen abhängig. Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum hängt davon ab, dass die wirtschaftliche und soziale Resilienz gestärkt werden, was die Durchführung geeigneter Reformen und Investitionen erfordert. Produktivitätssteigernde Investitionen sind notwendig, um das Wachstum mittelfristig zu fördern und strukturelle Veränderungen zu unterstützen, welche notwendig sind, um den ökologischen und digitalen Wandel vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu bewerkstelligen. Dies ist umso wichtiger, als eine Reihe von Ländern eine hohe öffentliche und private Verschuldung und ein relativ geringes Wachstumspotenzial aufweisen, was die Verringerung der hohen Verschuldung erschwert. Bei einer hohen öffentlichen Verschuldung ist eine Verbesserung der Zusammensetzung von Ausgaben und Einnahmen notwendig, um Raum zu schaffen, aus dem heraus öffentliche Investitionen getätigt werden, ebenso wie auch der Schuldenabbau auf der Grundlage einer glaubwürdigen finanzpolitischen Anpassungsstrategie notwendig ist, um für Raum zur Bewältigung etwaiger künftiger Krisen zu sorgen. Gleichzeitig können private Investitionen dadurch gehemmt werden, dass Unternehmen Schulden abbauen müssen. Die wirksame Durchführung der Aufbau- und Resilienzpläne spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung öffentlicher und privater Investitionen und hilft somit, die langfristigen Auswirkungen der Pandemie zu überwinden und den Weg zu einem stärkeren Wachstum und mehr Resilienz zu ebnen. Die neue Aufbau- und Resilienzfazilität wird in Verbindung mit den europäischen Struktur- und Investitionsfonds eine investitionsreiche Erholung fördern, und ihre wirksame Durchführung wird die EU-Wirtschaft nachhaltiger, inklusiver und widerstandsfähiger machen und sie besser auf den ökologischen und digitalen Wandel im Einklang mit den einschlägigen Zielen der Union vorbereiten.

Die Pandemie hat deutlich vor Augen geführt, wie wichtig und hilfreich eine antizyklische diskretionäre Finanzpolitik, unterstützende geldpolitische Maßnahmen und eine europäische Koordinierung bei der Reaktion auf die Wirtschaftskrise sind. Die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass umfangreiche diskretionäre fiskalpolitische Maßnahmen ein wirksames Mittel sein können, um die unmittelbaren Auswirkungen eines großen Schocks einzudämmen und erfolgreich den Weg für eine schnelle Erholung zu ebnen. Die unmittelbaren nationalen finanzpolitischen Anstrengungen wurden durch die Nutzung der Flexibilität unterstützt, die innerhalb des Regulierungsrahmens der EU besteht. Die gemeinsame Reaktion förderte das Vertrauen. Geldpolitische Maßnahmen trugen dazu bei, dass während der Pandemie die günstigen Finanzierungsbedingungen für alle Wirtschaftszweige erhalten blieben, sodass die Wirtschaftstätigkeit unterstützt und die mittelfristige Preisstabilität gewahrt wurde. Die sich gegenseitig verstärkenden Effekte der finanz- und geldpolitischen Maßnahmen waren von entscheidender Bedeutung für die Abfederung der Auswirkungen der Krise und die Förderung der Erholung. Zwar bleibt die Geldpolitik in den kommenden Jahren voraussichtlich günstig, das Niedrigzinsumfeld und der jüngste Anstieg der Inflation begrenzen jedoch die Möglichkeit einer weiteren geldpolitischen Lockerung. Daher muss die Fiskalpolitik möglicherweise weiterhin eine stabilisierende Rolle spielen, wenn Abwärtsrisiken entstehen, während eine vorsichtige Haushaltspolitik in normalen Zeiten Vertrauen in die Wirksamkeit der Haushaltspolitik in Krisenzeiten schafft.

Die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte bleibt unerlässlich. Erstens könnte eine schwache wirtschaftliche Erholung einen Höchststand von Unternehmensinsolvenzen verursachen, der zu Arbeitsplatzverlusten sowie zur erhöhten Inanspruchnahme von krisenbezogenen Garantien für Unternehmenskredite und zu einem Rückgang von Investitionen führen würde. Zweitens könnten ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen die Rückkopplungseffekte zwischen Banken und Staaten verstärken. Drittens könnten rapide steigende Preise von Vermögenswerten und Wohnimmobilien die Anfälligkeit im Bereich der privaten Haushalte aufgrund von nicht tragfähigen Anstiegen der Preise von Vermögenswerten erhöhen. Diese Risiken können sich nachteilig auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung auswirken und den Spielraum für die finanzpolitische Reaktion auf künftige Herausforderungen begrenzen. Der Abbau angehäufter Anfälligkeiten wird auch dazu beitragen, die Erholung zu festigen und langfristiges Wachstum zu stärken. Sind sich wirtschaftliche Strukturen ähnlicher und Konjunkturzyklen besser synchronisiert, wird dies dazu beitragen, die Wirksamkeit der gemeinsamen Währungspolitik zu erhöhen.

Durch die Förderung einer investitionsreichen Erholung wird die Aufbau- und Resilienzfazilität zu makroökonomischer Stabilität beitragen. Die wirksame Durchführung der Aufbau- und Resilienzpläne wird die EU-Wirtschaft nachhaltiger, inklusiver und widerstandsfähiger machen und sie besser auf den ökologischen und digitalen Wandel vorzubereiten. Sie wird auch helfen, das Risiko eines Auseinanderdriftens innerhalb der EU einzudämmen, da die Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität gezielt denjenigen Mitgliedstaaten gewährt werden, die ein geringes Pro-Kopf-BIP und eine höhere Arbeitslosigkeit aufweisen und die am stärksten von der COVID-19-Krise getroffen werden. Außerdem wird die Erholung nach der Pandemie – anders als in den Jahren nach der weltweiten Finanzkrise – durch höhere öffentliche Investitionen gefördert. Mit den Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität werden hochwertige Investitionsvorhaben finanziert und produktivitätssteigernde Reformen ermöglicht, ohne einen Anstieg der nationalen Defizite und Schuldenquoten zu verursachen. Durch diese Zuschüsse und andere Quellen der EU-Finanzierung dürften die staatlichen Investitionen in den Mitgliedstaaten in den Jahren 2021 und 2022 durchschnittlich um etwa 0,5 % des BIP pro Jahr ansteigen.

Die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte verbessert die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, auf Schocks zu reagieren, und fördert die wirtschaftliche Konvergenz. Der Abbau oder die Vermeidung angehäufter Ungleichgewichte wird dazu beitragen, die Erholung zu festigen und langfristiges Wachstum zu stärken. Länder mit bestehenden Ungleichgewichten müssen ihren vor der Pandemie verfolgten Korrekturkurs fortsetzen, unterstützt durch politische Strategien zur Steigerung des Wachstumspotenzials. Die Verringerung von Ungleichgewichten kann außerdem positive Spillover-Effekte zwischen den Ländern haben. Die vertiefte wirtschaftliche und finanzielle Integration und stärker synchronisierte Konjunkturzyklen werden dazu beitragen, die Wirksamkeit der gemeinsamen Geldpolitik insbesondere im Fall von Mitgliedern des Euro-Währungsgebiets zu erhöhen, sodass sie besser auf künftige Krisen reagieren kann.

Im vorliegenden Warnmechanismus-Bericht wird der Schluss gezogen, dass 12 Mitgliedstaaten einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollten: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Zypern. Diese Mitgliedstaaten wurden bereits im letztjährigen Verfahren zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (MIP) einer eingehenden Überprüfung unterzogen, weil sie Ungleichgewichte (Deutschland, Frankreich, Irland, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden und Spanien) oder übermäßige Ungleichgewichte (Griechenland, Italien und Zypern) aufwiesen. Bei den neuen eingehenden Überprüfungen wird bewertet werden, wie sich diese Ungleichgewichte entwickeln, wobei deren Ausmaß und Entwicklung sowie die erfolgte politische Reaktion der Mitgliedstaaten analysiert werden, um die bestehenden Bewertungen zu aktualisieren und zu bewerten, welche politischen Maßnahmen weiterhin erforderlich sind. In Abschnitt 3 wird zusammengefasst, wie sich diese Ungleichgewichte entwickeln, und in Abschnitt 4 wird auf länderspezifische Informationen eingegangen.

Darüber hinaus weisen einige Mitgliedstaaten, die in der letzten Runde keiner eingehenden Überprüfung unterzogen wurden, Entwicklungen auf, die besondere Aufmerksamkeit verlangen. In der Slowakei gibt es einen kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise, begleitet von einem anhaltenden, wenn auch schwächer werdenden Anstieg bei der Kreditaufnahme durch private Haushalte. Die Ausfuhren sind eindeutig auf einige wenige Sektoren konzentriert und es gab Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit, was allerdings die Exportmarktanteile bisher nicht beeinträchtigt hat. Im Fall von Ungarn ist insbesondere das Zusammenspiel von staatlicher Kreditaufnahme und Außenfinanzierung vor dem Hintergrund einer beträchtlichen Verschuldung in Fremdwährung hervorzuheben. Es war ein starker Anstieg der Wohnimmobilienpreise zu verzeichnen. Der Druck auf die Kostenwettbewerbsfähigkeit wächst weiter, was die Exportmarktanteile jedoch bisher nicht beeinträchtigt hat.

Auch in anderen Mitgliedstaaten muss die Entwicklung von Risiken, die in vielen Fällen mit den Wohnimmobilienmärkten verbunden sind, beobachtet werden. So weisen die Entwicklungen auf den Wohnimmobilienmärkten in Dänemark und Luxemburg auf eine Anhäufung von Risiken hin. Zwar setzen veränderte Präferenzen, günstige Finanzierungsbedingungen und Angebotsengpässe den Anstieg der Wohnimmobilienpreise möglicherweise fort, das Risiko einer Abwärtskorrektur mit möglichen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Tschechien weist einen kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise und anhaltende Verluste bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit auf, die seit einigen Jahren beträchtlich sind. In Malta führt die zunehmende private Verschuldung in Verbindung mit Schwächen des Rechtsrahmens für Insolvenzen zu besonderen Anfälligkeiten. Im Rahmen der Überwachung und Beobachtung sollten die Entwicklungen in diesen sechs Mitgliedstaaten aufmerksam verfolgt werden, und es sollte sichergestellt werden, dass sie mit makroökonomischer Stabilität vereinbar und dieser zuträglich sind. Die Risikobilanz enthält momentan keine Hinweise darauf, dass eine eingehende Überprüfung erforderlich ist. Abschnitt 4 enthält weitere Informationen zu den länderspezifischen Entwicklungen.

1.    Der makroökonomische Kontext und die Entwicklung von Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet

Der wirtschaftliche Hintergrund

Dieser WMB wird vor dem wirtschaftlichen Hintergrund der COVID-19-Pandemie erstellt. Die anfängliche Auswirkung der Pandemie war eine drastische Rezession, weil restriktive Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus im Jahr 2020 erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit hatten. Die Folge war ein BIP-Rückgang von 5,9 % in der EU und von 6,4 % im Euro-Währungsgebiet im Jahr 2020, mit erheblichen Unterschieden zwischen den Ländern. Einige Länder verzeichneten einen Rückgang im knapp zweistelligen Bereich oder darüber, und andere verzeichneten eine geringe Rezession. Die sich verbessernde gesundheitliche Lage ermöglichte eine Lockerung der Eindämmung ab dem zweiten Quartal 2020, und die Erholung begann. Diese Erholung war aufgrund verschiedener Wellen der Pandemie bis Anfang 2021 uneinheitlich. Die Bereitstellung von Impfstoffen, begleitet von einer wirksamen und gezielten Eindämmungsstrategie, sowie umfangreiche staatliche Unterstützungsmaßnahmen ermöglichten ab Frühjahr 2021 eine höhere Mobilität und einen Wiederanstieg der Wirtschaftstätigkeit, der die Erwartungen übertraf. Insgesamt geht die Kommission in ihrer Herbstprognose 2021 davon aus, dass das BIP sowohl in der EU als auch im Euro-Währungsgebiet im Jahr 2021 um 5 % und im Jahr 2022 um 4,3 % zulegt. Die meisten Mitgliedstaaten werden voraussichtlich bis Ende 2021, und nur wenige Länder erst im nächsten Jahr, wieder zum Vorkrisenniveau aufschließen (Abbildung 1.1 a). ( 1 )

Wenngleich die Auswirkungen der Pandemie durch die entschlossenen politischen Maßnahmen eingedämmt wurden, hat die Pandemie die Unterschiede zwischen den Ländern des Euro-Währungsgebiets verstärkt. Dies hängt mit der uneinheitlichen Belastung durch die Pandemie und den unterschiedlichen Wirtschaftsstrukturen zusammen. Kontaktintensive Dienstleistungen werden durch die Einschränkungen stärker beeinträchtigt als die Produktion. Dies hat sowohl innerhalb von als auch zwischen Ländern zu großen Unterschieden bei der Wirtschaftsleistung geführt. In Ländern, in denen der Sektor des grenzüberschreitenden Tourismus von wesentlicher Bedeutung ist und die in besonderem Maße von den Einschränkungen der Mobilität betroffen sind, kam es neben einem überdurchschnittlich starken BIP-Rückgang zu einer erheblichen Verschlechterung der Zahlungsbilanz. Dies ist bei Griechenland, Portugal und Spanien der Fall. Außerdem wurden Länder mit einer hohen inländischen Verschuldung wie Frankreich und Italien besonders hart von der Rezession getroffen (siehe Abbildung 1.1 b). Diese Länder zählen außerdem zu denen mit der EU-weit höchsten privaten, öffentlichen bzw. Auslandsverschuldung. Die Erholung wird in einigen dieser Länder voraussichtlich langsamer erfolgen.

Außerordentliche politische Maßnahmen sind wichtig, um die Auswirkungen der COVID-19-Krise abzufedern und die Erholung zu fördern, und wirken sich gleichzeitig positiv auf die makroökonomische Stabilität aus. Regierungen haben beispiellose fiskalische Unterstützung geleistet, um Arbeitsplätze und Einkommen zu erhalten und Unternehmen zu fördern, und so das Risiko von Unternehmensinsolvenzen gesenkt. Für Steuerzahlungen und Schuldentilgungen durch private Haushalte und Unternehmen wurden Moratorien und für Bankkredite staatliche Garantien gewährt. Dies führte dazu, dass das verfügbare Bruttoeinkommen der privaten Haushalte im Jahr 2020 in der EU insgesamt im Wesentlichen konstant war, trotz der ausgeprägten Rezession. Die Arbeitslosenquote der EU stieg um gerade einmal 0,4 Prozentpunkte, und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen war stark begrenzt, da viele der Auswirkungen von den Regierungen abgefedert wurden.

Auf EU-Ebene fand eine beispiellose Koordinierung politischer Reaktionen statt. Die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts wurde unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie aktiviert, um die finanzpolitischen Maßnahmen zu unterstützen. Ein Abkommen über den befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen ermöglichte es den Mitgliedstaaten, die bei den Beihilfevorschriften vorgesehene Flexibilität voll auszuschöpfen. Das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) schützte die Arbeitsmärkte. Die Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise (CRII und CRII Plus) und REACT-EU mobilisierten und ergänzten Mittel der Kohäsionspolitik, um den öffentlichen Gesundheitssektor, Unternehmen und am stärksten gefährdete Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Über den Europäischen Stabilitätsmechanismus und die Europäische Investitionsbank wurden Finanzierungsinstrumente zur Verfügung gestellt. Die wirksame Durchführung von Reformen sowie der Aufbau- und Resilienzfazilität wird dazu beitragen, die EU-Wirtschaft nachhaltiger, inklusiver und widerstandsfähiger zu machen und sie besser auf den ökologischen und digitalen Wandel im Einklang mit den einschlägigen Zielen der Union vorzubereiten.

Eine konzertierte globale geldpolitische Reaktion führte zu günstigen finanziellen Bedingungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ergriff ein breites Spektrum an Maßnahmen, um die Finanzstabilität zu wahren und das reibungslose Funktionieren der Finanzmärkte sicherzustellen. Sie stellte zusätzliche Liquidität für Banken bereit, lockerte die Anforderungen an die Besicherung und tätigte umfangreiche zusätzliche Ankäufe von Vermögenswerten des öffentlichen und des privaten Sektors. Der günstige geldpolitische Kurs unterstützte eine günstige Grundstimmung des Finanzmarktes und trug zur Vermeidung einer Kreditklemme bei, und die Bewertungen auf vielen Aktien- und Anleihenmärkten übertrafen das vor der Pandemie verzeichnete Niveau. Zusammen mit langfristigen Faktoren, einschließlich u. a. des Sparüberhangs im Euro-Währungsgebiet, sorgte die hohe Marktliquidität für niedrige staatliche Fremdfinanzierungskosten, die in einigen Fällen sogar niedriger als vor Beginn der Krise waren, und die Abstände innerhalb des Euro-Währungsgebiets verringerten sich. Die Erwartungen einer kräftigen Erholung trugen zur positiven Grundstimmung der Märkte bei, die durch den Durchbruch bei der Impfstoffentwicklung im Herbst 2020 noch verstärkt wurde.

Die Finanzierungsbedingungen verbleiben auf einem historisch niedrigen Stand, aber es sollte auf Anzeichen für eine Verschärfung geachtet werden. Obwohl die Renditen von Staatsanleihen im Jahr 2021 leicht gestiegen sind, bleiben sie im Allgemeinen unter den historischen Durchschnittswerten. Die Staaten mit den besten Einstufungen profitieren von Negativzinsen oder Zinssätzen nahe Null auf ihre Schulden, während sich in einigen Mitgliedstaaten, vor allem außerhalb des Euro-Währungsgebiets, gewisse Anstiege ergeben haben. Auf den Märkten für Unternehmensanleihen zeichneten sich unproblematische, aber dennoch leicht verschärfte Finanzierungsbedingungen ab und die Sollzinsen der Banken in der EU haben ein Rekordtief erreicht oder stehen kurz davor. Der Euro nahm in der zweiten Hälfte 2020 an Fahrt auf, bevor sein Wert etwas zurückging, was sich in den Währungen einiger Staaten niederschlug, die nicht Mitglieder des Euro-Währungsgebiets sind.

Die Inflationsrate zog im Jahr 2021 an, aber der Anstieg ist voraussichtlich zum Großteil eine vorübergehende Erscheinung. Die Gesamtinflation im Euro-Währungsgebiet erreichte in den letzten Monaten ein Zehnjahreshoch, nachdem die Inflation für knapp zehn Jahre unter dem gesteckten Ziel geblieben war. In einigen Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets lag die Inflationsrate über den Zielvorgaben. Die Energiepreissteigerungen waren ein maßgeblicher Faktor für diesen Anstieg, wobei die Kerninflation weniger stark zunahm. Der Anstieg der Inflationsrate dürfte zum Großteil eine vorübergehende Erscheinung sein, wenn auch nicht unbedingt von kurzer Dauer. Die Beseitigung einiger Unstimmigkeiten in Verbindung mit dem Umstieg weg von fossilen Brennstoffen könnte einige Zeit in Anspruch nehmen. Die wirtschaftliche Öffnung hat zu einem deutlichen Anstieg der Nachfrage geführt, allerdings wird die Wirtschaftstätigkeit durch Lieferengpässe beeinträchtigt. Eine gewisse Weitergabe der steigenden Kosten über höhere Verbraucherpreise ist wahrscheinlich, wobei das Ausmaß ungewiss ist und geringere Gewinnspannen den Anstieg teilweise auffangen könnten. Die Risiken einer nachhaltigen Inflationsdynamik scheinen sich derzeit in Grenzen zu halten, da die Inflationserwartungen im Euro-Währungsgebiet unter Kontrolle bleiben und im Allgemeinen mit einer Rückkehr zu den Entwicklungen vor der Pandemie im Einklang stehen. Strukturelle Anpassungen, darunter die Reaktion der Verbrauchsmuster auf die Pandemie und ein branchenspezifischer Fachkräftemangel, könnten jedoch Auswirkungen auf die relativen Preise und Löhne haben, was möglicherweise einen Anstieg der Inflationsvolatilität zur Folge hat. Ein langwieriger Anstieg der Inflationsrate könnte zu Veränderungen beim Zeitplan für die Normalisierung der Währungspolitik führen und verschärfte Finanzierungsbedingungen sowie höhere Fremdfinanzierungskosten mit sich bringen.

Die Wirtschaft der EU erholt sich schneller als erwartet, aber die wirtschaftlichen Aussichten bleiben ungewiss. In der gesamten EU sind aufgrund erfolgreicher Impfkampagnen weniger starke Eindämmungsmaßnahmen erforderlich, um künftige Infektionswellen zu vermeiden. Global betrachtet bleiben mit der Pandemie verbundene Risiken aufgrund der langsamen Fortschritte bei den Impfungen ein relevanter Faktor. Der Handel ist noch immer dabei, sich von den Einschränkungen aufgrund der Pandemie zu erholen, und durch die Lieferengpässe geschwächt, die sich auf die Wirtschaftsaktivitäten, die stark in die globalen Wertschöpfungsketten eingebunden sind, auswirken. Durch die dauerhafte Neuausrichtung der Wertschöpfungsketten entstehen Kosten und Risiken wie auch Chancen für die Länder der EU. Die privaten Investitionen sind aufgrund der Rentabilitätseinbußen der Unternehmen und des Anstiegs des Fremdkapitalanteils zurückgegangen. Dies kann die wirtschaftliche Erholung beeinträchtigen und den Schuldenabbau der Unternehmen erschweren. Die Einstellung politischer Unterstützungsmaßnahmen führt möglicherweise zu einer Neubewertung des Risikos. Unsicherheit könnte zu höherer Volatilität auf den Finanzmärkten führen, was nachteilige Auswirkungen auf Finanzierungen und Immobilienpreise hätte, da eine allgemeine Entkoppelung der Anleihenpreise von den Fundamentalwirtschaftsdaten erfolgen würde. ( 2 ) ( 3 ) ( 4 ) Dagegen könnten raschere Fortschritte bei der weltweiten Eindämmung der Pandemie und die Umsetzung ehrgeiziger und koordinierter Reformen und Investitionen innerhalb der EU den Weg für eine nachhaltige Erholung ebnen.

Die solide Erholung ist für die makroökonomische Stabilität förderlich, aber Zweitrundeneffekte der Rezession könnten mit einer Verzögerung eintreten und weiterhin Risiken darstellen. Vor dem Hintergrund eines starken BIP-Wachstums haben sich die hohen Raten der Staatsverschuldung und der Verschuldung des privaten Sektors in den meisten Ländern der EU stabilisiert oder gehen leicht zurück, nachdem sie im Vorjahr deutlich angestiegen waren. Durch die Einstellung der politischen Unterstützungsmaßnahmen werden potenzielle zugrunde liegende Schwachstellen in den Wirtschaftszweigen und Bereichen, die am stärksten von COVID-19 betroffen sind, zwangsläufig offengelegt. Die Aufhebung von Schuldenmoratorien könnte für Unternehmen und private Haushalte zu Schwierigkeiten bei der Bedienung der Schulden führen und Insolvenzen sowie Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Diese Verflechtungen zwischen Staatsschulden sowie privaten Schulden und dem Finanzsektor sind ein Mechanismus für die Übertragung von Risiken. Die Verschlechterung der Qualität von staatlichen und privaten Aktiva wirkt sich möglicherweise auf die Bilanzen der Finanzinstitute aus, deren geringe Rentabilität während der Pandemie weiter zurückgegangen ist. Durch Schwierigkeiten bei der Bedienung von Schulden verringern sich unter Umständen die Investitionen, die Einkommen der privaten Haushalte und der Konsum, sodass das Wirtschaftswachstum gehemmt und der Schuldenabbau beeinträchtigt wird. Die Pandemie hat in einigen Ländern, in denen die Arbeitskosten bereits vor der Krise stark angestiegen waren, zu einer Verschlechterung der Kostenwettbewerbsfähigkeit geführt, und in einigen Fällen ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Die Wohnimmobilienpreise verzeichnen den schnellsten Anstieg seit mehr als zehn Jahren, der weiter anhält oder durch die Pandemie sogar noch verstärkt wird. Anders als bei der zunehmenden Verschuldung wird die wirtschaftliche Erholung in Bezug auf die Wohnimmobilienpreise wahrscheinlich keine Berichtigung zur Folge haben, wobei kurzfristige Angebotsengpässe nachlassen könnten. Die rasch steigenden Wohnimmobilienpreise stellen für die makroökonomische Stabilität ein Problem dar, vor allem wenn sie mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte und starkem Kreditwachstum einhergehen. Die abnehmende Erschwinglichkeit von Wohnraum kann insofern negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben, als sie zu einem Rückgang des Konsums führt und die Mobilität der Arbeitskräfte beeinträchtigt. Gleichzeitig könnten Preisberichtigungen bei Immobilien und anderen Vermögenswerten zu einer Verschlechterung der Bilanzen von Finanzinstituten führen.

Abbildung 1.1:BIP im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie sowie Schuldenstand vor der Krise und die COVID-19-Rezession

 

Quelle: AMECO, Eurostat und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Spillover-Effekte und Anpassungsprobleme im Euro-Währungsgebiet ( 5 )

Die COVID-19-Krise hat die Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet verstärkt. Die Mehrheit der Länder, die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen waren, ging mit einer höheren Staatsverschuldung, Verschuldung des privaten Sektors oder Fremdverschuldung in die Pandemie, was in einigen Fällen mit einem geringeren potenziellen BIP-Wachstum einherging. Die COVID-19-Krise hat die außenwirtschaftlichen Positionen der Netto-Schuldnerländer mit großen Tourismusbranchen spürbar beeinträchtigt, während auf die Zahlungsbilanzen anderer Länder geringere Auswirkungen bestanden. Einige der Länder, die von der Rezession am stärksten betroffen waren, erholen sich schnell, aber in anderen Ländern schreitet die Erholung langsamer voran. Dies deutet darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum weniger zur Bewältigung von Ungleichgewichten bei den Bestandsgrößen beitragen könnte, zumindest in naher Zukunft, und hebt die Bedeutung wirksamer Reformen und Investitionen hervor, um die strukturbedingten Mängel zu beseitigen und das potenzielle BIP in Zukunft zu steigern. ( 6 )

Die Handelsbilanz des Euro-Währungsgebiets verzeichnete im Jahr 2020 einen leichten Anstieg, da sowohl Wirtschaftsleistung als auch Nachfrage zurückgingen. Sowohl die Ausfuhr als auch Einfuhr von Waren und Dienstleistungen nahm im Jahr 2020 ab. Der Überschuss beim Handel mit Waren wurde gefestigt, zum Großteil aufgrund der geringeren Energiepreise, während der Überschuss bei den Dienstleistungen zurückging, hauptsächlich aufgrund des geringeren internationalen Reiseverkehrs. Insgesamt ergab sich dadurch beim Rückgang des Handelsbilanzüberschusses im Euro-Währungsgebiet, der im Jahr 2017 seinen Anfang nahm, eine vorübergehende Unterbrechung. Die Handelsbilanz dürfte im Jahr 2021 eine leichte Zunahme verzeichnen und sich im Jahr 2022 allgemein kaum verändern (Abbildung 1.2). Die Kerninflation wird im Euro-Währungsgebiet im Jahr 2021 trotz der weiterhin beträchtlichen Produktionslücke (Gesamtinflation ohne Energie und unbehandelte Lebensmittel) voraussichtlich an Fahrt aufnehmen, aber unter dem Ziel für die Gesamtinflation bleiben.

Abbildung 1.2:Wirtschaftsleistung, Binnennachfrage, Handelsbilanz und Kerninflation des Euro-Währungsgebiets

 

Anmerkung: Die Differenz zwischen BIP und Binnennachfrage sollte zwar definitionsgemäß der Handelsbilanz entsprechen, aber die Daten stehen aufgrund von Diskrepanzen bei der Berichterstattung innerhalb des Euro-Währungsgebiets nicht völlig im Einklang.

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets setzte seinen allmählichen Rückgang im Jahr 2020 auf das Niveau fort, das dem laut Fundamentaldaten des Euro-Währungsgebiets empfohlenen Stand entspricht, steigt aber im Jahr 2021 wieder an. Im Jahr 2020 verzeichnete die Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets einen Überschuss von 2 % des BIP (Abbildung 1.3 a). ( 7 ) Trotz des leichten Anstiegs bei der Handelsbilanz führten etwas schwächere Einkommensbilanzen zu einem geringfügigen Rückgang des Leistungsbilanzsaldos. Sowohl der Gesamt-Leistungsbilanzsaldo als auch der konjunkturbereinigte Leistungsbilanzsaldo, der 1,6 % des BIP entsprach, näherten sich dem Leistungsbilanz-Standard an, der sich an den Fundamentalwirtschaftsdaten des Euro-Währungsgebiets orientiert und auf 1,7 % des BIP geschätzt wird. ( 8 ) Darin schlägt sich nieder, dass sich die Binnennachfrage besser behaupten konnte als bei den meisten Handelspartnern. Daten für das erste Halbjahr 2021 zeigen jedoch einen Anstieg beim Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets, der sich hauptsächlich aufgrund einer solideren Dienstleistungsbilanz ergibt. Aktuell ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Leistungsbilanzsaldo des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2021 auf seinen Stand von 2019 zurückkehren wird. Dies entspricht einer Rückkehr der Differenz zwischen dem BIP und der aggregierten Nachfrage auf den Stand vor der Pandemie und somit der beständigen rückläufigen Binnennachfrage (Abbildung 1.2).

Abbildung 1.3:Leistungsbilanzen im Euro-Währungsgebiet nach Ländern und Finanzierungssaldo nach Sektoren

 

Hinweise: In Diagramm b entsprechen diese Angaben für die Jahre vor 2021 dem Finanzierungssaldo in den Eurostat-Zahlungsbilanzdaten. Die sich auf das Euro-Währungsgebiet beziehenden Angaben zur Gesamtwirtschaft für 2021 und 2022 entsprechen der Summe der Zahlen der Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission für den Leistungsbilanzsaldo (bereinigt) und den Kapitalbilanzsaldo. Zur Berechnung der Daten für private Haushalte bzw. Unternehmen für 2021 und 2022 wurde die Summe der Länder des Euro-Währungsgebiets – mit Ausnahme von Malta, für das keine Daten vorliegen – veranschlagt.

Quelle: Eurostat-Zahlungsbilanzdaten, AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Abbildung 1.4:Geografische Verteilung des Finanzierungssaldos des staatlichen Sektors des Euro-Währungsgebiets

 

Anmerkung: Für die Jahre vor 2021 entsprechen die sich auf das EA19 beziehenden Angaben dem Finanzierungssaldo in den Eurostat-Zahlungsbilanzdaten. Die EA19-bezogenen Angaben zur Gesamtwirtschaft für 2021 und 2022 entsprechen der Summe der Zahlen der Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission für den Leistungsbilanzsaldo (bereinigt) und den Kapitalbilanzsaldo.

Quelle: Eurostat-Zahlungsbilanzdaten und AMECO.

Im Jahr 2020 waren die wichtigsten Änderungen an den Außensalden sektorspezifischer und nicht geografischer Natur. Die Leistungsbilanzüberschüsse der beiden Länder des Euro-Währungsgebiets, die den größten Beitrag leisten, Deutschland und die Niederlande (Abbildung 1.3 a), gingen im Jahr 2020 weiter zurück. Der positive Beitrag von Italien sowie der negative Beitrag von Frankreich nahmen etwas zu. Der Anstieg des Leistungsbilanzsaldos des Euro-Währungsgebiets im ersten Halbjahr 2021 ergab sich zum Großteil aufgrund eines drastischen Anstiegs des Leistungsbilanzsaldos von Irland. Die Beiträge von Deutschland und den Niederlanden zum Überschuss des Euro-Währungsgebiets nahmen ebenfalls zu und kehrten auf ihren Stand von 2019 zurück. Der Anteil von Italiens Überschuss stieg weiter an und erreichte den Stand der Niederlande. Die geografische Zusammensetzung des Überschusses des Euro-Währungsgebiets soll laut aktuellen Prognosen in Zukunft weitgehend stabil bleiben. Im Gegensatz dazu veränderten sich die sektorspezifischen Beiträge zum Außensaldo im Jahr 2020 erheblich (Abbildung 1.3 b). Zunehmende Einsparungen durch die privaten Haushalte und in geringerem Ausmaß durch die Unternehmen wurden durch eine stark expansive Fiskalpolitik ausgeglichen. Der Finanzierungssaldo des privaten Sektors wird im Jahr 2021 trotz eines Rückgangs bei den vorsorglichen Rücklagen und einem Anstieg beim Konsum der privaten Haushalte voraussichtlich weiter ansteigen, wofür hauptsächlich der Unternehmenssektor verantwortlich ist. Der staatliche Finanzierungssaldo wird Prognosen zufolge nahezu unverändert bleiben, wobei der massive Anstieg des deutschen Defizits stark zum hohen staatlichen Finanzierungssaldo des Euro-Währungsgebiets beitragen wird (Abbildung 1.4). Die staatlichen Salden dürften im Jahr 2022 erheblich zurückgehen (siehe auch Abschnitt 2.4 zum staatlichen Sektor). Da für den Finanzierungssaldo des privaten Sektors von einem Rückgang in ähnlichen Ausmaßen auszugehen ist, wird die außenwirtschaftliche Position voraussichtlich unverändert bleiben.

Politische Maßnahmen

Die Pandemie hat deutlich vor Augen geführt, wie wichtig und hilfreich eine antizyklische diskretionäre Finanzpolitik, unterstützende geldpolitische Maßnahmen und eine europäische Koordinierung bei der Reaktion auf die Wirtschaftskrise sind. Die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass umfangreiche diskretionäre fiskalpolitische Maßnahmen ein wirksames Mittel sein können, um die unmittelbaren Auswirkungen eines großen Schocks einzudämmen und erfolgreich den Weg für eine schnelle Erholung zu ebnen. Die unmittelbaren nationalen Konsolidierungsbemühungen wurden durch die Lockerung der Regulierungsrahmen der EU untermauert. Die kollektive Antwort förderte das allgemeine Vertrauen in die Wirtschaft. Geldpolitische Maßnahmen trugen dazu bei, dass während der Pandemie die günstigen Finanzierungsbedingungen für alle Wirtschaftszweige erhalten blieben, sodass die Wirtschaftstätigkeit unterstützt und die mittelfristige Preisstabilität gewahrt wurde. Die sich gegenseitig verstärkenden Effekte der finanz- und geldpolitischen Maßnahmen waren von entscheidender Bedeutung für die Abfederung der Auswirkungen der Krise und die Förderung der Erholung. Die Finanzierungsbedingungen dürften zwar weiterhin förderlich bleiben, doch angesichts des Umfelds der niedrigen Zinssätze und des sukzessiven Anstiegs der Inflationsrate sind geldpolitische Lockerungen nur eingeschränkt möglich. Daher muss die Fiskalpolitik möglicherweise weiterhin eine stabilisierende Rolle spielen, wenn Abwärtsrisiken entstehen, während eine vorsichtige Haushaltspolitik in normalen Zeiten Vertrauen in die Wirksamkeit der Haushaltspolitik in Krisenzeiten schafft.

Die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte bleibt unerlässlich. Erstens könnte eine schwache wirtschaftliche Erholung einen Höchststand von Unternehmensinsolvenzen verursachen, der zu Arbeitsplatzverlusten sowie zur erhöhten Inanspruchnahme von krisenbezogenen Garantien für Unternehmenskredite und zu einem Rückgang von Investitionen führen würde. Zweitens könnten ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen die Rückkopplungseffekte zwischen Banken und Staaten verstärken. Drittens könnten rapide steigende Preise von Vermögenswerten und Wohnimmobilien die Anfälligkeit im Bereich der privaten Haushalte aufgrund von nicht tragfähigen Anstiegen der Preise von Vermögenswerten erhöhen. ( 9 ) Diese Risiken können sich negativ auf die Nachhaltigkeit des gesamtstaatlichen Schuldenstands auswirken und den Spielraum einschränken, mit dem die Fiskalpolitik auf künftige Herausforderungen reagieren kann. Der Abbau angehäufter Anfälligkeiten wird auch dazu beitragen, die Erholung zu festigen und langfristiges Wachstum zu stärken. Sind sich wirtschaftliche Strukturen ähnlicher und Konjunkturzyklen besser synchronisiert, wird dies dazu beitragen, die Wirksamkeit der gemeinsamen Währungspolitik zu erhöhen. 

Die Verringerung des hohen staatlichen und privaten Schuldenstands hängt maßgeblich davon ab, dass sich aus der wirtschaftlichen Erholung ein nachhaltiger Aufschwung ergibt, was produktive Investitionen erfordert. Ersteres ist von einer unterstützenden politischen Haltung während der wirtschaftlichen Erholung und einer rechtzeitigen Beendigung der außerordentlichen politischen Unterstützung abhängig, die im Zuge der Krise erfolgte. Das Ausmaß des Aufschwungs hängt von einer Verbesserung der Fundamentalwirtschaftsdaten ab, was die Umsetzung angemessener Reformen und Investitionen erfordert. Dies ist umso wichtiger, da einige Länder eine hohe private und öffentliche Verschuldung und ein relativ geringes potenzielles BIP-Wachstum aufweisen. Die Verringerung ihrer Schuldenlast wird somit erschwert und es ist eine glaubwürdige Rückkehr zu einer vorsichtigen mittelfristigen Haltung erforderlich, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen.

Angesichts der Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebiets bedarf es einer geeigneten Kombination aus makroökonomischen Strategien der Mitgliedstaaten, um die Erholung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Ungleichgewichte zu korrigieren und neu entstehende Risiken auszuräumen. Ein Wirtschaftswachstum der Netto-Gläubigerländer des Euro-Währungsgebiets, auch über förderliche Nachfragebedingungen, wäre nicht nur für diese Länder selbst von Vorteil, sondern auch für Netto-Schuldnerländer, da das höhere Wachstum im Euro-Währungsgebiet das Wachstum, den Abbau von Risikoaktiva sowie die Verbesserung der außenwirtschaftlichen Positionen in der letztgenannten Gruppe von Ländern unterstützen würde. Eine Beendigung der außerordentlichen politischen Unterstützung, die im Zuge der Krise geleistet wurde, wäre diesbezüglich durchaus hilfreich, wenn sie zeitlich auf die Anpassungsbedürfnisse abgestimmt ist. Ausgeprägte und anhaltende Verbesserungen der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit in Netto-Schuldnerländern würden ebenfalls zum Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte und helfen, die Schuldenlast zu verringern. Eine wirksame Nutzung der Instrumente, die auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und der EU eingerichtet wurden, sowie eine wirksame Umsetzung der erforderlichen Reformen und Investitionen würden dazu beitragen, eine dauerhafte Erholung zu fördern und die Widerstandsfähigkeit zu stärken, auch durch das Ausräumen von Ungleichgewichten und aufkommenden Risiken. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, dass das Aufbauinstrument der Europäischen Union vollständig ausgeschöpft und den produktivsten Verwendungszwecken zugeführt wird. Dies würde sowohl die wirtschaftlichen Auswirkungen der finanziellen Mittel verstärken als auch dem Risiko eines übermäßigen Wachstums der nicht handelbaren Tätigkeiten und der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in Ländern, in denen die Zuflüsse der EU-Mittel einen großen Anteil am BIP ausmachen, entgegenwirken.

Durch die Förderung einer wirtschaftlichen Erholung mit umfassenden Investitionen und Stärkung der Widerstandsfähigkeit wird die wirksame Umsetzung von Reformen und Investitionen im Rahmen der ARF zur makroökonomischen Stabilität beitragen. Die wirksame Umsetzung des nationalen Aufbau- und Resilienzplans wird die Volkswirtschaft der EU nachhaltiger, inklusiver sowie widerstandsfähiger machen und besser auf den doppelten Übergang vorbereiten. Sie wird auch dazu beitragen, das Risiko von Unterschieden in der EU zu verringern, da die ARF-Zuschüsse auf die Mitgliedstaaten ausgerichtet sind, die ein geringeres BIP pro Kopf haben und am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen sind. Durch Unterstützung des potenziellen Wachstums könnte die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne die Nachhaltigkeit des Schuldenstands verbessern, insbesondere in den Mitgliedstaaten, die den höchsten finanziellen Risiken ausgesetzt sind und eine zu hohe private Verschuldung aufweisen. Außerdem wird die Erholung nach der Pandemie – anders als in den Jahren nach der weltweiten Finanzkrise – durch höhere öffentliche Investitionen gefördert. Mit den Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität werden hochwertige Investitionsvorhaben finanziert und produktivitätssteigernde Reformen ermöglicht, ohne einen Anstieg der nationalen Defizite und Schuldenquoten zu verursachen. Durch diese Zuschüsse und andere Quellen der EU-Finanzierung dürften die staatlichen Investitionen in den Mitgliedstaaten in den Jahren 2021 und 2022 durchschnittlich um etwa 0,5 % des BIP pro Jahr ansteigen.

2.    Ungleichgewichte, Risiken und Anpassungen: wichtigste Entwicklungen in den Mitgliedstaaten

2.1.    Eine Momentaufnahme der Ergebnisse des Scoreboards

Der WMB basiert auf einer wirtschaftlichen Auslegung der Indikatoren des MIP-Scoreboards, das als Filter zur Ermittlung von Anscheinsbeweisen für mögliche Risiken und Schwachstellen dient. Das Scoreboard umfasst 14 Indikatoren mit indikativen Schwellenwerten in folgenden Bereichen: außenwirtschaftliche Position, Wettbewerbsfähigkeit, private und gesamtstaatliche Verschuldung, Wohnimmobilienmarkt, Bankensektor und Beschäftigung. Es stützt sich auf statistisch zuverlässige Daten, um Datenstabilität und länderübergreifend einheitliche Daten zu gewährleisten. Im Einklang mit der MIP-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1176/2011) besteht die Rolle der Kommission darin, eine wirtschaftliche Auslegung der Scoreboard-Werte vorzunehmen, die ein tieferes Verständnis des wirtschaftlichen Gesamtkontextes unter Berücksichtigung länderspezifischer Erwägungen ermöglicht; die Scoreboard-Indikatoren dürfen nicht mechanisch ausgelesen werden. ( 10 ) Eine Reihe von 28 Hilfsindikatoren ergänzt die Auslegung des Scoreboards.

Zusätzlich werden in diesem Bericht Prognosen, Gegenwartsprognosen und hochfrequente Daten verwendet, um die mögliche Entwicklung der Risiken für die makroökonomische Stabilität besser einschätzen zu können. Das offizielle WMB-Scoreboard umfasst Daten bis 2020. Aufgrund der erheblichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit den vollständigen Auswirkungen der COVID-19-Krise umfasst dieser Bericht eine zukunftsorientierte Bewertung der möglichen Auswirkungen der Krise auf die makroökonomische Stabilität und die Entwicklung der bestehenden makroökonomischen Ungleichgewichte. Dies steht im Einklang mit dem Ansatz, der in dem im November 2020 veröffentlichten Warnmechanismus-Bericht verfolgt wurde. Werte der Scoreboard-Variablen für 2021 und die folgenden Jahre wurden mithilfe von Prognosedaten der Kommission geschätzt und Gegenwartsprognosen beruhen auf unterjährigen Daten (siehe Anhang 1 für Details). Diese Prognosen unterliegen einer beträchtlichen Unsicherheit, was unbedingt berücksichtigt werden muss, damit die Grundsätze der Transparenz über die verwendeten Analysen und Daten und der Sorgfalt bei den Schlussfolgerungen aufrechterhalten werden. Darüber hinaus werden bei der WMB-Bewertung – ebenso wie in vergangenen Jahren – auch Erkenntnisse aus verschiedenen Bewertungsrahmen sowie aus bereits vorliegenden eingehenden Überprüfungen und einschlägigen Analysen berücksichtigt.

Die Scoreboard-Daten deuten darauf hin, dass die jüngste Berichtigung der Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen durch die COVID-19-Krise unterbrochen wurde, während sich Überhitzungsrisiken, die hauptsächlich mit den Wohnungsmärkten in Verbindung stehen, weiter ausgebreitet haben dürften. Was die Zahl der vorkommenden Werte betrifft, die jenseits der Schwellenwerte des WMB-Scoreboards liegen, zeigen sich im Lauf der Jahre folgende Entwicklungen (siehe Abbildung 2.1.1):

·Das Wirtschaftswachstum zwischen 2013 und 2019 hat dazu beigetragen, die privaten und gesamtstaatlichen Schuldenquoten zu verringern, was sich in einer zurückgehenden Zahl an Mitgliedstaaten niederschlug, deren Schuldenquote bis 2019 über den Schwellenwerten lag. Dieser Rückgang wurde durch die COVID-19-Krise unterbrochen und mehr Länder verzeichneten oder erwarten einen privaten und gesamtstaatlichen Schuldenstand, der über den Schwellenwerten liegt.

·Höhere Wohnimmobilienpreise haben zu einer wachsenden Zahl an Ländern geführt, in denen die einschlägigen Schwellenwerte in den letzten Jahren überschritten wurden. Dieses Muster wurde im Jahr 2020 noch deutlicher, als mehr Länder den Schwellenwert überschritten.

·Das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK) auf Grundlage kumulativer Veränderungen über drei Jahre lag in einigen Fällen vor der COVID-19-Krise bereits über den Schwellenwerten und im Jahr 2020 sind die LSK stark gestiegen. Triebkraft hierfür war vor allem der mechanische Effekt einer deutlich geringeren Produktivität aufgrund der reduzierten Wirtschaftsaktivität im Zusammenhang mit einem deutlichen Horten von Arbeitskräften. Das LSK-Wachstum wird voraussichtlich abflachen, da die Erholung eine Wiederbelebung der Gesamtproduktivität ermöglichen sollte. Im Jahr 2020 waren mehr Werte über den Schwellenwerten des realen effektiven Wechselkurses und des Exportmarktanteils zu verzeichnen, aber diese dürften sich relativ schnell entspannen.

·Eine erhebliche Zahl an Mitgliedstaaten weist einen Leistungsbilanzsaldo (basierend auf einem Dreijahresdurchschnitt) auf, der weiterhin über den oberen oder unteren Schwellenwerten liegt. In den letzten Jahren gab es mehr Länder mit einem Leistungsbilanzüberschuss, der den oberen Schwellenwert überschritt, als Länder mit Defiziten, die jenseits des unteren Schwellenwert lagen. Durch die COVID-19-Krise haben sich die Muster der Leistungsbilanzen nicht grundlegend verändert, obwohl ein paar Länder mehr die Schwellenwerte leicht überschritten haben. ( 11 ) Die Erholung dürfte dazu beitragen, die Zahl der Fälle mit sehr negativem Nettoauslandsvermögensstatus in Bezug auf das BIP zu verringern, was eine Fortsetzung der Entwicklung sich verbessernder außenwirtschaftlicher Positionen bedeuten würde.

·Die Krise hat nachweislich Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquoten hielten sich zwar im Allgemeinen in Grenzen, die Erwerbsquoten gingen jedoch zurück und überschritten in einigen Mitgliedstaaten den jeweiligen Schwellenwert, da mehr Menschen die Arbeitsmärkte verließen, was auch der Grund für den moderaten Anstieg der allgemeinen Arbeitslosenquoten ist. Die Langzeitarbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit reagieren wie üblich sehr empfindlich auf Veränderungen der Arbeitsmarktsituation.

Diese und andere damit verbundene Probleme werden im Rest des WMB näher beleuchtet.

Abb. 2.1.1:Zahl der Mitgliedstaaten mit jenseits der Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werten

 

Anmerkung: Die Zahl der Länder mit jenseits der einschlägigen Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werten basiert auf Scoreboards, die in der Vergangenheit mit dem jeweiligen jährlichen WMB veröffentlicht wurden. Durch nachträgliche Datenkorrekturen auf Basis der neuesten Zahlen kann sich die Anzahl der jenseits der Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werte gegenüber der Angabe in der obigen Abbildung ändern. Nähere Angaben zu den Ansätzen, die den Prognosen zu den Scoreboard-Indikatoren für die Jahre 2021 und 2022 zugrunde liegen, sind Anhang 1 zu entnehmen. Prognosen für die folgenden Indikatoren werden nur für 2021 vorgenommen: Wohnimmobilienpreise, Kreditflüsse des privaten Sektors, private Verschuldung, Verbindlichkeiten des Finanzsektors, Langzeitarbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit.

Quelle: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen (siehe Anhang 1).

2.2.    AuSSenwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit

2.2.1.AuSSenwirtschaft

Die Leistungsbilanzen mehrerer Mitgliedstaaten, die durch umfassende Bestände von Auslandsverbindlichkeiten gekennzeichnet sind, wurden durch die COVID-19-Krise beeinträchtigt, während die Leistungsbilanzüberschüsse einiger Länder recht groß blieben. In der EU entwickelten sich die einzelnen Leistungsbilanzen im Jahr 2020 uneinheitlich, wobei Länder, die stark von der Ausfuhr von Reiseverkehrsleistungen abhängig sind, eine erhebliche Verschlechterung ihrer Leistungsbilanzen hinnehmen mussten. Dazu gehören Griechenland, Kroatien, Malta und Zypern und in geringerem Maße auch Portugal und Spanien (Abbildung 2.2.1). Mit Ausnahme von Malta wiesen sie alle vor der COVID-19-Krise umfassende Bestände von Auslandsverbindlichkeiten auf. Im Gegensatz dazu waren in Lettland, Litauen, Polen und Tschechien deutliche Verbesserungen der Leistungsbilanzen zu verzeichnen, hauptsächlich aufgrund stärkerer Handelsbilanzen, aber auch unterstützt durch Einkommensbilanzen mit steigenden Investitionen vor dem Hintergrund geringerer Einnahmen ausländischer Investoren in der Krise. Die hohen Leistungsbilanzüberschüsse in Dänemark und Deutschland und vor allem in den Niederlanden sind während der Pandemie zurückgegangen, bleiben jedoch beträchtlich. Im Fall von Slowenien sind die Leistungsbilanzüberschüsse gestiegen. Durch niedrigere Energiepreise im Jahr 2020 erhöhten sich die Leistungsbilanzsalden von nahezu allen Mitgliedstaaten.

Aufgrund des Ausmaßes des wirtschaftlichen Schocks hielten sich Veränderungen der Außensalden zwar weitgehend in Grenzen und blieben eine vorübergehende Erscheinung, es fand jedoch eine starke Verlagerung bei den sektorspezifischen Beiträgen zu den externen Strömen der EU-Länder statt. Die privaten Haushalte erhöhten aus Gründen der Vorsorge und aufgrund begrenzter Konsummöglichkeiten ihre Rücklagen, während die Unternehmen üblicherweise ihre Investitionen vor dem Hintergrund der Unsicherheit verringerten, was zu einem Anstieg der Positionen des Privatsektors in den Finanzierungssalden führte (Abbildung 2.2.3 a, b und c). Die Regierungen griffen hingegen ein, um die Wirtschaft in der Krise zu unterstützen, während sie gleichzeitig geringere Einnahmen hinnehmen mussten, was in allen EU-Ländern zu umfassenden staatlichen Kreditaufnahmen führte. Die starken sektorspezifischen Schwankungen glichen sich im Wesentlichen gegenseitig aus und führten in den meisten Mitgliedstaaten somit nicht zu wesentlichen Veränderungen bei den allgemeinen Finanzierungssalden.

Abb. 2.2.1:Leistungsbilanzen und Schwellenwerte in den Jahren 2019 und 2020

 

Anmerkung: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge des Leistungsbilanzsaldos 2020 aufgeführt. Leistungsbilanz-Standards: siehe Fußnote 12. Konjunkturbereinigte Leistungsbilanzsalden: siehe Fußnote 15. Der Referenzwert „NAVS-stabilisierende Leistungsbilanz“ ist definiert als die Leistungsbilanz, die erforderlich ist, um den NAVS in den folgenden zehn Jahren auf dem aktuellen Stand zu stabilisieren, bzw. – falls der aktuelle NAVS unter dem länderspezifischen aufsichtlichen Schwellenwert liegt – die Leistungsbilanz, die erforderlich ist, um den aufsichtlichen NAVS-Schwellenwert in den kommenden 10 Jahren zu erreichen.

Quelle: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

Die Leistungsbilanzsalden von drei Mitgliedstaaten lagen im Jahr 2020 unter dem unteren Schwellenwert des MIP-Scoreboards, was sich im dreijährigen Durchschnitt niederschlägt. Das große Leistungsbilanzdefizit von Zypern stieg im Jahr 2020 weiter auf -10,1 % des BIP, was hauptsächlich auf den rückläufigen internationalen Tourismus, aber auch auf eine Ausweitung des Defizits der Primäreinkommensbilanz zurückzuführen war. Der Dreijahresdurchschnitt des Landes fiel weiter unter den MIP-Schwellenwert. Der Leistungsbilanzsaldo liegt unter seinem Standard sowie unter dem Stand, der erforderlich ist, um den NAVS im Laufe der nächsten zehn Jahre über den aufsichtlichen Schwellenwert zu bringen. ( 12 ) ( 13 ) Der Leistungsbilanzsaldo von Rumänien setzte seinen Abwärtstrend fort und ging auf -5 % des BIP zurück, wodurch sich der Abstand zum entsprechenden Standard geringfügig vergrößerte. Der Leistungsbilanzsaldo von Irland entsprach zwar im Jahr 2020 -2,7 % des BIP, der Dreijahresdurchschnitt lag jedoch aufgrund eines außergewöhnlich hohen Defizits im Jahr 2019 bei knapp -6 %. ( 14 )

Im Jahr 2020 hatten vier Mitgliedstaaten einen Leistungsbilanzüberschuss, der über dem oberen MIP-Schwellenwert lag. Dies trifft seit mittlerweile fast zehn Jahren auf Dänemark, Deutschland und die Niederlande zu. Die Überschüsse in Dänemark und Deutschland entsprachen im Jahr 2020 jeweils 8,1 % bzw. 6,9 % des BIP, was im Vergleich zu 2019 einen Rückgang bedeutet, und der Überschuss der Niederlande ging von 9,4 % auf 7 % des BIP zurück, ebenfalls aufgrund der wirtschaftlichen Aktivitäten multinationaler Konzerne. Während der dänische Überschuss infolge einer schwächeren Handelsbilanz nachließ, war der Hauptgrund für die Rückgänge in Deutschland und den Niederlanden eine Einkommensbilanz mit weniger Investitionen. Der hohe Überschuss in Slowenien stieg in der Krise vor dem Hintergrund stärkerer Handels- und Primäreinkommensbilanzen von 6 % auf 7,4 % des BIP. Die Überschüsse in allen vier Ländern blieben deutlich über dem jeweiligen Leistungsbilanz-Standard und den Schwellenwerten für den Leistungsbilanzsaldo zur Stabilisierung des NAVS.

Die Leistungsbilanzsalden der meisten anderen EU-Länder überschritten mit einigen nennenswerten Ausnahmen das jeweilige länderspezifische Niveau, das die Fundamentaldaten für 2020 nahelegen. Sowohl die Gesamtleistungsbilanzsalden als auch die konjunkturbereinigten Leistungsbilanzsalden lagen in den meisten Mitgliedstaaten über den durch die Fundamentaldaten gerechtfertigten Leistungsbilanzsalden oder knapp darunter sowie über den Leistungsbilanzsalden zur Stabilisierung des NAVS (Abbildung 2.2.1). ( 15 ) Nennenswerte Ausnahmen waren Griechenland und Portugal, deren Leistungsbilanzsalden sowohl unter dem Standard als auch unter dem Wert lagen, der zum Erreichen des aufsichtlichen NAVS über zehn Jahre erforderlich ist. In beiden Ländern und vor allem in Griechenland verursachte die COVID-19-Krise einen beträchtlichen Rückgang des Leistungsbilanzsaldos, der in den vorangegangenen Jahren deutlich stärker geworden war.

Abbildung 2.2.2:Entwicklung der Leistungsbilanzen

 

Anmerkung: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge des Leistungsbilanzsaldos 2020 aufgeführt.

Quelle: Eurostat, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

Die Leistungsbilanzdefizite der Länder mit einem Tourismussektor, der in beträchtlichem Umfang auf grenzüberschreitende Aktivitäten angewiesen ist, dürften sich Prognosen zufolge im Laufe der Jahre 2021 und 2022 leicht verbessern, während die größten Überschüsse in den meisten, aber nicht in allen Fällen voraussichtlich etwas zurückgehen werden (Abbildung 2.2.2). In Zukunft ist eine schrittweise Erholung des internationalen Reiseverkehrs zu erwarten, die jedoch ungleichmäßig erfolgen und im Prognosezeitraum nicht abgeschlossen werden könnte (siehe Kasten 1 zu Tourismus). Sie wird zu Verbesserungen der Leistungsbilanzsalden der Länder beitragen, die stark auf Tourismusausfuhren angewiesen sind, vor allem Griechenland, Kroatien und Zypern. Das hohe Leistungsbilanzdefizit von Zypern dürfte sich jedoch nur langsamen verbessern. Der Leistungsbilanzsaldo Rumäniens wird sich Prognosen zufolge weiter verschlechtern. Im Gegensatz dazu wird der volatile Leistungsbilanzsaldo Irlands im Prognosezeitraum voraussichtlich große Überschüsse verzeichnen. Die großen Überschüsse von Dänemark, Deutschland und Slowenien dürften wohl zurückgehen, wenn im Fall von Deutschland auch nur sehr gering, während der Überschuss der Niederlande bis 2022 voraussichtlich wieder nahezu seinen Stand von 2019 erreichen dürfte.

Mit Blick auf die Einsparungen und Investitionen dürften sich die Beiträge verschiedener Sektoren zu den außenwirtschaftlichen Positionen in den meisten Mitgliedstaaten kaum verändern. Während die privaten Sektoren voraussichtlich Netto-Kapitalgeber bleiben, dürften die Staaten im Jahr 2021 Netto-Schuldner (Abbildung 2.2.3 d) bleiben. Innerhalb der privaten Sektoren dürften die Finanzierungssalden der Unternehmen in den meisten Mitgliedstaaten zulegen und die der privaten Haushalte etwas nachgeben. Die staatlichen Finanzierungssalden werden im Durchschnitt voraussichtlich leicht zurückgehen. In den öffentlichen Sektoren werden die Finanzierungssalden der Mitgliedstaaten mit einem hohen Leistungsbilanzüberschuss Auswirkungen auf ihre außenwirtschaftlichen Positionen haben.

Abbildung 2.2.3:Finanzierungssalden zwischen 2019 und 2021 nach Sektoren

 

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Im Jahr 2020 verschlechterten sich die Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) in den meisten großen Netto-Schuldnerländern, während sie sich in den Ländern mit umfassenden positiven Status verbesserten. Nachdem sie mit vier Ausnahmen im Jahr 2019 in allen EU-Ländern gestiegen sind, ergaben sich im Jahr 2020 zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede bei den NAVS-Entwicklungen, wobei die NAVS von nahezu der Hälfte der Mitgliedstaaten zurückgingen. Im Jahr 2020 wiesen zehn EU-Länder einen unterhalb des Scoreboard-Schwellenwerts von -35 % des BIP liegenden NAVS auf; dies ist ein Land weniger als im Jahr 2019. In allen diesen Fällen werden ihre Status für 2021 voraussichtlich unter den NAVS bleiben, die die Fundamentaldaten nahelegen, und in sechs von ihnen werden die NAVS Prognosen zufolge einen Stand unterhalb der aufsichtlichen Schwellenwerte erreichen (Abbildung 2.2.4). ( 16 ) Stark negative NAVS dürften sich zum Großteil verbessern. Mittelfristig werden drei Mitgliedstaaten mit NAVS unter der Marke von -35 % im Jahr 2020 diesen voraussichtlich überschreiten. Stark negative NAVS werden Prognosen zufolge weiter ansteigen oder weitgehend stabil bleiben.

Abbildung 2.2.4:Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) 2019–2022, 2025 und Schwellenwerte im Jahr 2021

 

Anmerkung: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge der NAVS-Quote im Jahr 2020 aufgeführt. Die Abkürzung „NAIOA“ steht für „NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko“. Für die Konzepte des aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerts und des NAVS-Standards siehe Fußnoten 13 und 16. Der NAIOA von IE, LU und MT liegt außerhalb der Skala.

Quelle: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen (siehe auch Anhang 1).

Die Mitgliedstaaten mit den höchsten negativen NAVS verzeichneten im Jahr 2020 die stärksten Rückgänge, aber die wirtschaftliche Erholung wird in den meisten Fällen wohl Verbesserungen ermöglichen. Griechenland, Irland, Portugal und Zypern haben NAVS unterhalb von -100 % des BIP sowie unterhalb ihrer Fundamentaldaten und ihrer aufsichtlichen Schwellenwerte. Sie werden gefolgt von Spanien mit einem NAVS von etwa -85 % des BIP. Mit Ausnahme von Irland verzeichneten diese Mitgliedstaaten eine starke Verschlechterung ihrer Status, die sich im Falle von Griechenland und Zypern auf rund 20 BIP-Prozentpunkte belief. Maßgebliche Triebkräfte waren die Rückgänge des nominalen BIP, vor allem in Griechenland, und die hohen Leistungsbilanzdefizite, vor allem in Zypern. Sowohl in Irland als auch in Zypern schlagen sich die grenzüberschreitenden finanziellen Beziehungen multinationaler Konzerne und die besondere Bedeutung von Zweckgesellschaften in großem Maße im NAVS nieder. Alle fünf Länder sind durch einen vergleichsweise stark negativen NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallrisiko (NAIOA), d. h. einen großen Anteil an Nettoverschuldung in ihrer außenwirtschaftlichen Position, gekennzeichnet. ( 17 ) Die meisten Auslandsverbindlichkeiten von Griechenland umfassen öffentliche Schulden zu günstigen Bedingungen. Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit einiger Mitgliedstaaten mit stark negativen NAVS wird durch – manchmal beträchtliche – Zuflüsse von Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) sowie durch EU-Transfers im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) gestützt. Aktuelle Prognosen deuten jedoch auf einen stagnierenden NAVS Zyperns hin, selbst mittelfristig. Im Gegensatz dazu sollten sich die NAVS anderer Länder mit stark negativen NAVS bis 2022 und mittelfristig aufgrund des starken BIP-Wachstums und besserer Leistungsbilanzsalden schrittweise verbessern, wobei der erwartete Fortschritt im Falle von Irland vor dem Hintergrund eines voraussichtlich hohen Leistungsbilanzsaldos besonders rasch erfolgen sollte.

Die meisten EU-Länder mit mäßig negativen NAVS verzeichneten bei ihren Status im Jahr 2020 keine großen Veränderungen und den Prognosen zufolge werden sich in den meisten von ihnen künftig Verbesserungen ergeben. Alle diese Länder, Kroatien, Polen, Rumänien, die Slowakei und Ungarn, dürften im Jahr 2021 NAVS unterhalb ihrer Fundamentaldatenschwellenwerte haben, aber nur die NAVS von Rumänien und der Slowakei werden voraussichtlich einen Stand unterhalb der aufsichtlichen Schwellenwerte erreichen. Die NAVS aller dieser Mitgliedstaaten sowie anderer mittel- und osteuropäischer sowie baltischer Staaten sind durch umfassende Bestände an ausländischen Direktinvestitionen und NAIOA gekennzeichnet, die deutlich günstiger sind als ihre NAVS. Darüber hinaus erhalten diese Länder von der EU vergleichsweise hohe Beträge aus dem MFR, über den nicht zu vernachlässigende Unterstützung für ihre außenwirtschaftlichen Positionen geleistet wird. Die ARF-Zuschüsse, die zusätzlich zu den Transfers aus dem MFR eingehen, unterstützen weiter den Anstieg der NAVS in den meisten dieser Länder. Prognosen legen im Allgemeinen künftige Verbesserungen bei den NAVS dieser Länder nahe, wobei Rumänien, dessen Status sich etwas verschlechtern dürfte, eine Ausnahme bildet (Abbildung 2.2.4).

Abweichende Entwicklungen im Jahr 2020 wurden auch in der Gruppe von Mitgliedstaaten mit hohen positiven NAVS festgestellt. Die NAVS von Belgien, Deutschland, Malta und den Niederlanden haben sich aufgrund der anhaltenden beträchtlichen Leistungsbilanzüberschüsse in Deutschland und den Niederlanden weiter verbessert und in allen vier Fällen war der Rückgang des nominalen BIP dieser Entwicklung zuträglich. Insbesondere die Niederlande, aber auch Malta, verzeichneten außerdem stark positive Bewertungseffekte. Im Gegensatz dazu schränkten negative Bewertungsänderungen den Anstieg des deutschen NAVS ein. Die stark positiven NAVS von Dänemark und Luxemburg gingen vor dem Hintergrund negativer Bewertungsänderungen trotz hoher Leistungsbilanzüberschüsse in diesen beiden Ländern zurück.

Abbildung 2.2.5:Nominale effektive Wechselkurse

 

Quelle: Europäische Kommission.

Die Außenfinanzierungsbedingungen könnten sich in Zukunft verschärfen, was Folgen für einige Länder außerhalb des Euro-Währungsgebiets haben könnte. Zu Beginn der COVID-19-Krise waren auf den globalen Finanzmärkten in mehreren Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets Spannungen spürbar. Zu diesem Zeitpunkt gerieten die Währungen einiger Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets, vor allem der ungarische Forint, unter Druck und verloren im März und April 2020 an Wert, erholten und stabilisierten sich aber bereits im Mai (Abbildung 2.2.5), da sich die globale Risikostimmung verbesserte und sich die Kapitalflüsse stabilisierten. Die bedingte, erneut aufkommende Volatilität der Kapitalströme oder eine Verschärfung der Außenfinanzierungsbedingungen kann in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, teilweise in der Erwartung einer währungspolitischen Straffung in den USA und anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. In diesem Zusammenhang sind Länder außerhalb des Euro-Währungsgebiets mit prognostizierten umfangreichen Finanzierungssalden ebenso wie Mitgliedstaaten mit beträchtlichen Devisenreserven weniger externen (Re-)Finanzierungsrisiken ausgesetzt, sollten diese wieder aufkommen. Der externe finanzielle Bedarf sowohl des privaten als auch des staatlichen Sektors spielt in diesem Kontext ebenfalls eine Rolle (siehe Abschnitt 2.4 zum staatlichen Sektor).

2.2.2.Wettbewerbsfähigkeit

Die Lohnstückkosten stiegen in der gesamten EU infolge eines merklichen vorübergehenden Rückgangs der Gesamtarbeitsproduktivität im Zuge der COVID-19-Krise an. Das Scoreboard zeigt ein LSK-Wachstum, dem in den drei Jahren bis 2020 ein kumulatives Wachstum über dem Schwellenwert in 18 Mitgliedstaaten zugrunde liegt; vor einem Jahr war dies in acht Ländern der Fall. Vor 2020 bestanden in einigen Ländern, darunter Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Ungarn, Anzeichen für eine mögliche Überhitzungsgefahr. Allein im Jahr 2020 nahm das LSK-Wachstum in 22 Mitgliedstaaten an Fahrt auf. Dieses außergewöhnliche LSK-Wachstum dürfte sich in vielen Ländern in den Jahren 2021 und 2022 jedoch vor dem Hintergrund einer allgemein zunehmenden LSK-Volatilität teilweise umkehren.

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die im Zuge der wirtschaftlichen Erholung aufkommenden Strukturbrüche machen es schwierig, die Kostenwettbewerbsfähigkeit zu bewerten. Die starke Beschleunigung des LSK-Wachstums im Jahr 2020 und seine erwartete teilweise Umkehr in den meisten Ländern in den Jahren 2021 und 2022 ist aufgrund eines massiven Hortens von Arbeitskräften und dem anschließenden Rückgang der Gesamtproduktivität pro Kopf von einem statistischen Effekt geprägt (Abbildung 2.2.6). Dieser hat sich durch die staatliche Unterstützung von Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen ergeben, hauptsächlich in Form von vorübergehend ausgeweiteten Kurzarbeitsregelungen, durch die eine Kürzung der Arbeitsstunden anstelle einer Beeinträchtigung der Erwerbsquote begünstigt wurde. Das gleichzeitige Auftreten einer Arbeitsmarktflaute und eines Fachkräftemangels deutet auf Volatilität und Unsicherheit in Bezug auf die künftigen LSK-Entwicklungen hin. Diese Phänomene sind mit Problemen in den Lieferketten und Unstimmigkeiten aufgrund der ungleichmäßigen wirtschaftlichen Erholung sowie mit dem beschleunigten digitalen Wandel und langfristigen strukturellen Veränderungen verbunden. Da die LSK in den vergangenen Jahren in vielen Ländern stark gestiegen sind, muss der Rückgang der Kostenwettbewerbsfähigkeit im Blick behalten werden – vor allem, wenn es darum geht zu ermitteln, inwieweit die Einbußen aus dem Jahr 2020 im Zuge der Erholung ausgeglichen werden können. Politische Maßnahmen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktivität bleiben für eine nachhaltige Erholung von der COVID-19-Krise von großer Bedeutung.

Im Jahr 2020 ging die Arbeitsproduktivität in nahezu allen EU-Ländern zurück, dürfte sich aber in diesem und im nächsten Jahr wieder erholen (Abbildung 2.2.6 c). Während der COVID-19-Krise ging der Arbeitskräfteeinsatz zurück, hauptsächlich aufgrund von weniger Arbeitsstunden, während sich die Gesamtbeschäftigung aufgrund der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, darunter erweiterte Kurzarbeitsregelungen, deren Einsatz im Zuge der letzten wirtschaftlichen Erholung deutlich abgenommen hatte, kaum veränderte. Folglich ging die Arbeitsproduktivität auf Grundlage der Anzahl an Beschäftigten im Vergleich zur Arbeitsproduktivität auf Grundlage der Arbeitsstunden in den meisten Ländern stärker zurück. Für 2021 und 2022 wird im Zuge der erwarteten Konjunkturerholung und der Umkehr der Auswirkungen des Hortens von Arbeitskräften mit einem sprunghaften Anstieg der Produktivitätszahlen gerechnet. Im Jahr 2022 dürfte die Produktivität pro Person Prognosen zufolge in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Luxemburg, Malta, Portugal und Spanien über dem Stand von 2019 liegen.

Im Jahr 2020 war ein mäßiger Lohnanstieg zu verzeichnen, der aber in den Jahren 2021 und 2022 höher ausfallen sollte, teilweise deutlich höher. Das Lohnwachstum war in den meisten EU-Ländern während der COVID-19-Krise gedämpft (Abbildung 2.2.6 d). Das Gehalt pro Kopf dürfte in Bulgarien, Italien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn in den Jahren 2021 und 2022 jährlich um über 5 % ansteigen. Für Belgien, Estland und Irland sollte der Zuwachs durchschnittlich bei 4 % bis 5 % liegen. In Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn bereiteten das stetig hohe Lohnwachstum und die steigenden Lohnstückkosten bereits vor der Pandemie Anlass zur Sorge, sodass die Kostenwettbewerbsfähigkeit infrage gestellt wurde.

Im Euro-Währungsgebiet sollte die LSK-Entwicklung zu einer Begünstigung des Abbaus außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte zurückkehren, wenn die Produktivitätseffekte abgeklungen sind. Das LSK-Wachstum war im Jahr 2020 in einigen Netto-Schuldnerländern wie Griechenland, Portugal und Spanien stärker, da sie schärfere Rezessionen durchliefen und ein erhebliches Horten von Arbeitskräften verzeichneten. Bis 2022 werden die Veränderungen des LSK-Wachstums den Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte wieder begünstigen, da es in den Netto-Schuldnerländern leicht niedriger ausfallen wird als in Netto-Gläubigerländern (Abbildung 2.2.7). Die weitaus eingeschränkteren Auswirkungen auf den Abbau von Ungleichgewichten im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie wurden durch die anhaltenden Auswirkungen auf die Produktivität beeinträchtigt, die angegangen werden müssten, um die bestehenden Unterschiede zu beseitigen. Im Gegensatz dazu dürften die Gehälter in den Netto-Gläubigerländern höher ausfallen als in den Netto-Schuldnerländern.

Abbildung 2.2.6:Wachstum der Lohnstückkosten, der Gehälter und der Produktivität

 

Anmerkung: Die Wachstumsraten über mehrere Jahre sind auf Jahresbasis umgerechnet.

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Abbildung 2.2.7:Entwicklung der Lohnstückkosten im Euro-Währungsgebiet

 

Anmerkung: In DE, LU, NL, BE und MT liegt der NAVS über 35 %. Einen NAVS zwischen 35 % und -35 % des BIP weisen FI, EE, IT, LT, FR, SI und AT auf. Der NAVS der übrigen Länder liegt unterhalb von -35 % des BIP. Die Einteilung der Länder erfolgte anhand der NAVS-Durchschnittswerte im Zeitraum 2017-2019. Die Netto-Gläubigerländer verzeichneten in diesem Zeitraum im Durchschnitt einen Leistungsbilanzüberschuss. Die Zahlen beruhen auf den BIP-gewichteten Durchschnittswerten der drei Ländergruppen.

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Die nominalen effektiven Wechselkurse zogen im Jahr 2020 in den meisten Ländern an. Die stärksten Aufwertungen waren in Bulgarien, Griechenland, Lettland, Litauen und Schweden zu verzeichnen. Nur in Ungarn sowie in geringerem Maße in Polen und Tschechien gab es nominale Abwertungen. Der Anstieg der nominalen effektiven Wechselkurse ist auch auf die Aufwertung des Euro zu Beginn der COVID-19-Pandemie und die damit verbundene Flucht in sichere Häfen zurückzuführen. Im Jahr 2021 sind die nominalen effektiven Wechselkurse in den meisten EU-Ländern bisher gestiegen, wenn auch in den meisten Fällen mäßiger als im Jahr 2020.

Die HVPI-basierten realen effektiven Wechselkurse (REWK) stiegen im Jahr 2020 in den meisten Mitgliedstaaten mäßig an, was teilweise den nominalen Anstiegen entspricht. Die einzigen Länder, die einen Rückgang des HVPI-basierten REWK erlebten, waren Kroatien und Ungarn. Die stärksten Aufwertungen waren in Bulgarien, Litauen und Schweden zu verzeichnen. Dieser moderate Anstieg folgt auf einen in den meisten Mitgliedstaaten im Jahr 2019 erlebten Rückgang. Der auf dem BIP-Deflator beruhende REWK, für den Prognosen für das Jahr 2021 verfügbar sind, deutet darauf hin, dass die realen Wechselkurse in Zukunft voraussichtlich etwas ansteigen werden, wobei in Bulgarien, Litauen, Schweden und Tschechien von einem deutlichen Anstieg auszugehen ist (Abbildung 2.2.8 b).

Die REWK-Entwicklungen sind für den Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte förderlich, aber nur in begrenztem Umfang. Einige Netto-Gläubigerländer, darunter Dänemark, Deutschland, die Niederlande und Malta, verzeichneten im Jahr 2020 einen REWK-Anstieg, der leicht über dem EU-Durchschnitt lag. Einige Länder mit hoher Nettoverschuldung oder Länder, die von der Rezession aufgrund von COVID-19 stärker betroffen sind, beispielsweise Griechenland, Italien, Kroatien, Portugal, Spanien und Zypern, verzeichneten dank der niedrigeren Inflation einige Wettbewerbsfähigkeitsverbesserungen gegenüber den Netto-Gläubigerländern, wie die etwas mäßigeren REWK-Entwicklungen zeigen (Abbildung 2.2.8). Diese Tendenz scheint sich im Jahr 2021 fortzusetzen, was darauf hindeutet, dass die REWK-Entwicklungen für den Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte kurzfristig betrachtet in mäßigem Umfang förderlich bleiben.

Abbildung 2.2.8:Dynamik der nominalen und realen effektiven Wechselkurse (NEWK und REWK)

 

Anmerkung: Der REWK und der nominale effektive Wechselkurs (NEWK) werden gegenüber 42 Handelspartnern berechnet.

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Die Exportmarktanteile schwankten im Jahr 2020 recht stark und drei Mitgliedstaaten verzeichneten Verluste über den Scoreboard-Schwellenwert hinaus. Auf Basis der kumulierten Veränderungen über fünf Jahre verzeichneten Frankreich, Griechenland und Spanien erhebliche Verluste bei den Exportmarktanteilen, die über den Schwellenwert hinausreichten. Im Gegensatz dazu verzeichneten viele Länder auch erhebliche Zugewinne, im Fall von Irland, Litauen und Polen von über 30 Prozent. Die Exportmarktanteile waren im Jahr 2020 starken Schwankungen unterworfen. Die EU-Länder verzeichneten allein im Jahr 2020 durchschnittlich einige Zugewinne bei den Exportmarktanteilen, aber mit erheblichen Unterschieden zwischen den Ländern.

Einige Länder mit maßgeblichen Verlusten bei den Exportmarktanteilen im Jahr 2020 dürften sich in naher Zukunft nur teilweise davon erholen. Neben Estland und Österreich fand der scharfe Rückgang der Dienstleistungsbilanz im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise in den letzten Quartalen in Bulgarien, Griechenland, Italien, Kroatien, Malta, Portugal, Spanien, Ungarn und Zypern ein Ende. Die Dienstleistungsbilanz Deutschlands wies nach einer starken Verbesserung seit Beginn des Jahres 2020 weiterhin einen leichten Überschuss auf. Die Warenhandelsbilanzen entwickelten sich in mehreren Ländern seit 2019 durchaus günstiger und glichen teilweise den Rückgang bei den Dienstleistungsbilanzen aus. Die Exportmarktanteile werden in Griechenland, Kroatien und Spanien in den Jahren 2021 und 2022 voraussichtlich besonders stark ansteigen, wenn sich der grenzüberschreitende Verkehr erholt, aber nicht in allen Fällen wird der Anstieg ausreichen, um alle im Jahr 2020 verzeichneten Verluste auszugleichen. Für den Zeitraum 2020–2022 dürften die Exportmarktanteile im Allgemeinen am meisten in Estland, Irland, Litauen, Luxemburg und Polen zulegen und vor allem in Frankreich, Griechenland, Spanien und Portugal zurückgehen.

Die Entwicklungen der Exportmarktanteile könnten in Zukunft zu einem gewissen Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte beitragen. Länder mit einem starken Leistungsbilanzüberschuss, darunter Dänemark, Deutschland und die Niederlande, verlieren voraussichtlich im Zeitraum 2020–2022 Exportmarktanteile. Daten für das zweite Quartal 2021 zeigen weiterhin Dienstleistungsbilanzüberschüsse (in Prozent des BIP) vor dem Hintergrund einer Stärkung der Warenhandelsbilanzen in Deutschland und den Niederlanden. Dennoch werden einige Länder wahrscheinlich einen Teil des Zuwachses bei den Exportmarktanteilen aus Dienstleistungen aufgrund von COVID-19 einbüßen, wenn sich die Tourismusströme erholen.

Kasten 1:    Tourismus in der COVID-19-Krise

Der Tourismus war einer der in der COVID-19-Krise am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige, da die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Einschränkungen im Gast- und Freizeitgewerbe sowie beim internationalen Reiseverkehr umfassten. Das Ausmaß der nachteiligen Auswirkungen schlägt sich in dem starken Rückgang der Übernachtungen von Touristen nieder (Abbildung 1): Im April 2020 fiel die Anzahl der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben im Vergleich zum gleichen Monat im Jahr 2019 um 95 %. In den Sommermonaten war eine erhebliche Erholung zu verzeichnen, da der Inlandstourismus im August 2020 nahezu den Stand von 2019 erreichte. Im Gegensatz dazu blieb der Spitzenwert der Übernachtungen beim grenzüberschreitenden Tourismus im August 60 % unter dem Niveau von August 2019. Mit der zweiten Welle der Pandemie gingen die Reiseaktivitäten wieder zurück.

Eine aktuelle, stärkere Erholung, auch beim grenzüberschreitenden Tourismus, begann im Mai 2021. Sie folgte auf substanzielle Fortschritte bei den Impfungen und der Abstimmung von grenzüberschreitenden Reiseregelungen in der EU über die Einführung des digitalen COVID-Impfzertifikats der EU. Sowohl der inländische als auch der grenzüberschreitende Tourismus zogen im Juli im Vergleich zum Niveau von 2020 an, wobei sich letztgenannter stärker verbesserte. Unter Berücksichtigung von Gegenwartsprognosen für August und September zeigt sich, dass die allgemeinen Tourismusaktivitäten im Sommer 2021 im Vergleich zu 2020 um etwa 30 % zugenommen haben, aber dennoch 16 % unter dem Stand von 2019 blieben, wobei sich bei der Zusammensetzung einige Veränderungen ergeben haben. ( I ) Während der inländische Tourismus in den Sommermonaten 2021 den im Sommer 2019 erreichten Stand übertroffen hat, insbesondere im September, liegt der grenzüberschreitende Reiseverkehr noch immer um mehr als 40 % hinter der Stand vor der Pandemie zurück. Ein Vergleich der ersten neun Monate des Jahres 2021 mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2020 zeigt, dass die Tourismusbranche im Jahr 2021 nur um etwa 12 % gewachsen ist, was teilweise der Tatsache Rechnung trägt, dass das erste Quartal 2020 größtenteils nicht von der Pandemie betroffen war.

Abbildung 1:Übernachtungen von Touristen in der EU in den Jahren 2020 und 2021

 

Anmerkung: Anzahl der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben, die über Eurostat gemeldet und durch Gegenwartsprognosen auf Grundlage der AirBnB-Überprüfungen für August und September 2021 ergänzt wurden. Die Schätzungen für Frankreich, Irland und Zypern beruhen auf Daten von nationalen statistischen Ämtern. Siehe auch Fußnote 1.

Quelle: Eurostat und Schätzungen der Europäischen Kommission.

Mitgliedstaaten, die stark auf die Ausfuhr von Reisedienstleistungen angewiesen sind, waren besonders stark betroffen, da der grenzüberschreitende Reiseverkehr mit der Pandemie einbrach. Der starke Rückgang beim internationalen Tourismus hatte besonders starke Auswirkungen auf einige Netto-Schuldnerländer wie Griechenland, Kroatien, Portugal, Spanien und Zypern, die beim Handel mit Reisedienstleistungen große Überschüsse verzeichnet haben, sowie für Malta (Abbildung 2 a). ( II ) Für die meisten dieser Länder sind die Auswirkungen des Rückgangs des internationalen Tourismus auf die Handelsbilanzen der Hauptgrund für die Verschlechterung ihrer Gesamthandelsbilanzen im Jahr 2020. ( III ) ( IV ) Die negativen Auswirkungen auf große Exporteure von Tourismusdienstleistungen kehren sich im Jahr 2021 schrittweise um, da die Erholung beim grenzüberschreitenden Tourismus an Fahrt aufnimmt. Am anderen Ende des Spektrums stehen Länder, die normalerweise mehr Reisedienstleistungen einführen als sie ausführen. Für sie hatte der Rückgang beim internationalen Reiseverkehr positive Auswirkungen auf ihre Handelsbilanzen, da sich die Touristen inländische Ziele aussuchten.

Abbildung 2:Auswirkungen des Tourismuseinbruchs auf die Handelsbilanzen und Prognosen der Übernachtungen für 2021

 

Hinweise: (a) Die geschätzten Auswirkungen beziehen sich auf den Handel mit Dienstleistungen, der in den Zahlungsbilanzstatistiken unter der Position „Reiseverkehr“ aufgeführt ist. Sie beruhen auf einer teilweisen Gleichgewichtsanalyse, die Handelsdaten gemessen an der Wertschöpfung verwendet und die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen berücksichtigt. Siehe Fußnoten 3 und 4. (b) Die Prognosen für 2021 beruhen auf der Anzahl an Übernachtungen von Gebietsfremden in Beherbergungsbetrieben, die über Eurostat gemeldet und im Falle fehlender Daten durch Gegenwartsprognosen auf Grundlage der AirBnB-Überprüfungen bis September ergänzt wurden. Die Schätzungen für Frankreich, Irland und Zypern beruhen auf Daten von nationalen statistischen Ämtern. Für das letzte Quartal 2021 gehen die Prognosen vom gleichen Niveau der Tourismusaktivitäten wie in den Daten (und Gegenwartsprognosen) des dritten Quartals 2021 aus, angegeben als Prozentsatz der Übernachtungen im Jahr 2019.

Quelle: Eurostat und Schätzungen der Europäischen Kommission.

Vorläufige Daten zu 2021 deuten auf eine teilweise und schrittweise Erholung beim internationalen Tourismus hin, dennoch bestehen Unterschiede zwischen den Ländern. Die Anzahl der Übernachtungen von ausländischen Touristen in Beherbergungsbetrieben wird im Jahr 2021 in Griechenland, Kroatien und Zypern voraussichtlich deutlich ansteigen und in Spanien etwas weniger stark ansteigen (Abbildung 2 b). ( V ) Gleichzeitig scheint die Erholung der internationalen Tourismusaktivitäten in Portugal schwächer auszufallen, aber das Niveau liegt weiterhin leicht über dem für Spanien prognostizierten Stand. Für Bulgarien, Italien, Rumänien und Slowenien ist mit erheblichen Anstiegen beim grenzüberschreitenden Tourismus zu rechnen, während für beispielsweise die Niederlande und Österreich neben einigen anderen Mitgliedstaaten Rückgange zu erwarten sind, die wahrscheinlich verschiedenen saisonalen Verteilungen der Besuche ausländischer Touristen sowie den Auswirkungen der Reiseverkehrsumverteilung in den Jahren 2020 und 2021 Rechnung tragen.

2.3.    Private Verschuldung und Wohnimmobilienmarkt

2.3.1.Private Verschuldung

Die Verschuldungsquoten des privaten Sektors erhöhten sich durch die COVID-19-Krise deutlich, für die meisten Länder wird jedoch eine Rückkehr zu einem abnehmenden Trend für das Jahr 2021 vorhergesagt. Im Jahr 2020 nahmen die Verschuldungsquoten des privaten Sektors in allen EU-Ländern außer Dänemark, Irland und Litauen (Abbildung 2.3.1) zu und unterbrachen den Schuldenabbau, der in vielen Ländern stattgefunden hatte. Die Erhöhung im Jahr 2020 ist hauptsächlich auf den Rückgang des BIP zurückzuführen, aber in den meisten Ländern nahmen die Schulden ebenfalls zu, insbesondere bei den Unternehmen. Kreditgarantien und Schuldentilgungsmoratorien waren wichtige politische Maßnahmen, um die Liquiditätsengpässe zu Beginn der COVID-19-Krise zu überbrücken, haben jedoch auch zum Anstieg der Verschuldung beigetragen. Die Verschuldungsquote des privaten Sektors überschritt den Scoreboard-Schwellenwert von 133 % des BIP in zwölf Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden und Zypern) im Vergleich zu zehn Ländern im Vorjahr, in dem Malta und Spanien unter diesem Wert lagen (Abbildung 2.3.1). Bei anderen Mitgliedstaaten, die unter der Schwelle blieben, waren deutliche Anstiege zu verzeichnen. Die gesamte private Verschuldung erscheint im Vergleich mit den Referenzwerten hoch, die die länderspezifischen Fundamentalwirtschaftsdaten berücksichtigen, und mit den Schwellenwerten, die den aufsichtsrechtlichen Bedenken entsprechen. ( 18 ) Dies gilt für Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden und Zypern.

Insgesamt hat die COVID-19-Krise die Risiken in Zusammenhang mit der privaten Verschuldung erhöht. Aufgrund der wirtschaftlichen Erholung wird vorhergesagt, dass die privaten Schuldenquoten ab 2021 überall in der EU sinken werden (Abbildung 2.3.1). Allerdings wird erwartet, dass sie in den meisten EU-Ländern über dem Niveau des Jahres 2019 bleiben. Da die Unterstützungsmaßnahmen der Regierungen auslaufen, könnten die Unternehmen und Haushalte Schwierigkeiten bekommen, ihren Verpflichtungen zur Schuldentilgung nachzukommen, Dies gilt insbesondere für Sektoren, die stärker von der COVID-19-Krise betroffen sind und in denen die Unternehmensbilanzen bereits vor der Krise labiler waren, und führt zu einer Verschlechterung der Schuldenqualität. Zusätzlich führten die steigenden Schuldenniveaus von Unternehmen, Haushalten, Regierungen und Banken auch zu einer höheren Verflechtung zwischen den Sektoren. Dies beschleunigt im Falle eines Falles das Übergreifen der Auswirkungen von Schocks auf andere Sektoren. Unterbrechungen von globalen Wertschöpfungsketten und Reibungen aufgrund der uneinheitlichen wirtschaftlichen Erholung vor dem Hintergrund des beschleunigten digitalen Wandels stellen Risiken dar und führen zu strukturellen Veränderungen und Abwanderung von Unternehmen und Arbeitsplätzen.

Abb. 2.3.1:Private Verschuldung

 

Quelle: Eurostat, AMECO, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission und Schätzungen der Kommissionsdienststellen der privaten Schulden im Jahr 2021 (siehe Anhang 1). Schulden umfassen Kredite (F4) und Schuldtitel (F3).

2.3.1.1.Verschuldung nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften

Die Verschuldung der Unternehmen ist in den meisten Ländern der EU im Jahr 2020 gestiegen, mitunter sogar stark. Die Schuldenquote der Unternehmen stieg im Jahr 2020 in 19 Ländern an, hauptsächlich wegen des drastischen Einbruchs des BIP. Vor dem Hintergrund der deutlichen Einkommensverluste und der wahrgenommenen Liquiditätsengpässe im Jahr 2020, die ebenfalls zu einem deutlichen Anstieg des Einlagenbestands der Unternehmen beitrugen, waren allerdings auch Nettokreditflüsse von Unternehmen teilweise für den Anstieg verantwortlich. Die Schuldenquoten nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften stiegen in einigen Ländern besonders stark an. In diesen Länder war das Verschuldungsniveau der Unternehmen bereits hoch oder sie verfügen über bedeutende Tourismussektoren, die stark von der Rezession betroffen waren (Abbildung 2.3.3 a). Zu diesen Ländern gehören Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Portugal, Spanien und Zypern. Sehr hohe Unternehmensverschuldung ist weiterhin in Belgien, Irland, Luxemburg und den Niederlanden zu verzeichnen, obwohl diese Anfälligkeiten teilweise durch einen beträchtlichen Anteil an ausländischen Direktinvestitionskrediten und durch grenzüberschreitende konzerninterne Kreditaufnahmen abgemildert werden.

In vielen Mitgliedstaaten bleiben die Schuldenquoten von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften hoch und die Schuldenquoten lagen im Jahr 2020 in 14 Ländern über den Fundamentalwirtschaftsdaten und den aufsichtlichen Schwellenwerten. Dabei handelt es sich um Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Zypern und in geringerem Maße Italien und Österreich (Abbildung 2.3.2). In den meisten Ländern liegen die Schulden von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften aufgrund des deutlichen Schuldenabbaus der letzten Jahre unter dem vorherigen Höchststand; die Pandemie hat jedoch einen Teil des Fortschritts zunichtegemacht. In einigen Ländern, wie Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, der Slowakei und Schweden liegt die Unternehmensverschuldung auf dem höchsten Niveau seit Mitte der 1990er-Jahre oder sehr nahe daran.

In der Zukunft wird das hohe nominale BIP-Wachstum automatisch die Schuldenquote im Jahr 2021 und in den folgenden Jahren senken, jedoch ausgehend von einem höheren Schuldenstand. Die deutliche Erholung des BIP wird wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Schuldenquoten der Unternehmen im Jahr 2021 in allen EU-Ländern sinken werden, in einigen Fällen deutlich. Ausnahmen werden Griechenland, Schweden und Ungarn sein (Abbildung 2.3.3 b). Kreditflüsse werden wahrscheinlich in mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten das Niveau vor der Krise übersteigen. Das hohe nominale BIP-Wachstum wird die Schuldenquote im Jahr 2021 und in den folgenden Jahren automatisch senken. Die außergewöhnlichen Maßnahmen aus dem Jahr 2020 werden allmählich auslaufen und zu höherer Schuldentilgung führen. Zusätzlich werden nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften möglicherweise ihre umfangreichen Liquiditätspuffer reduzieren, die sie im Jahr 2020 aufgebaut haben, da die Unsicherheit abnimmt und dieses Vorgehen eine Alternative zu neuen Schulden darstellt, das ebenfalls zum Schuldenabbau beiträgt.

Abb. 2.3.2:Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften

 

Hinweise: Die Zahlen unter den Länderkürzeln geben das Jahr an, in dem die Schuldenquote auf Grundlage der Daten zwischen 1997 und 2020 ihren höchsten Stand erreichte. Die Länder sind in absteigender Reihenfolge der Schuldenquote der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften im Jahr 2020 aufgeführt.

Quelle: Eurostat, AMECO, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission und Schätzungen der Kommissionsdienststellen für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im Jahr 2021 (siehe Anhang 1). Schulden umfassen Kredite (F4) und Schuldtitel (F3).

Abb. 2.3.3:Aufschlüsselung der Veränderung der Schuldenquote von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften in den Jahren 2020 und 2021

 

Hinweise: Die Nettokreditflüsse (Schuldentransaktionen) entsprechen den Transaktionen von Krediten (F4) und Schuldtiteln (F3) in der sektoralen Gesamtrechnung (Finanztransaktionen) von Eurostat. Im Jahr 2020 belaufen sich die Beiträge von Nettokreditflüssen für Luxemburg auf 40,1 KKS.

Quelle: AMECO, Eurostat und Schätzungen der Kommissionsdienststellen sowie Berechnungen auf der Grundlage von monatlichen Daten der EZB über Transaktionen von MFI-Krediten und Schuldtiteln (Flüsse) mit dem Privatsektor aus der BSI-Datenbank, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Insgesamt weisen die Kreditflüsse an nichtfinanzielle Kreditgesellschaften seit Beginn der COVID-19-Krise charakteristische Muster auf, die die verschiedenen Phasen der Pandemie widerspiegeln (Abbildung 2.3.3 b). ( 19 ) Bankenkredite an nichtfinanzielle Kreditgesellschaften stiegen in zwei Drittel der Mitgliedstaaten im Jahr 2020 an, einschließlich einiger Mitgliedstaaten mit hoher Verschuldung von nichtfinanziellen Kreditgesellschaften wie zum Beispiel Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, die Niederlande, Portugal, Spanien und Schweden. Dies geschah vor dem Hintergrund von Kreditgarantien der Regierungen zur Erhaltung von Kreditflüssen und von Schuldentilgungsmoratorien, durch die die nominalen Schulden höher ausfielen als sie normalerweise gewesen wären. In einigen großen Mitgliedstaaten lies das Kreditwachstum bei nichtfinanziellen Kreditgesellschaften kürzlich deutlich nach und erreichte zu Beginn des Jahres 2021 in den meisten Fällen Steigerungsraten unter dem Niveau vor der Krise, im Gegensatz zu dem Anstieg in den kleineren Mitgliedstaaten (Abbildung 2.3.4 b). Kreditflüsse könnten zu gegebener Zeit in dem Umfang wieder anziehen, wie die Kreditnachfrage von nichtfinanziellen Kreditgesellschaften durch Unternehmen gesenkt wird, die auf aufgebaute Liquiditätspuffer zurückgreifen. Die allgemeine Verringerung von Krediten könnte allerdings auch ein Zeichen für eine gedämpfte Kreditnachfrage oder ein gedämpftes Kreditangebot sein, was auf geringe zukünftige Investitionen hinweisen könnte.

Kreditgarantien und Schuldentilgungsmoratorien halfen den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, die Krise zu überstehen, jedoch könnten zunehmende Schwierigkeiten bei der Schuldentilgung in der Zukunft immer noch auftreten. Kreditgarantien und Schuldentilgungsmoratorien waren wichtige politische Maßnahmen, um die Liquiditätsengpässe zu Beginn der COVID-19-Krise zu überbrücken, haben jedoch auch zum Anstieg der Verschuldung beigetragen. In einigen Fällen konnten sich nicht lebensfähige und technisch insolvente Unternehmen auf dem Markt halten, ihre Zahlungsverpflichtungen aufschieben und Liquidationen hinauszögern, die ansonsten stattgefunden hätten. Der im Wege von Moratorien in der gesamten EU – sei es als staatliche Maßnahmen oder als freiwillige Initiativen der Kreditgeber – gewährte Aufschub der Schuldentilgung für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften führte automatisch zu einer Erhöhung des Schuldenstands. Das Auslaufen von Schuldentilgungsmoratorien im Laufe des Jahres 2021 könnte Schwierigkeiten bei der Schuldentilgung in Teilen des Unternehmenssektors zutage treten lassen. Bisher hat die COVID-19-Krise nicht zu einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen geführt, diese könnten jedoch mit dem Einzug der Normalität eintreten und potenzielle Risiken für den Finanzsektor bergen.

Abb. 2.3.4:Bruttobetriebsüberschüsse von Unternehmen und Bankkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

 

(1) Bruttobetriebsüberschüsse für finanzielle und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, nationale Währung. Für Bulgarien, Kroatien und Malta ist der Bruttobetriebsüberschuss nicht verfügbar. Kreditflüsse von EU-Banken beziehen sich auf eine zwölfmonatige gleitende Summe, Milliarden EUR.

Quelle: AMECO und EZB, BSI-Datenbank.

Hohe Unternehmensverschuldung und die geringe Rentabilität in einigen Sektoren könnten die Aussichten für Investitionen und Schuldentilgung in der Zukunft beeinträchtigen. Die Rentabilität von Unternehmen verschlechterte sich in den meisten Mitgliedstaaten im Jahr 2020 (Abbildung 2.3.4 a). Auch wenn die Rentabilität von Unternehmen in den ersten Monaten des Jahres 2021 in fast allen Mitgliedstaaten zunahm, blieben die Anfälligkeiten in den der Pandemie stärker ausgesetzten Dienstleistungssektoren erhalten. Nachhaltige Inflationsdynamiken könnten ebenfalls zu geschrumpften Gewinnspannen und zu Schwierigkeiten bei der Schuldentilgung einiger Unternehmen führen, wenn die Kosten stärker zunehmen als die Einnahmen, wobei die kürzlichen Entwicklungen bei den Energiepreisen ein Risikofaktor sind. Investitionen in Ausrüstung nahmen ab Ende 2019 in allen Mitgliedstaaten außer Zypern ab. Besonders stark fiel der Rückgang in einigen Ländern mit hoher Unternehmensverschuldung wie Belgien, Irland, Luxemburg und den Niederlanden sowie in einigen Ländern mit bedeutenden Tourismussektoren wie Italien, Malta, Portugal und Spanien aus. Hohe Unternehmensverschuldung ist ein Risikofaktor für private Investitionen in der Zukunft, insbesondere aufgrund des zusätzlichen Bedarfs zur Unterstützung des ökologischen und digitalen Wandels. Während die Erholung voranschreitet, treten Anzeichen dafür auf, dass in einem Kontext von zunehmenden Unterbrechungen der Lieferkette strukturelle Veränderungen stattfinden könnten. Diese werden durch die Kombination von Anspannung und Flaute auf dem Arbeitsmarkt und einem andauernden Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage sichtbar.

2.3.1.2.Verschuldung der privaten Haushalte

Aufgrund der Pandemie nahm die Verschuldung der privaten Haushalte in fast allen EU-Ländern zu. In den meisten EU-Ländern bauten die Haushalte vor der Pandemie ihre Schulden ab, wiesen aber immer noch eine hohe Verschuldung auf (Abbildung 2.3.5). Die Pandemie unterbrach den Schuldenabbau der Haushalte oder führte zu einem Anstieg der Verschuldung in Ländern, die bereits ansteigende Schulden zu verzeichnen hatten (Abbildung 2.3.6). Der Anstieg der Schuldenquote von privaten Haushalten im Jahr 2020 war in den meisten Fällen auf den deutlichen Rückgang des BIP zurückzuführen (Abbildung 2.3.7). Diese Auswirkung wird sich zumindest teilweise im Jahr 2021 umkehren, wenn die wirtschaftliche Erholung einsetzt. In einigen Ländern wird das dynamische Kreditwachstum, insbesondere die Hypothekenverschuldung, angesichts der großen Aktivität auf dem Immobilienmarkt und steigender Wohnimmobilienpreise wahrscheinlich zu einem dauerhafterem Anstieg der Schuldenquoten beitragen (Abbildung 2.3.7 b). Insgesamt werden einige Länder, insbesondere Länder mit Schuldenquoten von privaten Haushalten, die vor der Pandemie über länderspezifischen Referenzwerten lagen, weiterhin eine hohe Verschuldung der privaten Haushalte zu verzeichnen haben.

Im Jahr 2020 lag die Verschuldung der privaten Haushalte in acht Ländern über den Fundamentaldaten und den aufsichtlichen Schwellenwerten. Im Jahr 2019 war dies in Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden der Fall (Abbildung 2.3.5). Die Verschuldung der privaten Haushalte liegt in Belgien und Zypern weiterhin über den aufsichtlichen Schwellenwerten, liegen aber nahe an dem angesichts der Fundamentaldaten angemessenen Niveau, während die Verschuldung der privaten Haushalte in Kroatien und der Slowakei deutlich über den Schwellenwerten der Fundamentaldaten, aber noch unterhalb der aufsichtlichen Schwellenwerteliegt. In einigen Ländern erscheinen die Schuldenquoten erheblich höher, wenn sie als Anteil am verfügbaren Bruttoeinkommen der Haushalte berechnet werden. Dies ist bei Irland, Luxemburg und Malta der Fall, wo die Verschuldung der privaten Haushalte laut Schätzungen 100 % des verfügbaren Bruttoeinkommens der Haushalte übersteigt. ( 20 )

Abb. 2.3.5:Verschuldung der privaten Haushalte

 

Anmerkung: Die Zahlen unter den Länderkürzeln geben das Jahr an, in dem die Schuldenquote auf Grundlage der Daten zwischen 1997 und 2020 ihren höchsten Stand erreichte. Die Länder sind in absteigender Reihenfolge der Schuldenquote der privaten Haushalte im Jahr 2020 aufgeführt.

Quelle: Eurostat, AMECO, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission und Schätzungen der Kommissionsdienststellen der Verschuldung der privaten Haushalte im Jahr 2021 (siehe Anhang 1). Schulden umfassen Kredite (F4) und Schuldtitel (F3).

Abb. 2.3.6:Entwicklung der Schuldenquote von privaten Haushalten in der EU

 

Nur Länder mit einer von der restlichen EU als Ganzes erheblich abweichenden Entwicklung wurden herausgestellt.

Quelle: Eurostat und Schätzungen der Kommissionsdienststellen.

Die Nettokreditflüsse von privaten Haushalten waren weniger stark von der Pandemie betroffen als diejenigen von Unternehmen. Im Jahr 2020 trugen Schuldentilgungsmoratorien und reduzierte Schuldentilgungen dazu bei, Nettokreditflüsse an Haushalte zu erhalten, mit einigen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten. In Luxemburg und Schweden, zwei Ländern mit relativ hoher Verschuldung der privaten Haushalte (in Luxemburg im Verhältnis zum verfügbaren Bruttoeinkommen der Haushalte), lagen die Nettokreditflüsse an Haushalte im Jahr 2020 zwischen ca. 4–5 % des BIP. In anderen Ländern mit relativ hoher Verschuldung der privaten Haushalte, wie Belgien, Finnland und Frankreich, waren die Nettoflüsse stärker begrenzt und lagen zwischen 2 und 3 % des BIP. Dies war ebenfalls in der Slowakei der Fall, wo die Verschuldung der privaten Haushalte unter dem aufsichtlichen Schwellenwert liegt, aber seit einigen Jahren das Niveau der Fundamentaldaten übersteigt, und in Malta, wo die Verschuldung der privaten Haushalte ebenfalls angestiegen ist und nah an dem aufsichtlichen Schwellenwert liegt.

Zusammengenommen folgt die Kreditvergabe an private Haushalte nach den intensiven Monaten der Pandemie wieder dem vorherigen Trend. Die Pandemie führte zu einem vorübergehenden Rückgang des Nettoflusses an Bankkrediten (Abbildung 2.3.8 a). Dieser fiel (unter den großen Ländern des Euro-Währungsgebiets) in Frankreich und Spanien am deutlichsten aus und ging mit einem allgemeinen Rückgang des Nettoflusses von Verbraucherkrediten einher (Abbildung 2.3.8 b). Diese Entwicklungen könnten mit Mobilitätsbeschränkungen zusammenhängen, durch die auch Konsummöglichkeiten eingeschränkt wurden. Im Gegensatz dazu blieben die Hypothekarkredite relativ stabil und beschleunigten sich gegen Ende 2020.

Die Kreditaufnahme der privaten Haushalte entwickelte sich im Jahr 2021 dynamischer. Es wird erwartet, dass Nettokreditflüsse an private Haushalte in diesem Jahr in einigen Ländern umfangreicher ausfallen. Prognosen für Veränderungen bei Schulden und Nettokreditflüssen auf Grundlage der monatlichen Daten der EZB zur Kreditvergabe durch Banken (siehe Anhang 1) weisen darauf hin, dass die Transaktionen in den meisten Ländern zunehmen. Die deutlichsten Anstiege haben Luxemburg, Malta und Schweden zu verzeichnen mit einem Anstieg von mehr als 4 % des BIP, gefolgt von Belgien, Frankreich und der Slowakei (Abbildung 2.3.7 b). Finnland gehört zu den Ländern mit einer höheren Verschuldung der privaten Haushalte und es wird erwartet, dass Kreditflüsse an private Haushalte im Jahr 2021 nahe an 2 % des BIP bleiben.

Obwohl die privaten Haushalte ihre Ersparnisse erhöht haben, können Risiken in Bezug auf ihre Fähigkeit zur Schuldentilgung immer noch auftreten. Die Sparquote der privaten Haushalte erhöhte sich im Jahr 2020 aufgrund der erzwungenen Ersparnisse während der Lockdown-Phasen oder als Vorsichtsmaßnahme. Im Jahr 2021 dürfte die akkreditierte Sparquote der Haushalte höher ausfallen als im Jahr 2019. In Griechenland und Zypern bleiben die Sparquoten der Haushalte relativ gering. Dänemark weist gemessen am verfügbaren Bruttoeinkommen der privaten Haushalte ebenfalls eine deutlich geringere Sparquote als andere Länder mit hohen Schulden auf (Abbildung 2.3.9 a). Im ganzen Jahr 2020 und zu Beginn des Jahres 2021 sammelten die Haushalte Vermögenswerte an, insbesondere Einlagen, was zu einer Stärkung ihrer Finanzlage führte. Risiken der Schuldentilgung durch eine Zunahme der Arbeitslosigkeit mit negativem Einfluss auf Haushaltseinkommen bleiben begrenzt (Abbildung 2.3.9 a). Obwohl die Haushalte sehr gering mit Zinsen belastet sind, könnte eine Veränderung der Geldpolitik allerdings ihre Fähigkeit beeinflussen, Kredite zu bedienen, vor allem wo Kredite mit variablen Zinsen vorherrschen. ( 21 )

Abb. 2.3.7:Aufschlüsselung der Veränderung der Schuldenquote der privaten Haushalte in den Jahren 2020 und 2021

 

Quelle: Eurostat. Die Nettokreditflüsse (Schuldentransaktionen) entsprechen den Transaktionen von Krediten (F4) und Schuldtiteln (F3) in der sektoralen Gesamtrechnung (Finanztransaktionen) von Eurostat. Andere Quellen sind AMECO und Schätzungen der Kommissionsdienststellen sowie Berechnungen auf der Grundlage von monatlichen Daten der EZB über Transaktionen von MFI-Krediten und Schuldtiteln (Flüsse) mit dem Privatsektor aus der BSI-Datenbank.

Abb. 2.3.8:Bankkredite an private Haushalte im Euro-Währungsgebiet

 

Anmerkung: Abbildung a: Zwölfmonatige gleitende Summe und Abbildung b: Gleitendende Vier-Quartals-Summe

Quelle: EZB.

Abb. 2.3.9:Verschuldung der privaten Haushalte, Ersparnisse der privaten Haushalte und Arbeitslosigkeitsrisiken

 

Quelle: Eurostat und AMECO. Für Malta wird das verfügbare Bruttoeinkommen auf Grundlage der Quote aus verfügbarem Bruttoeinkommen der Haushalte und dem BIP berechnet, die aus Daten des realen verfügbaren Bruttoeinkommens pro Kopf berechnet wurde, die bei Eurostat verfügbar sind (B6G_R_HAB). Für Bulgarien und Kroatien wurde das verfügbare Bruttoeinkommen der privaten Haushalte ebenfalls mithilfe des BIP für 2020 berechnet und der letzten verfügbaren Quote aus verfügbarem Bruttoeinkommen der Haushalte und dem BIP, da die Daten zum verfügbaren Bruttoeinkommen für diese Länder für 2020 ebenfalls nicht zur Verfügung stehen.

2.3.2.Wohnen

Im Jahr 2020 erlebten zehn Mitgliedstaaten einen Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise über dem Scoreboard-Schwellenwert von 6 %. Bei diesen Ländern handelt es sich um Deutschland, Estland, Kroatien, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal und die Slowakei (Abbildung 2.3.10 b) – zwei Länder mehr als vor einem Jahr. Kroatien, Luxemburg, Polen und die Slowakei verzeichneten das zweite Jahr in Folge einen Anstieg der Wohnimmobilienpreise über diesem Schwellenwert, während die Preise in Portugal bereits seit 2016 jährlich um mehr als 6 % angestiegen sind.

In den meisten Mitgliedstaaten sind die Wohnimmobilienpreise im Jahr 2021 weiterhin stark angestiegen. Die realen Wohnimmobilienpreise haben sich im ersten Halbjahr dieses Jahres weiter beschleunigt und 14 EU-Länder verzeichnen bei den Preisen von Wohnimmobilien im Jahresvergleich Anstiege von mehr als 6 % (Abbildung 2.3.10 b). In Dänemark, Estland, Lettland, Luxemburg und Tschechien überstieg der Realzuwachs im Jahresvergleich 10 %. In den ersten beiden Quartalen 2021 sanken die realen Wohnimmobilienpreise in Zypern und weniger stark in Rumänien und blieben in Irland und Italien im Wesentlichen konstant.

Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise war von verschiedenen Faktoren getrieben, die die Nachfrage erhöhen und das Angebot verringern. Angebotsknappheit bestand bereits vor der Pandemie und diese verschärfte sich im Zuge der Lockdown-Phasen zeitweise. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das Angebot in den kommenden Jahren knapp bleiben wird. Die Pandemie könnte zu bestimmten strukturellen Veränderungen bei der Immobiliennachfrage geführt haben, weil der Trend zum Home-Office die geografischen Präferenzen verändern kann. Dies kann bedeuten, dass an einigen Orten die Nachfrage das Angebot übersteigt. Die finanziellen Bedingungen waren günstig und werden wahrscheinlich die erhöhte Nachfrage nach Wohnimmobilien insgesamt weiterhin unterstützen. Da die Haushaltseinkommen mit der Erholung steigen, ist mit einer weiteren Erhöhung der Immobilienpreise zu rechnen.

Die kürzlichen Anstiege der Wohnimmobilienpreise verstärken den stetigen Aufwärtstrend bei den Wohnimmobilienpreisen, der seit 2013 überall in der EU zu verzeichnen ist. Die realen Wohnimmobilienpreise sind in allen Mitgliedstaaten mit der Ausnahme von Italien angestiegen. Die deutlichsten Anstiege wurden in absteigender Reihenfolge in Ungarn, Luxemburg, Irland, Portugal, Tschechien, Estland und Litauen verzeichnet (Abbildung 2.3.10 a). Im Jahr 2020 war Irland das einzige EU-Land, in dem sich der Aufwärtstrend nicht fortgesetzt hat, dort waren die Preise in 2019 und 2020 weitestgehend stabil.

Abbildung 2.3.10:Veränderungen der realen Wohnimmobilienpreise

 

Anmerkung: Die Daten für Griechenland beziehen sich auf das 1. Quartal 2021 statt auf das 2. Quartal 2021.

Quelle: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

Die Wohnimmobilienpreise scheinen in den meisten EU-Ländern überbewertet zu sein. Ein Vergleich der Wohnimmobilienindexe mit Referenzwerten, die die Auswirkungen von fundamentalen Preistreibern wie Einkommen und Demografie berücksichtigen, zeigt weitverbreitete Anzeichen für eine Überbewertung. ( 22 ) Dies ist insbesondere in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal, der Slowakei, Schweden, Tschechien und Ungarn der Fall; diese Länder weisen erhebliche Lücken auf (Abbildung 2.3.11 a). Hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien – ermittelt anhand der Anzahl der Jahre eines durchschnittlichen Einkommens, die erforderlich sind, um eine Wohnimmobilie mit 100 m2 zu kaufen ( 23 ) – zeigt sich in Irland, Malta und Kroatien eine besonders ausgeprägte Überbewertung, aber auch in den folgenden elf weiteren Mitgliedstaaten sind mehr als zehn Jahre Einkommen erforderlich, um eine Wohnimmobilie mit 100 m2 zu kaufen: Estland, Frankreich, Griechenland, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, Ungarn und Zypern (Abbildung 2.3.11 b).

In einigen Fällen gehen Indikatoren für eine mögliche Überbewertung von Wohnimmobilien einher mit hoher Verschuldung der privaten Haushalte oder steigenden Hypothekarkrediten. In Luxemburg sind hohe und stark zunehmende Wohnimmobilienpreise zu verzeichnen und gleichzeitig eine sehr hohe Verschuldung der privaten Haushalte. Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Österreich, Portugal und Schweden weisen Anzeichen von potenziell überbewerteten Wohnimmobilienpreisen mit erheblicher und im Falle Dänemarks sehr hoher Verschuldung der privaten Haushalte auf. Im Falle der Slowakei gehen Anzeichen für potenziell überbewertete Wohnimmobilienpreise mit dem größten Anstieg der Verschuldung der privaten Haushalte in den letzten Jahren einher, auch wenn Ausgangsverschuldung niedrig war.

Risiken von erheblichen Abwärtsanpassungen von Wohnimmobilienpreisen werden durch Beeinträchtigungen der Angebotsseite abgemildert, aber wirtschaftliche Bedenken bleiben bestehen. In vielen Mitgliedstaaten wurden makroprudenzielle Maßnahmen durchgeführt und diese haben zur Verringerung der Risiken für die allgemeine Finanzstabilität in Bezug auf den Wohnimmobilienmarkt beigetragen. ( 24 ) Weniger dynamische Wohnimmobilienangebote trugen zu den Preisanstiegen bei; jedoch trägt geringere Bautätigkeit ebenfalls zur Verringerung der direkten wirtschaftlichen Auswirkungen einer Korrektur der Wohnimmobilienpreise bei.

Abbildung 2.3.11:Wohnimmobilienpreise, Bewertungskennzahlen, Verschuldung der privaten Haushalte und Wohnkostenüberlastung

 

Hinweise: Die Größe der Blasen im linken Diagramm entspricht der Verschuldung der privaten Haushalte in Prozent des BIP im Jahr 2020. Siehe Fußnote 22 für Informationen zu den Bewertungslücken. Die Überlastungsquote hinsichtlich der Wohnkosten ist der Prozentsatz der Bevölkerung, der in Haushalten lebt, in denen die Wohnkosten insgesamt (nach Abzug von Wohngeld) mehr als 40 % des insgesamt verfügbaren Haushaltseinkommens (nach Abzug von Wohngeld) ausmachen.

Quelle: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

Die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien hat sich verschlechtert. Da die Wohnimmobilienpreise schneller gestiegen sind als die Einkommen der Haushalte, hat sich die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien verschlechtert. Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise spiegelt sich insgesamt nicht in einer Beschleunigung der Verschuldung der privaten Haushalte wider, dies könnte jedoch in der Zukunft passieren, weil Immobilienkäufe teurer werden. Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise überstieg im Jahr 2020 in allen EU-Ländern mit Ausnahme von Irland, Lettland und Zypern das Einkommenswachstum der Haushalte. In Bulgarien, Dänemark, Deutschland und Luxemburg geben mehr als 10 % der Bevölkerung mindestens 40 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnkosten aus; in Griechenland gilt dies für mehr als 36 % der Bevölkerung (Abbildung 2.3.11 b). Neben den offensichtlichen sozialen Effekten kann dies auch zu bedeutenden makroökonomischen Auswirkungen führen, vor allem durch eine Fehlallokation von Ressourcen. Hohe Wohnimmobilienpreise können zu einer Verringerung des aggregierten privaten Konsums führen und die Netto-Außenhandelsbilanz erhöhen, falls die Hauskäufer eine überdurchschnittliche Neigung zum Konsum zeigen. Wenn dies mit Schulden einhergeht, kann es zu einer Umleitung von Krediten führen, die nicht für produktivitätssteigernde Investitionen verfügbar sind. Schließlich kann fehlender erschwinglicher Wohnraum die Mobilität von Arbeitskräften negativ beeinflussen und somit die Wettbewerbsfähigkeit.

Der gewerbliche Immobilienmarkt war von dem COVID-19-Schock stark betroffen und verzeichnete einen starken Rückgang der Transaktionen und Preiskorrekturen. Der gewerbliche Immobilienmarkt ist seit dem Ausbruch von COVID-19 von den Entwicklungen auf dem Wohnimmobilienmarkt entkoppelt. Die Transaktionen auf dem gewerblichen Immobilienmarkt gingen deutlich zurück und im Einzelhandelssegment erfolgte eine deutliche Preiskorrektur. Aufgrund der Unvollständigkeit von Daten zum gewerblichen Immobilienmarkt ist eine belastbare Bewertung von Risiken und Anfälligkeiten nicht möglich, die Erhebungen von Investoren legen nahe, dass sich die Stimmung auf dem Markt weiterhin verschlechtert. ( 25 ) Dies kann für einige Banken ein Risiko sein, da der gewerbliche Immobilienmarkt allgemein als Sicherheit für Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften genutzt wird, aber insbesondere für Immobilienfonds, die die wichtigsten direkten Halter von gewerblichen Immobilien sind.

2.4.    Staatlicher Sektor

Die COVID-19-Krise und die Maßnahmen, die von den Regierungen zu ihrer Abfederung ergriffen wurden, hatten erhebliche Auswirkung auf den gesamtstaatlichen Schuldenstand, der im Jahr 2020 in allen Mitgliedstaaten anstieg. Im Jahr 2020 lag der gesamtstaatliche Schuldenstand in 13 Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Österreich, Portugal, Slowenien, Spanien, Ungarn und Zypern) über dem Scoreboard-Schwellenwert (60 % des BIP), also in zwei Mitgliedstaaten mehr als im Jahr 2019, als Finnland und Deutschland noch unterhalb des Schwellenwerts lagen. Und obwohl die 2020 eingeleiteten – meist befristeten – Maßnahmen sich unmittelbar steigernd auf den Schuldenstand auswirkten, da sie dessen Nominalwert erhöhten, minderten sie andererseits die Auswirkungen der pandemiebedingten Rezession auf andere Wirtschaftssektoren.

Der Anstieg des gesamtstaatlichen Schuldenstandes im Jahr 2020 war in den Ländern besonders ausgeprägt, die schwer vom COVID-19-Schock getroffen wurden. 2020 betrug die Steigerung in Griechenland, Italien, Spanien und Zypern 20 BIP-Prozentpunkte. Bis zum Jahr 2022 wird der Anstieg gemessen am BIP von 2019 in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien und Malta voraussichtlich am höchsten sein. Von den genannten Ländern hatten Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien und Spanien bereits zu Beginn der Pandemie hohe Schuldenstände, die sich Prognosen gemäß bis zum Jahr 2022 stabilisieren werden.

Der Anstieg der Schuldenquote zwischen 2019 und 2020 war die Folge eines Anstiegs des nominalen Schuldenstandes und eines abrupten Abfalls des BIP. In den meisten Ländern trug der angestiegene nominale Schuldenstand, der die Auswirkungen der zur Unterstützung der anderen Wirtschaftssektoren ergriffenen politischen Maßnahmen einschließt, am stärksten dazu bei. Im Falle von Griechenland und Italien jedoch resultierte mehr als die Hälfte des Anstiegs der Schuldenquote aus dem Nennereffekt, der bei bereits hohen Schuldenständen und schwerer Rezession besonders stark ins Gewicht fällt (Abbildung 2.4.1).

Abbildung 2.4.1:Aufschlüsselung der Veränderungen der gesamtstaatlichen Schuldenquoten

 

Quelle: AMECO, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Für die Jahre 2021 und 2022 wird zwar eine allgemeine Stabilisierung des gesamtstaatlichen Schuldenstands prognostiziert, dennoch wird dieser in einigen Fällen weiter steigen. Es wird erwartet, dass rund die Hälfte der Mitgliedstaaten bis Ende 2022 eine gesamtstaatliche Schuldenquote über dem Niveau von 2020 aufweisen werden (Abbildung 2.4.1 b). In einigen Ländern wird der Schuldenstand 2021 vor dem Hintergrund der weiterhin erheblichen gesamtstaatlichen Defizite weiter anwachsen (Abbildung 2.4.2 und 2.4.3 b) wobei in Malta und der Slowakei voraussichtlich 60 % des BIP überstiegen werden. 2022 sollte die Schuldenquote in den meisten Ländern sinken, allerdings wird prognostiziert, dass sie bei Festhalten an der bisherigen Politik in Belgien, Estland, Lettland, Malta, Rumänien und Tschechien weiter steigen wird.

Die Bedingungen für die Staatsfinanzierung waren günstig. Die Renditen aus Staatsanleihen blieben 2020 stabil oder zeigten sogar einen leicht absteigenden Trend, nachdem sie zu Beginn der Pandemie etwas in die Höhe geschnellt waren. Im Jahr 2021 stiegen sie leicht an, wobei sich hier insbesondere in den Ländern des Euro-Währungsgebiets eine konvergierende Tendenz beobachten lässt. In Polen, Tschechien und Ungarn stiegen die Renditen aus Staatsanleihen leicht, in Rumänien waren diese Steigerungen sogar stärker ausgeprägt. Die geringere Volatilität war das Ergebnis politischer Maßnahmen zur Unterstützung der Staatsfinanzierung. Die Geldpolitik der EZB und anderer Zentralbanken der EU war in dieser Hinsicht unverzichtbar und der unterstützende haushaltspolitische Kurs und die förderlichen geldpolitischen Maßnahmen haben sich bei der Aufrechterhaltung von Vertrauen und Stabilität gegenseitig verstärkt.

Der Bruttofinanzierungsbedarf ist 2020 erheblich gestiegen, wird jedoch voraussichtlich in den kommenden Jahren stetig zurückgehen. Der Ausbruch der Pandemie führte in allen Mitgliedstaaten zu einer merklichen Steigerung des Bruttofinanzierungsbedarfs, in vielen sogar um mehr als 10 % des BIP (Finnland, Frankreich, Italien, Malta, Österreich, Polen, der Slowakei, Slowenien, Spanien und Zypern). Der höchste Bruttofinanzierungsbedarf für das Jahr 2020 (rund 30 % des BIP) wurde in Italien und Spanien berichtet (Abbildung 2.4.3 a). Der Finanzierungsbedarf soll ab 2021 oder 2022 in den meisten Mitgliedstaaten fallen, was auch mit einem Rückgang des Defizits im Verlauf der kommenden Jahre (Abbildung 2.4.3 b) einhergeht. Für das Jahr 2022 wird jedoch prognostiziert, dass der Bruttofinanzierungsbedarf in Frankreich, Italien und Spanien mehr als 20 % des BIP beträgt.

Die Struktur der Staatsverschuldung könnte in einigen Ländern Risiken mit sich bringen, beispielsweise in Bulgarien ( 26 ), Kroatien, Rumänien und Ungarn, bei denen der Anteil der Fremdwährungen an der Staatsverschuldung am höchsten ist. ( 27 ) Insbesondere stechen diesbezüglich die Bedeutung der auf Fremdwährungen lautenden Verschuldung für Länder außerhalb des Euro-Währungsgebiets sowie ein höherer Refinanzierungsbedarf in Zusammenhang mit Strukturen mit einer Neigung zu einer niedrigen durchschnittlichen Laufzeit hervor. Weniger entwickelte und liquide inländische Märkte können auch die Finanzierungsrisiken einiger Länder erhöhen.

Es gibt auch mildernde Faktoren für die im Vergleich zu vor der Pandemie höheren Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Die Staatsverschuldung dürfte im kommenden Jahrzehnt in rund einem Drittel der Mitgliedstaaten über dem Niveau von vor der Pandemie bleiben. ( 28 ) Die in den kommenden Jahren zu erwartende vorteilhafte Differenz zwischen Zinssätzen und BIP-Wachstum dürfte jedoch dazu beitragen, die Schuldenquoten zu stabilisieren oder zu senken. Die fiskalischen Risiken könnten auch dank längerer Laufzeiten, relativ stabiler Finanzierungsquellen und historisch niedriger Fremdfinanzierungskosten gemindert werden. Gleichzeitig sollten die wirksame Umsetzung der Reformen und Investitionen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität das potenzielle Wachstum fördern und die Schuldentragfähigkeit verbessern.

Mögliche Risiken ergeben sich aus steigenden Zinssätzen oder der Inanspruchnahme der während der COVID-19-Krise gewährten Garantien. Ein Anstieg der Zinssätze könnte, insbesondere in Ländern mit einem hohen Finanzierungsbedarf, in der Zukunft zu einer Steigerung der Zinsausgaben führen. Das Volumen der Garantien könnte auch zusätzliche Haushaltskosten hervorbringen. Diese stiegen im Euro-Währungsgebiet zwischen 2019 und 2020 um 14 BIP-Prozentpunkte. Die Regierungen von Mitgliedstaaten mit weniger haushaltspolitischem Spielraum (einschließlich Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien) haben großzügigere Garantieregelungen eingeführt. Während diese eine Unterstützung ermöglichten, ohne den Haushaltssaldo unmittelbar zu belasten, werden sie zur Staatsverschuldung beitragen, sollten sie in Anspruch genommen werden. ( 29 )

Für die Erholung wird es wichtig sein, den am besten geeigneten Kurs zu finden, um die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederherzustellen. Die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die es den Mitgliedstaaten ermöglichte, ihre Volkswirtschaften inmitten der COVID-19-Krise zu unterstützen, wird voraussichtlich ab 2023 deaktiviert. Sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, wird es unentbehrlich sein, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mittelfristig zu gewährleisten. Die Risiken in Verbindung mit einem hohen öffentlichen Schuldenstand sollten gegen die Risiken aus einer vorzeitigen Einstellung der haushaltspolitischen Maßnahmen in Verbindung mit COVID-19 abgewogen werden, da dies die wirtschaftliche Erholung verlangsamen ( 30 ) und langfristig negative Auswirkungen auf das Wachstum haben könnte. Für Länder wie Belgien, Frankreich, Portugal, Spanien und Zypern, bei denen sowohl die private als auch die öffentliche Verschuldung hoch sind, können die Folgen für die Wachstumsentwicklung noch stärker sein.

Abbildung 2.4.2:Gesamtstaatlicher Schuldenstand

 

Quelle: AMECO und Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission.

Abbildung 2.4.3:Gesamtstaatlicher Bruttofinanzierungsbedarf und Defizit

 

Quelle: AMECO, Herbstprognose 2021 der Europäischen Kommission und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

2.5.    Finanzsektor

Der EU-Bankensektor hat angesichts der Pandemie bisher seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt, ist jedoch weiterhin von bereits vorher vorhandenen Herausforderungen wie geringer Rentabilität gekennzeichnet. Zu Beginn der Pandemie verfügte der EU-Bankensektor nach mehreren Jahren der Stärkung nach den schwerwiegenden Folgen der globalen Finanzkrise und der Staatsschuldenkrise über eine gute Kapitalausstattung. Die Widerstandsfähigkeit des Sektors unterschied sich jedoch in den einzelnen Ländern, von denen in einigen der Anteil notleidender Kredite noch immer beträchtlich und deren geringe Rentabilität weiterhin besorgniserregend ist.

·Der EU-Bankensektor ist, sowohl aufgrund seiner starken Ausgangssituation als auch der während der Pandemie ergriffenen politischen Maßnahmen, weiterhin widerstandsfähig. In den Jahren vor der Pandemie wurden starke Kapitalpuffer geschaffen und die Quote des harten Kernkapitals (CET 1) und der Solvenz sind, unterstützt durch die regulatorischen Beschränkungen der Dividenden, im Jahr 2020 weiter gestiegen. Notleidende Kredite gingen aufgrund des Abbaus von Altlasten weiter zurück und das Aufkommen neuer notleidender Kredite wurde durch nach dem Ausbruch der Pandemie eingeführte Moratorien für Darlehensrückzahlungen abgeschwächt. Der neue Kredit wurde wiederum durch staatliche Garantien für Unternehmensdarlehen unterstützt und die vorübergehenden makroprudenziellen Erleichterungen und Finanzierungsbedingungen waren auch 2021 günstig. Das Wachstum der Verbindlichkeiten des Finanzsektors blieb 2020 begrenzt; nur Estland, Griechenland, Litauen und Ungarn überschritten den Scoreboard-Schwellenwert. Kürzlich von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) durchgeführte Stresstests zeigen, dass der EU-Bankensektor insgesamt widerstandsfähig ist, es aber zwischen den Banken erhebliche Unterschiede gibt, wobei diejenigen Kreditinstitute, die sich auf inländische Kreditvergabe konzentrieren, bzw. diejenigen mit einem niedrigeren Nettozinsertrag mit höheren Kapitalverlusten rechnen müssten. ( 31 )

·Eines der Hauptprobleme des EU-Bankensektors ist weiterhin seine geringe Rentabilität (Abbildung 2.5.1 a). Die Eigenkapitalrendite, die in den meisten Mitgliedstaaten auf niedrigem Niveau verharrte, sank 2020 angesichts höherer Rückstellungen für Kreditverluste und geringerer Einnahmen. In Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern fiel die Rentabilität in den negativen Bereich. Es gibt jedoch Anzeichen für eine sich erholende Rentabilität im Jahr 2021. ( 32 ) Diese verhalten positiven Entwicklungen spiegeln sich auch in der Marktbewertung der EU-Banken wider. Diese sind seit dem vergangenen Herbst schrittweise wieder auf das vor der Pandemie verzeichnete Niveau angestiegen, bleiben jedoch leicht unterhalb der Aktienmärkte insgesamt.

·Der Bankensektor steht in einigen EU-Staaten angesichts geringer Rentabilität, unterdurchschnittlicher Eigenkapitalquoten oder gestiegener notleidender Kredite weiterhin Herausforderungen gegenüber (Abbildung 2.5.1). ( 33 ) In Griechenland ist der Anteil der notleidenden Kredite zurückgegangen, aber weiterhin hoch ( 34 ), während die Rentabilität 2020 in den negativen Bereich fiel und die Eigenkapitalquoten zu den niedrigsten in der EU gehören. Die zyprischen Banken konnten ihren zuvor sehr hohen Anteil notleidender Kredite beträchtlich senken, ihre Rentabilität fiel jedoch 2020 auch in den negativen Bereich. In einigen weiteren Ländern sanken die Anteile notleidender Kredite in den vergangenen Jahren erheblich, betragen jedoch in Bulgarien, Kroatien und Polen beinahe 5 %. In Spanien und Portugal liegt die Eigenkapitalquote unter dem Durchschnitt und die Rentabilität fiel 2020 auch dort leicht in den negativen Bereich.

Es bestehen weiterhin Risiken für den Bankensektor und die vollständigen Auswirkungen der Krise auf die Qualität von Vermögenswerten, Rentabilität und Kapitalpuffer zeigen sich erst, wenn die Unterstützungsmaßnahmen vollständig aufgehoben werden. Die Auswirkungen des COVID-19-Schocks auf den Bankensektor wurden durch umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen, die zumeist auf den Unternehmenssektor ausgerichtet waren, eingedämmt. Diese Maßnahmen werden nun schrittweise aufgehoben, wobei die meisten bis Ende 2021 auslaufen. Ihre Aufhebung wird grundlegende Solvenz- oder Liquiditätsprobleme sichtbar machen. Dies stellt ein Risiko für den Bankensektor dar, da die Schuldner die Rückzahlungsverpflichtungen, vor denen sie geschützt waren, erfüllen müssen.

·Solvenzprobleme von Unternehmen und privaten Haushalten können auch dann noch auftreten, wenn wieder Normalität eingekehrt ist. Bereits vor der Pandemie war die private Verschuldung in mehreren Mitgliedstaaten hoch und stieg im Jahr 2020 weiter. Ein erhebliches Risiko stellen auch die Solvenzprobleme von Unternehmen, insbesondere in einigen von der Krise am härtesten getroffenen Sektoren, dar. Bisher bleiben die Insolvenzen von Unternehmen auf einem niedrigen Niveau. Risiken hinsichtlich der Hypothekenverschuldung von Privathaushalten wurden bisher durch öffentliche Regelungen zu Einkommensbeihilfen und gestiegene Ersparnisse privater Haushalte eingedämmt. Die seit Langem bestehenden Angebotsprobleme auf den Wohnimmobilienmärkten verringern das Risiko erheblicher Abwärtskorrekturen bei den Immobilienpreisen. Dennoch könnten zukünftige Solvenzprobleme im Unternehmensbereich zu einem Dominoeffekt mit Folgewirkungen auf die Beschäftigung führen und so auch die Solvenz privater Haushalte beeinträchtigen.

·Notleidende Kredite werden vermutlich zunehmen, insbesondere in einigen Sektoren und Ländern. Schwierigkeiten bei der Tilgung von Schulden seitens nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften, deren Rentabilität am härtesten getroffen ist, könnten zu einem Anstieg der notleidenden Kredite führen. Darlehen der Stufe 2, also Darlehen mit einem erheblich gestiegenen Kreditrisiko, haben bereits deutlich zugenommen. ( 35 ) Der Anteil der Darlehen der Stufe 2 im Euro-Währungsgebiet betrug 2020 13 % und wird 2021 voraussichtlich auf 17 % steigen. ( 36 ) Die regionale Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten führt dazu, dass die Zunahme der notleidenden Kredite ungleichmäßig auf die Regionen verteilt sein und somit die Bankensektoren bestimmter Länder unverhältnismäßig treffen kann. ( 37 ) Der Anstieg der Zinssätze kann eine weitere Herausforderung für stark fremdfinanzierte Firmen mit niedrigen Liquiditätspuffern darstellen.

·Rückkopplungseffekte zwischen Banken, Staaten und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften sollten aufmerksam beobachtet werden. Im Euro-Währungsgebiet wurde die freundliche Stimmung an den Finanzmärkten vom Pandemie-Notfallunterstützungsprogramm der EZB unterstützt, das auch zur Stabilität des Bankensektors während der Pandemie beitrug. Allerdings übernahmen die Banken in einigen Ländern einen großen Teil der neu begebenen öffentlichen Schulden, was zum Teil auf die Unterstützungsmaßnahmen für den Unternehmenssektor zurückzuführen war. Dies stellt hinsichtlich der Verflechtung zwischen den Bankbilanzen, dem Unternehmenssektor und der Höhe der öffentlichen Verschuldung ein Risiko dar, nicht zuletzt in einer Situation in der die langfristigen Zinssätze weltweit steigen könnten.

Strukturelle Herausforderungen für den Bankensektor, die bereits vor der Pandemie existierten, bestehen fort und sind gegebenenfalls schwieriger zu meistern. Überkapazität ist schon seit Langem ein Problem für den EU-Bankensektor und verursacht geringe Kosteneffizienz und niedrige Rentabilität. Die fortschreitende Digitalisierung und der ökologische Wandel stellen den Bankensektor vor neue Herausforderungen, da er in Zeiten, in denen seine anhaltend niedrige Rentabilität seine eigenen Investitionen einschränkt, Finanzmittel branchenübergreifend umschichten muss, was sich bei einer Verschlechterung der Qualität seiner Vermögenswerte noch verschärfen könnte.

Der Nichtbanken-Finanzsektor, der durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld beeinträchtigt wurde, steht vor neuen Herausforderungen. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld, das der Rentabilität und den Bilanzen der nicht dem Bankensektor angehörenden Finanzinstitute, deren Portfolios vor allem risikoarme Vermögenswerte wie beispielsweise Versicherungsgesellschaften umfassen, abträglich war, hat diese dazu gedrängt, ihren Fremdkapitalanteil zu erhöhen und sich stärker in risikoreicheren Vermögenswerten zu engagieren. ( 38 ) Ein abrupter Anstieg der Zinsaussichten könnte eine globale Neubewertung von Risiken auslösen, was für den Nichtbankensektor in der EU Bewertungsverluste bedeuten würde. Lebensversicherungsunternehmen scheinen bisher am stärksten vom COVID-19-Schock betroffen, da ihre Beiträge im Jahr 2020 sanken, im Nichtleben-Versicherungsgeschäft jedoch anstiegen. ( 39 ) Darüber hinaus hat die Pandemie einige Preiskorrekturen im Bereich der Gewerbeimmobilien verursacht, die Auswirkungen auf die Entwicklung von Immobilienfonds hatten (siehe obigen Abschnitt zu Wohnen).

Abbildung 2.5.1:Rentabilität und Eigenkapital des Bankensektors und notleidende Kredite

Hinweise: Die Durchschnittswerte für die EU und das Euro-Währungsgebiet sind nicht nach der Größe der Volkswirtschaft gewichtet. Die Daten zum „Anstieg auf Höchstwert“ beziehen sich auf den Anteil der notleidenden Schuldtitel (brutto) an den gesamten Schuldtiteln (brutto). NPL-Quoten werden für Q1 2020 und Q1 2021 gemeldet. Unter den Ländercodes ist angegeben, in welchem Jahr die notleidenden Schuldtitel (NPD) ihren Höchststand erreichten.

Quelle: EZB, Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

Kasten 2:    Entwicklungen in den Bereichen Beschäftigung und Soziales

Der Arbeitsmarkt ist im Verlauf der Pandemie weitestgehend stabil geblieben, vor allem dank beispielloser Unterstützungsmaßnahmen auf nationaler und EU-Ebene. Die vielerorts ergriffenen Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen, gefördert durch das Europäische Instrument zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) und andere Interventionen, einschließlich umfangreicher fiskalischer und geldpolitischer Unterstützung, haben die Auswirkungen des COVID-19-Schocks auf Arbeitsplätze und Einkommen abgefedert und verhindert, dass die Gesundheitskrise auch zu einer Beschäftigungskrise wird. Die Auswirkungen der COVID-19-bedingten Rezession auf die Arbeitsmärkte war insgesamt V-förmig: In den meisten Ländern wurden die Arbeitsmärkte gleich zu Beginn der Krise erheblich in Mitleidenschaft gezogen, doch folgte zügig eine teilweise Erholung, die vor allem auf die rasche Konjunkturerholung zurückzuführen ist. ( VI )

Die Zahl der Arbeitslosen stieg 2020 angesichts der Stärke des Schocks nur leicht und wird voraussichtlich 2022 auf das vor der Pandemie verzeichnete Niveau zurückgehen. Die Arbeitslosenquote in der EU (15–74 Jahre) stieg 2020 auf 7 % (mit einem Höchstwert von 7,7 % nach der ersten Welle der Pandemie), nur 0,3 Prozentpunkte über den Durchschnittswert von 2019. In Anbetracht eines BIP-Rückgangs von rund 6 % für die EU insgesamt war dies ein geringer Anstieg. ( VII ) Der höchste Anstieg wurde in den baltischen Staaten (2,4 Prozentpunkte in Estland, 2,2 Prozentpunkte in Litauen und 1,8 Prozentpunkte in Lettland), Schweden (1,5 Prozentpunkte) und Spanien (1,4 Prozentpunkte) verzeichnet. In 17 EU-Ländern stieg die Arbeitslosenquote um weniger als einen Prozentpunkt. In Polen, Frankreich, Italien und Griechenland sank die Arbeitslosenquote 2020 sogar. Im ersten Halbjahr 2021 ging die Zahl der Arbeitslosen in einer Mehrzahl der Mitgliedstaaten zurück. Die Jugendarbeitslosenquote (15–24 Jahre) in der EU zeigte bis Mitte 2021 erste Zeichen einer Erholung, lag jedoch im zweiten Quartal 2021 immer noch bei 17,4 % und war damit beinahe dreimal so hoch wie unter den 25-74-Jährigen. Gemäß der Herbstprognose 2021 der Kommission wird sich die Arbeitslosenquote der EU 2021 weiter stabilisieren und dann 2022 auf das Niveau von vor der Pandemie zurückgehen.

Der geringer als erwartet ausgefallene Anstieg der Arbeitslosenquote spiegelt jedoch zum Teil auch Rückzüge aus dem Arbeitsmarkt und somit niedrigere Erwerbsquoten wider. Die Erwerbsquote (15–64 Jahre) sank um 1,7 Prozentpunkte – von 73,6 % im vierten Quartal 2019 auf 71,9 % im zweiten Quartal 2020 – stieg jedoch im zweiten Quartal 2021 wieder auf das vor der Pandemie verzeichnete Niveau. In den meisten Mitgliedstaaten fiel die Erwerbsquote 2020, wobei die stärksten Rückgänge (zwischen 1 und 2 Prozentpunkte) in Italien, Spanien, Irland, Portugal, Bulgarien und Griechenland verzeichnet wurden. 2021 verharrte sie in einer erheblichen Anzahl von Fällen auf einem Niveau unterhalb des vor der Pandemie verzeichneten.

Nachdem die Beschäftigungsquoten 2020 in beinah allen Mitgliedstaaten sanken, erholen sie sich 2021 allmählich, jedoch nicht in allen Sektoren. Die Beschäftigungsquote (20–64 Jahre) in der EU ging von 73,1 % im Jahr 2019 auf 72,4 % 2020 zurück. Die stärksten Rückgänge wurden in Spanien (-2,3 Prozentpunkte), Irland (-1,7 Prozentpunkte) und Bulgarien (-1,6 Prozentpunkte) verzeichnet, während Polen (+0,6 Prozentpunkte), Malta (+0,5 Prozentpunkte) und Kroatien (+0,2 Prozentpunkte) die einzigen Länder waren, in denen die Beschäftigungsquote stieg. In den meisten Mitgliedstaaten sanken die Beschäftigungsquoten im ersten Quartal 2021 weiter, stiegen jedoch im zweiten Quartal 2021 wieder, wobei sie allmählich auf das vor der Pandemie verzeichnete Niveau zurückkehren – mit Ausnahme insbesondere der Sektoren, die das Gebot, Abstand zu halten („social distancing“), am stärksten trifft.

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen haben die Auswirkungen des Rückgangs der Markteinkommen auf das verfügbare Einkommen gemindert. Zusätzlich zum Einsatz von Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen haben die Regierungen eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um Nettotransfers zu steigern, unter anderem ausgedehnte Leistungen bei Arbeitslosigkeit oder Stundung bestimmter Zahlungen wie Steuern oder Rechnungen für Versorgungsleistungen zusätzlich zu den Schuldenmoratorien. Das reale verfügbare Pro-Kopf-Bruttoeinkommen sank im zweiten Quartal 2020 um 2,7 % (im Jahresvergleich), erholte sich aber zum Ende des Jahres und blieb so zwischen 2019 und 2020 weitestgehend unverändert. Der Anstieg des Anteils der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen (AROPE) wurde in mindestens der Hälfte der Mitgliedstaaten 2020 im Vergleich zu 2019 eingedämmt oder ging sogar zurück. Für einige Mitgliedstaaten wurde dennoch ein Anstieg erwartet. ( VIII )

Es stehen jedoch bedeutende Herausforderungen bevor.

Die Pandemie hat die strukturellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt beschleunigt, was für die betroffenen Menschen Anlass zur Sorge gibt. Die langfristige Entwicklung des Rückgangs der Arbeitskräftenachfrage für Berufe mit Routineaufgaben hat zugenommen (Abbildung 1 a). Einfache in Telearbeit ausgeführte Tätigkeiten können vermehrt von der Automatisierung betroffen sein. Darüber hinaus kann das Auslaufen von Unterstützungsmaßnahmen in den am stärksten unterstützten Bereichen, abhängig davon inwieweit sich die Nachfrage für die jeweiligen Waren und Dienstleistungen erholen wird, zu einem erheblichen Arbeitsplatzabbau führen. Die Geschwindigkeit und Wirksamkeit der Verlagerung von Arbeitskräften wird davon abhängen, ob die Kompetenzen der entlassenen Arbeitnehmer Sektor-spezifisch sind oder an andere Sektoren angepasst werden können, sowie von der Effektivität der Weiterbildung und Umschulung. Während eine solche Verlagerung den ökologischen und digitalen Wandel begleiten und zu mehr Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit führen kann, könnte die Dauer der Arbeitslosigkeit zunehmen, wenn keine gezielten und wirksamen politischen Maßnahmen ergriffen werden. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne der meisten Mitgliedstaaten enthalten Maßnahmen, mit denen die Erholung des Arbeitsmarktes unterstützt werden soll, jedoch wird eine verstärkte Koordinierung dieser Maßnahmen der Schlüssel für einen erfolgreichen Übergang des Arbeitsmarktes sein. ( IX )

Es tritt erneut ein Arbeitskräftemangel zutage, der den Bedarf an Umschulung und Weiterbildung erhöht (Abbildung 1 b). Der Arbeitskräftemangel in der gesamten EU war bereits vor der Pandemie auf einem historischen Höhepunkt. Eindämmungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Störungen führten zu einem Rückgang des Arbeitskräftemangels, da viele Unternehmen ihre Stellenangebote während des Lockdown zurücknahmen. Der Arbeitskräftemangel nimmt jedoch in den meisten Ländern wieder zu, mit einem beachtlichen Anstieg der Anzahl der offenen Stellen in Belgien, Deutschland, Kroatien, Litauen, Portugal, der Slowakei, Slowenien und Österreich. Der Mangel an Arbeitskräften betrifft derzeit in erster Linie die Informations- und Kommunikationssektoren sowie das Baugewerbe. Der zunehmende Arbeitskräftemangel spiegelt möglicherweise nicht nur die schnelle Erholung von der schweren Rezession und eine sinkende Zahl von Grenzarbeitnehmern wider, sondern zeigt auch, dass das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage, das bereits vor der Krise bestand, mit dem Fortschreiten des ökologischen und des digitalen Wandels weiter steigen kann. ( X )

Durch die Pandemie und ihre Folgen könnten Ungleichheiten auf verschiedene Arten zunehmen. 2021 ist die Langzeitarbeitslosigkeit in den meisten Mitgliedstaaten gestiegen, da viele Menschen seit Beginn der Pandemie arbeitslos sind. Die lange Unterbrechung bei der Einstellung von Personal hat die Möglichkeiten für Arbeitslose und Einsteiger in den Arbeitsmarkt, auch vieler junger Menschen und Migranten, eingeschränkt. ( XI ) Die Jugendarbeitslosigkeit nahm während der Pandemie in den meisten Mitgliedstaaten erheblich zu und überschritt im zweiten Quartal 2021 die 30-%-Marke in Griechenland (38,5 %), Spanien (38,2 %) und Italien (32,2 %). Die Lockdowns verschlimmerten auch die Ungleichheiten beim Zugang zu Bildung und Gesundheits- und Sozialleistungen, was wiederum mittel- und langfristige Folgen für den Arbeitsmarkt haben wird, während die Auswirkungen auf die Arbeitszeit für Arbeitnehmer mit niedrigeren Bildungsabschlüssen stärker waren. Darüber hinaus waren 2020 – mit Ausnahme der Niederlande – Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen am häufigsten von Arbeitsplatzverlusten betroffen. Während die Unterstützungsmaßnahmen die regressiven Auswirkungen der Krise auf die Arbeitsmarkteinkommen gemildert haben ( XII ), gibt es weiterhin große Bedenken hinsichtlich der Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für diese Arbeitnehmer, auch angesichts der abnehmenden relativen Nachfrage nach Berufen die nicht in Telearbeit ausgeübt werden können und Berufen mit Routineaufgaben.

Abbildung 1:Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

 

Hinweise: a) diese Abbildung verwendet einen Index der technischen Durchführbarkeit von Telearbeit und der physischen Nähe. Die zugrunde liegenden Daten stammen aus der O*NET survey, die den Aufgabeninhalt spezifischer Berufe misst. Diese Informationen werden mit der EU-AKE abgeglichen; b) Die Konjunkturumfragen bei Unternehmern und Verbrauchern der EU (Business and Consumer Surveys – EU-BCS) erheben vierteljährlich Daten von Arbeitgebern zu deren Schwierigkeiten, Arbeitsplätze zu besetzen. Die Teilnehmer können „Mangel an Arbeitskräften“ als einschränkenden Faktor angeben.

Quelle: a) Europäische Kommission, 2021 Bericht „Labour Market and Wage Developments in Europe“ (noch nicht veröffentlicht)
b) Eurostat, Arbeitskräfteerhebung (AKE) und Europäische Kommission, EU-BCS

3.    Zusammenfassung der wichtigsten Herausforderungen und Auswirkungen auf die Überwachung

Die COVID-19-Krise unterbrach die Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte in Bezug auf hohe gesamtstaatliche, private und externe Schulden und trat zu einem Zeitpunkt in Erscheinung, als sich in einigen Ländern nach Jahren starken Wachstums Überhitzungsrisiken abzeichneten. Die von der Pandemie verursachte Rezession stoppte einen breiten Prozess des Abbaus des gesamtstaatlichen Schuldenstands und der Verschuldung des privaten Sektors, die in einigen Mitgliedstaaten über den Großteil des vorangegangenen Jahrzehnts stattgefunden hatte, insbesondere in dessen zweiten Hälfte, in der das Wirtschaftswachstum stärker wurde und half die Schuldenquoten zu senken. Hohe Leistungsbilanzdefizite oder ein sehr starkes Kreditwachstum waren ebenso korrigiert worden, sodass externe Verbindlichkeiten schrittweise reduziert und Bankensysteme gestärkt wurden. In den letzten Jahren haben sich die Herausforderungen und Risiken im Zusammenhang mit den Anzeichen einer Überhitzung in einigen Sektoren in einigen Ländern verstärkt, in erster Linie auf Ebene der Immobilienpreise und der Kostenwettbewerbsfähigkeit, insbesondere dort, wo das Wirtschaftswachstum stärker war und nach einer relativ langen wirtschaftlichen Expansion. Der Aufwärtstrend der Immobilienpreise, der bereits vor der COVID-19-Krise begonnen hatte, setzte sich fort und nahm teilweise sogar an Fahrt auf. Vor Beginn der Pandemie verschlechterte sich die Kostenwettbewerbsfähigkeit in einigen der schneller wachsenden Länder und die aktuelleren Entwicklungen sind nach wie vor schwierig zu bewerten, da die verfügbaren Daten noch durch den ungewöhnlichen Abfall der Produktivität im Jahr 2020 und die Wechselwirkung mit den weitreichenden Unterstützungsmaßnahmen für den Arbeitsmarkt verzerrt werden.

Eine Reihe bestehender Ungleichgewichte wird durch die COVID-19-Krise verstärkt und neue Herausforderungen könnten sich abzeichnen. 2020 stiegen die gesamtstaatliche Schuldenquote und die Schuldenquote des Privatsektors aufgrund der Rezession und einer höheren Kreditaufnahme zur Abfederung der Folgen der Krise stark an. Die Schuldenquoten stabilisieren sich jedoch dank der spürbaren wirtschaftlichen Erholung oder haben bereits begonnen, zu sinken. Dennoch hinterlässt die Krise höhere Schulden, da die Staaten mit einer deutlich erhöhten Schuldenquote aus ihr hervorgehen. Auch die Verschuldung des privaten Sektors erhöhte sich, und zwar insbesondere in Ländern, in denen die private Verschuldung schon vor der Krise hoch war. Eine erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne kann den Schuldenabbau im öffentlichen und privaten Sektor unterstützen, indem sie langfristiges Wachstum fördert. Kurzfristig kann die Verschlechterung der Qualität staatlicher und privater Vermögenswerte jedoch die Bilanzen der Finanzinstitute, deren geringe Rentabilität durch die Pandemie weiter gesunken ist, belasten und so das Kreditangebot für die wirtschaftliche Erholung verringern. Die Zahlungsbilanzen wurden weniger stark beeinträchtigt, verschlechterten sich jedoch in Ländern, in denen der grenzüberschreitende Tourismus eine größere Rolle spielt, darunter auch einige Länder mit einem hohen negativen Nettoauslandsvermögensstatus. Gleichzeitig haben die Wohnungsmärkte in dieser Krise weiter an Dynamik gewonnen, und der Anstieg der Wohnimmobilienpreise ist in mehreren Mitgliedstaaten so hoch wie seit über einem Jahrzehnt nicht. Die Anzeichen für eine Überbewertung der Wohnimmobilienpreise nehmen zu, was insbesondere bei einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte Anlass zur Sorge gibt. Der Kostenwettbewerbsfähigkeitsdruck könnte mit der Erholung deutlich zunehmen, insbesondere in Ländern, die von der Krise weniger stark betroffen sind.

Insgesamt gibt es in einer Reihe von Mitgliedstaaten Herausforderungen. Die wichtigsten Herausforderungen sind:

·In einigen Mitgliedstaaten sind verschiedene, miteinander im Zusammenhang stehende Schwachstellen hinsichtlich der Bestände festzustellen. Dies ist in der Regel in denjenigen Ländern der Fall, die infolge der weltweiten Finanzkrise von Boom-Bust-Zyklen bei der Kreditvergabe betroffen waren und gleichzeitig eine Umkehrung der Leistungsbilanz erfahren haben, was sich auch auf den Bankensektor und die Staatsverschuldung auswirkte. Fast all diese Mitgliedstaaten sind stark von der COVID-19-Pandemie getroffen worden, was auch die Wichtigkeit des grenzüberschreitenden Tourismus für deren Volkswirtschaften widerspiegelt:

-Im Falle Griechenlands und Zyperns gehen die hohen Schuldenstände und der hohe negative Nettoauslandsvermögensstatus mit ungelösten Problemen im Finanzsektor einher. Die Leistungsbilanzen dieser Mitgliedstaaten verschlechterten sich 2020 aufgrund der fehlenden Umsätze der Reise- und Tourismusbranche. Obwohl bei der Reduzierung der notleidenden Kredite 2020 weitere Fortschritte beobachtet werden konnten, sind diese jedoch weiterhin in beiden Ländern hoch. Das Potenzialwachstum Griechenlands fiel vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit gering aus.

-In Kroatien, Irland, Portugal und Spanien gingen die Ungleichgewichte in Bezug auf hohe Verschuldung bis zum Ausbruch der COVID-19-Krise zurück. In Kroatien, Portugal und Spanien wurde diese Tendenz jedoch durch die von der Pandemie verursachte Krise unterbrochen und die Schuldenquote stieg sichtbar. Irland stand 2020 heraus, indem man dort eine Rezession im BIP vermeiden konnte und die Sektorzusammensetzung der irischen Volkswirtschaft eine vorteilhafte Wirkung auf die Zahlungsbilanz hatte.

·Die in Rumänien und Ungarn bestehenden Anfälligkeiten sind überwiegend auf ein Zusammenspiel von gesamtstaatlichem Schuldenstand und Außenfinanzierung vor dem Hintergrund von Überhitzungsrisiken und hohen Haushaltsdefiziten zurückzuführen. Das Leistungsbilanzdefizit in Rumänien ist erheblich und hält seit einigen Jahren an, eine Besserung ist in der nahen Zukunft nicht zu erwarten. Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist bereits vor der COVID-19-Krise schnell gestiegen, was auf hohe Haushaltsdefizite zurückzuführen ist, und wird voraussichtlich auch weiterhin steigen, was wiederum zu einem höheren Außenfinanzierungsbedarf führen dürfte. In Ungarn war der gesamtstaatliche Finanzierungsbedarf in den vergangenen Jahren hoch und wird dies angesichts kurzer Laufzeiten und hoher Haushaltsdefizite auch weiterhin bleiben, wobei zum Teil auf externe Finanzierungsquellen zurückgegriffen wird. In beiden Ländern lautet ein nicht unerheblicher Teil der Schulden auf Fremdwährungen, was den Zusammenhang zwischen Außenwirtschaft und Haushaltslage weiter verstärkt. Im Falle Ungarns steigen die Wohnimmobilienpreise deutlich und inflationär und der Druck auf die Kostenwettbewerbsfähigkeit ist vor dem Hintergrund einer starken Erholung und anhaltender politischer Unterstützung sichtlich wahrnehmbar.

·In manchen Mitgliedstaaten sind die Anfälligkeiten in erster Linie mit der hohen – und während der Krise weiter gestiegenen – Schuldenquote sowie den anhaltenden Schwierigkeiten hinsichtlich des Potenzialwachstums und der Wettbewerbsfähigkeit verbunden. Dies trifft insbesondere auf Italien zu, wo die Anfälligkeiten auch mit dem Bankensektor und dem nach wie vor großen – wenn auch 2020 weiterhin rückläufigen – Bestand an notleidenden Krediten in Zusammenhang stehen und ein anhaltend schwaches Arbeitsmarktumfeld besteht. Belgien und Frankreich sehen sich insbesondere Problemen im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand, der in der jüngsten Krise erheblich gestiegen ist, und mit dem Potenzialwachstum konfrontiert und haben gleichzeitig mit einer schwachen Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. In Frankreich stieg die sich bereits vorher auf einem hohen Niveau befindende private Verschuldung, insbesondere die Verschuldung von Unternehmen, weiterhin an. Auch in Belgien stieg 2020 die hohe private Verschuldung weiter an. Sowohl in Belgien als auch in Frankreich sind die Preise für Wohnimmobilien möglicherweise überbewertet und gewannen kürzlich an Dynamik.

·Einige Mitgliedstaaten weisen hohe Leistungsbilanzüberschüsse auf, die über einem Niveau liegen, das die wirtschaftlichen Fundamentaldaten rechtfertigen würden. Dies gilt für Deutschland und die Niederlande. Nach einem vorübergehenden Rückgang im letzten Jahr wird dieses Jahr ein Anstieg des Überschusses des Euro-Währungsgebiets erwartet. Die hohen Überschüsse spiegeln möglicherweise entgangene Wachstums- und Inlandsinvestitionsmöglichkeiten wider. Dies kann Folgen für das Funktionieren des Euro-Währungsgebiets haben, in dem die wirtschaftliche Erholung vor dem Hintergrund einer noch immer von großer Unsicherheit geprägten Situation aufrechterhalten werden muss. In beiden Fällen weist die Dynamik bei den Wohnimmobilien auf Überbewertungsrisiken hin, die im Fall der Niederlande bereits seit einigen Jahren bestehen und mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte einhergehen.

·In Tschechien und der Slowakei sind seit einigen Jahren Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit mit einem kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise verknüpft. Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit waren bereits vor der Krise verzeichnet worden und eine anhaltende deutliche Steigerung der Arbeitnehmerentgelte deutet auf Überhitzungsrisiken inmitten bestehender Haushaltsdefizite hin, wobei der gesamtstaatliche Schuldenstand in der Slowakei höher ist. Der Außenhandel dieser Länder scheint nicht beeinträchtigt worden zu sein, doch die starke Konzentration der Ausfuhren auf einige wenige Sektoren stellt eine Schwachstelle dar. Dies wird durch einen schnellen Anstieg der Wohnimmobilienpreise noch verstärkt, was das Risiko hinsichtlich der Überbewertung der Wohnimmobilienpreise erhöht. Im Falle der Slowakei gehen diese nach Jahren des Anstiegs mit einer relativ hohen Verschuldung der privaten Haushalte einher. 

·In einigen Mitgliedstaaten tragen die Entwicklungen am Wohnimmobilienmarkt angesichts der hohen Verschuldung der privaten Haushalte zu vermehrten Risiken im Zusammenhang mit der Bewertung von Wohnimmobilien bei. Dies ist der Fall in Schweden sowie Dänemark und Luxemburg. Aktuelle Daten für Wohnimmobilienpreise deuten darauf hin, dass in Schweden die Preise nach einem kurzzeitigen Rückgang 2020 wieder an Fahrt aufgenommen haben, wodurch die Bedenken hinsichtlich einer Überbewertung verstärkt wurden. Der starke Anstieg der Wohnimmobilienpreise in Luxemburg wurde während der Krise sogar noch dynamischer, was die Überbewertungsrisiken verstärkt hat und mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte im Verhältnis zu deren verfügbaren Bruttoeinkommen einhergeht. In Dänemark trat der vor Kurzem erfolgte Anstieg der Wohnimmobilienpreise parallel zu einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte auf.

·Im Falle von Malta schaffen der erhöhte und weiter steigende Schuldenstand privater Haushalte und die anhaltenden Schwächen des Rechtsrahmens für Insolvenzen besondere Schwachstellen.

Im vorliegenden Warnmechanismus-Bericht wird der Schluss gezogen, dass 12 Mitgliedstaaten einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollten: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Zypern. Diese Mitgliedstaaten wurden bereits im letztjährigen Verfahren zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (MIP) einer eingehenden Überprüfung unterzogen, weil sie Ungleichgewichte (Deutschland, Frankreich, Irland, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden und Spanien) oder übermäßige Ungleichgewichte (Griechenland, Italien und Zypern) aufwiesen. Mit den neuerlichen eingehenden Überprüfungen soll untersucht werden, ob sich die festgestellten Ungleichgewichte verschärfen oder abgebaut werden, um so die bestehenden Bewertungen zu aktualisieren und zu bewerten, welche verbleibenden Maßnahmen möglicherweise erforderlich sind.

Darüber hinaus weisen einige Mitgliedstaaten, die in der letzten Runde keiner eingehenden Überprüfung unterzogen wurden, Entwicklungen auf, die besondere Aufmerksamkeit verlangen. In der Slowakei gibt es einen kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise, begleitet von einem anhaltenden, wenn auch schwächer werdenden Anstieg bei der Kreditaufnahme durch private Haushalte. Die Ausfuhren sind eindeutig auf einige wenige Sektoren konzentriert und es gab Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit, was allerdings die Exportmarktanteile bisher nicht beeinträchtigt hat. Im Fall von Ungarn ist insbesondere das Zusammenspiel von staatlicher Kreditaufnahme und Außenfinanzierung vor dem Hintergrund einer beträchtlichen Verschuldung in Fremdwährung hervorzuheben. Es war ein starker Anstieg der Wohnimmobilienpreise zu verzeichnen. Der Druck auf die Kostenwettbewerbsfähigkeit wächst weiter, was die Exportmarktanteile jedoch bisher nicht beeinträchtigt hat.

Auch in anderen Mitgliedstaaten muss die Entwicklung von Risiken, die in vielen Fällen mit den Wohnimmobilienmärkten verbunden sind, beobachtet werden. So weisen die Entwicklungen auf den Wohnimmobilienmärkten in Dänemark und Luxemburg auf eine Anhäufung von Risiken hin. Zwar setzen veränderte Präferenzen, günstige Finanzierungsbedingungen und Angebotsengpässe den Anstieg der Wohnimmobilienpreise möglicherweise fort, das Risiko einer Abwärtskorrektur mit möglichen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Tschechien weist einen kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise und anhaltende Verluste bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit auf, die seit einigen Jahren beträchtlich sind. In Malta führt die zunehmende private Verschuldung in Verbindung mit Schwächen des Rechtsrahmens für Insolvenzen zu besonderen Anfälligkeiten. Im Rahmen der Überwachung und Beobachtung sollten die Entwicklungen in diesen sechs Mitgliedstaaten aufmerksam verfolgt werden, und es sollte sichergestellt werden, dass sie mit makroökonomischer Stabilität vereinbar und dieser zuträglich sind. Die Risikobilanz enthält momentan keine Hinweise darauf, dass eine eingehende Überprüfung erforderlich ist. Abschnitt 4 enthält weitere Informationen zu den länderspezifischen Entwicklungen.

4.    ANMERKUNGEN ZU DEN EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN

4.1.    Belgien

In Belgien wurden im Juni 2021 keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für die konsolidierte Verschuldung des privaten Sektors und den gesamtstaatlichen Bruttoschuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 5,7 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 6 % und 2022 um 2,6 % steigen. Für 2022 wird ein nominales BIP von 8,4 % über dem Niveau von 2019 prognostiziert.

Zusammenfassend lassen sich seit dem vorherigen Bericht maßgebliche Entwicklungen feststellen:    

· Die externen Anfälligkeiten bleiben weiterhin begrenzt. Die Leistungsbilanz verzeichnete 2020 einen leichten Überschuss. Der NAVS fällt deutlich positiv aus und wird Prognosen zufolge 2021 und 2022 weitestgehend auf dem gleichen Niveau bleiben. Der deutliche Anstieg der Lohnstückkosten (LSK) 2020 spiegelt den starken Rückgang der Produktivität während der COVID-19-Krise wider, die teilweise auf das Horten von Arbeitskräften zurückzuführen ist. In den Jahren 2021 und 2022 dürfte die Lohnentwicklung die Verbesserung in der Produktivität weitestgehend ausgleichen.

·Die Schuldenquote des Privatsektors stieg 2020 weiter bis über den Schwellenwert. Sie wurde vom starken Rückgang des BIP 2020 beeinträchtigt. Die Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften in Belgien ist hoch und stieg auf fast 126 % des BIP, jedoch werden die Risiken durch den hohen Anteil grenzüberschreitender konzerninterner Kredite, der diese Zahl in die Höhe treibt, gemindert. Die Verschuldung der privaten Haushalte, die in erster Linie auf Hypothekenschulden zurückzuführen ist, stieg 2020 weiter an, jedoch wurde der Anstieg der Schuldenquote der privaten Haushalte vor allem durch den Rückgang des BIP verursacht, denn die Nettokreditflüsse an private Haushalte hielten sich in Grenzen. Maßnahmen zur Stützung der Einnahmen von privaten Haushalten und Unternehmen haben 2020 zu einer Stabilisierung des Anteils notleidender Kredite beigetragen. 2020 beschleunigte sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise, bei denen Anzeichen einer potenziellen Überbewertung zu beobachten sind.

·Die gesamtstaatliche Schuldenquote stieg 2020 weiter auf 112,8 % des BIP, was auf einen drastischen Rückgang des BIP und die umfangreichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der COVID-19-Krise zurückzuführen ist. Risiken in Zusammenhang mit Rückkopplungseffekten des Finanzsektors und des öffentlichen Sektors sind weiterhin begrenzt. Der Finanzsektor ist weiterhin solide.

·Der Anstieg der Arbeitslosenquote konnte 2020 eingedämmt werden und stieg dank der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die bis Ende 2021 verlängert wurden, nur leicht auf 5,6 %. Für die Jahre 2021 und 2022 wird ein leichter Anstieg prognostiziert. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg 2020 an und wird 2021 voraussichtlich auf 20,5 % anwachsen.

Im Belgien bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, jedoch eine hohe Verschuldung des privaten Sektors und ein hoher gesamtstaatlicher Bruttoschuldenstand, die begrenzte Risiken mit sich bringen. Infolge der COVID-19-Krise sind die Verschuldung sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors gestiegen und bedürfen weiterer Beobachtung. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.2.    BULGARIEN

In Bulgarien wurden im Juni 2021 keine makroökonomischen Ungleichgewichte ermittelt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegt der Indikator für das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK) über deren indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 4,4 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 3,8 % und 2022 um 4,1 % wachsen. Mit der Rückkehr zu wirtschaftlicher Expansion wird für 2022 ein nominales BIP von 17 % über dem Niveau von 2019 prognostiziert.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die Leistungsbilanz weist 2020 erstmals seit 2012 ein geringes Defizit von 0,3 % des BIP auf. Die Abnahme war insbesondere auf einen Rückgang des Exports touristischer Dienstleistungen aufgrund der COVID-19-Krise zurückzuführen. 2021 begannen die Umsätze der Tourismusbranche wieder zu steigen und werden dies voraussichtlich auch 2022 tun. Der negative NAVS, der in erster Linie aus ausländischen Direktinvestitionen besteht, verbesserte sich aufgrund des weiteren Aufbaus von Währungsreserven weiter.

·Die nominalen Lohnstückkosten nahmen 2020, verursacht durch eine etwas geringere Gesamtproduktivität im Zusammenhang mit dem Horten von Arbeitskräften, weiter zu. Künftig werden die nominalen Lohnstückkosten trotz einer Erholung des Produktivitätswachstums auch weiterhin erheblich zunehmen, wenn auch weniger stark als 2020, da das durchschnittliche Arbeitnehmerentgelt stark ansteigen wird.

·Die Verschuldung der Unternehmen stieg im Jahr 2020, wobei jedoch der Schuldenabbau voraussichtlich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung fortgesetzt wird. Obwohl sich das Kreditwachstum abschwächte, verursachte der starke Rückgang des BIP im Jahr 2020 vorübergehend eine Umkehrung des Schuldenabbauprozesses, der auf einem starken BIP-Wachstum gefußt hatte. Mit der Rückkehr zu einem Wirtschaftswachstum sollte die Schuldenquote der Unternehmen wieder sinken. Die reale Wachstumsrate der Wohnimmobilienpreise stieg 2020 auf 5,2 %. Sie wird voraussichtlich 2021 etwas abgeschwächt, wird aber von einer starken Zunahme der Hypothekarkredite gestützt.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand betrug 2020 weniger als 25 % des BIP und wird 2021 trotz des geplanten Anstiegs der Staatsausgaben unter 30 % des BIP bleiben.

·Der Finanzsektor erhielt sich währen der COVID-19-Krise eine ausreichende Liquidität und Angemessenheit der Kapitalausstattung, unterstützt von den von der Bulgarischen Nationalbank im März 2020 eingeführten Maßnahmen und dem Beitritt Bulgariens zur Bankenunion im Juli 2020. Der Anteil der notleidenden Kredite ist trotz des Rückgangs 2020 auf 5,9 % weiterhin hoch. Für die Zukunft ist es wichtig, die Auswirkungen des Auslaufens von öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Moratorien für die Rückzahlung von Krediten und Garantieregelungen aufmerksam zu beobachten.

·Die Arbeitsmarktbedingungen waren, in erster Linie dank der Anwendung von Kurzarbeitsregelungen, nicht besonders stark von der Rezession im Jahr 2020 betroffen. Die Arbeitslosenquote stieg 2020 von einem historischen Tief im Jahr 2019 auf 5,1 %, wird aber voraussichtlich ab 2022 wieder sinken.

Bulgarien wies zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, dafür jedoch ein relativ hohes, wenn auch rückläufiges Volumen an notleidenden Krediten und Unternehmensschulden auf. Mit der COVID-19-Krise stieg die Schuldenquote des privaten Sektors 2020 vorübergehend, sollte jedoch später wieder sinken. Der Lohnausgleich wird voraussichtlich auf seinen vor der Pandemie verzeichneten Wachstumskurs zurückkehren. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.3.    TSCHECHIEN

In Tschechien wurden im Juni 2021 keine makroökonomischen Ungleichgewichte ermittelt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegt der Indikator für das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK) über deren indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 5,8 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 3 % und 2022 um 4,4 % steigen. Mit der Rückkehr zu wirtschaftlicher Expansion wird für 2022 ein nominales BIP von 13,2 % über dem Niveau von 2019 prognostiziert.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die externen Anfälligkeiten hielten sich weiterhin in Grenzen. Während 2020 ein Leistungsbilanzüberschuss von 3,6 % des BIP verzeichnet wurde, ist für 2021 eine Rückkehr auf einen weitestgehend ausgeglichenen Stand zu erwarten. Der NAVS verbesserte sich weiter blieb aber dennoch geringfügig negativ bei -12,5 % des BIP im Jahr 2020. Der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallrisiko (NAIOA) war bereits positiv und hat sich ebenso erholt.

·Das Wachstum der Lohnstückkosten war vor der Pandemie ohnehin stark. Es wurde 2020 aufgrund des Hortens von Arbeitskräften im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise weiter beschleunigt. Mit dem Produktivitätsanstieg ist für die Jahre 2021 und 2022 ein gemäßigtes Wachstum der Lohnstückkosten trotz eines starken Anstiegs der durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelte zu erwarten.

·Die private Verschuldung blieb auf einem niedrigen Niveau. Während sie 2020 leicht stieg, blieb die private Verschuldung unterhalb der aufsichtlichen und der auf Fundamentaldaten basierenden Referenzwerte. Sowohl für Privathaushalte als auch für Unternehmen waren die Kreditflüsse positiv, jedoch begrenzt. Der Bankensektor ist gut kapitalisiert und seine Rentabilität ist hoch. Der Anteil der notleidenden Kredite ist gering.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 auf 37,7 % des BIP und wird Prognosen zufolge 2021 auf 42,4 % und 2022 auf 44,3 % des BIP ansteigen. Während der gesamtstaatliche Schuldenstand noch immer recht gering ist, steigt er inmitten hoher Haushaltsdefizite in einem erheblichen Tempo.

·Die Wohnimmobilienpreise sind über einen längeren Zeitraum mit hohem Tempo gestiegen, wobei zunehmend Anzeichen einer Überbewertung zu verzeichnen waren. Der reale Anstieg der Wohnimmobilienpreise blieb mit 5,5 % auch 2020 hoch, sank aber unter den Scoreboard-Schwellenwert. Angesichts eines wohl weiterhin starken Wachstums des verfügbaren Einkommens privater Haushalte 2021-22 ist ein weiterer Anstieg der Wohnimmobilienpreise zu erwarten, wie auch die für 2021 zur Verfügung stehenden Daten zeigen. Steigender Preisdruck könnte durch die erwartete Belebung des Wohnungsbaus in den Jahren 2021 und 2022 und einen Anstieg der Hypothekenzinsen vor dem Hintergrund der fortwährenden Straffung der Geldpolitik gemildert werden.

Tschechien wies zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte auf, wenngleich im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Druck im Wohnimmobilienmarkt einige Risiken bestanden. Aufgrund der COVID-19-Krise haben sich manche Risiken erhöht. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.4.    DÄNEMARK

Im Juni 2021 wurden in Dänemark keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzüberschuss und die Verschuldung des privaten Sektors über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 2,1 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 4,3 % und 2022 um 2,7 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2021 um rund 10,4 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Mit Blick auf die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit weist der Leistungsbilanzsaldo weiterhin einen hohen Überschuss auf, der sich 2020 auf 8,1 % des BIP belief. Auch wenn in den kommenden Jahren mit einem kontinuierlichen Rückgang gerechnet wird, dürfte der Leistungsbilanzsaldo deutlich über dem oberen MIP-Schwellenwert verharren. Der hohe Überschuss ist vor allem auf die hohen Ersparnisse der Unternehmen und im Rentenbereich zurückzuführen. Die kumulierten Leistungsbilanzüberschüsse haben zu einem hohen Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) geführt, der 2020 fast 69 % des BIP betrug und der ausgehend von etwa 77 % des BIP im Jahr 2019 aufgrund von Bewertungsänderungen gesunken ist. Der hohe NAVS hat ein positives Nettoprimäreinkommen zur Folge, das wiederum den positiven Leistungsbilanzsaldo stärkt.

·Die Verschuldung des privaten Sektors ist nach wie vor hoch, jedoch rückläufig. Die dänischen Haushalte haben in den letzten Jahren ihren Schuldenstand abgebaut, wenngleich die Schuldenquote der privaten Haushalte 2020 aufgrund des Rückgangs des realen BIP geringfügig auf 111,7 % des BIP angestiegen ist. Die Schuldenquote der privaten Haushalte ist die höchste in der EU, dürfte 2021 im Verhältnis zum BIP jedoch weiter sinken. Trotz steigender Wohnimmobilienpreise blieb der Anstieg der Hypothekarkredite moderat. Die Zinsbelastung ist weiter zurückgegangen, wobei der Anteil der Kredite mit variablen Zinssätzen nach wie vor relativ hoch ist, wenn auch viel niedriger als vor zehn Jahren. Die hohe Bruttoverschuldung der privaten Haushalte geht mit deutlich höheren, allerdings weniger liquiden Finanzanlagen vor allem in Form von Wohnimmobilien und Rücklagen für die Altersvorsorge einher.

·Der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise betrug 2020 4,6 % und lag damit unter dem Schwellenwert im Scoreboard. Die realen Wohnimmobilienpreise sind in der ersten Jahreshälfte 2021 gestiegen und haben im zweiten Quartal 2021 einen Höchststand von 13,5 % im Jahresvergleich erreicht, allerdings dürfte sich dieser Preisanstieg in naher Zukunft verlangsamen. Die Schätzungen der Bewertungslücke weisen auf eine mögliche Überbewertung hin. Das durchschnittliche Preisgefälle bei Wohnimmobilien nimmt weiter zu, und das Preis-Einkommen-Gefälle ist vergleichsweise hoch.

·Der Bankensektor ist stabil geblieben, die Banken zeichnen sich nach wie vor durch Rentabilität, Liquidität und eine gute Kapitalausstattung aus, und die Quote der notleidenden Kredite ist niedrig. Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist aufgrund der Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 im Jahr 2020 zwar stark gestiegen, mit rund 42 % des BIP ist er jedoch relativ niedrig. Das Haushaltsdefizit betrug 2020 nur 0,2 % des BIP, was zum Teil auf einmalige Effekte zurückzuführen ist.

·Der Arbeitsmarkt ist weiterhin robust. Die Arbeitslosenquote ist 2020 leicht auf 5,6 % gestiegen. Da die dänische Wirtschaft eine starke Erholung verzeichnete, lag die Beschäftigungsquote über dem Niveau vor der Pandemie, und die Zahl der Arbeitslosen sank im zweiten Quartal 2021 unter das Niveau vor der Pandemie.

In Dänemark bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich die hohe Verschuldung des privaten Sektors und der Leistungsbilanzüberschuss gewisse Risiken mit sich bringen. Im Verlauf der COVID-19-Krise ist die Verschuldung des privaten Sektors moderat gestiegen, während die Wohnimmobilienpreise deutlich angestiegen sind und der Leistungsbilanzüberschuss nach wie vor hoch ist. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.5.    DEUTSCHLAND

Im Juni 2021 kam die Kommission zu dem Schluss, dass in Deutschland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen, die auf ein gedämpftes Investitionsniveau im Verhältnis zu den Ersparnissen hinweisen und von grenzüberschreitender Bedeutung sind. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzsaldo, das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), den Anstieg der Wohnimmobilienpreise und den gesamtstaatlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 4,6 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 2,7 % und 2022 um 4,6 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 9,4 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Der Leistungsbilanzüberschuss ist mit 6,9 % des BIP im Jahr 2020 unverändert hoch. Er ist seit 2015 nach und nach geschrumpft, dürfte jedoch weiterhin über 6 % betragen. Dies hängt mit den gedämpften privaten und öffentlichen Investitionen zusammen, die unter anderem durch den Investitionsstau, beispielsweise in der Infrastruktur und im Wohnungsbau, behindert werden. Die privaten und öffentlichen Investitionen sind in den letzten Jahren zwar allmählich gestiegen, liegen jedoch nach wie vor unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets.

·Die Lohnstückkosten sind 2020 aufgrund des starken Produktionsrückgangs bei relativ stabiler Beschäftigung und Entlohnung stark gestiegen. Es wird davon ausgegangen, dass sich das Verhältnis zwischen Arbeitskosten und Produktionsleistung mit der Erholung des BIP normalisiert.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand liegt über dem indikativen Schwellenwert des Scoreboard von 60 % des BIP und ist 2020 auf 68,7 % des BIP gestiegen. Er dürfte 2021 vor dem Hintergrund der Unterstützungsmaßnahmen während der COVID-19-Pandemie einen Höchststand von 71,4 % erreichen. Das Bankensystem verfügt über eine angemessene Kapitalausstattung und weist einen sehr niedrigen Stand an notleidenden Krediten auf, wenngleich die Rentabilität nach einem weiteren Rückgang im Jahr 2020 gering ist.

·Die realen Wohnimmobilienpreise sind 2020 um 7,1 % gestiegen und verzeichneten in der ersten Jahreshälfte 2021 weiterhin einen kräftigen Schub nach oben, da das Wohnimmobilienangebot nach wie vor knapp ist. Bei der Entwicklung der Wohnimmobilienpreise sind Anzeichen einer möglichen Überbewertung zu beobachten.

Deutschland wies zu Beginn der COVID-19-Krise einen hohen inländischen Ersparnisüberschuss auf, der in erster Linie auf den Nettoersparnissen der privaten Haushalte und des Staates beruht. Der Leistungsbilanzüberschuss ist weiterhin hoch, da die privaten Investitionen trotz der politischen Unterstützung vor dem Hintergrund von COVID-19 gedämpft bleiben und die seit Langem bestehenden Investitionslücken durch öffentliche Investitionen noch nicht geschlossen werden konnten. Die Wohnimmobilienpreise sind stark angestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.6.    ESTLAND

Im Juni 2021 wurden in Estland keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den realen effektiven Wechselkurs, das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), den Anstieg der Wohnimmobilienpreise, die Verbindlichkeiten des Finanzsektors und die Jugendarbeitslosenquote über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 3 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 9 % und 2022 um 3,7 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 16 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die externen Anfälligkeiten halten sich nach wie vor in Grenzen, da sich der NAVS 2021 nach einem Jahrzehnt der kontinuierlichen Verbesserung bei rund ‑22 % des BIP stabilisieren dürfte. Den größten Teil der Verbindlichkeiten stellen die Bestände der ausländischen Direktinvestitionen dar. Die Leistungsbilanz wies 2020 ein geringes Defizit auf, das sich 2021 leicht erhöhen dürfte.

·Das Wachstum der Lohnstückkosten hat sich 2020 nach einigen Jahren anhaltend starken Wachstums weiter beschleunigt. Den Prognosen zufolge werden die Lohnstückkosten 2021 aufgrund der höheren Produktivität in Zeiten eines lebhaften Produktionswachstums und einer verzögerten Reaktion im Beschäftigungsbereich sinken und danach wieder ansteigen. Die Exportmarktanteile haben infolge der Warenausfuhren bis 2020 zugenommen und dürften auch in Zukunft weiter steigen, wenn auch langsamer als bisher. Der HVPI-basierte reale effektive Wechselkurs ist im vergangenen Jahr geringfügig gestiegen, wenngleich weniger als in einigen Jahren vor der Pandemie.

·Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich 2020 und erreichte 6,9 %. Aufgrund der vorzeitigen Entnahme von Rentenvermögen im Jahr 2021, steigender Baustoffpreise und von Engpässen auf der Angebotsseite dürfte der Anstieg 2021 noch weiter Fahrt aufnehmen, auch wenn sich die Kreditaufnahmebeschränkungen der privaten Haushalte als erleichternder Faktor erweisen könnten. Die Parameter der Wohnimmobilienpreise weisen nicht auf mögliche Überbewertungsrisiken hin. Der Bankensektor zeichnet sich angesichts einer hohen Eigenkapitalquote und einer niedrigen Quote notleidender Kredite weiterhin durch Resilienz aus.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist nach wie vor niedrig, ist jedoch 2020 aufgrund eines höheren öffentlichen Defizits, eines niedrigeren nominalen BIP und einer vorsorglichen Finanzierung durch den Staat um 10 Prozentpunkte gestiegen. Prognosen zufolge wird er 2022 20,4 % des BIP betragen. 

·Die Arbeitsmarktbedingungen haben sich im Zuge der COVID-19-Krise verschlechtert. Nach einem kontinuierlichen Rückgang in den letzten zehn Jahren stieg die Arbeitslosenquote 2020 auf 6,8 %. Im Jahr 2022 dürfte die Quote zurückgehen. Die Jugendarbeitslosenquote verzeichnete 2020 einen deutlichen Anstieg und wird 2021 voraussichtlich weiter wachsen.

In Estland bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich der negative Nettoauslandsvermögensstatus begrenzte Risiken mit sich bringt. Im Zuge der COVID-19-Krise hat sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise beschleunigt, doch scheinen die Wohnimmobilienpreise nicht überbewertet zu sein. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.7.    IRLAND

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Irland makroökonomische Ungleichgewichte fest, die insbesondere Anfälligkeiten im Zusammenhang mit einer hohen privaten, öffentlichen und ausländischen Verschuldung betreffen. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzsaldo, den Nettoauslandsvermögensstatus, die Verschuldung des privaten Sektors und die Erwerbsquote über den indikativen Schwellenwerten.( 40 )

Nach einem Aufschwung von 5,9 % im Jahr 2020 dürfte die Wirtschaft Irlands 2021 um 14,6 % und 2022 um 5,1 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 28,1 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Der NAVS fällt deutlich negativ aus, ist allerdings durch die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen stark aufgebläht. Er verbesserte sich 2020 auf ‑174 % des BIP und dürfte sich künftig noch weiter verbessern. Die Leistungsbilanz erholte sich im Jahr 2020 von einem enormen Defizit im Jahr 2019 und wird 2021 und 2022 voraussichtlich einen hohen Überschuss aufweisen und damit zur Verbesserung der außenwirtschaftlichen Position beitragen.

·Die private Verschuldung ist sehr hoch, geht jedoch weiter zurück. Im Jahr 2020 erreichte sie fast 189 % des BIP. Den größten Teil der privaten Verschuldung macht die Verschuldung der Unternehmen aus (153 % des BIP und 274 % des modifizierten Bruttonationaleinkommens (BNE*)). Sie liegt weiterhin über dem auf Fundamentaldaten basierten und dem aufsichtlichen Schwellenwert. Der hohe Anteil der grenzüberschreitenden konzerninternen Kreditvergabe an der Verschuldung der Unternehmen verringert die Risiken. Im Jahr 2020 belief sich die Verschuldung der privaten Haushalte auf etwa 36 % des BIP und 64 % des BNE*. Die Verschuldung liegt zwar unter dem aufsichtlichen Schwellenwert und ist rückläufig, sie ist jedoch im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte immer noch relativ hoch (109 %).

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist 2020 leicht auf 58,4 % des BIP gestiegen. Es wird davon ausgegangen, dass 2021 wieder eine rückläufige Entwicklung einsetzt. Dagegen bleibt der gesamtstaatliche Schuldenstand im Verhältnis zum BNE* hoch.

·Der Bankensektor befindet sich in einer besseren Lage als im Vorfeld der Finanzkrise 2010. Die Banken verzeichnen eine gute Kapitalausstattung, stehen jedoch vor längerfristigen Herausforderungen in Bezug auf die Rentabilität, die sich 2020 ins Minus bewegte. Notleidende Kredite sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, und die Quote notleidender Kredite blieb im Juni 2021 mit 2,6 % auf einem niedrigen Stand.

·Die Wohnimmobilienpreise stagnierten 2020 real, dürften jedoch 2021 aufgrund von Angebotsengpässen leicht anziehen. Die Parameter der Bewertungslücke weisen nicht auf eine mögliche Überbewertung hin. Die Erschwinglichkeit von Wohnraum ist jedoch nach wie vor ein Problem, da die durchschnittliche Anzahl der für den Kauf einer Wohnimmobilie erforderlichen Einkommensjahre zu den höchsten in der EU zählt. 

·Die Arbeitslosenquote ist 2020 auf 5,7 % gestiegen und wird den Prognosen zufolge 2021 infolge der COVID-19-Krise noch 7,5 % erreichen, dürfte danach jedoch wieder sinken. Die 3-Jahres-Veränderung der Erwerbsquote fiel 2020 negativ aus, wird 2021 und 2022 jedoch voraussichtlich wieder positiv sein.

Irland wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, der Verschuldung des privaten Sektors und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand auf. Da die irische Wirtschaft trotz der Krise wuchs, verringerten sich die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung und der Verschuldung des privaten Sektors etwas, der gesamtstaatliche Schuldenstand ist jedoch gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.8.    GRIECHENLAND

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Griechenland übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte im Zusammenhang mit einem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand, einem unzureichenden Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte und einem hohen Anteil notleidender Kredite vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit und geringem Potenzialwachstum fest. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), der gesamtstaatliche Schuldenstand, der Exportmarktanteil, die Verbindlichkeiten des Finanzsektors, die Arbeitslosenquote und die Erwerbsquote. ( 41 )

Nach einem drastischen Rückgang um -9 % im Jahr 2020 wird von einer Erholung des realen BIP mit einem erwarteten Wachstum von 7,1 % im Jahr 2021 und 5,2 % im Jahr 2022 ausgegangen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 2,4 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit verschlechterte sich 2020, da die negative NAVS-Quote aufgrund des Rückgangs des BIP und der deutlichen Verschlechterung des Leistungsbilanzdefizits weiter auf -6,6 % des BIP gesunken ist. Mit der Wiederbelebung des Tourismus dürfte sich das Leistungsbilanzdefizit in den Jahren 2021 und 2022 verringern. Der NAVS lässt sich zu einem großen Teil durch die Verschuldung des Staates erklären, die durch günstige Bedingungen und lange Laufzeiten gekennzeichnet ist.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist 2020 um 26 Prozentpunkte auf 206,3 % des BIP gestiegen. Dies spiegelt die tiefe Rezession und die Auswirkungen der Maßnahmen zur Begrenzung der wirtschaftlichen und sozialen Kosten der COVID-19-Krise wider. Mehr als die Hälfte dieses Anstiegs ist auf den Nennereffekt zurückzuführen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2021 sinken. Seit dem Beginn der Pandemie hat sich der langfristige Bruttofinanzierungsbedarf nicht wesentlich verändert, was hauptsächlich dem Rückgang der Refinanzierungssätze geschuldet ist.

·Die Rentabilität des Bankensektors entwickelte sich 2020 negativ, und die harte Kernkapitalquote (Tier 1) ist eine der niedrigsten in der EU. Teilweise ist dies auf die laufende Bereinigung der Bankbilanzen zurückzuführen. Die Quote der notleidenden Kredite ( 42 ) war mit 26,1 % im März 2021 zwar immer noch hoch, ging 2020 jedoch deutlich zurück und dürfte 2021 langsam weiter sinken. Nach dem Auslaufen der Moratorien zeigt eine erste Bewertung, dass sich dies in moderatem Umfang negativ auf die Aktiva-Qualität auswirkt, wobei weiterhin Abwärtsrisiken bestehen.

·Die Arbeitslosenquote ging auch während der Pandemie vor allem aufgrund von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zurück, war 2020 mit 16,3 % dennoch weiterhin hoch. Im Prognosezeitraum wird mit einem weiteren Rückgang gerechnet.

Griechenland wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, dem Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte, Altbeständen an notleidenden Krediten, der Arbeitslosigkeit und einem geringen Potenzialwachstum auf. Im Zuge der COVID-19-Krise haben der gesamtstaatliche Schuldenstand und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zugenommen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte für angezeigt, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken eingehender zu überprüfen und die Fortschritte beim Abbau von übermäßigen Ungleichgewichten zu überwachen.

4.9.    SPANIEN

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Spanien makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung im Zusammenhang mit einer hohen privaten, öffentlichen und ausländischen Verschuldung vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit fest. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten: der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), der Exportmarktanteil, der gesamtstaatliche Schuldenstand sowie die Verschuldung des Privatsektors, die Arbeitslosenquote und die Erwerbsquote.

Nach einem Rückgang von 10,8 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 4,6 % und 2022 um 5,5 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2023 um 2,6 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit verschlechterte sich 2020, da sich die negative NAVS-Quote vor allem aufgrund der Schrumpfung des BIP, allerdings auch aufgrund einiger negativer Bewertungsänderungen erhöhte. Die NAVS-Quote betrug 2020 -85,5 %, dürfte sich jedoch in den Jahren 2021 und 2022 verbessern. Der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallrisiko (NAIOA) ist nach wie vor beträchtlich. Der Leistungsbilanzüberschuss ist 2020 auf 0,8 % des BIP gesunken und ging mit einer Verschlechterung des Exportmarktanteils einher, die teilweise auf den schwachen internationalen Tourismus zurückzuführen ist. Die Leistungsbilanz dürfte 2021 und 2022 einen leichten Überschuss aufweisen.

·Die Verschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten war bis 2019 rückläufig. Mit der COVID-19-Krise ist die private Schuldenquote 2020 auf etwas über 146 % des BIP gestiegen. Dies ist auf die Nettokreditflüsse an den Unternehmenssektor und in größerem Umfang auf den erheblichen Rückgang des BP zurückzuführen, wodurch der MIP-Schwellenwert von 133 % überschritten wurde. Der Anstieg der privaten Schuldenquote dürfte sich 2021 aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Erholung teilweise umkehren.

·Der bereits hohe gesamtstaatliche Schuldenstand ist 2020 um 25 Prozentpunkte auf 120 % des BIP gestiegen. Dies ist ein Beleg für die tiefe Rezession und die Auswirkungen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen im Zuge der COVID-19-Krise. Den Prognosen zufolge wird er bis 2022 auf 116 % leicht zurückgehen. Die Risiken im Zusammenhang mit den negativen Rückkopplungseffekten im Finanzsektor und im öffentlichen Sektor bleiben bestehen und können durch die zunehmenden Anfälligkeiten im Unternehmenssektor im Zusammenhang mit der Pandemie noch größer werden.

·Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors hat sich in den letzten zehn Jahren verstärkt. Im Verlauf der COVID-19-Krise hat sich die Kapitalausstattung des Bankensektors geringfügig verbessert, auch wenn diese immer noch niedrig ist. Die Liquiditätsposition der Banken ist nach wie vor beruhigend. Die Rentabilität ist anhaltend niedrig und fiel 2020 negativ aus. Die Quote der notleidenden Kredite ist 2020 auf 2,8 % gesunken. Sie könnte künftig jedoch ansteigen, sobald das Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie der Kreditmoratorien und Garantieregelungen in vollem Umfang spürbar wird.

·Nachdem die Arbeitslosenquote mehrere Jahre rückläufig war, ist sie 2020 vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise erneut gestiegen und beträgt 15,5 %. Damit liegt sie weiterhin über dem indikativen Schwellenwert. Die Arbeitslosenquote dürfte 2021 und 2022 zurückgehen. Die Erwerbsquote verzeichnete einen Rückgang und liegt weiterhin unter dem indikativen Schwellenwert. Darüber hinaus gibt auch die Segmentierung des Arbeitsmarkts nach wie vor Anlass zur Sorge.

Spanien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, der Verschuldung des privaten Sektors und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand sowie mit der hohen Arbeitslosigkeit auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten und die Arbeitslosigkeit gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.10.    FRANKREICH

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Frankreich makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung im Zusammenhang mit einem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und einer schwachen Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund eines geringen Produktivitätswachstums fest. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der gesamtstaatliche Schuldenstand und die Verschuldung des Privatsektors, der Exportmarktanteil und die Erwerbsquote.

Nach einem Rückgang von 7,9 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 6,5 % und 2022 um 3,8 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 6,7 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Position verschlechterte sich 2020, wobei die negative NAVS-Quote aufgrund eines höheren Leistungsbilanzdefizits und des Rückgangs des BIP auf etwa ‑30 % gesunken ist. Die Leistungsbilanz dürfte sich in den kommenden Jahren etwas verbessern, da damit gerechnet wird, dass die Ausfuhren wieder anziehen. Der NAVS wird sich den Prognosen zufolge auf dem derzeitigen Niveau stabilisieren.

·Die private Schuldenquote ist 2020 um 21 Prozentpunkte auf fast 174 % weiter angestiegen, was auf starke Kreditflüsse zurückzuführen ist. Dieser Anstieg dürfte sich 2021 leicht umkehren. Die steigende Verschuldung der Unternehmen wird jedoch von einem parallelen Anstieg der Liquiditätspuffer der Unternehmen flankiert, während die steigende Verschuldung der privaten Haushalte mit einer Zunahme der Einlagen einhergeht. Die realen Wohnimmobilienpreise verzeichneten 2020 einen etwas schnelleren Anstieg als 2019 und weisen Anzeichen einer möglichen Überbewertung auf.

·Die bereits hohe gesamtstaatliche Schuldenquote wuchs 2020 um 18 Prozentpunkte auf 115 % des BIP und spiegelt die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Krise und die tiefe Rezession wider. Im Jahr 2021 dürfte die Quote zurückgehen.

·Nachdem sich die Wettbewerbsparameter über mehrere Jahre verbessert hatten, verschlechterten sie sich durch die COVID-19-Krise. Das Wachstum der Lohnstückkosten hat sich 2020 vorübergehend erhöht, obwohl das durchschnittliche Arbeitnehmerentgelt zurückgegangen ist. Es wird davon ausgegangen, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren nur teilweise umkehren wird. Der deutliche Verlust an Exportmarktanteilen im Jahr 2020 dürfte in den kommenden Jahren wieder aufgeholt werden.

·Der Bankensektor weist ein stabiles und steigendes Eigenkapitalniveau auf, wobei die ohnehin schon niedrige Quote der notleidenden Kredite 2020 weiter auf 2,2 % zurückgegangen ist. Dieser Wert könnte jedoch mit dem allmählichen Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen steigen.

·Die Arbeitsmarktsituation hat sich 2020 aufgrund der COVID-19-Krise verschlechtert, da bei der Gesamtbeschäftigung und der Erwerbsquote ein Rückgang zu verzeichnen ist. Die Beschäftigungs- und die Erwerbsquote werden sich voraussichtlich ab 2021 verbessern.

Frankreich wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem gesamtstaatlichen Schuldenstand und der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund einer niedrigen Produktivität auf. Im Zuge der COVID-19-Krise haben die gesamtstaatlichen, ausländischen und privaten Schuldenbestände zugenommen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.11.    KROATIEN

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Kroatien makroökonomische Ungleichgewichte im Zusammenhang mit einer hohen ausländischen und privaten Verschuldung und einem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand vor dem Hintergrund eines niedrigen Potenzialwachstums fest. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), den Anstieg der Wohnimmobilienpreise und den gesamtstaatlichen Bruttoschuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 8,1 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 8,1 % und 2022 um 5,6 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 9,5 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit verschlechterte sich 2020. Die Leistungsbilanz wies 2020 ein Defizit von 0,1 % des BIP auf, was hauptsächlich auf den pandemiebedingten Einbruch bei den tourismusbezogenen Ausfuhren zurückzuführen ist. Der 3-Jahres-Durchschnitt des Überschusses ist auf 1,6 % zurückgegangen. Der NAVS verschlechterte sich 2020 leicht auf -47,8 % des BIP, dürfte sich ab 2021 jedoch wieder erholen. Im Gegenzug verbesserte sich der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallrisiko (NAIOA) weiter und erreichte 2020 eine ausgeglichene Position.

·Die nominalen Lohnstückkosten verzeichneten 2020 angesichts des Produktivitätsrückgangs ein Wachstum und führten dazu, dass die 3-Jahres-Veränderung auf 13,7 % angestiegen ist. Für 2021 wird ein negatives LSK-Wachstum prognostiziert.

·Der Wohnimmobilienpreisindex lag 2020 mit einem realen Wachstum von 7,3 % erneut über dem Schwellenwert und verschärft somit das Problem der Erschwinglichkeit von Wohnraum. Im Jahr 2021 dürfte sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise verlangsamen. Die Wohnimmobilienpreise sind auch in Anbetracht der Entwicklung der Baupreise weiter zu überwachen.

·Die private Schuldenquote ist 2020 infolge des Rückgangs des BIP und positiver, wenn auch geringerer Kreditflüsse von rund 88 % des BIP auf 98 % gestiegen. Der Anstieg der Schuldenquote von Unternehmen und privaten Haushalten dürfte sich 2021 infolge des Nennereffekts (BIP-Wachstum) umkehren. Der Bankensektor verfügt zwar über eine gute Kapitalausstattung und weist eine hohe Rentabilität auf, jedoch ist die Quote notleidender Kredite mit mehr als 5 % relativ hoch. Daher sollte nunmehr genau überwacht werden, wie sich das Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, z. B. Kreditmoratorien und Garantieregelungen, auswirkt.

·Nachdem die gesamtstaatliche Schuldenquote fünf Jahre in Folge gesunken war, stieg sie 2020 um 16 Prozentpunkte auf 87,3 % des BIP und spiegelt die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Krise und die tiefe Rezession wider. In Anbetracht der erwarteten wirtschaftlichen Erholung und der Rücknahme der fiskalischen Unterstützung wird der gesamtstaatliche Schuldenstaat den Prognosen zufolge 2021 weiter zurückgehen.

Kroatien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, der Verschuldung des privaten Sektors und der Auslandsverschuldung sowie einem geringen Potenzialwachstum auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.12.    ITALIEN

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung im Zusammenhang mit einem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und einer anhaltend schwachen Produktivitätsdynamik vor dem Hintergrund der fragilen Lage auf dem Arbeitsmarkt und im Bankensektor fest. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den gesamtstaatlichen Schuldenstand und die Erwerbsquote über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem erheblichen Rückgang der realen Produktivität um 8,9 % im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Krise dürfte das Wachstum des realen BIP 2021 um 6,2 % und 2022 um 4,3 % steigen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um rund 4,6 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Position ist mit einem ausgeglichenen Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) stabil. Der Leistungsbilanzüberschuss von 3,8 % des BIP im Jahr 2020 dürfte sich 2021 geringfügig verringern, was im Wesentlichen auf steigende Ölpreise und eine stärkere Importnachfrage zurückzuführen ist. 

·Die private Verschuldung hat 2020 zugenommen, wobei sowohl die Verschuldung der privaten Haushalte als auch der Unternehmen nahe an den aufsichtlichen und auf Fundamentaldaten basierenden Referenzwerten liegt. Es wird prognostiziert, dass beide Komponenten der privaten Verschuldung mit der Erholung des Wachstums ab 2021 zurückgehen werden.

·Die Arbeitsproduktivität verzeichnete 2020 einen starken Rückgang, da die Kurzarbeitsregelungen die Beschäftigung stützten, während die Wirtschaftsleistung einbrach. Die Produktivität dürfte sich mittelfristig verbessern, da sich das BIP-Wachstum erholt. Das Wachstum der Lohnstückkosten hat sich 2020 erhöht. Es wird jedoch erwartet, dass es sich angesichts des moderaten Lohnwachstums in Zukunft verlangsamt.

·Die gesamtstaatliche Schuldenquote ist 2020 um 21 Prozentpunkte auf 155,6 % gestiegen. Mehr als die Hälfte des Anstiegs der Schuldenquote ist auf den Nennereffekt zurückzuführen. Es wird davon ausgegangen, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote 2021 trotz der anhaltenden politischen Unterstützung zurückgeht und sich der Abwärtstrend in den Folgejahren fortsetzt. Die Risiken für die öffentlichen Finanzen im Zusammenhang mit den Rückkopplungseffekten im Finanz- und Unternehmenssektor bestehen angesichts des hohen Anteils staatlich verbürgter Kredite und des Risikos zunehmender Unternehmensinsolvenz nach wie vor, wenn auch auf einem derzeit niedrigen Niveau.

·Im Bankensektor setzen sich die Verbesserungen fort, die Anfälligkeiten bleiben jedoch bestehen. Die Quote notleidender Kredite verringert sich weiterhin, liegt jedoch mit 4,5 % im ersten Quartal 2021 nach wie vor über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets von 2,4 %. Die als Reaktion auf die Pandemie ergriffenen Liquiditätsmaßnahmen stützten das Darlehensvolumen der Banken. Die Rentabilität der Banken ist jedoch 2020 weiter gesunken. Künftig ist es wichtig, genau zu überwachen, wie sich das Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, z. B. Kreditmoratorien und Garantieregelungen, auswirkt.

·Im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Ländern ging die Arbeitslosenquote 2020 weiter auf 9,2 % zurück, dürfte 2021 jedoch wieder steigen. Die Jugendarbeitslosenquote ist 2020 weiter angewachsen und ist sehr hoch. Die Zahl der Erwerbspersonen ist immer noch geringer als vor der COVID-19-Krise. Das anhaltende Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage könnte einem schnelleren Rückgang der Arbeitslosenquote in den kommenden Jahren im Wege stehen.

Italien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und dem schwachen Produktivitätswachstum vor dem Hintergrund einer nach wie vor relativ hohen Arbeitslosigkeit auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten gestiegen, während die Anfälligkeiten des Finanzsektors und einige Anfälligkeiten im Arbeitsmarkt nach wie vor bestehen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte für angezeigt, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken eingehender zu überprüfen und die Fortschritte beim Abbau von übermäßigen Ungleichgewichten zu überwachen.

4.13.    ZYPERN

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Zypern übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest. Als Anfälligkeiten sind – neben einem erheblichen Leistungsbilanzdefizit – die hohen ausländischen, gesamtstaatlichen und privaten Schuldenstände sowie eine weiterhin hohe Anzahl notleidender Kredite zu nennen. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar die Leistungsbilanz, der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), der gesamtstaatliche Schuldenstand und die Verschuldung des privaten Sektors. ( 43 )

Nach einem Rückgang von 5,2 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 5,4 % und 2022 um 4,2 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 7 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Externe Anfälligkeiten bieten nach wie vor Anlass zur Sorge, da der NAVS im Jahr 2020 weiterhin deutlich im negativen Bereich liegt, auch wenn er zu einem Großteil die Tätigkeiten von Zweckgesellschaften widerspiegelt. Die Leistungsbilanz wies 2020 ein hohes Defizit von 10,1 % des BIP auf, das sich von 5,7 % im Jahr 2019 verschlechterte, wobei die Ausfuhren aus dem Tourismus durch die Pandemie stark beeinträchtigt wurden. In den Jahren 2021 und 2022 werden moderate Verbesserungen erwartet.

·Die gesamtstaatliche Schuldenquote ist 2020 um 24 Prozentpunkte auf 115,3 % gestiegen, da die Regierung einen erheblichen Liquiditätspuffer aufgebaut hat, um die notwendigen Mittel zur Bekämpfung der Pandemie, zur Unterstützung der Wirtschaft und zur Steuerung von Liquiditätsrisiken sicherzustellen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte sich 2021 erneut rückläufig entwickeln.

·Nachdem sich die private Schuldenquote über Jahre hinweg kontinuierlich verringert hat, ist sie 2020 aufgrund des pandemiebedingten Rückgangs des nominalen BIP gestiegen. Die Schuldenquote der privaten Haushalte betrug 91 % des BIP, während die Schuldenquote von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften auf fast 170 % des BIP angestiegen ist. In Anbetracht der erwarteten wirtschaftlichen Erholung wird für 2021 mit einem Abwärtstrend der privaten Verschuldung gerechnet, die sich jedoch nach wie vor über den aufsichtlichen und auf Fundamentaldaten basierten Schwellenwerten bewegt.

·Die Rentabilität des Bankensektors fiel 2020 negativ aus. Der Bestand an notleidenden Krediten ist nach wie vor hoch, verringerte sich jedoch im Jahr 2020 deutlich. Die Quote notleidender Kredite lag in der ersten Jahreshälfte 2021 stabil bei rund 10 %. Darüber hinaus sind weitere Portfolioverkäufe geplant. Die Aufhebung des Darlehensmoratoriums im Januar 2021 hat sich bisher nicht wesentlich nachteilig auf die Aktiva-Qualität ausgewirkt, künftig ist es jedoch wichtig, genau zu überwachen, wie sich das Auslaufen der Unterstützungsmaßnahmen auswirkt.

Zypern wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, der Verschuldung des privaten Sektors und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand auf. Im Zuge der COVID-19-Krise hat sich das Leistungsbilanzdefizit verschlechtert, und die Schuldenquoten sind gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte für angezeigt, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken eingehender zu überprüfen und die Fortschritte beim Abbau von übermäßigen Ungleichgewichten zu überwachen.

4.14.    LETTLAND

In der letzten MIP-Runde wurden in Lettland keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der reale effektive Wechselkurs und das (LSK-)Wachstum der nominalen Lohnstückkosten.

Nach einem Rückgang von 3,6 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 4,7 % und 2022 um 5 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 12,9 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die Leistungsbilanz wies 2020 einen Überschuss von 2,9 % des BIP auf und verbesserte den NAVS somit erheblich, der nun bei -34,7 % des BIP und damit knapp unter dem MIP-Schwellenwert liegt. Der negative NAVS von Lettland ergibt sich im Wesentlichen aus dem gesamtstaatlichen Schuldenstand und ausländischen Direktinvestitionen, die ein geringes Risiko einer plötzlichen Zunahme oder eines Anstiegs der Dienstkosten darstellen. Der Leistungsbilanzsaldo dürfte sich 2022 wieder leicht negativ entwickeln, der NAVS wird sich jedoch voraussichtlich weiter verbessern.

·Die Indikatoren für die Kostenwettbewerbsfähigkeit weisen auf eine kontinuierliche Verschlechterung im Jahr 2020 hin. Das Wachstum der Lohnstückkosten war bereits vor der Pandemie hoch, hat sich jedoch durch die Kombination aus rückläufiger Produktivität und anhaltendem Lohnwachstum im Jahr 2020 weiter erhöht. Das Lohnwachstum blieb hoch, da der Fachkräftemangel anhielt und Arbeitsplatzverluste aufgrund von COVID-19 vor allem in den Niedriglohnsektoren zu verzeichnen waren. Die COVID-19-bedingten Produktivitätseffekte dürften nur vorübergehend sein, der Lohndruck, der sich aus dem sinkenden Arbeitskräfteangebot ergibt, dürfte jedoch auch in Zukunft eine Rolle spielen, da der demografische Rückgang voraussichtlich andauern wird. Der Exportmarktanteil von Lettland ist 2020 erheblich gestiegen. Der auf dem HVPI basierende reale effektive Wechselkurs ist angestiegen, was in erheblichem Maße auf die Abwertung des russischen Rubels zurückzuführen ist, der 2020 um rund 20 % gefallen ist.

·Nach mehreren Jahren dynamischen Preiswachstums verlangsamte sich das Wachstum der realen Wohnimmobilienpreise 2020 erheblich. Die Verschuldung des privaten Sektors zeigte sich stabil, wobei die Kreditvergabe im Unternehmenssektor gedämpft war. Der Finanzsektor zeichnete sich durch Solidität und gute Kapitalausstattung aus, die Rentabilität hat sich 2020 jedoch deutlich verschlechtert.

·Die Arbeitslosenquote ist 2020 angesichts der COVID-19-Krise auf 8,1 % gestiegen. Im Jahr 2021 dürfte die Quote zurückgehen. Auch die Jugendarbeitslosigkeit verzeichnete 2020 einen Anstieg und dürfte 2021 weiter zunehmen. Es wird davon ausgegangen, dass die Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen infolge der COVID-19-Krise nur vorübergehend ist und dass sich die Arbeitslosenquote bis 2023 dem Niveau vor der Krise annähern wird.

In Lettland bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich ein negativer Nettoauslandsvermögensstatus und ein hohes Wachstum der Lohnstückkosten zu verzeichnen waren. Die Probleme im Zusammenhang mit dem Druck auf das Arbeitskräfteangebot und der Kostenwettbewerbsfähigkeit dürften auch nach der COVID-19-Krise fortbestehen, wobei sich die Risiken in Grenzen zu halten scheinen. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.15.    LITAUEN

In der letzten MIP-Runde wurden in Litauen keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen fünf Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der reale effektive Wechselkurs, das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), der Anstieg der Wohnimmobilienpreise, die Verbindlichkeiten des Finanzsektors und die Jugendarbeitslosenquote.

Nach einem Rückgang von 0,1 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 5 % und 2022 um 3,6 % wachsen. Das nominale BIP wird den Prognosen zufolge im Jahr 2022 um 18 % über dem Niveau von 2019 liegen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die externen Anfälligkeiten halten sich nach wie vor in Grenzen, da die Leistungsbilanz 2020 einen Überschuss von 7,3 % des BIP verzeichnete. Der spürbar höhere Überschuss ist auf eine günstige Entwicklung bei der Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen zurückzuführen und dürfte beträchtlich bleiben, wenn auch in Zukunft etwas geringer ausfallen. Der NAVS ist zwar negativ, erholt sich aber rasch. Er ergibt sich im Wesentlichen aus den Beständen ausländischer Direktinvestitionen, und bei einem beträchtlichen Teil des Zustroms an ausländischen Direktinvestitionen handelt es sich um reinvestierte Gewinne, wodurch die damit verbundenen Risiken verringert werden.

·Die Lohnstückkosten steigen weiterhin rapide an. Der Druck auf den Arbeitsmarkt und der Anstieg der Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor, der zum Teil auf die Erfordernisse zur Bewältigung der Pandemie zurückzuführen ist, wirken sich auf die Dynamik des Arbeitsentgelts aus. Im Jahr 2020 und in der ersten Jahreshälfte 2021 blieb das Lohnwachstum hoch und lag bei über 10 %. Der Lohnanteil ist im Vergleich zur Vergangenheit bereits relativ hoch, und das Arbeitsentgelt im öffentlichen Sektor dürfte sich nach dem Anstieg während der Pandemie verringern, sodass das derzeitige Tempo des Lohnwachstums voraussichtlich nicht anhalten wird. Die Lohnstückkosten werden den Prognosen zufolge deutlich ansteigen, allerdings mit einer etwas geringeren Rate als in den letzten Jahren.

·Auf dem Immobilienmarkt ist ein Anstieg der Wohnimmobilienpreise zu beobachten. Die Parameter der Bewertungslücke zeigen jedoch keine Anzeichen einer möglichen Überbewertung. Das Wachstum der Wohnimmobilienpreise betrug 2020 6,4 % und beschleunigte sich in der ersten Jahreshälfte 2021. Zum Teil liegt dies daran, dass es auf der Angebotsseite zu Engpässen gekommen ist, die nun langsam abgebaut werden. Es wird erwartet, dass die Wohnimmobilienpreise in den kommenden Jahren an Schwung verlieren werden, was zum Teil auf die prognostizierte Verlangsamung des Wachstums der Arbeitseinkommen zurückzuführen ist. Die Hypothekarkredite haben zwar dynamisch zugenommen, die Verschuldung der privaten Haushalte ist jedoch immer noch recht niedrig. Der Bankensektor zeichnet sich durch eine gute Kapitalausstattung sowie Rentabilität aus, und die Anzahl notleidender Kredite ist sehr niedrig.

·Der Druck auf den Arbeitsmarkt wird allmählich wieder größer. Die Arbeitslosenquote ist 2020 auf 8,5 % gestiegen, dürfte jedoch in Zukunft nach und nach zurückgehen. Die Jugendarbeitslosigkeit verzeichnete 2020 einen Anstieg, dürfte sich 2021 jedoch rückläufig entwickeln. In vielen Wirtschaftszweigen führt der Arbeitskräftemangel, der bereits vor der Pandemie zunahm, zu einem Aufwärtsdruck auf die Arbeitskosten.

In Litauen bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich ein zunehmender Druck auf den Arbeitsmarkt zu verzeichnen war. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es in jüngster Zeit wieder Engpässe, die einen Aufwärtsdruck auf die Arbeitskosten ausüben, auch wenn das Wachstum der Lohnstückkosten etwas zurückgehen dürfte. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.16.    LUXEMBURG

In der letzten MIP-Runde wurden in Luxemburg keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für das Wachstum der Lohnstückkosten (LSK), den Anstieg der Wohnimmobilienpreise, die Verschuldung des privaten Sektors und das Kreditwachstum sowie die Jugendarbeitslosigkeit über den indikativen Schwellenwerten.

Das reale BIP schrumpfte 2020 infolge der COVID-19-Krise nur geringfügig um 1,8 % und erreichte im ersten Quartal 2021 wieder das Niveau vor der Krise. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,8 % und für 2022 von 3,7 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 2022 17,6 % höher als 2019 ausfällt.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die Risiken für die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit sind nach wie vor begrenzt. Die Leistungsbilanz und der Nettoauslandsvermögensstatus fallen eindeutig positiv aus.

·Die Lohnstückkosten sind 2020 deutlich angestiegen und spiegeln zum Teil das zeitweilige Horden von Arbeitskräften während der COVID-19-Krise wider. Die Arbeitslosigkeit und die Jugendarbeitslosenquote sind aufgrund der Krise 2020 gestiegen.

·Die Schuldenquote des privaten Sektors ist mit rund 317 % im Jahr 2020 sehr hoch, auch wenn sie in jüngster Zeit ab der zweiten Jahreshälfte 2020 etwas zurückgegangen ist. Der Hauptgrund dafür ist die Verschuldung der Unternehmen. Die grenzüberschreitende Kreditvergabe durch konzerninterne Unternehmen, die in Luxemburgs globalem Finanzzentrum tätig sind, macht 80 % der Verschuldung der Unternehmen aus, wodurch die Risiken verringert werden.

·Die Verschuldung der privaten Haushalte ist 2020 weiter auf etwa 69 % des BIP angestiegen und liegt damit unter den Referenzwerten, wenngleich sie im Vergleich zum verfügbaren Einkommen (170 %) deutlich höher ist. Die Hypothekarkredite verzeichnen vor dem Hintergrund eines sehr schnellen Wachstums der Wohnimmobilienpreise einen weiteren Anstieg. Dies hat den nationalen Ausschuss für Systemrisiken veranlasst, ab Januar 2021 makroprudenzielle (Beleihungs-)Grenzen einzuführen und den antizyklischen Kapitalpuffer zu erhöhen.

·Die Wohnimmobilienpreise sind seit dem Ausbruch der Pandemie in zweistelliger Höhe gewachsen und weisen eindeutig auf eine mögliche Überbewertung hin. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass sich der Preisanstieg aufgrund der beschlossenen Maßnahmen abschwächen wird. Dazu gehören Reformen zur Flächennutzung und Immobilienbesteuerung, um die strukturelle Unterversorgung mit Wohnraum zu beheben. Auch die Investitionen in den Wohnungsbau werden verstärkt, um das öffentliche Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu verbessern.

·Der Bankensektor verzeichnet eine gute Kapitalausstattung und Liquidität, auch wenn die Rentabilität 2020 gesunken ist. Die Quote notleidender Kredite ist weiterhin sehr niedrig. Dies ist auf rechtzeitige und geeignete politische Maßnahmen zurückzuführen, zu denen Moratorien und kurzfristige Beschäftigungsprogramme gehören. Ein anhaltend dynamisches Hypothekenwachstum bei einer bereits hohen Verschuldung der privaten Haushalte stellt ein Risiko für den Bankensektor dar.

In Luxemburg bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings sind mit dem Anstieg der Wohnimmobilienpreise und der Verschuldung der privaten Haushalte gewisse Risiken verbunden. Diese Risiken haben weiter zugenommen. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.17.    UNGARN

In der letzten MIP-Runde wurden in Ungarn keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), den Anstieg der Lohnstückkosten (LSK), den gesamtstaatlichen Schuldenstand, die Verbindlichkeiten des Finanzsektors und die Jugendarbeitslosigkeit über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 4,7 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 7,4 % und 2022 um 5,4 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 25,1 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Was die außenwirtschaftliche Position anbelangt, bestehen nach wie vor Anfälligkeiten, wenngleich der hohe negative NAVS größtenteils aus Beständen an ausländischen Direktinvestitionen resultiert. Der NAVS verbesserte sich schrittweise bis 2020 und dürfte künftig weiter steigen. Die Leistungsbilanz fiel 2020 auf -1,5 % des BIP und dürfte 2021 und 2022 insgesamt stabil bleiben.

·Die deutlichen Zuwächse der nominalen Lohnstückkosten wurden bisher zum Teil durch Währungsabwertungen wieder ausgeglichen. Die Löhne dürften in den Jahren 2021 und 2022 zulegen, beeinflusst auch durch einen höheren Mindestlohn und Lohnerhöhungen im öffentlichen Sektor, und ihren starken Aufwärtstrend vor der Pandemie wieder aufnehmen; trotz einer Erholung der Produktivität dürften somit die Lohnstückkosten deutlich steigen. Wie andere Länder in der Region konnte Ungarn seinen Exportmarktanteil weiter steigern, da für neue Projekte ausländische Direktinvestitionen in das Land flossen. Die offiziellen Reserven haben sich seit Anfang 2020 etwas erholt.

·Die Verschuldung des privaten Sektors stieg 2020, was auf die Einführung von Darlehensprogrammen mit Vorzugskonditionen und eines Schuldenmoratoriums während der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Die Schuldenquote der privaten Haushalte ist weiterhin eine der niedrigsten in der EU. Fast zwei Fünftel der inländischen Darlehen von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften lauten auf Fremdwährungen. Die Krise führte zu einer vorübergehenden Verschlechterung der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote lag 2020 bei 4,3 %, dürfte jedoch 2021 zu sinken beginnen.

·Der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise verlangsamte sich 2020 auf 1,9 % (nominal 5 %), nachdem die Entwicklung in den letzten fünf Jahren von hoher Dynamik geprägt war. Das nominale Wachstum der Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich merklich in der ersten Hälfte des Jahres 2021 und lag im zweiten Quartal bei 11,9 %. Bei den Wohnimmobilienpreisen gibt es in einigen Gebieten Anzeichen einer Überbewertung, was einige Herausforderungen hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Wohnraum mit sich bringt. Der Wohnungsbau hat dank verschiedener politischer Initiativen zugenommen.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 um 15 Prozentpunkte auf 80,1 % des BIP, was vor allem auf zusätzliche Kreditaufnahmen im Zuge der COVID-19-Krise und die Aufwertung der auf Fremdwährungen lautenden Schulden zurückzuführen war. Er dürfte bis 2022 leicht zurückgehen auf etwas über 77 % des BIP, auch wenn die diskretionären Ausgaben aus unerwarteten Mehreinnahmen nach wie vor hoch sind. Der Bruttofinanzierungsbedarf ist hoch, dürfte aber aufgrund der zunehmenden durchschnittlichen Laufzeit sinken. Die Zentralbank unterhält ein großzügiges Programm zum Ankauf von Vermögenswerten, das etwa zwei Drittel der Staatsanleihen absorbiert. Der Bankensektor ist insgesamt nach wie vor solide, es bestehen jedoch erhebliche Rückkopplungseffekte im öffentlichen Sektor, da die Bestände an Staatsanleihen fast ein Fünftel der Vermögenswerte der Banken ausmachen. Die Zunahme der Verbindlichkeiten des Finanzsektors erklären sich zum Teil aus den liquiditätssteigernden geldpolitischen Maßnahmen, die 2020 zur Stützung der Wirtschaft ergriffen wurden. Die Rücknahme der Moratoriumsprogramme könnte den Bankensektor, dessen Kernkapitalquote (Tier 1) niedriger ist als im EU-Durchschnitt, vor Herausforderungen stellen.

In Ungarn bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenn auch gewisse Risiken im Zusammenhang mit Kostendruck, Struktur des gesamtstaatlichen Schuldenstands und Wohnimmobilienmarkt gegeben waren. Aufgrund der COVID-19-Krise sind diese Risiken geblieben. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.18.    MALTA

In der letzten MIP-Runde wurden in Malta keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen zwei Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar die private Verschuldung und der Anstieg der Lohnstückkosten (LSK).

Nach dem Rückgang von 8,3 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP dank einer starken Erholung von der COVID-19-Krise 2021 um 5 % und 2022 um 6,2 % wachsen, sodass das nominale BIP 2022 7,3 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) ist stark positiv, worin sich die Stellung Maltas als internationales Finanzzentrum niederschlägt. Nachdem die Leistungsbilanz bis 2019 drei Jahre lang starke positive Überschüsse verzeichnet hatte, geriet sie 2020 mit -2,9 % ins Minus, was vor allem auf den Rückgang des Tourismus zurückzuführen war. Für den Prognosezeitraum wird mit einem weiterhin moderaten Defizit gerechnet. Die Lohnstückkosten stiegen 2020 deutlich an, da die beschäftigungsunterstützenden politischen Maßnahmen zu einem drastischen Rückgang der Produktivität führten, dürften aber 2021 weitgehend unverändert bleiben und 2022 leicht sinken.

·Die private Schuldenquote stieg 2020 auf etwa 139 % und lag damit leicht über dem Scoreboard-Schwellenwert. Die Schuldenquote dürfte 2021 etwa auf diesem Niveau bleiben. Die Verschuldung der Unternehmen stieg 2020 ausgehend von einem bereits hohen Niveau weiter an, dürfte aber 2021 leicht zu sinken beginnen. Wenngleich Schritte zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit dem Rahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche ergriffen worden waren, wurde Malta auf die Liste der Länder gesetzt, die unter verstärkter Beobachtung der Financial Action Task Force (eine zwischenstaatliche Einrichtung zur Bekämpfung von Geldwäsche) stehen. Doch dürften die Folgen dieser Entscheidung begrenzt bleiben, sofern die festgestellten Mängel rasch beseitigt werden, wozu sich Malta verpflichtet hat. Die Verschuldung der privaten Haushalte stieg 2020 stark an und dürfte 2021 weitgehend unverändert bei knapp über 100 % des verfügbaren Bruttoeinkommens der privaten Haushalte liegen. Die Verschuldung der privaten Haushalte besteht überwiegend in Hypotheken. Die Wohnimmobilienpreise sind in den letzten Jahren anhaltend gestiegen, und es gibt einige Anzeichen für eine mögliche Überbewertung, auch wenn der Anstieg 2020 geringer ausfiel. Die Daten für die erste Jahreshälfte 2021 deuten darauf hin, dass sich das Wachstum wieder beschleunigen wird.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 aufgrund der schweren Rezession und insbesondere der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen infolge der COVID-19-Krise um 13 Prozentpunkte auf 53,4 % des BIP. Er dürfte in den Jahren 2021 und 2022 weiter steigen und bis 2031 wieder auf knapp über 60 % zurückfallen.

·Der Bankensektor verfügt über eine solide Kapitalausstattung und eine hohe Liquidität. Die Höhe der Rückstellungen und die Deckungsquote haben sich verbessert, die Rentabilität ging jedoch 2020 stark zurück. Mit 3,6 % blieb die Quote notleidender Kredite im Jahr 2020 moderat. Für die Zukunft ist es wichtig, die Auswirkungen des Auslaufens von öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Moratorien für die Rückzahlung von Krediten und Garantieregelungen aufmerksam zu beobachten. Der Rechtsrahmen für Insolvenzen wird laufend überarbeitet. Die Exponierung der Banken gegenüber dem Immobilienmarkt ist erheblich.

·Die Arbeitslosenquote ist nach wie vor niedrig. Sie stieg 2020 aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Krise leicht an auf 4,4 %. Mit anhaltender Erholung dürfte sie jedoch 2021 zu sinken beginnen und 2022 wieder fast auf den Stand vor der Krise fallen.

In Malta bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenn auch das relativ dynamische Wachstum der Wohnimmobilienpreise begrenzte Risiken barg, auch im Zusammenhang mit der Exponierung der Banken gegenüber dem Immobilienmarkt. Im Zuge der COVID-19-Krise ließ der Preisdruck bei Wohnimmobilien etwas nach, die Entwicklung muss jedoch weiterhin beobachtet werden. Die private und die öffentliche Verschuldung nahmen zu. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.19.    NIEDERLANDE

Im Juni 2021 stellte die Kommission in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung fest, insbesondere im Zusammenhang mit der hohen privaten Verschuldung und dem beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen mehrere Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der Dreijahresdurchschnitt des Leistungsbilanzsaldos, die nominalen Lohnstückkosten, die Verschuldung des privaten Sektors und der Anstieg der Wohnimmobilienpreise.

Nach einem Rückgang von 3,8 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 4 % und 2022 um 3,3 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 10,2 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Der Leistungsbilanzüberschuss ging 2020 auf 7 % des BIP zurück, der Dreijahresdurchschnitt von 9,1 % liegt jedoch nach wie vor deutlich über dem Scoreboard-Schwellenwert. Der Rückgang im Jahr 2020 resultierte aus einer Verringerung der Salden der Einkommensbilanz, vor allem bei den Einkommen aus Investitionen. Die Handelsbilanz blieb 2020 trotz des niedrigeren Handelsvolumens stabil. Betrachtet man die Ersparnisse, vergrößerten sich die Überschüsse der privaten Haushalte und der Unternehmen, was aber durch den staatlichen Sektor mehr als ausgeglichen wurde, der aufgrund der Einführung von fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen zur Bewältigung der Krise deutlich in den Defizitbereich geriet. Die Gesamtsparquote in den Niederlanden ist im Vergleich zu den Fundamentaldaten und anderen EU-Ländern nach wie vor hoch. Für 2021 und 2022 wird mit einem moderaten Anstieg des Ersparnisüberschusses gerechnet und das öffentliche Defizit dürfte schrumpfen.

·Die private Verschuldung stieg 2020 weiter an auf fast 234 % des BIP und liegt damit deutlich über dem Scoreboard-Schwellenwert. Die hohe Verschuldung der Unternehmen, die hauptsächlich auf konzerninterne Verbindlichkeiten multinationaler Unternehmen zurückgeht, blieb 2020 mehr oder weniger konstant. Die Schuldenquote der privaten Haushalte stieg auf über 100 % des BIP, was in erster Linie auf den Einbruch des BIP zurückzuführen ist, sie dürfte aber 2021 im Zuge der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise wieder sinken.

·Die realen Wohnimmobilienpreise stiegen 2020 um 6 %, und es gibt einige Anzeichen für eine mögliche Überbewertung. Ausschlaggebend für die hohen Wohnimmobilienpreise sind eine Reihe langfristiger Faktoren sowohl auf der Nachfrageseite (niedrige Zinssätze verbunden mit der Abzugsfähigkeit von Hypothekenzinsen, unterentwickelter privater Mietmarkt) als auch der Angebotsseite (Wohnungsbau wird den demografischen Erfordernissen nicht gerecht). Die Wohnimmobilienpreise dürften weiter steigen und 2021 über dem Schwellenwert bleiben.

Die Niederlande wiesen zu Beginn der COVID-19-Krise einen hohen, seit Langem bestehenden inländischen Ersparnisüberschuss auf, der mit einer hohen privaten Verschuldung einherging. Der Ersparnisüberschuss ging während der COVID-19-Krise etwas zurück, dürfte aber zukünftig wieder ansteigen. Die Verschuldung des privaten Sektors ist nach wie vor hoch. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.20.    ÖSTERREICH

In der letzten MIP-Runde wurden in Österreich keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den gesamtstaatlichen Schuldenstand, das Wachstum der Wohnimmobilienpreise und den Anstieg der Lohnstückkosten (LSK) über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem starken Rückgang der Wirtschaftstätigkeit um -6,7 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 wieder um 4,4 % zulegen. Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung dürfte das reale BIP 2022 um 4,9 % wachsen, sodass das nominale BIP 8,8 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Hinsichtlich der externen Anfälligkeiten und Wettbewerbsfähigkeit sind die Bedenken nach wie vor begrenzt. Der Leistungsbilanzüberschuss ging 2020 auf 1,9 % des BIP zurück, und zukünftig dürfte der Leistungsbilanzsaldo annähernd ausgeglichen sein. Der Nettoauslandsvermögensstatus bleibt positiv auf einem moderaten Niveau. Der vorübergehende Anstieg der Lohnstückkosten im Jahr 2020 spiegelt die vorübergehend niedrigere Produktivität aufgrund des Hortens von Arbeitskräften im Kontext der COVID-19-Krise wider.

·Die private Verschuldung stieg 2020 auf annähernd 131 % des BIP, wofür vor allem der durch die COVID-19-Krise bedingte BIP-Rückgang sowie bestimmte Nettokreditflüsse, insbesondere an Unternehmen, ausschlaggebend waren. 2021 dürfte sich dies aufgrund der wirtschaftlichen Erholung teilweise umkehren.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand beendete 2020 seinen Abwärtskurs und stieg um 13 Prozentpunkte auf 83,2 % des BIP an, was unmittelbar auf die automatischen Stabilisatoren und die starke fiskalpolitische Reaktion zurückzuführen war. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2021 wieder zu sinken beginnen.

·Die mit dem Bankensektor verbundenen Risiken scheinen begrenzt. Die Banken weisen eine geringe Nettoexponierung gegenüber den Nachbarländern, eine verbesserte Kapitalausstattung und eine niedrigere Verschuldungsquote auf. Die Quote notleidender Kredite fiel seit 2014 kontinuierlich und lag 2020 bei 2,0 %.

·Die realen Wohnimmobilienpreise zogen 2020 um 6,2 % an, und es gibt Anzeichen für eine mögliche Überbewertung. Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich in den ersten zwei Quartalen des Jahres 2021 weiter. Gleichzeitig nahm 2021 auch das Kreditwachstum zu, und die Verschuldung der privaten Haushalte liegt weitgehend auf dem langjährigen Niveau.

·Auf dem Arbeitsmarkt trugen Kurzarbeitsregelungen dazu bei, die Auswirkungen des Konjunkturabschwungs auf die Arbeitslosigkeit abzufedern, sodass stattdessen die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stark zurückging. Die Arbeitslosenquote stieg 2020 moderat auf 5,4 %, dürfte aber von 2021 an wieder sinken.

In Österreich bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte. Im Zuge der COVID-19-Krise hat die öffentliche und private Verschuldung zugenommen und die Wohnimmobilienpreise steigen, doch dürften sich diese Entwicklungen im weiteren Verlauf teilweise wieder umkehren. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.21.    POLEN

In der letzten MIP-Runde wurden in Polen keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), den Anstieg der Lohnstückkosten (LSK) und das Wachstum der Wohnimmobilienpreise über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 2,5 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 4,9 % und 2022 um 5,2 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 23,6 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die externen Anfälligkeiten hielten sich in Grenzen, da der NAVS zwar negativ war, sich bis 2020 aber schrittweise verbessert hatte. Überdies ergibt er sich hauptsächlich aus den Beständen ausländischer Direktinvestitionen, und bei einem beträchtlichen Teil des Zustroms an ausländischen Direktinvestitionen handelt es sich um reinvestierte Gewinne. Der NAVS wird sich den Prognosen zufolge in den Jahren 2021 und 2022 weiter verbessern. Die Leistungsbilanz fiel 2020 positiver aus und dürfte 2021 wieder leicht zurückgehen.

·Die Verschuldung des privaten Sektors ist nach wie vor niedrig, da die privaten Haushalte und Nichtfinanzunternehmen in Polen noch immer zu den am wenigsten verschuldeten in der EU gehören. Die Schuldenquote des privaten Sektors stieg 2020, dürfte aber 2021 wieder sinken.

·Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise lag 2020 bei 7,1 %, da niedrige Zinssätze und höhere Einsparungen durch die Pandemie die Nachfrage nach Wohnimmobilien befeuerten. Dennoch hält sich das Hypothekenwachstum bislang in Grenzen. 2021, wenn die Erholung im Bausektor an Fahrt aufnimmt und das Angebot an Wohnimmobilien steigt, dürfte sich das Wachstum der Wohnimmobilienpreise abschwächen.

·Der Bankensektor ist weiterhin gut kapitalisiert und befindet sich insgesamt in gutem Zustand, trotz der Pandemie. Die Quote notleidender Kredite sank 2020, ist jedoch vergleichsweise hoch und könnte zukünftig aufgrund der COVID-19-Krise weiter steigen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 auf 57,4 % des BIP im Vergleich zu 45,6 % im Jahr 2019, was vor allem auf die zusätzlichen Mittelaufnahmen angesichts der COVID-19-Krise zurückzuführen war. 2021 dürfte er wieder zu sinken beginnen.

·Trotz der COVID-19-Krise hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verbessert. Die Arbeitslosenquote ging 2020 leicht zurück, dürfte aber 2021, wenn die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen auslaufen, wieder geringfügig auf 3,3 % steigen. Der sich abzeichnende Arbeitskräftemangel sorgte für einen Aufwärtsdruck bei den Lohnstückkosten, die um 6,3 % im Jahr 2020 stiegen. Diese Engpässe dürften sich entschärfen, wenn wieder vermehrt Personen zuwandern und der Nachfragestau allmählich abgebaut wird. Es wird mit einem starken Lohn- und Gehaltswachstum gerechnet, wenn auch eine deutliche Produktivitätssteigerung den Anstieg der Lohnstückkosten abmildern dürfte.

In Polen bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, obwohl aufgrund eines negativen Nettoauslandsvermögensstatus begrenzte Risiken bestanden. Im Zuge der COVID-19-Krise hat sich der gesamtstaatliche Schuldenstand erhöht und das Wachstum der Wohnimmobilienpreise beschleunigt, die damit verbundenen Risiken scheinen sich jedoch in Grenzen zu halten. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.22.    PORTUGAL

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Portugal makroökonomische Ungleichgewichte fest im Zusammenhang mit den hohen Nettoauslandsverbindlichkeiten, den hohen privaten und gesamtstaatlichen Schuldenständen und der weiterhin hohen Anzahl notleidender Kredite vor dem Hintergrund eines schwachen Produktivitätswachstums. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), die private und öffentliche Verschuldung, das Wachstum der Wohnimmobilienpreise, der Anstieg der Lohnstückkosten (LSK) und die Erwerbsquote. ( 44 )

Nach einem Rückgang von 8,4 % im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie dürfte das reale BIP 2021 um 4,5 % und 2022 um 5,3 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit rund 5,7 % höher ausfallen als 2019.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit gibt nach wie vor Anlass zur Sorge wegen der hohen Nettoauslandsverbindlichkeiten bei gleichzeitiger Verschlechterung des Leistungsbilanzsaldos während der COVID-19-Krise. Dennoch hat die NAVS-Quote trotz der hohen Exponierung im grenzüberschreitenden Tourismus ab Mitte 2021 wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht. Sie dürfte sich im Prognosezeitraum allmählich weiter verbessern. Nach Jahren eines moderaten Wachstums stiegen die nominalen Lohnstückkosten 2020 stark an und überschritten den indikativen Schwellenwert, sie dürften aber zukünftig wieder etwas sinken.

·Bei der Verschuldung des privaten Sektors wurde 2020 der Abwärtstrend durch den COVID-19-Schock gestoppt, vor allem wegen des Konjunktureinbruchs, der die private Schuldenquote um 14 Prozentpunkte auf fast 164 % des BIP ansteigen ließ. In Zukunft dürfte die private Verschuldung ihren Abwärtstrend wieder aufnehmen. Dank Schuldenmoratorien ging die Quote notleidender Kredite während der Pandemie weiter zurück auf 4,9 % im Jahr 2020. Für die Zukunft ist es wichtig, die Auswirkungen des Auslaufens von öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Moratorien für die Rückzahlung von Krediten und Garantieregelungen aufmerksam zu beobachten. Zudem weist der Bankensektor eine niedrige Eigenkapitalquote und Rentabilität auf.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 um 19 Prozentpunkte auf ein Allzeithoch von 135,2 % des BIP, was auf ein plötzliches Primärdefizit und ungünstige Schneeballeffekte im Kontext der COVID-19-Krise zurückzuführen war. Die gesamtstaatliche Schuldenquote dürfte 2021 ihren Abwärtstrend wieder aufnehmen. Obschon auch erleichternde Faktoren, die mit dem Laufzeitprofil und der Zusammensetzung des Schuldenstands zusammenhängen, sowie der erhebliche Liquiditätspuffer eine Rolle spielen, wird damit gerechnet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote noch einige Jahre über dem Niveau vor der Pandemie liegen wird. Die Risiken in Verbindung mit Rückkopplungseffekten im Finanzsektor und öffentlichen Sektor bestehen nach wie vor und könnten sich durch zunehmende Anfälligkeiten im Unternehmenssektor im Zusammenhang mit der Pandemie noch verschärfen.

·Das reale Wachstum der Wohnimmobilienpreise lag bis 2020 fünf Jahre in Folge über dem indikativen Schwellenwert.  Bei den Wohnimmobilienpreisen sind Anzeichen einer Überbewertung zu beobachten. Das Wachstum der Wohnimmobilienpreise verlangsamte sich jedoch im Jahr 2021, wozu auch die gestiegene Bautätigkeit und eine Abschwächung der Nachfrage in einigen Marktsegmenten beitrugen.

·Die Erwerbsquote ging 2020 zurück. Dies fällt mit einem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote zusammen. Sowohl bei der Erwerbsquote als auch der Arbeitslosenquote dürfte ab diesem Jahr wieder eine Verbesserung einsetzen.

Portugal wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit hohen Auslandsverbindlichkeiten und einer hohen privaten und öffentlichen Verschuldung vor dem Hintergrund eines langsamen Produktivitätswachstums auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten weiter gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.23.    RUMÄNIEN

Im Juni 2021 stellte die Kommission in Rumänien makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere das anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizit vor dem Hintergrund eines hohen gesamtstaatlichen Defizits, wobei der zuletzt verzeichnete Überhitzungsdruck nachließ. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen einige Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar der Leistungsbilanzsaldo, der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) und der Anstieg der Lohnstückkosten (LSK).

Nach einem Rückgang von 3,9 % im Jahr 2020 aufgrund der COVID-19-Krise dürfte das reale BIP 2021 wieder zulegen und 2021 um 7 % und 2022 um 5,1 % wachsen. Das nominale BIP dürfte somit 2022 um 21,4 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Was die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit betrifft, dürfte das 2020 verzeichnete Leistungsbilanzdefizit von 5 % des BIP im Jahr 2021 auf rund 6 % steigen, vor allem wegen der stark negativen Handelsbilanz. Der NAVS dürfte in den Jahren 2021 und 2022 mit rund -48 % des BIP stabil bleiben. Der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallrisiko (NAIOA) ist leicht negativ.

·Die Wettbewerbsfähigkeit wurde 2020 durch den deutlichen Anstieg der nominalen Lohnstückkosten weiter geschwächt, was teilweise auf den starken Einbruch der Wirtschaftsleistung und der infolgedessen sinkenden Produktivität vor dem Hintergrund des Hortens von Arbeitskräften während der COVID-19-Krise zurückzuführen war. Für 2021 und 2022 wird jedoch damit gerechnet, dass deutliche Produktivitätszuwächse den Anstieg der Lohnstückkosten trotz eines vergleichsweise starken Wachstums des durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelts begrenzen werden. 

·Die Wohnimmobilienpreise stiegen 2020 nur leicht, der Anstieg dürfte sich jedoch 2021 beschleunigen.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand liegt zwar noch immer deutlich unter dem Schwellenwert von 60 % des BIP, ist aber 2020 aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Krise und des anhaltenden Haushaltsdefizits um 12 Prozentpunkte gestiegen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird Schätzungen zufolge auf 49,3 % des BIP im Jahr 2021 steigen und 2022 weiter zunehmen.

·Die Quote notleidender Kredite des Bankensektors blieb mit etwa 4 % der gesamten Kredite im Jahr 2020 und Anfang 2021 weitgehend stabil. Die Verschuldung des privaten Sektors ist sehr niedrig.

·Die Arbeitslosenquote stieg 2020 auf 5 %. Sie dürfte 2021 auf demselben Niveau verharren, danach jedoch zu sinken beginnen. Auch die Jugendarbeitslosenquote erhöhte sich 2020 und dürfte 2021 weiter steigen.

Rumänien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem steigenden Leistungsbilanzdefizit, der sich verschlechternden außenwirtschaftlichen Position und erheblichen Einbußen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit auf. Im Zuge der COVID-19-Krise ist der gesamtstaatliche Schuldenstand gestiegen, wenn auch ausgehend von einem niedrigen Niveau. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

4.24.    SLOWENIEN

In der letzten MIP-Runde wurden in Slowenien keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzüberschuss, den Anstieg der Lohnstückkosten, den gesamtstaatlichen Schuldenstand und das Wachstum der Jugendarbeitslosigkeit über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 4,2 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 6,4 % und 2022 um 4,2 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 11,1 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Der große Leistungsbilanzüberschuss vergrößerte sich 2020 von 6 % auf 7,4 % des BIP, was den Dreijahresdurchschnitt über den oberen indikativen Schwellenwert steigen ließ. Das Leistungsbilanzdefizit wird den Prognosen zufolge in den Jahren 2021 und 2022 etwas schrumpfen. Der negative NAVS hat sich seit 2012 langsam, aber kontinuierlich verbessert; er liegt 2020 bei -15,2 % des BIP und dürfte bis 2022 einen annähernd ausgeglichenen Wert erreichen. Der Exportmarktanteil Sloweniens ist während der letzten Jahre sichtlich gestiegen.

·Die Verschuldung des privaten Sektors erhöhte sich 2020 nur leicht auf 69,7 % des BIP und liegt damit sowohl unter dem aufsichtlichen als auch unter dem auf Fundamentaldaten beruhenden Referenzwert. In diesem Anstieg schlägt sich in erster Linie der Rückgang des BIP nieder, da der Kreditfluss 2020 negativ war. Die Wohnimmobilienpreise stiegen im Einklang mit jüngsten Trends um 5,2 %.

·Der Bankensektor ist weiterhin gut kapitalisiert, seine Rentabilität ging nur leicht zurück und die Quote notleidender Kredite sank 2020 weiter.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand erhöhte sich 2020 auf 79,8 % des BIP im Vergleich zu 65,6 % im Jahr 2019, was auf die zusätzliche Mittelaufnahme vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise und in geringerem Maße auf den drastischen Rückgang des BIP im Jahr 2020 zurückzuführen ist. Für die Jahre 2021 und 2022 wird mit einem Rückgang des gesamtstaatlichen Schuldenstands gerechnet.

·Auf dem Arbeitsmarkt hat sich die Situation angesichts der COVID-19-Pandemie etwas verschlechtert. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich leicht auf 5 % im Jahr 2020 gegenüber 4,5 % im Jahr 2019. Die Jugendarbeitslosenquote, die in den Vorjahren stark zurückgegangen war, stieg drastisch von 8,1 % im Jahr 2019 auf 14,2 % im Jahr 2020. Die Daten für 2021 deuten jedoch auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktsituation und einen Rückgang der Arbeitslosenquoten hin. Die Lohnstückkosten stiegen 2020 um 7,4 % aufgrund des Hortens von Arbeitskräften im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise. Die Verbesserung der Produktivität im Zuge der wirtschaftlichen Erholung dürfte in den Jahren 2021 und 2022 zu einem Rückgang der Lohnstückkosten führen.

In Slowenien bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, obwohl aufgrund eines hohen gesamtstaatlichen Schuldenstands begrenzte Risiken bestanden. Im Zuge der COVID-19-Krise hat sich der gesamtstaatliche Schuldenstand erhöht und der hohe Leistungsbilanzüberschuss ist weiter gestiegen. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.25.    SLOWAKEI

In der letzten MIP-Runde wurden in der Slowakei keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), den realen effektiven Wechselkurs (REWK), den Anstieg der Lohnstückkosten (LSK) und das Wachstum der Wohnimmobilienpreise über den indikativen Schwellenwerten.

Nach einem Rückgang von 4,4 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 3,8 % und 2022 um 5,3 % wachsen, sodass das nominale BIP 2022 13,6 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Die externen Anfälligkeiten bestehen weiterhin. Mit rund -66 % des BIP lag der NAVS im Jahr 2020 noch immer deutlich über dem Schwellenwert. Dies ist zum größten Teil auf Instrumente ohne Ausfallrisiko in Verbindung mit früheren Investitionsflüssen zurückzuführen, die möglicherweise stabiler sind und ein geringeres Risiko darstellen könnten. Der NAVS dürfte sich in den Jahren 2021 und 2022 vor dem Hintergrund von positiven Nettokreditflüssen weiter verbessern.

·Das Wachstum der Lohnstückkosten war bereits vor der Pandemie hoch und beschleunigte sich 2020 weiter. In den jüngsten Entwicklungen schlägt sich jedoch vor allem das Horten von Arbeitskräften aufgrund der COVID-19-Krise nieder. Zukünftig dürfte sich der Anstieg der Lohnstückkosten deutlich verlangsamen durch den negativen Effekt des Hortens von Arbeitskräften auf die Produktivität, wobei der hohe Anstieg des durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelts weiterhin ein belastender Faktor sein dürfte. Der HVPI-basierte reale effektive Wechselkurs lag 2020 leicht über dem Schwellenwert, was sich jedoch nicht negativ auf die Exportmarktanteile auswirkte. Die Exportkonzentration auf einige wenige Sektoren und die Integration in globale Wertschöpfungsketten sind jedoch nach wie vor Risikofaktoren.

·Die Verschuldung des privaten Sektors und insbesondere die Hypothekenverschuldung der privaten Haushalte sind über mehrere Jahre gestiegen, ihr Wachstum hat sich jedoch verlangsamt. Die Verschuldung der privaten Haushalte stieg 2020 auf rund 47 % des BIP. Sie liegt somit etwas unter dem aufsichtlichen, aber über dem auf Fundamentaldaten beruhenden Schwellenwert.

·Die realen Wohnimmobilienpreise zogen 2020 um 7,2 % an, was möglicherweise zur Verschuldung der privaten Haushalte beitrug. Bei den Wohnimmobilienpreisen sind Anzeichen einer Überbewertung zu beobachten. 2021 dürfte sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise verlangsamen.

·Aufgrund der unterstützenden Haushaltspolitik stieg der gesamtstaatliche Schuldenstand im Jahr 2020 um 12 Prozentpunkte auf 59,7 % des BIP. Er dürfte 2021 geringfügig steigen, danach aber, unterstützt durch ein robustes Wachstum, niedrige Zinssätze und rückläufige Primärdefizite, wieder auf rund 60 % des BIP zurückfallen.

·Der Bankensektor ist solide und verfügt über robuste Kapitalpuffer. Die Quote notleidender Kredite ging 2020 weiter zurück und liegt unter dem EU-Durchschnitt, könnte aber steigen, wenn die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise aufgehoben werden. Die Exponierung gegenüber dem Immobilienmarkt in den Bankbilanzen ist gestiegen.

In der Slowakei bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings bestanden einige Risiken im Zusammenhang mit der außenwirtschaftlichen Tragfähigkeit, dem inländischen Preisdruck und der Abhängigkeit von der Automobilindustrie. Aufgrund der COVID-19-Krise haben sich manche Risiken erhöht. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.26.    FINNLAND

In der letzten MIP-Runde wurden in Finnland keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen zwei Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar die Verschuldung des privaten Sektors und der gesamtstaatliche Schuldenstand.

Nach einem Rückgang von 2,9 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 3,4 % und 2022 um 2,8 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 8,7 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Was die außenwirtschaftliche Position anbelangt, fiel der Leistungsbilanzsaldo positiv aus und der Handelsbilanzüberschuss hat sich 2020 durch den Anstieg des Exportmarktanteils geringfügig vergrößert. Im weiteren Verlauf dürfte die Leistungsbilanz einen kleinen Überschuss aufweisen. Der Nettoauslandsvermögensstatus fiel 2020 auf -5,3 % des BIP. Die Lohnstückkosten stiegen aufgrund des krisenbedingten Produktionsrückgangs geringfügig an.

·Die Verschuldung des privaten Sektors nahm weiter zu, wobei der Anstieg der Schuldenquote der privaten Haushalte zum Teil auf den Einbruch des BIP zurückzuführen war. 2021 dürfte sich dies mit Eintritt der wirtschaftlichen Erholung teilweise umkehren. Günstige Kreditbedingungen mit niedrigen Zinssätzen und ein schnelles Wachstum im Wohnungsbau dürften jedoch den Anstieg der Schuldenquote der privaten Haushalte auffangen, selbst wenn die Auswirkungen der COVID-19-Rezession nachlassen sollten.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg 2020 auf 69,5 % des BIP im Vergleich zu 59,5 % im Jahr 2019, was auf die fiskalpolitische Reaktion der Regierung auf die Krise und in einem geringeren Maße auf den Rückgang des BIP im Jahr 2020 zurückzuführen war. Er dürfte sich ab 2021 wieder bei 71 % stabilisieren.

·Der Bankensektor ist nach wie vor gut kapitalisiert und die Quote notleidender Kredite ist niedrig; sie blieb im Großen und Ganzen unverändert und dürfte nicht wesentlich steigen. Es gab keine sichtbaren Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Schuldendienst oder auf die Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Die Risiken für die finanzielle Stabilität sind gering, wenngleich erhebliche grenzübergreifende Risikopositionen, insbesondere gegenüber anderen nordischen Ländern, bestehen.

·Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschlechterte sich während der Krise geringfügig, auch aufgrund von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die den Anstieg der Arbeitslosenquote im Jahr 2020 auf 1,1 Prozentpunkte und damit auf 7,8 % begrenzte. Die Arbeitslosenquote dürfte ab 2021 im Zuge der wirtschaftlichen Erholung langsam zu sinken beginnen, aber voraussichtlich nicht vor 2023 wieder auf das Niveau vor der Pandemie sinken.

In Finnland bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, auch wenn im Zusammenhang mit der Verschuldung des privaten Sektors Anfälligkeiten vorhanden waren. Im Zuge der COVID-19-Krise hat die Verschuldung des privaten Sektors zugenommen, die Risiken bleiben jedoch begrenzt. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

4.27.    SCHWEDEN

Im Juni 2021 stellte die Kommission für Schweden makroökonomische Ungleichgewichte fest; diese betrafen Risiken in Verbindung mit überbewerteten Preisen für Wohnimmobilien und der damit verbundenen hohen und weiter steigenden Verschuldung der privaten Haushalte. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2020 enthält, liegen zwei Indikatoren über den indikativen Schwellenwerten, und zwar die private Verschuldung und die Jugendarbeitslosigkeit.

Nach einem Rückgang von 2,8 % im Jahr 2020 dürfte das reale BIP 2021 um 3,9 % und 2022 um 3,5 % wachsen. Das nominale BIP dürfte 2022 somit 9,9 % höher als 2019 ausfallen.

Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

· Der Leistungsbilanzüberschuss stieg 2020 auf 5,7 % des BIP, während der NAVS leicht zurückging auf annähernd 16 % des BIP. In den Jahren 2021 und 2022 dürfte der Leistungsbilanzüberschuss bei rund 5 % des BIP verharren. Die Exportmarktanteile stiegen 2020 weiter an. Der reale effektive Wechselkurs stieg 2020 nach drei Jahren des Kursrückgangs um 3 %.

·Die Verschuldung des privaten Sektors erreichte 2020 mit rund 216 % des BIP einen neuen Höchstwert und setzte damit seinen Aufwärtstrend fort. Sowohl die Verschuldung der privaten Haushalte als auch die Verschuldung der Unternehmen liegen über dem aufsichtlichen und dem auf Fundamentaldaten beruhenden Schwellenwert. 2021 dürfte sich die private Verschuldung auf hohem Niveau einpendeln, während das Nettogeldvermögen negativer ausfallen dürfte. Die Verschuldung der privaten Haushalte stieg 2020 auf etwa 95 % des BIP. Die Vergabe von Hypothekendarlehen an private Haushalte stieg in der ersten Hälfte des Jahres 2021 weiter. Die Wohnimmobilienpreise zogen 2020 an, wobei der Anstieg im zweiten Quartal 2021 besonders stark ausfiel. Die Wohnimmobilienpreise sind insgesamt nach wie vor sehr hoch, und es gibt Anzeichen für eine Überbewertung.

·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist trotz umfangreicher Unterstützungsmaßnahmen während der Pandemie nach wie vor niedrig. 2020 stieg der gesamtstaatliche Schuldenstand auf 39,7 % des BIP. 2021 dürfte er zu sinken beginnen.

·Der Bankensektor ist nach wie vor gesund. Ausgehend von einem guten Niveau verbesserten sich die Kernkapitalquote (Tier 1) und die Quote notleidender Kredite während der Pandemie. Die Finanzaufsichtsbehörde hob die Lockerung von makroprudenziellen Maßnahmen während des Jahres 2021 teilweise auf und setzte ab dem 1. September 2021 die Tilgungspflicht wieder in Kraft. Unabhängig von der insgesamt guten Finanzlage gehört die Verschuldungsquote der schwedischen Banken zu den höchsten in der EU.

·Trotz unterstützender politischer Maßnahmen stieg die Arbeitslosigkeit 2020 auf 8,3 %. Die Jugendarbeitslosigkeit sprang im Jahr 2020 auf annähernd 24 %. Die Arbeitslosenquote dürfte ab 2021 zu sinken beginnen.

Schweden wies zu Beginn der COVID-19 -Krise Anfälligkeiten auf; diese betrafen Risiken im Zusammenhang mit überbewerteten Preisen für Wohnimmobilien und die damit verbundene hohe und weiter steigende Verschuldung der privaten Haushalte. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die private Schuldenquote, die Wohnimmobilienpreise und die Arbeitslosenquote gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Juni dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

Um die vorausschauenden Elemente des Scoreboards zu erweitern, stützt sich die Analyse des Warnmechanismus-Berichts, wann immer dies möglich ist, auf Prognosen und Projektionen für 2021 und darüber hinaus sowie auf Gegenwartsprognosen („Nowcasts“) für das laufende Jahr. Diese Zahlen beruhen soweit möglich auf der Herbstprognose 2021 der Kommission. Andernfalls spiegeln die Zahlen überwiegend Gegenwartsprognosen wider, die auf Ersatz-Indikatoren basieren, welche die Kommissionsdienststellen für diesen WMB erstellt haben.

Die nachstehende Tabelle bietet einen Überblick über die Annahmen, die den Prognosen und den Gegenwartsprognose-Zahlen für die Leitindikatoren des Scoreboards zugrunde liegen. Die BIP-Angaben, die in einigen Verhältniszahlen als Nenner verwendet werden, stammen aus der Herbstprognose 2021 der Kommission.

Bei mehrjährigen Veränderungsraten (wie der Fünf-Jahres-Veränderung der Exportmarktanteile) beruht allein die Komponente 2021-2022 auf Prognosen, während die Komponenten, die sich auf 2020 oder frühere Jahre beziehen, auf den dem MIP-Scoreboard zugrunde liegenden Eurostat-Daten basieren.

Anhang 1: Prognosen und Gegenwartsprognosen für die Leitindikatoren des Scoreboards

Tabelle 1: Ansätze für Prognosen und Gegenwartsprognosen für Leitindikatoren des MIP-Scoreboards

Indikator

Ansatz

Datenquellen

Leistungsbilanzsaldo in Prozent des BIP (3-Jahres-Durchschnitt)

Werte aus der Herbstprognose 2021 der Kommission für die Leistungsbilanz (Zahlungsbilanzkonzept)

AMECO

Nettoauslandsvermögensstatus in Prozent des BIP

Die Herbstprognose 2021 der Kommission für den Finanzierungssaldo der Gesamtwirtschaft gibt Aufschluss über die Veränderung des NAVS, die auf Transaktionen für 2021-2023, 2024 und 2025 zurückzuführen ist; die Leistungsbilanzprognose aus dem World Economic Outlook des IWF wird unter der Annahme verwendet, dass die Kapitalbilanz konstant bleibt. Andere Effekte (z. B. Bewertungsänderungen) werden bis zum zweiten Quartal 2021 berücksichtigt und für die Folgezeit mit null veranschlagt.

AMECO, Eurostat

Realer effektiver Wechselkurs – 42 Handelspartner, HVPI-Deflator (3-Jahres-Veränderung in Prozent)

Werte aus der Herbstprognose 2021 der Kommission

AMECO

Exportmarktanteil in Prozent der weltweiten Ausfuhren (5-Jahres-Veränderung in Prozent)

Diese Zahlen beruhen auf der Herbstprognose 2021 der Kommission in Bezug auf: i) die nominale Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen durch die EU-Mitgliedstaaten (Konzept der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) und ii) die mengenmäßige Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen durch die verbleibenden Teile der Welt, aus denen die Kommission anhand des US-Import-Deflators und des prognostizierten EUR/USD-Wechselkurses das nominale Niveau ermittelt.

AMECO

Index der nominalen Lohnstückkosten (3-Jahres-Veränderung in Prozent, 2010 = 100)

Werte aus der Herbstprognose 2021 der Kommission

AMECO

Deflationierter Wohnimmobilienpreisindex (Veränderung zum Vorjahr in Prozent, 2015 = 100)

Wo verfügbar, berücksichtigt die Prognose für 2021 die Daten aus dem ersten und zweiten Quartal 2021. Für das Wachstum der Wohnimmobilienpreise im dritten und vierten Quartal 2021 wird angenommen, dass die Entwicklung der prognostizierten Zuwachsrate folgt, die aus der kurzfristigen Relation auf der Grundlage eines Wohnimmobilienbewertungsmodells ermittelt wird, das im Rahmen der Arbeitsgruppe des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (EPC LIME) mit den Mitgliedstaaten geteilt wird.

Eurostat, Kommissionsdienststellen.

Konsolidierte Kreditflüsse des privaten Sektors (in Prozent des BIP)

Die Zahl für 2021 ist ein Näherungswert für die Kreditflüsse im vierten Quartal 2020 bis dritten Quartal 2021, die anhand konsolidierter Daten aus den vierteljährlichen Sektorkonten (QSA) der EZB für das vierte und zweite Quartal 2020 sowie anhand von Näherungswerten für bestimmte Kreditstromkomponenten aus dem dritten Quartal 2021 ermittelt wurden. Für letztere wurden die EZB-Bilanzpositionen (BSI) der MFI-Kreditflüsse an den privaten Sektor herangezogen, um die Bankkreditkomponenten für das dritte Quartal 2021 zu prognostizieren, und die nominale Emission von Schuldverschreibungen laut EZB-Wertpapieremissionsstatistik (SEC) zur Projektion der Anleihenemissionen im dritten Quartal 2021.

EZB (QSA, BSI und SEC)

Konsolidierte Verschuldung des privaten Sektors (in Prozent des BIP)

Die Zahl für 2021 ist ein Näherungswert für die Verschuldung des privaten Sektors zum Ende des vierten Quartals 2021. Sie beruht auf konsolidierten Daten aus den vierteljährlichen Sektorkonten der EZB für das zweite Quartal 2021. Diese Zahl wurde anhand von Daten über Bankkredite (auf Basis der EZB-Bilanzpositionen) und von Daten über die Anleihe-Verbindlichkeiten (auf Basis der EZB-Wertpapieremissionsstatistik) auf das dritte Quartal 2021 hochgerechnet, und ihr liegt die Annahme zugrunde, dass die Kreditflüsse im vierten Quartal 2021 gleich hoch sind wie im vierten Quartal 2020 (siehe oben).

EZB (QSA, BSI und SEC)

Gesamtstaatlicher Bruttoschuldenstand (in Prozent des BIP)

Werte aus der Herbstprognose 2021 der Kommission

AMECO

Arbeitslosenquote (Drei-Jahres-Durchschnitt)

Werte aus der Herbstprognose 2021 der Kommission

AMECO

Nichtkonsolidierte Gesamtverbindlichkeiten des Finanzsektors (Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

Die Zahl für 2021 gibt den 12-Monats-Anstieg der MFI-Verbindlichkeiten laut EZB bis September 2021 wieder.

EZB (BSI)

Erwerbsquote in Prozent der Gesamtbevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

Die Angaben für die Jahre 2021 und 2022 beruhen auf der Herbstprognose 2021 der Kommission zur Veränderung der gesamten Erwerbsbevölkerung (alle Altersgruppen) abzüglich der Herbstprognose der Kommission zur Veränderung der Gesamtbevölkerung der Altersgruppe 15-64 Jahre.

AMECO

Langzeitarbeitslosenquote in Prozent der Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

Die Gegenwartsprognose für 2021 beruht auf den neuesten Daten (erstes und zweites Quartal 2021), wobei von einer bis zum Ende des Jahres konstanten Quote ausgegangen wird.

Eurostat (Arbeitskräfteerhebung – AKE)

Jugendarbeitslosenquote in Prozent der Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 24 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

Die Gegenwartsprognose für 2021 beruht auf den neuesten Daten (Januar bis September 2021), wobei von einer bis zum Ende des Jahres konstanten Quote ausgegangen wird.

Eurostat (Arbeitskräfteerhebung – AKE)

Anhang 2: MIP-Scoreboard

Tabelle 1. MIP Scoreboard 2020

Hervorgehoben sind Werte, die den Schwellenwert erreichen oder überschreiten. Angaben: b = Bruch in der Zeitreihe, p = vorläufig, e = geschätzt.

1) Zu den Beschäftigungsindikatoren siehe Seite 2 des WMB 2016. 2) Wohnimmobilienpreisindex für EL: e = Schätzung der Zentralbank. 3) Indikatoren der Arbeitskräfteerhebung, b = aufgrund technischer Probleme mit der Einführung eines neuen deutschen Systems integrierter Haushaltserhebungen, einschließlich der Arbeitskräfteerhebung (AKE), sind die Zahlen für Deutschland für 2020 keine direkten Schätzungen aus AKE-Mikrodaten, sondern basieren auf einer größeren Stichprobe, die zusätzliche Daten aus anderen integrierten Haushaltserhebungen enthält.

Quelle: Europäische Kommission, Eurostat und Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen (realer effektiver Wechselkurs) und Internationaler Währungsfonds, WEO (Volumen der Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen weltweit).

Tabelle 2: Zusatzindikatoren 2020

Angaben: e = geschätzt, p = vorläufig.1) Offizielle Frist für die Übermittlung der Daten 2020 über Bruttoinlandsaufwendungen für FuE ist der 31. Oktober 2021; die Datenextraktion erfolgte am 22. Oktober 2021. 2) Wohnimmobilienpreisindex für EL: e = Schätzung der Zentralbank.Quelle: Europäische Kommission, Eurostat und Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen (realer effektiver Wechselkurs), Europäische Zentralbank (konsolidierte Bankenverschuldung und notleidende Kredite in- und ausländischer Unternehmen brutto) und Internationaler Währungsfonds, WEO (Volumen der Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen weltweit).Angaben: e = geschätzt, p = vorläufig.1) Offizielle Frist für die Übermittlung der Daten 2020 über Bruttoinlandsaufwendungen für FuE ist der 31. Oktober 2021; die Datenextraktion erfolgte am 22. Oktober 2021. 2) Wohnimmobilienpreisindex für EL: e = Schätzung der Zentralbank.Quelle: Europäische Kommission, Eurostat und Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen (realer effektiver Wechselkurs), Europäische Zentralbank (konsolidierte Bankenverschuldung und notleidende Kredite in- und ausländischer Unternehmen brutto) und Internationaler Währungsfonds, WEO (Volumen der Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen weltweit).

Tabelle 2 (Fortsetzung): Zusatzindikatoren 2020

Angaben: b = Bruch in der Zeitreihe, p = vorläufig, u = geringe Zuverlässigkeit.

1) Indikatoren der Arbeitskräfteerhebung, b = aufgrund technischer Probleme mit der Einführung eines neuen deutschen Systems integrierter Haushaltserhebungen, einschließlich der Arbeitskräfteerhebung (AKE), sind die Zahlen für Deutschland für 2020 keine direkten Schätzungen aus AKE-Mikrodaten, sondern basieren auf einer größeren Stichprobe, die zusätzliche Daten aus anderen integrierten Haushaltserhebungen enthält. 2) Offizielle Frist für die Übermittlung der Daten 2020 über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) ist der 30. November 2021; die Datenextraktion erfolgte am 22. Oktober 2021; für DE: b = größere inhaltliche und methodische Veränderungen.

Quelle: Europäische Kommission, Eurostat.

(1) ()    Europäische Kommission, europäische Wirtschaftsprognosen, Herbst 2021, Institutional Paper 160, November 2021. Siehe auch O. Croitorov et al. (2021), „The macroeconomic impact of the COVID-19 pandemic in the euro area“, Quartalsbericht über den Euroraum, GD ECFIN, Europäische Kommission, Bd. 20, Nr. 2, Teil I.
(2) ()    Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (2021), ESMA-Risikodashboard, 3. Juni 2021. https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/esma50-165-1761_risk_dashboard_no_1_2021.pdf  
(3) ()    Eine Verschärfung der Währungspolitik durch die US-Zentralbank könnte auch Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen des Unternehmenssektors im Euro-Währungsgebiet haben, vor allem da sich der Transmissionsmechanismus der Währungspolitik und seine Spillover-Effekte durch die Globalisierung verändert haben, und die Währungspolitik der US-Zentralbank hat erhebliche Auswirkungen auf ausländische finanzielle Variablen wie die Renditeabstände von Unternehmensanleihen. Ca’Zorzi, M. et all (2021), Making waves – Fed spillovers are stronger and more encompassing than the ECB’s (Wellenbildung – Die Spillover-Effekte der US-Zentralbank sind stärker und umfassender als die der EZB), Research Bulletin Nr. 83 der EZB, 15. April 2021, https://www.ecb.europa.eu/pub/economic-research/resbull/2021/html/ecb.rb210415~8639b73bb6.de.html .
(4) ()    Siehe auch den Global Financial Stability Report des IWF (2021), Oktober 2021.
(5) ()    Im Bericht „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“ von Jean-Claude Juncker, Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz vom 22. Juni 2015 wurde vorgeschlagen, Auswirkungen von Ungleichgewichten auf das Euro-Währungsgebiet stärker zu berücksichtigen. Die Bedeutung von Wechselwirkungen und systemischen Auswirkungen von Ungleichgewichten wurde in der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 anerkannt, in der Ungleichgewichte definiert werden als „alle Trends, die zu makroökonomischen Entwicklungen führen, die sich nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft eines Mitgliedstaats oder der Wirtschafts- und Währungsunion oder der Union insgesamt auswirken oder potenziell auswirken könnten“. Die in diesem Bericht enthaltene Analyse geht einher mit der Bewertung in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Analyse der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet“, einem Begleitdokument zu der Empfehlung der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets.
(6) ()    Siehe auch Meyermans, E., Rutkauskas, E. und Simons, W. (2021): „The uneven impact of the COVID-19 pandemic across the euro area“ (Die ungleichmäßigen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie im Euro-Währungsgebiet), Quartalsbericht über das Euro-Währungsgebiet, DG ECFIN, Europäische Kommission, Ausgabe 20, Nr. 2, Teil II.
(7) ()    Der hier genannte und verwendete Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets ist der Zahlungsbilanzstatistik für das Euro-Währungsgebiet entnommen und steht mit den von den Mitgliedstaaten gemeldeten Leistungsbilanzen gegenüber Partnern außerhalb des Euro-Währungsgebiets (nach dem sogenannten „Gemeinschaftskonzept“) im Einklang. Diese Zahl kann aufgrund von Asymmetrien bei den Salden innerhalb des Euro-Währungsgebiets, die von den verschiedenen nationalen statistischen Ämtern gemeldet werden, von der Summe der Gesamt-Leistungsbilanzsalden der Mitgliedstaaten abweichen.
(8) ()    Die Schätzung des Leistungsbilanz-Standards des Euro-Währungsgebiets nach IWF-Modell kommt im Jahr 2020 auf 1 % des BIP (siehe External Sector Report des IWF (2021), August 2021), was eine Lücke von 0,8 % des BIP zum konjunkturbereinigten Leistungsbilanzsaldo bedeuten würde (entspricht 1,8 % des BIP in seinem Bericht). Nach den Anpassungen für die vorübergehenden Auswirkungen der COVID-19-Krise verringert sich die geschätzte Lücke jedoch auf 0,6 %.
(9) ()    Europäische Kommission (2020), „ Impact of macroeconomic developments on fiscal outcomes. “ (Auswirkungen der makroökonomischen Entwicklungen auf die Haushaltssalden), Bericht über die staatlichen Finanzen in der WWU, Institutional Paper 133, Teil III.
(10) ()    Zu den Überlegungen zum Aufbau des WMB-Scoreboards und seiner Auslegung siehe Europäische Kommission (2016) „The Macroeconomic Imbalance Procedure. Rationale, Process, Application: A Compendium“ (Das Vorgehen bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht: Grundprinzipien, Verfahren, Anwendung: Ein Kompendium), European Economy, Institutional Paper 039, November 2016.
(11) ()    Die zunehmende Anzahl an Mitgliedstaaten mit einem Leistungsbilanzsaldo, der wie in Abbildung 2.1.1 zu sehen für die Datenbestände zwischen 2019 und 2020 außerhalb der Schwellenwerte liegt, ist vor allem auf eine Überarbeitung der Daten zurückzuführen.
(12) ()    Leistungsbilanzen, die mit den Fundamentaldaten im Einklang stehen (Leistungsbilanz-Standard), werden mittels Reduced-Form-Regressionen ermittelt, die die wichtigsten Determinanten für den Saldo aus Ersparnissen und Investitionen erfassen, einschließlich fundamentaler Determinanten, politischer Faktoren und der globalen finanziellen Bedingungen. Zur Beschreibung der Methodik für die Berechnung der auf Fundamentaldaten basierenden Leistungsbilanz, die in diesem WMB verwendet wurde, siehe L. Coutinho et al. (2018), „Methodologies for the assessment of current account benchmarks“, European Economy, Diskussionspapier 86, 2018; die Methodik ist verwandt mit der von S. Phillips et al. (2013), „The External Balance Assessment (EBA) Methodology“, IWF-Arbeitspapier, 13/272.
(13) ()    Die aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerte werden mit Blick auf die Maximierung der Eignung für die Vorhersage von Zahlungsbilanzkrisen unter Berücksichtigung der nach Pro-Kopf-Einkommen zusammengefassten länderspezifischen Informationen bestimmt. Zur Methodik für die Berechnung der aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerte siehe A. Turrini und S. Zeugner (2019), „Benchmarks for Net International Investment Positions“ (Schwellenwerte für den Nettoauslandsvermögensstatus), European Economy, Diskussionspapier 097/2019.
(14) ()    Im Jahr 2019 betrug das Leistungsbilanzdefizit -19,9 % des BIP. Die hohe Volatilität der außenwirtschaftlichen Daten für Irland ist stark mit den wirtschaftlichen Aktivitäten multinationaler Konzerne verknüpft.
(15) ()    Konjunkturbereinigte Leistungsbilanzsalden tragen den Auswirkungen des Konjunkturzyklus durch Anpassung um die inländische Produktionslücke und die der Handelspartner Rechnung, siehe M. Salto und A. Turrini (2010), „Comparing alternative methodologies for real exchange rate assessment“, European Economy, Diskussionspapier 427/2010.
(16) ()    Die gemäß den Fundamentaldaten zu erwartenden NAVS (NAVS-Standards) werden durch zeitliche Kumulation der Werte der Leistungsbilanz-Standards ermittelt (siehe auch Fußnote 12). Zur Methodik für die Berechnung des NAVS nach Fundamentaldaten siehe A. Turrini und S. Zeugner (2019), „Benchmarks for Net International Investment Positions“ (Schwellenwerte für den Nettoauslandsvermögensstatus), European Economy, Diskussionspapier 097/2019.
(17) ()    NAIOA ist ein Teilbereich des NAVS, der unter Abstraktion von dessen reinen Kapitalkomponenten, d. h. ADI-Kapital und ADI-Beteiligungen („ADI“ steht für „ausländische Direktinvestitionen“), und von unternehmensinternen grenzüberschreitenden ADI-Schulden den NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko darstellt. Siehe auch Europäische Kommission, „Envisaged revision of selected auxiliary indicators of the MIP scoreboard“, technische Anmerkung; https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/eu-economic-governance-monitoring-prevention-correction/macroeconomic-imbalance-procedure/scoreboard_de .
(18) ()    Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit der EPC-Arbeitsgruppe LIME länderspezifische Schulden-Referenzwerte entwickelt: Europäische Kommission, „Benchmarks for the assessment of private debt“, Vermerk für den Ausschuss für Wirtschaftspolitik (EPC), ARES(2017) 4970814, und J.-C. Bricongne, L. Coutinho, A. Turrini und S. Zeugner, „Is Private Debt Excessive?“, Open Economies Review, 3, 471–512, 2020. Auf Fundamentaldaten basierte Referenzwerte ermöglichen die Bewertung der privaten Verschuldung anhand von Werten, die sich durch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten erklären lassen und aus Regressionen abgeleitet werden, die die wichtigsten Determinanten des Kreditwachstums erfassen und einen bestimmten Ausgangsschuldenstand berücksichtigen. Die aufsichtlichen Schwellenwerte stellen den Schuldenstand dar, bei dessen Überschreitung die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise relativ hoch ist; diese Werte beruhen auf der Maximierung der Eignung für die Vorhersage von Bankenkrisen durch Minimierung der Wahrscheinlichkeit von nicht angezeigten Krisen und Fehlalarmen unter Einbeziehung länderspezifischer Informationen über die Eigenkapitalausstattung der Banken, den gesamtstaatlichen Schuldenstand und den Stand der wirtschaftlichen Entwicklung. 
(19) ()    Bei Bankkrediten für nichtfinanzielle Kreditgesellschaften führte der Beginn der Pandemie im März 2020 zu einer starken Beschleunigung des Kreditwachstums in den ersten Monaten, die unter den großen Mitgliedern des Euro-Währungsgebiets insbesondere in Frankreich und Spanien sehr deutlich war (Abbildung 2.3.4 b). Diese starke Beschleunigung fiel in Deutschland gedämpfter aus, abgestufter in Italien und weniger deutlich in den meisten EU-Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets. Gleichzeitig waren grenzüberschreitende Kredite innerhalb des Euro-Währungsgebiets zu Beginn der Krise von größerer Bedeutung. Das Kreditwachstum ging im Anschluss deutlich zurück und erreichte in den meisten Fällen zu Beginn des Jahres 2021 Wachstumsraten unter dem Niveau vor der Krise. Dies ist ein deutlicher Abschied von den langsam zunehmenden, aber allgemein stabilen Krediten für Unternehmen in den letzten Jahren.
(20) ()    Bei Malta handelt es sich um einen Näherungswert, da in der sektoralen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung von Eurostat keine Daten für das verfügbare Bruttoeinkommen der Haushalte zur Verfügung stehen. Die Schätzung wurde auf Grundlage des Verhältnisses des verfügbaren Bruttoeinkommens der Haushalte zum BIP vorgenommen, das aus Daten zum realen verfügbaren Bruttoeinkommen pro Kopf berechnet wurde, die bei Eurostat verfügbar sind (B6G_R_HAB).
(21) ()    Bei neuen Immobilienkrediten lag in Bulgarien, Finnland, Lettland und Zypern der Anteil an Verträgen mit variablen Zinsen mindestens seit 2013 über oder nah an 90 %.
(22) ()    Bewertungslücken bei den Wohnimmobilien werden in Bezug auf Referenzwerte berechnet, damit länderspezifische Effekte erfasst werden können. Die Bewertungslücken werden anhand der Abweichungen bei verschiedenen Referenzwerten ermittelt: i) Abweichung des Preis-Einkommen-Verhältnisses von seinem langfristigen Durchschnitt; ii) Abweichung des Preis-Miete-Verhältnisses von seinem langfristigen Durchschnitt; iii) Abweichung von regressionsbasierten Referenzwerten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Eckdaten zu Angebot und Nachfrage (siehe N. Philiponnet und A. Turrini (2017), „Assessing House Price Developments in the EU“, Diskussionspapier der Europäischen Kommission 048, Mai 2017). Bei der Berechnung der regressionsbasierten Referenzwerte werden erklärende Konjunkturvariablen mittels HP-Filter aufbereitet, um ihre Volatilität zu begrenzen.
(23) ()    Schätzungen des Preisniveaus basieren auf Daten von Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und Volkszählungen oder, falls keine verfügbar sind, auf Daten, die auf Websites von Immobilienmaklern veröffentlicht werden. Siehe J.C. Bricongne et al. (2019), „Assessing House Prices: Insights from ‚Houselev‘, a Dataset of Price Level Estimates“, European Economy, Diskussionspapier 101, Juli 2019.
(24) ()    Makroprudenzielle Maßnahmen werden durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) überwacht. Im September 2019 gab der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) länderspezifische Empfehlungen bzw. Warnungen zu mittelfristigen Anfälligkeiten im Wohnimmobiliensektor für neun Mitgliedstaaten heraus: Empfehlungen für Belgien, Dänemark, Finnland, Luxemburg, die Niederlande und Schweden sowie Warnungen für Deutschland, Frankreich und Tschechien. Für alle Länder der erstgenannten Gruppe sowie Österreich hatte der ESRB im November 2016 Warnungen ausgesprochen. In der MIP-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1176/2011) wird die Kommission aufgefordert, etwaigen Warnungen oder Empfehlungen des ESRB an Mitgliedstaaten, die Gegenstand einer eingehenden Überprüfung sind, Rechnung zu tragen. Eine Aktualisierung des Berichts aus dem Jahr 2019 wird für Anfang 2022 erwartet.
(25) ()    EZB (2021): Financial Stability Review, Mai 2021, auf der Grundlage des RICS Global Commercial Property Monitor.
(26) ()    In Bulgarien wird das durch die Währungszusammensetzung der Auslandsschulden entstehende Risiko durch die feste Anbindung an eine Ankerwährung gemindert. Darüber hinaus kann der Beitritt zum WKM II die Risiken für die Schuldentragfähigkeit für Bulgarien und Kroatien dank niedriger Risikoprämien mindern.
(27) ()    Im Juli 2021 betrug der auf Fremdwährungen lautende Anteil der Staatsverschuldung in Bulgarien 82 %, in Kroatien 72,1 %, in Rumänien 51,1 %, in Polen 22,9 %, in Ungarn 21,7 %, in Schweden 20 %, in Dänemark 10,1 % und in Tschechien 8 %.
(28) ()    Europäische Kommission (2021), The 2021 Stability and Convergence Programmes: an Overview, with an Assessment of the Euro Area Fiscal Stance .
(29) ()    EZB (2021), Financial Stability Review.
(30) ()    IWF (2021), Fiscal Monitor April 2021.
(31) ()    Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) veröffentlichte im Juli 2021 die Ergebnisse des EU-weit durchgeführten Stresstests, an dem 50 Banken aus 15 EU- und EWR-Staaten beteiligt waren, die 70 % der Vermögenswerte des EU-Bankensektor abdecken. Der Schwerpunkt lag dabei auf unter Moratorien fallenden Darlehen mit staatlichen Garantien. Der diesjährige Stresstest berücksichtigte ein anhaltendes COVID-19-Szenario in einer Umgebung mit einem „Niedriger aber länger“-Zinssatz, unter Annahme eines Rückgangs des BIP der EU um 3,6 % in drei Jahren. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der EU-Bankensektor über einer CET1-Quote von 10 % bleiben würde mit einem Kapitalverlust von 265 Mrd. EUR im Vergleich zu einer Anfangs-CET1-Quote von 15 %. Ein Großteil des Kapitalverlustes stammt vermutlich aus Kreditverlusten. Dieses Szenario würde außerdem zu einem erheblichen Rückgang der Gewinnbeiträge aus fortgeführten Geschäftsbereichen, insbesondere aus Nettozinserträgen, führen.
(32) ()    Der Median der Eigenkapitalrendite der EU-Banken fiel von 5,8 % im Jahre 2019 auf 2,7 % 2020. Er stieg jedoch in Q2 2021 auf 7,1 %.
(33) ()    „Notleidende Kredite“ (NPL) sind einer der Scoreboard-Hilfsindikatoren, definiert als der Bruttowert der gesamten notleidenden Kredite und Forderungen in Prozent des Bruttowerts der gesamten Kredite und Forderungen (Bruttobuchwert) für den Sektor „inländische Bankengruppen und eigenständige Banken, kontrollierte ausländische Tochterunternehmen und kontrollierte ausländische Zweigstellen, sämtliche Institute“. Harmonisierte Daten zu den NPL-Quoten stehen erst seit 2014 zur Verfügung. Die Daten zum „Anstieg auf Höchstwert“ in Abbildung 2.5.1 b beziehen sich deshalb auf den Anteil der notleidenden Schuldtitel (brutto) an den gesamten Schuldtiteln (brutto), der seit längerer Zeit durchgängig verfügbar ist und neben Krediten auch andere von Banken gehaltene Schuldtitel umfasst. Dieser Wert ist in der Regel etwas niedriger als die NPL-Quote, was vor allem auf den größeren Nenner zurückzuführen ist (der Bruttowert der gesamten Schuldtitel ist größer als der der gesamten Kredite). Der Unterschied zwischen den beiden Quoten beträgt gegenwärtig höchstens 5 Prozentpunkte bei Griechenland und 2 Prozentpunkte bei Zypern, während er bei den meisten Mitgliedstaaten weniger als 1 Prozentpunkt beträgt.
(34) ()    Abbildung 2.5.1 b basiert auf den Daten zu Q1 2021, als der Anteil notleidender Kredite in Griechenland 26 % betrug. Die Daten für Q2 2021, die nach dem Stichtag des WMB (22. Oktober 2021) veröffentlicht wurden, deuten auf eine erhebliche Verringerung des Anteils notleidender Kredite in Richtung 16 % (vorläufiger Wert) hin.
(35) ()    Darlehen der Stufe 2 sind Darlehen, deren Kreditrisiko seit ihrer erstmaligen Erfassung erheblich gestiegen ist, die aber im Gegensatz zu Stufe 3 noch nicht als wertgemindert oder als Ausfall betrachtet werden.
(36) ()    EZB (2021), Financial Stability Review, Mai 2021.
(37) ()    Die Daten des Euro-Währungsgebiets bestätigen, dass die Zunahmen von Darlehen der Stufe 2 in den Sektoren ausgeprägter war, die stärker von der Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen der Mobilität betroffen sind, z. B. im Beherbergungsgewerbe von 7 % 2019 auf 25 % 2020 sowie im Bereich Kunst und Unterhaltung von 6 % auf 23 %. EZB (2021): Financial Stability Review, Mai 2021. Vergleichbare Tendenzen sind auch in aktuellen Daten zu notleidenden Krediten zu erkennen. Das EBA-Risikodashboard für Q2 2021 zeigt, dass die Abweichungen in der Qualität der Vermögenswerte zwischen den Sektoren zunehmen. So stieg beispielsweise im Beherbergungsgewerbe und der Gastronomie der Anteil notleidender Kredite weiter von 9 % in Q1 2021 auf 9,6 % in Q2 2021 und für Kunst und Unterhaltung von 7,9 % auf 8,2 %. 
(38) ()    EZB (2021), Financial Stability Review, Mai 2021.
(39) ()    EIOPA (2021), Financial Stability Report, Juli 2021.
(40) In dem Bericht über die Überwachung nach Abschluss des Programms vom Herbst 2021 für Irland werden einige der im WMB genannten Anfälligkeiten aufgegriffen. 
(41) ()    Einige der in diesem WMB genannten Anfälligkeiten werden im 12. Bericht über eine verstärkte Überwachung für Griechenland aufgegriffen.
(42) ()    Nach Angaben der Europäischen Zentralbank der Anteil der notleidenden Kredite an den gesamten Bruttokrediten und Forderungen auf konsolidierter Basis (d. h. einschließlich der Guthaben bei Zentralbanken und sonstigen Sichteinlagen im Nenner). Diese Zahl unterscheidet sich von der im Rahmen der verstärkten Überwachung gemeldeten Zahl, die den Anteil der notleidenden Kredite an den gesamten Bruttokrediten an Kunden auf Einzelbasis wiedergibt, wie von der Bank von Griechenland angegeben.
(43) ()    In dem Bericht über die Überwachung nach Abschluss des Programms vom Herbst 2021 für Zypern werden einige der im WMB genannten Anfälligkeiten aufgegriffen. 
(44) ()    Im Bericht für Portugal über die Überwachung nach Abschluss des Programms vom Herbst 2021 werden einige der im WMB hervorgehobenen Anfälligkeiten erörtert. 
(I) ()Zu Einzelheiten über die AirBnB-Daten und zu Erläuterungen der Methodik für die Gegenwartsprognosen siehe Europäische Kommission, Wirtschaftsprognose für Europa 2020, „Tourism in pandemic times: an analysis using real-time big data“ (Tourismus in Zeiten der Pandemie: Eine Analyse mithilfe von umfangreichen Echtzeitdaten), Sonderthema 3.3. Institutional Paper 136, November 2020. Bei den Gegenwartsprognosen wird stellvertretend die Sprache der jeweiligen Überprüfung genutzt, um zwischen den Übernachtungen von inländischen Touristen und den Übernachtungen von Ausländern zu unterscheiden.
(II) ()Der Begriff „internationaler Tourismus“ bezeichnet den internationalen Handel mit Reisedienstleistungen, der in den Zahlungsbilanzstatistiken unter der Position „Reiseverkehr“ aufgeführt ist.
(III) ()Schätzungen der Auswirkungen des Rückgangs des internationalen Reiseverkehrs auf die Handelsbilanzen beruhen auf einer teilweisen Gleichgewichtsanalyse, die sich auf den an der Wertschöpfung gemessenen Handel konzentriert, indem Einfuhren von Vorleistungen berücksichtigt werden, die zur Herstellung von Waren und Dienstleistungen, die von ausländischen Touristen konsumiert werden, verwendet werden. Die Analyse berücksichtigt sowohl unmittelbare als auch mittelbare Auswirkungen aufgrund der Veränderungen bei der Nachfrage ausländischer Touristen, d. h. auch die Rückwärtsverflechtungen zu Wirtschaftszweigen, die nicht unmittelbar von der touristischen Nachfrage betroffen sind. Bei der Analyse wird davon ausgegangen, dass das nicht für Auslandsreisen ausgegebene Geld gespart wird. Weitere Einzelheiten: Coutinho, L., Vukšić, G. und Zeugner, S. (2021), „International tourism decline and its impact on external balances in the euro area“ (Rückgang des internationalen Tourismus und die Auswirkungen auf die Außensalden im Euro-Währungsgebiet), Quartalsbericht über das Euro-Währungsgebiet, GD ECFIN, Europäische Kommission, Ausgabe 20, Nr. 2, Teil III.
(IV) ()Ein Beispiel ist zum Teil Zypern, wo die hohen Nettoeinfuhren von Dienstleistungen des internationalen Personenverkehrs im Jahr 2020 stark zurückgingen, sodass die allgemeinen Auswirkungen auf die Handelsbilanz abgefedert wurden. Der internationale Personenverkehr ist eine separate Kategorie in der Zahlungsbilanz, steht aber mit dem internationalen Tourismus in Verbindung. Da für 2020 für viele EU-Länder keine Daten zu diesen Dienstleistungen verfügbar sind, ist dies nicht Teil der Analyse. Bei den anderen Ländern, für die Daten zur Verfügung stehen, ergeben sich unter Berücksichtigung dieser Kategorie keine signifikant abweichenden Ergebnisse. In Malta wurde die Handelsbilanz vergleichsweise stark durch die Veränderungen bei allen andern Positionen außer dem Reiseverkehr beeinträchtigt.
(V) ()Bei einem Vergleich von 2021 (Prognosen) mit dem gesamten Jahr 2020 sollte nicht vergessen werden, dass nahezu das gesamte erste Quartal 2020 nicht von der Pandemie betroffen war und dass bei den Tourismusaktivitäten im Vergleich zu 2019 zu diesem Zeitpunkt noch ein Anstieg zu verzeichnen war.
(VI) ()Für eine ausführlichere Erörterung der jüngsten Entwicklungen des Arbeitsmarktes siehe Europäische Kommission (2021), Labour Market and Wage Developments in Europe (noch nicht veröffentlicht).
(VII) ()Dank zahlreicher Maßnahmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen schlug sich der Abschwung mehr in einem Rückgang der gearbeiteten Stunden im Jahr 2020 (-5,5 %) als in einem Anstieg der Arbeitslosigkeit nieder. Der Rückgang des BIP war 2020 stärker als 2009 (-4,3 %), der Anstieg der Zahl der Arbeitslosen war jedoch bedeutend geringer (zwischen 2008 und 2009 stieg die Arbeitslosenquote in der EU monatlich um rund 2,6 Prozentpunkte).
(VIII) ()Die Europäische Kommission setzte im März 2021 das neue Ziel auf EU-Ebene zur Verringerung der Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen um mindestens 15 Millionen bis 2030. Es ist eines der drei Kernziele in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und soziale Inklusion, die im Rahmen des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte bis 2030 erreicht werden sollen.
(IX) ()Im März 2021 nahm die Kommission eine Empfehlung zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) an, mit der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, kohärente Pakete verstärkter aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zur Unterstützung von Beschäftigungsübergängen im Aufschwung umzusetzen. Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und öffentliche Arbeitsverwaltungen sind, im Einklang mit der EASE-Empfehlung, ein integraler Bestandteil der Aufbau- und Resilienzpläne von 20 Mitgliedstaaten, während alle Mitgliedstaaten Maßnahmen zu Weiterbildung und Umschulung in ihre Pläne aufgenommen haben.
(X) ()Für eine ausführlichere Erörterung von Kompetenzen siehe Europäische Kommission (2021), Vorschlag für einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2022 der Kommission und des Rates.
(XI) ()Siehe: Croitorov O. et al. (2021), „The macroeconomic impact of the COVID-19 pandemic in the euro area” Quarterly Report on the Euro Area, GD ECFIN, Europäische Kommission, Bd. 20, Nr. 2, Teil I. Siehe auch The 2021 report of the Employment and Social Developments in Europe (ESDE)   und Fasani, F., Mazza, J. (2020) A vulnerable workforce: migrant workers in the Covid-19 pandemic.  Technischer Bericht der JRC
(XII) ()Jährlicher Bericht 2021 zur Beschäftigung und zur sozialen Lage in Europa.