Brüssel, den 29.9.2021

COM(2021) 591 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Neuer EU Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten (2021-2025)


Einleitung

Ein entschlossenes europäisches Vorgehen gegen die Schleuserkriminalität innerhalb und außerhalb der EU ist ein wesentlicher Bestandteil des umfassenden Migrationskonzepts, das im neuen Migrations- und Asylpaket 1 dargelegt ist. Die Schleusung von Migranten ist eine grenzüberschreitende kriminelle Aktivität, die das Leben von Migranten gefährdet, bei der das Streben nach Profit über Menschenleben und die Menschenwürde gestellt wird und die die Ziele der EU im Bereich der Migrationssteuerung und die Grundrechte der betroffenen Menschen untergräbt.

Obwohl auf EU-Ebene mit den erforderlichen Strukturen wie der Einrichtung des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Migrantenschleusung bei Europol und der Stärkung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten, den einschlägigen EU-Agenturen und Partnerländern Fortschritte erzielt wurden, die zur Zerschlagung einiger krimineller Netzwerke geführt haben, stellt die Schleuserkriminalität nach wie vor eine große Herausforderung dar, die kontinuierlich, koordiniert und gemeinsam weiter bekämpft werden muss.

In seinen Schlussfolgerungen vom 24./25. Juni 2021 2 hat der Europäische Rat bekräftigt, wie wichtig die Bekämpfung der Migrantenschleusung ist, und ernste Bedenken hinsichtlich der Entwicklungen auf einigen Migrationsrouten geäußert, die dringendes Handeln erfordern. Er forderte einen auf einem Gesamtkonzept beruhenden Ansatz, um diese Entwicklungen anzugehen, auch indem die Schleuserkriminalität und der Menschenhandel beseitigt werden. Im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 24./25. Mai 2021 3 und als Reaktion auf die Tatsache, dass staatliche Akteure zunehmend irreguläre Migration erleichtern und Menschen als Mittel einsetzen, um Druck an den Außengrenzen der EU zu erzeugen, haben die EU und ihre Mitgliedstaaten außerdem ihre feste Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, auf diese Bedrohungen zu reagieren und die Außengrenzen der EU wirksam vor der Instrumentalisierung der Migration für politische Zwecke zu schützen, und gemeinsam gehandelt, um dies zu erreichen.

Die verstärkte Bekämpfung der Schleuserkriminalität ist eine gemeinsame Herausforderung für die EU, ihre Mitgliedstaaten und Partnerländer. Sie erfordert ein Gesamtrouten-Konzept, bei dem internationale Zusammenarbeit und Koordinierung mit unseren Partnern und zwischen den Mitgliedstaaten kombiniert werden, um das Geschäftsmodell der Schleuser zu zerschlagen.

Die Zusammenarbeit mit Partnerländern zur Verringerung der Anreize für gefährliche Reisen umfasst die Unterstützung dieser Länder bei allen migrationsbezogenen Aspekten, die Bereitstellung von Schutz für Bedürftige, die Bekämpfung der Ursachen der irregulären Migration, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung menschenwürdiger Arbeit, die Förderung der regulären Migration und sicherer legaler Wege nach Europa sowie die Stärkung ihrer Kapazitäten für das Grenz- und Migrationsmanagement. Die wirksame Rückkehr und dauerhafte Wiedereingliederung von Personen ohne Recht auf Aufenthalt in der EU trägt auch dazu bei, die Anreize für irreguläre Migration zu verringern, und bietet Menschen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren, die Chance für einen Neuanfang. 4 Die Möglichkeit für irreguläre Migranten, einen Arbeitsplatz in der informellen Wirtschaft zu finden, stellt eine der stärksten Triebkräfte irregulärer Migration dar. Die wirksame Umsetzung der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber 5 ist wichtig, um vor irregulärer Migration abzuschrecken und die Rechte irregulär eingewanderter Arbeitskräfte zu schützen. Zusammen mit diesem neuen EU-Aktionsplan legt die Kommission ihre Bewertung des Stands der Umsetzung vor, begleitet von einer Reihe von Maßnahmen, die erforderlich sind, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen, wobei der Schwerpunkt auf Sanktionen gegen Arbeitgeber, Maßnahmen zum Schutz der Rechte irregulärer Migranten sowie Inspektionen liegt. 6

Der neue EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten (2021-2025), der den Ergebnissen gezielter Konsultationen der Interessenträger sowie einer öffentlichen Konsultation 7 Rechnung trägt, enthält die wichtigsten Säulen und konkreten Maßnahmen, die erforderlich sind, um Schleuserkriminalität zu bekämpfen und zu verhindern und um sicherzustellen, dass die Grundrechte von Migranten in vollem Umfang geschützt werden. Er baut auf den erfolgreichen Maßnahmen auf, die im Rahmen des EU-Aktionsplans 2015-2020 8 eingeleitet wurden, und fördert deren weitere Umsetzung und Erneuerung. Zugleich muss die EU in Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern im Geiste der Partnerschaft und der gegenseitigen Verantwortung verstärkt auf die neuen und sich wandelnden Gegebenheiten und Praktiken reagieren, die entlang der Migrationsrouten entstehen.

Der neue EU-Aktionsplan trägt zur Umsetzung des neuen Migrations- und Asylpakets bei, indem er darauf abzielt, den Verlust von Menschenleben zu verhindern, unsichere und irreguläre Migration zu verringern und eine geordnete Migrationssteuerung sowie eine nachhaltige Migrations- und Asylpolitik der EU zu ermöglichen. Indem er dabei hilft, kriminelle Vereinigungen zu zerschlagen, unterstützt der Aktionsplan ferner die Ziele der EU-Strategie für eine Sicherheitsunion 9 sowie der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 10 und der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021-2025 11 , die in vollständiger Synergie miteinander durchgeführt werden.

1.Die Lage im Bereich Schleuserkriminalität

Nach Angaben der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) nehmen mehr als 90 % der irregulären Migranten, die in die EU gelangen, für Teile ihrer Reise oder die gesamte Reise die Dienste von Schleusern in Anspruch. Zwei Drittel von ihnen erfüllen nicht die Kriterien für die Zuerkennung internationalen Schutzes und müssen letztendlich rückgeführt werden. Die restriktiven Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie haben die Schleuserkriminalität komplexer gemacht, was zu einer stärkeren Beteiligung krimineller Netzwerke, höheren Preisen und letztlich höheren Gewinnen geführt hat. Im ersten Halbjahr 2021 nahmen die illegalen Grenzübertritte gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2020 um 59 % zu. Es liegt auf der Hand, dass sich Schleuser schnell an die neuen Umstände angepasst haben: nach einem anfänglichen Rückgang im März und April 2020 wurden die Aktivitäten rasch wieder aufgenommen. 12  

Kriminelle Schleusernetzwerke – Arbeitsweise

Schleuser gefährden das Leben von Menschen, machen falsche Versprechungen und fügen Migranten schweren Schaden zu. Die Grundrechte von Migranten werden häufig massiv verletzt, und Migranten können aufgrund ihres irregulären Status oft nicht um Hilfe ersuchen. Migranten, insbesondere jene, die sich in prekären Situationen befinden, wie Kinder und unbegleitete Minderjährige, werden oft Opfer von Gewalt, Erpressung, Ausbeutung, Vergewaltigung, Missbrauch, Diebstahl, Entführung und sogar Tötungen. 13 Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration sind seit 2014 mehr als 20 000 Migranten bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ums Leben gekommen, davon 1 369 im Jahr 2021.

Die Schleusung von Migranten ist eine Kernaktivität krimineller Netzwerke, die von der anhaltenden Nachfrage getragen wird. Die Nachfrage dürfte weiter anhalten, angefacht von mehreren Faktoren: demografisches Wachstum mit den damit einhergehenden sozioökonomischen Schwierigkeiten und fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten, Diskriminierung, Instabilität, Konflikte, Umweltzerstörung und Klimawandel, die Wahrnehmung der EU als wirtschaftlich, politisch, sozial und ökologisch stabilere Region sowie Desinformation und das falsche Narrativ von Schleusern, die Migranten dazu bewegen, aufgrund falscher Versprechungen gefährliche Reisen auf sich zu nehmen. Darüber hinaus können die gesundheitlichen, wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen der Pandemie mittel- und langfristig Anreize für die irreguläre Migration nach Europa schaffen und damit die Nachfrage nach Schleuserdiensten fördern. In der Vergangenheit sind Länder, die besonders von anhaltender Arbeitslosigkeit betroffen sind, zu Herkunftsländern geworden, und zwar sowohl im Zusammenhang mit der Schleusung von Migranten als auch mit dem Verkauf von Menschen in wohlhabendere Länder. 14 Ferner könnte die schwächer werdende Wirtschaftslage in der EU die Nachfrage nach billigen Arbeitskräften auf dem Schwarzmarkt erhöhen, was eher irreguläre Migranten anziehen dürfte und zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, einschließlich Zwangsarbeit, führen könnte.

Schleusernetzwerke können ihr Angebot an illegalen Dienstleistungen rasch anpassen. Sie arbeiten je nach Standort und Kontext, in dem sie tätig sind, auf unterschiedliche Weise. Sie bieten unterschiedliche Dienstleistungen an, darunter verschiedene Transportmöglichkeiten, sichere Unterschlupforte entlang der Route und gefälschte Reisedokumente. Was den Luftweg betrifft, spielt der Dokumentenbetrug bei Personalausweisen und Visa eine entscheidende Rolle, während auf dem Landweg das Verstecken in Fahrzeugen oder das Überqueren von Grenzen zu Fuß Teil der Reise sind.

Schleuser nutzen verschiedene Zahlungssysteme, die von Online-Methoden bis hin zu Untergrundbanken reichen, bei denen das Geld hinterlegt und nach Erbringung des vereinbarten Dienstes entgegengenommen wird. Die digitale Schleusung stellt eine neue Herausforderung für die Strafverfolgungs- und Justizbehörden dar, da Schleuser zunehmend digitale Dienste und Instrumente nutzen, unter anderem soziale Medien und mobile Anwendungen für die Anwerbung, Kommunikation und Geldüberweisungen, Abholung und Übergabe von Migranten, Bereitstellung von Navigationshilfe, Verbreitung von Bildern und Videos von Dokumenten und Tickets und sogar die Verfolgung der Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden.

Es wird geschätzt, dass Schleusernetzwerke mit ihren kriminellen Aktivitäten erhebliche Gewinne erzielen, die weltweit zwischen 4,7 und 6 Mrd. EUR im Jahr betragen. 15 Während die Preise für Schleuserdienste je nach Routen und erbrachten Vermittlungsdiensten unterschiedlich zu sein scheinen, haben Ermittlungen in Fällen von Schleuserkriminalität gezeigt, dass sich die Preise für Schleuserdienste in der Regel auf bis zu 20 000 EUR pro Person belaufen können.

Das Profil, die Organisation und die Aktivitäten von Schleusern und Schleusernetzwerken sowie der Umfang der illegalen Dienstleistungen unterscheiden sich je nach sozioökonomischem, politischem und kulturellem Kontext in den Partnerländern erheblich. Die Schleusung von Migranten als illegale Wirtschaftstätigkeit unterstützt ein viel breiteres Spektrum von Aktivitäten in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern und reicht von Ladenbesitzern, die Rettungswesten oder Reiseartikel verkaufen, Fahrzeugvermietungen, Schiffseignern und Hotelbesitzern an bestimmten Verkehrsknotenpunkten bis hin zu Geldtransfergeschäften. Schleusernetzwerke sind häufig von etablierten Verbindungen innerhalb der Gemeinschaft abhängig, über die Schleuserdienste anderen potenziellen Migranten empfohlen und Zahlungen geleistet werden. 16  

Strukturen der organisierten Kriminalität, die hochkomplexe Operationen ermöglichen, welche das gesamte Spektrum der Schleuserdienste entlang der gesamten Route abdecken, stellen ein hohes Risiko für die Sicherheit Europas dar, insbesondere Personen in den höheren Rängen dieser kriminellen Organisationen. Etwa 50 % der an der Schleusung von Migranten beteiligten Netzwerke sind in verschiedenen Kriminalitätsbereichen aktiv, einschließlich Menschenhandel, Drogenhandel, Verbrauchsteuerbetrug, Schusswaffenhandel und Geldwäsche. 17 Kriminelle Netzwerke organisieren zunehmend Scheinehen als Teil ausgefeilter Betrugssysteme und erzielen Gewinne, indem sie hauptsächlich Frauen in prekären Lagen zu einer Tätigkeit verhelfen, das ihnen „leicht verdientes Geld“ einbringt, bei der sie jedoch in ein Netz von Ausbeutung und Missbrauch verstrickt werden. 18

In einigen Fällen unterhalten diese Netzwerke Verbindungen zu gewalttätigen kriminellen Organisationen und/oder bewaffneten Gruppen, beispielsweise in einigen Gebieten der Sahelzone, die sie für den sicheren Transit durch Gebietsabschnitte, die unter ihrer Kontrolle stehen, bezahlen. In anderen Fällen, beispielsweise in Libyen, scheinen lokale Milizen zunehmend an Schleuseraktivitäten beteiligt zu sein.

Entwicklungen bei den irregulären Migrationsströmen

Während sich die Routen als Reaktion auf verstärkte Maßnahmen und Kontrollen an den Grenzen, Strafverfolgungsmaßnahmen oder Sicherheitsrisiken rasch ändern können, sind die Schleuserknotenpunkte, an denen Nachfrage und Angebot von Schleuserdiensten zusammenkommen, tendenziell relativ stabil. In der Regel handelt es sich dabei um Hauptstädte oder Großstädte, in denen sich wichtige Migrationsrouten kreuzen. Schleuser agieren proaktiv, um potenzielle Migranten zu rekrutieren, unter anderem durch Fehlinformationskampagnen über Routen, Risiken und Bedingungen in den Zielländern. Schleusernetzwerke nutzen nach wie vor überwiegend die drei Mittelmeerrouten (westliche, zentrale und östliche Mittelmeerroute) sowie die westafrikanische Route (häufig auch als Atlantikroute bezeichnet), um irreguläre Migranten in die EU zu bringen. Schätzungen zufolge werden 85 % bis 90 % der Schleusungen in die EU auf dem Seeweg ermöglicht.

Auf der zentralen Mittelmeerroute ist im Vergleich zu 2020 ein stetiger Anstieg der Zahl der Ankünfte in Italien und Malta zu verzeichnen. Auf der westlichen Mittelmeerroute/Atlantikroute ist Algerien zu einem wichtigen Ausgangspunkt für Bewegungen auf das spanische Festland geworden, und die Kanarischen Inseln wurden zunehmend zu einem Ziel entlang der westafrikanischen Route. Seit August 2019 ist auf den Kanarischen Inseln ein allmählicher Anstieg der festgestellten illegalen Grenzübertritte auf See zu verzeichnen, und seit August 2020 erfolgt dieser exponentiell. Auf der östlichen Mittelmeerroute sind die Migrationsströme nach Griechenland und Bulgarien im Laufe der Zeit zwar zurückgegangen, bleiben aber konstant bestehen. Die Nachfrage von Migranten nach Schleuserdiensten, die sie durch den Westbalkan führen, ist nach wie vor hoch. Infolge der Reisebeschränkungen, die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eingeführt wurden, ist die Zahl der Migranten, die sich im Westbalkan aufhalten, in den Jahren 2020 und 2021 gestiegen. Die anhaltende Instabilität in Ländern wie Syrien oder Südsudan könnte den Migrationsdruck aufrechterhalten oder erhöhen. 19 Die anhaltende Krise in Afghanistan könnte die Gefahr von Vertreibung, Migrationsströmen in der Region und der Schleusung von Migranten in die EU weiter erhöhen. Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 21. September 2021 wird die EU auch eine regionale politische Plattform für die Zusammenarbeit mit den unmittelbaren Nachbarn Afghanistans einrichten, die zur Verhinderung negativer Ausstrahlungseffekte in der Nachbarschaft beitragen und Unterstützung im Hinblick auf die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und die regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie den Bedarf an humanitärer Hilfe und Schutz bieten soll.

Schleuserkriminalität endet nicht an den Außengrenzen der EU. Das Angebot an Unterstützungsdiensten für unerlaubte Reisen innerhalb der EU ist vielfältig. Schleusernetzwerke nutzen weiterhin Routen innerhalb der EU von Spanien, Italien oder Griechenland nach Frankreich, Deutschland und anderen Mitgliedstaaten und erleichtern Reisen irregulärer Migranten auf dem Landweg, zu Fuß oder in Fahrzeugen, Booten und Flugzeugen. Häufig werden Verstecke in abgeschlossenen Abteilungen oder Mietwagen genutzt. Schleuser bieten ihre Dienste online und an Orten an, an denen sich die meisten Migranten aufhalten, z. B. in der Nachbarschaft von Aufnahmezentren. Schleuser machen sich Dokumentenbetrug zunutze, um Reisen auf dem Luftweg zu erleichtern, und bieten gelegentlich Dienstleistungen an, um den Aufenthaltsstatus von Migranten zu legalisieren. Irreguläre Migranten versuchen häufig, Länder innerhalb der EU oder das Vereinigte Königreich zu erreichen, in denen ihre Familien, Freunde oder Diasporagemeinschaften leben und von denen sie annehmen, dass sie dort die besten Aussichten haben, einen Arbeitsplatz zu finden und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Es gibt Anzeichen dafür, dass Schleuser die unerlaubten Reisen von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wurde, erleichtern.

Instrumentalisierung irregulärer Migration durch staatliche Akteure

Ein äußerst besorgniserregendes Phänomen, das in letzter Zeit beobachtet wurde, ist die Tatsache, dass staatliche Akteure irreguläre Migration zunehmend künstlich herbeiführen und erleichtern, um Migrationsströme für politische Zwecke zu instrumentalisieren. 20  

Seit Juni 2021 wird eine neue und gravierende Entwicklung beobachtet, mit der die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten destabilisiert werden sollen: Belarus vergilt die Sanktionen der EU mit der organisierten staatlich geförderten Schleusung von Migranten in die EU über Flugzeuge aus mehreren Drittländern (hauptsächlich aus Irak sowie aus der Republik Kongo, Kamerun, Syrien u. a.), und zwar in der Regel mit gültigem Visum oder visumfrei. Belarus hat die Aussetzung des 2020 ratifizierten EU-Rückübernahmeabkommens angekündigt und sich geweigert, die irregulären Migranten, die über Belarus gereist sind, wieder aufzunehmen. Schleuser haben von der Lage profitiert, insbesondere von den Maßnahmen der belarussischen Regierung, indem sie Migranten illegale Dienstleistungen und Online-Beratung darüber anbieten, wie sie illegal nach Belarus gelangen und die EU-Außengrenze zu Litauen, Lettland oder Polen überqueren können. 21  

Organisierte Versuche, irreguläre Migration für politische Zwecke einzusetzen 22 , weisen auf ein Phänomen hin, das zunehmend Sorgen bereitet und von der EU und ihren Mitgliedstaaten gemeinsam angegangen werden sollte.

2.Auf den Erfolgen des ersten EU-Aktionsplans (2015-2020) aufbauen

Im Jahr 2020 führten die Maßnahmen im Rahmen von EMPACT zu 2 110 internationalen Ermittlungen, 2 280 Festnahmen, darunter von 16 hochrangigen Zielpersonen, der Ermittlung von 27 kriminellen Netzwerken und der Zerschlagung von 14 kriminellen Netzwerken, der Aufdeckung von 2 350 Dokumentenbetrugsfällen und der Beschlagnahme von Barmitteln in Höhe von 0,7 Mio. EUR sowie von Fahrzeugen, Feuerwaffen und Drogen. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden 26 175 irreguläre Migranten aufgespürt.

Diese Arbeit wurde durch das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung unterstützt. Seit 2016 hat das Zentrum 175 Ermittlungen vor Ort im Zusammenhang mit Schleuserkriminalität unterstützt.

Ein verstärktes europaweites Vorgehen gegen die Schleuserkriminalität muss den anhaltenden Herausforderungen gerecht werden und gleichzeitig auf die Herausforderungen reagieren, die derzeit neu entstehen. Die neuen Maßnahmen müssen auf den Erfolgen des EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten (2015-2020) beruhen und die Umsetzung der wichtigsten politischen Meilensteine und des operativen Rahmens gegen die Schleuserkriminalität fördern.

Mit dem EU-Aktionsplan 2015-2020 wurde erstmals ein umfassendes und multidisziplinäres EU-Konzept eingeführt, um die Schleuserkriminalität von einem profitablen Geschäft mit geringem Risiko in ein wenig profitables Geschäft mit hohem Risiko zu verwandeln sowie die uneingeschränkte Achtung und den Schutz der Grundrechte von Migranten sicherzustellen. Darin werden unter vier Schwerpunkten konkrete Maßnahmen dargelegt: Verbesserung des Vorgehens der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz gegen Schleuserkriminalität; Sammlung und Austausch von Informationen; Verbesserung der Prävention der Schleuserkriminalität und der Unterstützung schutzbedürftiger Migranten; Verstärkung der Zusammenarbeit mit Partnerländern. Es wurden Fortschritte bei der Umsetzung aller vier Punkte erzielt.

Europol und Eurojust arbeiten über das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung zusammen. Eurojust unterstützt die EMPACT-Tätigkeiten der Mitgliedstaaten zu bestimmten Vorgehensweisen wie Scheinehen und der Schleusung auf dem See- oder Luftweg.

Die Einrichtung des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Migrantenschleusung bei Europol im Jahr 2016 war ein Meilenstein bei der Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung. Das Zentrum leistet Mitgliedstaaten operative Unterstützung bei ihren Ermittlungen, indem es Ermittler aus Mitgliedstaaten zusammenbringt, Analysen bereitstellt und sich an Aktionstagen beteiligt, an denen Europol-Bedienstete operative Informationen über Fälle von Schleuserkriminalität vergleichen. Darüber hinaus hat die Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) die kriminalpolizeilichen Erkenntnisse, den Informationsaustausch und die operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit Partnern verbessert. Eine ihrer Prioritäten besteht darin, kriminelle Netzwerke entlang der Hauptrouten in die EU sowie innerhalb der EU zu zerschlagen, wobei der Schwerpunkt auf den Netzwerken liegt, die durch ihre Methoden Menschenleben gefährden (z. B. Verstecke in Lastkraftwagen, Einsatz seeuntüchtiger Wasserfahrzeuge), die Online-Dienste anbieten und Dokumentenbetrug nutzen.

Die Africa-Frontex Intelligence Community, die 30 afrikanische Länder umfasst, unterstützt den Ausbau der analytischen, präventiven und operativen Kapazitäten bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität, insbesondere durch Risikoanalysezellen. Am 9. Februar 2021 führte der Informationsaustausch zwischen Gambia und Sierra Leone zur Festnahme in einem Fall des Menschenhandels mit 13 jungen Sierraleonern, von denen zehn jünger als 18 Jahre waren.

Die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) ist ein wichtiger Akteur bei der Verbesserung des justiziellen Vorgehens gegen Schleuserkriminalität. Eurojust hat seine Unterstützung für Tätigkeiten in diesem Bereich schrittweise verstärkt. 2020 gab es 217 komplexe Fälle, die eine grenzüberschreitende justizielle Koordinierung umfassten. Eurojust unterstützte die Umsetzung von 71 gemeinsamen Ermittlungsgruppen 23 im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen in Fällen von Schleuserkriminalität. Eine Fokusgruppe zum Thema Schleuserkriminalität, die für Richter und Staatsanwälte eingerichtet wurde, fördert die Ermittlung von Herausforderungen sowie den Austausch bewährter Verfahren und der bei der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung von Fällen der Migrantenschleusung gewonnenen Erkenntnisse.

Das 2015 eingesetzte gemeinsame Einsatzteam „MARE“ unterstützt einen intensivierten Austausch von Erkenntnissen mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) und eine enge Zusammenarbeit mit der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol), unter anderem durch die Entsendung nationaler Experten der Mitgliedstaaten zu Europol. Das Team sammelt, analysiert, verbessert und verbreitet nachrichtendienstliche Erzeugnisse und hat bereits Dutzende Ermittlungen gegen kriminelle Netzwerke unterstützt, die an der Schleusung von Migranten auf dem Seeweg und damit verbundenen unerlaubten Migrationsbewegungen in Zielländer beteiligt sind. In Zusammenarbeit mit Frontex und anderen Partnern wurden mehr als 1 000 Wasserfahrzeuge, bei denen der Verdacht besteht, dass sie für Schleuserkriminalität genutzt werden, in die Datenbanken von Europol aufgenommen.

Das Hotspot-Konzept hat sich im Kampf gegen die Schleuserkriminalität als wesentlich herausgestellt; nach diesem Konzept arbeiten EU-Agenturen – das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), Frontex, Europol und Eurojust – eng mit den Behörden der Mitgliedstaaten zusammen, die Migrationsdruck an den Außengrenzen der EU ausgesetzt sind, um ihnen dabei zu helfen, ihre Verpflichtungen im Rahmen des EU-Rechts zu erfüllen und ankommende Migranten rasch zu identifizieren, zu registrieren und ihre Fingerabdrücke zu erfassen. Frontex leistete Unterstützung bei der Identifizierung und Registrierung von Migranten, die an den EU-Außengrenzen ankommen, und führte Befragungen durch, um für die Zwecke der Risikoanalyse und strafrechtlicher Ermittlungen Informationen über Schleusernetzwerke und die Routen zu sammeln. Die Beteiligung von Europol an Befragungen und ein systematischerer Zugang für die Sammlung von Informationen und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen haben zur Ermittlung von Schleuserpraktiken, ‑netzwerke und ‑routen beigetragen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben in den vergangenen Jahren Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) damit beauftragt, Sicherheitsprobleme im Zusammenhang mit irregulärer Migration anzugehen und die Zusammenarbeit zwischen der GSVP und EU-Agenturen zu verbessern, um Fragen der internen und externen Sicherheit miteinander zu verknüpfen. Daraus haben sich mehrere Initiativen 24 mit Europol, Frontex und Eurojust im Bereich des Informationsaustauschs ergeben. 25 Der Umfang der im Rahmen der GSVP durchgeführten Maßnahmen reichte von der Unterstützung der Behörden des Aufnahmestaats bei ihren Bemühungen, irreguläre Migration zu kontrollieren und zu verhindern und damit verbundene Straftaten zu bekämpfen, 26 über die Sicherstellung des Grenzmanagements und die Bekämpfung der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels 27 bis hin zur Bekämpfung von Unsicherheit oder mangelnder Rechtsstaatlichkeit als Hauptursachen für irreguläre Migration 28 . Darüber hinaus tragen die beiden EU-Marineoperationen IRINI 29 und ATALANTA 30 dazu bei, das Geschäftsmodell der Schleusung von Migranten und des Menschenhandels zu zerschlagen.

Die gemeinsame Ermittlungsgruppe in Niger nahm 2016 ihre Tätigkeit auf. Bis 27. Mai 2021 unterstützte sie die Festnahme von 554 Verdächtigen und 338 Gerichtsverfahren sowie die Ermittlung von 50 nationalen und 138 internationalen kriminellen Netzwerken.

Im Jahr 2020 wurde mit der Umsetzung einer neuen gemeinsamen operativen Partnerschaft mit Côte d’Ivoire begonnen. Die französischen Behörden haben Schulungs- und Mentoring-Aktivitäten zur Stärkung spezialisierter Ermittlungseinheiten auf dem Gebiet der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels eingeleitet.

Im Zeitraum 2019-2020 wurde in Niger eine Informations- und Sensibilisierungskampagne durchgeführt, um informierte Entscheidungen in Migrationsfragen zu fördern. Dabei handelte es sich um ein direktes Engagement mit Gemeinschaften durch individuelle Migrationsberatung und größere Gemeinschaftsveranstaltungen sowie Öffentlichkeitsarbeit im Internet und in den Medien. 10 580 Personen aus 20 Herkunftsländern, die Niger durchquerten, haben an persönlichen Konsultationen teilgenommen; 7 502 von ihnen berichteten über eine verstärkte Sensibilisierung in wichtigen Risikobereichen.

Mit der Verordnung über das europäische Netz von Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen 31 , die 2019 in Kraft getreten ist, wurde die Sammlung und der Austausch von Informationen durch einen neuen Rahmen für die Zusammenarbeit und Koordinierung der von den Mitgliedstaaten, der Kommission und den EU-Agenturen in Drittländer entsandten Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen gestärkt. Die Zentralstelle für Informationen bei Europol bildet die Grundlage für einen schnelleren Austausch und eine schnellere Verarbeitung von Informationen von Frontex, Interpol und GSVP-Missionen. Sie verbessert das Lagebild zur Schleusung von Migranten aus Herkunfts- und Transitländern. Die EU-Meldestelle für Internetinhalte bei Europol hat die Kapazität der Behörden gestärkt, böswillige Inhalte im Internet und in sozialen Medien zu untersuchen, damit Inhalte, die von Schleusernetzwerken genutzt werden, aufgedeckt werden können und deren Entfernung verlangt werden kann. Durch die weitere Entwicklung der Africa-Frontex Intelligence Community mit Risikoanalysezellen in Gambia, Ghana, Niger, Nigeria und Senegal wurden die Sammlung und der Austausch von Informationen verbessert.

Im Hinblick auf die verstärkte Prävention der Schleusung von Migranten und die Unterstützung schutzbedürftiger Migranten hat die Kommission Informations- und Sensibilisierungskampagnen eingeleitet, um potenzielle Migranten über die Risiken der Schleusung und der irregulären Migration zu informieren und dem Narrativ von Schleusern etwas entgegenzusetzen. Kampagnen wurden im Westbalkan, in Afrika und in Asien gestartet. 32 Auf der Grundlage der bei früheren Kampagnen gewonnenen Erkenntnisse und einer Studie, die die Kommission zu diesem Thema durchgeführt hat, 33 entwickelt die Kommission derzeit ein Instrumentarium mit bewährten Verfahren und Empfehlungen für die Erforschung und Gestaltung von Kampagnen, deren Durchführung und Arbeitsmethoden.

Im Rahmen der vierten Komponente des Aktionsplans 2015-2020 unterstützte die Kommission die bilaterale und regionale operative Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität, um eine verstärkte und engere Zusammenarbeit mit Partnerländern entlang der wichtigsten Migrationsrouten zu erreichen. Diese Zusammenarbeit umfasste die Unterstützung der Strafverfolgung und der justiziellen Zusammenarbeit, den Aufbau von Kapazitäten im Bereich Grenzmanagement sowie Informations- und Sensibilisierungskampagnen.

Regionale und nationale gemeinsame operative Partnerschaften 34 haben gemeinsame Maßnahmen erleichtert, den Aufbau von Kapazitäten für Strafverfolgungs- und Justizbehörden in Partnerländern ermöglicht und den Austausch von bewährten Verfahren und Informationen unterstützt. Die gemeinsame operative Partnerschaft Nordafrika, die von Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden und Interpol mit EU-Mitteln umgesetzt wird, arbeitet mit den zuständigen Behörden afrikanischer Länder, Regionen und Organisationen zusammen, wobei der Schwerpunkt auf Côte d’Ivoire, Guinea, Tunesien, Nigeria sowie Ländern am Horn von Afrika und dem Mechanismus der Afrikanischen Union für die polizeiliche Zusammenarbeit (AFRIPOL) liegt. Mit Gambia, Mali, Mauretanien, Niger, Senegal, der Türkei und den Westbalkanländern wurden gemeinsame operative Partnerschaften und gemeinsame Ermittlungsgruppen entwickelt, und die Einrichtung eines Netzes gemeinsamer operativer Partnerschaften in West- und Zentralafrika wurde unterstützt. 35  

Auf regionaler Ebene wurde mit dem Aktionsplan von Valletta die Verbesserung der Migrationssteuerung zwischen Europa und Afrika unterstützt. Auf der Ministerkonferenz zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und nordafrikanischen Partnern vom Juli 2020 36 wurde die beiderseitige Entschlossenheit bekräftigt, Schleuserkriminalität zu verhindern und zu bekämpfen. Am 10./11. Mai 2021 wurde unter Teilnahme der Partner aus der EU und Afrika ein hochrangiges Seminar veranstaltet 37 , bei dem die Zusage der Teilnehmer bekräftigt wurde, gemeinsam Fragen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der irregulären Migration und der Schleuserkriminalität, der Einrichtung von Instrumenten für die Rückkehr und Rückübernahme sowie der regulären Migration und Mobilität anzugehen. Seit 2018 unterstützt der Niamey-Prozess die Zusammenarbeit zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und west- und nordafrikanischen Ländern bei der Prävention und Bekämpfung der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels. Darüber hinaus unterstützte das Regionale Operationszentrum in Khartum (ROCK), das 2019 mit Unterstützung der EU eingerichtet wurde, die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch im Bereich der Strafverfolgung, was zu 245 nachrichtendienstlichen Berichten und 19 Festnahmen geführt hat. Außerdem investiert die EU beträchtliche Mittel, um Partnerländer – insbesondere in der Nachbarschaft der EU – zu unterstützen, ihr Grenzmanagement und ihre Fähigkeit zur Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen an Land und auf See zu verbessern.

Die Beteiligung der Partner im Westbalkan am operativen Aktionsplan von EMPACT über die Beihilfe zur irregulären Migration trägt dazu bei, organisierte kriminelle Netzwerke zu zerschlagen, die an Migrantenschleusung und am Missbrauch legaler Migrationswege beteiligt sind, einschließlich der Verwendung gefälschter Dokumente. Mit dem von der EU finanzierten Projekt zur Bekämpfung der schweren Kriminalität im westlichen Balkan wurden seit 2017 fünf gemeinsame Ermittlungsgruppen eingerichtet und 115 strafrechtliche Ermittlungen unterstützt (was in 37 Fällen zu einer Strafverfolgung führte), von denen 14 den Menschenhandel und Schleuserkriminalität betrafen.

Die Erklärung EU-Türkei von 2016 trägt dazu bei, das Geschäftsmodell von Schleusern durch verstärkte Grenzkontrollen der türkischen Behörden zu zerschlagen und neue See- oder Landrouten für die irreguläre Migration zu verhindern. Im Rahmen der Erklärung einigten sich die Türkei und die EU darauf, die Maßnahmen gegen Schleuser weiter zu verstärken. Darüber hinaus vereinbarten sie, die Rückführung irregulärer Migranten von den griechischen Inseln zu erleichtern und gleichzeitig mehr Möglichkeiten für die Neuansiedlung von Syrern aus der Türkei in Europa zu schaffen. Die EU erwartet, dass die Türkei alle Elemente der Erklärung EU-Türkei umsetzt. Die vollständige Umsetzung wird auch ein Thema beim Dialog EU-Türkei auf hoher Ebene über Migration und Sicherheit im Oktober 2021 sein.

In Bezug auf Länder entlang der Seidenstraße wurde mit einem von der EU finanzierten und vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchgeführten regionalen Programm die Ermittlung und Verfolgung von 184 Fällen der Schleuserkriminalität unterstützt, was zu 80 Ermittlungen und 69 Gerichtsverfahren führte. 38

3.Die europäische Bekämpfung der Schleuserkriminalität erneuern

Bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität hat die EU zwar in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, doch bestehen weiterhin Herausforderungen, zu denen neue hinzugekommen sind, sodass verstärkte Maßnahmen und ein erneuerter umfassender Ansatz erforderlich sind. Dies gilt sowohl für unsere Zusammenarbeit mit Partnerländern als auch für die Arbeit in der EU und in jedem ihrer Mitgliedstaaten, die Bekämpfung krimineller Netzwerke, die Intensivierung der Zusammenarbeit und die Unterstützung der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität.

Der neue EU-Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten (2021-2025) stützt sich auf die folgenden Aktionsschwerpunkte: 1. verstärkte Zusammenarbeit mit Partnerländern und internationalen Organisationen, 2. Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Sanktionierung von Schleusern, die innerhalb und außerhalb der EU tätig sind, 3. Verhinderung der Ausbeutung und Gewährleistung des Schutzes von Migranten, 4. Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Justiz sowie Unterstützung ihrer Arbeit zur Bewältigung neuer Herausforderungen und 5. Verbesserung der Kenntnisse über die Arbeitsweise von Schleusern.

3.1Verstärkte Zusammenarbeit mit Partnerländern und internationalen Organisationen

Im neuen Migrations- und Asylpaket wird betont, wie wichtig es ist, umfassende, ausgewogene, maßgeschneiderte und für alle Seiten vorteilhafte Migrationspartnerschaften mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern zu entwickeln, um gemeinsame Herausforderungen anzugehen und gemeinsame Chancen zu nutzen. Ziel der Migrationspartnerschaften ist eine bessere Steuerung und ein besseres Management der Migration, die Unterstützung von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften in Partnerländern, die Schaffung wirtschaftlicher Möglichkeiten, die Förderung menschenwürdiger Arbeit und die Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration 39 , die Intensivierung der Zusammenarbeit in den Bereichen Rückkehr, Rückübernahme und Wiedereingliederung und zugleich die Entwicklung legaler Zugangswege und die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern. Die Bekämpfung der Schleuserkriminalität ist ein wichtiger Bestandteil dieser Partnerschaften.

Die EU hat bereits erfolgreiche Rahmen für die Zusammenarbeit mit Partnerländern geschaffen, die zur Bekämpfung von irregulärer Migration und Schleuserkriminalität beitragen. Die bisherigen Maßnahmen und Anstrengungen sind jedoch fragmentiert, und so ist die Schleuserkriminalität nach wie vor ein Phänomen, das sowohl für die EU als auch für die Partnerländer zunehmend Anlass zur Sorge gibt. Es bedarf eines stärker koordinierten und strukturierten Ansatzes, um Synergien zu verstärken, die Wirksamkeit der bestehenden Instrumente zu maximieren und neue Herausforderungen zu bewältigen, Schleuserkriminalität zu verhindern und die wirksame Durchführung von Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen sowie die wirksame Durchsetzung von Verurteilungen zu gewährleisten. Im Einklang mit dem neuen Paket sollte die EU daher mit Drittländern oder Regionen entlang der Migrationsrouten zur EU auf bestehenden Rahmen für die Zusammenarbeit aufbauen und spezielle und maßgeschneiderte operative Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität entwickeln. Diese operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität sollten integraler Bestandteil der umfassenden Migrationspartnerschaften der EU mit Herkunfts- und Transitländern sein und die regionale und internationale Zusammenarbeit unterstützen.

Auf internationaler Ebene erfordert die Bekämpfung der Schleuserkriminalität eine kontinuierliche und aktive Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen (VN), Interpol, anderen internationalen und regionalen Organisationen sowie anderen Gebern. Die EU sollte ihre aktive Zusammenarbeit mit den VN und deren Sonderorganisationen, insbesondere dem UNODC und dessen Arbeitsgruppe zur Schleusung von Migranten 40 , fortsetzen.

Darüber hinaus ist ein strukturierter und koordinierter Ansatz auch erforderlich, um eine wirksame und rasche Reaktion auf die irreguläre Migration zu gewährleisten, die von staatlichen Akteuren unterstützt wird und auch in multilateralen und internationalen Foren erörtert werden sollte.

3.1.1 Operative Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität

Um dem grenzüberschreitenden Charakter der Schleuserkriminalität über EU-Grenzen hinaus wirksam zu begegnen, ist eine engere Zusammenarbeit mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern sowohl auf bilateraler als auch auf regionaler Ebene erforderlich. Im Rahmen der umfassenden Partnerschaften der EU wird diese Zusammenarbeit in maßgeschneiderte operative Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität überführt, die auf einem kontinuierlichen Austausch und einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen der EU und den Partnerländern beruhen. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die rechtlichen, politischen, operativen und strategischen Rahmen in den Partnerländern zu stärken und die Wirkung, die Eigenverantwortung und die Nachhaltigkeit der Bemühungen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität zu erhöhen.

Synergien und Kohärenz mit anderen Strategien und Maßnahmen müssen gefördert und gewährleistet werden, auch in den Bereichen Sicherheit (z. B. Grenzsicherheit, Bekämpfung der organisierten Kriminalität), Entwicklungszusammenarbeit (z. B. allgemeine und berufliche Bildung, Gemeinschaftsentwicklung, nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Entwicklung) sowie verantwortungsvolle Staatsführung (z. B. Korruptionsbekämpfung).

Die operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität werden einige oder alle der folgenden Komponenten umfassen, die auf die Bedürfnisse der Partnerländer oder ‑regionen abgestimmt sind und mit denen durch einen kontinuierlichen Austausch eine stärkere operative Zusammenarbeit erreicht werden soll, die durch Folgendes eine gezielte Unterstützung bietet:

-Hilfe bei der Schaffung solider Rechtsrahmen – oder der Stärkung bestehender Rechtsrahmen – auf der Grundlage des VN-Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg. In den Fällen, in denen Partnerländer noch nicht Vertragspartei des VN-Zusatzprotokolls sind, wird die EU sie in Zusammenarbeit mit dem UNODC nachdrücklich auffordern und unterstützen, das Protokoll zu ratifizieren. Dies ist ein wichtiger Schritt bei der wirksamen Abschreckung vor und wirksamen strafrechtlichen Verfolgung von Schleuserkriminalität, damit Schleuser in den Herkunftsländern festgenommen und für ihre Straftaten belangt werden können. Solide Rechtsrahmen sind ebenso notwendig für eine wirksame Zusammenarbeit mit Mitgliedstaaten und EU-Agenturen, darunter Europol, Frontex und Eurojust.

-Gewährleistung der Umsetzung des Rechtsrahmens durch die Entwicklung faktengestützter Maßnahmen, Strategien und Aktionspläne auf nationaler, regionaler und kontinentaler Ebene. Die Unterstützung des Partnerlands sowie regionaler und kontinentaler Organisationen bei der Datenerhebung, ‑analyse und ‑auswertung zur Orientierungshilfe für Entscheidungsträger wird von entscheidender Bedeutung sein.

-Aufbau der operativen Fähigkeiten der nationalen und lokalen Behörden in Partnerländern zur Verhinderung von und Abschreckung vor irregulärer Migration, gegebenenfalls auch durch Rückgriff auf bestehende Strukturen 41 oder Einrichtung spezieller Koordinierungszentren. Die Kapazitäten der Partnerländer, Menschen in einer prekären Lage zu helfen, insbesondere Kindern und Frauen, die Gewalt, Ausbeutung, Missbrauch und Menschenhandel ausgesetzt sein können, sollten ebenfalls gestärkt werden.

-Unterstützung der Grenzmanagementkapazitäten der Partnerländer, um irreguläre Ausreisen und Durchreisen zu verhindern.

-Angebot operativer Unterstützung der Zusammenarbeit in den Bereichen Strafverfolgung und Justiz zur Schaffung und Stärkung von Kapazitäten und Eigenverantwortung in den Partnerländern, Stärkung des Einsatzes moderner Ermittlungsinstrumente und ‑techniken sowie Erleichterung der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden. Dies sollte auf den Ergebnissen und Erfahrungen der derzeitigen gemeinsamen operativen Partnerschaften und gemeinsamen Ermittlungsgruppen aufbauen.

-Intensivierung der Zusammenarbeit mit Partnerländern im Bereich Identitäts- und Dokumentenbetrug, um die Zahl der Visa zu verringern, die auf der Grundlage gestohlener und/oder gefälschter Ausweispapiere ausgestellt werden. Dies sollte den Einsatz neuer Technologien zur Aufdeckung von Dokumentenbetrug, zur Kontrolle der Ausstellung und Ausgabe von Pässen, die Modernisierung und Digitalisierung der Personenstandsregister sowie mögliche Schulungsmaßnahmen fördern.

-Verstärkung von Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen durch gezielte Informations- und Sensibilisierungskampagnen in Herkunfts- und Transitgemeinschaften (auch in Flüchtlings- und Aufnahmelagern in Transitländern und der Diaspora in der EU) über die Risiken von irregulärer Migration und Schleuserkriminalität sowie einschlägige Alternativen, um dem von kriminellen Netzwerken propagierten falschen Narrativ entgegenzuwirken.

-Gegebenenfalls Unterstützung bei der Bewältigung von Sicherheitsproblemen im Zusammenhang mit der Schleuserkriminalität, Förderung von Synergien mit Maßnahmen zur Bekämpfung jeder Form von Kriminalität, Terrorismus und Gewaltextremismus.

-Kontinuierlicher Dialog und koordinierte Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern, die von dem neuen Phänomen der staatlich gesteuerten Instrumentalisierung der Migration betroffen sind.

Zusammen mit dem Hohen Vertreter und den Mitgliedstaaten wird die Kommission die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität in den Beziehungen der EU zu Partnerländern systematisch als ein Thema von beiderseitigem Interesse fördern. Sie werden Partnerländer und -regionen dabei unterstützen, den tatsächlichen Bedarf bei der Verhütung und Bekämpfung der Schleuserkriminalität zu ermitteln, wobei ihre jeweilige besondere Lage, einschließlich der sozioökonomischen Aspekte der Schleusung hinsichtlich lokaler Gemeinschaften, berücksichtigt wird. Auf der Grundlage dieses Bedarfs werden die operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität als ein kohärenter Rahmen entwickelt, der alle oben erwähnten wichtigen Komponenten umfasst.

Die Kommission wird gemeinsam mit dem Hohen Vertreter und den Mitgliedstaaten sowie mit Partnerländern diese operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität einleiten und umsetzen und damit die Entschlossenheit aller Seiten für die Verfolgung gemeinsamer Ziele gegen Schleuser bekräftigen. Zu diesem Zweck wird die Kommission mit Partnerländern auch Konferenzen auf hoher Ebene zu den jeweiligen Migrationsrouten veranstalten, um die bestehenden Herausforderungen zu analysieren, die Zusammenarbeit zu fördern, Empfehlungen technischer Arbeitsgruppen zu billigen und eine Bestandsaufnahme der Fortschritte bei der Bekämpfung von Schleusernetzwerken vorzunehmen. Operative Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität werden in Zusammenarbeit mit den Partnerländern oder -regionen vorrangig entlang der östlichen Mittelmeer- und Westbalkanroute auf der Grundlage eines Gesamtrouten-Konzepts, das auch die Länder entlang der Seidenstraße umfasst, sowie in Nord- und Westafrika eingeleitet.

Die Behörden der Mitgliedstaaten sollten durch die Bündelung von Kenntnissen und Ressourcen im Geist eines Team Europa eine zentrale Rolle bei der Gestaltung und Umsetzung der operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität spielen. Die Mitgliedstaaten verfügen über die operativen Kapazitäten und die Kenntnisse, um Partnerländern die erforderliche Unterstützung zu leisten, und sollten die laufenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität, die in Partnerländern durchgeführt werden, fortsetzen.

Die EU-Agenturen, insbesondere Europol, Frontex und Eurojust, sollten im Einklang mit ihrem Mandat Unterstützung anbieten, unter anderem durch die Erleichterung des Informationsaustauschs, die Bereitstellung von technischer Unterstützung, Kapazitätsaufbau und Schulungen sowie durch die Entsendung von Verbindungsbeamten. Je nach den betroffenen Partnerländern oder -regionen und dem ermittelten Bedarf können EU-Agenturen neue Vereinbarungen schließen (z. B. Statusvereinbarungen von Frontex oder Arbeitsvereinbarungen mit zuständigen Behörden); sofern solche Vereinbarungen bereits bestehen, sollten die Ziele der neuen operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität bei ihrer Umsetzung in vollem Umfang unterstützt werden. Auch die Beiträge von Interpol werden gegebenenfalls berücksichtigt.

Die operativen Tätigkeiten von Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik können die Behörden der Aufnahmestaaten unterstützen. Sie könnten beauftragt werden, strategische Beratung bei der Ausarbeitung oder Reform von Rechtsrahmen, Strategien und Aktionsplänen zu leisten und Kapazitätsaufbau in den Bereichen Grenzmanagement, Strafverfolgung und justizielle Zusammenarbeit, Identitäts- und Dokumentenbetrug usw. anzubieten.

Damit die neuen operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität erfolgreich sind, muss die EU für eine angemessene Finanzierung sorgen, die den ehrgeizigen Zielen des neuen EU-Aktionsplans gerecht wird, diese unterstützt und sie in konkrete Maßnahmen umsetzt. Mehrere Finanzierungsinstrumente werden die Umsetzung der verschiedenen Komponenten der Partnerschaften komplementär unterstützen: das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI) und das Instrument für Heranführungshilfe III für den Zeitraum 2021-2027, der Fonds für die innere Sicherheit, der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für Grenzmanagement und Visa sowie weitere einschlägige Instrumente, wobei die nationalen Strategien der Partner berücksichtigt und deren Eigenverantwortung gewährleistet werden. Die operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität werden zur strategischen und politischen Programmplanung für die Finanzierung des auswärtigen Handelns der EU und zur Umsetzung der Programmplanungsdokumente dieser Instrumente beitragen. Von den 79,5 Mrd. EUR, die dem NDICI – Europa in der Welt insgesamt zur Verfügung stehen, werden voraussichtlich 10 % für Maßnahmen bereitgestellt, die unmittelbar auf spezifische Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration und Vertreibung, einschließlich der Bekämpfung von Schleuserkriminalität, ausgerichtet sind.

3.1.2Reaktion auf die Instrumentalisierung irregulärer Migration durch staatliche Akteure

Die aktuellen Entwicklungen an der EU-Außengrenze zu Belarus sind die jüngsten Beispiele für äußerst besorgniserregende Vorkommnisse und zeigen, dass eine enge Zusammenarbeit und kontinuierliche Wachsamkeit für den Schutz der Außengrenzen, die Prävention der und Reaktion auf irreguläre Migration, die von staatlichen Akteuren erleichtert wird, von entscheidender Bedeutung sind. Die Mitgliedstaaten, die EU-Organe und die EU-Agenturen (insbesondere Frontex, EASO und Europol) haben schnell auf die sich rasch entwickelnden Ereignisse an der Ostgrenze der EU reagiert und die unmittelbar unter Druck geratenen Länder insbesondere im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union unterstützt. Durch die Nutzung des EU-Vorsorge- und Krisenmanagementnetzes für Migration erhielten alle betroffenen Akteure ein aktuelles Lagebewusstsein und konnten rechtzeitig und koordiniert operativ reagieren. Darüber hinaus leistet die Kommission finanzielle Soforthilfe, um Litauen bei der Deckung des kurzfristigen Bedarfs zu unterstützen, damit Migranten, die für politische Zwecke instrumentalisiert werden, menschenwürdige Aufnahmebedingungen erhalten, und mittelfristige Unterstützung für den Schutz der Außengrenzen, um der organisierten irregulären Migration entgegenzuwirken.

Diese Ereignisse zeigen, dass Partnerländer, deren Bürgerinnen und Bürger durch dieses staatlich gelenkte Komplott benutzt wurden, aufgrund eines abgestimmten gemeinsamen Handelns bereit sein können, mit der EU zusammenzuarbeiten, um dieser Vorgehensweise ein Ende zu setzen und einen konstruktiven und umfassenden Dialog aufzunehmen, der allen Seiten zugutekommt. In dieser Hinsicht haben der Dialog und die gemeinsame Zusammenarbeit der EU mit Irak zu positiven Ergebnissen geführt, da die Versuche, irregulär in die EU zu gelangen, verringert und die freiwillige Rückkehr erleichtert wurden.

Beispiele wie dieses abgestimmte Vorgehen der EU bei der Bewältigung eines organisierten Migrationsdrucks an ihren Außengrenzen zeigen, dass eine enge Zusammenarbeit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sowie ein kontinuierlicher und umfassender Dialog und eine koordinierte Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern bei der Prävention irregulärer Migration, der Bewältigung des neuen Phänomens der Instrumentalisierung von Migration und der Erleichterung der Rückkehr zu konkreten Ergebnissen führen können.

Um gemeinsam und wirksam auf die Herausforderungen dieses neuen Phänomens reagieren zu können und den Schutz der EU-Außengrenzen zu gewährleisten, benötigt die EU ein verstärktes Instrumentarium, das die gesamte Bandbreite der ihr zur Verfügung stehenden operativen, rechtlichen, diplomatischen und finanziellen Instrumente strategisch zusammenführt.

Die EU-Agenturen – insbesondere Frontex, Europol und EASO, auch in Zusammenarbeit mit Interpol und anderen internationalen Akteuren – müssen in der Lage sein, ihre Ressourcen und Mittel rasch zu mobilisieren und operative Unterstützung für den Schutz der EU-Außengrenzen zu leisten, Erkenntnisse und operative Informationen zu sammeln und Migranten zu helfen, die Opfer einer staatlich gelenkten Instrumentalisierung geworden sind. Im Dialog mit Partnerländern, insbesondere im Rahmen der operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität, muss die Reaktion auf die Benutzung irregulärer Migration durch staatliche Akteure thematisiert und weiter verstärkt werden. Sofern angemessen und anwendbar, könnte die Anwendung restriktiver Maßnahmen im Rahmen der globalen Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte in Erwägung gezogen werden, um gegen Personen, Organisationen und Einrichtungen vorzugehen, die sich an staatlich gelenkten Machenschaften beteiligen und für schwere Menschenrechtsverletzungen und -verstöße verantwortlich bzw. daran beteiligt sind oder mit diesen in Verbindung stehen. Darüber hinaus sollte die EU Folgemaßnahmen in verschiedenen Politikbereichen, die für die Beziehungen zu dem betreffenden Drittland von Belang sind, und gegebenenfalls gezielte Maßnahmen, unter anderem in den Bereichen Visa, Handel, Entwicklung und Finanzhilfe, ergreifen. Die teilweise Aussetzung des Visaerleichterungsabkommens mit Belarus, das die Kommission heute zusammen mit dem vorliegenden neuen EU-Aktionsplan verabschiedet, stellt ein konkretes Beispiel für diese Art von Maßnahmen dar.

Wie Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2021 angekündigt hat, wird die Kommission „im Rahmen ihrer Arbeit an Schengen neue Wege aufzeigen, wie wir auf eine solche Aggression reagieren können und für Einheit beim Schutz unserer Außengrenzen sorgen“. In diesem Zusammenhang wird die Kommission in Erwägung ziehen, den Rechtsrahmen der EU zu stärken, um ein gemeinsames Konzept für einen besseren Schutz der Außengrenzen sowie der wesentlichen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten unter vollständiger Wahrung der Grundrechte zu gewährleisten.

Darüber hinaus wird es von grundlegender Bedeutung sein, eine gemeinsame Grundlage dafür zu finden, wie in jeder Lage die Migration gesteuert werden soll, damit das Fehlen eines gemeinsamen wirksamen und gerechten Systems von Gegnern nicht weiterhin ausgenutzt werden kann. Das neue Paket enthält alle diese Komponenten – darunter ein gezieltes Instrument für vorübergehende Abweichungen von den normalen Verfahren bei Krisen –, die benötigt werden, damit die Mitgliedstaaten die verschiedenen Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, meistern können; daher müssen der Rat und das Europäische Parlament bei ihren Verhandlungen zügig vorankommen.

Wichtigste Maßnahmen

-Als Teil der umfassenden, ausgewogenen, maßgeschneiderten und für alle Seiten vorteilhaften Migrationspartnerschaften im Rahmen des neuen Asyl- und Migrationspakets wird die Kommission zusammen mit dem Hohen Vertreter und den Mitgliedstaaten operative Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität mit Partnerländern entlang der Migrationsrouten aufbauen.

-Die Kommission wird die regionale Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit mit einschlägigen internationalen Organisationen wie UNODC und Interpol fördern.

-Die Kommission, der Hohe Vertreter, die Mitgliedstaaten und die Agenturen der Union werden alle ihnen zur Verfügung stehenden operativen, rechtlichen, diplomatischen und finanziellen Instrumente bündeln und weiterentwickeln, um auf die Instrumentalisierung irregulärer Migration durch staatliche Akteure reagieren zu können.

3.2Bestrafung von Schleusern und Verhinderung der Ausbeutung von Migranten

Die Methoden zur Bestrafung von Schleusern, insbesondere derjenigen, die kriminelle Netzwerke anführen, müssen bestmöglich angewendet werden, um die Beihilfe zur irregulären Migration zu verhindern. Dafür müssen die geltenden Rechtsrahmen durch Mitgliedstaaten und Partnerländer auf der Grundlage des Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und innerhalb der EU auf der Grundlage des „Unterstützungspakets“ 42 wirksam und besser umgesetzt werden.

Es kann nicht hingenommen werden, dass Migranten, die nach Europa und innerhalb Europas geschleust werden, ihr Leben verlieren, verletzt und ausgebeutet werden. Die Grundrechte von Migranten, vorrangig von Menschen, die sich in einer prekären Lage befinden, müssen jederzeit gewahrt werden. Migranten, die darüber hinaus Opfer von Straftaten sind, befinden sich häufig in einer prekären Lage und haben möglicherweise Schwierigkeiten beim Zugang zur Justiz. Gemäß der Opferschutzrichtlinie 43 genießen alle Opfer von Straftaten eine Reihe von Rechten, einschließlich der Rechte auf Unterstützung und Schutz, die unter allen Umständen gewahrt werden sollten. Die EU sollte geschleusten Migranten, insbesondere schutzbedürftigen Gruppen wie Kindern und Frauen, Hilfe und Schutz bieten.

3.2.1Sanktionen gegen Schleuser, die entlang der Migrationsrouten tätig sind

Das VN-Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg betrifft die Prävention, Ermittlung und Verfolgung von Schleuserkriminalität sowie den Schutz der Rechte von Personen, die Opfer solcher Straftaten geworden sind. Das VN-Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten verpflichtet die Vertragsparteien 44 , die Schleusung von Migranten und andere Formen von Aktivitäten, die eine solche Schleusung unterstützen, als Straftatbestände einzustufen, während Migranten für ihre Schleusung nicht strafrechtlich verfolgt werden sollten. Um gegen die Schleusung von Migranten vorzugehen, können VN-Sanktionen oder eigenständige Sanktionen der EU ein Instrument für die Verhängung von Sanktionen gegen verantwortliche Personen oder Organisationen darstellen, wie etwa ein Reiseverbot oder das Einfrieren finanzieller Vermögenswerte oder das Verbot der Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen.

Die EU setzt die von den Vereinten Nationen vereinbarten Sanktionen in EU-Recht um. In diesem Zusammenhang hat der Ausschuss des Sicherheitsrats für Libyen am 7. Juni 2018 sechs Menschenhändler und Schleuser, die in Libyen tätig sind, in seine Sanktionsliste der Personen und Organisationen aufgenommen, deren Vermögenswerte eingefroren und gegen die Reiseverbote und andere Maßnahmen verhängt wurden. Am 14. Juni 2018 hat der Rat der EU diese Maßnahmen in EU-Recht umgesetzt. Zusätzlich zur Umsetzung der auf VN-Ebene vereinbarten Sanktionen kann die EU – wann immer sie dies für angemessen hält – die ihr zur Verfügung stehenden eigenen Instrumente nutzen. Die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte 45 , die am 7. Dezember 2020 angenommen wurde, hat die EU mit einem Rahmen ausgestattet, der es ihr ermöglicht, gegen diejenigen vorzugehen, die weltweit für schwere Menschenrechtsverletzungen und ‑verstöße verantwortlich sind, daran beteiligt sind oder damit in Verbindung stehen. Diese neue Sanktionsregelung deckt unter anderem den Menschenhandel und Menschenrechtsverletzungen durch Schleuser ab, sofern diese Verstöße weit verbreitet, systematisch oder anderweitig Anlass zu ernster Besorgnis im Hinblick auf die Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik geben. 46  

Innerhalb der EU wird in dem „Schleuser-Paket“ der Straftatbestand der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise oder zum unerlaubten Aufenthalt definiert und werden darin die strafrechtlichen Sanktionen hierfür festgelegt. Im Schleuser-Paket wird von den Mitgliedstaaten verlangt, jede Person mit angemessenen Sanktionen zu belegen, die einem Drittstaatsangehörigen vorsätzlich dabei hilft, in einen EU-Mitgliedstaat einzureisen oder durch einen EU-Mitgliedstaat durchzureisen, oder einem Drittstaatsangehörigen zu Gewinnzwecken vorsätzlich dabei hilft, sich in einem EU-Mitgliedstaat aufzuhalten. Mit diesem Paket soll vorrangig gegen kriminelle Netzwerke vorgegangen werden, die für die Schleusung von Migranten verantwortlich sind. Die Evaluierung des Schleuser-Pakets im Jahr 2017 47 ergab, dass seine Ziele bisher nur teilweise verwirklicht wurden. Es wurde zwar die Auffassung vertreten, dass bestimmte Aspekte des Instruments wie die Definition des Straftatbestands klarer gefasst werden könnten, wodurch für mehr Rechtssicherheit in Bezug auf die Unterscheidung zwischen krimineller Beihilfe und humanitärer Hilfe gesorgt würde; die Wirksamkeit anderer zentraler Aspekte des Pakets, wie etwa die allgemeine Angleichung des strafrechtlichen Rahmens der Mitgliedstaaten 48 , wurde jedoch positiv bzw. neutral bewertet. Obwohl die Bestimmungen des Schleuser-Pakets von allen durch sie gebundenen Mitgliedstaaten 49 im Allgemeinen umgesetzt wurden, konnten ihre Auswirkungen auf den tatsächlichen Umfang der Strafverfolgung und Verurteilung aufgrund des Mangels an belastbaren, umfassenden und vergleichbaren Daten nicht evaluiert werden. Für eine bessere Erkenntnislage zu dieser Umsetzung sollten die Mitgliedstaaten die Qualität und Verfügbarkeit der Daten erhöhen, die dem Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) zur Verfügung gestellt werden. Die Kommission wird den Austausch bewährter Verfahren unterstützen und über die nationalen Kontaktstellen zur Migrantenschleusung Orientierungshilfen bereitstellen.

Die Richtlinie, die Teil des Schleuser-Pakets ist, ermöglicht es den Mitgliedstaaten, gesetzlich nicht vorgeschriebene humanitäre Hilfe von der Festlegung als Straftat auszunehmen. Um auf das zunehmend schwierige Umfeld für Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen bei der Unterstützung von Migranten, auch im Rahmen von Such- und Rettungseinsätzen auf See, eingehen zu können, hat die Kommission Leitlinien 50 vorgelegt, in denen klargestellt wird, dass die gesetzlich vorgeschriebene humanitäre Hilfe (beispielsweise im Rahmen von Such- und Rettungseinsätzen) niemals unter Strafe gestellt werden kann. Die Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, – falls sie es noch nicht getan haben – von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, zwischen humanitärer Hilfe (die nicht gesetzlich vorgeschrieben ist) und Tätigkeiten zur Beihilfe zur irregulären Einreise oder Durchreise zu unterscheiden; somit kann Erstgenannte vom Straftatbestand ausgenommen werden.

Im Anschluss an die Evaluierung des Schleuser-Pakets hat die Kommission einen Prozess der regelmäßigen Konsultation der Zivilgesellschaft und der EU-Agenturen, einschließlich der Agentur für Grundrechte und Eurojust, eingeleitet, um Kenntnisse zu gewinnen und Fakten zu sammeln, damit die Probleme bei der Auslegung und Anwendung der sogenannten Schleuser-Richtlinie ermittelt werden können. Zur besseren Umsetzung der Richtlinie wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten über die nationalen Kontaktstellen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität zusammenarbeiten.

Außerdem wird die Kommission ihre Überwachung der Umsetzung des Besitzstands verstärken, um sicherzustellen, dass angemessene, wirksame und abschreckende strafrechtliche Sanktionen eingeführt werden und zugleich die Gefahr einer Kriminalisierung derjenigen, die humanitäre Hilfe für in Not geratene Migranten leisten, vermieden wird. Die Kommission wird in engem Kontakt mit den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten stehen, um Informationen über die Umsetzung des Schleuser-Pakets zu sammeln und gegebenenfalls bei Verstößen gegen Unionsrecht Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Die Kommission beabsichtigt, 2023 einen Bericht über die Umsetzung des Schleuser-Pakets, einschließlich der Umsetzung der Leitlinien von 2020, vorzulegen. Falls erforderlich wird die Kommission eine Überarbeitung des Rechtsrahmens vorschlagen, damit die EU in der Lage ist, den durch diesen EU-Aktionsplan geschaffenen politischen Rahmen umzusetzen und auf die sich ständig wandelnden Herausforderungen in diesem Bereich zu reagieren.

3.2.2Verhinderung der Ausbeutung und Gewährleistung des Schutzes geschleuster Migranten

Geschleuste Migranten laufen sehr häufig Gefahr, ihr Leben zu verlieren oder während ihrer Reise Schaden zu erleiden. Durch Missbrauch und Ausbeutung werden ihre Grundrechte oft massiv verletzt. Die Bereitstellung von Schutz und Beistand für geschleuste schutzbedürftige Migranten ist von entscheidender Bedeutung, wobei Kindern und Frauen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, auch im Rahmen der Strategie der EU für die Rechte der Opfer (2020-2025) 51 und der Strategie der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) sowie der EU-Kinderrechtsstrategie 52 . Bei polizeilichen und gerichtlichen Verfahren muss der Schutz der Grundrechte gewährleistet werden, wobei besonderes Augenmerk auf Fälle zu richten ist, in denen Migranten Opfer von Menschenhandel werden.

Migranten verschwinden auf ihren Reisen, und Familien laufen Gefahr, voneinander getrennt zu werden. 53 Mit finanzieller Unterstützung der EU sollten die Mitgliedstaaten und Partnerländer die Trennung von Familien während der Migrationsreise verhindern und Mechanismen für die Suche nach vermissten Migranten entwickeln. Hierbei sollte auf den bereits vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und von den nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften sowie anderen einschlägigen internationalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführten Tätigkeiten aufgebaut werden.

Bei ihrer Ankunft auf dem Gebiet der EU sollten Personen mit besonderen Bedürfnissen vorrangig ermittelt und zur angemessenen Unterstützung auf geeignete Stellen verwiesen werden. In diesem Zusammenhang spielt das Screening 54 , das künftig mit Unterstützung durch EU-Agenturen, insbesondere Frontex und EASO, vor der Einreise durchgeführt wird, eine wichtige Rolle. In der Zwischenzeit unterstützen EU-Agenturen die Mitgliedstaaten insbesondere bei den Verfahren zur Ermittlung und Verweisung im Einklang mit der Richtlinie über Aufnahmebedingungen 55 und der Asylverfahrensrichtlinie 56 .

Aufnahmezentren für Asylsuchende werden gezielt von Schleusern aufgesucht, um Menschen zu finden, die zu nicht genehmigten Reisen innerhalb der EU bereit sind oder die Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung werden könnten. Sie werden von den Schleusern heimlich oder dann, wenn sie im Besitz von Asyldokumenten sind, in die Zielländer gebracht. Um die Schleuserkriminalität und den Menschenhandel innerhalb der EU zu verhindern, sollten die Asylbehörden und andere zuständige Behörden der Mitgliedstaaten ihre Überwachungstätigkeiten in und in der Nähe von Aufnahmezentren verstärken. Darüber hinaus sollten die Behörden der Mitgliedstaaten und das EASO Informationen über die Risiken der Schleusung in das Informationsmaterial aufnehmen, das sie Asylsuchenden und anderen Migranten zur Verfügung stellen müssen.

Bei einem Drittel der in die EU einreisenden minderjährigen Migranten handelt es sich um unbegleitete Minderjährige. Sie sind eine besonders gefährdete Gruppe, die verschiedenen Gefahren ausgesetzt ist, darunter auch Menschenhandel. Eine Reihe unbegleiteter Minderjähriger verschwindet nach ihrer Ankunft in der EU, bevor sie von den Asylbehörden registriert wird. 57 Die Menschenhändler nutzen Aufnahmezentren, um potenzielle Opfer zu ermitteln und die Beförderung zu den Bestimmungsorten zu organisieren, an denen Kinder und andere schutzbedürftige Personen ausgebeutet werden. 58 Die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels 59 enthält verbindliche Vorschriften zur Verhinderung des Menschenhandels, zur wirksamen Strafverfolgung von Straftätern und zum Schutz von Opfern. In der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) wird der Plan der Kommission dargelegt, wie die Umsetzung dieser Richtlinie unterstützt werden soll, und aufgezeigt, dass eine Evaluierung erforderlich ist. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Evaluierung wird die Kommission eine Überprüfung in Erwägung ziehen. Parallel dazu wird die Kommission die Mitgliedstaaten weiterhin bei der Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels unterstützen, insbesondere in Bezug auf geschlechterspezifische Aspekte und Aspekte des Kindeswohls.

In der Opferschutzrichtlinie sind eine Reihe verbindlicher Rechte für alle Opfer von Straftaten und ihre Familienangehörigen vorgesehen. Die Rechte der Opfer müssen ohne Diskriminierung und unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus gelten. 60 Die Kommission wird ferner eine Studie über die Umsetzung der Richtlinie über Aufenthaltstitel 61 in Auftrag geben, in der Vorschriften für Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige festgelegt sind, die Opfer von Menschenhandel sind oder geschleust wurden und die mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.

Wichtigster Antrieb für die irreguläre Migration ist unter anderem die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz in der informellen Wirtschaft zu finden und somit Mittel zu erhalten, mit denen die irregulären Migranten den Lebensunterhalt von Familienangehörigen im Herkunftsland unterstützen können. Daher ist die wirksame Umsetzung der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber wichtig, um die irreguläre Migration zu verhindern und die Rechte von irregulär eingereisten Arbeitskräften zu schützen. Dies geschieht über Sanktionen gegen Arbeitgeber, die irregulär eingereiste Migranten ohne Aufenthaltstitel einstellen, indem sichergestellt wird, dass es wirksame Mechanismen für die Beitreibung unbezahlter Löhne, das Einreichen von Beschwerden und das Melden von Straftaten gibt, und indem in den am stärksten von illegaler Beschäftigung betroffenen Wirtschaftszweigen wirksame Kontrollen durchgeführt werden. Zu diesem Zweck legt die Kommission zusammen mit dem neuen Aktionsplan ihre Bewertung und eine Reihe von Maßnahmen vor, die erforderlich sind, um die Wirksamkeit der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber zu erhöhen.

Wichtigste Maßnahmen

Die Kommission wird

Der Rat und die Mitgliedstaaten sollten

Die Mitgliedstaaten sollten

-über die nationalen Kontaktstellen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität und andere zuständige nationale Behörden mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die Durchsetzung und Umsetzung des Schleuser-Pakets zu verbessern, und gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleiten;

-2023 über die Umsetzung des Schleuser-Pakets Bericht erstatten und weitere Maßnahmen in Erwägung ziehen;

-den Schutz von Migranten durch eine bessere Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Richtlinie über Aufenthaltstitel erhöhen;

-die Wirksamkeit der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, einschlägigen Agenturen und Interessenträgern erhöhen.

-Schleuser bestrafen, indem sie VN-Sanktionen umsetzen und gegebenenfalls die globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte anwenden.

-das Schleuser-Paket vollständig umsetzen und angemessene Sanktionen gegen Schleuser verhängen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf hochrangigen Zielpersonen liegt;

-die Ermittlung schutzbedürftiger Migranten, insbesondere von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, durch die Anwendung der Verfahren zur Ermittlung und Verweisung im Einklang mit dem Besitzstand und mit Unterstützung der EU-Agenturen verbessern;

-die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels mit Unterstützung der Kommission und EU-Mitteln im Einklang mit der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels (2021-2025) vollständig umsetzen.

3.3Intensivierung der Zusammenarbeit und Unterstützung der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz

Schleuser von Migranten passen sich rasch an sich verändernde Umstände an, so wie es während der COVID‑19-Pandemie der Fall war. Um Erfolge zu erzielen, müssen die Rahmen für die Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Justizbehörden auf der Grundlage einer verstärkten operativen Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs flexibel gestaltet sein und auch an die sich wandelnden Umstände angepasst werden.

Aufbauend auf den operativen Tätigkeiten, die im Rahmen des EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten 2015-2020 durchgeführt wurden, muss die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden und EU-Agenturen weiter verstärkt werden. EU-Agenturen, darunter EASO, Frontex, Europol und Eurojust, sollten den strategischen Austausch und die strategische Analyse von Informationen behördenübergreifend intensivieren. Sie sollten in Fällen von Schleuserkriminalität frühzeitig zusammenarbeiten, um ihre sich ergänzenden Mandate zur Unterstützung der nationalen Behörden zu nutzen, und dabei auf der erfolgreichen gemeinsamen Erstellung strategischer Analysen durch EASO, Frontex und Europol aufbauen. Um die digitale Schleusung zu bekämpfen, wirksame Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfungen durchzuführen und gegen Dokumentenbetrug vorzugehen, sollten die Strafverfolgungs- und Justizbehörden neue gezielte Maßnahmen entwickeln, um die operative Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu verbessern.

3.3.1Verbesserung der operativen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung bei der Bekämpfung von Schleuserkriminalität

Der Schwerpunkt der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden sollte sich nicht auf die Festnahme von Kleinkriminellen beschränken. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Zerschlagung der Strukturen der organisierten Kriminalität zu verstärken und dabei die Gruppen, die ein größeres Risiko für die Sicherheit Europas darstellen, sowie die Personen in den höheren Rängen der kriminellen Organisationen ins Visier zu nehmen. Die Ermittlungen sollten sich gegen kriminelle Netzwerke richten, die in der gesamten EU aktiv sind, und ihre Geschäftsmodelle zerschlagen. Dies sollte zu mehr Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen und Verurteilungen, insbesondere in Fällen mit hochrangigen Zielen, führen.

Aufbauend auf den erfolgreichen Maßnahmen der Vorjahre sollten die Mitgliedstaaten und die operativen Partner die spezialisierten Dienste, die vom bei Europol angesiedelten Europäischen Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung bereitgestellt werden, optimal nutzen und Informationen von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen, aus gemeinsamen operativen Partnerschaften sowie von Missionen und Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik über die Zentralstelle für Informationen 62 austauschen. Mitgliedstaaten, die die Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (SIENA) unter Einbeziehung von Europol konsolidieren, würden ein fragmentiertes Lagebild vermeiden. Im Einklang mit der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 wird die Kommission die Verhandlungen über die Zusammenarbeit zwischen Europol und Partnerländern vorantreiben, um den Austausch personenbezogener Daten zu Ermittlungszwecken zu erleichtern. 63

Die operativen Taskforces von Europol werden weiterhin die Anstrengungen unterstützen und zusammenführen, die die Mitgliedstaaten und operative Partner bei gemeinsamen Ermittlungen im Zusammenhang mit identifizierten hochrangigen Zielen, auch aus Partnerländern, unternehmen. Um die erkenntnisgestützte und koordinierte Bekämpfung krimineller Netzwerke, die in der EU aktiv sind, zu verstärken, sollten die Mitgliedstaaten die Arbeit der 2019 eingerichteten gemeinsamen Verbindungstaskforce „Schleuserkriminalität und Menschenhandel“ unterstützen.

Die Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung dieses EU-Aktionsplans und zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen Akteuren. EMPACT wird durch den Fonds für die innere Sicherheit und Finanzmittel für EMPACT aus dem Budget von Europol unterstützt und dient unter anderem der Bekämpfung von Schleuserkriminalität, die eine ihrer Prioritäten für den Zeitraum 2022-2025 ist. Bei der Festlegung der spezifischen Maßnahmen für diese Priorität sollten Mitgliedstaaten und EU-Agenturen bei allen einschlägigen Prioritäten der EU im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung im Zyklus 2022-2025 einen multidisziplinären und integrierten Ansatz verfolgen, der in die Strategien und Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EU einbezogen wird.

Um die Koordinierung auf nationaler Ebene zwischen allen einschlägigen Behörden wie Strafverfolgungsbehörden, Arbeitsinspektionen und Dienststellen, die Aufnahmezentren verwalten, zu verbessern, sollten sich die Mitgliedstaaten wieder stärker für die Arbeit der nationalen Anlaufstellen für Schleuserkriminalität engagieren. Das von der Kommission eingerichtete Netz nationaler Anlaufstellen wird den Austausch bewährter Verfahren für die Entwicklung nationaler Strategien zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität fördern. Ebenso wird das europäische Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen (ILO-Netz) weiterhin den Kapazitätsaufbau und den operativen Austausch in und mit Partnerländern zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität unterstützen.

Das erfolgreiche Vorgehen des gemeinsamen Einsatzteams „MARE“ bei der Durchführung koordinierter und erkenntnisgestützter Maßnahmen gegen Schleuser sollte fortgesetzt werden, wobei die Informationen des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) 64 , das nunmehr eine wichtigere Rolle bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität spielt, und des gemeinsamen Informationsraums 65 genutzt werden sollten. Frontex sollte ihre erweiterten Analysekapazitäten im maritimen Bereich nutzen, indem sie von ihrem Mandat zur Bereitstellung von Informationen über die Außengrenzen und den Grenzvorbereich 66 umfassend Gebrauch macht. Frontex sollte die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol weiterhin unterstützen, indem sie ein aktualisiertes Profil verdächtiger Wasserfahrzeuge bereitstellt, die überwacht, identifiziert, beschlagnahmt und nach Abschluss der einschlägigen strafrechtlichen Ermittlungen verwertet werden sollen, und Informationen über solche Wasserfahrzeuge mit Europol austauschen.

Mit dem neuen Paket hat die Kommission ein nahtloses Verfahren an den Außengrenzen vorgeschlagen, das ein Screening vor der Einreise, ein Asylverfahren an der Grenze und ein zügiges Rückführungsverfahren an der Grenze umfasst, wodurch derzeit getrennte Verfahren zusammengeführt werden. Mit dem neuen Screening vor der Einreise 67 wird eine engere Zusammenarbeit zwischen allen einschlägigen nationalen Behörden und EU-Agenturen gefördert, auch bei der Erhebung von Informationen und im Zusammenhang mit Erkenntnissen über Schleuserkriminalität. Darüber hinaus wird mit der überarbeiteten Eurodac-Verordnung 68 die Wahrscheinlichkeit unerlaubter Migrationsbewegungen irregulärer Migranten innerhalb der EU nach dem Überschreiten ihrer Außengrenzen verringert, weil in der Verordnung die Registrierung irregulärer Einreisen und Aufenthalte vorgeschrieben ist und die Möglichkeit vorgesehen ist, Informationen über irreguläre Migranten zu speichern und abzufragen. Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die Verhandlungen über die Screening-Verordnung voranzubringen und die Eurodac-Verordnung vordringlich anzunehmen.

3.3.2Stärkung der justiziellen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Schleuserkriminalität

Um Schleusernetzwerke zu zerschlagen und die Täter vor Gericht zu bringen, müssen die Justizbehörden in Fällen von Schleuserkriminalität in einem frühen Stadium der Ermittlungen einbezogen werden. Ähnlich wie bei der Zusammenarbeit im Bereich Strafverfolgung sollte auch das Vorgehen der Justiz gegen die Schleusung von Migranten darauf ausgerichtet sein, hochriskante und hochrangige kriminelle Netzwerke, die in der gesamten EU aktiv sind, ins Visier zu nehmen und zu zerschlagen.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden erforderlich. Allerdings werden relativ wenige Fällen von Schleuserkriminalität an Eurojust verwiesen. 69 Die Mitgliedstaaten sollten die Unterstützung durch Eurojust stärker in Anspruch nehmen, insbesondere für gemeinsame Ermittlungsgruppen und operative Instrumente wie Koordinierungstreffen und Koordinierungszentren für den Austausch fallbezogener Informationen. Die im Jahr 2020 bei Eurojust eingerichtete Fokusgruppe der für Schleuserkriminalität zuständigen Staatsanwälte wird für einen steigenden Informationsaustausch zwischen Fachleuten über bestehende Herausforderungen, Tendenzen und mögliche Lösungen sorgen, auch im Bereich der Bekämpfung des Missbrauchs von Verwaltungsverfahren, wie im Fall von Scheinehen. Die Fokusgruppe bietet Richtern und Staatsanwälten aus Mitgliedstaaten und aus Ländern, die ein Übereinkommen über die Zusammenarbeit mit Eurojust geschlossen haben, ein Diskussionsforum.

Um die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz zu unterstützen, sollten Eurojust und Justizbehörden zudem der gemeinsamen Verbindungstaskforce „Schleuserkriminalität und Menschenhandel“ angehören. Eurojust und Justizbehörden sollten sich stärker an EMPACT beteiligen, und Eurojust sollte enger in den Informationsaustausch der Zentralstelle für Informationen bei Europol eingebunden werden. Um die justizielle Zusammenarbeit mit Eurojust im Einklang mit der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 zu ermöglichen, wird die Kommission Verhandlungen zu Übereinkommen über die Zusammenarbeit zwischen Eurojust und Drittländern 70 aufnehmen.

Die Asylbehörden und Aufnahmeeinrichtungen können bei der Ermittlung und Verfolgung von Schleuserkriminalität behilflich sein, indem Migranten Informationen zur Verfügung gestellt werden, während Asylanhörungen auf Hinweise auf Schleuserkriminalität geachtet wird oder die Aufnahmeeinrichtungen entsprechende Beobachtungen machen. Diese Informationen sollten gegebenenfalls den Staatsanwaltschaften bereitgestellt werden. Der Informationsaustausch zwischen den Asylbehörden und Aufnahmeeinrichtungen und den nationalen Staatsanwaltschaften sollte mithilfe eines harmonisierten Ansatzes verstärkt werden, der von Eurojust unterstützt wird und die Mitgliedstaaten einbezieht. 71

3.3.3Bewältigung neuer Herausforderungen in den Bereichen digitale Schleusung, Finanzermittlungen und Dokumentenbetrug

Im Rahmen des neu ausgerichteten Vorgehens der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz gegen die Schleuserkriminalität ist eine rasche Anpassung an die sich ständig ändernde Kriminalitätslandschaft erforderlich. Insbesondere müssen die digitale Schleusung, Finanzermittlungen, die Vermögensabschöpfung und der Dokumentenbetrug angegangen werden.

Die Überwachung in sozialen Medien muss verstärkt werden, um sich zu jedem Zeitpunkt in Echtzeit ein klares Bild von der Dynamik der Schleuserkriminalität verschaffen zu können. Dies würde dazu beitragen, unmittelbar bevorstehende Entwicklungen zu antizipieren und mittelfristige Tendenzen vorherzusagen. Dabei geht es um die Überwachung der Aktivitäten krimineller Netzwerke und allgemeiner Entwicklungen in Partnerländern, die sich auf künftige Migrationsbewegungen in Richtung EU auswirken. Frontex sollte ihre Überwachungskapazitäten in den sozialen Medien einsetzen, um die Risikoanalyse in Bezug auf künftige irreguläre Migrationsbewegungen unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte zu verbessern. Frontex sollte in diesem Bereich auch mit Drittländern zusammenarbeiten, unter anderem durch den Austausch von Informationen und den Aufbau von Kapazitäten.

Zur Zerschlagung von an der digitalen Schleusung beteiligten Schleusernetzwerken ist es erforderlich, die Kapazitäten der Strafverfolgungs- und Justizbehörden zu stärken, um mit Unterstützung der Meldestelle für Internetinhalte bei Europol die Online-Präsenz dieser Netzwerke und ihre Nutzung moderner Technologien für Kommunikationszwecke ins Visier zu nehmen. Spezielle Schulungen sollten angeboten werden, auch mit Unterstützung der Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) und des Europäischen Netzes für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten, und die Verfügbarkeit von technischer Ausrüstung und Software für die Ermittlungsteams sollte sichergestellt werden.

Mit dem Paket zu elektronischen Beweismitteln 72 werden den nationalen Strafverfolgungs- und Justizbehörden Instrumente bereitgestellt, die an die Besonderheiten der digitalen Welt angepasst sind; zugleich sind im Paket starke Garantien enthalten. Sobald das Paket angenommen ist, wird es die wirksame Ermittlung und Verfolgung sämtlicher Straftaten, bei denen elektronische Beweismittel zum Tragen kommen, fördern.

Darüber hinaus kann Eurojust die Mitgliedstaaten unterstützen, indem sie die Erhebung elektronischer Beweismittel erleichtert und sicherstellt, insbesondere wenn Mittel für verschlüsselte Kommunikation eine Rolle spielen. Eurojust sollte den Austausch bewährter Verfahren für die Erhebung elektronischer Beweismittel fördern, insbesondere solange das Paket zu elektronischen Beweismitteln noch nicht angenommen ist. Die Zusammenarbeit von Europol und Eurojust mit Drittländern in diesem Bereich sollte verstärkt werden, um internationale Ermittlungen zu unterstützen und eine wirksame Strafverfolgung zu gewährleisten.

Bei der Schleusung von Migranten werden hohe illegale Gewinne erzielt, was das Hauptziel solcher Aktivitäten ist. Um die beteiligten Netzwerke zu bekämpfen und zu verhindern, dass diese Gewinne für weitere kriminelle Aktivitäten verwendet werden, sollten die Ermittlungen in allen Fällen von Schleuserkriminalität auch Finanzermittlungen umfassen, um Erträge aus Straftaten aufzuspüren, zu beschlagnahmen und abzuschöpfen. Dies geschieht nicht regelmäßig genug. Finanzermittlungen, die der „Spur des Geldes“ folgen, müssen parallel zu den laufenden gängigen Ermittlungen zu Verdächtigen, Vorgehensweisen und Routen eingeleitet werden. Die Nutzung nicht regulierter Finanzkanäle und von Verbindungen zwischen kriminellen Netzwerken und legalen Geschäftsstrukturen erschwert die Anwendung dieses Konzepts.

Im Einklang mit der EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025 sollten Finanzermittlungen und die Verfahren zur Vermögensabschöpfung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene verbessert werden. Insbesondere sollten die Mitgliedstaaten mit Unterstützung des bei Europol angesiedelten Zentrums für Finanz- und Wirtschaftskriminalität und von Eurojust bei Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität systematisch Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfungen durchführen. Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten sollten mit den von Europol in Zusammenarbeit mit Drittländern und internationalen Organisationen (z. B. Interpol) durchgeführten Risikoanalysen unterstützt werden und sich nach diesen richten. Die Unterstützung von Eurojust 73 bei der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern sollte systematischer in Anspruch genommen werden, unter anderem durch den Rückgriff auf bewährte Verfahren und Empfehlungen für das grenzüberschreitende Aufspüren, Sicherstellen, Einziehen und Verwerten von Vermögenswerten. 74  

In den letzten Jahren wurde regelmäßig die Verwendung gefälschter Visa für die Einreise in den Schengen-Raum aufgedeckt. Zwischen 2016 und 2019 wurden an Grenzübergangsstellen bei der Einreise in die EU oder in den Schengen-Raum 32 029 Drittlandangehörige mit gefälschten Dokumenten erfasst. 75 Migrantenschleuser organisieren Ausgangsdokumente für die Visumantragsverfahren und übergeben anschließend irregulären Migranten von Botschaften der Mitgliedstaaten ausgestellte echte Visa, um die irreguläre Einreise in den Schengen-Raum auf dem Luftweg zu ermöglichen. Die im neuen Paket angekündigte Digitalisierung der Visumverfahren, die nächstes Jahr vorgestellt werden soll, wird die Sicherheit des derzeitigen Visumverfahrens und der Visummarken weiter erhöhen und das Fälschungs- und Betrugsrisiko erheblich verringern. Eine bessere Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Identitäts- und Dokumentenbetrug, unter anderem durch Schulungen zur Sensibilisierung der Konsulatsmitarbeiter, ist für die Zerschlagung dieser Netzwerke sehr wichtig. Auch Dokumentenbetrug innerhalb der EU ist problematisch. Migrantenschleuser bieten gefälschte Dokumente an, die zur Legalisierung des Aufenthaltsstatus verwendet werden können. Die für die Ausstellung von Dokumenten und die für die Dokumentenkontrolle zuständigen Behörden müssen enger zusammenarbeiten, wozu auch ein Abgleich der Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente (SLTD) gehört, und im Zusammenhang mit der sicheren Erstellung und Prüfung von Dokumenten sind Verbindungen zur Privatwirtschaft erforderlich.

Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten neue Informationssystem 76 zur Identifizierung gefälschter Dokumente nutzen. Die Rolle des bei Frontex angesiedelten Exzellenzzentrums für die Bekämpfung von Dokumentenbetrug sollte gestärkt werden, unter anderem durch die Entsendung von Experten für Dokumentenbetrug in Mitgliedstaaten und Drittländer im Rahmen der operativen Tätigkeiten von Frontex. Als Teil der operativen Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität sollte auch die Zusammenarbeit mit Partnerländern bei der Bekämpfung von Identitäts- und Dokumentenbetrug fortgesetzt werden.

Wichtigste Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten sollten

Die Kommission

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, mit Unterstützung der EU-Agenturen Europol, Frontex, Eurojust und CEPOL

-das bei Europol angesiedelte Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung und die Zentralstelle für Informationen stärker nutzen;

-die Unterstützung von Eurojust bei grenzüberschreitenden Ermittlungen über gemeinsame Ermittlungsgruppen stärker in Anspruch nehmen;

-nationale Strategien zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität entwickeln und dabei auch auf bewährte Verfahren zurückgreifen, die über das Netz nationaler Anlaufstellen für Schleuserkriminalität ausgetauscht werden.

-wird im ersten Halbjahr 2022 einen Vorschlag für die vollständige Digitalisierung der Visaverfahren vorlegen;

-fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die Verhandlungen über die Screening-Verordnung abzuschließen und die Eurodac-Verordnung vordringlich anzunehmen;

-fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die Verhandlungen über das Paket zu elektronischen Beweismitteln zum Abschluss zu bringen;

-fordert Frontex auf, ihre Kapazitäten zur Überwachung der ausgewiesenen Meeresgebiete und zur Ermittlung verdächtiger Wasserfahrzeuge weiter auszubauen;

-fordert Eurojust und die Justizbehörden auf, sich noch stärker an EMPACT zu beteiligen, wobei die Zentralstelle für Informationen bei Europol einen raschen Informationsaustausch im Zusammenhang mit Voruntersuchungen und Strafverfolgungsmaßnahmen sicherstellen sollte;

-fordert Frontex, Europol und Eurojust auf, die Zusammenarbeit mit Partnerländern bei der Bekämpfung der digitalen Schleusung und bei internationalen Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen weiter zu unterstützen.

-das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz im Rahmen von EMPACT weiter zu stärken;

-ihr Vorgehen gegen neue im Internet angebotene Schleuserdienste zu verschärfen;

-Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfungen in Fällen von Schleuserkriminalität durchzuführen;

-die Bekämpfung von Identitäts- und Dokumentenbetrug zu verstärken.

3.4Erweiterung der Wissensbasis

Forschung und Datenerhebung sind von größter Bedeutung für ein besseres Verständnis der Migrationstendenzen, der Art und des Umfangs krimineller Netzwerke, die an der Schleusung von Migranten beteiligt sind, der Auswirkungen von Maßnahmen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität, der Rolle und Bedeutung der Schleusung von Migranten in lokalen Gemeinschaften sowie der Verbindungen zwischen Schleuserkriminalität und anderen Kriminalitätsbereichen wie Menschenhandel, Drogenhandel und Terrorismus. Technologische Fortschritte und innovative Ansätze, die die Prävention und Bekämpfung von Schleuserkriminalität unterstützen, einschließlich der Nutzung künstlicher Intelligenz 77 , können die effizientere Umwandlung von Daten in rasch verwertbare Informationen ermöglichen. 

Horizont Europa, das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation 2021-2027, sollte zu diesem Zweck genutzt werden, wobei der einschlägige Forschungsbedarf und die entsprechenden Themen im Zusammenhang mit der Prävention und Bekämpfung von Schleuserkriminalität zu ermitteln sind.

Zudem sollten EU-Agenturen ihre Rolle in Forschung und Innovation stärken, indem die Europol-Initiative „Innovationszentren“ und die Beteiligung von Frontex an der Konzeption und Organisation von Forschungs- und Innovationstätigkeiten – auch in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft – eine möglichst wichtige Rolle erhalten, damit Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Kapazitäten zur Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung von Schleuserkriminalität ermittelt werden können. Um das Wissen über die Schleusung von Migranten zu verbessern, sollten EU-Agenturen ihre Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft verstärken, insbesondere mit dem Bankensektor, dem Mietwagensektor (einschließlich Car-Sharing), Paketdiensten, Reisebüros, Fluggesellschaften, Geldtransferdiensten und Anbietern von Online-Diensten.

Europol und Frontex sollten zusammenarbeiten, um gemeinsam und regelmäßig über die Schleusung von Migranten Bericht zu erstatten, wobei sowohl die Migrations- als auch die Strafverfolgungsperspektive zu berücksichtigen sind. Ein solch umfassender Überblick über die Problematik der Schleusung wird für die Bewertung der Auswirkungen dieses neuen EU-Aktionsplans und die Ermittlung der erforderlichen politischen Maßnahmen sehr wichtig sein.

Wichtigste Maßnahmen

-Europol und Frontex sollten regelmäßig gemeinsame Berichte über die Schleusung von Migranten erstellen;

-die Mitgliedstaaten sollten mit Unterstützung der Kommission und der EU-Agenturen die Entwicklung neuer Technologien, einschließlich künstlicher Intelligenz, fördern, um die Wissensbasis über irreguläre Migration und die Schleusung von Migranten zu erweitern;

-EU-Agenturen wie Europol und Frontex sollten mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten, um die Wissensbasis über Schleuserpraktiken zu verbessern.

4.Fazit

Die Prävention und Bekämpfung von Schleuserkriminalität ist ein zentrales strategisches Ziel des neuen Migrations- und Asylpakets und der EU-Strategie für eine Sicherheitsunion.

Die Kommission, der Hohe Vertreter, die Mitgliedstaaten, EU-Agenturen und EU-Delegationen werden mit Partnerländern, internationalen Organisationen und an der Migrationspolitik beteiligten Interessenträgern zusammenarbeiten, damit alle Aspekte dieses neuen EU-Aktionsplans umgesetzt werden und sichergestellt ist, dass die Maßnahmen auf EU-Ebene und nationaler Ebene gut konzipiert sind und gut koordiniert werden, um die Prävention und Bekämpfung von Schleuserkriminalität zu fördern und zu unterstützen.

Die enge Zusammenarbeit mit Partnerländern wird für die Umsetzung mehrerer Aspekte dieses EU-Aktionsplans von entscheidender Bedeutung sein. Das neue Migrations- und Asylpaket markiert einen Paradigmenwechsel bei der Zusammenarbeit der EU mit internationalen Partnern im Bereich Migration. Zu diesem Zweck wird die Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter mit den als prioritär eingestuften Ländern entlang der Migrationsrouten in Richtung EU zusammenarbeiten und mit ihnen operative Partnerschaften zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität mithilfe konkreter Instrumente entwickeln, die Teil umfassender, ausgewogener, maßgeschneiderter und für beide Seiten vorteilhafter Migrationspartnerschaften sind, wobei sie weiter auf Vertrauen und gegenseitige Zusammenarbeit setzt. Die Kommission, der Hohe Vertreter, die Mitgliedstaaten und EU-Agenturen werden alle ihnen zur Verfügung stehenden operativen, rechtlichen, diplomatischen und finanziellen Instrumente bündeln, um der Instrumentalisierung der irregulären Migration durch staatliche Akteure entgegenzuwirken.

Die Kommission wird die Umsetzung des neuen EU-Aktionsplans unterstützen, um sicherzustellen, dass er zu dem umfassenden Migrationskonzept des neuen Pakets einen Beitrag leistet. Sie wird dies in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Anlaufstellen für Schleuserkriminalität und EU-Agenturen tun, insbesondere über die spezielle Expertengruppe der Kommission für Schleuserkriminalität und die Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT). Die wirksame Umsetzung des EU-Aktionsplans bei Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der EU im Zeitraum 2021-2027 wird durch den Asyl‑, Migrations- und Integrationsfonds, das Instrument für Grenzmanagement und Visa, den Fonds für die innere Sicherheit, das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI) und das Instrument für Heranführungshilfe III unterstützt. Die Kommission wird das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung des EU-Aktionsplans und die im Rahmen seiner Maßnahmen erzielten Ergebnisse regelmäßig unterrichten.

(1)

COM(2020) 609 final.

(2)

Tagung des Europäischen Rates (24./25. Juni 2021) – Schlussfolgerungen, Ratsdokument EUCO 7/21 vom 25. Juni 2021.

(3)

Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates (24./25. Mai 2021) – Schlussfolgerungen, Ratsdokument EUCO 5/21 vom 25. Mai 2021.

(4)

COM(2021) 120 final.

(5)

Richtlinie 2009/52/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24).

(6)

COM(2021) 592 final.

(7)

Vom 19. März 2021 bis zum 11. Juni 2021 wurde eine öffentliche Konsultation durchgeführt.

(8)

COM(2015) 285 final.

(9)

COM(2020) 605 final.

(10)

COM(2021) 170 final.

(11)

COM(2021) 171 final. Der Hauptunterschied zwischen der Schleusung von Migranten und dem Menschenhandel besteht darin, dass sich die Migranten freiwillig an dem irregulären Prozess der Schleusung beteiligen, indem sie für die Dienste eines Schleusers bezahlen, um eine internationale Grenze zu überqueren. Beim Menschenhandel werden Personen zum Zwecke der Ausbeutung verschleppt; sie sind Opfer, die Hilfe und Unterstützung benötigen. Menschenhandel geschieht nicht unbedingt grenzüberschreitend. Die Schleusung von Migranten und Menschenhandel sind häufig miteinander verknüpft, da geschleuste Personen Opfer von Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, sexueller Ausbeutung und Ausbeutung zu anderen Zwecken durch Menschenhändler werden können. Aus diesem Grund trägt der neue EU-Aktionsplan sowohl zur Zerschlagung des Geschäfts von Menschenhändlern als auch zur Bekämpfung von Schleusernetzwerken bei.

(12)

Europäisches Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung, 5. Jahresbericht – 2021 (Europol, 2021).

(13)

„Global study on smuggling of migrants“ (Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, 2018).

(14)

Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), Forschungsbericht, „How COVID-19 restrictions and the economic consequences are likely to impact migrant smuggling and cross-border trafficking in persons to Europe and North America“ (UNODC, 14. Mai 2020).

(15)

„Global study on smuggling of migrants“ (Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, 2018).

(16)

„Typology of Migrant Smuggling: A holistic understanding“ (Internationales Zentrum für Migrationspolitikentwicklung, April 2021).

(17)

Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der EU 2021 (Europol).

(18)

Die Kosten pro organisierter Schleusung bzw. Scheinehe liegen zwischen 15 000 und 20 000 EUR (Bericht über nationale Rechtsvorschriften und Eurojust-Fallanalyse zu Scheinehen, Eurojust, 2020).

(19)

Strategische Vorausschau 2021 – COM(2021) 750 final.

(20)

Ebenda.

(21)

Erklärung des Hohen Vertreters vom 30. Juli 2021 im Namen der Europäischen Union zur Instrumentalisierung von Migranten und Flüchtlingen durch das Regime ( https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2021/07/30/belarus-declaration-of-the-high-representative-on-behalf-of-the-eu-on-the-instrumentalisation-of-migrants-and-refugees-by-the-regime/ ); Erklärung des slowenischen Vorsitzes zur Lage an den Außengrenzen der EU zu Belarus (ipcr-presidency-statement-final_18-8-2021.pdf (europa.eu)).

(22)

Erklärung des Rates (Auswärtige Angelegenheiten), 6. März 2020.

(23)

Bei gemeinsamen Ermittlungsgruppen schließen die Behörden von zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine rechtliche Vereinbarung zur Durchführung von Ermittlungen, an denen Staatsanwälte, Strafverfolgungsbehörden und Richter beteiligt sind. Eurojust leistet operative, rechtliche und finanzielle Unterstützung für diese Zusammenarbeit. Im Zeitraum 2015-2020 wurden 29 gemeinsame Ermittlungsgruppen neu eingesetzt.

(24)

Beispiele hierfür sind der Austausch operativer Informationen über die Zentralstelle für Informationen bei Europol und die Kriminalitätsinformationszelle, die ursprünglich im Rahmen der Operation Sophia zusammen mit Frontex und Europol eingerichtet wurde. Während diese Initiative einen strukturierten und innovativen Austausch operativer Informationen ermöglichte, tauschen andere GSVP-Missionen nur strategische Informationen mit Agenturen aus, und zwar häufig nach einem Ad-hoc-Ansatz (Missionen der EU zum Kapazitätsaufbau in der Sahelzone (EUCAP Sahel) oder die EU-Mission zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements in Libyen (EUBAM Libya), die mit Eurojust zusammengearbeitet hat).

(25)

Weitere Vorschläge zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen der GSVP und dem Fachgebiet „Justiz und Inneres“ im Bereich Schleuserkriminalität können dem Mini-Konzept über mögliche zivile GSVP-Maßnahmen zur Bewältigung von Sicherheitsherausforderungen im Zusammenhang mit irregulärer Migration entnommen werden, dass den Mitgliedstaaten im November 2020 vorgelegt wurde.

(26)

EUCAP Sahel Niger und EUBAM Libya.

(27)

EUCAP Sahel Mali und EU BAM Rafah.

(28)

EU-Beratungsmission für die Ukraine (EUAM Ukraine), Rechtsstaatlichkeitsmission der EU im Kosovo (EULEX Kosovo), EUAM Iraq, EUCAP Somalia, EU-Polizeimission für die Palästinensischen Gebiete (EUPOL COPPS) und EUAM RCA.

(29)

Die Operation IRINI setzt das vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängte Waffenembargo um, trägt zur Eindämmung des Waffenstroms nach Libyen bei und hilft dabei, die Voraussetzungen für einen dauerhaften Waffenstillstand zu schaffen. Die Operation trägt auch zur Zerschlagung des Geschäftsmodells der Schleuser und von Menschenhändlernetzwerken bei.

(30)

Der Schwerpunkt der Operation ATALANTA liegt auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias. Die Operation stellt Interpol und Europol auch Informationen über alle aufgedeckten kriminellen und Schmuggelaktivitäten, einschließlich Schleuserkriminalität, zur Verfügung.

(31)

Verordnung (ΕU) 2019/1240 (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 88).

(32)

Afghanistan, Albanien, Äthiopien, Bangladesch, Côte d’Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Mali, Marokko, Niger, Nigeria, Senegal, Somalia, Sudan, Tunesien und die Westbalkanländer.

(33)

Studie über bewährte Verfahren bei Sensibilisierungskampagnen für irreguläre Migration (Europäische Kommission, April 2021).

(34)

Gemeinsame operative Partnerschaften sind flexible Kooperationsrahmen zur Bekämpfung von Netzwerken der organisierten Kriminalität, die an der Schleusung von Migranten und Menschenhandel beteiligt sind, und sind auf die Bedürfnisse des Partnerlands zugeschnitten. Ein oder mehrere Mitgliedstaaten arbeiten mit den Strafverfolgungsbehörden, der Justiz und anderen einschlägigen Behörden eines Partnerlands in Zusammenarbeit mit EU-Agenturen und internationalen Organisationen zusammen. Die Unterstützung kann Schulungen, Mentoring, Informationsaustausch und die Bereitstellung von Ausrüstung umfassen.

(35)

Über den Fonds für innere Sicherheit im Bereich Polizei wurden 12,9 Mio. EUR als EU-Beitrag bereitgestellt, während über den Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika 27,9 Mio. EUR bereitgestellt wurden.

(36)

Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Mauretanien.

(37)

Unter Beteiligung von afrikanischen Staaten, Mitgliedstaaten, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Kommission der Afrikanischen Union, EU-Agenturen und internationalen Organisationen.

(38)

Die Initiative „Global Action against Trafficking in Persons and the Smuggling of Migrants – Asia and the Middle East“ (GLO.ACT), die Maßnahmen in Afghanistan, Bangladesch, Irak, Iran und Pakistan umfasst.

(39)

COM(2021) 56 final.

(40)

Im Einklang mit der Gemeinsamen Mitteilung über die Stärkung des Beitrags der EU zum regelbasierten Multilateralismus – JOIN(2021) 3 final.

(41)

Wie die in Niamey angenommene Erklärung, die Zusammenarbeit mit AFRIPOL, Folgemaßnahmen zum Gipfeltreffen in Valetta sowie der Rabat-Prozess, der Khartum-Prozess, der Budapester und der Prager Prozess.

(42)

Richtlinie 2002/90/EG des Rates (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 17) und Rahmenbeschluss 2002/946/JI des Rates (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1).

(43)

Richtlinie 2012/29/EU (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).

(44)

Am 18. Februar 2021 gab es 150 Vertragsparteien des Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten, darunter die EU (vertreten durch die Europäische Kommission) und ihre Mitgliedstaaten mit Ausnahme Irlands.

(45)

Verordnung (EU) 2020/1998 des Rates (ABl. L 410I vom 7.12.2020, S. 1) und Beschluss (GASP) 2020/1999 des Rates (ABl. L 410I vom 7.12.2020, S. 13).

(46)

Niedergelegt in Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union.

(47)

SWD(2017) 117 final.

(48)

Zum einen durch die Festlegung einer gemeinsamen Definition des Straftatbestands, der Gegenstand der Richtlinie ist, und zum anderen durch die Festlegung von Mindestvorschriften für Sanktionen, die Verantwortlichkeit juristischer Personen und die gerichtliche Zuständigkeit, die unter den Rahmenbeschluss fallen.

(49)

Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks und Irlands. Gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1745 des Rates (ABl. L 393 vom 23.11.2020, S. 3) setzt Irland das Schleuser-Paket in Kraft und wendet es spätestens ab dem 1. Januar 2022 vorläufig an.

(50)

C(2020) 6470 final.

(51)

COM(2020) 258 final.

(52)

COM(2021) 142 final.

(53)

Zwischen 2015 und 2018 wurden die nationalen Rotkreuzgesellschaften und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz von Familien in Europa und in Herkunftsländern damit beauftragt, nach fast 60 000 Drittstaatsangehörigen zu suchen, die irregulär nach Europa oder durch Europa reisten. Dies zeigt, dass eine beträchtliche Zahl von Personen – auch nach ihrer Ankunft in der EU – noch vermisst wird oder von ihren Familie getrennt wurde.

(54)

COM(2020) 612 final.

(55)

Richtlinie 2013/33/EU (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96).

(56)

Richtlinie 2013/32/EU (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 60).

(57)

Weitere Informationen sind in dem Kurzbericht des Europäischen Migrationsnetzes für 2020 enthalten: https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/default/files/00_eu_inform_uam_2020_en_0.pdf

(58)

Europol.

(59)

Richtlinie 2011/36/EU (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1).

(60)

Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2012/29/EU (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).

(61)

Richtlinie 2004/81/EG des Rates (ABl. L 261 vom 6.8.2004, S. 19).

(62)

Die Zentralstelle für Informationen verarbeitet Informationen aus verschiedenen zusammenhängenden Maßnahmen, um das Lagebild zur organisierten Schleusung von Migranten aus Herkunfts- und Transitländern zu verbessern.

(63)

Mit Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Tunesien, der Türkei und Neuseeland.

(64)

Verordnung (EU) 2019/1896 (ABl. L 295 vom 14.11.2019, S. 1) und Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission (ABl. L 124 vom 12.4.2021, S. 3).

(65)

Der gemeinsame Informationsraum ist eine Initiative der EU, mit der europäische und nationale maritime Überwachungssysteme interoperabel gemacht werden sollen.

(66)

Dies ist das geografische Gebiet jenseits der Außengrenzen, das für die Verwaltung der Außengrenzen mithilfe von Risikoanalyse und Lagebewusstsein von Bedeutung ist.

(67)

COM(2020) 612 final.

(68)

COM(2016) 132 final und COM(2020) 614 final.

(69)

Während die Zahl der bei Eurojust registrierten Fälle im Zeitraum 2017-2020 tendenziell gestiegen ist, liegen die absoluten Zahlen nach wie vor unter den Zahlen für die meisten anderen Kriminalitätsbereiche (Eurojust).

(70)

Ägypten, Algerien, Argentinien, Armenien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Israel, Jordanien, Kolumbien, Libanon, Marokko, Tunesien und Türkei.

(71)

Informationsblatt zur justiziellen Verwendung von Informationen nach der Befragung von Migranten an den Außengrenzen (Eurojust, 2021).

(72)

COM(2018) 225 final und COM(2018) 226 final.

(73)

Unter anderem durch einen Austausch und Erleichterungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, den entsprechenden Bescheinigungen, der Beschlagnahmung von Vermögenswerten und der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen und Europäischen Ermittlungsanordnungen.

(74)

Entsprechend dem Bericht über die Fallbearbeitung von Eurojust im Bereich der Vermögensabschöpfung vom 12. Februar 2019.

(75)

Frontex (Daten vom 20. September 2021).

(76)

Gefälschte und echte Dokumente online (FADO), elektronisches Dokumentensystem von Frontex und Interpol (FIELDS), Profilerstellung gefälschter Identitätsdokumente (PROF ID) und kriminaltechnisches Labor von Frontex.

(77)

Siehe den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) und zur Änderung bestimmter Rechtsakte der Union (COM(2021) 206 final).