Brüssel, den 6.9.2021

COM(2021) 536 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug


1.EINLEITUNG

1.1. Hintergrund

Die Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (im Folgenden „Betrugsbekämpfungsrichtlinie“) 1 wurde am 5. Juli 2017 im Rahmen der Gesamtstrategie der Kommission zur Betrugsbekämpfung 2 erlassen. Für die durch sie gebundenen Mitgliedstaaten 3 ersetzt die Betrugsbekämpfungsrichtlinie das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften von 1995 und die dazugehörigen Protokolle (im Folgenden „Betrugsbekämpfungsübereinkommen“) 4 .

Auf der Grundlage von Artikel 83 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind in der Betrugsbekämpfungsrichtlinie gemeinsame Normen für die Strafrechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt. Diese gemeinsamen Normen sollen die finanziellen Interessen der EU schützen, indem die Definitionen, Strafen und Verjährungsfristen für bestimmte, gegen diese Interessen gerichtete Straftaten harmonisiert werden. Diese Straftaten (im Folgenden „Betrugsstraftaten“) umfassen i) Betrug, einschließlich grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs mit einem Gesamtschadensvolumen von mindestens 10 Mio. EUR, ii) Korruption, iii) Geldwäsche und iv) missbräuchliche Verwendung. Die diesbezügliche Harmonisierung wirkt sich auch auf den Umfang der strafrechtlichen Ermittlung und Verfolgung durch die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) 5 aus, da die Befugnisse der EUStA unter Bezugnahme auf die Betrugsbekämpfungsrichtlinie 6 in ihrer Umsetzung in nationales Recht festgelegt werden. Zudem erleichtert die Betrugsbekämpfungsrichtlinie die Wiedereinziehung missbräuchlich verwendeter EU-Gelder 7 mithilfe strafrechtlicher Mittel.

Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht endete am 6. Juli 2019. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten nur 12 Mitgliedstaaten die vollständige Umsetzung der Richtlinie gemeldet. Daher leitete die Kommission im September 2019 gegen die übrigen 14 teilnehmenden Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren ein, indem sie ihnen Aufforderungsschreiben übermittelte. Bis April 2021 stieg die Zahl der gemeldeten vollständigen Umsetzungen auf 26; damit haben alle Mitgliedstaaten, die durch die Richtlinie gebunden sind, nun deren vollständige Umsetzung in nationales Recht gemeldet.

1.2. Die wichtigsten Aspekte der Betrugsbekämpfungsrichtlinie

In Artikel 1 wird der Gegenstand der Betrugsbekämpfungsrichtlinie geregelt, während in Artikel 2 der Anwendungsbereich der Richtlinie festgelegt und der Begriff „finanzielle Interessen der Union“ definiert wird. Darüber hinaus verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten,

Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU zur Straftat zu erheben, und zwar in Bezug auf Handlungen und Unterlassungen betreffend i) Ausgaben im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe und Ausgaben, die nicht mit der Auftragsvergabe in Zusammenhang stehen, und ii) Einnahmen aus Mehrwertsteuer-Eigenmitteln und Einnahmen, die keine Mehrwertsteuer-Eigenmittel sind (Artikel 3),

weitere Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union (Geldwäsche, Korruption und missbräuchliche Verwendung) zur Straftat zu erheben und den Ausdruck „öffentlicher Bediensteter“ zu definieren, um die Mittel der Union angemessen vor Korruption und missbräuchlicher Verwendung zu schützen (Artikel 4),

i) die Anstiftung und Beihilfe zu einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 und ii) den Versuch der Begehung einer Straftat im Sinne des Artikels 3 (Betrug) und des Artikels 4 Absatz 3 (missbräuchliche Verwendung) zu Straftaten zu erheben (Artikel 5),

Maßnahmen einzuführen, mit denen juristische Personen für Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 verantwortlich gemacht und mit Sanktionen belegt werden können, i) die zu ihren Gunsten von anderen Personen begangen wurden, die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehaben, oder ii) deren Begehung durch mangelnde Überwachung oder Kontrolle dieser anderen Personen durch eine ihnen unterstellte Person ermöglicht wurde (Artikel 6 und 9),

Mindestvorschriften für strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen festzulegen, einschließlich Mindest- und Höchststrafen für Straftaten im Sinne der Artikel 3 und 4, wenn diese Straftaten mit einem erheblichen Schaden oder Vorteil verbunden sind (Artikel 7),

die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass es als erschwerender Umstand gilt, wenn eine Straftat im Sinne der Artikel 3, 4 oder 5 innerhalb einer kriminellen Vereinigung begangen wird (Artikel 8),

i) ihre Gerichtsbarkeit für Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 in den Fällen zu begründen, in denen die Straftat ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen worden ist oder es sich bei dem Täter um einen ihrer Staatsangehörigen handelt und in denen der Täter zum Zeitpunkt der Straftat dem Statut unterliegt 8 , und ii) die Ausübung der Gerichtsbarkeit über im Ausland von ihren Staatsangehörigen begangene Betrugsstraftaten nicht von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen (Artikel 11),

i) Verjährungsfristen für einen ausreichend langen Zeitraum nach Begehung der Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 festzulegen, damit diese Straftaten wirksam bekämpft werden können, wobei Mindestverjährungsfristen für Straftaten gelten müssen, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren geahndet werden können, und ii) die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Vollstreckung von Sanktionen zu ermöglichen (Artikel 12), und

statistische Daten über Strafverfahren zu Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 und deren Ausgang zu übermitteln (Artikel 18 Absatz 2).

1.3. Umfang und Methodik dieses Berichts

Auf der Grundlage des Artikels 18 Absatz 1 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie wird in diesem Bericht bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um der Betrugsbekämpfungsrichtlinie nachzukommen. Insbesondere wird bewertet, ob die Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt haben und ob die nationalen Rechtsvorschriften die Ziele und Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Der Bericht berührt nicht die Befugnisse der Kommission nach Artikel 258 AEUV, die Konformität einzelner nationaler Umsetzungsmaßnahmen zu bewerten.

Die vorliegende Bewertung stützt sich in erster Linie auf Informationen, die die Mitgliedstaaten der Kommission durch Mitteilung ihrer nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Betrugsbekämpfungsrichtlinie übermittelt haben. Diese Informationen wurden durch externe Forschungsarbeiten ergänzt, die von der GD JUST auf der Grundlage ihres Rahmenvertrags in Auftrag gegeben wurden. Ausgehend von dieser Bewertung hat die Kommission einen systematischen Austausch mit den Mitgliedstaaten eingeleitet. Anhand der zusätzlichen Informationen und Erläuterungen, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen dieses Austauschs bereitgestellt wurden, konnte die Kommission ihre Analyse in Bezug auf die relevantesten Konformitätsprobleme verfeinern. Diese Probleme werden in den Abschnitten 2 und 3 ausführlicher behandelt.

2. ALLGEMEINE BEWERTUNG

Die Kommission möchte sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten die Richtlinie klar, präzise und korrekt umgesetzt haben, indem sie wirksame, verhältnismäßige und abschreckende strafrechtliche Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union festgelegt haben.

Eine ausführliche Bewertung der gemeldeten Umsetzungsmaßnahmen hat bestätigt, dass alle Mitgliedstaaten die wichtigsten Bestimmungen der Betrugsbekämpfungsrichtlinie umgesetzt haben. Es bestehen jedoch noch Konformitätsprobleme, die gelöst werden müssen, darunter Probleme, deren Behebung effektive Ermittlungen und eine wirksame Strafverfolgung durch die EUStA ermöglichen würden. Die Konformitätsprobleme betreffen hauptsächlich Mängel in den nationalen Rechtsvorschriften bei der Umsetzung der folgenden Definitionen von Straftatbeständen im Sinne der Artikel 3, 4 und 5:

·die Definition von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union (Artikel 3) in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten,

·die Definition von Aspekten des Artikels 4 Absatz 1 (Geldwäsche), des Artikels 4 Absatz 2 (Korruption) und des Artikels 4 Absatz 3 (missbräuchliche Verwendung) in mehreren Mitgliedstaaten,

·die Definition des Ausdrucks „öffentlicher Bediensteter“ (Artikel 4 Absatz 4) in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten und

·Anstiftung und Beihilfe zu einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 sowie Versuch der Begehung von Straftaten im Sinne des Artikels 3 und des Artikels 4 Absatz 3 (Artikel 5) in einigen wenigen Mitgliedstaaten.

Darüber hinaus stellte die Kommission in einem Viertel der Mitgliedstaaten eine Reihe von Konformitätsproblemen in Bezug auf die Verantwortlichkeit juristischer Personen und die Strafen für natürliche Personen nach den Artikeln 6, 7 und 9 fest. Bei den Strafen für natürliche Personen (Artikel 7) stellte die Kommission in einem Viertel der Mitgliedstaaten ebenfalls Konformitätsprobleme fest. Einige dieser Probleme können die Wirksamkeit, Abschreckungswirkung und Verhältnismäßigkeit dieser Strafen beeinträchtigen.

Zudem hat die Kommission in einigen Mitgliedstaaten Konformitätsprobleme im Zusammenhang mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit ausgehend vom Territorialitätsprinzip und vom Täterprinzip (Artikel 11 Absatz 1) festgestellt. Darüber hinaus haben einige Mitgliedstaaten für die Verfolgung von Betrugsstraftaten Bedingungen festgelegt, die nicht mit Artikel 11 Absatz 4 im Einklang stehen. In einigen Mitgliedstaaten besteht in Verbindung mit Artikel 12 ein Umsetzungsproblem darin, dass für die Vollstreckung einer Strafe, die nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des Artikels 3, 4 oder 5 verhängt wurde, eine Verjährungsfrist gilt, die kürzer ist als die in der Betrugsbekämpfungsrichtlinie vorgeschriebenen fünf Jahre.

Schließlich stellte die Kommission auf der Grundlage der übermittelten Informationen fest, dass eine ausdrückliche und spezifische Verpflichtung zur jährlichen Meldung statistischer Daten an die Europäische Kommission (Artikel 18 Absatz 2) in den Rechtsvorschriften nur weniger Mitgliedstaaten vorgesehen ist. Ohne ausreichende Datengrundlage könnte es für die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt schwieriger sein, zu beurteilen, ob das allgemeine Ziel der Richtlinie, den Schutz der finanziellen Interessen der Union zu stärken, erreicht wurde und ob die Richtlinie (oder bestimmte Aspekte der Richtlinie) überprüft werden müssen 9 .

3. SPEZIFISCHE PUNKTE DER BEWERTUNG

3.1. Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich (Artikel 2)

In Artikel 2 Absatz 1 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie werden die Begriffe „finanzielle Interessen der Union“ und „juristische Person“ definiert. Außerdem ist in Artikel 2 Absatz 2 ein Schwellenbetrag für die Anwendbarkeit der Richtlinie auf Einnahmen aus Mehrwertsteuer-Eigenmitteln festgelegt. Die Betrugsbekämpfungsrichtlinie findet nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem Anwendung. Ein gegen das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gerichteter Verstoß ist als schwerwiegend anzusehen, wenn vorsätzliche Handlungen oder Unterlassungen nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d der Betrugsbekämpfungsrichtlinie mit dem Hoheitsgebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten der Union verbunden sind und einen Gesamtschaden von mindestens 10 Mio. EUR umfassen.

Dieser Schwellenbetrag zielt vor allem darauf ab, Karussellbetrug, „Missing-Trader-Mehrwertsteuerbetrug“ und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Mehrwertsteuerbetrug zu erfassen – drei Betrugstatbestände, aus denen eine ernsthafte Bedrohung für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und somit den Unionshaushalt erwächst. In einem Mitgliedstaat wurde Artikel 2 Absatz 1 nicht richtlinienkonform umgesetzt.

3.2. Betrug (Artikel 3)

In Artikel 3 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass vorsätzlich begangener Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union eine strafbare Handlung darstellt. Zu diesem Zweck werden vier Kategorien von Verhaltensweisen festgelegt, die einen Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union darstellen. Diese vier Kategorien beziehen sich auf Handlungen oder Unterlassungen, die Folgendes betreffen: i) Ausgaben, die nicht im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe stehen (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a), ii) Ausgaben im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b), iii) Einnahmen, bei denen es sich nicht um Mehrwertsteuer-Eigenmittel handelt (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c), und iv) Einnahmen aus Mehrwertsteuer-Eigenmitteln (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d), wie in Abschnitt 3.1 beschrieben.

In etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten stellte die Kommission Konformitätsprobleme bei der Umsetzung der wichtigsten Aspekte dieser Straftatbestände fest. Diese Probleme bestehen insbesondere darin, dass in den nationalen Rechtsvorschriften, die sich mit Betrug bei Ausgaben, die nicht im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe stehen (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a), sowie Betrug bei Ausgaben im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b) befassen, ein enger gefasster Anwendungsbereich festgelegt ist. Weitere Probleme betreffen die Umsetzung von Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf Folgendes:

·„Verwendung oder Vorlage falscher, unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen“ schließt nur schriftliche Dokumente ein, und „Vermögenswerte aus dem Gesamthaushalt der Union oder aus den Haushalten, die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden“ ist nicht abgedeckt,

·„Verschweigen einer Information“ wurde gar nicht oder in enger gefasster Bedeutung umgesetzt, und

·„die missbräuchliche Verwendung dieser Mittel oder Vermögenswerte zu anderen Zwecken als denen, für die sie ursprünglich gewährt wurden“ wurde in enger gefasstem Wortlaut umgesetzt.

Auch bei den Einnahmen, bei denen es sich nicht um Mehrwertsteuer-Eigenmittel handelt (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c), und Einnahmen aus Mehrwertsteuer-Eigenmitteln (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d) stellte die Kommission Konformitätsprobleme fest, die ebenfalls auf den engeren Anwendungsbereich der nationalen Rechtsvorschriften zurückzuführen sind. Weitere Probleme betreffen die Umsetzung von Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf Folgendes:

·„falsche, unrichtige oder unvollständige Erklärungen oder Unterlagen“ und „falsche, unrichtige oder unvollständige Mehrwertsteuer-Erklärungen oder -Unterlagen“ sind nicht abgedeckt,

·„Mittel aus dem Unionshaushalt“ wurde in enger gefasster Bedeutung umgesetzt,

·„Haushalte, die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden“ ist nicht abgedeckt,

·„Verschweigen einer Information“ und „Verschweigen einer mehrwertsteuerrelevanten Information“ wurden entweder nicht oder nur in enger gefasster Bedeutung umgesetzt,

·„missbräuchliche Verwendung eines rechtmäßig erlangten Vorteils“ wurde in enger gefasstem Wortlaut umgesetzt, und

·„Vorlage richtiger Mehrwertsteuer-Erklärungen zur betrügerischen Verschleierung einer nicht geleisteten Zahlung oder zur unrechtmäßigen Begründung von Ansprüchen auf Erstattung der Mehrwertsteuer“ wurde gar nicht oder in enger gefasster Bedeutung umgesetzt.

3.3. Andere damit zusammenhängende Straftaten (Artikel 4)

3.3.1. Geldwäsche, Korruption und missbräuchliche Verwendung (Artikel 4 Absätze 1, 2 und 3)

Artikel 4 Absatz 1 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass Geldwäsche gemäß der Beschreibung in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2015/849 10 , die sich auf von der Betrugsbekämpfungsrichtlinie erfasste Gegenstände aus Straftaten bezieht, eine Straftat darstellt. In mehreren Mitgliedstaaten wurde diese Bestimmung nicht vollständig umgesetzt, und zwar entweder infolge von Mängeln bei der Definition des Begriffs der Geldwäsche selbst oder weil bei den Vortaten eine durch die Betrugsbekämpfungsrichtlinie abgedeckte Straftat nicht eingeschlossen wurde.

Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass vorsätzliche Bestechlichkeit und vorsätzliche Bestechung Straftaten darstellen. In mehreren Mitgliedstaaten unterliegt sowohl die Bestechung als auch die Bestechlichkeit dem zusätzlichen Aspekt der Pflichtverletzung. Dieser zusätzliche Aspekt engt den Geltungsbereich der Definition von „Bestechung“ und „Bestechlichkeit“ im Sinne der Betrugsbekämpfungsrichtlinie erheblich ein und macht die Strafverfolgung vom Nachweis einer solchen Pflichtverletzung abhängig.

Bei der „Bestechlichkeit“ besteht ein weiteres Konformitätsproblem im Zusammenhang mit dem Aspekt des Straftatbestands, dass „eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes [unterlassen wird]“. In einigen wenigen Mitgliedstaaten ist dieser Aspekt durch die nationalen Rechtsvorschriften nicht abgedeckt. Bei der „Bestechung“ bestehen Konformitätsprobleme auch in Bezug auf den Anwendungsbereich der Definition insofern, als einige Aspekte („unmittelbar oder über eine Mittelsperson einen Vorteil … verspricht, anbietet oder gewährt“ und „für einen Dritten“) in einigen Mitgliedstaaten fehlen oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden.

Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die vorsätzliche missbräuchliche Verwendung eine Straftat darstellt. Diesbezügliche Konformitätsprobleme bestehen darin, dass dieser Straftatbestand in enger gefasster Bedeutung oder gar nicht umgesetzt wurde.

3.3.2. Öffentliche Bedienstete (Artikel 4 Absatz 4)

Artikel 4 Absatz 4 enthält eine Definition des Ausdrucks „öffentlicher Bediensteter“, um die Unionsmittel angemessen vor Korruption und missbräuchlicher Verwendung zu schützen. Einige Aspekte dieser Definition wurden in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten nicht in nationales Recht umgesetzt. Die Kommission hat in diesem Bereich Konformitätsprobleme folgender Art festgestellt:

·„nationaler Beamter, einschließlich eines nationalen Beamten eines anderen Mitgliedstaats und eines nationalen Beamten eines Drittlands“ ist allgemein oder nur in Bezug auf den Tatbestand der missbräuchlichen Verwendung nicht abgedeckt;

·die Definition für den Ausdruck „Unionsbeamter“ schließt Folgendes nicht ein: i) eine Person, „die der Union von einem Mitgliedstaat oder von einer öffentlichen oder privaten Einrichtung zur Verfügung gestellt wird und dort Aufgaben wahrnimmt, die den Aufgaben der Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union entsprechen“, oder ii) die „Mitglieder der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die gemäß den Verträgen errichtet wurden, und die Bediensteten dieser Einrichtungen“;

·die Definition für den Ausdruck „nationaler Beamter“ wird an zusätzliche Bedingungen geknüpft und deckt öffentliche Bedienstete anderer Mitgliedstaaten nur dann ab, wenn die Straftat im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats begangen wurde 11 , und „jede Person, die … ein Amt im Bereich der Exekutive, Verwaltung … innehat“ ist allgemein oder nur in Bezug auf den Straftatbestand der missbräuchlichen Verwendung nicht abgedeckt;

·schließlich wurde Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b, der sich auf „eine andere Person, der öffentliche Aufgaben … übertragen wurden und die diese Aufgaben wahrnimmt“ bezieht, in einigen Mitgliedstaaten nicht umgesetzt.

3.4. Einleitende Straftaten (Artikel 5)

Nach Artikel 5 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass i) die Anstiftung und Beihilfe zur Begehung einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 der Richtlinie als Straftaten geahndet werden können (Artikel 5 Absatz 1) und ii) dass der Versuch der Begehung einer Straftat im Sinne des Artikels 3 und des Artikels 4 Absatz 3 der Richtlinie als Straftaten geahndet werden kann (Artikel 5 Absatz 2). In einigen wenigen Mitgliedstaaten hat die Kommission Konformitätsprobleme im Zusammenhang mit Artikel 5 Absatz 2 festgestellt. Diese Probleme betreffen das Versäumnis, folgende Tatbestände als Straftaten festzulegen, die geahndet werden können: i) versuchter Subventionsbetrug, ii) bestimmte Zollstraftaten und iii) missbräuchliche Verwendung.

3.5. Verantwortlichkeit von juristischen Personen und Sanktionen gegen sie (Artikel 6 und 9)

Nach Artikel 6 Absatz 1 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für eine Straftat im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 der Richtlinie verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurde, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund

a) einer Befugnis zur Vertretung der juristischen Person,

b) einer Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder

c) einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.

Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 6 Absatz 2 verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle durch eine der in Artikel 6 Absatz 1 genannten Personen es ermöglicht hat, dass eine ihr unterstellte Person eine Straftat im Sinne der Artikel 3, 4 oder 5 der Richtlinie zugunsten der juristischen Person begeht.

Schließlich darf nach Artikel 6 Absatz 3 die Verantwortlichkeit einer juristischen Person nach Artikel 6 Absätze 1 und 2 der Richtlinie die Möglichkeit eines strafrechtlichen Verfahrens gegen natürliche Personen als Täter einer Straftat im Sinne der Artikel 3 und 4 der Richtlinie oder als gemäß Artikel 5 der Richtlinie strafrechtlich verantwortliche Person nicht ausschließen.

In einem Viertel der Mitgliedstaaten wurde eine Reihe von Konformitätsproblemen festgestellt. Hierzu gehören

·die fehlende Umsetzung von Artikel 6 Absatz 1,

·die Beschränkung auf von Personen ausgeführte Handlungen, die im Rahmen der Tätigkeit der juristischen Person begangen werden, und

·der Ausschluss der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen für bestimmte Vortaten.

Ein weiteres Konformitätsproblem besteht darin, dass die Anforderungen von Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 2 in einigen nationalen Rechtsvorschriften vermischt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 6 Absatz 1 in Fällen, in denen eine Betrugsstraftat zugunsten einer juristischen Person von einer Person begangen wird, „die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat“, keine „mangelnde Überwachung oder Kontrolle“ voraussetzt.

Nach Artikel 9 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie verantwortliche juristische Person wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen verhängt werden können, zu denen Geldstrafen oder Geldbußen gehören müssen und die andere Sanktionen einschließen können, darunter

a) Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen,

b) vorübergehender oder dauerhafter Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungsverfahren,

c) vorübergehendes oder dauerhaftes Verbot der Ausübung einer Handelstätigkeit,

d) Unterstellung unter gerichtliche Aufsicht,

e) gerichtlich angeordnete Auflösung,

f) vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden.

Die Konformität betreffend betont die Kommission, dass die Verantwortlichkeit von Unternehmen nicht von der rechtskräftigen Verurteilung einer natürlichen Person abhängig gemacht werden sollte, wie dies in einem Mitgliedstaat der Fall ist, da dies die Möglichkeit einschränkt, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen gegen juristische Personen zu verhängen.

3.6. Strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen (Artikel 7)

Nach Artikel 7 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten in Bezug auf natürliche Personen sicherstellen, dass Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 der Richtlinie mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen geahndet werden können (Artikel 7 Absatz 1). Die genannten Straftaten müssen mit einer Höchststrafe geahndet werden können, die Freiheitsentzug vorsieht (Artikel 7 Absatz 2). Diese Straftaten müssen mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren geahndet werden können, wenn sie „einen erheblichen Schaden oder Vorteil“ beinhalten (Artikel 7 Absatz 3) 12 .

In einem Viertel der Mitgliedstaaten wurden Konformitätsprobleme festgestellt. In Bezug auf Artikel 7 Absatz 1 enthalten die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten Bestimmungen, die es Einzelpersonen ermöglichen, sich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit oder der Verhängung von Sanktionen zu entziehen, wenn sie die Straftat anzeigen oder den Schaden, der den finanziellen Interessen der Union entstanden ist, in verschiedenen Phasen vor oder während des Strafverfahrens ersetzen. Solche Bestimmungen könnten dazu führen, dass Sanktionen unwirksam sind und keine abschreckende Wirkung haben. Andere Konformitätsprobleme betreffen die Nichteinhaltung des in Artikel 7 Absatz 3 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie für Sanktionen vorgesehenen Schwellenbetrags, insbesondere für

·das „Verschweigen einer Information“ im Zusammenhang mit Betrug bei Ausgaben im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe und Ausgaben, die nicht im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe stehen,

·Vortaten zur Geldwäsche,

·Bestechlichkeit ohne erschwerende Umstände,

·Bestechung, wenn sie von einem öffentlichen Bediensteten gegenüber einem anderen öffentlichen Bediensteten begangen wird oder ohne eine „Pflichtverletzung“, die, wie in Abschnitt 3.3.1 beschrieben, keine Anforderung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Betrugsbekämpfungsrichtlinie darstellt, und

·missbräuchliche Verwendung.

3.7. Gerichtsbarkeit (Artikel 11)

Nach Artikel 11 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie muss ein Mitgliedstaat seine Gerichtsbarkeit für Betrugsstraftaten in den Fällen begründen, in denen die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen worden ist oder wenn es sich bei dem Straftäter um einen seiner Staatsangehörigen handelt (Artikel 11 Absatz 1). Die Mitgliedstaaten müssen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um ihre Gerichtsbarkeit für Betrugsstraftaten in den Fällen zu begründen, in denen der Täter zum Zeitpunkt der Straftat dem Statut unterliegt. Die Mitgliedstaaten können von der Anwendung dieser Vorschrift absehen oder diese nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Umständen anwenden. Sie müssen die Kommission außerdem davon in Kenntnis setzen, wenn sie die Vorschrift nicht oder nur in bestimmten Fällen anwenden (Artikel 11 Absatz 2).

Die Mitgliedstaaten müssen die Kommission auch unterrichten, wenn sie sich dafür entscheiden, ihre Gerichtsbarkeit auf Betrugsstraftaten auszuweiten, bei denen i) der gewöhnliche Aufenthalt des Straftäters in ihrem Hoheitsgebiet liegt, ii) die Straftat zugunsten einer in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen juristischen Person begangen wird oder iii) die Straftat von einem ihrer Beamten bei der Ausübung seiner Dienstpflichten begangen wird (Artikel 11 Absatz 3).

Schließlich dürfen die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen es sich bei dem Täter um einen ihrer Staatsangehörigen handelt 13 , die Ausübung der Gerichtsbarkeit nicht an die Bedingung knüpfen, dass die Strafverfolgung nur i) nach einer Anzeige des Opfers an dem Ort, an dem die Straftat begangen wurde, oder ii) nach einer Benachrichtigung durch den Staat, in dem sich der Tatort befindet, eingeleitet werden kann (Artikel 11 Absatz 4). Die Kommission hat in einigen wenigen Mitgliedstaaten Konformitätsprobleme in diesen Bereichen festgestellt. Zwei Konformitätsprobleme betrafen die Begründung der Gerichtsbarkeit auf der Grundlage der Territorialität (Artikel 11 Absatz 1). Ein Problem bestand in der fehlenden Gerichtsbarkeit für Geldwäsche im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie. Das andere Problem bestand im Bestehen zusätzlicher Bedingungen, wie dass im Falle der Anstiftung oder Beihilfe zu Betrugsstraftaten i) der Haupttäter im Hoheitsgebiet gehandelt haben muss oder ii) die im nationalen Recht vorgesehene Strafe eine bestimmte Mindesthöhe haben muss.

12 Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Rechtsvorschriften nach Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie die Gerichtsbarkeit für Straftäter begründet, die dem Statut unterliegen, sei es mit oder ohne Festlegung bestimmter Bedingungen.

Etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten begründet ihre Gerichtsbarkeit für Betrugsstraftaten, die i) von Personen, deren gewöhnlicher Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet liegt, oder ii) zugunsten einer in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen juristischen Person und/oder iii) von einem ihrer Beamten bei der Ausübung seiner Dienstpflichten begangen werden (Artikel 11 Absatz 3). Die Konformitätsprobleme hinsichtlich Artikel 11 Absatz 4 betreffen die Festlegung der Bedingung, dass eine Strafverfolgung nur i) nach einer Anzeige des Opfers an dem Ort, an dem die Straftat begangen wurde, oder ii) nach einer Anzeige des Geschädigten (wenn eine solche Anzeige für die Strafverfolgung nach ausländischem Recht erforderlich ist) eingeleitet werden kann.

3.8. Verjährungsfrist (Artikel 12)

Nach Artikel 12 Absatz 1 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Festlegung einer Verjährungsfrist treffen. Diese Verjährungsfrist muss Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen, Gerichtsverfahren und gerichtliche Entscheidungen zu Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 der Richtlinie für einen ausreichend langen Zeitraum nach der Begehung dieser Straftaten ermöglichen, damit diese Straftaten wirksam bekämpft werden können. Die Richtlinie sieht Mindestverjährungsfristen für Straftaten vor, die mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens vier Jahren geahndet werden können (Artikel 12 Absätze 2 und 3). Die Richtlinie sieht auch Verjährungsfristen für die Vollstreckung von Sanktionen nach einer Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 vor (Artikel 12 Absatz 4). In einigen Mitgliedstaaten besteht ein Umsetzungsproblem darin, dass für die Vollstreckung einer Strafe, die nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat im Sinne des Artikels 3, 4 oder 5 verhängt wurde, eine Verjährungsfrist gilt, die kürzer ist als die in Artikel 12 Absatz 4 vorgeschriebenen fünf Jahre.

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Betrugsbekämpfungsrichtlinie wurde mit dem Ziel verabschiedet, den Schutz vor Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zu stärken. Die Richtlinie bietet einen Mehrwert durch die Festlegung von i) gemeinsamen Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und ii) Sanktionen zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union. Die wichtigsten Bestimmungen der Betrugsbekämpfungsrichtlinie wurden von allen Mitgliedstaaten umgesetzt.

Die Bewertung zeigt jedoch, dass die Umsetzung der Richtlinie noch verbesserungsbedürftig ist, um insbesondere i) die einheitliche Umsetzung der Definitionen von Straftaten im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 und ii) die Verantwortlichkeit juristischer und natürlicher Personen und die Verhängung von Sanktionen gegen sie im Einklang mit den Artikeln 6, 7 und 9 sicherzustellen. Auch die Bestimmungen über die Ausübung der Gerichtsbarkeit (Artikel 11) und die Verjährungsfristen (Artikel 12) müssen ordnungsgemäß umgesetzt werden.

Die ordnungsgemäße Umsetzung erfordert weitere gesetzgeberische Maßnahmen der Mitgliedstaaten, damit ihre nationalen Rechtsvorschriften vollständig mit den Anforderungen der Betrugsbekämpfungsrichtlinie in Einklang gebracht werden. Dies ist besonders wichtig dafür, der EUStA effektive Ermittlungen und eine wirksame Strafverfolgung zu ermöglichen.

Außerdem ist es unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten der Kommission statistische Daten über Strafverfahren und deren Ausgang übermitteln (Artikel 18 Absatz 2). Diese Berichterstattung ist von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung, ob der Schutz der finanziellen Interessen der Union mithilfe der Betrugsbekämpfungsrichtlinie erreicht worden ist.

In Einklang mit Artikel 18 der Betrugsbekämpfungsrichtlinie wird die Kommission die Einhaltung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten weiterhin bewerten und alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Richtlinie in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen.

(1)

   ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29.

(2)

   Die Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission: verstärkte Maßnahmen zum Schutz des EU-Haushalts (COM(2019) 196 final vom 29.4.2019).

(3)

   Da sich Dänemark nach Protokoll Nr. 22 zu den Verträgen nicht an der Annahme der Richtlinie beteiligte, ist sie für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar. Dänemark ist jedoch weiterhin durch das Betrugsbekämpfungsübereinkommen gebunden. Irland hingegen hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, sich nach Protokoll Nr. 21 zu den Verträgen an der Annahme und Anwendung der Betrugsbekämpfungsrichtlinie zu beteiligen.

(4)

   Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 316 vom 27.11.1995, S. 49.)

(5)

   Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).

(6)

   Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1939.

(7)

   In diesem Zusammenhang können die Zahl der als betrügerisch gemeldeten Unregelmäßigkeiten (die vermutete oder festgestellte Fälle von Betrug einschließen) und die damit verbundenen Beträge nicht als direkter Indikator für das Ausmaß des Betrugs zulasten des EU-Haushalts angesehen werden. Sie sind in erster Linie ein Indikator für das Ausmaß der Aufdeckung und der Meldung möglicher Betrugsfälle durch die Mitgliedstaaten und die EU-Stellen. Im Jahr 2019 wurden 939 Unregelmäßigkeiten in einem Gesamtwert von etwa 461,4 Mio. EUR als betrügerisch gemeldet (Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – 31. Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Betrugsbekämpfung 2019; COM(2020) 363 final vom 3.9.2020, S. 13).

(8)

   Nach Artikel 11 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten von der Anwendung dieser Vorschrift absehen oder diese nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Umständen anwenden, müssen jedoch die Kommission davon in Kenntnis setzen, wenn sie so verfahren.

(9)

   Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 4.

(10)

   Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (Text von Bedeutung für den EWR) (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).

(11)

   Demnach würde Mitgliedstaat A Bedienstete anderer Mitgliedstaaten (B, C usw.) nur dann strafrechtlich verfolgen, wenn sie eine Straftat im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats A begehen.

(12)

   Artikel 7 Absatz 3 Sätze 2 und 3: „Als erheblich gilt der Schaden oder Vorteil aus einer Straftat im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a, b oder c und im Sinne von Artikel 4, wenn der Schaden oder Vorteil mehr als 100 000 EUR beträgt. Der Schaden oder Vorteil aus einer Straftat im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d gilt vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 2 stets als erheblich“.

(13)

   Nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b.