EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 22.7.2021
COM(2021) 403 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
und
zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel im Hinblick auf Nanomaterialien
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
und
zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel im Hinblick auf Nanomaterialien
INHALT
Glossar
Einführung
ABSCHNITT 1 – SACHSTANDSBERICHT ÜBER DIE VERWENDUNG VON NANOMATERIALIEN IN KOSMETISCHEN MITTELN
1.1.
Bestimmungen über Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung
1.2.
Notifizierungsverfahren für in der EU in Verkehr gebrachte Nanomaterialien
1.3.
Bestandsaufnahme zu Nanomaterialien auf dem EU-Markt
1.4.
Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
1.5.
Bewertungsverfahren
1.6.
Internationale Zusammenarbeit und regulatorische Harmonisierung im Bereich der Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
1.7.
Wichtigste Ergebnisse von Abschnitt 1
ABSCHNITT 2 – ÜBERPRÜFUNG DER NANOMATERIALIEN BETREFFENDEN BESTIMMUNGEN
2.1.
Ziel der Überprüfung
2.2.
Definition des Begriffs „Nanomaterial“ in der Kosmetikverordnung
2.3.
Notifizierungsverfahren für Nanomaterialien
2.4.
Wissenschaftliche Bewertung von Nanomaterialien und Regulierungsmaßnahmen
2.5.
Kennzeichnung von kosmetischen Mitteln, die Nanomaterialien enthalten, und Sensibilisierung der Verbraucher
2.6.
Wichtigste Schlussfolgerungen
Glossar
CPNP
Cosmetic Products Notification Portal („Meldeportal für kosmetische Mittel“)
ECHA
Europäische Chemikalienagentur
EU
Europäische Union
EUON
Beobachtungsstelle der Europäischen Union für Nanomaterialien
ICCR
International Cooperation on Cosmetics Regulation („Internationale Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zu Kosmetika“)
INCI
International Nomenclature of Cosmetic Ingredients („Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe“)
Kosmetikverordnung
Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel
REACH (Verordnung)
Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)
SCCS
Wissenschaftlicher Ausschuss „Verbrauchersicherheit“
Verantwortliche Person
Gemäß Artikel 4 der Kosmetikverordnung benannte juristische oder natürliche Person in der EU Einleitung
Einführung
Nanomaterialien bestehen aus sehr kleinen Partikeln, die mit dem menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden können. Diese Materialien kommen z. B. in Strandsand und Milch (natürliche Kolloide) in der Natur vor, werden aber auch hergestellt und Konsumgütern zugesetzt, um bestimmte Eigenschaften zu erreichen.
Aufgrund der sehr geringen Größe weisen Nanomaterialien besondere physikalische und chemische Eigenschaften auf: Sie können im Vergleich zu ihrer Makroform die Farbe wechseln oder antioxidative Eigenschaften annehmen. Die geringe Größe kann aber auch Einfluss auf die Gefahreneigenschaften eines bestimmten Nanomaterials haben. Einige Nanoformen von Stoffen könnten daher ein inhärentes Gefahrenpotenzial aufweisen, das in den jeweiligen Nicht-Nanoformen nicht vorhanden ist.
Kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, müssen spezielle Vorschriften für Nanomaterialien erfüllen, und jeden Tag werden etwa zehn neue derartige kosmetischen Mittel in der EU in Verkehr gebracht. Dies stellt jedoch nur einen kleinen Bruchteil (zwischen 1,2 % und 1,5 %) der Gesamtzahl der neuen Mittel dar (siehe Abschnitt 1.2).
Die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (im Folgenden die „Kosmetikverordnung“) befasst sich mit den Besonderheiten von Nanomaterialien, die in kosmetischen Mitteln verwendet werden: In Artikel 16 ist, wie in Abschnitt 1 näher ausgeführt, eine Ad-hoc-Regelung für kosmetische Mittel vorgesehen, die Nanomaterialien enthalten.
Gemäß Artikel 16 Absätze 10 und 11 der Kosmetikverordnung ist die Kommission verpflichtet, dem Europäischen Parlament und dem Rat einen jährlichen Sachstandsbericht über die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln vorzulegen und die Nanomaterialien betreffenden Bestimmungen dieser Verordnung zu überprüfen.
Mit dem vorliegenden Dokument sollen die oben genannten Bestimmungen umgesetzt werden. Es ist wie folgt aufgebaut:
·Abschnitt 1 – Sachstandsbericht über die Entwicklungen bei der Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln (Artikel 16 Absatz 10 Buchstabe b),
·Abschnitt 2 – Überprüfung der Nanomaterialien betreffenden Bestimmungen der Kosmetikverordnung (Artikel 16 Absatz 11).
ABSCHNITT 1 – SACHSTANDSBERICHT ÜBER DIE VERWENDUNG VON NANOMATERIALIEN IN KOSMETISCHEN MITTELN
2.0.Bestimmungen über Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung
Die Kosmetikverordnung sieht eine spezielle Regelung für kosmetische Mittel vor, die Nanomaterialien enthalten, die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe k dieser Verordnung als „ein unlösliches oder biologisch beständiges und absichtlich hergestelltes Material mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen oder einer inneren Struktur in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern“ definiert werden.
Insbesondere wird in Artikel 16 Absatz 1 Folgendes präzisiert: „Für jedes kosmetische Mittel, das Nanomaterialien enthält, muss ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden“; zudem werden in den nachfolgenden Absätzen von Artikel 16 die Verfahren geregelt, die für kosmetische Mittel gelten, die Nanomaterialien enthalten:
1.Für kosmetische Mittel mit Nanomaterialien gilt ein spezielles Notifizierungsverfahren: „Zusätzlich zur Anmeldung gemäß Artikel 13, sind kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, von der verantwortlichen Person der Kommission auf elektronischem Wege sechs Monate vor dem Inverkehrbringen zu notifizieren“ (Artikel 16 Absatz 3 der Kosmetikverordnung). Die vom Antragsteller übermittelte Notifizierung enthält die in Artikel 16 Absatz 3 der Kosmetikverordnung aufgeführten Angaben.
2.Sollte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Nanomaterialien haben, fordert sie den Wissenschaftlichen Ausschuss „Verbrauchersicherheit“ (Scientific Committee for Consumer Safety, SCCS) unverzüglich auf, eine Stellungnahme zur Sicherheit dieser Nanomaterialien für die Verwendung in den relevanten Produktkategorien und zur vernünftigerweise vorhersehbaren Exposition abzugeben.
3.Der SCCS legt seine Stellungnahme innerhalb von sechs Monaten nach der Aufforderung der Kommission vor. Wenn der SCCS feststellt, dass erforderliche Daten fehlen, fordert die Kommission die verantwortliche Person auf, diese Daten innerhalb einer ausdrücklich erklärten angemessenen Frist, die nicht verlängert wird, einzureichen.
4.Der SCCS legt seine endgültige Stellungnahme innerhalb von sechs Monaten nach der Bereitstellung ergänzender Daten vor.
5.Artikel 16 Absatz 6 der Kosmetikverordnung sieht schließlich Folgendes vor: „Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des SCCS und bei Bestehen eines potentiellen Risikos für die menschliche Gesundheit, auch wenn unzureichende Daten vorliegen, kann die Kommission Anhänge II und III ändern.“
Gemäß Artikel 16 Absatz 2 gelten die Bestimmungen dieses Artikels, sofern nicht ausdrücklich angegeben, nicht für Nanomaterialien, die als Farbstoffe, UV-Filter oder Konservierungsstoffe gemäß Artikel 14 verwendet werden, da sie bereits speziellen Ex-ante-Zulassungsanforderungen unterliegen.
2.1.Notifizierungsverfahren für in der EU in Verkehr gebrachte Nanomaterialien
In Artikel 13 der Kosmetikverordnung ist vorgesehen, dass die verantwortliche Person der Kommission vor dem Inverkehrbringen eines kosmetischen Mittels auf elektronischem Wege spezifische Informationen über dieses kosmetische Mittel (darunter gegebenenfalls auch die Anwesenheit von Nanomaterialien) notifiziert. Die Wahrnehmung dieser Meldepflicht erfolgt über das Meldeportal für kosmetische Mittel (Cosmetic Products Notification Portal, im Folgenden „CPNP“).
Die CPNP-Daten liefern wertvolle Informationen über kosmetische Mittel: Täglich werden etwa 800 neue kosmetische Mittel notifiziert und in der EU in Verkehr gebracht (2019 wurden beinahe 290 000 kosmetische Mittel notifiziert).
In Artikel 16 Absatz 3 der Kosmetikverordnung ist vorgesehen, dass kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, zusätzlich zur Notifizierung gemäß Artikel 13 der Kommission von der verantwortlichen Person sechs Monate vor dem Inverkehrbringen auf elektronischem Wege zu notifizieren sind. Das CPNP umfasst daher auch ein eigenes Modul für kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten.
Die Notifizierung muss die in Artikel 16 Absatz 3 der Kosmetikverordnung aufgeführten Angaben enthalten. Für Inhaltsstoffe, die zur Färbung, Konservierung oder als UV-Filter verwendet werden und in den Anhängen IV, V oder VI als Nanomaterialien aufgeführt sind, gilt die Notifizierung gemäß Artikel 16 nicht. Die allgemeine Meldepflicht gemäß Artikel 13 gilt jedoch weiterhin.
Die gemäß Artikel 13 beim CPNP eingegangenen Notifizierungen ermöglichen daher eine Einschätzung der Gesamtmenge kosmetischer Mittel, die Nanomaterialien enthalten.
Anhand der über das CPNP erfassten Daten kann abgeschätzt werden, wie sich die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln im Laufe der Zeit entwickelt hat. Insbesondere wurden seit der Einrichtung des CPNP für Nanomaterialien (Zeitraum 2013-2020) insgesamt
·über 2,5 Millionen kosmetische Mittel in der EU in Verkehr gebracht;
·37 647 kosmetische Mittel mit Nanomaterialien (gemäß dem Verfahren nach Artikel 13) notifiziert, was etwa 1,5 % aller Notifizierungen entspricht;
·1445 Notifizierungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 16 vorgenommen.
Die nachstehende Tabelle 1 bietet einen genaueren Überblick über die im Zeitraum 2016-2020 beim CPNP eingegangenen Notifizierungen:
|
Jahr
|
Notifizierungen gemäß Artikel 13
|
Notifizierungen gemäß Artikel 16
|
|
2020
|
3 444
|
137
|
|
2019
|
3 926
|
175
|
|
2018
|
3 557
|
200
|
|
2017
|
3 626
|
131
|
|
2016
|
3 556
|
265
|
Tabelle 1: Im Zeitraum 2016–2020 (sowohl gemäß Artikel 13 als auch gemäß Artikel 16) eingegangene CPNP-Notifizierungen kosmetischer Mittel, die Nanomaterialien enthalten.
Dies entspricht einem Durchschnittswert von jährlich etwa 3620 neuen Mitteln, die Nanomaterialien enthalten und über das CPNP notifiziert werden (Daten für die Jahre 2016-2020): Jeden Tag werden etwa zehn neue kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, in der EU in Verkehr gebracht.
Die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln ist begrenzt (1,5 % aller Mittel) und scheint in den letzten fünf Jahren (2016–2020) recht stabil gewesen zu sein.
Nanomaterialien, die als Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder UV-Filter verwendet werden und in Anhang IV, V bzw. VI der Kosmetikverordnung aufgeführt sind, unterliegen nicht den Meldepflichten gemäß Artikel 16 der genannten Verordnung, da für sie bereits die Regelung für eine Zulassung vor dem Inverkehrbringen gilt. Ihr Vorhandensein kann jedoch über die allgemeinen Notifizierungen gemäß Artikel 13 der Kosmetikverordnung abgefragt werden.
In den Anhängen IV, V und VI der Kosmetikverordnung sind fünf Nanomaterialien enthalten (siehe Tabelle 2):
|
Anhang
|
INCI
|
CAS-Nummer
|
|
IV (Farbstoffe)
|
Kohlenstoff schwarz („Carbon Black“) (Nano)
|
1333-86-4/7440-44-0
|
|
V (Konservierungsstoffe)
|
-
|
-
|
|
VI (UV-Filter)
|
Methylene Bis-Benzotriazolyl Tetramethylbutylphenol (Nano)
|
103597-45-1
|
|
|
Titandioxid (Nano)
|
13463-67-7/1317-70-0/1317-80-2
|
|
|
Tris-biphenyl triazine (Nano)
|
31274-51-8
|
|
|
Zinkoxid (Nano)
|
1314-13-2
|
Tabelle 2: In den Anhängen der Kosmetikverordnung enthaltene Nanomaterialien
Im Jahr 2020 wurden für die in den Anhängen IV, V und VI aufgeführten Nanomaterialien 3444 Notifizierungen gemäß Artikel 13 der Kosmetikverordnung übermittelt. Für alle anderen Nanomaterialien gab es lediglich 137 Notifizierungen gemäß Artikel 16 der Kosmetikverordnung.
Aus den obigen Zahlen geht hervor, dass die überwiegende Mehrheit der Notifizierungen von Nanomaterialien zugelassene Verwendungen als Farbstoffe und/oder UV-Filter betrifft (derzeit gibt es keine zugelassenen Nanomaterialien mit Konservierungsfunktion, die in Anhang V aufgeführt oder im CPNP notifiziert sind). Nur eine Minderheit aller Notifizierungen bezieht sich nicht auf solche Verwendungen (2020 waren es 137, was etwa 3,9 % aller Notifizierungen in diesem Jahr entspricht).
Bei den meisten kosmetischen Mitteln, die Nanomaterialien enthalten, weisen diese Inhaltsstoffe eine Funktion als Farbstoff oder UV-Filter (etwa 96 % der Notifizierungen im Jahr 2020) auf.
Die vier am häufigsten verwendeten chemischen Stoffe, auf die mehr als 70 % aller CPNP-Notifizierungen von Nanomaterialien entfallen, sind:
·Titandioxid,
·Silica Dimethyl Silylate, Silan, Dichlordimethyl-, Reaktionsprodukte mit Siliciumdioxid,
·Kohlenstoff schwarz („Carbon Black“) (Nano), CI 77266,
·Siliciumdioxid.
Die häufigsten Kategorien kosmetischer Mittel, die Nanomaterialien enthalten, sind:
1.Sonnenschutz,
2.Nagellack/Nagel-Make-up,
3.oxidative Haarpflegeprodukte,
4.Grundierung,
5.Lippenpflegeprodukte und Lippenstift.
Beim Anteil der kosmetischen Mittel, die Nanomaterialien enthalten, wurden in verschiedenen Ländern erhebliche Unterschiede festgestellt. Die folgende Tabelle 3 enthält einen Überblick über die Notifizierungen in den fünf EU-Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Polen) mit der höchsten Gesamtzahl an CPNP-Notifizierungen. Es erscheint plausibel, dass diese Streuung auf Unterschiede bei der Umsetzung der Definition von Nanomaterialien durch nationale Behörden und/oder Wirtschaftsteilnehmer und folglich auf die unterschiedlichen Meldepflichten zurückzuführen sein dürfte.
|
Land der verantwortlichen Person
|
Gesamtzahl der CPNP-Notifizierungen
|
CPNP-Notifizierungen für Nanomaterialien
|
Prozentsatz der Notifizierungen für Nanomaterialien in diesem Land
|
Anteil des Landes an der Gesamtzahl der Notifizierungen für Nanomaterialien in der EU
|
|
Frankreich
|
328 041
|
16 459
|
5,0 %
|
43,7 %
|
|
Deutschland
|
291 269
|
4 326
|
1,5 %
|
11,5 %
|
|
Italien
|
528 340
|
4 569
|
0,9 %
|
12,1 %
|
|
Spanien
|
315 850
|
2 550
|
0,8 %
|
6,7 %
|
|
Polen
|
123 966
|
2 463
|
2,0 %
|
6,5 %
|
Tabelle 3: CPNP-Notifizierungen in den fünf größten EU-Ländern
Es gibt erhebliche Unterschiede bei den Prozentsätzen der in den fünf EU-Ländern mit der höchsten Gesamtzahl an CPNP-Notifizierungen gemeldeten kosmetischen Mittel, die Nanomaterialien enthalten (nämlich eine Bandbreite von 0,8 % bis zu 5 %); dies gilt auch für den Anteil des Landes an der Gesamtzahl der Notifizierungen für Nanomaterialien in der EU (nämlich 6,5 % im Fall Polens und 43,7 % für Frankreich).
2.2.Bestandsaufnahme zu Nanomaterialien auf dem EU-Markt
Die Kommission hat zur Verbesserung der Transparenz bereits zwei Fassungen des Katalogs der Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln, die in der EU in Verkehr gebracht und über das CPNP notifiziert wurden, veröffentlicht. Gemäß Artikel 16 Absatz 10 müssen diese Informationen alle in kosmetischen Mitteln verwendeten Nanomaterialien berücksichtigen – nicht nur die gemäß Artikel 16 notifizierten, sondern auch solche, die als Farbstoffe, Konservierungsmittel oder UV-Filter verwendet werden.
Die Kommission veröffentlichte den ersten Katalog im Juni 2017 („Katalog von 2017“ mit bis Ende 2016 erhobenen Daten). Die zweite Fassung wurde 2019 herausgegeben („Katalog von 2019“ mit bis Ende 2018 erhobenen Daten).
Die Kataloge enthalten eine Liste der Bezeichnungen von Nanomaterialien gemäß der Internationalen Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe (INCI), die laut CPNP-Notifizierungen in kosmetischen Mitteln verwendet werden. Darüber hinaus wird darin zwischen als Farbstoffe und als UV-Filter verwendeten sowie anderen gemäß Artikel 16 der Kosmetikverordnung notifizierten Nanomaterialien unterschieden.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Katalog ausschließlich auf den von der verantwortlichen Person bereitgestellten Informationen beruht und die Qualität der Informationen nicht validiert wird. Die verantwortliche Person trägt die Verantwortung für den Inhalt der Notifizierung. Der Katalog hat daher reinen Informationscharakter und stellt kein Verzeichnis zugelassener Nanomaterialien dar.
Ein Vergleich der beiden im Abstand von zwei Jahren herausgegeben Kataloge gibt Aufschluss über Trends bei der Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln. Neben der Abbildung der Marktentwicklungen spiegelt sich in der Veränderung auch die Berichtigung fehlerhafter Eintragungen von Stoffen als Nanomaterialien wider:
·Der Katalog von 2017 umfasst 43 Einträge (wobei einige Nanomaterialien nach ihren unterschiedlichen Funktionen – z. B. als Farbstoffe, UV-Filter und andere Funktionen – mehrfach vorkommen).
·Der Katalog von 2019 enthält 29 Einträge (Titandioxid und Zinkoxid werden als Farbstoffe und UV-Filter doppelt aufgeführt).
Die Gesamtzahl der Bestandteile kosmetischer Mittel, die als Nanomaterialien gelten, ist im Beobachtungszeitraum von 43 bis 29 zurückgegangen.
Zur Erklärung dieses Unterschieds ist vor allem die Bewertung der Kategorie Farbstoffe maßgeblich:
·Der Katalog von 2017 enthält 12 Nanomaterialien, die im CPNP als Farbstoffe notifiziert wurden. Im entsprechenden Anhang IV ist jedoch nur ein Stoff (Kohlenstoff schwarz (Nano)) enthalten (nur die in Anhang IV aufgeführten Farbstoffe dürfen zu diesem Zweck als Bestandteile kosmetischer Mittel verwendet werden).
·Im Katalog von 2019 finden sich nur drei im CPNP als Farbstoffe notifizierte Nanomaterialien (Kohlenstoff schwarz, Titanoxid und Zinkoxid). Titanoxid und Zinkoxid sind nicht für Zwecke der Färbung zugelassen, in Anhang VI jedoch als zugelassene UV-Filter in Nanoform aufgeführt.
Darüber hinaus wurden zwei Nanomaterialien aus der Liste der UV-Filter und sechs aus der Liste der Nanomaterialien mit anderen Funktionen gestrichen. Nano-Kupfer, Gold und Silber werden nicht mehr als Nano-Farbstoffe, sondern als Nanomaterialien mit anderen Funktionen geführt.
Die obigen Ausführungen scheinen die Feststellung zu stützen, dass viele Notifizierungen in Bezug auf Nanomaterialien, die in die erste Katalogfassung von 2017 aufgenommen wurden, irrtümlich oder vorsichtshalber erfolgten und der Katalog von 2019 ein zutreffenderes Bild des Marktes vermittelt. Beispielsweise sind Titandioxid und Zinkoxid in Anhang IV nicht als Farbstoffe zugelassen und hätten daher nicht für Zwecke der Färbung notifiziert werden dürfen.
Ein Grund für die Schwierigkeiten, auf die Wirtschaftsteilnehmer in der Vergangenheit bei der Umsetzung einiger Meldepflichten gestoßen sind, könnten die Unterschiede zwischen den Definitionen von Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung und in der Empfehlung der Kommission vom 18. Oktober 2011 zur Definition von Nanomaterialien (2011/696/EU) (im Folgenden „Empfehlung der Kommission zur Definition von Nanomaterialien“) (siehe Abschnitt 2) sein.
Insgesamt enthält der Katalog von 2019 keine „neuen“ chemischen Stoffe, die als Nanomaterialien gelten und nicht bereits in irgendeiner Form (z. B. in einer anderen Kategorie kosmetischer Mittel) im Katalog von 2017 aufgeführt waren.
2.3.Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
Wie in Abschnitt 1.1 ausgeführt, ist in Artikel 16 Absatz 4 der Kosmetikverordnung vorgesehen, dass die Kommission, sollte sie Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Nanomaterialien haben, den SCCS unverzüglich auffordert, eine Stellungnahme zur Sicherheit solcher Nanomaterialien für die Verwendung in den relevanten Produktkategorien und zur vernünftigerweise vorhersehbaren Exposition abzugeben.
Der SCCS muss seine Stellungnahme innerhalb von sechs Monaten nach der Aufforderung der Kommission vorlegen. Wenn der SCCS feststellt, dass erforderliche Daten fehlen, fordert die Kommission die verantwortliche Person auf, diese Daten innerhalb einer ausdrücklich erklärten angemessenen Frist, die nicht verlängert werden sollte, einzureichen.
Der SCCS muss seine endgültige Stellungnahme innerhalb von sechs Monaten nach der Bereitstellung ergänzender Daten vorlegen.
Gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Kosmetikverordnung kann die Kommission den SCCS jederzeit nach dem oben beschriebenen Verfahren im Fall von Sicherheitsbedenken konsultieren.
Infolge der von der Kommission erteilten Aufträge hat der SCCS in den letzten zehn Jahren über 20 Stellungnahmen und Dokumenten mit Leitlinien zu Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln vorgelegt.
Die Entwürfe der Schlussfolgerungen des SCCS sind Gegenstand einer öffentlichen Konsultation und bilden nach ihrer Fertigstellung die wissenschaftliche Grundlage für den Beschluss der Kommission zur Änderung der Anhänge der Kosmetikverordnung.
Die vom SCCS durchgeführte Bewertung der Sicherheit eines Nanomaterials stützt sich daher hauptsächlich auf die Informationen, die der Antragsteller sowohl in der ursprünglichen Notifizierung (Artikel 16 Absatz 2 und Artikel 16 Absatz 3 der Kosmetikverordnung) als auch gegebenenfalls mit den vom SCCS gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Kosmetikverordnung angeforderten zusätzlichen Daten vorgelegt hat.
Im Regelfall sollte der SCCS feststellen, ob eine sichere Verwendung eines Nanomaterials nachgewiesen werden kann, gegebenenfalls mit entsprechenden Einschränkungen oder Begrenzungen. In einigen Fällen ist der SCCS jedoch möglicherweise nicht in der Lage, eine Aussage über die Sicherheit zu treffen. Dies könnte auf unzureichende Informationen/Daten zurückzuführen sein, die dem SCCS von den Antragstellern vorgelegt wurden und/oder in der wissenschaftlichen Literatur verfügbar sind.
Was die jüngsten (für den Zeitraum 2015 bis 2020 vorliegenden) SCCS-Stellungnahmen zu CPNP-notifizierten Nanomaterialien anbelangt, so enthalten die meisten davon kein schlüssiges Ergebnis. Insbesondere konnte der SCCS in sieben von zehn Stellungnahmen auf der Grundlage der im CPNP-System verfügbaren Informationen oder nach Aufforderung der verantwortlichen Personen zur Bereitstellung von Klarstellungen oder zusätzlichen Informationen/Daten keine Aussage über die Sicherheit des betreffenden Nanomaterials treffen.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich die Verfügbarkeit von Daten zu bestimmten Nanomaterialien in Zukunft durch die Umsetzung der REACH-Verordnung verbessern könnte. Die Kommission hat nämlich spezifische Präzisierungen in Bezug auf Nanomaterialien und neue Bestimmungen für REACH-Registranten verabschiedet. Mit den vorgeschlagenen (ab 1. Januar 2020 geltenden) Änderungen wird die Beschreibung der Nanoformen von Stoffen (d. h. Nanomaterialien in ihren verschiedenen Formen) vorgeschrieben. Außerdem werden damit die Informationsanforderungen der REACH-Verordnung in Bezug auf Nanomaterialien präzisiert, und im Laufe der Zeit dürfte sich die Verfügbarkeit entsprechender Daten (z. B. durch Aktualisierungen der REACH-Registrierungsdossiers) verbessern.
2.4.Bewertungsverfahren
Zur Bewertung der Frage, ob es bei einem partikelförmigen Material um ein Nanomaterial gemäß der entsprechenden Definition in der Kosmetikverordnung handelt, ist es häufig erforderlich, dass spezifische Messungen (z. B. zur Bestätigung des Größenbereichs) durchgeführt werden und zusätzliche Elemente der Definition (z. B. Unlöslichkeit, absichtliche Herstellung usw.) gebührend berücksichtigt werden. Bei der Bewertung der mit Nanomaterialien verbundenen Risiken sind auch besondere Erwägungen zu berücksichtigen.
Im Erwägungsgrund 30 der Kosmetikverordnung heißt es:
„Gegenwärtig existieren nur unzureichende Informationen über die mit der Verwendung von Nanomaterialien verbundenen Risiken. Um ihre Sicherheit besser bewerten zu können, sollte der SCCS in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Einrichtungen Hinweise zu Testmethoden geben, bei denen die spezifischen Merkmale von Nanomaterialien berücksichtigt werden.“
In der Kosmetikverordnung wird daher eingeräumt, dass zum Zeitpunkt ihrer Annahme „nur unzureichende Informationen über die mit der Verwendung von Nanomaterialien verbundenen Risiken“ existierten, und der SCCS beauftragt, Leitlinien für Testmethoden zur Bewertung ihrer Risiken anzunehmen. Solche Leitlinien wurden 2012 vom SCCS angenommen (Guidance on the Safety Assessment of Nanomaterials in Cosmetics („Leitlinien zur Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln“) (SCCS/1484/12), gefolgt von einem SCCS Memorandum on Relevance, Adequacy and Quality of Data in Safety Dossiers on Nanomaterials („SSCS-Memorandum über Relevanz, Angemessenheit und Qualität von Daten in Sicherheitsdossiers zu Nanomaterialien“) (SCCS/1524/13).
Die Leitlinien wurden 2012 erstmals verabschiedet und 2019 überarbeitet, um neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen und Datenanforderungen zu aktualisieren, z. B. das inzwischen in Kraft getretene Tierversuchsverbot, das die Beschaffung von Daten aus alternativen Versuchsmethoden vorschreibt.
In den aktuellen Leitlinien zur Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln werden die spezifischen Merkmale von Nanomaterialien berücksichtigt und verschiedene zu beachtende Sicherheitserwägungen (z. B. physikalisch-chemische Charakterisierung, Expositionsbewertung, Gefahrenermittlung und Charakterisierung der Dosis-Wirkungs-Beziehung sowie Risikobewertung) dargelegt. Checklisten für die Dossiers der Antragsteller sind ebenfalls abrufbar.
Darüber hinaus veröffentlichte die Gemeinsame Forschungsstelle der EU (JRC) im Jahr 2019 einen Bericht mit dem Titel Identification of nanomaterials through measurements („Identifizierung von Nanomaterialien durch Messungen“), der sich mit der Identifizierung von Nanomaterialien gemäß der Empfehlung der Kommission zur Definition von Nanomaterialien befasst. Obwohl keine vollständige Übereinstimmung zwischen der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 zur Definition von Nanomaterial und der Definition von „Nanomaterial“ in der Kosmetikverordnung besteht, enthält der JRC-Bericht nützliche Informationen über die zu befolgenden Analysemethoden. Entsprechende Informationen sind auch in den ECHA-Leitlinien „Anhang zu Nanoformen, der für die Leitlinien zur Registrierung und Identifizierung von Stoffen gültig ist“ (Dezember 2019) zu finden.
2.5.Internationale Zusammenarbeit und regulatorische Harmonisierung im Bereich der Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln
Die EU spielte eine Pionierrolle bei der Regulierung der Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln, durch die deren Sicherheit für die menschliche Gesundheit zu gewährleistet werden sollte. Der Einsatz von Nanotechnologie zur Verbesserung der Leistungsmerkmale kosmetischer Mittel ist jedoch ein weltweiter, nicht auf die EU beschränkter Trend. Einige andere Länder folgten diesem Ansatz und haben einen speziellen Regulierungsrahmen für die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln angenommen.
In anderen Rechtsordnungen (z. B. Vereinigte Staaten, Australien, Brasilien, Kanada und Japan) wurden hingegen keine spezifischen Regelungen eingeführt, die den unterschiedlichen chemischen und biologischen Eigenschaften von Nanomaterialien Rechnung tragen.
In einer Reihe internationaler Foren sind Bemühungen zur Harmonisierung der Definition von „Nanomaterial“ und zur Angleichung an die nanospezifische Sicherheitsbewertung im Gange. Bei der Einrichtung der ICCR (internationale Gruppe der Regulierungsbehörden für kosmetische Mittel aus Brasilien, der Europäischen Union, Japan, Kanada und den Vereinigten Staaten) im Jahr 2007 wurde die Verwendung von Nanotechnologie in kosmetischen Mitteln daher als einer von sechs Schwerpunktbereichen für die internationale Zusammenarbeit vorgesehen. Seither werden Schritte im Hinblick auf einen gemeinsamen Ansatz für Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln unternommen.
Die ICCR arbeitete im Rahmen ihrer Normungsbemühungen auf einen Konsens über Sicherheitsansätze für Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln und auf die Harmonisierung von Versuchsverfahren hin. Sie hat Berichte über Standardverfahren zum Nachweis und zur Beschreibung von Nanopartikeln und zuletzt den Bericht über Sicherheitsansätze für Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln veröffentlicht.
Da der Begriff „Nanomaterial“ in den verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedlich definiert wird, hat die ICCR bereits in ihrem ersten Bericht zur Nanotechnologie die Kosmetikindustrie dazu aufgefordert, gemeinsame Definitionen für die Nanotechnologie im Bereich der Kosmetik zu entwickeln.
In der Zwischenzeit hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Nanotechnologie der ICCR auf der Grundlage festgelegter Kriterien und Nachweismethoden eine Reihe von Kriterien ermittelt, anhand derer bestimmt werden kann, ob ein spezifischer Stoff, der in kosmetischen Mitteln verwendet wird, als „Nanomaterial“ gilt.
Die Arbeitsdefinition
der ICCR deckt sich weitgehend mit der Definition in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe k der Kosmetikverordnung, wonach ein Nanomaterial ein Stoff ist, der neben anderen Kriterien eine Größe von 1 bis 100 Nanometern aufweist. In mit der Kosmetikverordnung vergleichbarer Weise schließt auch die ICCR die natürlich vorkommenden oder bei Prozessen anfallenden Nanopartikel nicht in die Definition von Nanomaterialien ein.
2.6.Wichtigste Ergebnisse von Abschnitt 1
·Jeden Tag werden im Durchschnitt zehn neue kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, in der EU in Verkehr gebracht. Dies ist nur ein Bruchteil der 800 neuen kosmetischen Mittel, die täglich im CPNP notifiziert werden. Insgesamt betrifft die Verwendung von Nanomaterialien einen relativ begrenzten Anteil an der Gesamtzahl kosmetischer Mittel (etwa 1,5 %) und ist in den letzten fünf Jahren relativ stabil geblieben.
·Die meisten im CPNP notifizierten kosmetischen Mittel entfallen auf Nanomaterialien mit Farbstoff- oder UV-Filterfunktion.
·Es bestehen prozentuale Unterschiede zwischen den EU-Ländern in Bezug auf den Anteil der neu notifizierten Nanomaterialien enthaltenden kosmetischen Mittel (der in der Größenordnung von 0,8 % bis 5,5 % liegt), sowie hinsichtlich des Anteils von Nanomaterialien an den Notifizierungen insgesamt (der zwischen 6,5 % und 43,7 % beträgt).
·Der von der Kommission erstellte Katalog der Nanomaterialien aus dem Jahr 2019 vermittelte ein ziemlich genaues Bild des Marktes, wenn auch mit den sich aus dem Notifizierungsverfahren ergebenden Einschränkungen.
·Die meisten Stellungnahmen des SCCS zur Sicherheit von CPNP-notifizierten Nanomaterialien enthielten aufgrund fehlender oder unzureichender Daten kein schlüssiges Ergebnis. Daher müssen die verantwortlichen Personen bei der Notifizierung von Nanomaterialien, die in kosmetischen Mitteln vorhanden sind, möglichst genaue Angaben machen.
ABSCHNITT 2 – ÜBERPRÜFUNG DER NANOMATERIALIEN BETREFFENDEN BESTIMMUNGEN
2.1.Ziel der Überprüfung
Wie in Abschnitt 1.1 ausgeführt, ist in Artikel 16 Absatz 11 der Kosmetikverordnung Folgendes vorgesehen: „Die Kommission überprüft regelmäßig unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen Fortschritts die Nanomaterialien betreffenden Bestimmungen dieser Verordnung und schlägt gegebenenfalls entsprechende Änderungen der Bestimmungen vor.“
Im Rahmen der aktuellen Überprüfung soll bewertet werden, ob die Bestimmungen der Kosmetikverordnung in Bezug auf Nanomaterialien in Anbetracht des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts, einschließlich der in Abschnitt 1 dieses Dokuments dargelegten Informationen, noch zweckmäßig sind.
Insbesondere werden vier zentrale Elemente der Bestimmungen zu Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung im Lichte des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts bewertet:
1.Definition des Begriffs „Nanomaterial“
2.Notifizierung von Nanomaterialien
3.Wissenschaftliche Bewertung von Nanomaterialien
4.Kennzeichnung kosmetischer Mittel, die Nanomaterialien enthalten
2.2.Definition des Begriffs „Nanomaterial“ in der Kosmetikverordnung
Als die Kosmetikverordnung im Jahr 2009 erlassen wurde, lag noch keine auf internationaler Ebene abgestimmte Definition von Nanomaterialien vor. In der Kosmetikverordnung wurde daher eingeräumt, dass es auf EU- und internationaler Ebene keinen Konsens über eine Definition von Nanomaterialien gebe, und folglich ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, die entsprechenden Bestimmungen zu überprüfen und zu aktualisieren.
Diesbezüglich ist in Erwägungsgrund 29 der Kosmetikverordnung Folgendes vorgesehen:
„Die Verwendung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln kann mit der Weiterentwicklung der Technologie zunehmen. Um ein hohes Verbraucherschutzniveau, den freien Warenverkehr und die Rechtssicherheit für Hersteller gewährleisten zu können, muss eine einheitliche Definition für Nanomaterialien auf internationaler Ebene erstellt werden. Die Gemeinschaft sollte sich darum bemühen, eine Einigung über eine solche Definition in entsprechenden internationalen Foren herbeizuführen. Sollte eine solche Einigung erzielt werden, sollte die Definition von Nanomaterialien in dieser Verordnung entsprechend angepasst werden.“
Die Kosmetikverordnung enthält derzeit in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe k eine sektorspezifische Definition von „Nanomaterial“: „ein unlösliches oder biologisch beständiges und absichtlich hergestelltes Material mit einer oder mehreren äußeren Abmessungen oder einer inneren Struktur in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern“.
Daher müssen bei der Bestimmung des Nanomaterialstatus eines kosmetischen Inhaltsstoffs die folgenden wesentlichen Aspekte berücksichtigt werden:
·Unlöslichkeit oder Biopersistenz,
·absichtliche Herstellung,
·eine oder mehrere äußere Abmessungen in einer Größenordnung von 1 bis 100 Nanometern.
Nach der Veröffentlichung der Kosmetikverordnung wurde mit der Empfehlung der Kommission zur Definition von Nanomaterialien aus dem Jahr 2011 eine allgemeinere Definition von Nanomaterialien vorgelegt:
„Natürliches, bei Prozessen anfallendes oder hergestelltes Material, das Partikel in ungebundenem Zustand, als Aggregat oder als Agglomerat enthält, und bei dem mindestens 50 % der Partikel in der Anzahlgrößenverteilung ein oder mehrere Außenmaße im Bereich von 1 nm bis 100 nm haben.“
Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die sektorübergreifende REACH-Verordnung auf die Empfehlung der Kommission zur Definition von Nanomaterialien aus dem Jahr 2011 stützt.
Zwischen den beiden Definitionen bestehen zwei wesentliche Unterschiede, nämlich der Schwellenwert für die Partikelgrößenverteilung und das Konzept natürlichen, bei Prozessen anfallenden oder technisch hergestellten Nanomaterials.
1.Partikelgrößenverteilung: Der fehlende Schwellenwert für die Größenverteilung in der Kosmetikverordnung sollte mit Vorsicht betrachtet werden. Da die meisten Materialien nicht monomodal in Bezug auf die Größe sind (d. h., nicht alle Partikelabmessungen sind gleich) und keine Größenverteilung vorgeschrieben ist, könnte dies zu unerwünschten Situationen führen (d. h. der Nachweis eines einzigen Partikels eines kosmetischen Inhaltsstoffs in der Größenordnung von 1 bis 100 nm könnte die Anwendbarkeit der Einstufung als Nanomaterial nach sich ziehen). Dies wird in gewisser Weise auch durch das 2019 veröffentlichte Dokument des SCCS „Guidance on the Safety Assessment of Nanomaterials in Cosmetics“ (Leitlinien für die Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien in kosmetisches Mitteln) bestätigt, in dem der Schwellenwert von 50 % für die Anzahlgrößenverteilung aus der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 anerkannt und vorgeschlagen wird, dass dieser „von den Antragstellern bei der Bewertung der Sicherheit“ eines in einem kosmetischen Mittel verwendeten Stoffs „beachtet werden sollte“.
2.Bei Prozessen anfallend und absichtlich: Ebenso ist das Konzept „absichtlich hergestellt“ in Bezug auf ein in einem kosmetischen Mittel verwendetes Nanomaterial nur schwer allein auf der Grundlage analytischer Testmethoden zu bestimmen. Die „Absicht“ lässt sich nicht auf ein objektives und messbares Faktum reduzieren.
Die Unterschiede zwischen der Definition in der Kosmetikverordnung und der Empfehlung führen zu gewissen Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Sektoren in Bezug auf die Einstufung von Materialien als Nanomaterialien (d. h., einige Materialien gelten nach der REACH-Verordnung als Nanomaterialien, nicht jedoch gemäß der Kosmetikverordnung), was zu Fragen und unterschiedlichen Ansätzen der zuständigen Behörden und Wirtschaftsteilnehmer führen könnte (siehe Fußnote 32).
Über die oben erwähnte Abweichung hinaus ist es wichtig zu betonen, dass, wie in Abschnitt 1.4 ausgeführt, nach Anpassungen der Anhänge der REACH-Verordnung erwartet wird, dass die REACH-Registranten bald damit beginnen werden, neue Daten zur Sicherheit von Nanomaterialien bereitzustellen und ihr Registrierungsdossier zu aktualisieren. Diese Daten würden auf der Definition von Nanomaterialien gemäß der Empfehlung von 2011 basieren. Um die neuen wissenschaftlichen Daten im Hinblick auf die Regulierung kosmetischer Mittel (z. B. bei der Sicherheitsbewertung bestimmter in kosmetischen Mitteln verwendeter Nanomaterialien durch das SCCS) umfassend zu nutzen, könnte es von Vorteil sein, dieselbe Definition von Nanomaterialien auch für kosmetische Mittel zu übernehmen.
Die Möglichkeit einer Angleichung der Definition von Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung an die Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 und deren geplante künftige Aktualisierung sollte eingehend geprüft werden, um die etwaigen Auswirkungen abzuschätzen.
Darüber hinaus wurden in der am 14. Oktober 2020 veröffentlichten EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit mehrere Punkte genannt, die auch für den Kosmetiksektor von Bedeutung sind, darunter die Überprüfung der horizontalen Definition von Nanomaterialien bis zum Jahr 2021 (eine solche Überprüfung erfolgt nach den Regeln für eine bessere Rechtsetzung und schließt eine öffentliche Konsultation ein). Um einen kohärenten Ansatz im gesamten Besitzstand der EU zu ermöglichen, plant die Kommission insbesondere folgende Maßnahmen: „Überprüfung der Definition von Nanomaterialien und Gewährleistung ihrer kohärenten Anwendung in allen Rechtsvorschriften unter Verwendung rechtsverbindlicher Mechanismen“. Die Definition von Nanomaterialien im Bereich der kosmetischen Mittel könnte daher an die im Jahr 2021 vorzulegende überprüfte allgemeine Definition angepasst werden.
2.3.Notifizierungsverfahren für Nanomaterialien
Wie in Abschnitt 1.1 dargelegt, sind in Artikel 16 Absatz 3 zusätzlich zu den Meldepflichten, die gemäß Artikel 13 der Kosmetikverordnung für alle Kategorien kosmetischer Mittel gelten, spezifische Meldepflichten für kosmetische Mittel vorgesehen, die Nanomaterialien enthalten. Kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, unterliegen daher nicht nur der Notifizierung gemäß Artikel 13, sondern auch der Notifizierung gemäß Artikel 16:
„Für jedes kosmetische Mittel, das Nanomaterialien enthält, muss ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt werden. Zusätzlich zur Anmeldung gemäß Artikel 13, sind kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, von der verantwortlichen Person der Kommission auf elektronischem Wege sechs Monate vor dem Inverkehrbringen zu notifizieren.“
Im Anschluss an die Notifizierung und die Bereitstellung der einschlägigen Informationen über das CPNP kann die Kommission den SCCS auffordern, eine Stellungnahme zur Sicherheit dieser Nanomaterialien für die Verwendung in den relevanten Produktkategorien und zu den vernünftigerweise vorhersehbaren Expositionsbedingungen abzugeben. Die Kommission kann auf der Grundlage der Erkenntnisse des SCCS und bei Bestehen eines potenziellen Risikos, auch wenn unzureichende Daten vorliegen, die Verwendung eines solchen Nanomaterials in kosmetischen Mitteln verbieten oder einschränken (siehe Abschnitt 1.1 und Artikel 16 Absätze 4 bis 6 der Kosmetikverordnung).
In diesem Zusammenhang sind einige wichtige Aspekte hervorzuheben:
·Erstens heißt es in Artikel 16: „Sollte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Nanomaterialien haben, fordert die Kommission den SCCS unverzüglich auf, eine Stellungnahme zur Sicherheit dieser Nanomaterialien … abzugeben.“ Wenn die Kommission Bedenken feststellt, könnte dies besondere wissenschaftliche Prüfungen zur vollständigen Umsetzung dieser Bestimmung erfordern. Die Kommission hat daher den SCCS ersucht, auf der Grundlage relevanter Bedenken in Bezug auf die notifizierten Nanomaterialien, die im Katalog von 2019 veröffentlicht wurden, eine Prioritätenliste zu erstellen.
·Zweitens geht aus Artikel 16 hervor, dass der Kommission über das CPNP nicht das Nanomaterial selbst notifiziert wird, sondern die einzelnen kosmetischen Mittel, die das betreffende Nanomaterial enthalten. Die Sicherheitsbewertung wird jedoch vom SCCS auf der Ebene der Inhaltsstoffe durchgeführt (siehe nächster Absatz). Dies hat direkte Auswirkungen, da ein und derselbe Nanomaterial-Inhaltsstoff von vielen verantwortlichen Personen in mehreren Anträgen verwendet werden kann. Die Kommission und der SCCS müssen daher eine Vielzahl von Notifizierungen prüfen, die ähnliche oder dieselben Informationen enthalten (insbesondere wenn dieselbe verantwortliche Person mehrere Mittel notifiziert). Es ist darauf hinzuweisen, dass in den letzten drei Jahren über 500 CPNP-Notifizierungen nach dem Verfahren des Artikels 16 vorgenommen wurden. Dieses Verfahren ist zwar zeitaufwendig, muss aber in einem relativ kurzen Zeitraum abgeschlossen werden (sechs Monate).
·Drittens scheint der derzeitige Ansatz für Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Geschäftstätigkeiten im Voraus planen müssen, nicht optimal zu sein. Ein gemäß Artikel 16 notifiziertes kosmetisches Mittel kann nach Ablauf der Sechsmonatsfrist in Verkehr gebracht werden, unabhängig davon, ob die Sicherheitsbewertung abgeschlossen ist. Der Ablauf dieser Frist bedeutet nämlich nicht automatisch, dass das Nanomaterial genehmigt wurde oder dass es in Zukunft nicht reguliert werden könnte. Im Gegensatz zu den gemäß den Anhängen IV bis VI zugelassenen Stoffen führt der Ablauf der sechsmonatigen „Stillhaltefrist“ nicht zwangsläufig zu einer abschließenden Bewertung der Sicherheit der betreffenden Mittel.
Das Notifizierungsverfahren für Nanomaterial, insbesondere seine Dauer und die Auswirkungen des Ablaufs der in der Kosmetikverordnung vorgesehenen Frist, bedürfen einer weiteren speziellen Analyse, um vor dem Hintergrund der bisher gewonnenen Erfahrungen mögliche Verbesserungen und Anpassungen zu prüfen.
2.4.Wissenschaftliche Bewertung von Nanomaterialien und Regulierungsmaßnahmen
Der bei der Bewertung von Nanomaterialien verfolgte Ansatz beruht auf einem Vorabscreening der CPNP-Notifizierungen, das von der Kommission auf der Grundlage potenzieller Bedenken durchgeführt wird. Sobald solche Bedenken festgestellt wurden, wird der SCCS beauftragt, eine Stellungnahme zur Sicherheit des Nanomaterials abzugeben. Die Kommission kann auf der Grundlage der Stellungnahme des SCCS und bei Bestehen eines potenziellen Risikos für die menschliche Gesundheit tätig werden und durch eine Änderung des Anhangs II oder III dieses Nanomaterial verbieten oder dessen Verwendung einschränken.
Die Erfahrung aus den sieben Jahren seit der Einführung der Notifizierung von Nanomaterialien hat gezeigt, dass die Anwendung von Artikel 16 einige Aspekte zutage gefördert hat, die weiter analysiert werden sollten, um die Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien zu verbessern.
Wie in Abschnitt 1 dargelegt, wurden insgesamt 1445 Notifizierungen gemäß Artikel 16 für neue kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, beim CPNP eingereicht. Die Feststellung von Bedenken in Bezug auf spezifische Nanomaterialien muss von der Kommission auf der Grundlage der in jeder Notifizierung vorgelegten Informationen durchgeführt werden. Dies stellt aus administrativer und wissenschaftlicher Sicht eine Herausforderung dar, insbesondere wenn keine spezifischen Informationen/Daten über die Sicherheit dieser verwendeten Nanomaterialien vorliegen.
Im Anschluss an das von der Kommission durchgeführte Vorabscreening gab der SCCS in den letzten fünf Jahren (2015–2020) zehn Stellungnahmen zur Sicherheit der im Rahmen des CPNP notifizierten Nanomaterialien ab. Da das Ergebnis von sieben dieser zehn SCCS-Stellungnahmen aufgrund fehlender Daten nicht schlüssig war, konnte der SCCS keine Aussagen darüber machen, ob und unter welchen Bedingungen diese Nanomaterialien sicher für die Verwendung sind.
Einerseits beeinträchtigt das Fehlen von SCCS-Stellungnahmen mit schlüssigem Ergebnis, die auf ein potenzielles Risiko für die menschliche Gesundheit hindeuten, die Möglichkeiten der Kommission, Regulierungsmaßnahmen zu ergreifen. Andererseits ist es den verantwortlichen Personen gestattet, ihre Mittel nach Ablauf der sechs Monate, unabhängig vom Ergebnis des SCCS, in Verkehr zu bringen.
Die derzeitige Situation dürfte sich mit der Veröffentlichung des wissenschaftlichen Gutachtens zur Sicherheit von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln durch den SCCS im Jahr 2021 zu einem gewissen Grad verbessern. Die Feststellung von Sicherheitsbedenken im Rahmen dieses wissenschaftlichen Gutachtens könnte nach den zuvor ohne schlüssiges Ergebnis vorgelegten SCCS-Stellungnahmen speziell für drei Gruppen von Nanomaterialien den Weg für die Annahme von Regulierungsmaßnahmen ebnen. Darüber hinaus wird in dem SCCS-Gutachten ein Punktesystem vorgeschlagen, das die Kommission in der Screening-Phase und bei der Auswahl der Materialien, die am wahrscheinlichsten Anlass zu Bedenken geben, unterstützen soll. Zudem dürften in den kommenden Jahren neue Daten aus den REACH-Registrierungsdossiers zur Sicherheit von Nanomaterialien verfügbar werden (siehe Abschnitt 2.3), die einen zusätzlichen Beitrag zur Bewertung der Sicherheit kosmetischer Inhaltsstoffe leisten können.
Es könnten jedoch weitere Verbesserungen, auch im Hinblick auf andere Aspekte des derzeitigen Systems, geprüft werden, z. B. die unverhältnismäßig hohe Anzahl von Notifizierungen pro einzelnes zu prüfendes Nanomaterial und die fehlende Gewähr für die Sicherheit der betreffenden Mittel im Falle einer SCCS-Stellungnahme ohne schlüssiges Ergebnis.
Gleichzeitig sollte daran erinnert werden, dass die Kosmetikverordnung bereits über ein gut funktionierendes „Zulassungsverfahren“ verfügt, bei dem die Sicherheit eines Inhaltsstoffes anhand eines speziellen Dossiers nachgewiesen werden muss, das der Antragsteller dem SCCS zur Bewertung vorlegt. Nur Stoffe, die bewertet und für sicher befunden wurden, sind in den Anhängen IV, V und VI aufgeführt (Artikel 14 der Kosmetikverordnung).
Die Möglichkeit, das Zulassungssystem für Nanomaterialien (gemäß Artikel 14 der Kosmetikverordnung) über Farbstoffe, Konservierungsstoffe und UV-Filter hinaus auszudehnen, könnte eingehender geprüft werden.
2.5.Kennzeichnung von kosmetischen Mitteln, die Nanomaterialien enthalten, und Sensibilisierung der Verbraucher
Zur Information der Verbraucher über die Zusammensetzung eines bestimmten Mittels ist auf dem Behältnis oder der Verpackung jedes kosmetischen Mittels die Liste der Bestandteile in unverwischbarer und deutlich sichtbarer Schrift anzugeben. Für kosmetische Mittel, die Nanomaterialien enthalten, ist in der Kosmetikverordnung darüber hinaus eine weitergehende Kennzeichnungspflicht vorgesehen:
„Alle Bestandteile in der Form von Nanomaterialien müssen eindeutig in der Liste der Bestandteile aufgeführt werden. Den Namen dieser Bestandteile muss das Wort ‚Nano‘ in Klammern folgen.“ (Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe g der Kosmetikverordnung).
Diese Kennzeichnung gilt für alle kosmetischen Mittel, die Nanomaterialien enthalten, unabhängig davon, ob sie der Notifizierung von Nanomaterialien gemäß Artikel 16 oder dem Verfahren für die Zulassung als Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder UV-Filter gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c, d bzw. e unterliegen. Im Konsumgütersektor gilt nur für kosmetische Mittel eine spezifische Kennzeichnungsvorschrift hinsichtlich des Vorhandenseins von Nanomaterialien.
Auf dem Etikett sollten alle Bestandteile nach INCI-Nomenklatur angegeben werden, und den Bestandteilen in Nanogröße sollte das Wort „Nano“ in Klammern folgen (z. B. Titandioxid (Nano)). Wie die anderen Bestandteile sollten auch Nano-Bestandteile in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils im Vergleich zu anderen Bestandteilen des Mittels aufgeführt werden.
Im Hinblick auf die Verbraucherwahrnehmung von kosmetischen Mitteln, die mit Nanomaterialien hergestellt werden, bleibt unklar, wie die oben genannte „Nano“-Kennzeichnung die Sensibilisierung der Verbraucher für Nanomaterialien enthaltende kosmetische Mittel und deren Kaufverhalten beeinflusst. Interessante Ergebnisse lieferte jedoch 2020 eine für die Beobachtungsstelle der Europäischen Union für Nanomaterialien (EUON) und die ECHA durchgeführte Studie mit dem Titel Understanding the Public’s perception of Nanomaterials and how Their Safety Is Perceived in the EU („Die Wahrnehmung von Nanomaterialien in der Öffentlichkeit und ihrer Sicherheit in der EU verstehen“). Wie dieser Bericht ergab, halten es fast neun von zehn Befragten – bei einer repräsentativen Zahl von EU-Bürgerinnen und -Bürgern aus verschiedenen Mitgliedstaaten – für wichtig, beim Kauf eines Produkts, das Nanomaterialien enthält, informiert zu sein.
Aus der Studie ging ebenfalls hervor, dass die Mehrheit der Verbraucher, wenn sie klare Informationen darüber erhält, dass ein Produkt Nanomaterialien enthält, entweder Vorsicht walten lässt und ein solches Produkt nicht kauft oder sich auf der Grundlage der Kategorie des Produkts entscheiden würde. Die negative oder eher negative Einstellung gegenüber Nanomaterialien stand eindeutig im Zusammenhang mit dem Wissensstand der Befragten zu Nanomaterialien. Je geringer das Wissen über Nanomaterialien, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass der Befragte ein Produkt kauft, das Nanomaterialien enthält. Darüber hinaus ist allgemein zu beobachten, dass sich die Verbraucher bei kosmetischen Mitteln eher der Verwendung von Nanomaterialien bewusst sind als bei einer Reihe anderer untersuchter Bereiche.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Nutzung digitaler Technologien für den Kauf von Konsumgütern und insbesondere von kosmetischen Mitteln (z. B. während der COVID-19-Krise) deutlich zugenommen hat. Dies birgt neue Herausforderungen und Möglichkeiten, die näher untersucht werden sollten. Beispielsweise kann die Marktkontrolle beim Online-Kauf eine Herausforderung darstellen. Andererseits können digitale Instrumente zu einer wirksameren und gezielteren Kommunikation mit dem Anwender kosmetischer Mittel beitragen (z. B. könnte ein elektronisches Etikett auch Informationen über die Verwendung kosmetischer Inhaltsstoffe enthalten, die als Nanomaterialien gelten).
Die meisten Bürgerinnen und Bürger der EU halten es für wichtig, über das Vorhandensein von Nanomaterialien (wie in der Kosmetikverordnung vorgeschrieben) beim Kauf eines Produkts informiert zu werden; zudem sollte die mögliche Nutzung digitaler Technologien in dieser Hinsicht ebenfalls genauer ausgelotet werden.
2.6.Wichtigste Schlussfolgerungen
Mit dieser Überprüfung sollte bewertet werden, ob die Bestimmungen der Kosmetikverordnung in Bezug auf Nanomaterialien in Anbetracht des technischen und wissenschaftlichen Fortschritts noch zweckmäßig sind. Im Mittelpunkt der Überprüfung standen insbesondere die Definition von „Nanomaterial“, die Notifizierung von Nanomaterialien, die wissenschaftliche Bewertung von Nanomaterialien sowie die Kennzeichnung kosmetischer Mittel, die Nanomaterialien enthalten.
In Bezug auf die Definition wurden bei dieser Überprüfung die Unterschiede zwischen der Definition von Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung und der Empfehlung der Kommission aus dem Jahr 2011 zur Definition von Nanomaterial hervorgehoben. Dies wurde auch in der EU-Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien anerkannt, in der eine Überarbeitung der horizontalen Definition von Nanomaterialien bis 2021 angekündigt wurde. Die Angleichung der Definition von Nanomaterialien in der Kosmetikverordnung an eine horizontale Definition könnte die Kohärenz zwischen Rechtsvorschriften verbessern, sollte jedoch eingehend geprüft werden, um die etwaigen Auswirkungen abzuschätzen.
Bei der Notifizierung von Nanomaterialien wurden Mängel festgestellt. Während beispielsweise die Sicherheitsbewertung auf der Ebene der Inhaltsstoffe durchgeführt wird, erfolgt die Notifizierung auf Produktebene. Darüber hinaus ist der Zeitplan für die Bewertung relativ kurz und scheint für Wirtschaftsteilnehmer, die ihre Geschäftstätigkeit im Voraus planen müssen, nicht optimal zu sein. Daher verdient die Wirksamkeit des derzeitigen Notifizierungsverfahrens für Nanomaterialien über das Notifizierungsportal für kosmetische Mittel (Cosmetic Products Notification Portal – CPNP) besondere Aufmerksamkeit, insbesondere die Dauer und die Auswirkung des Ablaufs der in der Kosmetikverordnung festgelegten Frist.
Die wissenschaftliche Sicherheitsbewertung von Nanomaterialien könnte verstärkt werden, zumal die Erfahrung gezeigt hat, dass die meisten abgeschlossenen Bewertungen des Wissenschaftlichen Ausschusses „Verbrauchersicherheit“ aufgrund fehlender Daten nicht schlüssig waren. Während sich die derzeitige Situation durch eine verbesserte Umsetzung bis zu einem gewissen Grad verbessern dürfte, könnten weitere Verbesserungen geprüft werden, etwa die Möglichkeit, das bestehende Zulassungssystem gemäß Artikel 14 der Kosmetikverordnung für Farbstoffe, Konservierungsstoffe und UV-Filter, das gut funktioniert, auf Nanomaterialien auszuweiten.
Was schließlich die Kennzeichnung betrifft, so könnte die digitale Kennzeichnung als Ergänzung und weitere Verbesserung der Kennzeichnung von Nanomaterialien in kosmetischen Mitteln in Erwägung gezogen werden, da es die Mehrheit der EU-Bürger für wichtig erachtet, über das Vorhandensein von Nanomaterialien in Produkten, die sie kaufen, informiert zu werden.