Brüssel, den 12.5.2021

COM(2021) 236 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN EMPTY

Strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021-2030

{SWD(2021) 102 final}


1.DIE NOTWENDIGKEIT EINER NEUEN EU-STRATEGIE FÜR AQUAKULTUR

Im europäischen Grünen Deal und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ wird das Potenzial von Meereserzeugnissen als Proteinquelle für Lebens- und Futtermittel mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck unterstrichen, was eine wichtige Rolle beim Aufbau eines nachhaltigen Lebensmittelsystems spielen muss. Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ enthält zudem auch spezifische Ziele für die Aquakultur, insbesondere die Verringerung der Verkäufe von antimikrobiellen Mitteln 1 und einen deutlichen Ausbau der ökologischen Aquakultur 2 .

Die Aquakultur schafft Arbeitsplätze und Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung in den Küstengebieten und ländlichen Gemeinden der EU. Dieser Sektor kann außerdem dazu beitragen die Wirtschaft zu dekarbonisieren; den Klimawandel zu bekämpfen und seine Auswirkungen abzuschwächen; Verschmutzung zu verringern; Ökosysteme wirksamer zu erhalten (in Übereinstimmung mit den Zielen der Biodiversitätsstrategie und dem Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt) und eine stärker kreislauforientierte Ressourcenbewirtschaftung zu fördern. Ein strategischer und langfristiger Ansatz für das nachhaltige Wachstum der EU-Aquakultur ist daher heute wichtiger denn je. Dieser Ansatz sollte auch den Weg für die Erholung des EU-Aquakultursektors nach der COVID-19-Krise vorgeben und seine längerfristige Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit sicherstellen.

Bereits in der Verordnung über die Gemeinsame Fischereipolitik 3 wurde ein koordinierter strategischer Ansatz der EU gefordert, um das Wachstum des EU-Aquakultursektors zu unterstützen und gleichzeitig seine wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Trotz der Fortschritte, die dank der in der Verordnung festgelegten „offenen Methode der Koordinierung“ (OMK) sowie durch EU-Finanzierung erzielt wurden, ist der Aquakultursektor noch weit davon entfernt, sein volles Wachstumspotenzial zu entfalten und die steigende Nachfrage nach nachhaltigeren Meereserzeugnissen zu befriedigen. 4 Über 70 % der in der EU verzehrten Meereserzeugnisse werden eingeführt. 5 Aquakulturerzeugnisse insgesamt (einschließlich Einfuhren) machen 25 % der in der EU verzehrten Meereserzeugnisse aus, während sich der Anteil der EU-Aquakulturerzeugnisse am EU-weiten Verbrauch nur auf 10 % beläuft. Weniger als 2 % der weltweiten Aquakulturerzeugung entfallen auf die EU. Die Aquakulturerzeugung in der EU ist nach wie vor stark konzentriert, sowohl in Bezug auf die EU-Mitgliedstaaten als auch auf die gezüchteten Arten, sodass erhebliches Potenzial für eine Diversifizierung besteht. Im Vergleich zur Aquakultur in anderen Ländern unterliegt die Aquakultur in der EU einigen der strengsten aufsichtsrechtlichen Anforderungen mit Blick auf Qualität, Gesundheit und Umwelt. Dennoch kann die EU-Aquakultur ihre Umweltleistung weiter verbessern und dadurch zu den Zielen des europäischen Grünen Deals und damit verbundener Strategien beitragen.

In dieser Mitteilung werden die strategischen Leitlinien der Kommission für die nachhaltige Entwicklung der Aquakultur in der EU aus dem Jahr 2013 6 überprüft. Diese Leitlinien bildeten die wichtigste Säule der strategischen Koordinierung der Aquakulturpolitik in der EU. Bis 2015 verabschiedeten die EU-Mitgliedstaaten auf der Grundlage dieser Leitlinien mehrjährige nationale Strategiepläne für die Aquakultur. Die Umsetzung dieser mehrjährigen nationalen Strategiepläne wurde durch den von der Kommission geförderten Austausch bewährter Verfahren zwischen den EU-Mitgliedstaaten und die Finanzierung durch den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) und andere EU-Fonds unterstützt.

Die Kommission hat die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre mehrjährigen nationalen Strategiepläne unter Berücksichtigung der Konsultationen zu den in dieser Mitteilung dargelegten neuen Leitlinien zu überprüfen. Der künftige Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds 7 (EMFAF) wird die EU-Mitgliedstaaten weiterhin bei der Umsetzung der strategischen Vision für den Sektor unterstützen, wie sie in diesen mehrjährigen nationalen Strategieplänen und ihren operationellen Programmen zum Ausdruck kommt, auch durch lokale Maßnahmen. 8  

2.DIE NEUEN STRATEGISCHEN LEITLINIEN

Der europäische Grüne Deal ist die neue Wachstumsstrategie der EU, mit der darauf abgezielt wird, die Wirtschaft anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig die grüne Wende auf kosteneffiziente Weise zu beschleunigen. Die in dieser Mitteilung aufgeführten strategischen Leitlinien sollen den EU-Mitgliedstaaten und allen einschlägigen Interessenträgern eine gemeinsame Vision für die weitere Entwicklung der Aquakultur in der EU bieten, die zu dieser Wachstumsstrategie beiträgt. Diese Leitlinien sollen insbesondere dabei helfen, einen EU-Aquakultursektor aufzubauen, der i) wettbewerbsfähig und widerstandsfähig ist; ii) die Versorgung mit nahrhaften und gesunden Lebensmitteln sicherstellt; iii) die Abhängigkeit der EU von eingeführten Meereserzeugnissen verringert; iv) wirtschaftliche Chancen und Arbeitsplätze schafft und v) zu einem globalen Maßstab für Nachhaltigkeit wird. Außerdem sollen die Leitlinien den Verbrauchern in der EU helfen, fundierte Entscheidungen für nachhaltige Aquakulturerzeugnisse zu treffen, und gleiche Wettbewerbsbedingungen für in der EU vermarktete Aquakulturerzeugnisse gewährleisten. Diese Leitlinien sollen auch als Orientierungshilfe für die Nutzung der zahlreichen Instrumente und Fonds dienen, die zur Unterstützung der EU-Aquakultur zur Verfügung stehen, sowie zur Unterstützung der Umsetzung der geltenden EU-Rechtsvorschriften.

Die Verwirklichung dieser Version setzt voraus, dass verschiedene Herausforderungen und Chancen des EU-Aquakultursektors angegangen werden, um die folgenden ineinandergreifenden Ziele zu erreichen:

(1)Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit aufbauen;

(2)einen Beitrag zur grünen Wende leisten;

(3)soziale Akzeptanz und Information der Verbraucher gewährleisten und

(4)Wissensaufbau und Innovation fördern.

Diese Mitteilung enthält allgemeine Leitlinien, um diese Herausforderungen und Chancen in Angriff zu nehmen. Im Anhang dieser Mitteilung werden außerdem spezifische Maßnahmen der Kommission, der EU-Mitgliedstaaten und des Beirats für Aquakultur vorgeschlagen, um in allen genannten Bereichen Fortschritte zu erzielen.

Wann immer erforderlich wird in dieser Mitteilung auf die spezifischen Herausforderungen und Chancen der Schalentierzucht 9 und der Binnenaquakultur 10 aufgrund ihrer besonderen Merkmale hingewiesen. Als Folgemaßnahme zur Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ arbeitet die Kommission auch an einer separaten und spezifischen Initiative zur Unterstützung der Erzeugung, des sicheren Verzehrs und der innovativen Verwendung von Algen. Im Rahmen dieser Initiative werden die Herausforderungen und Chancen der Algenzucht aufgegriffen und konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. 11

Diese Mitteilung wurde in enger Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten und den Interessenträgern, insbesondere jenen im Beirat für Aquakultur, ausgearbeitet. Ferner werden auch die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation 12 berücksichtigt. Außerdem wird in dieser Mitteilung den vom Europäischen Parlament geäußerten Ansichten über die Entwicklung der EU-Aquakultur 13 Rechnung getragen.

2.1.Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit aufbauen

Es gibt zwei wichtige Voraussetzungen, die es dem EU-Aquakultursektor ermöglichen, sich zu einem widerstandsfähigen und wettbewerbsfähigen Sektor zu entwickeln: Zugang zu Raum und Wasser und ein rechtlicher und administrativer Rahmen, der transparent und effizient ist. Bei der Zwischenbewertung der OMK 14 wurde der Schluss gezogen, dass trotz der Fortschritte, die in einigen Mitgliedstaaten seit der Annahme der strategischen Leitlinien 2013 erzielt wurden, weitere Anstrengungen in diesen beiden Bereichen erforderlich sind. Was die Widerstandsfähigkeit betrifft, so stellen zwei Fragen eine besondere Herausforderung für den Aquakultursektor dar: das Risikomanagement in Bezug auf die Gesundheit von Mensch und Tier (insbesondere, aber nicht ausschließlich in der Weichtierzucht) und die Auswirkungen des Klimawandels. Insbesondere für die Süßwasseraquakultur stellen Raubtiere und Dürren 15 auch eine Herausforderung in Bezug auf die Rentabilität 16 dar. Die Erzeuger- und Marktorganisation sowie die Kontrolle und Betrugsbekämpfung sind ebenfalls wichtige Werkzeuge, um die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des EU-Aquakultursektors zu gewährleisten. Schließlich kann der Sektor auch wettbewerbsfähiger gemacht werden, indem die Aquakulturerzeugung in der EU weiter diversifiziert und die Aquakulturerzeugnisse aufgewertet werden.

2.1.1.Zugang zu Raum und Wasser

Wasser wird infolge des Klimawandels immer knapper. Es gibt auch einen zunehmenden Wettbewerb um Raum und Zugang zu Wasser zwischen verschiedenen wirtschaftlichen Aktivitäten, einschließlich der Aquakultur. Eine koordinierte Raumplanung unter frühzeitiger Einbindung der einschlägigen Interessenträger ist daher unerlässlich. Diese Raumplanung kann die Aufteilung von Raum und Wasser auf verschiedene Aktivitäten gewährleisten und gleichzeitig die Ökosysteme erhalten. Die EU-Mitgliedstaaten haben bereits einige Fortschritte bei der Integration von Aquakulturaktivitäten in ihre maritimen Raumordnungspläne gemäß der Richtlinie über die maritime Raumplanung 17 erzielt. Viele dieser Pläne treten jedoch erst in Kraft, und ihre Auswirkungen auf die Aquakultur bleiben größtenteils noch abzuwarten. Darüber hinaus sind weitere Fortschritte bei anderen Aspekten der Raumplanung und der Planung des Zugangs zu Wasser für Aquakulturaktivitäten erforderlich.

Eine koordinierte Raumplanung sollte nicht nur die marine Aquakultur einschließlich der Übergangsgewässer (Brackgewässer), sondern auch die Süßwasser- sowie die landbasierte Aquakultur (Recirculating Aquaculture Systems, RAS) einbeziehen. Sie sollte auch die Entwicklung der Offshore-Aquakultur vorwegnehmen, wo die natürlichen Bedingungen es erlauben. 18 Besonderes Augenmerk sollte auf die Entwicklung von Aquakulturaktivitäten mit geringeren Umweltauswirkungen (z. B. die Kombination bestimmter Zuchtformen, um Einträge von Nährstoffen und organischen Stoffen in die Umwelt weiter zu verringern) und die Integration geeigneter Aquakulturaktivitäten (insbesondere solcher, die Ökosystemdienstleistungen umfassen) in Schutzgebiete wie Natura-2000-Gebiete gelegt werden. Im Rahmen der Raumplanung sollten stets die einschlägigen EU-Rechtsvorschriften umgesetzt und spezielle Gebiete für die ökologische Aquakultur und die Weichtiererzeugung 19 bereitgestellt werden. Bei der Planung sollten auch die Anpassung der Aquakultur an den Klimawandel sowie das Potenzial bestimmter Arten von Aquakulturen zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels (z. B. CO2-Abscheidung oder Erhaltung von Ökosystemen, die Schutz vor extremen Wetterereignissen bieten) berücksichtigt werden.

Raumplanung sollte sich auf die Bestimmung von Gebieten stützen, die für die Aquakultur geeignet sind, und zwar im Wege eines Verfahrens, das die Koordinierung zwischen verschiedenen einschlägigen Behörden auf unterschiedlichen Ebenen einbezieht. Am Anfang dieses Verfahrens sollte ein Überblick bestehender und potenzieller Aquakulturgebiete auf eine Art und Weise erstellt werden, die mit der vorhandenen Umweltplanung (einschließlich der Bewirtschaftungspläne für die Flusseinzugsgebiete) in Einklang steht. Ein solcher Überblick sollte ein Verfahren zur Ermittlung des Potenzials zur Wiederherstellung stillgelegter Aquakulturanlagen oder zur Umwandlung bestehender Industrieanlagen in Aquakulturbetriebe beinhalten. Darüber hinaus sollten dabei Synergien zwischen verschiedenen Aktivitäten und Mehrfachnutzungen des Raums berücksichtigt werden, z. B. die Förderung der Entwicklung der Aquakultur in Kombination mit der Entwicklung von Offshore-Windenergie.

Die Bestimmung von für die Aquakultur geeigneten Gebieten sollte auf klaren und transparenten Kriterien und Hilfsmitteln zur Ermittlung neuer Gebiete beruhen. Diese Hilfsmittel sollten Folgendes umfassen: i) die Bewertung der Auswirkungen auf das Ökosystem durch eine strategische Folgenabschätzung; ii) die Festlegung von Anforderungen an die Wasserqualität (insbesondere für die Weichtierzucht); iii) die Bewertung möglicher Synergien und Konflikte mit anderen Aktivitäten; iv) die Bestimmung der „Belastbarkeit“ 20 des Gebiets und v) die Ermittlung des erforderlichen Abstands von Aquakulturanlagen zu Verschmutzungsquellen. Die Bestimmung sollte mit der Einrichtung eines geeigneten Mechanismus einhergehen, um i) Daten über die Umweltauswirkungen von Aquakulturaktivitäten zu überwachen und zu erheben und ii) die Wasserqualität zu überwachen (insbesondere für Gebiete, die für die Weichtierzucht genutzt werden).

2.1.2.Aufsichtsrechtlicher und administrativer Rahmen

Die Komplexität der nationalen Genehmigungssysteme und die mangelnde Vorhersehbarkeit des zeitlichen Ablaufs und des Ergebnisses von Genehmigungsverfahren werden vom EU-Aquakultursektor immer noch als wichtige Wachstumshemmnisse genannt. Genehmigungsverfahren können für KMU besonders mühselig sein. Die Herausforderungen liegen sowohl in dem komplexen aufsichtsrechtlichen Rahmen des Sektors als auch in der Notwendigkeit, mehrere Behörden in das Genehmigungsverfahren einzubeziehen. Darüber hinaus führen Bedenken über die Auswirkungen von Aquakulturaktivitäten auf die Umwelt oder auf andere wirtschaftliche Aktivitäten oft zu Beschwerdeverfahren, die die Erlangung oder Erneuerung einer Genehmigung weiter verzögern.

Die wichtigsten Elemente zur Lösung dieser Probleme, während gleichzeitig eine angemessene Berücksichtigung der Umweltaspekte in Genehmigungsverfahren gewährleistet wird, sind:

-Straffung – und wo möglich Harmonisierung – der Rechtsvorschriften und der administrativen Vorschriften im Bereich Aquakultur. Idealerweise sollte diese Straffung durch die Annahme einer einzigen nationalen Rechtsvorschrift erfolgen, in der alle einschlägigen Aspekte zusammengefasst sind. Diese Rechtsvorschriften sollten klare Verfahren und Zeitrahmen für die Bearbeitung von Anträgen auf neue Genehmigungen oder Erneuerungen von Genehmigungen enthalten.

-Nach Möglichkeit Einrichtung einer einzigen nationalen Aquakulturstelle, die alle für die Aquakultur zuständigen Behörden vereint. Diese Stelle würde die Arbeit dieser Behörden bei der Planung, Genehmigung und Überwachung von Aquakulturaktivitäten erleichtern und koordinieren. Sie sollte einschlägige Interessenträger einbeziehen, um deren Ansichten zu erörtern und zeitnah einzubinden. In Fällen, in denen die Zuständigkeit für die Aquakultur auch auf subnationaler Ebene liegt, ist eine nationale Struktur zu fördern, in deren Rahmen regionale/lokale Behörden und Stellen zusammengeführt sind.

-Einrichtung einer einzigen Anlaufstelle für Genehmigungen im Bereich Aquakultur, die sowohl die Transparenz des Genehmigungsverfahrens als auch die Interaktion zwischen dem Antragsteller und den zuständigen Behörden unterstützt.

-Bestimmung von Gebieten, die für die Aquakultur geeignet sind, gemäß den in Abschnitt 2.1.1. genannten Grundsätzen.

-Einführung einer längerfristigen Genehmigung mit regelmäßiger Überwachung und Sanktionen bei Nichteinhaltung (darunter auch der Entzug der Genehmigung). Die Genehmigungsbedingungen sollten eine Verpflichtung zur Überwachung und Meldung von Daten enthalten, insbesondere derjenigen Daten, die gemäß den einschlägigen nationalen und EU-Rechtsvorschriften erforderlich sind.

Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten bei der Behandlung dieser Aspekte würden auch den Bedenken der EU-Aquakulturerzeuger in Bezug auf den Mangel an gleichen Wettbewerbsbedingungen für Aquakulturaktivitäten in der EU Rechnung tragen, da der Aufwand für die Erlangung von Genehmigungen für neue Betriebe in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich ist.

2.1.3.Gesundheit von Mensch und Tier

Trotz der EU-Rechtsvorschriften zur Wassergesundheit 21 und der von der EU geförderten Forschung in diesem Bereich stellen Infektionskrankheiten nach wie vor ein sehr großes Hindernis für die Produktivität der Aquakultur 22 dar. Diese Krankheiten bedrohen auch das Wohlergehen der Tiere. Die Herausforderungen, die es in diesem Bereich noch zu bewältigen gilt, sind:

-das Fehlen bewährter Haltungsverfahren und Technologien, die auf die einzelnen Aquakulturarten zugeschnitten sind;

-die Notwendigkeit, Krankheiten und Parasitenbefall besser vorzubeugen und dadurch den Bedarf an Tierarzneimitteln zu verringern;

-die Notwendigkeit, den Einsatz von Arzneimitteln, einschließlich antimikrobieller Mittel und Mittel gegen Parasiten, die die Umwelt schädigen oder zur antimikrobiellen Resistenz beitragen können, zu verringern;

-Forschungslücken (u. a. in Bezug auf das Fischmikrobiom, die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischgesundheit und die Auswirkungen von Stress auf das Immunsystem der Fische);

-die geringe Verfügbarkeit von spezifischen Tierarzneimitteln (einschließlich Impfstoffen) für den Einsatz bei Wassertieren 23 ;

-das Fehlen von Verhaltenskodizes für die Früherkennung, Verhütung und Bekämpfung von Wasserkrankheiten, die nicht in den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften aufgeführt sind;

-die Notwendigkeit einer konsequenteren und gründlicheren Untersuchung von Wasserkrankheiten in bestimmten EU-Mitgliedstaaten und in bestimmten Sektoren und

-der Umgang mit Noroviren in der Weichtierzucht, die nicht nur eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können, sondern auch die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von Weichtierzuchtbetrieben gefährden. 24  

2.1.4.Anpassung an den Klimawandel und Abschwächung seiner Folgen

Der Aquakultursektor wird sich an die vielen negativen Auswirkungen des Klimawandels anpassen und seine Widerstandsfähigkeit erhöhen müssen. Die EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel und nationale Strategien/Pläne bieten einen Rahmen für politische Entscheidungsträger, um sicherzustellen, dass sie umfassende und effiziente Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umsetzen. 25 Gezielte sektorale Anpassungsstrategien sollten speziell auf den Aquakultursektor ausgerichtet sein. 26 Gleichzeitig muss ein potenzieller negativer Beitrag der Aquakultur zum Klimawandel so gering wie möglich gehalten werden. Der Energieverbrauch und die Kohlenstoffemissionen aus Erzeugung, Transport und Verarbeitung müssen so weit wie möglich verringert werden.

Die Aquakultur bringt auch ein großes Potenzial mit sich, den Klimawandel abzuschwächen. Bestimmte Arten der Aquakultur, wie die Kultivierung von Algen und Weichtieren, können unter geeigneten Rahmenbedingungen Klimaschutzleistungen (z. B. CO2-Bindung 27 ) oder Klimaanpassungsleistungen (z. B. naturnaher Küstenschutz) erbringen. Andere Arten der Aquakultur können bei entsprechender Bewirtschaftung dazu beitragen, Ökosysteme wie Teiche oder Feuchtgebiete zu erhalten. Diese Ökosysteme bieten Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels wie dem Anstieg des Meeresspiegels und Überschwemmungen. Daher sollte diese Art der Aquakultur gefördert werden.

2.1.5.Erzeuger- und Marktorganisation 

Die Situation, mit der sich der Aquakultursektor aufgrund des COVID-19-Ausbruchs konfrontiert sah, hat den Wert von Erzeugerorganisationen für kollektives Handeln aufgezeigt, insbesondere für Kleinerzeuger. Erzeugerorganisationen bieten mehr Verhandlungsmacht gegenüber Verarbeitern und Händlern. Sie ermöglichen auch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und die Inanspruchnahme gemeinsamer Dienstleistungen (z. B. Beratung, Werbekampagnen), die für einzelne Erzeuger zu kostspielig wären. Des Weiteren erleichtern Erzeugerorganisationen die kollektive Verwaltung und/oder Selbstverwaltungsinitiativen zwischen Erzeugern. Während Erzeugerorganisationen Erzeugern helfen können, sich zu organisieren, ermöglichen Branchenverbände eine bessere Integration der Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie erleichtern auch Selbstverwaltungsinitiativen zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Einzelhändlern. Überdies helfen Branchenverbände bei der Umsetzung und Kontrolle von Kennzeichnungsvorschriften.

Trotz der Unterstützung, die anerkannten Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden durch den EMFF zur Verfügung steht (insbesondere die Unterstützung ihrer Produktions- und Vermarktungspläne 28 ), wurde nur eine begrenzte Anzahl von Erzeugerorganisationen gegründet 29 . Die Gründung von Erzeugerorganisationen wäre besonders hilfreich, um die Verhandlungsmacht von Aquakulturerzeugern von Weichtieren und Süßwasserarten in der Lebensmittelversorgungskette zu erhöhen. Bei diesen Erzeugern handelt es sich in der Regel um kleinere Unternehmen, die ihr Produkt als Ganzes verkaufen und nicht von der vertikalen Integration mit Verarbeitern und Einzelhändlern profitieren.

Aquakulturerzeuger haben Bedenken geäußert, wonach es insbesondere für Kleinerzeuger schwierig ist, eine Erzeugerorganisation zu gründen und sie gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur (GMO-Verordnung) anerkennen zu lassen. Dieses Problem ist in erster Linie auf die erforderlichen finanziellen Mittel und administrative Hürden zurückzuführen. Um die Anerkennung von Erzeugerorganisationen und anderen Berufsverbänden zu erleichtern und ihre Regeln auf Nichtmitglieder auszuweiten, hat die Kommission ein unverbindliches Leitliniendokument 30 erstellt. Die Kommission unterstützt den Sektor auch fortlaufend durch methodische Hilfestellung sowie die Teilnahme an und den Austausch bei Fachsitzungen.

2.1.6.Kontrolle

Ein weiterer wichtiger Aspekt, um die Nachhaltigkeit und Rentabilität der Aquakultur in der EU sicherzustellen, ist die angemessene Kontrolle der Aquakulturerzeugnisse entlang der gesamten Lieferkette (vom Fang bzw. von der Ernte bis zum Verkauf im Einzelhandel, einschließlich des Transports) durch die einzelnen Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit der EU-Fischereikontrollverordnung 31 . Durch Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit kann die Herkunft von Aquakulturerzeugnissen nachvollzogen und Betrug bekämpft werden. Mit dem Vorschlag der Kommission für eine neue Fischereikontrollverordnung 32 werden die Verpflichtungen zur Rückverfolgbarkeit auf alle Aquakulturerzeugnisse ausgedehnt, einschließlich verarbeiteter Erzeugnisse und aus Nicht-EU-Ländern eingeführter Erzeugnisse. Die Rückverfolgbarkeit ist daher auch ein wertvolles Hilfsmittel, um gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt zu gewährleisten.

2.1.7.Diversifizierung und Wertsteigerung

Der Aquakultursektor in der EU verfügt noch über viel Spielraum für eine weitere Diversifizierung, und zwar nicht nur bei der Aufzucht vielversprechender neuer Arten (insbesondere Diversifizierung in futterlose Arten und Arten mit niedrigem trophischem Niveau, die einen geringeren CO2-Fußabdruck aufweisen), sondern auch bei den Erzeugungsmethoden (z. B. Polykultur in der Teichaquakultur, integrierte multitrophische Aquakultur). Es ist auch wichtig, die Verarbeitung und Verpackung von Aquakulturerzeugnissen zu neuen Mehrwerterzeugnissen (z. B. Filets und gebrauchsfertige Erzeugnisse), die für jüngere Verbraucher attraktiv sind, zu verstärken. Dies ist insbesondere für traditionellere Formen der Schalentier- und Süßwasseraquakultur von Bedeutung. Ein weiteres bedeutendes Hilfsmittel zur Steigerung des Wertes von EU-Aquakulturerzeugnissen ist die Verwendung von Qualitätsregelungen und Gütezeichen (vorbehaltlich einer angemessenen Kontrolle zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit), einschließlich geografischer Angaben. 33 Die Förderung der nachhaltigen Aquakultur in der EU als Beispiel für lokale Erzeugung in Verbindung mit kurzen Lebensmittelkreisläufen trägt ebenfalls wesentlich dazu bei, die Aquakulturerzeugung in der EU zu diversifizieren und ihren Wert zu steigern.

Auch die geografische Diversifizierung sollte gefördert werden. Mitgliedstaaten, in denen die Aquakultur nach wie vor ein marginaler Sektor ist, sollten das Potenzial, das die Aquakultur in Bezug auf die nachhaltige Versorgung mit Lebens- und Futtermitteln und die Schaffung alternativer nachhaltiger Unternehmen und Arbeitsplätze bietet, erforschen und weiter entfalten, insbesondere in abgelegenen Gebieten, in denen die Beschäftigungschancen begrenzt sind.

 

2.2.Beitrag zur grünen Wende

Der EU-Aquakultursektor muss, wie auch andere Sektoren der EU-Wirtschaft, an der im europäischen Grünen Deal dargelegten grünen Wende mitwirken. Diesem Sektor kommt eine besondere Rolle zu, wenn es darum geht, zum Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen beizutragen, aber auch zur Entwicklung der Bioökonomie und der Kreislaufwirtschaft (durch die Nutzung erneuerbarer aquatischer Ressourcen) und zur Umkehr des Verlusts an Biodiversität, u. a. durch die Verringerung der Umweltverschmutzung. Darüber hinaus bietet die weitere Entwicklung hin zu einer „wettbewerbsgerechten Nachhaltigkeit“ (wie in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ dargelegt), d. h. die Nachhaltigkeit zum Markenzeichen der EU zu machen, dem Sektor eine bedeutende wirtschaftliche Chance, insbesondere in Anbetracht der zunehmenden Aufmerksamkeit, die die Öffentlichkeit dem ökologischen Fußabdruck der Erzeugnisse auf dem Markt und dem Tierschutz schenkt.

2.2.1.Umweltleistung

Aquakultur erfordert gute Umweltbedingungen, wie gute Wasserqualität. Daher ist die Bekämpfung der Wasserverschmutzung durch die EU-Mitgliedstaaten – in Übereinstimmung mit dem im europäischen Grünen Deal festgelegten Null-Schadstoff-Ziel – von besonderer Bedeutung für die Aquakultur. 34 Bei angemessener Bewirtschaftung kann die Aquakultur auch eine Methode für die Proteinerzeugung sein, deren CO2-Bilanz und ökologischer Fußabdruck besser ausfällt als bei anderen Arten der Tierhaltung. Darüber hinaus können bestimmte Formen der Aquakultur (z. B. Weichtierzucht, Aquakultur in Teichen und Feuchtgebieten sowie die Zucht von Algen und anderen wirbellosen Tieren) bei richtiger Bewirtschaftung viele Ökosystemleistungen bieten. Zu diesen Leistungen gehören die Aufnahme von überschüssigen Nährstoffen und organischem Material aus der Umwelt oder die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen und der Biodiversität.

Die EU-Umweltvorschriften und die nationalen Durchführungsvorschriften bilden den aufsichtsrechtlichen Rahmen für die Aquakultur in der EU. Mit diesem Rahmen ist sichergestellt, dass die Auswirkungen, die Aquakulturaktivitäten auf die Umwelt haben können (wie in Bezug auf den CO2-Fußabdruck, Abwasser, Abfälle oder andere Auswirkungen auf Meeres- und Süßwasserökosysteme), abgemildert werden und dass Aquakulturaktivitäten die Ökosysteme oder die Biodiversität nicht wesentlich beeinträchtigen. 35 Leitliniendokumente der Kommission 36 und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs 37 verdeutlichen die Anwendung dieser Rechtsvorschriften im Aquakultursektor. Die Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften sind jedoch nicht immer allen Akteuren klar. 38 Außerdem scheint die Auslegung der EU-Rechtsvorschriften durch die EU-Mitgliedstaaten nicht einheitlich zu sein, was die gleichen Wettbewerbsbedingungen für Aquakulturerzeuger in der EU untergräbt. Ferner ist die Umsetzung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften häufig auf verschiedene Verwaltungseinheiten oder Regierungsebenen verteilt, die unter Umständen nicht immer ausreichend zusammenarbeiten oder über das erforderliche Maß an Fachwissen in diesem Bereich verfügen. Daher sind weitere Anstrengungen erforderlich, um eine einheitlichere und kohärentere Umsetzung des aufsichtsrechtlichen Rahmens für die Umwelt zu gewährleisten.

Vor allem die Komplexität der EU-Rechtsvorschriften zur Gewährleistung einer guten Wasserqualität für zweischalige Weichtiere sorgt für Verwirrung. Im Zusammenhang mit diesen Rechtsvorschriften wären Präzisierungen und bessere Verknüpfungen mit anderen einschlägigen EU-Rechtsvorschriften von Vorteil. Mehr Klarheit ist vor allem in Bezug auf die unterschiedlichen Anforderungen erforderlich (Klassifizierung von Erntegebieten, gesundheitliche Erhebungen, Verzeichnisse von Schutzgebieten usw.). 39  

Die Umweltleistung des EU-Aquakultursektors kann weiter verbessert werden. Dies kann mithilfe der folgenden Maßnahmen erreicht werden: i) sicherstellen, dass die Umweltvorschriften angewandt und ihre Ziele erreicht werden; ii) weitere Abschwächung der Auswirkungen der Aquakultur und iii) Förderung von Aquakulturen mit niedrigeren Umweltauswirkungen und Aquakulturen, die Ökosystemleistungen erbringen. Um dies zu erreichen, sollten die folgenden Punkte berücksichtigt werden:

-Verwendung von Lebenszyklusansätzen bei der Bewertung der Umweltauswirkungen des EU-Aquakultursektors;

-Sicherstellung nachhaltiger Futtermittelsysteme. Dies beinhaltet die Verwendung von Futtermittelinhaltsstoffen, die auf eine Art und Weise beschafft werden, die möglichst schonend für die Ökosysteme und die biologische Vielfalt und gleichzeitig geeignet ist, die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere zu gewährleisten. Das heißt auch, die Abhängigkeit der Futtermittelhersteller von Fischmehl und Fischöl aus Wildbeständen zu beschränken (z. B. durch die Verwendung alternativer Proteinquellen wie Algen oder Insekten oder Abfällen aus anderen Industrien). Dazu gehören auch der Einsatz von Futterzusätzen und effizienten Futtermanagementsystemen;

-Entwicklung von Lösungen zur Reduzierung der Verwendung von Tierarzneimitteln und anderen Substanzen (etwa Antifoulingmittel, z. B. durch geeignete Haltungsverfahren);

-sofern der Einsatz von Tierarzneimitteln und anderen Substanzen notwendig ist, die Förderung der Verwendung von Produkten mit geringem ökologischen Fußabdruck;

-Sicherstellung der Umweltüberwachung von Aquakulturanlagen, einschließlich Wasserqualität, Einträgen und Emissionen (von organischen Stoffen, Nährstoffen, Kunststoffen, Tierarzneimitteln, anderen Schadstoffen oder jeglicher Form von Abfällen);

-Einrichtung von Bewirtschaftungspraktiken, darunter eine Risikostrategie zur Abschwächung der Auswirkungen (einschließlich derjenigen, die mit etwaigen Einträgen und Emissionen zusammenhängen), Raubtiermanagement und die Vermeidung von Ausbrechern, insbesondere im Hinblick auf ihre potenziellen negativen Auswirkungen auf lokale Arten und die Biodiversität, unter Berücksichtigung ihres Potenzials, invasiv zu werden;

-Beschränkung des Beitrags von Aquakulturaktivitäten zur Meeresvermüllung;

-Förderung der Verwendung von erneuerbaren Energiequellen und einer höheren Energieeffizienz;

-Umsetzung von Abfallbewirtschaftungssystemen, die den ökologischen Fußabdruck der Aquakulturaktivitäten auf ein Mindestmaß reduzieren;

-Anwendung eines kreislauforientierten Ansatzes, einschließlich der Nutzung von Abfällen;

-Förderung der Entwicklung der ökologischen Aquakultur 40 und anderer Aquakultursysteme mit geringerer Umweltbelastung, z. B. energieeffiziente RAS 41 , integrierte multitrophische Aquakultursysteme (IMTA) sowie die Diversifizierung in Arten mit niedrigem trophischen Niveau (Weichtiere 42 und andere wirbellose Tiere sowie Algen und pflanzenfressende Fische);

-Förderung und Aufwertung von Formen der Aquakultur, die Ökosystemleistungen erbringen, auch in Teichen, Feuchtgebieten und Brackwasser; 43

-Unterstützung sowohl der Erhaltung als auch der Verbesserung aquatischer genetischer Ressourcen und des Einsatzes selektiver Züchtung für Aquakulturbestände. 44  

2.2.2.Tierschutz

Dem Schutz von Fischen sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, und das nicht nur wegen des zunehmenden öffentlichen Interesses an – und der Nachfrage nach – artgerechten Fischerzeugnissen. Die Haltung von Fischen unter guten Tierschutzbedingungen hat aufgrund der geringeren Kosten und qualitativ hochwertigeren Erzeugnisse auch wirtschaftliche Vorteile für die Industrie. Die EU-Rechtsvorschriften zum Tierschutz 45 beinhalten allgemeine Anforderungen an die Haltung, den Transport und die Schlachtung von Zuchtfischen. Darüber hinaus sind in der EU-Verordnung über die ökologische/biologische Produktion 46 spezifischere Anforderungen dargelegt, z. B. für maximale Besatzdichten, Einschränkungen beim Einsatz von künstlichem Licht und Sauerstoff usw. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes von Fischen sind notwendig, wobei der Schwerpunkt auf folgenden Punkten liegt:

-Entwicklung bewährter Verfahren für den Schutz von Fischen während der Aufzucht, des Transports und der Tötung;

-Festlegung gemeinsamer, validierter, artspezifischer und überprüfbarer Indikatoren für den Schutz von Fischen über die gesamte Produktionskette hinweg (einschließlich Transport und Schlachtung);

-weitere Forschung und Innovation, insbesondere zu artspezifischen Tierschutzparametern, einschließlich der Ernährungsbedürfnisse in verschiedenen Zuchtsystemen und

-Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Bereich des Schutzes von Fischen an Aquakulturerzeuger und andere Unternehmer, die mit lebenden Zuchtfischen hantieren.

2.3.Soziale Akzeptanz und Information der Verbraucher gewährleisten

Das Wachstum der EU-Aquakultur und ihre Wettbewerbsfähigkeit hängen weitgehend von der sozialen Akzeptanz und davon ab, ob die Vorteile und der Wert von Aquakulturaktivitäten und EU-Aquakulturerzeugnissen anerkannt werden. Drei Faktoren sind für die soziale Akzeptanz besonders wichtig: Kommunikation zur EU-Aquakultur, Integration der EU-Aquakultur in lokale Gemeinschaften sowie Datenerfassung und -überwachung.

2.3.1.Kommunikation im Bereich EU-Aquakultur

 

Es ist von entscheidender Bedeutung, genauere Informationen und Transparenz hinsichtlich der Durchführung von Aquakulturaktivitäten zu gewährleisten. Die negative Wahrnehmung von Aquakulturaktivitäten durch lokale Interessenträger, insbesondere in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt und andere wirtschaftliche Aktivitäten, ist oft ein Hindernis für die Einrichtung neuer Aquakulturanlagen. Auf der anderen Seite sind die Vorteile der Aquakultur (wie die Schaffung von Arbeitsplätzen in abgelegenen Gebieten, kohlenstoffarme Nahrungsquelle oder die Erbringung von Ökosystemleistungen) in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.

Information ist auch wichtig, um die steigende Verbrauchernachfrage nach nachhaltigen Erzeugnissen zu erfüllen. 47 Die Schärfung des Bewusstseins der Verbraucher für die Anstrengungen der EU-Erzeuger ist wichtig, damit bei der EU-Erzeugung die Vorteile hoher Nachhaltigkeits- und Qualitätsstandards ausgeschöpft werden können. Dies wird dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit von Aquakulturerzeugnissen aus der EU zu erhöhen und gleiche Wettbewerbsbedingungen mit anderen Aquakulturerzeugnissen zu gewährleisten, die möglicherweise nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit und Qualität einhergehen. Schließlich wird Kommunikation notwendig sein, um das Potenzial einer stärker diversifizierten Aquakultur zu erschließen und die im europäischen Grünen Deal dargelegten Herausforderungen zu bewältigen. Zu diesen Herausforderungen gehört die Förderung des Wissens und des Verzehrs von Aquakulturerzeugnissen mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck, insbesondere von wenig genutzten Arten mit niedrigem trophischem Niveau, wie Algen, Schalentieren und anderen wirbellosen Tieren sowie pflanzenfressenden Fischen.

Die Verbesserung der Informationen, die den Verbrauchern und der Öffentlichkeit über die Aquakulturerzeugung in der EU zur Verfügung stehen, erfordert eine Kombination aus verschiedenen Instrumenten, insbesondere:

-Kennzeichnungs- 48 und Vermarktungsnormen 49 (die Kommission arbeitet derzeit an der Überprüfung der aktuellen Vermarktungsnormen für Fischereierzeugnisse und prüft die Möglichkeit, Normen für Aquakulturerzeugnisse festzulegen);

-Informationskampagnen über den EU-Aquakultursektor und die Erzeugung, die Einzelhändler einbeziehen;

-Klärung der wissenschaftlichen Grundlage der Debatte über die Auswirkungen von Aquakulturaktivitäten in der EU;

-weitere Öffnung des Sektors für die Öffentlichkeit (Öffnung der Bauernhöfe für Besucher, einschließlich Schulen und anderer Bildungsanbieter, Bereitstellung von mehr Informationen über die Haltungsbedingungen);

-Sicherstellung eines engen und frühzeitigen Engagements von Behörden und Industrie mit Interessenträgergruppen, einschließlich NRO;

-Förderung der Verwendung von Marken- und Gütezeichen (vorbehaltlich einer angemessenen Kontrolle zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit), einschließlich geografischer Angaben, die auch Nachhaltigkeitsaspekte abdecken und

-Förderung des Wertes der EU-Aquakultur als „lokal und frisch“ mit kurzen Lebensmittelkreisläufen.

2.3.2.Integration in lokale Gemeinschaften 

Wie jede andere Aktivität erfordert auch die Ausweitung der Aquakultur eine soziale Akzeptanz (gesellschaftliche Betriebslizenz, die sogenannte „social license to operate“). Wie bereits erwähnt, werden Aquakulturaktivitäten von bestimmten Interessenträgern noch immer negativ wahrgenommen. Dies liegt vor allem an Bedenken, die die Auswirkungen der Aquakultur auf die Umwelt oder die Art und Weise betreffen, in der sie mit anderen wirtschaftlichen Aktivitäten wie Fischerei oder Tourismus in Konflikt steht. Diese Bedenken müssen angegangen werden, indem: i) die Transparenz und frühzeitige Einbindung lokaler Interessenträger in die Planung von Aquakulturaktivitäten sichergestellt wird und ii) Synergien mit bestehenden Aktivitäten (z. B. Fischerei, Tourismus, verarbeitende Industrie) und Schutzgebieten angestrebt werden. Darüber hinaus besteht ein großes Potenzial in der Schaffung lokaler Wertschöpfungsketten und kurzer Versorgungskreisläufe, die zu einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Lebensmittelerzeugung beitragen sollen. Die Erfahrungen aus der Arbeit lokaler Fischereiaktionsgruppen (FLAG) 50 sowie aus Projekten, die in einigen Mitgliedstaaten aus dem EMFF finanziert wurden, haben ermöglicht, einige bewährte Verfahren in diesem Bereich aufzuzeigen.

2.3.3.Daten und Überwachung

Die Erfassung genauer Daten ist für die Gewährleistung einer angemessenen Planung von Aquakulturaktivitäten notwendig. Genaue Daten sind auch erforderlich, um die soziale, wirtschaftliche und ökologische Leistung des Aquakultursektors in der EU zu bewerten und zu überwachen. Transparenz von und Berichterstattung über Daten sind auch wichtig, um das Vertrauen der Verbraucher und anderer Interessenträger des Sektors zu erhalten. Es gibt viele Berichterstattungspflichten für den Sektor gemäß verschiedenen EU- und nationalen Rechtsvorschriften. Allerdings handelt es sich bei den erfassten Daten meist um sozioökonomische Daten zur marinen Aquakultur oder zur Tiergesundheit, und es werden nur wenige Daten zu aquakulturspezifischen Umweltindikatoren 51 gemeldet. Daher wird es notwendig sein, die Berichterstattungspflichten besser zu koordinieren und die entsprechenden Verfahren zwischen den verschiedenen Diensten zu straffen. Ferner wird es auch notwendig sein, den EU-Mitgliedstaaten strukturierte Leitlinien zur Erhebung von und Berichterstattung über Daten an die Hand zu geben. Die Berichterstattung über Daten sollte auch für Umweltindikatoren gelten und die Aquakulturerzeugung über die marine Aquakultur hinaus abdecken. 52

2.4.Wissensaufbau und Innovation

Wissen und Innovation (einschließlich des Einsatzes digitaler Technologie) sind der Schlüssel zur Erreichung der anderen Ziele, die in dieser Mitteilung für den EU-Aquakultursektor festgelegt werden. Sie sind besonders wichtig, um die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Aquakultur zu stärken und ihren grünen Übergang zu gewährleisten.

Horizont Europa, das kommende EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, bietet eine große Chance, um in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen. Forschung und Innovation im Bereich der nachhaltigen Aquakultur ist eine wichtige Priorität im Rahmen von Horizont Europa. Entschlossene Maßnahmen für die Aquakultur sind erforderlich, um sicherzustellen, dass im Bereich Forschung und Innovation i) schneller auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und Chancen des Sektors reagiert sowie ii) Doppelarbeit vermieden wird und iii) Synergien geschaffen werden. Insbesondere in den folgenden Bereichen sind weitere Anstrengungen erforderlich.

-Schaffung eines Rahmens für die Zusammenarbeit, der Behörden, Industrie, Forscher und Akteure im Bildungswesen zusammenbringt, sowohl auf nationaler als auch auf regionaler/lokaler Ebene. Dieser Rahmen sollte die Entwicklung von Innovationsclustern für nachhaltige Aquakultur beinhalten. 53

-Förderung der Entwicklung und Abstimmung von Forschungs- und Innovationsvorteilen in Mitgliedstaaten und Regionen. Dazu sollten intelligente Spezialisierungsstrategien gehören, mit denen auf den Aufbau vollständiger Wertschöpfungsketten in der EU abgezielt wird.

-Förderung der wirksamen Verbreitung von Forschungs- und Innovationsergebnissen an die Endnutzer in der Industrie und die breite Öffentlichkeit sowie deren Nutzung, auch durch die genaue Überwachung der Ausarbeitung und Umsetzung zuverlässiger Verbreitungs- und Nutzungspläne EU-finanzierter Projekte.

-Förderung von Komplementarität und Synergien zwischen Forschungsprojekten.

-Erleichterung des Zugangs zu EU-Mitteln für Forschung und Innovation im Aquakultursektor, indem ein klarer Überblick über die verfügbaren EU-Mittel bereitgestellt wird.

Innovationen im Aquakultursektor erfordern die Förderung von Investitionen in innovative Lösungen. Bei Investitionen in Innovationen betreten Investoren oft unbekanntes Terrain. Die EU-Initiative „BlueInvest“ (die auch Innovationen in der Aquakultur fördert) wird weiterhin Investoren und Unternehmer zusammenbringen. Mit Beiträgen aus dem EMFAF und InvestEU wird ein Finanzinstrument eingerichtet, das auch zur Unterstützung von Investitionen in nachhaltige Aquakulturaktivitäten und -technologien zur Verfügung stehen wird. Die EU-Mitgliedstaaten können auch Mittel aus dem künftigen EMFAF nutzen, um Investitionen des EU-Aquakultursektors in innovative Lösungen zu unterstützen.

Ein innovativer Aquakultursektor erfordert auch die Entwicklung entsprechender Fähigkeiten. Dies kann durch die Förderung von spezialisierten Lehrplänen und Kenntnissen über Aquakultur (z. B. spezialisierte veterinärmedizinische Studien für Fische und Schulungen zur Gesundheit von Fischen für Aquakulturunternehmer) sowie durch lebenslanges Lernen für Züchter zu innovativen Ansätzen für den Aquakultursektor erreicht werden.

3.SCHLUSSFOLGERUNG

Nachhaltige Aquakultur in der EU kann eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von öffentlichen Gütern spielen. Diese öffentlichen Güter umfassen: i) nährstoffreiche und gesunde Lebensmittel mit einem verringerten ökologischen Fußabdruck; ii) wirtschaftliche Entwicklung und Beschäftigungschancen für Küstengebiete und ländliche Gemeinden; iii) die Verringerung der Umweltverschmutzung; iv) die Erhaltung von Ökosystemen und v) Leistung eines Beitrags zur Bekämpfung des Klimawandels. Mit dieser Mitteilung wird der Weg für die EU-Aquakultur geebnet, zum Maßstab für einen Sektor zu werden, der widerstandsfähig und wettbewerbsfähig ist und einen weltweiten Standard für Nachhaltigkeit und Qualität darstellt. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es der Unterstützung aller relevanten Akteure (einschließlich der EU-Mitgliedstaaten, der EU-Aquakulturindustrie und anderer Interessenträger wie NRO) bei der Umsetzung dieser Leitlinien und der im Anhang dieser Mitteilung empfohlenen Maßnahmen. Die Kommission fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die geeigneten Mittel zur Umsetzung dieser Leitlinien und Maßnahmen sicherzustellen.

Zur Umsetzung der Leitlinien ist es auch notwendig, den nachhaltigen Übergang des Aquakultursektors zu unterstützen, indem eine wirksame und effiziente Nutzung öffentlicher Mittel sichergestellt und private Investitionen angezogen werden. Der Anhang dieser Mitteilung enthält Empfehlungen für Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels. Insbesondere ersucht die Kommission die EU-Mitgliedstaaten, die in diesen Leitlinien dargelegten Prioritäten zu berücksichtigen, wenn aus EU- und nationalen Mitteln Fördermittel für den Sektor zugeteilt werden.

Um die Umsetzung dieser Leitlinien durch alle Interessenträger zu fördern, wird die Kommission einen EU-Unterstützungsmechanismus für die Aquakultur einrichten. Dieser Mechanismus soll der Kommission, den EU-Mitgliedstaaten, der Industrie und anderen Interessenträgern dabei helfen, weitere Leitlinien zu entwickeln und bewährte Verfahren in den von dieser Mitteilung abgedeckten Bereichen zu konsolidieren. Der Unterstützungsmechanismus wird auch bei der Umsetzung dieser Leitlinien und der bewährten Verfahren eine Hilfestellung sein. Dieser Mechanismus sollte eine Online-Plattform mit einer für alle Interessenträger zugänglichen Wissensdatenbank umfassen (z. B. einen Leitfaden zu EU-Mitteln und eine Datenbank mit EU-geförderten Projekten in diesem Sektor).

Die Kommission fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die in dieser Mitteilung genannten Ziele und Grundsätze aktiv zu fördern, insbesondere die Notwendigkeit einer nachhaltigen und umweltschonenden Entwicklung der Aquakultur im Zusammenhang mit: i) den Meeresbeckenstrategien; ii) bilateralen Abkommen und iii) der Teilnahme an internationalen Foren (z. B. der FAO).

Spätestens vier Jahre nach der Veröffentlichung dieser Mitteilung wird die Kommission eine Bewertung durchführen von: i) den Fortschritten bei der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen im Anhang und ii) der Effizienz dieser Maßnahmen im Hinblick auf die Erreichung der in diesen neuen strategischen Leitlinien festgelegten Ziele, wobei Maßnahmen entsprechend angepasst werden können. Bis 2029 wird eine Bewertung der neuen strategischen Leitlinien durchgeführt, in deren Rahmen ihre Effizienz, Wirksamkeit, Kohärenz, Relevanz und der EU-Mehrwert beurteilt werden, um eine Evidenzbasis zu schaffen und die Entscheidung über die nächsten Schritte nach 2030 zu unterstützen.

(1)

Gemäß der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ „wird die Kommission Maßnahmen ergreifen, um die Gesamtverkäufe von für Nutztiere und für die Aquakultur bestimmten antimikrobiellen Mitteln bis 2030 um 50 % zu verringern“.

(2)

In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ wird das Ziel gesetzt, „bis zum Jahr 2030 mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Flächen in der EU ökologisch zu bewirtschaften und die ökologische Aquakultur beträchtlich auszubauen“.

(3)

Verordnung (EU) Nr. 1380/2013.

(4)

 Eine vom Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für Fischerei (STECF) vorgenommene detaillierte Analyse der Wirtschaftsleistung des EU-Aquakultursektors findet sich unter https://stecf.jrc.ec.europa.eu/reports/economic .

(5)

Betrachtet man die Ausfuhren von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen aus der EU, so lag der Selbstversorgungsgrad für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse laut dem Bericht über den EU-Fischmarkt 2020 der Europäischen Marktbeobachtungsstelle für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse (EUMOFA) im Jahr 2018 bei etwa 42 %. Die Selbstversorgung ist definiert als die Kapazität der EU-Mitgliedstaaten, die Nachfrage durch die eigene Produktion zu decken, und kann als Verhältnis zwischen Binnenproduktion und Inlandsverbrauch berechnet werden.

(6)

COM(2013) 229 final vom 29.4.2013.

(7)

 Der englische Wortlaut der politischen Einigung über den Vorschlag für eine Verordnung über den EMFAF kann auf folgender Website eingesehen werden: https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/PECH/DV/2021/02-22/EMFAF_consolidated_clean_EN.pdf . Derzeit stehen noch eine rechtliche Überprüfung und die endgültige Annahme des Texts durch den Rat und das Europäische Parlament aus.

(8)

Gemäß Artikel 23 der EMFAF-Verordnung (Text der politischen Einigung, siehe Fußnote 7) soll die Unterstützung der Aquakultur im Rahmen des EMFAF mit den mehrjährigen nationalen Strategieplänen für die Entwicklung der Aquakultur in Einklang stehen.

(9)

Die Erzeugung von Schalentieren in der EU ist hauptsächlich auf Weichtiere, namentlich Miesmuscheln, Austern und Venusmuscheln, ausgerichtet. Die Weichtierzucht in der EU ist zum größten Teil eine traditionelle, familienbasierte und arbeitsintensive Aquakulturtätigkeit, die vollständig in die lokale Landschaft integriert ist.

(10)

 Die Binnenaquakultur ist ein besonders geeignetes Instrument, um in Binnenregionen nachhaltige Lebensmittel zu erzeugen, und schafft zudem dringend benötigte Arbeitsplätze. In der EU gehören der Karpfen, die Regenbogenforelle und neu aufkommende Arten wie Wels und Zander zu den wichtigsten Süßwasserarten. Erdteiche sind nach wie vor die am häufigsten genutzten Erzeugungsanlagen, aber auch Fließkanäle und andere Fließwassersysteme, Käfige, Gehege und Tanks werden häufig verwendet. Einige Arten der Süßwasseraquakultur (insbesondere Teichaquakultur) können Ökosystemleistungen erbringen, wenn sie gut bewirtschaftet werden, und stehen häufig mit Kultur und Tradition in Verbindung. Wasserwiederverwendungssysteme (Kreislaufsysteme, recirculating aquaculture systems – RAS) werden aufgrund der hohen erforderlichen Investitionen seltener eingesetzt, dürften aber aufgrund ihrer unbestreitbaren Vorteile in Zukunft häufiger zum Einsatz kommen.

(11)

Laut der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ wird die Kommission „eine zielgerichtete Unterstützung für die Algenindustrie vorsehen, da Algen mit Blick auf ein nachhaltiges Lebensmittelsystem und die weltweite Ernährungssicherheit als wichtige alternative Proteinquelle genutzt werden sollten“.

(12)

Im Zeitraum von Juli bis Oktober 2020 fand eine öffentliche Konsultation statt. Die Ergebnisse der Zwischenbewertung der OMK werden in diese neuen strategischen Leitlinien auch miteinbezogen (siehe Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen:    
https://ec.europa.eu/fisheries/sites/fisheries/files/docs/swd-2020-6_en.pdf ), Erfahrungsaustausch im Zusammenhang mit der OMK und Ergebnisse von EU-geförderten Projekten.

(13)

 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Juni 2018 zu dem aktuellen Stand und die künftigen Herausforderungen bei der Entwicklung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen europäischen Aquakulturbranche(2017/2118(INI)).

(14)

Siehe Fußnote 11.

(15)

Dürren können die Lebensfähigkeit von Süßwasserbetrieben gefährden, die im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Betrieben nicht immer mit Entschädigungen für solche Situationen rechnen können.

(16)

Weitere Informationen zur Süßwasseraquakultur finden sich in der Studie der EUMOFA ( https://www.eumofa.eu/documents/20178/442176/Freshwater+aquaculture+in+the+EU.pdf ) und in den Länderprofilen ( https://www.eumofa.eu/documents/20178/442176/Country+profiles.pdf ).

(17)

Richtlinie 2001/42/EG.

(18)

Im Sinne dieser Leitlinien bezeichnet „Offshore-Aquakultur“ eine Aquakultur „> 2 km oder außer Sichtweite der Küste, in Wassertiefen > 50 m, mit Wellenhöhen von 5 m oder mehr, Seegang, variablen Winden und starken Meeresströmungen an exponierten Standorten (offene See, z. B. ≥ 180o offen), an denen ein Bedarf an ferngesteuertem Betrieb und automatischer Fütterung besteht und an denen eine Fernüberwachung der Betriebssysteme erforderlich sein kann (Definition im Rahmen des FAO-Workshops 2010 „Expanding mariculture further offshore, Technical, spatial and governance challenges“ (Ausweitung der marinen Aquakultur auf Offshore-Bereiche: Technische, räumliche und verwaltungstechnische Herausforderungen)).

(19)

Für Weichtiere ist die Verfügbarkeit einer guten Wasserqualität von entscheidender Bedeutung, da sich im Wasser Schadstoffe ansammeln können, die die Lebensfähigkeit und die hygienische Qualität der Weichtiere beeinträchtigen können. Eine gute Wasserqualität für zweischalige Weichtiere wird im Rahmen der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften gewährleistet.

(20)

 Die Belastbarkeit in der Aquakultur ist definiert als die maximale Biomasse einer gezüchteten Art, die toleriert werden kann, ohne die maximal akzeptablen Auswirkungen auf den gezüchteten Bestand und seine Umwelt zu überschreiten.

(21)

Zu den geltenden Rechtsvorschriften im Bereich Tiergesundheit zählen: die Verordnung (EU) 2016/429 zu Tierseuchen („Tiergesundheitsrecht“) (Geltungsbeginn am 21. April 2021) sowie der aktuelle Rechtsrahmen für Tierarzneimittel und Arzneifuttermittel (Richtlinie 2001/82/EG, Verordnung (EG) Nr. 726/2004 und Richtlinie 90/167/EWG), der durch die Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel und die Verordnung (EU) 2019/4 über Arzneifuttermittel ersetzt werden wird, die ab dem 28. Januar 2022 gelten werden.

(22)

Das gilt insbesondere für die Weichtierzucht. In den letzten Jahren wurde eine aufgrund von Krankheitserregern steigende Sterblichkeit beobachtet, was sich äußerst nachteilig auf die Nachhaltigkeit von Weichtierzuchtbetrieben auswirkt. Die Weichtierzucht wird auch durch schädliche Algenblüten, Meeresverschmutzung und die Auswirkungen des Klimawandels beeinträchtigt.

(23)

 Die neue Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel wird dazu beitragen, die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln für die Aquakultur zu erhöhen und Anreize zur Förderung von Innovationen zu schaffen.

(24)

Neue Erkenntnisse und innovative Techniken werden benötigt, um Krankheiten, die zweischalige Weichtiere befallen, wie das Norovirus, zu bekämpfen.

(25)

Am 24. Februar 2021 wurde eine neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet.

(26)

 EU-geförderte Projekte haben die Wissensgrundlage für die Ausarbeitung wirkungsvoller Maßnahmen zu Anpassung an den Klimawandel in verschiedenen Politikbereichen, einschließlich der Aquakultur, gestärkt. Viele der Ergebnisse dieser Projekte und andere sachdienliche Informationen stehen der Öffentlichkeit auf der Web-Plattform Climate-ADAPT zur Verfügung. Climate-ADAPT ist eine einheitliche Anlaufstelle für Klimaanpassung, die gemeinsam von der Kommission und der Europäischen Umweltagentur (EUA) eingerichtet wurde. Informationen über den Meeres- und Fischereisektor finden Sie unter https://climate-adapt.eea.europa.eu/eu-adaptation-policy/sector-policies/marine-and-fisheries .

(27)

Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ bezieht sich auf die neue EU-Initiative für eine klimaeffiziente Landwirtschaft im Rahmen des Klimapakts sowie auf den von der Kommission zu entwickelnden Rechtsrahmen für die Zertifizierung der Entfernung von Kohlendioxid. Aquakulturen, die Dienstleistungen zur CO2-Abscheidung erbringen können, sollten in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, um die notwendigen Anreize für die Entwicklung dieser Art von Aquakulturen zu schaffen. Die Förderung der Aquakultur mit Klimaschutzleistungen könnte auch im Rahmen der national festgelegten Beiträge des Pariser Klimaabkommens in Betracht gezogen werden.

(28)

Die Unterstützung der Produktions- und Vermarktungspläne von Erzeugerorganisationen ist im Rahmen des EMFF obligatorisch. Auch im Rahmen des neuen EMFAF können Produktions- und Vermarktungspläne künftig weiterhin unterstützt werden, allerdings auf freiwilliger Basis.

(29)

 Derzeit gibt es nur 39 anerkannte Erzeugerorganisationen im Bereich Aquakultur und keine transnationale Organisation. Siehe https://ec.europa.eu/fisheries/sites/fisheries/files/list-of-recognised-producer-organisations-and-associations-of-producer-organisations.pdf . Es gibt andere Möglichkeiten der Organisation von Erzeugern, die nicht im Rahmen der GMO-Verordnung anerkannt sind (z. B. Vereinigung von Erzeugern im Zusammenhang mit Gütezeichen).

(30)

Siehe https://ec.europa.eu/fisheries/sites/fisheries/files/docs/body/guidance-document-on-implementation-of-professional-organisations_en.pdf .

(31)

Siehe Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates.

(32)

COM(2018) 368 final.

(33)

Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ heißt es, dass die Kommission „den Rechtsrahmen für geografische Angaben stärken und gegebenenfalls spezifische Nachhaltigkeitskriterien aufnehmen [wird]“.

(34)

Der geplante EU-Aktionsplan für ein Null-Schadstoff-Ziel wird die Maßnahmen gegen Wasserverschmutzung verstärken.

(35)

Für die Aquakultur gelten u. a. folgende Rechtsvorschriften: die Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG); die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/56/EG); der Beschluss über den guten Umweltzustand (Beschluss 2017/848/EG); die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete; die Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie (Richtlinie 2009/147/EG und Richtlinie 92/43/EWG); die Richtlinie über die Industrieemissionen (Richtlinie 2010/75/EU); die Verordnung über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur (Verordnung (EG) Nr. 708/2007) und die Verordnung über invasive gebietsfremde Arten (Verordnung (EU) 1143/2014); die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Richtlinie 2011/92/EU); die Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (Richtlinie 2001/42/EG). Außerdem wird durch die speziellen Rechtsvorschriften für die ökologische/biologische Produktion durch Zertifizierung und Kennzeichnung eine Aquakultur gefördert, die strengere Erzeugungsanforderungen in Bezug auf Umweltauswirkungen und den Tierschutz sowie in Bezug auf eine beschränkte und geregelte Verwendung externer Produktionsmittel erfüllt.

(36)

 Siehe die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über die Anwendung der Wasserrahmenrichtlinie (WRR) und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRR) im Bereich der Aquakultur ( https://ec.europa.eu/fisheries/sites/fisheries/files/docs/body/swd-2016-178_de.pdf ) und die Leitlinien zum Thema Aquakultur und Natura 2000 ( https://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/pdf/guidance_on_aquaculture_and_natura_2000_de.pdf ).

(37)

Zum Beispiel das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Juli 2015, Weser, C-461/13, ECLI:EU:C:2015:433 (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V./Bundesrepublik Deutschland) zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie.

(38)

Laut der Zwischenbewertung der OMK sind die Leitlinien der Kommission für die Anwendung der EU-Rechtsvorschriften auf den Aquakultursektor nicht allen einschlägigen Akteuren ausreichend bekannt. Insbesondere Süßwasseraquakulturerzeuger argumentieren, dass nicht immer klar sei, wie die Erzeugungsanforderungen in Natura-2000-Gebieten umzusetzen seien, und betrachten die Umsetzung der Anforderungen in der Wasserrahmenrichtlinie als Herausforderung.

(39)

 Die anwendbaren Rechtsvorschriften sind in der Verordnung (EU) 2017/625 über amtliche Kontrollen und in der Wasserrahmenrichtlinie festgelegt. Nach der Verordnung über amtliche Kontrollen sind die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet, ein umfangreiches amtliches Überwachungsprogramm für lebende zweischalige Weichtiere in ihren Erntegewässern durchzuführen. Mit den Ergebnissen dieses Überwachungsprogramms wird ermittelt, ob ein Gebiet je nach Gehalt an mikrobiologischen und chemischen Kontaminanten, einschließlich mariner Biotoxine, für die Ernte geöffnet oder geschlossen werden sollte. Andererseits verpflichtet die Wasserrahmenrichtlinie die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, den besonderen Schutz von Gewässern für die Weichtiererzeugung sicherzustellen. Die Weichtierzüchter in der EU haben sich beklagt, dass die Mitgliedstaaten die Wasserrahmenrichtlinie mit Blick auf die Weichtierzucht nicht ordnungsgemäß umsetzen.

(40)

Siehe Fußnote 2. Die Kommission verabschiedete am 25.3.2021 einen neuen Aktionsplan zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion, der auch Maßnahmen zur Förderung der ökologischen Aquakultur in der EU enthält (COM(2021) 141 final). 

(41)

 RAS sind Aquakultursysteme, die Folgendes bieten: eine vollständig kontrollierte Umgebung für Fische, geringer Wasserverbrauch, vollständige Krankheitsbekämpfung, effiziente Flächennutzung, optimale Fütterungsstrategien und Nähe zum Markt. Trotz des beträchtlichen Potenzials von RAS scheint diese Technologie bisher nur für „Nischenmärkte“ für hochwertige Erzeugnisse (z. B. Lachs, Königsmakrele und Aal) rentabel zu sein. In Bezug auf RAS besteht noch eine Reihe von Herausforderungen: der hohe Investitionsbedarf, der beträchtliche Einsatz von Technologie, der Bedarf an technisch versiertem Personal, ein hoher Energieverbrauch oder Probleme bezüglich des Geschmacks der Erzeugnisse. Die aktuellen Herausforderungen könnten jedoch bald mithilfe von technologischen Entwicklungen bewältigt werden. Siehe den Bericht von EUMOFA zum Thema RAS unter https://www.eumofa.eu/documents/20178/84590/RAS+in+the+EU.pdf .

(42)

 Weichtiere sind Filtrierer und müssen nicht gefüttert werden. Sie bieten viele weitere Vorteile für die Umwelt, wie die Verbesserung der Wasserqualität und -klarheit durch die Entfernung von Partikeln, überschüssigen Nährstoffen, organischem Material, Viren und Bakterien aus der Wassersäule. Weichtierbetten bieten wichtige Ökosystemfunktionen, indem sie Strukturen und Lebensräume für andere Arten wie Krebse, Würmer und Jungfische schaffen, die eine Nahrungsquelle für Fische und andere Meeresfauna darstellen. Weichtiere entziehen der Umwelt auch Stickstoff, der bei der Ernte der Tiere entfernt wird. Die im Rahmen von Interreg finanzierte „Baltic Blue Growth Initiative“ zeigte die Fähigkeit der Muschelzucht an Langleinen zur Stickstoffentfernung auf. Siehe  https://www.interreg-baltic.eu/news-detail/news/new-blue-growth-initiatives-for-the-baltic-sae-region.html .

(43)

Teiche und Feuchtgebiete spielen eine wichtige Rolle bei der Wasserrückhaltung und der Erhaltung der Biodiversität.

(44)

Selektive Züchtung basiert auf der Nutzung der natürlichen (genetischen) Variation in den gewünschten Merkmalen durch gezielte Auswahl von Populationen, Stämmen, Familien oder Individuen.

(45)

Siehe Richtlinie 98/58/EG des Rates über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung. In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ ist für das Jahr 2023 die Bewertung und Überarbeitung bestehender Tierschutzvorschriften vorgesehen, u. a. zu Tiertransporten und zur Schlachtung von Tieren.

(46)

 Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle. Die neue Verordnung (EU) 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen wurde inzwischen verabschiedet und gilt ab dem 1. Januar 2022.

(47)

 Diese Nachfrage wird derzeit größtenteils entweder durch ökologische/biologische Produktion oder durch einige (oft kostspielige) private Standards und Zertifizierungssysteme gedeckt. Laut dem EUMOFA-Bericht über die ökologische Aquakultur in der EU ist es jedoch noch immer notwendig, mehr Informationen über die Nachhaltigkeit der ökologischen Aquakultur in der EU bereitzustellen (siehe https://www.eumofa.eu/documents/20178/84590/Study+report_organic+aquaculture.pdf ).

(48)

In der GMO-Verordnung sind verbindliche Anforderungen für die Information der Verbraucher festgelegt. Diese Verordnung schreibt jedoch nicht vor, dass die Produktionsmethode von Aquakulturerzeugnissen auf dem Endprodukt angegeben werden muss. Die Verordnung verpflichtet lediglich zur Angabe, dass das Produkt „in Aquakultur gewonnen“ wurde. Nur ökologische Aquakulturerzeugnisse sind mit spezifischen Produktionsmethoden verbunden. Außerdem sind nach der GMO-Verordnung keine Angaben zum Ursprung verarbeiteter Aquakulturerzeugnisse vorgeschrieben.

(49)

In der GMO-Verordnung sind gemeinsame Vermarktungsnormen festgelegt, die Fischereierzeugnisse erfüllen müssen, um auf dem EU-Markt für den menschlichen Verzehr in Verkehr gebracht zu werden. Allerdings decken die aktuellen Normen keine Aquakulturerzeugnisse ab. In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ ist die Überprüfung der Vermarktungsnormen vorgesehen, auch für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse.

(50)

 Das Europäische Netz für Fischereiwirtschaftsgebiete (FARNET) hat bereits einen Leitfaden zur Integration der Aquakultur in lokale Gemeinschaften entwickelt ( https://webgate.ec.europa.eu/fpfis/cms/farnet2/library/guide/integrating-aquaculture-within-local-communities_de ) sowie einen Leitfaden zur Kreislaufwirtschaft in Fischerei- und Aquakulturgebieten ( https://webgate.ec.europa.eu/fpfis/cms/farnet2/library/farnet-guide-17-circular-economy-fisheries-and-aquaculture-areas_de ).

(51)

Gemäß den EU-Umweltvorschriften sind Informationen über den Zustand aquatischer Ökosysteme und über die Wasserqualität vorgeschrieben, aber sie enthalten keine spezifischen Berichterstattungspflichten für Aquakulturaktivitäten.

(52)

Gemäß dem Vorschlag der Kommission für das neue EU-Mehrjahresprogramm für die Datenerhebung der Rahmenregelung für die Datenerhebung (ab 2022 anzuwenden) werden die Mitgliedstaaten sozioökonomische Daten zur Süßwasseraquakultur erheben, wenn die Produktion im Rahmen der Süßwasseraquakultur auf nationaler Ebene bestimmte Schwellenwerte überschreitet (1 % der EU-Produktion, 10 % der nationalen Produktion).

(53)

In Clustern werden innovative Akteure wie Universitäten mit KMU zusammengeführt. Dies fördert die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und kann bei der Registrierung von mehr internationalen Marken und Patenten helfen.


Brüssel, den 12.5.2021

COM(2021) 236 final

ANHANG

der

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Strategische Leitlinien für eine nachhaltigere und wettbewerbsfähigere Aquakultur in der EU für den Zeitraum 2021-2030

{SWD(2021) 102 final}


2.1. WIDERSTANDSFÄHIGKEIT UND WETTBEWERBSFÄHIGKEIT AUFBAUEN

Gebiet

Kommission

EU-Mitgliedstaaten

Beirat für Aquakultur

2.1.1. Raum und Wasser

·Entwicklung detaillierterer Leitlinien für die Raumplanung und für den Zugang zu Wasser für marine 1 , Süßwasser- und landgestützte Aquakultur. 

·Bereitstellung technischer Unterstützung für die Verwaltungen der EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Leitlinien und die Möglichkeit, dass die EU-Mitgliedstaaten zu diesem Zweck Mittel aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) in Anspruch nehmen.

·Überwachung der Umsetzung der Richtlinie über die maritime Raumplanung und Koordinierung des Austauschs bewährter Verfahren im Bereich der nicht maritimen Raumplanung.

·Bestimmung von für die Aquakultur geeigneten Gebieten nach den in dieser Mitteilung und in künftigen Leitlinien beschriebenen Grundsätzen.

2.1.2. Aufsichtsrechtlicher und administrativer Rahmen

·Konsolidierung eines Leitliniendokuments über bewährte Verfahren für Verwaltungsverfahren.

·Bereitstellung technischer Unterstützung für die Verwaltungen der EU-Mitgliedstaaten bei der Überprüfung und Verbesserung ihrer aufsichtsrechtlichen und administrativen Systeme im Lichte dieser bewährten Verfahren und die Möglichkeit, dass die EU-Mitgliedstaaten zu diesem Zweck Mittel aus dem EMFF in Anspruch nehmen.

·Überprüfung des aufsichtsrechtlichen und administrativen Systems für die Aquakultur, soweit dies im Lichte der in dieser Mitteilung festgelegten Grundsätze und künftiger, von der Kommission konsolidierter Leitlinien erforderlich ist, und unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von KMU.

·Einrichtung einer einzigen nationalen Stelle, die nationale und regionale für die Aquakultur zuständige Behörden zusammenbringt. Einbindung einschlägiger Interessenträger in diese Stelle.

2.1.3. Gesundheit von Tier und Mensch

·Aufzeichnung bewährter Haltungspraktiken, insbesondere der „Ausgestaltung des Lebensumfelds“, die Verwendung von „funktionellem Futter“ und selektive Züchtung. Organisation von Schulungen zu diesen Verfahren. Diese Schulungen könnten durch EU-Finanzmittel unterstützt werden.

·Prüfen, wie der Zugang der Öffentlichkeit zu den wichtigsten Ergebnissen der Umweltrisikobewertung und den relevanten toxikologischen Schwellenwerten für Arzneimittel unter Beachtung der Vertraulichkeits- und Datenschutzbestimmungen verbessert werden kann. Erwägung – in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und den Mitgliedstaaten – der Entwicklung von Leitlinien für die Umweltrisikobewertung von Arzneimitteln zur Verwendung in der Aquakultur (gegebenenfalls mit Empfehlungen für Risikomanagementmaßnahmen).

·Organisation von Workshops, in denen alle europäischen Interessenträger, die mit dem Thema Norovirus in Schalentieren konfrontiert sind (Industrie, Wissenschaftler, Forscher, Regierungen und politische Entscheidungsträger), zusammenkommen, um mögliche Lösungen zu erörtern.

·Ausrichtung von Schulungen für die zuständigen Behörden (u. a. im Rahmen des Schulungsprogramms „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“) zur Seuchenüberwachung und -meldung in Bezug auf gelistete und neu auftretende Krankheiten gemäß der Verordnung (EU) 2016/429 und zu anderen relevanten Aspekten der Tiergesundheit.

·Unterstützung und Förderung von Forschung und Innovation im Bereich der Tiergesundheit, einschließlich in Bezug auf Schalentierkrankheiten, unter Berücksichtigung der vom Ständigen Agrarforschungsausschuss (SCAR-Fish) 2 festgelegten Prioritäten.

·Ausrichtung von Schulungen für die zuständigen Behörden (u. a. im Rahmen des Schulungsprogramms „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“) zur Seuchenüberwachung und -meldung in Bezug auf gelistete und neu auftretende Krankheiten gemäß der Verordnung (EU) 2016/429 und zu anderen relevanten Aspekten der Tiergesundheit.

·Unterstützung und Förderung von Forschung und Innovation im Bereich der Tiergesundheit, auch in Bezug auf Schalentierkrankheiten, unter Berücksichtigung der vom SCAR-Fish festgelegten Prioritäten.

·Unterstützung der Wissenserweiterung und der Entwicklung von Fähigkeiten von Aquakulturerzeugern in Bezug auf bewährte Haltungspraktiken.

·Ausarbeitung von Verhaltenskodizes für die Bekämpfung von Wassertierkrankheiten, die nicht in der Richtlinie 2006/88/EG des Rates oder in der Verordnung (EU) 2016/429 aufgeführt sind.

·Unterstützung und Verbreitung der von der Kommission ermittelten bewährten Haltungspraktiken unter Aquakulturerzeugern.

·Sicherstellen, dass die Aquakulturerzeuger in der EU über einschlägige Forschung und Innovation im Bereich Tiergesundheit und öffentliche Gesundheit informiert werden.

2.1.4. Anpassung an den Klimawandel und Abschwächung seiner Folgen

·Ausarbeitung von Leitlinien für sektorspezifische Klimaanpassungspläne und -strategien. 3

·Unterstützung des Klimaschutzes im Aquakultursektor, u. a. durch die Gewährleistung eines angemessenen politischen Rahmens und die Ermöglichung der Verwendung von EU-Mitteln.

·Unterstützung der Entwicklung sektorspezifischer nationaler, regionaler, transnationaler oder Seebecken-Klimaanpassungspläne, die mit nationalen Strategien und Plänen sowie der entsprechenden Norm des Europäischen Komitees für Normung (CEN) im Einklang stehen.

·Unterstützung von Schulungen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Klimaresilienz für im Aquakultursektor beschäftigte Menschen.

·Unterstützung des Klimaschutzes im Aquakultursektor.

·Verbreitung von Leitlinien zur Anpassung an den Klimawandel und zur Klimaresilienz im Aquakultursektor.

·Förderung der Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und von Klimaschutzmaßnahmen durch die Aquakulturerzeuger der EU.

2.1.5. Erzeuger- und Marktorganisation

·Organisation von Workshops für die zuständigen Behörden und die Industrie, um die Gründung und Anerkennung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden zu erleichtern, indem bewährte Verfahren vorgestellt werden und deren Austausch zwischen den Akteuren vereinfacht wird.

·Bereitstellung von Informationen über die verschiedenen Aquakultur-Erzeugerorganisationen in der EU (einschließlich transnationaler Organisationen) und über Branchenverbände im Aquakultursektor sowie über die von diesen Organisationen durchgeführten Maßnahmen.

·Werbung für die Vorteile der Gründung von Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden sowie transnationaler Aktivitäten zwischen Erzeugerorganisationen unter Erzeugern und Akteuren des Sektors. Weitere Unterstützung dieser Organisationen, insbesondere ihrer Produktions- und Vermarktungspläne, auch durch nationale und EU-Mittel.

·Werbung für die Vorteile der Gründung von Erzeugerorganisationen, Branchenverbänden und transnationaler Aktivitäten zwischen Erzeugerorganisationen unter den Aquakulturerzeugern. Gegebenenfalls Bereitstellung von Unterstützung.

2.1.6. Kontrolle

·Gewährleistung der Verfügbarkeit notwendiger Instrumente, um die Rückverfolgbarkeit von Aquakulturerzeugnissen vom Fang bzw. von der Ernte bis zum Verkauf im Einzelhandel sicherzustellen.

·Förderung des Einsatzes digitaler Hilfsmittel und künstlicher Intelligenz für eine bessere Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Aquakulturerzeugnissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

 

·Förderung des Einsatzes digitaler Hilfsmittel durch den Aquakultursektor für eine bessere Rückverfolgbarkeit und Transparenz.

2.1.7. Diversifizierung und Wertsteigerung

Mehrere empfohlene Maßnahmen können zu diesem Ziel beitragen.

Mehrere empfohlene Maßnahmen können zu diesem Ziel beitragen.

Mehrere empfohlene Maßnahmen können zu diesem Ziel beitragen.

2.2. BEITRAG ZUR GRÜNEN WENDE

Gebiet

Kommission

EU-Mitgliedstaaten

Beirat für Aquakultur

2.2.1. Umweltleistung

·Ausarbeitung eines Leitliniendokuments für die Umweltleistung im Aquakultursektor, das Folgendes enthält:

(a)Leitlinien zur Umsetzung der in der EU-Rechtsvorschriften 4 für den Sektor festgelegten rechtlichen Anforderungen, einschließlich der einschlägigen Rechtsprechung.

(b)Die Festlegung von Umweltindikatoren und freiwilligen Zielen für die Umweltleistung, einschließlich einer Referenzmethode zur Bestimmung des CO2-Fußabdrucks und der Auswirkungen der Aquakulturerzeugung auf Ökosysteme.

(c)Die Aufzeichnung bewährter Verfahren auf Regierungs- und Branchenebene zu folgenden Aspekten: Verwendung nachhaltiger Futtermittel; Energieeffizienz; Reduzierung des CO2-Fußabdrucks; Reduzierung von Ausbrechern; Verwendung von chemischen Stoffen und Arzneimitteln; Erreichung eines ausgewogenen Nährstoffhaushalts in Aquakulturbetrieben; Kreislaufansatz und Abfallbewirtschaftung; Raubtiermanagement 5 und Nutzung aquatischer genetischer Ressourcen und selektiver Züchtung.

(d)Die Schaffung eines Referenzüberwachungssystems für den Aquakultursektor, um Fortschritte zu bewerten und eine fundierte Entscheidungsfindung und langfristige Planung zu ermöglichen. Das System sollte Daten zu den in den obigen Absätzen genannten Aspekten enthalten.

·Unterstützung der Anstrengungen für eine weitere Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der EU-Aquakultur.

·Unterstützung der Diversifizierung der EU-Aquakultur hin zu Aquakulturtypen mit besserer Umweltleistung, u. a. durch Gewährleistung eines geeigneten politischen Rahmens und Ermöglichung der Verwendung von EU-Mitteln (auch zur Steigerung des Wertes dieser Aquakulturart auf dem Markt und in der gesamten Wertschöpfungskette).

·Bemühungen um die Verringerung des Beitrags der Aquakultur zur Meeresvermüllung durch: i) Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie über Einwegkunststoffe; ii) Unterstützung des Ersatzes von kunststoffbasierten Aquakulturgeräten durch nachhaltige Lösungen und die Anpassung von Standorten, um den Verlust von Material an die Umwelt zu minimieren; iii) Sicherstellung der getrennten Sammlung von Abfällen und iv) die Förderung innovativer Verpackungen für Aquakultur- und verarbeitete Aquakulturerzeugnisse.

·Unterstützung von Forschung und Innovation zur Verbesserung der Umweltleistung des Sektors.

·Förderung und Verbreitung der von der Kommission entwickelten Leitlinien für die Umweltleistung bei den für die Aquakultur zuständigen Behörden und der Aquakulturindustrie (auch durch Schulungen) und Unterstützung der Bemühungen der Industrie um die Übernahme solcher Verfahren (auch durch EU-Mittel).

·Sicherstellen, dass alle Umweltaspekte in die Planung und Genehmigung im Aquakultursektor durch die zuständigen Behörden einbezogen werden, um die vollständige Umsetzung und Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Folgende Aspekte müssen dabei einbezogen werden: i) die Erstellung von Vulnerabilitätskarten für Arten und Lebensräume gegenüber Belastungen durch die Aquakultur; ii) die Bestimmung der ökologischen Belastbarkeit von Standorten nach objektiven Kriterien und iii) die Entwicklung von Abkommen und Plänen für die Rotation von Standorten und die Bewirtschaftung von Flächen, um den Eintrag von Nährstoffen und organischen Stoffen zu verringern.

·Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Überwachung und Berichterstattung über die Umweltleistung des Sektors unter vollständiger Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften. Förderung der Überwachung von und Berichterstattung über Umweltindikatoren durch die Industrie.

·Unterstützung der Anstrengungen für eine weitere Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der EU-Aquakultur.

·Unterstützung der Diversifizierung der EU-Aquakultur hin zu Aquakulturtypen mit besserer Umweltleistung, u. a. durch Gewährleistung eines geeigneten politischen Rahmens und Ermöglichung der Verwendung von EU-Mitteln (auch zur Steigerung des Wertes dieser Aquakulturart auf dem Markt und in der gesamten Wertschöpfungskette)

·Bemühungen um die Verringerung des Beitrags der Aquakultur zur Meeresvermüllung durch: i) Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie über Einwegkunststoffe; ii) Unterstützung des Ersatzes von kunststoffbasierten Aquakulturgeräten durch nachhaltige Lösungen und die Anpassung von Standorten, um den Verlust von Material an die Umwelt zu minimieren; iii) Sicherstellung der getrennten Sammlung von Abfällen und iv) die Förderung innovativer Verpackungen für Aquakultur- und verarbeitete Aquakulturerzeugnisse.

·Unterstützung von Forschung und Innovation zur Verbesserung der Umweltleistung des Sektors.

·Förderung der Umsetzung der Leitlinien für die Umweltleistung im Aquakultursektor.

·Förderung der Vermeidung der Meeresvermüllung durch Aquakulturaktivitäten.

·Förderung der Überwachung von und Berichterstattung über Umweltindikatoren durch die Aquakulturindustrie.

·Sicherstellen, dass EU-Aquakulturerzeuger über einschlägige Forschung und Innovation zur Verbesserung der Umweltleistung von Aquakulturbetrieben unterrichtet werden.

2.1.3. Tierschutz

·Unterstützung der Entwicklung eines Verhaltenskodex für den Schutz von Fischen durch die EU-Mitgliedstaaten, die EU-Aquakulturindustrie, die wissenschaftlichen Gremien der EU und NRO, der auf wissenschaftlichen Untersuchungen und Erkenntnissen beruht und die Bereiche Zucht, Transport und Tötung abdeckt. Dieser Verhaltenskodex sollte weit verbreitet werden. 6  

·Unterstützung der Entwicklung gemeinsamer validierter, artspezifischer und überprüfbarer Fischschutzindikatoren durch die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Aquakulturindustrie für die gesamte Produktionskette, einschließlich Transport und Schlachtung. Ein Teil dieser Unterstützung sollte der Förderung der Forschung gewidmet werden. 7

·Unterstützung und Förderung von Forschung und Innovation im Bereich des Tierschutzes unter Berücksichtigung der vom SCAR-Fish festgelegten Prioritäten 8 .

·Unterstützung und Förderung von Forschung und Innovation im Bereich des Tierschutzes unter Berücksichtigung der vom SCAR-Fish festgelegten Prioritäten.

·Unterstützung der Wissenserweiterung und der Entwicklung von Fähigkeiten von Aquakulturerzeugern in Bezug auf bewährte Verfahren für den Schutz von Fischen.

·Unterstützung und Verbreitung des Verhaltenskodex für den Schutz von Fischen unter Aquakulturerzeugern.

·Sicherstellen, dass EU-Aquakulturerzeuger über einschlägige Forschung und Innovation im Bereich Tierschutz unterrichtet werden.

2.3. SOZIALE AKZEPTANZ UND INFORMATION DER VERBRAUCHER GEWÄHRLEISTEN

Gebiet

Kommission

EU-Mitgliedstaaten

Beirat für Aquakultur

 2.3.1. Kommunikation im Bereich EU-Aquakultur

·Erstellung einer benutzerfreundlichen Broschüre, in der die für den Aquakultursektor geltenden Rechtsvorschriften erläutert werden.

·Durchführung einer Studie zum Stand der wissenschaftlichen Informationen über die (positiven und negativen) Auswirkungen der Aquakultur in der EU aus wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Perspektive, um eine fundierte Debatte zu ermöglichen.

·Organisation einer Konferenz der Interessenträger im Anschluss an die Annahme dieser Mitteilung.

 

·Entwicklung von Werkzeugen für eine koordinierte EU-weite Kampagne zur Aquakultur in der EU, die auf nationaler und regionaler Ebene eingesetzt werden können. 9  

·Bei der Überprüfung des Rahmens der Vermarktungsnormen Prüfung der Möglichkeit, Normen für Aquakulturerzeugnisse festzulegen.

·Nach der Veröffentlichung des Berichts über die Ergebnisse der Anwendung der Verordnung über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur (GMO-Verordnung) ist zu prüfen, ob Leitlinien oder Folgemaßnahmen erforderlich sind.

·Weitere Auslotung der Rolle von Digitalisierungswerkzeugen und künstlicher Intelligenz für die Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Aquakulturerzeugnissen.

 

·Unterstützung und Sicherstellung der weiten Verbreitung der koordinierten EU-weiten Kampagne zur Aquakultur in der EU auf nationaler Ebene, unter voller Einbeziehung der regionalen Behörden; der Aquakulturerzeuger; der Einzelhändler und, soweit möglich, von NRO und Medien.

·Förderung von Selbstverwaltungsinitiativen des Aquakultursektors (z. B. bewährte Verfahren, Verhaltenskodizes und Rückverfolgbarkeit) und die Kommunikation dieser Initiativen an die Verbraucher. Förderung von Marken und Gütezeichen mit angemessenen Kontrollmechanismen.

·Förderung von Digitalisierungswerkzeugen und künstlicher Intelligenz für die Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Aquakulturerzeugnissen.

·Unterstützung und Sicherstellung der weiten Verbreitung der koordinierten EU-weiten Kampagne zur Aquakultur in der EU durch die Mitglieder.

·Förderung von Selbstverwaltungsinitiativen des Aquakultursektors (z. B. bewährte Verfahren, Verhaltenskodizes) und Rückverfolgbarkeit (einschließlich der Verwendung von digitalen Werkzeugen) und die Kommunikation dieser Initiativen an die Verbraucher. Förderung von Marken und Gütezeichen mit angemessenen Kontrollmechanismen.

·Förderung von Digitalisierungswerkzeugen und künstlicher Intelligenz für die Rückverfolgbarkeit und Transparenz von Aquakulturerzeugnissen.

2.3.2. Integration in lokale Gemeinschaften

·Bereitstellung von bewährten Verfahren zur frühzeitigen Einbindung lokaler Interessenträger als Teil der Leitlinien für Raumplanung und Verwaltungsverfahren. 10

·Sammlung bewährter Verfahren zur Integration des Aquakultursektors in lokale Gemeinschaften, insbesondere bei der Entwicklung von Synergien mit anderen Sektoren und in Bezug auf einen Ansatz der „Kreislaufwirtschaft“. Förderung solcher Verfahren, auch über die in dieser Mitteilung genannte Online-Plattform der EU-Aquakultur.

·Gewährleistung der frühzeitigen Einbindung lokaler Interessenträger gemäß den von der Kommission bereitgestellten bewährten Verfahren als Teil der Leitlinien für Raumplanung und Verwaltungsverfahren.

·Förderung der Integration des Aquakultursektors in lokale Gemeinschaften und der Entwicklung von Synergien mit anderen Sektoren, unter Berücksichtigung der von der Kommission gesammelten bewährten Verfahren.

·Verbreitung der bewährten Verfahren über die Integration des Aquakultursektors in lokale Gemeinschaften unter den Mitgliedern.

·Förderung der Einbindung lokaler Interessenträger in die Aktivitäten der Aquakulturindustrie unter den Mitgliedern, sowie Schaffung eines Anreizes für den Nachweis des konkreten Nutzens dieser Aktivitäten für die lokalen Gemeinschaften, auch durch größere Transparenz.

2.3.3. Daten und Überwachung

·Erstellung eines Überblicks über die Berichterstattungspflichten des Aquakultursektors im Rahmen der verschiedenen EU-Rechtsvorschriften. 11  

·Festlegung und Definition gemeinsamer Umweltindikatoren für die Berichterstattung der Mitgliedstaaten im Bereich Aquakultur.

·Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Datenerhebung im Bereich Aquakultur.

·Übermittlung von Daten an die Kommission über die Süßwasseraquakultur sowie von Umweltindikatoren, für die die Erhebung und Berichterstattung nach nationalem Recht vorgeschrieben ist.

·Umsetzung der überarbeiteten Datenerhebungspflichten im Bereich Aquakultur unter der Rahmenregelung für die Datenerhebung (Mehrjahresprogramm für die Datenerhebung der EU, anwendbar ab 2022).

·Ermutigung der Industrie und der Industrieverbände, freiwillige Verpflichtungen einzugehen, um den nationalen Behörden Bericht zu erstatten und Umweltdaten zu veröffentlichen, auch über Ausbrecher und die Verwendung von Tierarzneimitteln.

 

·Ermutigung der Industrie und der Industrieverbände, freiwillige Verpflichtungen einzugehen, um den nationalen Behörden Bericht zu erstatten und Umweltdaten zu veröffentlichen, auch über Ausbrecher und die Verwendung von Tierarzneimitteln.

2.4. WISSENSAUFBAU UND INNOVATION

Gebiet

Kommission

EU-Mitgliedstaaten

Beirat für Aquakultur

·Einrichtung einer Website als Teil der in diesen Leitlinien erwähnten Online-Plattform der EU-Aquakultur, auf der alle EU-finanzierten Forschungsprojekte zur Aquakultur verzeichnet sind und ihre Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.

·Förderung der Entwicklung und Abstimmung von Forschungs- und Innovationsvorteilen über die Mitgliedstaaten und Regionen hinweg sowie der damit verbundenen Geschäftsmöglichkeiten, u. a. durch Strategien für intelligente Spezialisierung, die auf den Aufbau vollständiger Wertschöpfungsketten in der gesamten EU abzielen.

·Förderung der Erstellung und Umsetzung von zuverlässigen Verbreitungs- und Nutzungsplänen für finanzierte Projekte im Bereich Forschung und Innovation.

·Unterstützung von Forschung und Innovation im Bereich der nachhaltigen Aquakultur, insbesondere durch Horizont Europa und die im damit verbundenen Strategieplan festgelegten Prioritäten.

·Unterstützung (auch mithilfe von EU-Mitteln) der Entwicklung von Fähigkeiten im Aquakultursektor. 12  

·Schaffung eines Rahmens für die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Industrie, Forschungs- und Bildungseinrichtungen und Förderung der Entwicklung von Clustern für die Aquakultur 13 .

·Verbreitung von Informationen über nationale Forschungs- und Innovationsprojekte und deren Ergebnisse.

·Unterstützung (auch mithilfe von EU-Mitteln) der Entwicklung von Fähigkeiten und der regelmäßigen Schulung von im Aquakultursektor beschäftigten Personen.

·Koordinierung und Unterstützung von Forschung und Innovation im Einklang mit den festgelegten Prioritäten, einschließlich der in den Berichten des SCAR-Fish dargelegten Prioritäten.

·Förderung der Verbreitung und Vermarktung von innovativen Verfahren im Aquakultursektor.

·Ermutigung der Aquakulturerzeuger und anderer Interessenträger, mit Forschungs- und Innovationsinstituten und Behörden zusammenzuarbeiten, um Lösungen für die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung der EU-Aquakultur zu finden.

·Verbreitung von Information über Forschungs- und Innovationsprojekte und deren Ergebnisse unter den Mitgliedern.

·Förderung der Übernahme bestehender Innovationen durch die EU-Aquakulturindustrie.

·Förderung der regelmäßigen Schulung von im Aquakultursektor beschäftigten Personen, insbesondere im Hinblick auf die Einführung innovativer Praktiken.

FINANZIERUNG

Gebiet

Kommission

EU-Mitgliedstaaten

Beirat für Aquakultur

Finanzierung 

·Bereitstellung eines Überblicks über das breite Spektrum der verfügbaren EU-Förderprogramme 14 .

·Gewährleistung von Kohärenz, Synergien und Komplementarität bei der Unterstützung der Aquakultur im Rahmen der verschiedenen von der Kommission verwalteten EU-Fonds.

·Sicherstellen, dass Informationen über geförderte Projekte im Aquakultursektor öffentlich und regelmäßig zur Verfügung gestellt werden.

·Berücksichtigung der in dieser Mitteilung dargelegten Prioritäten im Rahmen der Programmplanungspflichten und der Ausgaben von EU-Fonds.

·Weitere Unterstützung von Investitionen in innovative und nachhaltige Lösungen für den Aquakultursektor durch die Initiative „BlueInvest“ und „InvestEU“.

·Koordinierung der Planung, der Verpflichtungen und der Ausgaben für die Aquakultur im Rahmen der verschiedenen Fonds des mehrjährigen Finanzrahmens, um Kohärenz, Synergien und Komplementarität zwischen ihnen zu gewährleisten.

·Sicherstellen, dass Informationen über geförderte Projekte im Aquakultursektor öffentlich und regelmäßig zur Verfügung gestellt werden.

·Berücksichtigung der in dieser Mitteilung dargelegten Prioritäten im Rahmen der Programmplanungspflichten und der Ausgaben von EU-Fonds.

·Weitere Unterstützung von Investitionen in innovative und nachhaltige Lösungen für den Aquakultursektor.

·Förderung der Nutzung bestehender Fonds und Instrumente unter den Aquakulturerzeugern in der EU und anderen Akteuren, um Investitionen zur Umsetzung der in dieser Mitteilung festgelegten Ziele anzuziehen.

(1)

 Bei diesen Leitlinien sollte Folgendes berücksichtigt werden: i) Erfahrungen der EU-Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der offenen Methode der Koordinierung (OMK); ii) die Ergebnisse EU-finanzierter Forschung und iii) die im Rahmen der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer und im Schwarzen Meer (GFCM) der FAO durchgeführten Arbeiten. Siehe „A guide for the establishment of coastal zones dedicated to aquaculture in the Mediterranean and the Black Sea“ (Leitfaden für die Einrichtung von für die Aquakultur bestimmten Küstengebieten im Mittelmeer und im Schwarzen Meer) ( www.fao.org/3/ca7041en/CA7041EN.pdf ). Im Rahmen von EU finanzierten Projekten wie AquaSpace ( http://www.aquaspace-h2020.eu/ ) und TAPAS ( http://tapas-h2020.eu/ ) wurden Werkzeuge zur Ermittlung spezifischer Standorte für Aquakulturaktivitäten entwickelt. Zu den anderen EU-finanzierten Projekten, die für die Raumplanung im Bereich Aquakultur relevant sind, gehört MUSES, bei dem verschiedene Fallstudien durchgeführt wurden, darunter eine Fallstudie in der Ostsee (dänische Gewässer), deren Schwerpunkt auf der Kombination von Offshore-Windenergie und mariner Aquakultur liegt ( https://muses-project.com/wp-content/uploads/sites/70/2018/02/ANNEX-8-CASE-STUDY-5.pdf ).

(2)

 SCAR-Fish hat Prioritäten für die Forschung im Bereich Krankheitsverhütung und -bekämpfung in der Aquakultur festgelegt ( https://scar-europe.org/index.php/fish-documents ). In der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ wird das Mikrobiom als ein Forschungsschwerpunkt bezeichnet, der über das Programm „Horizont Europa“ unterstützt werden soll.

(3)

 Bei diesen Leitlinien sollte den Ergebnissen einschlägiger EU-finanzierter Projekte, wie SOCLIMPACT ( https://soclimpact.net ), CERES ( https://ceresproject.eu ) und ClimeFish ( https://climefish.eu/ ), Rechnung getragen werden. Die im Rahmen des ClimeFish-Projekts entwickelten Empfehlungen beziehen sich speziell auf die marine Aquakultur, aber auch auf die Erzeugung in Süßwasserseen und Teichen. In diesem Projekt wurde ein Entscheidungshilfesystem (Decision-Support-Framework, DSF) entwickelt, das in einem elektronischen Werkzeug zur Unterstützung von Planungsprozessen, einschließlich Daten und bewährter Verfahren, besteht. Außerdem wurde mit ihm ein europäischer Standard für sektorspezifische Klimaanpassungspläne auf den Weg gebracht.

(4)

Ferner sollten die Leitliniendokumente der Kommission, wie die Leitlinien zum Thema Aquakultur und Natura 2000, weiter verbreitet werden.

(5)

 Zum Beispiel sollte das INTERCAFE-Instrumentarium für das Kormoranmanagement über Methoden zur Reduzierung von Problemen mit Kormoranen in europäischen Fischereien weit verbreitet werden. Siehe  https://ec.europa.eu/environment/nature/cormorants/files/Cormorant_Toolbox_web_version.pdf .

(6)

 Ein solcher Kodex sollte die Arbeit der Initiativuntergruppe der Tierschutzplattform der GD SANTE und einschlägige EFSA-Gutachten berücksichtigen.

(7)

 Im Rahmen des über Horizont 2020 finanzierten Projekts „PerformFish“ ( http://performfish.eu/ ) wird an der Validierung von betrieblichen Tierschutzindikatoren gearbeitet, die für die Züchter von Seebarsch und Meerbrasse im Mittelmeer von unmittelbarer Bedeutung sind.

(8)

SCAR-Fish hat Prioritäten für die Forschung zum Schutz von Fischen festgelegt ( https://scar-europe.org/index.php/fish-documents ).

(9)

Bei der Entwicklung dieser Werkzeuge sollten die Erfahrungen aus der Kampagne „Farmed in the EU“ berücksichtigt werden.

(10)

 Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts „Mediterranean Aquaculture Integrated Development“ (Integrierte Entwicklung der Aquakultur im Mittelmeerraum, MedAID) wird untersucht, wie lokale Interessenträger in die Entwicklung der Aquakultur einbezogen werden können (siehe http://www.medaid-h2020.eu/index.php/wp7-social-acceptability-and-governance ).

(11)

Dazu gehören: i) die von Eurostat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 762/2008 über die Vorlage von Aquakulturstatistiken durch die Mitgliedstaaten erhobenen Daten; ii) Daten, die gemäß der Rahmenverordnung zur Datenerhebung (Verordnung (EU) 2017/1004) erhoben werden und iii) Daten, die im Rahmen von Rechtsvorschriften zur Tiergesundheit oder zur ökologischen/biologischen Produktion erhoben werden.

(12)

Die Kommission hat im Rahmen der über den EMFF finanzierten Aktion „Blue-careers“ Projekte zur Entwicklung von Fähigkeiten im EU-Aquakultursektor gefördert (z. B. Entrefish http://www.entrefish.eu/?page_id=3554&lang=en ). Außerdem hat sie über das Programm Erasmus+ mehr als 100 Projekte im Zusammenhang mit Aquakultur finanziert (siehe https://ec.europa.eu/programmes/erasmus-plus/projects_en ). Allerdings sollte in der Zukunft mehr getan werden.

(13)

Die im Rahmen des COSME-Programms eingeleiteten Cluster-Initiativen der EU zur Förderung von Innovation und Wachstum von KMU sind ein gutes Beispiel für Fortschritte in diesem Bereich; z. B. der französische Cluster für Aquakultur und Meeresressourcen, der über 170 Mitglieder (darunter mehr als 60 KMU) vereint.

(14)

Zum Beispiel: der EMFF und der künftige EMFAF, Horizont 2020, Horizont Europa, das Programm für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE+), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), das Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) und das Europäische Erdbeobachtungsprogramm (Copernicus).