EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 16.2.2021
COM(2021) 62 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über eine mögliche Ausweitung des Rahmens des Puffers für die Verschuldungsquote auf A-SRI und über die Definition und die Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße, einschließlich der Behandlung der Zentralbankreserven
Rechtsgrundlage und Anwendungsbereich des Berichts
Gemäß Artikel 511 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 („Eigenmittelverordnung“ oder kurz „CRR“) in der durch die Verordnung (EU) 2019/876 geänderten Fassung (im Folgenden „CRR II“) legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31. Dezember 2020 einen Bericht über die Frage vor, ob
(a)die Einführung eines Aufschlags auf die Verschuldungsquote für A-SRI, angemessen ist und
(b)die Definition und die Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße nach Artikel 429 Absatz 4 CRR, einschließlich der Behandlung der Zentralbankreserven, angemessen sind.
Die Kommission muss in diesem Bericht internationale Entwicklungen und auf internationaler Ebene vereinbarte Standards berücksichtigen und gegebenenfalls einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen.
Aufschlag auf die Verschuldungsquote für andere systemrelevante Institute
Die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote für G-SRI wurde gemäß einer Vereinbarung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht („BCBS“) vom Dezember 2017 in das EU-Recht eingeführt. Bislang gibt es für die rund 160 Institute in der EU, die derzeit als A-SRI eingestuft sind, keine entsprechende Anforderung für den Puffer der Verschuldungsquote.
Die Zweckmäßigkeit der Einführung des Puffers der Verschuldungsquote für A-SRI muss deshalb bewertet werden, weil mit der CRR II eine Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote für Institute eingeführt wurde, die als global systemrelevante Institute (G-SRI) eingestuft werden. In der EU gibt es derzeit acht G-SRI. Für diese Institute wird die Pufferanforderung auf 50 % ihrer risikobasierten G-SRI-Pufferquote festgelegt und sie gilt zusätzlich zu der zukünftigen Mindestanforderung an die Verschuldungsquote (Säule-1-Anforderung) und zu der zusätzlichen Eigenmittelanforderung, um dem Risiko einer übermäßigen Verschuldung zu begegnen (Säule-2-Anforderung).
Gemäß der CRR II sollte der Puffer für die Verschuldungsquote für G-SRI ab dem 1. Januar 2022 gelten. Mit der Verordnung (EU) 2020/873 wurde der Geltungsbeginn des Puffers der Verschuldungsquote für G-SRI jedoch um ein Jahr auf den 1. Januar 2023 verschoben, um die Fähigkeit der Institute zur sofortigen und wirksamen Reaktion auf die Auswirkungen von COVID-19 zu verbessern. Dies stand im Einklang mit dem geänderten Zeitplan für die Umsetzung, der von der Gruppe der Notenbankpräsidenten und Leiter der Aufsichtsbehörden, dem Aufsichtsgremium des BCBS, vereinbart wurde.
Die CRR sieht zwei unterschiedliche Termine vor, bis zu denen die Kommission die Einführung einer Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote für A-SRI bewerten soll. Neben dem oben genannten Bericht, der Ende 2020 vorzulegen ist, kann eine solche Anforderung für A-SRI im Rahmen der umfassenden Überprüfung der Instrumente der Makroaufsicht im Bankensektor im Jahr 2022 gemäß Artikel 513 der CRR geprüft werden. Diese Überprüfung ist bis zum 30. Juni 2022 fällig. Angesichts der Verschiebung des Geltungsbeginns des Puffers der Verschuldungsquote für G-SRI ist die Kommission der Auffassung, dass die Einführung einer zusätzlichen Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote für A-SRI eher im Rahmen des nach Artikel 513 CRR erforderlichen Berichts der Kommission zu bewerten sein sollte. Bei dieser Bewertung wird die Kommission berücksichtigen müssen, dass A-SRI eine heterogene Gruppe von Instituten sind, von denen einige in Bezug auf Größe und Tätigkeit mit G-SRI vergleichbar sind, während andere erheblich kleiner und stärker auf das Inland ausgerichtet sind. Aufgrund dieser Heterogenität der Institute der Gruppe der A-SRI ist sorgfältig zu prüfen, ob es angemessen ist, die Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote für G-SRI auf diese Gruppe auszuweiten.
Eine Ausweitung des Puffers der Verschuldungsquote kann in der Tat weitreichende Auswirkungen haben. Dies muss vor dem Hintergrund weiterer möglicher Änderungen des makroprudenziellen Rahmens für den Bankensektor gesehen werden, die insbesondere angesichts der Lehren aus der derzeitigen Krise für notwendig erachtet werden könnten. Daher ist es angemessener, die Ausweitung der Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote auf A-SRI im Rahmen der umfassenden Überprüfung der Instrumente der Makroaufsicht im Bankensektor im Jahr 2022 in Betracht zu ziehen.
Definition und Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße
Mit der CRR II wurde die Berechnung der Verschuldungsquote geändert, um den europäischen Rahmen an den überarbeiteten internationalen Standard anzupassen, der im Basel-III-Reformpaket für die Zeit nach der Krise von 2017 enthalten ist. Diese Änderungen wurden unter anderem eingeführt, um auf internationaler Ebene gleiche Wettbewerbsbedingungen für innerhalb der Union niedergelassene, jedoch auch außerhalb der Union tätige Institute sicherzustellen und zu gewährleisten.
Seit der Annahme der CRR II hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht einen spezifischen Aspekt seines Rahmens für die Verschuldungsquote weiter überarbeitet. Um die Erbringung von Clearingdiensten für Kunden zu erleichtern, wurde im Juni 2019 die Behandlung von kundengeclearten Derivaten für die Zwecke der Verschuldungsquote geändert. Nach den überarbeiteten Vorschriften wird die Behandlung dieser Derivate im Allgemeinen an die im Rahmen des risikobasierten Ansatzes für das Gegenparteiausfallrisiko (SA-CCR) vorgesehene Behandlung angeglichen. Die Änderung ermöglicht es den Instituten, den Wiedereindeckungsaufwand und das potenzielle künftige Risiko bei kundengeclearten Derivaten durch Barmittel und unbare Formen getrennter Ersteinschusszahlungen und Barnachschüsse und unbare Nachschüsse, die sie von einem Kunden erhalten haben, auszugleichen.
Die Marktteilnehmer haben die frühere Behandlung von kundengeclearten Derivaten mit der zunehmenden Konzentration im Bereich der Erbringung von Clearingdiensten verknüpft. Daher wird eine Überarbeitung als wesentlich erachtet, da sie die Institute davon abschreckt, Clearingdienste für Kunden anzubieten, indem sie ihre variablen Kosten senken, ohne dass dies wesentliche Auswirkungen auf ihre allgemeine Widerstandsfähigkeit hat. Die Änderung sollte die Erbringung von Clearingdiensten erleichtern, was im Einklang mit dem Ziel der nach der weltweiten Finanzkrise durchgeführten Reformen steht, nämlich Anreize für das zentrale Clearing von außerbörslich gehandelten Derivaten zu schaffen.
Die überarbeitete Bestimmung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht für das Kundenclearing wird ab dem 1. Januar 2023 gelten. Im Gegensatz zur Behandlung durch den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht dürfen nach dem überarbeiteten europäischen Rahmen für die Verschuldungsquote, der am 28. Juni 2021 in Kraft tritt, nach wie vor keine unbaren Nachschüsse zum Ausgleich des Wiedereindeckungsaufwands verwendet werden. Um den europäischen Instituten den gleichen Anreiz zu bieten, Clearingdienste für Kunden anzubieten, und um international gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, sollte die Behandlung von kundengeclearten Derivaten im Rahmen der CRR an den überarbeiteten internationalen Standard angeglichen werden. Um eine rechtzeitige Angleichung zu gewährleisten, beabsichtigt die Kommission, die Überarbeitung in den anstehenden Legislativvorschlag aufzunehmen, mit dem die endgültigen Elemente der Basel-III-Reform umgesetzt werden sollen.
Wie zu Beginn dieses Berichts dargelegt, ist die Kommission gemäß Artikel 511 CRR auch verpflichtet, über die Angemessenheit der Behandlung der Zentralbankreserven für die Zwecke der Verschuldungsquote Bericht zu erstatten. Auf der Grundlage des 2017 überarbeiteten Basler Standards wurde mit der CRR II ein Ermessensspielraum in den europäischen Rahmen für die Verschuldungsquote aufgenommen, der es ermöglicht, bestimmte Risikopositionen gegenüber Zentralbanken unter außergewöhnlichen Umständen vorübergehend aus der Gesamtrisikopositionsmessgröße eines Instituts auszuschließen. Zweck dieses Ermessens ist es, die wirksame Transmission geldpolitischer Maßnahmen zu erleichtern. Nach dem ursprünglichen Ausgleichsmechanismus der CRR II mussten etwaige Auswirkungen des Ausschlusses von Zentralbankreserven durch eine streng verhältnismäßige Erhöhung der individuellen Anforderung an die Verschuldungsquote eines Instituts vollständig neutralisiert werden.
Die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass ein solcher Ausgleichsmechanismus zu restriktiv gewesen wäre und dass seine Anwendung eine wirksame Transmission der Geldpolitik nicht erleichtert hätte. Da der Ausschluss von Zentralbankreserven durch eine Erhöhung der Anforderung an die Verschuldungsquote vollständig neutralisiert worden wäre, wären die Institute in Bezug auf den Umfang der Erhöhung ihrer Zentralbankreserven eingeschränkt worden. Dies wiederum hätte Institute davon abhalten können, in einer Stresssituation Zentralbankliquiditätsfazilitäten im erforderlichen Umfang in Anspruch zu nehmen, was die wirksame Transmission geldpolitischer Maßnahmen behindert hätte. Angesichts ihres begrenzten Spielraums zur Kontrolle des Umfangs der Zentralbankreserven während einer Krise hätten Institute gezwungen sein können, ihren Fremdkapitalanteil durch den Verkauf von Vermögenswerten oder eine Verringerung des Umfangs der Kreditvergabe an die Realwirtschaft oder beides zu verringern.
In Anbetracht dieser Erkenntnisse und auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission vom 28. April 2020 wurde die Behandlung der Zentralbankreserven von den Mitgesetzgebern überarbeitet. Gemäß dieser überarbeiteten Behandlung wird die individuelle Anforderung an die Verschuldungsquote eines Instituts, das von seinem Ermessen Gebrauch macht, nur einmal angepasst, nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem es dieses Ermessen ausübt. Die Anpassung basiert auf dem Durchschnittswert der anrechenbaren Zentralbankreserven des Instituts und seiner Gesamtrisikopositionsmessgröße zu dem Zeitpunkt, der als Beginn der außergewöhnlichen Umstände betrachtet wird. Die angepasste Verschuldungsquote gilt für den gesamten Zeitraum, in dem der Ermessensspielraum ausgeübt wird, und bleibt in dieser Zeit anders als beim früheren Ausgleichsmechanismus unverändert.
Die oben genannte Überarbeitung, die – wie im ursprünglichen Zeitplan der CRR II vorgesehen – ebenfalls am 28. Juni 2021 in Kraft treten wird, dürfte die Wirksamkeit des Ermessensspielraums erhöhen und den zuständigen Behörden mehr Flexibilität bieten, um bei möglichen künftigen Schocks und Krisen angemessen und gezielt handeln zu können. Um zu gewährleisten, dass dieser Ermessensspielraum während der derzeitigen COVID-19-Pandemie und bis zur Anwendbarkeit der überarbeiteten Behandlung verfügbar ist, wurde außerdem ein Übergangsspielraum für den vorübergehenden Ausschluss bestimmter Zentralbankreserven in den europäischen Rahmen für die Verschuldungsquote eingeführt.
Schlussfolgerung
Die Kommission hält es im derzeitigen Kontext nicht für angemessen, einen Aufschlag auf die Verschuldungsquote für andere systemrelevante Institute (A-SRI) einzuführen. Diese Frage sollte im Rahmen der umfassenden Überprüfung der Instrumente der Makroaufsicht im Bankensektor bis zum 30. Juni 2022 gemäß Artikel 513 CRR geprüft werden.
Die Kommission hält es für angemessen, die Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße nach Artikel 429 Absatz 4 CRR anzupassen, um die Behandlung kundengeclearter Derivate in Einklang mit international vereinbarten Standards zu bringen.
Der Gesetzgeber hat die Behandlung der Zentralbankreserven bereits im Rahmen der Verordnung (EU) 2020/873 überarbeitet. In Ermangelung weiterer internationaler Entwicklungen bei der Behandlung der Zentralbankreserven und angesichts dieser jüngsten Überarbeitung hält die Kommission keine weiteren Änderungen für erforderlich.