Brüssel, den 10.2.2021

COM(2021) 56 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT EMPTY

Ausbau der Zusammenarbeit im Bereich Rückkehr und Rückübernahme als Teil einer fairen, wirksamen und umfassenden EU-Migrationspolitik


1.Einleitung

Das neue Migrations- und Asylpaket 1 enthält ein umfassendes Migrationskonzept, das Maßnahmen aller relevanten Bereiche zusammenführt, um ein langfristiges und nachhaltiges System für das Asyl- und Migrationsmanagement in der EU zu entwickeln. Ein faires und wirksames System muss den raschen Schutz und die Integration von Personen, die internationalen Schutz benötigen, gewährleisten und gleichzeitig dafür sorgen, dass Personen, die kein Aufenthaltsrecht haben, tatsächlich rückgeführt und in ihren Herkunftsländern dauerhaft wiedereingegliedert werden.

Das Migrations- und Asylpaket verdeutlicht, wie wichtig umfassende, ausgewogene, maßgeschneiderte und für beide Seiten vorteilhafte Migrationspartnerschaften mit Ländern außerhalb der EU sind, wobei die wirksame Rückübernahme ein wesentliches Element darstellt. Diese Partnerschaften sollen sowohl den Interessen der EU als auch denjenigen der Partnerländer Rechnung tragen und neben anderen Politikbereichen, wie Entwicklungszusammenarbeit, Auslandsinvestitionen und Handel, ein fester Bestandteil der allgemeinen Beziehungen der EU zu Drittstaaten sein. Sie sollen es ermöglichen, gemeinsame Herausforderungen anzugehen und gemeinsame Chancen zu nutzen, indem Migrationssteuerung und -management, einschließlich des Grenzmanagements und der Bekämpfung von Migrantenschleusung und Menschenhandel, verbessert, Flüchtlinge sowie Aufnahmegemeinschaften in Partnerländern unterstützt, wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen und Ursachen irregulärer Migration bekämpft, legale Zugangswege entwickelt, qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern angeworben und die Zusammenarbeit bei der Rückübernahme und Wiedereingliederung vertieft werden.

Die Errichtung eines gemeinsamen EU-Rückkehrsystems, das sich auf bessere, wirksame und menschenwürdige Rückführungsverfahren innerhalb der EU und eine wirksamere Zusammenarbeit mit externen Partnern bei der Rückübernahme stützt, ist ein grundlegender Aspekt einer umfassenden und glaubwürdigen Migrationspolitik der EU. Da die einzelnen Mitgliedstaaten ihre Politik nicht unabhängig voneinander gestalten können und sich die Maßnahmen eines Mitgliedstaats auf die anderen Mitgliedstaaten auswirken, ist ein neuer und nachhaltiger europäischer Rahmen erforderlich, der Kohärenz, Sicherheit und Klarheit bietet. Das Migrations- und Asylpaket ebnet den Weg zu einem gemeinsamen EU-Rückkehrsystem, in dem gewährleistet ist, dass die Rückkehr – auf Grundlage eines einheitlichen, kohärenten Ansatzes – zur Erreichung der allgemeinen Ziele der Migrations- und Asylpolitik der EU beitragen kann. Hierfür bedarf es verbesserter Verfahren, die eine Abstimmung der unterschiedlichen nationalen Ansätze sicherstellen, sowie einer engeren Zusammenarbeit und verstärkter Solidarität zwischen allen Mitgliedstaaten.

Der Erfolg von Rückführungen, Rückübernahmen und Wiedereingliederungen setzt auch voraus, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten geschlossen als „Team Europa“ handeln, ein ganzes Instrumentarium von Verfahren und einschlägigen Maßnahmen einsetzen und sich in einem koordinierten und kontinuierlichen Dialog mit den Partnerländern abstimmen.

Um hinsichtlich der Kooperation bei der Rückübernahme konkrete Fortschritte zu ermöglichen, forderte der Europäische Rat 2 im Oktober 2018 dazu auf, durch Nutzung aller einschlägigen Maßnahmen, Instrumente und Möglichkeiten der EU, einschließlich der Visumpolitik, geeignete Hebel und Anreize zu schaffen. Der überarbeitete Visakodex 3 sieht vor, dass die Kommission den Umfang der Kooperation der Drittstaaten bei der Rückübernahme bewertet und dem Rat jährlich Bericht erstattet (Artikel 25a). Wie im Migrations- und Asylpaket bekräftigt wird, könnten regelmäßige Bewertungen im Rahmen des Visakodexes auf Dauer die Einführung einer strukturierten Vorgehensweise in Bezug auf die Kooperation der Drittstaaten bei der Rückübernahme erleichtern und ein wichtiges Instrument zur Erfüllung der allgemeinen politischen Ziele im Bereich Migration und Asyl darstellen.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die erste faktengestützte Bewertung nach den Anforderungen des Visakodexes abgeschlossen, für die sie von den Mitgliedstaaten und den assoziierten Schengen-Ländern übermittelte quantitative und qualitative Daten sowie von Eurostat und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) erhobene Daten zu Rückführungen und irregulären Einreisen herangezogen hat. Diese Bewertung liefert ein faktengestütztes, umfassendes und genaues Lagebild der Kooperation, sodass sich gezielte Verbesserungsmöglichkeiten ermitteln lassen. Die Bewertung wird – wie im Visakodex erläutert – dem Rat vorgelegt und bildet den Auftakt zu einem Reflexionsprozess mit Mitgliedstaaten und Partnerländern.

In der vorliegenden Mitteilung werden die wichtigsten Ergebnisse der ersten jährlichen Bewertung der Kooperation der Partnerländer bei der Rückübernahme dargelegt. Es wird beschrieben, wie die Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Hohen Vertreter und den Mitgliedstaaten – gegebenenfalls im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten – auf dem durch diese Bewertung eingeleiteten Prozess aufzubauen gedenkt, um die internen und externen Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit Rückführungen und Rückübernahmen ergeben, integriert, strukturiert und wirksam anzugehen.

Im Einklang mit dem Vorschlag der Kommission für eine neue Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement könnte diese Bewertung auch dazu beitragen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Interessen der Union und ihrer Beziehungen zu Partnerländern Anreize zur Verbesserung der Kooperation bei der Rückübernahme in anderen Politikbereichen als Visa zu ermitteln. Bis zur Annahme dieses Vorschlags und angesichts der besonderen Bedeutung, die greifbaren Fortschritten im Bereich der Kooperation bei der Rückübernahme zukommt, wird die Kommission diesen weiter gefassten Rahmen bereits bei ihren Folgemaßnahmen zu dieser ersten Bewertung berücksichtigen. 4 Diese Bewertung kann sich als sehr nützlich erweisen, wenn ermittelt werden soll, wie die Kooperation mit bestimmten Partnerländern im Bereich der Rückübernahme ausgebaut werden kann. Ganz allgemein könnten ihre Ergebnisse dazu genutzt werden, zu ermitteln, wie die Zusammenarbeit mit diesen Partnern im Bereich Migration im Rahmen eines umfassenden Konzepts verstärkt werden kann.

2.Herausforderungen und Hindernisse – Schaffung von Rahmenbedingungen für ein wirksameres EU-Rückkehr- und -Rückübernahmesystem

Obwohl die Bemühungen zur Bekämpfung irregulärer Migration und zur Gewährleistung einer wirksamen Rückführung von Personen, die kein Aufenthaltsrecht in der Union besitzen, verstärkt wurden, bleibt noch viel zu tun. Eine enge, für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit mit Partnerländern in verschiedenen Bereichen im Rahmen umfassender Migrationspartnerschaften dürfte zu einem Rückgang bei den irregulären Einreisen führen. Nach wie vor kommen viele Menschen über unsicherere und irreguläre Routen nach Europa, häufig aufgrund schwieriger sozioökonomischer oder politischer Umstände. Von Januar bis November 2020 sind über 110 000 Menschen irregulär nach Europa gekommen. 5 Eine Verstärkung der Maßnahmen zur Bekämpfung von Migrantenschleusung ist weiterhin unerlässlich.

Ein großer Teil der irregulär einreisenden Migranten erhält in der EU höchstwahrscheinlich keinen Schutzstatus und auch kein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen. Im Jahr 2019 lag die Anerkennungsquote bei Erstanträgen in der EU im Durchschnitt bei lediglich 30 %. 6 Die Rückführung der Menschen ohne Aufenthaltsrecht ist nach wie vor eine Herausforderung. Nur ein Drittel aller Personen, die zurückkehren müssen, werden wirksam zurückgeführt 7 , und weniger als 30 % der tatsächlich zurückgeführten Personen sind aus freien Stücken zurückgekehrt. Die unbefriedigenden Ergebnisse bei der Rückführung und Rückübernahme sind die Folge vielfältiger Schwierigkeiten, die die Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Rückkehranordnungen in Bezug auf irreguläre Migranten und hinsichtlich der Kooperation der Drittstaaten bei der Rückführung zu überwinden haben.

Die COVID-19-Pandemie hat die Rückführungs- und Rückübernahmeaktionen noch verkompliziert. Die Asyl- und Rückführungsverfahren sollten trotz der weltweit bestehenden Reisebeschränkungen fortgeführt werden, wobei die zum Schutz der Gesundheit der Rückkehrer und der Aufnahmegemeinschaften erforderlichen Maßnahmen eingehalten werden müssen. Auch die Neuansiedlungsmaßnahmen wurden durch die COVID-19-Reisebeschränkungen beeinträchtigt, sie wurden jedoch weitgehend wieder aufgenommen.

2.1. Herausforderungen in Bezug auf Rückführungsverfahren innerhalb der Union

In Bezug auf die Rückführung unterscheiden sich die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat in erheblichem Maße, wobei in jedem nationalen System Lücken und bewährte Verfahren zu verzeichnen sind. Um bestandsfähige, zügige und berechenbare Rückführungsverfahren zu gestalten und um die Rechte von Migranten im Einklang mit dem Unionsrecht und der Grundrechtecharta zu schützen und zu fördern, müssen in einem ersten Schritt die bestehenden Lücken ermittelt und geschlossen und bewährte Verfahren gefördert werden.

Die erheblichen Lücken zwischen den Asyl- und Rückführungsverfahren, die Länge der Verfahren, einschließlich bei Rechtsbehelfen, die Schwierigkeit der Fluchtverhinderung, unzureichende Ressourcen, Infrastrukturen und begrenzte Verwaltungskapazitäten für die Weiterverfolgung von Rückkehrentscheidungen, auch bezüglich Rückübernahmeersuchen an Drittstaaten, sind einige der wichtigsten Hindernisse für eine wirksame Rückkehrpolitik.

Das beste Mittel, um für eine effizientere Rückführung zu sorgen und nachhaltigere Lösungen zu fördern, besteht darin, mehr Migranten ohne Aufenthaltsrecht in der EU dazu zu bewegen, freiwillig zurückzukehren. Eine freiwillige Rückkehr gekoppelt mit wirksamen Wiedereingliederungsstrategien erhöhen die Erfolgsquoten der Rückführungsmaßnahmen.

Aus bei Schengen-Evaluierungen 8 gesammelten Informationen und aus Daten anderer Quellen wie dem Europäischen Migrationsnetzwerk 9 ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten zwar in der Regel eine freiwillige Rückkehr bevorzugen, es aber weiterhin kaum gelingt, die ausreisewilligen irregulären Migranten ausreichend zu unterstützen. Problematische Elemente sind dabei die engen Anwendungsbereiche der bestehenden Programme (die sich z. B. auf abgelehnte Asylbewerber beschränken), die begrenzte Rückkehrberatung und die sehr unterschiedlich bemessene Unterstützung für rückzuführende Personen.

Ein anderes wichtiges Erfordernis besteht darin, schutzbedürftigen Menschen, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und Opfern von Menschenhandel, sowohl innerhalb der EU als auch in Partnerländern besondere auf ihren Fall zugeschnittene Unterstützung bereitzustellen und sie entsprechend zu schützen. Die Maßnahmen, die die EU zum Schutz der Opfer von Menschenhandel und zur Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung eingeführt hat, müssen während des gesamten Rückkehrverfahrens gewährleistet sein, und sie müssen auf die Bedürfnisse und besonderen Umstände der Migranten abgestimmt und geeignet sein, ihre Lage nachhaltig zu verbessern. Insbesondere für Kinder sind konkrete Schutzmaßnahmen vorzusehen, die sicherstellen, dass ihre Rechte gewahrt bleiben.

Gleichzeitig müssen praktische Lösungen gefunden werden, die verhindern, dass Menschen ohne Aufenthaltsrecht untertauchen. Wenn dafür gesorgt wird, dass einerseits mehr wirksame Haftalternativen existieren und in Anspruch genommen werden und andererseits gut ausgestattete spezialisierte Hafteinrichtungen für den Fall der Inhaftierung zur Verfügung stehen, kann dies die Wirksamkeit der Verfahren zur nichtfreiwilligen Rückführung erhöhen. In allen Fällen müssen die EU, ihre Agenturen und alle Mitgliedstaaten die besonderen Umstände der betroffenen Personen berücksichtigen und ihre Grundrechte uneingeschränkt wahren. Bei Kindern ist es unerlässlich, dass Alternativen zur Inhaftnahme existieren und konsequent genutzt werden. Damit Rückführungsmaßnahmen gelingen, müssen die Aufgaben aller Akteure, einschließlich der EU-Agenturen und der internationalen Organisationen, aufeinander abgestimmt sein und angemessene Ressourcen für alle Phasen des Verfahrens, auch für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Rückübernahme, vorgesehen werden. Frontex wird unabhängige Grundrechtebeobachter einstellen, die das Beobachterteam der zuständigen nationalen Stellen verstärken sollen, sodass die EU besser in der Lage ist, die Wahrung der Grundrechte bei allen von der Agentur durchgeführten Rückführungsaktionen zu überwachen. 

Derzeit klafft die Schere zwischen der Zahl der Rückkehranordnungen und der Zahl der Rückübernahmeersuchen an Drittstaaten erheblich auseinander, da Mitgliedstaaten häufig kein Rückübernahmeverfahren einleiten, wenn sie nicht sicher sind, dass das Partnerland bei der Identitätsfeststellung und Ausstellung neuer Papiere kooperieren wird. Sobald sich die Zusammenarbeit mit Drittstaaten verbessert, sollten Mitgliedstaaten nach Erlass einer Rückkehranordnung unverzüglich ein Rückübernahmeersuchen stellen, um die Möglichkeiten des verbesserten Kooperationsrahmens umfassend zu nutzen.

Unabhängige, wirksame Überwachungssysteme können dazu beitragen, dass der Schutz der rückzuführenden Personen und die Wahrung ihrer Grundrechte und Würde bei Rückführungsaktionen gewährleistet bleibt.

2.2. Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit Partnerländern bei der Rückübernahme

Wirksame Rückübernahmeverfahren setzen voraus, dass die Partnerländer die irregulären Migranten rückübernehmen können und wollen. Für die Mitgliedstaaten können sich in verschiedenen Phasen des Verfahrens Hindernisse ergeben, beispielsweise wenn sie bei dem betreffenden Drittstaat ein Rückübernahmeersuchen stellen oder um die Identitätsfeststellung und Ausstellung neuer Ausweispapiere ersuchen. Bei Rückübernahmeverfahren spielt eine entscheidende Rolle, wie gut, rasch und wirksam das jeweilige Partnerland kooperiert, wenn es um die Identitätsfeststellung (Art der zulässigen Nachweise, Möglichkeit, Befragungen und Maßnahmen zur Identitätsfeststellung zu organisieren, deren Ergebnisse etc.) und die Ausstellung von Reisedokumenten ersucht wird. Genauso wichtig ist, dass diese Schritte umgehend eingeleitet werden, da Verzögerungen bei den Verfahren hohe Kosten für die Mitgliedstaaten verursachen und häufig dazu führen, dass die betreffenden Migranten flüchten und somit nicht rückgeführt werden können.

Die Weigerung bestimmter Länder, Personen aufzunehmen, die gegen ihren Willen zurückgeführt werden, stellt ebenfalls ein Problem dar. Werden Charterflüge nicht zugelassen, insbesondere wenn eine große Zahl von Migranten rückgeführt werden soll, oder müssen für die Rückführungsmaßnahme zusätzliche Bedingungen erfüllt werden, gefährdet oder verzögert dies das Rückführungsverfahren zusätzlich.

Für jeden Mitgliedstaat können diese Hindernisse unterschiedlich und mehr oder weniger stark ausgeprägt sein, je nachdem, welcher Kooperationsrahmen besteht und ob das jeweilige Partnerland bestimmte Vorgehensweisen für alle Mitgliedstaaten gleich anwendet.

3.Verbesserung der Wirksamkeit von Rückführungen, Rückübernahmen und dauerhafter Wiedereingliederung

3.1. Ein gemeinsames EU-Rückkehrsystem

Ein gemeinsames EU-Rückkehrsystem muss in erster Linie auf klaren Regeln und Verfahren beruhen, die einerseits wirksam sind und andererseits die Wahrung der Grundrechte gewährleisten. Es muss sich auf eine solide Rechtsgrundlage mit fairen und wirksamen Verfahren stützen, die eng mit den Asylverfahren verknüpft sind und auch an den Außengrenzen der EU greifen. Die vorgeschlagene Neufassung der Rückführungsrichtlinie ist der Eckpfeiler des neuen gemeinsamen EU-Rückkehrsystems. Die Richtlinie würde dazu beitragen, die Verfahren zu verkürzen, und in Verbindung mit dem Vorschlag zur Änderung der Asylverfahrensverordnung für eine bessere Abstimmung der Asyl- und Rückkehrvorschriften sorgen. Dadurch würden die freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung besser unterstützt, die Fluchtgefahr und unerlaubte Migrationsbewegungen verringert und die Verwaltung der Verfahren dank spezieller IT-Systeme modernisiert. Um diese Verbesserungen zu verwirklichen, ist es unabdingbar, dass das Europäische Parlament und der Rat rasch handeln, Triloggespräche in die Wege leiten und eine Einigung über diesen Vorschlag erzielen. Die Kommission wird ihre enge Zusammenarbeit mit den Organen im Hinblick darauf aufrechterhalten.

Der neue Vorschriftenrahmen soll die vorgeschlagene Rückkehrpatenschaft (eine neue Art und Weise, unter Migrationsdruck stehende Mitgliedstaaten bei Rückführungen mittels eines Solidaritätsbeitrags zu unterstützen) berücksichtigen und ihre Durchführung begünstigen. Zudem sieht er ein neues Asyl- und Rückkehrverfahren an der Grenze vor, dessen zügige und wirksame Abläufe irregulärer Migration und unerlaubten Migrationsbewegungen vorbeugen, was letztlich allen Mitgliedstaaten solidarisch zugutekommt.

Jeder solide Rechtsrahmen steht und fällt jedoch mit der Qualität seiner Anwendung. Wenn die Rückführungsmaßnahmen größere Wirkung zeigen sollen, müssen die gemeinsamen Rückführungsvorschriften wirksam und systematisch angewandt und überwacht werden. In dieser Hinsicht kann das EU-Rückkehrsystem bereits vom Schengen-Evaluierungsmechanismus profitieren, da im Rahmen des Mechanismus Mängel ermittelt und behoben, bewährte Verfahren ausgetauscht, gegenseitiges Vertrauen gefördert und die Rechte von Einzelpersonen während aller Phasen des Rückführungsprozesses besser geschützt werden. Eine Weiterentwicklung des Schengen-Evaluierungsmechanismus könnte dazu beitragen, dass das EU-Rückkehrsystem sein volles Potenzial entfalten kann.

Ein wirksames gemeinsames EU-Rückkehrsystem setzt zudem eine sehr enge Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, EU-Organen und -Agenturen voraus, damit auf allen Ebenen Kohärenz gewährleistet ist. Es ist deshalb notwendig, einen stabilen Steuerungsrahmen für den Bereich der Rückkehr zu entwickeln und die praktische und operative Unterstützung auszubauen, die Frontex sowohl bei internen Aspekten der Rückkehrpolitik als auch bei ihrer externen Dimension leistet.

Im Migrations- und Asylpaket wurde die Ernennung eines Rückkehrkoordinators angekündigt, der durch ein hochrangiges Netz unterstützt wird und eng mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) zusammenarbeitet. Der Rückkehrkoordinator führt in den Bereichen Rückkehr- und Rückübernahme tätige Akteure aus den EU-Mitgliedstaaten zusammen und setzt sich dafür ein, dass diese auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Auf diese Weise erleichtert er die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und trägt dazu bei, dass die Rückkehrpatenschaften größtmögliche Wirkung entfalten. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit zwischen ihnen setzt aber auch voraus, dass die Agentur Frontex im Bereich der Rückführung ihre Aufgabe vollständig erfüllt und die nationalen Behörden operativ unterstützt, indem sie bei der Identitätsfeststellung der rückzuführenden Personen, der Beschaffung von Reisedokumenten, der Organisation von Rückführungsmaßnahmen und der Begleitung der freiwilligen Ausreise und Wiedereingliederung behilflich ist. Der Aufbau der ständigen Reserve von Frontex ist im Januar 2021 angelaufen und wird die Agentur, sobald die betreffende Abteilung unter der Führung eines in Kürze zu ernennenden stellvertretenden Exekutivdirektors eingerichtet ist, in die Lage versetzen, ihr ausgeweitetes Mandat im Bereich Rückkehr und Rückführung zu erfüllen.

Der Steuerungsrahmen für den Bereich der Rückkehr und die Wirksamkeit dieses Politikbereichs insgesamt würden außerdem davon profitieren, wenn die Kommission die jährliche Bewertung der Kooperation bei der Rückübernahme dazu nutzen würde, zu prüfen, welche Maßnahmen in anderen einschlägigen Politikbereichen als Visa zur Verbesserung der Kooperation bei der Rückübernahme beitragen können. 10 Auf diese Weise würde die Vorarbeit genutzt, die der Rat im Hinblick auf die Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus geleistet hat, in dessen Rahmen Mitgliedstaaten melden können, dass zur Verbesserung der Kooperation von Drittstaaten bei der Rückübernahme weitere Maßnahmen auf EU- oder nationaler Ebene erforderlich sind.

Für ein wirksames Rückkehrsystem, für die tatsächliche Umsetzung der Rückkehrpatenschaften und für das Grenzverfahren spielt nicht nur der Steuerungsrahmen eine wichtige Rolle, sondern es wird auch darauf ankommen, dass die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Rückübernahme auf der Grundlage der Bewertung des Umfangs ihrer Kooperation im Rahmen umfassenderer Migrationspartnerschaften ausgebaut wird.

Schließlich sollte die Bewertung im Sinne eines gemeinsamen EU-Rückkehrsystems dazu genutzt werden, sicherzustellen, dass die Drittstaaten bei der Rückübernahme nicht nur mit einigen Mitgliedstaaten, sondern mit allen Mitgliedstaaten kooperieren, damit alle Mitgliedstaaten Rückführungen durchführen können.

3.2. Stärkung der Zusammenarbeit mit Partnerländern bei der Rückkehr, Rückübernahme und dauerhaften Wiedereingliederung

Im Einklang mit dem Migrations- und Asylpaket sind der Dialog und die Kooperation bei der Rückkehr, Rückübernahme und dauerhaften Wiedereingliederung weiterhin als Bestandteile umfassender, maßgeschneiderter, ausgewogener und für beide Seiten vorteilhafter Migrationspartnerschaften zu sehen.

Ungeachtet spezifischer Instrumente zur Ausgestaltung der Kooperation bei der Rückübernahme ist jeder Staat nach dem Völkergewohnheitsrecht und nach multilateralen internationalen Übereinkommen wie dem Abkommen von Chicago über die internationale Zivilluftfahrt 11 verpflichtet, seine eigenen Staatsangehörigen zu übernehmen. In Bezug auf die Kooperation bei der Rückübernahme sollten unbedingt Fortschritte erzielt werden; hierfür können verschiedene Instrumente genutzt werden.

Spezifische Abkommen erleichtern jedoch die Rückübernahme und schaffen sowohl für die EU als auch für den Drittstaat klarere Verfahren. Bisher hat die EU 18 Rückübernahmeabkommen 12 und sechs Rückübernahmevereinbarungen 13 geschlossen. Verhandlungen über Rückübernahmeabkommen mit Nigeria, Tunesien, Marokko und China sind im Gange. Rückübernahmebestimmungen sind zudem in größeren Übereinkommen der EU mit bestimmten Drittstaaten oder Regionen 14 enthalten, wie im Folgeabkommen zum Cotonou-Abkommen zwischen der EU und 79 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP-Staaten) 15 , für das die Verhandlungen vor Kurzem abgeschlossen wurden. Ferner existieren bilaterale Rückübernahmeinstrumente zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten.

Wenn ihre Umsetzung mittels spezieller Steuerungsstrukturen genau überwacht wird, ermöglichen solche Instrumente stets eine bessere, strukturiertere und berechenbarere Zusammenarbeit. Im Falle der bereits bestehenden Abkommen oder Vereinbarungen wird die Zusammenarbeit mit Drittstaaten innerhalb der speziellen Rahmen (Gemischte Rückübernahmeausschüsse 16 oder Gemeinsame Arbeitsgruppen 17 ) fortgeführt, damit gewährleistet ist, dass die Instrumente für Zusammenarbeit konkrete Ergebnisse liefern. Vor diesem Hintergrund sollte ausgehend von der faktengestützten Bewertung der Kommission mit den Mitgliedstaaten erörtert werden, mit welchen Ländern neue Rückübernahmeabkommen oder -vereinbarungen geschlossen werden sollten.

Der Bereich der Rückführung, Rückübernahme und Wiedereingliederung stellt für die EU und ihre Partner eine gemeinsame Herausforderung dar. Die Unterstützung, die die EU und ihre Mitgliedstaaten bisher zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und dauerhaften Wiedereingliederung bereitgestellt haben, hat für die EU und ihre Partnerländer sowie für die Wirksamkeit des Rückkehrprozesses eindeutige Vorteile erbracht. Da die Unterstützung der EU auf die Bedürfnisse jeder rückzuführenden Person, der Gemeinschaft, in die sie zurückkehrt, und der betreffenden Einrichtungen und Systeme der Partnerländer abgestimmt ist, hat sie zur Entwicklung vor Ort beigetragen. Zur Förderung einer dauerhaften Wiedereingliederung wären weitere Maßnahmen sinnvoll, die darauf abzielen, die Verknüpfung mit bereits bestehenden lokalen Entwicklungsinitiativen und nationalen Strategien zu verbessern, die Kapazitäten der Drittstaaten im Bereich der Rückführung und Wiedereingliederung sowie deren Eigenverantwortung auszubauen und die Zusammenarbeit innerhalb der EU zu intensivieren.

4.Erste jährliche Bewertung der Kooperation mit Partnern bei der Rückübernahme

4.1. Anforderungen

Die Bewertung des Umfangs der Kooperation der Drittstaaten bei der Rückübernahme nach Artikel 25a des Visakodexes stellt für die Union ein nützliches Instrument dar, denn sie ermöglicht die fortlaufende Beurteilung der Zusammenarbeit mit Partnerländern, für die eine Visumpflicht besteht, sowie die Ermittlung von bewährten Verfahren und von Schwachstellen, die besondere Aufmerksamkeit erfordern.

Im Visakodex sind auch die nachfolgenden Schritte festgelegt, und je nach dem festgestellten Umfang der Kooperation können Maßnahmen im Bereich der Visumpolitik erlassen werden, um entsprechende Anreize zu schaffen. In Bezug auf Drittstaaten, deren Kooperation mit den meisten betroffenen Mitgliedstaaten verbesserungsbedürftig ist, prüft die Kommission nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten und in Anbetracht der allgemeinen Beziehungen der Union zu dem betreffenden Drittstaat, ob die Anwendung von Visamaßnahmen angezeigt und wirksam sein könnte. Etwaige Probleme bezüglich des Umfangs der Kooperation werden auch im Rahmen der umfassenden Migrationsdialoge der Union mit den betreffenden Ländern erörtert.

Sollte die Kommission auf der Grundlage dieser Bewertung und nach Erörterung mit dem Rat unter Berücksichtigung der Schritte, die sie zur Verbesserung des Umfangs der Kooperation des betreffenden Drittstaats bei der Rückübernahme unternommen hat, und in Anbetracht der allgemeinen Beziehungen der Union zu jenem Drittstaat zur Auffassung gelangen, dass ein Partner nicht ausreichend kooperiert, unterbreitet sie dem Rat einen Vorschlag zur Annahme eines Durchführungsbeschlusses, mit dem bestimmte Beschränkungen für die Bearbeitung von Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (in Bezug auf die Höhe der Visumgebühr oder das Visumverfahren) auferlegt werden. 18 Parallel dazu führt die Kommission ihre Bemühungen um eine Verbesserung der Kooperation mit dem betreffenden Drittstaat bei der Rückübernahme fort. Wenn der Drittstaat bei der Rückübernahme in ausreichendem Maße kooperiert, kann die Kommission dem Rat einen Vorschlag zur Annahme verschiedener das Visumverfahren erleichternder Maßnahmen unterbreiten (vorübergehende Erleichterungen wie eine Senkung der Visumgebühr, verkürzte Bearbeitungszeiten oder eine längere Gültigkeitsdauer der Visa für die mehrfache Einreise). 19

4.2.Methodik

Die Kooperation von Drittstaaten bei der Rückübernahme wird anhand verschiedener Indikatoren bewertet, die die jeweilige Praxis in allen Phasen des Rückübernahmeverfahrens abdecken – von der Identitätsfeststellung bei irregulären Migranten bis hin zur Ausstellung von Reisedokumenten und der vollzogenen Rückkehr.

Nachdem der geografische Anwendungsbereich und das Datenerhebungsverfahren 20 im Einvernehmen mit dem Rat festgelegt worden war, wurden diejenigen Drittstaaten bewertet, deren Staatsangehörige einer Visumpflicht für Kurzaufenthalte unterliegen und für welche 2018 mehr als 1000 Rückkehrentscheidungen erlassen wurden 21 . Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dieser ersten Bewertung kann die Kommission nach Erörterung mit den Mitgliedstaaten im Hinblick auf künftige Bewertungen gegebenenfalls entscheiden, die bestehenden Auswahlkriterien näher zu spezifizieren oder abzuändern.

Die bei den Mitgliedstaaten erhobenen Daten und qualitativen Informationen beziehen sich auf die in Artikel 25a Absatz 2 des Visakodexes 22 festgelegten Indikatoren und schließen auch ihre praktischen Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit Drittstaaten ein, insbesondere bezüglich der Bearbeitungsdauer bei Identitätsfeststellungen und bei der Ausstellung neuer Ausweispapiere sowie bezüglich der Anerkennung der europäischen Reisedokumente und der Zustimmung zu Rückführungsaktionen, einschließlich Charterflügen. Bei der Bewertung wird auch berücksichtigt, in welchem Umfang die EU mit jedem Land bislang zusammengearbeitet hat und welche Schritte zur Verbesserung der Kooperation bei der Rückübernahme unternommen wurden.

Diese von den Mitgliedstaaten übermittelten umfassenden Daten und Informationen ermöglichen eine systematische und eingehende Analyse, stellen sicher, dass keine sofortigen und manchmal unrichtigen Schlussfolgerungen auf der Grundlage eines einzigen Indikators, wie der Rückkehrquote, gezogen werden und liefern ein umfassendes Lagebild der Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit dem Umfang der Kooperation bei der Rückübernahme. Bei der Bewertung dieser Daten werden auch wertvolle Detailinformationen zu speziellen Problemen der Kooperation bei der Rückübernahme gesammelt, beispielsweise bezüglich Hindernissen bei der Identitätsfeststellung, Verzögerungen bei der Ausstellung von Reisedokumenten, der Nichteinhaltung festgelegter Fristen und der Ablehnung von Charterflügen.

Schließlich werden im Bewertungsprozess auch andere einschlägige Kriterien wie die Zahl der irregulären Einreisen berücksichtigt, sodass der Umfang der Kooperation im Gesamtzusammenhang der vergangenen und gegenwärtigen Migrationsströme beurteilt werden kann.

4.3. Wichtigste Ergebnisse

Obwohl sich die Situationen in den Partnerländern erheblich unterscheiden, zeigt die Bewertung, dass die Kooperation bei fast einem Drittel der in der Bewertung 2020 untersuchten Länder für die meisten Mitgliedstaaten gut funktioniert, dass der Umfang der Kooperation bei einem weiteren knappen Drittel durchschnittlich ist, wobei einige Mitgliedstaaten Verbesserungsbedarf sehen, und dass der Umfang der Kooperation bei über einem Drittel für die meisten betreffenden Mitgliedstaaten verbessert werden muss.

Die Daten und Informationen der Mitgliedstaaten bestätigen, dass sämtliche Rückübernahmeabkommen der Union die Kooperation bei der Rückübernahme vereinfachen und daher einen erheblichen Mehrwert schaffen. Dasselbe gilt für vier der sechs Rückübernahmevereinbarungen. In Bezug auf bilaterale Rückübernahmeinstrumente der Mitgliedstaaten, die die Kooperation auf ähnliche Weise strukturieren, ist festzustellen, dass die Drittstaaten diese größtenteils einhalten, dass der Umfang der Kooperation jedoch von Instrument zu Instrument unterschiedlich ist und dass Mitgliedstaaten ohne ein solches Instrument nur selten in diese Kooperation einbezogen werden. Dadurch kann sich für die EU als Ganze ein insgesamt geringerer Umfang der Kooperation ergeben. Schließlich gibt es eine Reihe von Drittstaaten, mit denen kaum ein Mitgliedstaat ein Kooperationsinstrument geschlossen hat.

Die Bewertung zeigt, dass Instrumente, die die Kooperation strukturieren, die Wirksamkeit dieser Kooperation erhöhen können und dass es wichtig ist, zu prüfen, welche Art von Instrument für die jeweilige Situation am vorteilhaftesten ist.

Die Identitätsfeststellung von irregulären Migranten und die Ausstellung von Reisedokumenten wurden bei der Bewertung als die wichtigsten Problempunkte ermittelt. Wenn diese beiden Hürden überwunden werden, verlaufen die Organisation der Flüge und die effektive Rückführung für gewöhnlich ohne weitere Probleme. Die Effizienz des gesamten Verfahrens ließe sich allerdings steigern, indem Charterflüge zugelassen und die Einzelheiten der Rückkehraktionen flexibler und zügiger vereinbart werden, insbesondere wenn eine große Zahl von Migranten rückgeführt werden soll.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass elektronische Plattformen für die Bearbeitung von Rückübernahmeersuchen (Rückübernahmemanagementsysteme, RCMS) sowie Verbindungsbeamte für Migration oder Verbindungsbeamte für Rückkehrfragen, die die Verfahren vor Ort vereinfachen, eine erfolgreiche und zügige Kooperation begünstigen. Werden bei einem aktiven Abkommen oder einer aktiven Vereinbarung RCMS eingesetzt, so verbessert sich dadurch die bestehende Kooperation bei der Rückübernahme.

5.Nächste Schritte

Im Zuge der Umsetzung des im Migrations- und Asylpaket vorgesehenen umfassenden Migrationskonzepts werden sich die Kommission, der Hohe Vertreter und die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Zuständigkeiten für eine verbesserte Kooperation bei der Rückführung und Rückübernahme einsetzen, indem sie ein gemeinsames EU-Rückkehrsystem entwickeln und im Rahmen ihrer allgemeinen Beziehungen zu diesen Ländern engere, umfassende Migrationspartnerschaften mit Drittstaaten aufbauen. Diese Bemühungen erstrecken sich auf mehrere sich gegenseitig unterstützende Bereiche:

Im Einklang mit dem im neuen Migrations- und Asylpaket vorgeschlagenen umfassenden Konzept und um die eng miteinander verflochtenen internen und externen Aspekte des Rückkehrprozesses anzugehen,

·wird die Kommission ein besser funktionierendes gemeinsames EU-Rückkehrsystem aufbauen. Ein gemeinsames EU-Rückkehrsystem, das ein nachhaltiges Migrations- und Asylmanagement ermöglicht, erfordert eine entsprechende Grundlage, weshalb unbedingt eine Einigung über die Vorschläge zur Neufassung der Rückführungsrichtlinie und zur Änderung der Asylverfahrensverordnung erzielt werden sollte. Die Kommission ist bereit, das Europäische Parlament und den Rat hierbei und insbesondere bei der Einleitung der Triloggespräche und einer zügigen Einigung über die Neufassung der Rückführungsrichtlinie zu unterstützen. Mit dem verbesserten Rechtsrahmen, dem zu ernennenden Rückkehrkoordinator sowie dem hochrangigen Netz für Rückkehrfragen und mithilfe der operativen Unterstützung durch Frontex wird die Union beim Abbau der Hindernisse, mit denen sich die Mitgliedstaaten bei ihren Rückführungsverfahren konfrontiert sehen, bedeutende Fortschritte erzielen können. Im Hinblick auf die Verbesserung der Kooperation mit Partnerländern bei der Rückübernahme und die Verstärkung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten in Rückkehrfragen wird dies unterstützend wirken.

·wird die Kommission die Anwendung der Vorschriften im Bereich der Rückkehr unter anderem anhand des Schengen-Evaluierungsmechanismus systematisch überwachen und gegebenenfalls Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Dies betrifft sowohl die Durchführung von Rückführungsverfahren, beispielsweise den Erlass von Rückkehrentscheidungen und ihre wirksame Durchsetzung, als auch die Achtung der Rechte von Migranten, insbesondere von Kindern und schutzbedürftigen Menschen, in allen Phasen des Rückkehrprozesses. Finanzmittel, die über den neu eingerichteten Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds bereitgestellt werden, können auch dazu verwendet werden, bestehende Mängel in allen Mitgliedstaaten zu beheben.

·wird die Kommission eine Strategie für die freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung annehmen, die dazu beitragen soll, in Bezug auf die freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung einen gemeinsamen Rahmen zu entwickeln, wobei in allen EU-Mitgliedstaaten ein kohärentes System für die freiwillige Rückkehr geschaffen und auch die freiwillige Rückkehr von Migranten aus Partnerländern in ihre Herkunftsländer unterstützt wird. Außerdem wird sie dafür sorgen, dass die Union die dauerhafte Wiedereingliederung von Rückkehrern künftig besser unterstützen kann, und dafür die im aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen für die Finanzierung der Zusammenarbeit der EU mit Partnerländern im Bereich der Migration vorgesehenen Finanzierungsinstrumente im Einklang mit der Programmierung dieser Mittel nutzen.

Gemäß dem in Artikel 25a des Visakodexes festgelegten Verfahren zieht die Bewertung des Umfangs der Kooperation von Drittstaaten bei der Rückübernahme eine Reihe von Schritten nach sich. Daraus ergibt sich für die kommenden Monate der folgende Ablaufplan:

·Die Kommission wird die Ergebnisse des Bewertungsberichts mit dem Rat erörtern, mit dem Ziel, in Schlussfolgerungen darzulegen, wie die Kooperation bei der Rückübernahme gegebenenfalls intensiviert werden kann. Diese Erörterungen könnten auch zu Erkenntnissen darüber führen, wie im Rahmen des im Migrations- und Asylpaket vorgesehenen Konzepts der umfassenden Partnerschaften mit Drittstaaten die Zusammenarbeit im Bereich der Migration allgemein gestärkt werden kann.

·Entsprechend den Ergebnissen der Bewertung der Kooperation bei der Rückübernahme werden die Kommission, der Hohe Vertreter und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten proaktiv an Partnerländer herantreten und mit ihnen an den Bereichen arbeiten, in denen gemäß dem Bericht Verbesserungsbedarf besteht. Dafür werden sie die regelmäßigen Kontakte, die sie in allgemeinen Migrationsfragen mit den Partnerländern auf politischer und/oder fachlicher Ebene unterhalten, nutzen und auf den bestehenden Kooperations- und Dialograhmen aufbauen, oder aber gegebenenfalls neue Migrationsdialoge einrichten, und sie werden gleichzeitig sicherstellen, dass Migrationsfragen bei politischen Dialogen mehr im Vordergrund stehen.

·Im Rahmen dieser Arbeit wird sich die Kommission bemühen, die Umsetzung der bestehenden Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen der EU zu verbessern, laufende Rückübernahmeverhandlungen zum Abschluss zu bringen sowie gegebenenfalls neue Verhandlungen einzuleiten und praktische Kooperationsmöglichkeiten einzuführen, um die Zahl der effektiven Rückführungen zu erhöhen.

·Anschließend besteht für die Kommission die Möglichkeit, dem Rat im Einklang mit dem Visakodex einen Vorschlag für restriktivere oder günstigere Visamaßnahmen zu unterbreiten, wobei sie in enger Abstimmung mit dem Hohen Vertreter stets auch die allgemeinen Beziehungen der Union zu den betreffenden Ländern berücksichtigen wird. Die Kommission wird dabei prüfen, ob Verbindungen zu anderen einschlägigen Politikbereichen, Maßnahmen und Instrumenten bestehen.

·Die Kommission, der Rat und die Mitgliedstaaten werden entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten einen vollständig koordinierten Ansatz entwickeln, um geschlossen handeln und gegenüber Drittstaaten eine einheitliche Haltung vertreten zu können. Dazu muss aufbauend auf der bereits begonnenen Arbeit ermittelt werden, wie die von der Union und den Mitgliedstaaten gepflegten Kommunikations- und Einbeziehungsmaßnahmen in einer verbesserten Form zusammengeführt werden können. Eine entsprechende Koordinierung dürfte unter anderem den Folgemaßnahmen zugutekommen, die im Anschluss an den Bericht über die Bewertung der Kooperation bei der Rückübernahme zu ergreifen sind, und es erleichtern, maßgeschneiderte Partnerschaften zu schaffen, die die richtigen politischen Instrumente umfassen und die Zuständigkeiten der einzelnen Akteure berücksichtigen. Auch in den Partnerländern sollte die EU-Koordinierung verbessert werden, indem die Delegationen der EU mit den Botschaften der Mitgliedstaaten vor Ort zusammengeführt werden.

Bei der Umsetzung der oben beschriebenen Maßnahmen im Bereich der Rückübernahme wird die Union weiterhin das im neuen Migrations- und Asylpaket vorgesehene umfassende und auf Partnerschaften beruhende Gesamtkonzept für die externe Dimension der Migration anwenden:

·Die Kommission wird einen neuen Aktionsplan gegen die Schleusung von Migranten für den Zeitraum 2021–2025 vorschlagen, der zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittstaaten führen soll. Die Bekämpfung der Schleusung von Migranten ist eine gemeinsame Herausforderung für die EU und ihre Partner, die gemeinsam angegangen werden muss.

·Die Kommission wird sich auch um eine kohärentere, strategischere und flexiblere Verwendung von EU-Mitteln bemühen.  Die im neuen mehrjährigen Finanzrahmen vorgesehenen EU-Mittel, darunter Mittel des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), des Instruments für Grenzmanagement und Visa (BMVI), des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI), mit einem Ausgabenziel von 10 % für migrationsbezogene Maßnahmen, sowie des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) werden kohärent, strategisch und flexibel eingesetzt, um zu gewährleisten, dass sie zur Durchführung der Prioritäten der EU im Bereich der Migration beitragen und unter anderem die Kooperation bei der Rückübernahme, freiwilligen Rückkehr und dauerhaften Wiedereingliederung erleichtern. Die Union wird die Synergien zwischen den im neuen mehrjährigen Finanzrahmen veranschlagten internen und externen Mitteln aufrechterhalten und verbessern sowie als „Team Europa“ auf Komplementarität zwischen den EU-Finanzierungen und den Finanzierungen der Mitgliedstaaten achten müssen.

·Die Kooperation bei der Rückübernahme wird auch künftig ein Teil der umfassenderen Partnerschaften bleiben, die alle im Migrations- und Asylpaket dargelegten Bereiche der Zusammenarbeit mit Partnerländern abdecken sollen. Sie betreffen beispielsweise auch den Schutz von Menschen in Not und die Unterstützung der Aufnahmeländer, die Schaffung wirtschaftlicher Möglichkeiten und die Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration, den Ausbau von Migrationssteuerung und -management sowie die Förderung legaler Migration und Mobilität unter voller Wahrung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten. Im Hinblick auf diese letzte Maßnahme wird die Kommission anlässlich einer hochrangigen Konferenz, die Mitgliedstaaten und Akteure aus Wirtschaft, Bildung und anderen Sektoren zusammenführt, Fachkräftepartnerschaften initiieren, um legale Migration und Mobilität zu fördern. Mit dieser Initiative wird sowohl ein umfassender Unionsrahmen geschaffen als auch finanzielle Unterstützung für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten zur Verfügung gestellt, damit der Bedarf an Arbeitskräften und Kompetenzen in der EU besser gedeckt werden kann. Die Initiative wird eines der Instrumente der EU sein, die eine strategische Einbeziehung der Partnerländer in Migrationsfragen ermöglichen. Parallel dazu wird die Kommission im Jahr 2021 eine Reihe von Vorschlägen zur Anwerbung qualifizierter und talentierter Arbeitskräfte (skills and talent) vorlegen, um die Mitgliedstaaten bezüglich ihrer Nachfrage nach Wanderarbeitskräften noch besser zu unterstützen.

(1)

COM(2020) 609 final.

(2)

 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Oktober 2018 (EUCO 13/18): https://www.consilium.europa.eu/media/36776/18-euco-final-conclusions-de.pdf .

(3)

Verordnung (EG) Nr. 810/2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex), geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1155 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 (ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 25).

(4)

Siehe Artikel 7 der vorgeschlagenen Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement (COM(2020) 610 final). Nach der vorgeschlagenen Verordnung ist die Kooperation von Drittstaaten bei der Rückführung und Rückübernahme auf der Grundlage des Berichts nach Artikel 25a und anderer verfügbarer Informationen zu bewerten. Deshalb sollten die Bestimmungen des vorgeschlagenen Artikels 7 sowohl für Länder, für die eine Visumpflicht besteht, als auch für Länder ohne dieses Erfordernis gelten.

(5)

Die Anzahl irregulärer Einreisen in die EU ist seit dem Jahr 2015 von über 1,8 Millionen auf über 110 000 (Januar-November 2020) zurückgegangen.

(6)

Die Anerkennungsquote entspricht dem Anteil der positiven Entscheidungen in erster Instanz, mit denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt oder der subsidiäre Schutzstatus gewährt wird, an der Gesamtzahl der Asylentscheidungen in erster Instanz. Von 541 085 Entscheidungen, die im Jahr 2019 ergingen, wurde in 160 965 Fällen einem Drittstaatsangehörigen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt.

(7)

Von 491 195 illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, für die 2019 eine Rückkehranordnung erging, wurden 142 320 tatsächlich in ein Drittland zurückgeführt.

(8)

COM(2020) 779 final.

(9)

Das Europäische Migrationsnetzwerk ist ein unionsweites Netzwerk von Migrations- und Asylsachverständigen, die zusammenarbeiten, um objektive und vergleichbare Informationen für die Politikgestaltung bereitzustellen. Es wurde mit der Entscheidung des Rates 2008/381/EG eingerichtet.

(10)

Siehe Artikel 7 der vorgeschlagenen Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement (COM(2020) 610 final).

(11)

  Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (ICAO), Doc 7300/9 .

(12)

Hongkong, Macao, Sri Lanka, Albanien, Russland, Ukraine, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien, Moldau, Pakistan, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Türkei, Cabo Verde, Belarus.

(13)

Afghanistan, Gambia, Guinea, Bangladesch, Äthiopien und Côte d’Ivoire.

(14)

Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit, die ein Kapitel zu Migration mit speziellen Rückübernahmebestimmungen enthalten: Kanada; Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama; Kuba; Tadschikistan; Usbekistan; Irak; Vietnam; Indonesien; Neuseeland; Kasachstan; Malaysia.

(15)

Artikel 13 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens.

(16)

Hongkong, Macao, Sri Lanka, Albanien, Russland, Ukraine, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien, Moldau, Pakistan, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Türkei, Cabo Verde, Belarus.

(17)

Afghanistan, Gambia, Guinea, Bangladesch, Äthiopien und Côte d’Ivoire.

(18)

Artikel 25a Absatz 5.

(19)

Artikel 25a Absatz 8.

(20)

Anhand der umfassenden in den Rechtsvorschriften festgelegten Indikatoren wurden Daten sowie Antworten auf einen Fragebogen bei 27 Mitgliedstaaten und 4 assoziierten Schengen-Ländern für 2019 von Frontex erhoben.

(21)

Eurostat-Daten vom August 2019.

(22)

In Artikel 25a Absatz 2 des Visakodexes sind die folgenden Indikatoren festgelegt: a) Zahl der Rückkehrentscheidungen, die gegen illegal im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhältige Personen aus dem betreffenden Drittstaat ergingen; b) Zahl der tatsächlich zwangsweise rückgeführten Personen, gegen die Rückkehrentscheidungen ergingen, als Prozentsatz der Zahl der Rückkehrentscheidungen, die gegen Staatsangehörige des betreffenden Drittstaats ergingen, gegebenenfalls einschließlich der Zahl der Drittstaatsangehörigen, die aufgrund von Rückübernahmeabkommen der Union oder bilateralen Rückübernahmeabkommen durch das Hoheitsgebiet dieses betreffenden Drittstaats befördert wurden; c) Zahl der von dem Drittstaat akzeptierten Rückübernahmeersuchen je Mitgliedstaat als Prozentsatz der Zahl der insgesamt an den betreffenden Staat gerichteten Rückübernahmeersuchen; d) Umfang der praktischen Kooperation bei der Rückführung in den verschiedenen Phasen des Rückführungsverfahrens, wie beispielsweise i) Unterstützung bei der Identifizierung illegal im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhältiger Personen und bei der zügigen Ausstellung von Reisedokumenten, ii) Anerkennung des europäischen Reisedokuments für die Rückkehr von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen oder von Passierscheinen, iii) Einwilligung in die Rückübernahme von Personen, die rechtmäßig in ihr Land rückgeführt werden sollen, iv) Zustimmung zu Rückführungsflügen und -aktionen.