29.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 290/64


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/760 in Bezug auf den Umfang der zulässigen Vermögenswerte und Investitionen, die Anforderungen an die Portfoliozusammensetzung und Diversifizierung, die Barkreditaufnahme und weitere Vertragsbedingungen sowie in Bezug auf die Anforderungen für die Zulassung, die Anlagepolitik und die Bedingungen für die Tätigkeit von europäischen langfristigen Investmentfonds“

(COM(2021) 722 final — 2021/0377 (COD))

(2022/C 290/11)

Berichterstatter:

Pierre BOLLON

Befassung

Europäisches Parlament, 14.2.2022

Rat der Europäischen Union, 22.3.2022

Rechtsgrundlage

Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

3.3.2022

Verabschiedung im Plenum

23.3.2022

Plenartagung Nr.

568

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

111/1/0

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt nachdrücklich die vorgeschlagene ausgewogene Überarbeitung der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF), die in ihrer vorhergehenden Form die angestrebten Ziele verfehlt hat. Insbesondere für die sozial inklusive Erholung nach der COVID-19-Krise und für den doppelten digitalen und grünen Wandel ist eine Verlagerung der Finanzmittel und Ersparnisse hin zu langfristigen Investitionen erforderlich. In diesem Zusammenhang ist eine eingehende Überprüfung der ELTIF-Verordnung de facto von maßgeblicher Bedeutung. Der EWSA hofft daher, dass im Annahmeverfahren keine neuen regulatorischen Auflagen gemacht werden, die der von der Kommission zu Recht angestrebten Vereinfachung entgegenwirken würden.

1.2.

„ELTIF 2“ ist ein aktueller und relevanter Vorschlag, der das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU erheblich fördern kann. ELTIF sind langfristige Fonds, die auf einem Europäischen Pass basieren. Sie werden bei der Finanzierung des doppelten Wandels in den Bereichen Klimaschutz und Digitalisierung, beim Ausbau der Verkehrs- und Sozialinfrastruktur, bei der Finanzierung von Wohnungsbauprojekten sowie selbstverständlich auch bei der Finanzierung kleiner und mittlerer europäischer Unternehmen (KMU) — insbesondere innovativer Unternehmen und Start-up-Unternehmen — eine wichtige Rolle spielen.

1.3.

Eine hinreichend genaue Schätzung der langfristigen Gesamtfinanzierungslücke liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider nicht vor. Auf europäischer Ebene bedarf es weiterer Bemühungen um eine bessere Schätzung, doch der Finanzierungsbedarf ist zweifellos hoch und beläuft sich auf mehrere Billionen Euro.

1.4.

Der EWSA betont mit großem Nachdruck, wie wichtig die Finanzierung des unerlässlichen Übergangs zu einer weitaus CO2-ärmeren und letztendlich CO2-neutralen europäischen Wirtschaft ist und stellt die Bedeutung der „Strategie zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft“ heraus. Darüber hinaus muss die Zugänglichkeit von Umwelt-, Sozial- und Governance-(ESG)Daten und von Finanzdaten insbesondere durch das zentrale europäische Zugangsportal (ESAP) und vor allem auch durch die notwendige Regulierung und Überwachung der Datenanbieter verbessert werden.

1.5.

Der „ELTIF 2“-Vorschlag der Europäischen Kommission enthält gezielte Verbesserungen bezüglich der förderfähigen Investitionen. Diese werden das Anlagespektrum von ELTIF erweitern und das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit fördern. Mithilfe von ELTIF lässt sich auch eine größere geografische Investitionsreichweite innerhalb Europas erreichen.

1.6.

Der EWSA unterstützt den Abbau früherer abschreckender Hindernisse für den Zugang von Kleinanlegern zu ELTIF, die bis heute nicht von den Renditen langfristiger Investitionen profitieren können. ELTIF würden somit den derzeitigen Erfolg von OGAW-Fonds (OGAW: Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) abrunden. Dies ist bedeutsam, zumal der Anlegerschutz durch die neue enge Verknüpfung mit den obligatorischen Eignungsbeurteilungen im Rahmen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) sowie durch die Präzisierung der Vorschriften über Interessenkonflikte gestärkt wird. Der EWSA bekräftigt mit Nachdruck seine zahlreichen Forderungen nach Aufklärungsmaßnahmen für Anleger in ganz Europa.

1.7.

Der EWSA spricht sich dafür aus, (neben geschlossenen ELTIF) teilweise offene ELTIF anzubieten, d. h. ELTIF, die groß und diversifiziert wären und nach einer bestimmten Mitteilungsfrist Rücknahmen sowie Zeichnungen) zulassen würden. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass diese Möglichkeiten in den Kundenunterlagen klar dargelegt und von der zuständigen nationalen Behörde überwacht werden. Um sie „liquider“ zu machen, sollten diese ELTIF bis zu 50 % (und ggf. darüber hinaus) in diversifizierte Vermögenswerte unter Einhaltung der Bestimmungen der OGAW-Richtlinie investieren können. Eine weitere Erhöhung des Investitionsniveaus in anderen Fonds wäre ebenfalls eine große Hilfe.

1.8.

Da ELTIF strikt an die im Rahmen einer europäischen Verordnung festgelegten Vorschriften gebunden sind, könnte die Europäische Kommission eine weitere positive Maßnahme ergreifen und prüfen, ob es nicht sinnvoll und durchführbar wäre, die Verwendung einer internationalen Wertpapier-Identifikationsnummer (ISIN) der Form „.eu“ zu gestatten, um die grenzüberschreitende Verfügbarkeit und Sichtbarkeit von ELTIF zu steigern. Zu begrüßen wäre, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bei der Festlegung technischer Regulierungsstandards, der Förderung der aufsichtlichen Konvergenz und der Koordinierung der Aufsicht eine starke Rolle neben den aktiven einzelstaatlichen Regulierungsbehörden spielt.

1.9.

Es ist wichtig, die Eignung von ELTIF für Sparkonten, für fondsgebundene Lebensversicherungsverträge, für Mitarbeitersparpläne und natürlich für Altersversorgungsmechanismen wie das Paneuropäische Private Pensionsprodukt zu erleichtern. Gleichzeitig könnte der vorliegende Vorschlag für eine Neufassung der Solvabilität-II-Richtlinie und die künftige Überarbeitung der Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) Anreize für Versicherungs- und Pensionsunternehmen enthalten, in ELTIF zu investieren.

1.10.

Nicht zuletzt sollten europäische ELTIF-Anleger in Bezug auf ihre Ersparnisse in den Genuss der „besten steuerlichen Behandlung“ kommen, die ihr Wohnsitzland gewährt. Für langfristige Investoren sollten überall in Europa stabile und attraktive Steuervorschriften gelten.

2.   Wesentlicher Inhalt des Kommissionsvorschlags

2.1.

Die ELTIF-Verordnung ist ein europäischer Rahmen für alternative Investmentfonds (AIF), die langfristige Investitionen wie in Sozial- und Verkehrsinfrastrukturprojekte, Immobilien und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tätigen. Mit der ELTIF-Verordnung werden einheitliche Vorschriften für die Zulassung, die Anlagepolitik, die Tätigkeitsbedingungen und den Vertrieb von ELTIF festgelegt.

2.2.

Durch den Rechtsrahmen für ELTIF sollen langfristige Investitionen in diese Art von Vermögenswerten für institutionelle Anleger sowie Kleinanleger erleichtert und der Realwirtschaft eine alternative Finanzierungsquelle außerhalb des Bankensektors geboten werden.

2.3.

Ziel dieser Überarbeitung ist es, die Verbreitung von ELTIF in der gesamten EU zum Nutzen der europäischen Wirtschaft und der Anleger zu erhöhen. Dadurch wiederum würde die kontinuierliche Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion unterstützt, deren Ziel es ebenfalls ist, EU-Unternehmen den Zugang zu stabileren, nachhaltigeren und vielfältigeren langfristigen Finanzierungen zu erleichtern.

2.4.

Seit Annahme des ursprünglichen ELTIF-Rechtsrahmens im April 2015 wurden lediglich 67 ELTIF mit einem relativ geringen verwalteten Nettovermögen (schätzungsweise 2,4 Mrd. EUR im Jahr 2021) zugelassen (Stand: Februar 2022). Solche zugelassenen ELTIF sind in nur vier Mitgliedstaaten (Luxemburg, Frankreich, Italien und Spanien) angesiedelt. Die anderen Mitgliedstaaten verfügen über keine inländischen ELTIF.

2.5.

Der Rahmen für ELTIF ist zwar noch relativ neu, die verfügbaren Marktdaten deuten jedoch darauf hin, dass die Marktentwicklung hinter den Erwartungen zurückbleibt.

2.6.

Aus der Bewertung der Funktionsweise des ELTIF-Rechtsrahmens und den Rückmeldungen von Interessenträgern geht hervor, dass die Vorteile von ELTIF durch restriktive Fondsvorschriften und Marktzutrittsschranken für Kleinanleger geschmälert werden. Zusammengenommen verringert dies den Nutzen, die Wirksamkeit und die Attraktivität des ELTIF-Rechtsrahmens für Verwalter und Anleger. Diese Beschränkungen sind die Hauptursache dafür, dass ELTIF nicht in nennenswertem Umfang wachsen und ihr Potenzial, Investitionen in die Realwirtschaft zu lenken, nicht vollständig ausgeschöpft wird.

2.7.

In diesem Zusammenhang zielt die Überprüfung des ELTIF-Regulierungsrahmens darauf ab, mit gezielten Änderungen an den Vertragsbedingungen die Akzeptanz von ELTIF zu beschleunigen und ihre Attraktivität zu erhöhen. Konkret bedeutet dies, dass der Umfang der zulässigen Vermögenswerte und Anlagen erweitert wird, dass flexiblere Vertragsbedingungen ermöglicht werden, in deren Rahmen auch Dachfondstrategien erleichtert werden, und dass die ungerechtfertigten Hindernisse, mit denen Kleinanlegern der Zugang zu ELTIF verwehrt wird, abgebaut werden — dieser letzte Punkt betrifft insbesondere das Erfordernis einer anfänglichen Investition in Höhe von 10 000 EUR und die Obergrenze von insgesamt 10 % für diejenigen Kleinanleger, deren Finanzinstrument-Portfolio 500 000 EUR nicht übersteigt.

2.8.

Darüber hinaus zielt der Vorschlag darauf ab, die ELTIF-Struktur attraktiver zu machen, indem ausgewählte Vertragsbedingungen für ELTIF, die ausschließlich an professionelle Anleger vertrieben werden, gelockert werden. Mit der Überarbeitung des ELTIF-Rechtsrahmens wird auch ein optionaler Mechanismus für das Liquiditätsfenster eingeführt, um ELTIF-Anlegern und neu zeichnenden Anlegern zusätzliche Liquidität zur Verfügung zu stellen, ohne dass eine Inanspruchnahme des Kapitals von ELTIF erforderlich ist. Mit dem Vorschlag soll auch ein angemessener Anlegerschutz gewährleistet werden.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA unterstützt nachdrücklich die vorgeschlagene ausgewogene Überarbeitung der ELTIF-Verordnung, die in ihrer vorhergehenden Form die angestrebten Ziele verfehlt hat. Diese begrüßenswerte Überprüfung wurde bereits in der EWSA-Stellungnahme „Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen“ (1) als Eckpfeiler des neuen Aktionsplans zur Kapitalmarktunion befürwortet.

3.2.

Über die Verbesserung der Effizienz und der Sicherheit der europäischen Kapitalmärkte hinaus ist eine Verlagerung der Finanzmittel und Ersparnisse hin zu langfristigen Investitionen insbesondere für die sozial inklusive Erholung nach der COVID-19-Krise und für den doppelten digitalen und grünen Wandel erforderlich. In diesem Zusammenhang ist eine eingehende Überprüfung der ELTIF-Verordnung de facto von maßgeblicher Bedeutung. Der EWSA hofft daher, dass im Annahmeverfahren keine neuen regulatorischen Auflagen gemacht werden, die der von der Kommission zu Recht angestrebten Vereinfachung entgegenwirken würden.

3.3.

ELTIF sind langfristige Fonds, die EU-weit grenzüberschreitend vertrieben und gezeichnet werden können, da sie auf einem „Europäischen Pass“ basieren. Sie werden beim Infrastrukturausbau (u. a. für Verkehr und Energie), bei der Modernisierung von Wohnraum, bei der Finanzierung von Forschung und Entwicklung und natürlich auch bei der Finanzierung von KMU und Start-ups (die im Allgemeinen nicht wie börsennotierte Unternehmen von der Liquidität der Finanzmärkte profitieren können) und somit auch bei der Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle spielen.

3.4.

Der EWSA betont nachdrücklich, wie wichtig die Finanzierung des unerlässlichen Übergangs zu einer inklusiven, weitaus CO2-ärmeren und letztendlich CO2-neutralen europäischen Wirtschaft ist. Er unterstreicht die Bedeutung der „Strategie zur Finanzierung einer nachhaltigen Wirtschaft“, insbesondere der vorgeschlagenen Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und der geplanten sozialen Taxonomie. Darüber hinaus muss die Zugänglichkeit der ESG- und Finanzdaten insbesondere durch das zentrale europäische Zugangsportal (ESAP) und vor allem auch durch die notwendige Regulierung und Überwachung der Datenanbieter verbessert werden. Die Arbeiten an den ESG-Labeln sollten ebenfalls beschleunigt werden, um ELTIF-Anlegern Orientierungshilfen an die Hand zu geben.

3.5.

Der gut abgestimmte und verhältnismäßige ELTIF-2-Vorschlag der Europäischen Kommission enthält zu Recht gezielte Verbesserungen bezüglich der förderfähigen Investitionen, die eine stärkere Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit durch ELTIF ermöglichen werden. Eine beträchtliche Zahl von ihnen wird somit stärker diversifiziert sein, da das Anlagespektrum von ELTIF erweitert wird, was die Zahl der Chancen erhöht. Andere werden zielgerichteter auf Schlüsselinvestitionen abstellen. Diese Änderungen werden es ELTIF auch erlauben, eine größere geografische Investitionsreichweite innerhalb Europas zu erreichen.

3.6.

Der EWSA unterstützt den Abbau früherer abschreckender Hindernisse für den Zugang von Kleinanlegern zu ELTIF. Angesichts der enormen Ersparnisse, die gegenwärtig nicht von den Renditen auf langfristige Anlagen profitieren können, ist dies ein wichtiger Schritt, insbesondere vor dem Hintergrund niedriger (jedoch in manchen Fällen steigender) Zinssätze und des Inflationsdrucks. Im Hinblick auf den Anlegerschutz ist ein breiteres Spektrum an zulässigen Vermögenswerten und Anlagestrategien von großer Bedeutung. Dies dürfte sich als effizienter erweisen als die detaillierten Beschränkungen aus dem Jahr 2015, deren Nachteil darin bestand, dass sie das Angebot an Fonds für Anleger (sowohl institutionelle Anleger als auch Kleinanleger) stark eingeschränkt hatten. Der EWSA begrüßt die neue enge Verknüpfung mit den obligatorischen Eignungsbeurteilungen im Rahmen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II) sowie die Präzisierung der Bestimmungen über Interessenkonflikte. Der EWSA bekräftigt auch nachdrücklich seine zahlreichen Forderungen nach Aufklärungsmaßnahmen für Anleger in ganz Europa.

3.7.

Es gibt eine Art von ELTIF, die „geschlossenen“ Fonds ähneln. Laut dem Vorschlag bilden dabei optionale Mechanismen für ein Liquiditätsfenster im Rahmen von Mechanismen für den Sekundärhandel den klassischen Weg, den Anlegern Liquidität zu verschaffen. Die Umsetzung solcher Mechanismen ist aber oft schwierig bis praktisch unmöglich, insbesondere wenn es nur wenige Marktpfleger gibt (dieses Risiko, das leider eingetreten ist, wurde bereits in der EWSA-Stellungnahme vom 16. Oktober 2013 hervorgehoben).

3.8.

Deshalb spricht sich der EWSA auch dafür aus, neben den geschlossenen ELTIF auch teilweise offene ELTIF (2) anzubieten, d. h. ELTIF, die groß und diversifiziert wären und regelmäßig (z. B. zweimal jährlich) Rücknahmen (und auch Zeichnungen) nach einer bestimmten Mitteilungsfrist (z. B. von 90 Tagen) zulassen würden. Voraussetzung hierfür wäre natürlich, dass diese Möglichkeiten vom ELTIF-Verwalter in den Kundenunterlagen klar dargelegt und von der zuständigen nationalen Behörde überwacht würden. Der Vorschlag der Kommission, in den technischen Regulierungsstandards mehr Klarheit hinsichtlich des Prozentsatzes für die Rücknahme bei Widerruf zu schaffen, ist ein positiver erster Schritt in die richtige Richtung, dem andere folgen sollten. Um sie „liquider“ zu machen, sollten diese offenen ELTIF bis zu 50 % (und ggf. darüber hinaus) in diversifizierte Vermögenswerte unter Einhaltung der Bestimmungen der OGAW-Richtlinie investieren können. Eine weitere Erhöhung des Investitionsniveaus in anderen Fonds wäre ebenfalls eine große Hilfe.

3.9.

Vor dem Hintergrund des harten globalen Wettbewerbs und der Notwendigkeit, den doppelten Wandels zu finanzieren, sollten nach Auffassung des EWSA die über ELTIF mobilisierten Mittel im Wesentlichen in die EU-Wirtschaft fließen. Eine hinreichend genaue Schätzung des Defizits bei der langfristigen Finanzierung liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider nicht vor. Auf europäischer Ebene bedarf es weiterer Bemühungen um eine bessere Schätzung des Finanzierungsbedarfs, doch dieser ist zweifellos hoch und beläuft sich auf mehrere Billionen Euro (niedriger einstelliger Prozentbetrag des EU-Bruttoinlandsprodukts [BIP]), wenn man die Kosten für Klima und Nachhaltigkeit, für den Kapitalbedarf, innovative KMU, Start-up-Unternehmen, Verkehrsinfrastruktur und vor allem für die soziale Infrastruktur aufaddiert.

3.10.

Da ELTIF strikt an die im Rahmen einer europäischen Verordnung festgelegten Vorschriften gebunden sind, könnte die Europäische Kommission eine weitere positive Maßnahme ergreifen und prüfen, ob es nicht sinnvoll und durchführbar wäre, die Verwendung einer ISIN-Kennnummer der Form „.eu“ zu gestatten, um die grenzüberschreitende Verfügbarkeit und Sichtbarkeit von ELTIF zu steigern. Der EWSA begrüßt in diesen Zusammenhang die von der Kommission vorgeschlagene Stärkung des ELTIF-Registers. Der EWSA fordert die Festlegung und Durchsetzung klarer EU-weiter Vorschriften unter einer wirksamen Führungsrolle der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA und in angemessener Zusammenarbeit mit den bereits tätigen nationalen Regulierungsbehörden. Die Vorschriften müssen insbesondere sicherstellen, dass ELTIF-Verwalter bei den von ihnen aufgelegten Fonds für angemessene Instrumente des Liquiditätsmanagements (LMT) sorgen und auch klare und genaue Informationen über Gebühren und Risiken bereitstellen, wie das bei der Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIP) und den MIFID-Vorschriften bereits der Fall ist.

3.11.

Es ist wichtig, die Eignung von ELTIF für Sparkonten, für fondsgebundene Lebensversicherungsverträge, für Mitarbeitersparpläne und natürlich für Altersversorgungsmechanismen wie das Paneuropäische Private Pensionsprodukt zu erleichtern. Gleichzeitig könnte der vorliegende Vorschlag für eine Neufassung der Solvabilität-II-Richtlinie und die künftige Überarbeitung der Richtlinie über Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV) Anreize für Versicherungs- und Pensionsunternehmen enthalten, in ELTIF zu investieren.

3.12.

Nicht zuletzt sollten europäische ELTIF-Anleger in Bezug auf ihre Ersparnisse in den Genuss der „besten steuerlichen Behandlung“ kommen, die ihr Wohnsitzland gewährt. Leider gewähren gegenwärtig viele europäische Länder sehr oft finanzielle Vorteile für kurzfristige liquide Spareinlagen. Sie senden den Anlegern damit die falsche Botschaft, dass „Liquidität“ vorzuziehen sei, auch wenn diese mehr zu langfristigen Investitionen hingeführt werden könnten. In jedem Fall sollten für langfristige Investoren stabile und attraktive Steuervorschriften gelten.

Brüssel, den 23. März 2022

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG


(1)  ABl. C 155 vom 30.4.2021, S. 20.

(2)  Wie derzeit im Rahmen der künftigen Regelung für langfristige Vermögenswerte (LTAF) im Vereinigten Königreich vorgesehen. Die Mehrheit der Konsultationsteilnehmer im Zusammenhang mit dem Bericht der Kommission über die Folgenabschätzung vertrat dieselbe Auffassung (siehe S. 73).