29.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 290/40


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risikos einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor)“

(COM(2021) 664 final — 2021/0342 (COD))

(2022/C 290/07)

Berichterstatter:

Bogdan PREDA

Befassungen

Europäisches Parlament, 17.1.2022

Rat der Europäischen Union, 20.1.2022

Rechtsgrundlage

Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

3.3.2022

Verabschiedung im Plenum

23.3.2022

Plenartagung Nr.

568

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

154/0/1

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) tritt für eine solide, ausgewogene und vorausschauende Eigenkapitalpolitik ein, deren Risikogewichtung auf den tatsächlichen Stabilitätsrisiken basiert und die zugleich der notwendigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Banken und die Finanzierung nachhaltigen Wachstums Rechnung trägt. Daher fordert der EWSA die Kommission auf, eingehender zu prüfen, ob die Vorschläge diesen Herausforderungen gerecht werden.

1.2.

Der EWSA begrüßt die Umsetzung der verbleibenden Elemente der vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vereinbarten internationalen Standards (Basel-III-Standards) (1) in sowohl zeitlicher als auch inhaltlich Hinsicht, da sie die Stabilität des Finanzmarkts in der EU verbessern und damit die europäischen Bürger vor größeren Finanzmarktrisiken bewahren sollen.

1.3.

Der EWSA betont, dass die allgemeine wirtschaftliche Stabilität entscheidend von stabilen Finanzmärkten abhängt. Eine solide Regulierung und Beaufsichtigung des Bankensektors ist daher für die Verhinderung von Turbulenzen und Krisen grundlegend. Die aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen sind entscheidend dafür, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Der EWSA fordert die Gesetzgeber auf, in den Vorschlägen für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen zwei einander ergänzenden Zielen zu sorgen: (i) die Banken in der EU müssen widerstandsfähiger werden, und (ii) die finanzielle Solidität und die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors müssen auch bei einem ausgewogenen Rahmen für die Eigenkapitalanforderungen sichergestellt bleiben, denn nur so können die Banken ihrer Aufgabe gerecht werden, die Realwirtschaft zu unterstützen.

1.4.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Vorschläge regelmäßig zu prüfen, um festzustellen, inwieweit ihre Umsetzung die Finanzmarktstabilität und die Widerstandsfähigkeit des Bankenwesens verbessert, wobei freilich auch die Wettbewerbsfähigkeit der Banken in der EU zu berücksichtigen ist. Der EWSA erkennt ferner an, dass solide und angemessene Kapitalquoten zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

1.5.

Der EWSA begrüßt ausdrücklich die Bemühungen der Kommission, die Wirtschaft in der EU zu einer umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Wirtschaft umzugestalten, indem sie unter anderem die Instrumente fortlaufend überarbeitet und bewertet, die für eine stärkere Nutzung nachhaltiger und grüner Finanzierungen zur Verfügung stehen. Der Finanzsektor könnte zum Aufbau einer CO2-neutralen Wirtschaft beitragen. Daher begrüßt der EWSA, dass die Kommission (im Einklang mit den internationalen Abläufen und namentlich Basel III) im Aufsichtsrahmen den Schwerpunkt stärker auf die Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (ESG-Risiken) legt, was auch die bessere Berücksichtigung von klimawandelbedingten Finanzmarktrisiken einschließt.

1.6.

Der EWSA begrüßt auch die Arbeit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bezüglich der Offenlegung von ESG-Kriterien (2). Dahinter steht das Ziel, eine angemessene Bewertung der Umweltrisiken der Banken und ihrer Finanzierungsstrategie für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu ermöglichen. Der EWSA fordert die EBA ferner auf, die Prüfung des Rahmens für Säule 1 zu beschleunigen, um festzustellen, ob dieser die einzigartigen Merkmale von Klimarisiken in ausreichendem Maße erfasst. Die makroprudenzielle Regulierung einschließlich kapitalbezogener Vorschriften können wesentlich dazu beitragen, dass Finanzmarktrisiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel besser berücksichtigt werden. Der EWSA fordert die EBA überdies auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um die Mängel bei der derzeitigen ESG-Offenlegung auf EU-Ebene zu beheben, auch in Bezug auf Vermögenswerte im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen und Vermögenswerte, die dauerhaften und akuten Klimaereignissen unterliegen. Auf diese Weise soll eine deutliche Ausweitung der nachhaltigen Finanzstrategien der Banken gefördert werden.

2.   Einführung

2.1.

Gegenstand dieser Stellungnahme ist: erstens der Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute im Hinblick auf das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und den Output-Floor (CRR-Vorschlag); und zweitens der Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken und zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (CRD-Vorschlag).

2.2.

Laut Begründung sind die beiden Rechtsakte dadurch gerechtfertigt, dass die Basel-III-Standards umgesetzt werden müssen. Gleichzeit gilt es, mehrere Fragen anzugehen, die für die Finanzstabilität und die stabile Finanzierung der Wirtschaft im Zuge der Erholung von der COVID-19-Krise wichtig sind. Dazu gehören die Stärkung des risikobasierten Kapitalrahmens, eine stärkere Fokussierung auf ESG-Risiken im Aufsichtsrahmen und die weitere Harmonisierung der Aufsichtsbefugnisse und -instrumente.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA betont, dass die Stabilität der Finanzmärkte im Allgemeininteresse liegt, weil sie eine wesentliche Voraussetzung für allgemeine wirtschaftliche Stabilität ist. Eine solide Regulierung und Aufsicht über den Bankensektor ist wesentlich zur Vermeidung von Turbulenzen und Krisen. Aufsichtsrechtliche Eigenkapitalanforderungen können entscheidend dazu beitragen, dass keine öffentlichen Mittel zur Rettung notleidender Banken mobilisiert werden müssen.

3.2.

Eine getreue, aber faire Umsetzung der Basel-III-Standards ist für europäische Unternehmen und Arbeitsplätze wichtig; sie fördert außerdem die Schaffung von Wohneigentum und unterstützt die exportorientierten Volkswirtschaften der EU, auf die so viele Unternehmen und Bürger für Wachstum bzw. Arbeitsplätze angewiesen sind. Diese internationalen Standards werden in einem EU-Bankenmodell umgesetzt, das von Natur aus eher risikoavers und weniger abhängig von den Kapitalmärkten ist als Bankenmodelle in anderen Rechtsordnungen.

3.3.

Der EWSA begrüßt die Vorschläge der Kommission zur Einführung der noch ausstehenden Elemente der Basel-III-Standards. Damit soll das Risiko einer Aufsichtsarbitrage begrenzt und Vertrauen und Vorhersehbarkeit für Anleger und Regulierungsbehörden geschaffen werden. Der EWSA erkennt an, dass die EU Vorschriften braucht, um den Herausforderungen (z. B. Wirtschaftserholung, Klima, digitale Herausforderungen) und den besonderen Gegebenheiten (Bankkredite sind der bei Weitem wichtigste Finanzierungskanal für die EU-Wirtschaft) sowie den Ambitionen der Europäischen Union (Kapitalmarktunion und Grüner Deal) gerecht zu werden. Auf der anderen Seite muss alles getan werden, damit die europäischen Bürger und Steuerzahler nicht dem erhöhten Risiko einer Finanzmarktkrise ausgesetzt sind; daher muss ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den oben genannten Herausforderungen einerseits und dem Inhalt der Basel-III-Standards und den darin eingeräumten Ermessensspielräumen andererseits erreicht werden. Daher fordert der EWSA die Kommission auf, die spezifischen Merkmale europäischer Banken und die damit verbundenen Auswirkungen auf sie und die EU-Wirtschaft eingehender zu bewerten, um sicherzustellen, dass mit den Legislativvorschlägen ein angemessenes Gleichgewicht hergestellt wird zwischen der getreuen Umsetzung der Basel-III-Standards, der Wahrnehmung der in den Basel-III-Standards eingeräumten nationalen Ermessensspielräume und der Notwendigkeit, Anpassungen vorzuschlagen, um den Besonderheiten der Wirtschaft und der Banken Europas gerecht zu werden.

3.4.

Der EWSA stellt fest, dass die Umsetzung dieser Vorschläge die Stabilität der Finanzmärkte gewährleisten sollte. Dabei sollte es aber nicht zu einer ungerechtfertigten Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für die Banken in der EU kommen, die über das hinausgeht, was in der Bewertung der Kommission vorgesehen ist. Deshalb muss die Kommission nach Auffassung des EWSA dafür sorgen, dass die Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen, einschließlich derer für Genossenschaftsbanken und kleine Banken, nicht zu übermäßiger Belastung führen und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Banken nicht beeinträchtigen. Dabei muss aber zugleich die Stabilität der Finanzmärkte im Blick behalten werden.

3.5.

Der EWSA ist sich voll und ganz der Tatsache bewusst, dass die bestehenden Eigenkapitalanforderungen entscheidend dazu beigetragen haben, das Bankensystem in der Krise widerstandsfähiger zu machen. Dies hat sich auch in der Pandemie gezeigt. Mit dem derzeitigen Kapitalniveau konnten die europäischen Banken die Pandemie unbeschadet überstehen und können die europäische Wirtschaft weiterhin finanzieren und dabei unterstützen, dem schweren wirtschaftlichen Schock der COVID-19-Pandemie standzuhalten. Der EWSA verweist auch auf die entscheidende Rolle der Europäischen Zentralbank und ihre starken Unterstützungsmaßnahmen, die zur Widerstandsfähigkeit der Banken in der COVID-19-Krise beigetragen haben.

3.6.

Der EWSA fordert die Kommission daher auf, sicherzustellen, dass der vorliegende Vorschlag die geltenden Vorschriften verstärkt, insbesondere in Bezug auf die Eigenkapitalanforderungen. Es gilt, übermäßige Risikobereitschaft, hohe Verschuldung und spekulatives Verhalten auch weiterhin zu verhindern. Angesichts des derzeitigen wirtschaftlichen und sozialen Umfelds gibt es viele erhebliche Risiken, für die noch keine adäquate Antwort gefunden worden ist, wie z. B. Klimarisiken oder notleidende Kredite. Die Eigenkapitalanforderungen sollten hoch genug sein, um drohenden Insolvenzen sowie Turbulenzen und Krisen auf den Finanzmärkten vorzubeugen. Zu hohe Anforderungen jedoch sind zu vermeiden. Gleichzeitig erkennt der EWSA an, dass die EU-Banken eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der Realwirtschaft und der Unterstützung des digitalen und nachhaltigen Wandels spielen, was sich indirekt auf die Beschäftigung und den Lebensstandard auswirkt. Die Regulierungsvorschriften bezüglich der Eigenkapitalanforderungen müssen diesen Aspekten Rechnung tragen.

3.7.

Was die ESG betrifft, so weist der EWSA darauf hin, dass die Finanzmärkte den Übergang zu einer nachhaltigeren und grüneren Wirtschaft unterstützen und fördern können und auch sollten. Der Bankensektor kann diesen langfristigen Wandel jedoch nicht alleine herbeiführen. Aus den jüngsten Überprüfungen des Europäischen Rechnungshofs (EuRH) geht hervor, dass mehr als die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten nach wie vor die fossilen Brennstoffe stärker subventioniert als erneuerbare Energieträger (5), obwohl die EU bei der „die EU-Unterstützung für Investitionen besser auf die Grundsätze eines nachhaltigen Finanzwesens abgestimmt werden muss“ (6). In diesem Zusammenhang fordert der EWSA, dass die Industriepolitik und die einschlägigen Rechtsrahmen der EU und der Mitgliedstaaten voll und ganz aufeinander abgestimmt werden. Ziel ist es, a) nachhaltige Investitionsmöglichkeiten zu fördern, um die Allokation wirtschaftlicher Ressourcen in diese Richtung zu lenken, und b) Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen und die Klimaziele mit den sozialen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Der EWSA begrüßt deshalb die Stärkung der ESG-bezogenen Bestimmungen in den Legislativvorschlägen. Er fordert die Kommission jedoch auf, die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Befugnis der Aufsichtsbehörden, „die Risiken, die sich […] aus der mangelnden Übereinstimmung […] mit den einschlägigen politischen Zielen der Union und allgemeineren Trends beim Übergang in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren ergeben, zu verringern“, zu präzisieren. Dabei muss deutlich gemacht werden, wie diese Befugnis ausgeübt wird.

3.8.

Neben der Offenlegung und den Klimastresstests können makroprudenzielle Strategien einschließlich kapitalbasierter Maßnahmen dazu beitragen, die ESG-Risiken der Banken angemessen zu berücksichtigen. Sie können die Verteilung von Kreditströmen über Sektoren hinweg optimieren, was den Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft unterstützen könnte. Daher empfiehlt der EWSA der EBA und der EZB, ihre Arbeit zu beschleunigen:

(i)

einerseits am Rahmen für Säule 1, um festzustellen, inwieweit der derzeitige Rechtsrahmen die ESG-Risiken und die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen angemessen erfasst, und

(ii)

andererseits an der korrekten und zeitnahen Kalibrierung von Stresstests für ESG-Risiken.

3.9.

Der EWSA begrüßt die der Kommission erteilten Mandate, die Umsetzung der Standards in anderen Rechtsräumen zu verfolgen, um Kohärenz hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs und der Auswirkungen auf die relevanten Interessenträger, auch im Hinblick auf die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen, zu gewährleisten. Der EWSA warnt allerdings auch vor einer Abwärtsspirale bei den Regulierungsstandards oder einer weiteren Verzögerung bei der Umsetzung von Normen und bemängelt die schlechtere Umsetzung bestimmter Vorschriften in einigen Ländern. Dies könnte zu schwerwiegenden globalen Stabilitätsrisiken führen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Der EWSA begrüßt insbesondere die folgenden Aspekte des Kommissionsvorschlags, empfiehlt jedoch, weitere technische Verbesserungen zu prüfen:

(i)

Die Anwendung des Output-Floors (OF) auf der höchsten Konsolidierungsebene mit einem risikobasierten Umverteilungsmechanismus (zur Gewährleistung einer angemessenen Kapitalisierung von Tochtergesellschaften in der EU) für jede Bankengruppe. Dies würde nicht nur die internationale Kohärenz gewähren, sondern es würden auch die negativen Auswirkungen vermieden, die eine Anwendung auf Ebene der einzelnen Unternehmen hätte.

(ii)

Die spezifischen Verbesserungen in Bezug auf den Output-Floor bei Spezialfinanzierungen (Artikel 495b) werden begrüßt. Allerdings sollte dies im Hinblick auf eine größere Kohärenz in Bezug auf die Input-Floors genauer untersucht werden. Dabei sollen die Unterklassen der Spezialfinanzierungen Berücksichtigung finden; die Parameteruntergrenzen im Standardansatz entsprechen weder den tatsächlichen Risiken noch spiegeln sie die Robustheit dieser Finanzierungsarten wider.

(iii)

Die Beibehaltung der Unterstützungsfaktoren für KMU und Infrastruktur und die Ausnahmen von kreditrisikobezogenen Bewertungsanpassungen (Artikel 501 und 501a) werden besonders begrüßt. Denn sie sind wichtige Instrumente der Banken zur weiteren Unterstützung bedeutender Segmente der europäischen Wirtschaft, zumal im Zusammenhang mit der Erholung nach der COVID-19-Krise. Allerdings appelliert der EWSA an die Kommission, die Kriterien für die Unterstützungsfaktoren für Infrastruktur weiter zu präzisieren und zu vereinfachen, um die Infrastrukturfinanzierung zu stärken, gleichzeitig die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen und die Finanzstabilität zu wahren.

(iv)

Die Straffung des Transparenzansatzes bei der Behandlung von Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) ist grundsätzlich gut konzipiert. Der EWSA ist jedoch der Auffassung, dass eine weitere Verknüpfung der entsprechenden Governance-Vorschriften und -Beschränkungen erforderlich ist (z. B. Rückgriff auf Daten Dritter bei der Berechnung der Eigenmittelanforderung für das Marktrisiko in Bezug auf OGA);

(v)

Die Risikogewichtung von 100 % für langfristige strategische Beteiligungsinvestitionen von Banken ist beizubehalten. Der EWSA hält es jedoch für angebracht und gerecht, diese Risikogewichtung auf alle Banken anzuwenden, unabhängig davon, ob sie einem standardisierten oder internen Modellansatz unterliegen;

(vi)

Die Anreize für Banken, Ressourcen in Richtung einer CO2-neutralen Wirtschaft zu verlagern, sowie ihr entsprechendes Engagement gegenüber den Kunden sind für die für die Finanzierung des Wandels von entscheidender Bedeutung. Um diesen notwendigen Wandel zu beschleunigen und zu verstärken, hält es der EWSA für unerlässlich, dass die EU und die Mitgliedstaaten die positiven und negativen Anreize für die zugrundeliegende Wirtschaft, wie sie in der Industriepolitik und in den einschlägigen Rahmen umgesetzt werden, grundlegend ändern. Der EWSA fordert die Kommission auf, die ESG-bezogenen Bestimmungen des CRR- und des CRD-Vorschlags im Lichte der vorstehenden Ausführungen weiter zu bewerten.

4.2.

Überdies macht der EWSA auf eine Reihe von Aspekten aufmerksam, die im Rahmen der Vorschläge erneut geprüft werden müssten: Der EWSA betont in diesem Zusammenhang, dass das gemeinsame öffentliche Interesse an der Wahrung der Finanzmarktstabilität oberste Priorität hat und dass ein angemessenes Gleichgewicht mit anderen politischen Zielen erreicht werden muss. Eine Gefährdung der Finanzstabilität dagegen muss unbedingt vermieden werden. Die Anpassung der Basel-III-Standards in der EU darf das Ziel nicht untergraben, die Finanzmarktstabilität zu erhöhen, um besser für künftige wirtschaftliche Turbulenzen und Krisen gewappnet zu sein. Darüber hinaus sollten die vorgeschlagenen Maßnahmen in jedem Fall die weitere Stärkung der Kapitalisierung der Banken gewährleisten und gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern:

(i)

Die Auflage von Bonitätsbeurteilungen (Ratings) in der Übergangszeit zur Verringerung der Auswirkungen des Output-Floors auf nicht beurteilte Unternehmen (Artikel 465 Absatz 3) sollte wegfallen. Dies ist auf die geringe Abdeckung externer Ratings für den EU-Markt und die Vermeidung einer übermäßigen Abhängigkeit von externen Ratings im Einklang mit der Richtlinie über Ratingagenturen zurückzuführen.

(ii)

In Bezug auf die Übergangsregelung für Hypothekardarlehen auf Wohnimmobilien für den Output-Floor fordert der EWSA die Kommission auf, die Möglichkeit einer Überarbeitung aus verschiedenen Blickwinkeln zu prüfen (Beleihungswert [loan to value], Asymmetrie der Methodenstandards für Risiko, Risikosensitivität) zu prüfen, um unbeabsichtigte Auswirkungen auf den Zugang zu Hypothekardarlehen auf Wohnimmobilien zu vermeiden. Bei jeder diesbezüglichen Überarbeitung sollte jedoch auch beachtet werden, dass jegliches Risiko einer Immobilienblase unbedingt vermieden werden muss.

(iii)

Die Bestimmungen zum IRB-Basisansatz (F-IRB) sollten dahingehend überarbeitet werden, dass reale Laufzeiten anstelle von festen Laufzeiten ermöglicht werden, um das reale Risiko widerzuspiegeln.

(iv)

Die Kreditumrechnungsfaktoren (CCF) für transaktionsbezogene Eventualposten (z. B. Vertragserfüllungsgarantien, Bietungsgarantien, Gewährleistungen) sollten aufgrund ihrer Schlüsselrolle in der Wirtschaft der EU bei 20 % belassen werden und den Daten über die tatsächlichen Ausfälle im relevanten Marktsegment entsprechen.

(v)

Die kapitalmarktbezogenen Bestimmungen sollten weiter bewertet werden. Es gilt, die Risiken unverhältnismäßiger Auswirkungen auf die Absicherungs-, Liquiditäts- und Finanzierungskosten für Staaten und Unternehmen zu vermeiden und somit dazu beizutragen, die Wettbewerbsfähigkeit der Geschäfts- und Investitionsbanken der EU auf den europäischen und internationalen Märkten zu stärken.

(vi)

Änderung der Berechnung der tatsächlichen Anteile von Minderheitsbeteiligungen am konsolidierten Kapital, was derzeit den Zielen der Kapitalmarktunion zuwiderläuft und Börsengänge weniger erstrebenswert macht.

4.3.

Der EWSA betont, dass sich der Klimawandel in Risiken niederschlägt, die bereits bei den Banken angekommen sind und tiefgreifende Auswirkungen auf deren Finanzstabilität haben könnten, wenn sie nicht sowohl regulatorisch als auch von den Banken selbst angemessen aufgefangen werden. In diesem Zusammenhang würdigt der EWSA die Bestrebungen des Basler Ausschusses und der europäischen Behörden, in Bezug auf klimabezogene finanzielle Risiken mögliche Lücken im derzeitigen Rahmen und praktikable Maßnahmen zur Schließung solcher Lücken zu ermitteln. Darüber hinaus fordert der EWSA die Kommission auf, bei der Weiterentwicklung des einschlägigen Rahmens für die Finanzierung des Übergangs zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft dafür zu sorgen, dass der Grundsatz der doppelten Wesentlichkeit in vollem Umfang eingehalten wird.

4.4.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Banken zu prüfen, die in Bezug auf Größe, Rolle und Exponiertheit gegenüber systemischen Risiken klein sind (gemäß der in der Eigenkapitalverordnung enthaltenen Definition eines kleinen und nicht komplexen Unternehmens), die aber trotzdem strengeren Anforderungen wie Offenlegungs- und Eigenkapitalanforderungen unterliegen, da sie Teil einer bedeutenden Bankengruppe sind. Bei der Bewertung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss jedoch berücksichtigt werden, dass kleinere Banken, die Teil einer bedeutenden Bankengruppe sind, über mehr Ressourcen verfügen, um Offenlegungs- und Eigenkapitalanforderungen zu bewältigen.

Brüssel, den 23. März 2022

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG


(1)  https://www.bis.org/bcbs/basel3.htm.

Basel III ist ein international vereinbartes Maßnahmenpaket, das der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in Reaktion auf die Finanzkrise von 2007-2009 entwickelt hat. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Regulierung, Beaufsichtigung und das Risikomanagement von Banken zu stärken. Wie alle Standards des Basler Ausschusses sind die Basel-III-Standards Mindestanforderungen für international tätige Banken. Die Mitglieder verpflichten sich, Standards in ihrem Steuerhoheitsgebiet innerhalb des vom Basler Ausschuss festgelegten Zeitrahmens umzusetzen und anzuwenden.

(2)  https://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/transparency-and-pillar-3.

(3)  „Eigenkapitalverordnung“.

(4)  „Eigenkapitalrichtlinie“.

(5)  https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/RW22_01/RW_Energy_taxation_DE.pdf.

(6)  https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR21_22/SR_sustainable-finance_DE.pdf.