29.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 290/30


Stellungnahme des Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Stärkung des Katastrophenschutzverfahrens der Union zur Verbesserung der Reaktionsfähigkeit der EU auf Extremereignisse innerhalb und außerhalb ihres Gebiets“

(Sondierungsstellungnahme auf Ersuchen des französischen Ratsvorsitzes)

(2022/C 290/05)

Berichterstatter:

Christophe QUAREZ

Mitberichterstatterin:

Violeta JELIĆ

Befassung

Französischer EU-Ratsvorsitz, 21.9.2021

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Außenbeziehungen

Annahme in der Fachgruppe

9.3.2022

Verabschiedung im Plenum

24.3.2022

Plenartagung Nr.

568

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

211/0/2

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Das Katastrophenschutzverfahren der Union (im Folgenden „UCPM“ oder „Verfahren“) ist nicht mehr ausreichend in der Lage und breit genug aufgestellt, um im Hinblick auf Prävention, Bereitschaft, Warnung, Planung und Einsatzfähigkeit auf inner- und außerhalb der EU auftretende Katastrophen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und Mehrfachrisiken zu reagieren.

1.2.

Traditionell kommt das UCPM bei Naturkatastrophen zum Einsatz. Darüber hinaus dient es dazu, andere Risiken wie Pandemien, die Unterstützung für Bevölkerungen in Kriegsgebieten, große industrielle Risiken, weitreichende Meeresverschmutzungen, die Auswirkungen von Cyberangriffen auf Strom- oder Trinkwassernetze und alle wesentlichen Infrastrukturen oder auch humanitäre Krisen im Zusammenhang mit der Einwanderung zu bewältigen.

1.3.

Die Verbindung zwischen Katastrophenschutz (kurzfristige Maßnahmen) und humanitärer Hilfe (langfristiges Management) muss besser herausgearbeitet und koordiniert werden.

1.4.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Katastrophenmaßnahmen der EU mit Blick auf Ereignisse außerhalb ihres Hoheitsgebiets definiert und konzipiert werden müssen.

1.5.

Der EWSA unterstreicht, dass die operative Zusammenarbeit unbedingt durch eine Harmonisierung der Ausbildung, die Kompatibilität von Material und Ausrüstung sowie durch klare und effiziente Befehlsketten weiterentwickelt werden muss.

1.6.

Der EWSA ist der Ansicht, dass geprüft werden sollte, inwieweit es zweckmäßig ist, eine europäische Agentur für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe als praktischen Mechanismus für stärkere außenpolitische Maßnahmen einzurichten.

1.7.

Der EWSA weist darauf hin, dass hinsichtlich des Entscheidungsprozesses bei Einsätzen außerhalb des EU-Gebiets Fortschritte erzielt werden müssen.

1.8.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die diplomatische Dimension des europäischen Katastrophenschutzes nicht ausreichend entwickelt ist. Im Hinblick auf die Außenbeziehungen und die Reaktion der EU auf Extremereignisse unterstreicht der EWSA die Bedeutung folgender Aspekte:

Konzentration auf größere Resilienz im Zusammenhang mit Präventions-, Vorsorge- und Wiederaufbauverfahren; Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen im Hinblick auf Strategien zur Katastrophenvorsorge und die Umsetzung der Priorität eines nachhaltigen Wiederaufbaus („Build Back Better“) des UN-Sendai-Aktionsrahmens zur Stärkung der Resilienz innerhalb und außerhalb der EU entsprechend einem Nachhaltigkeitsansatz im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen.

Verbesserung des Wissenstransfers, des Know-hows und des Erfahrungsaustauschs sowie Ausbau gemeinsamer Schulungen und Übungen weltweit, auch unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft auf lokaler Ebene.

Hervorhebung der Verbindungen zwischen Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe, insbesondere im Falle einer Katastrophe in einem abgelegenen Teil der Welt.

Sensibilisierung für kulturelle Aspekte als zentrales Thema der Katastrophenschutzausbildung zwecks wirksamerer UCPM-Maßnahmen (Hilfseinsätze) in einem Katastrophengebiet überall auf der Welt.

1.9.

Der EWSA hinterfragt die Definition des räumlichen Geltungsbereichs des UCPM und die Auswahlkriterien der teilnehmenden Staaten.

1.10.

Zur Unterstützung der UCPM-Maßnahmen muss eine angemessene Kommunikation in der internationalen Öffentlichkeit gefördert werden.

1.11.

Der EWSA befürwortet die Entwicklung gemeinsamer länderübergreifender Ersteinsatzteams für das Katastrophenmanagement mit eigenen Mitteln, gemeinsamen Schulungen sowie standardisierten Ressourcen und Ausrüstungen.

1.12.

Der EWSA befürwortet einen Vorschlag zur Änderung der Rechtsvorschriften, um im Falle einer Katastrophe innerhalb und außerhalb der EU im Rahmen des UCPM eine automatische und sofortige Reaktion ohne vorheriges Ersuchen des betroffenen Staates zu ermöglichen, wobei dieser das Recht behält, eine solche Hilfe abzulehnen. Diese Ressource kann in Form einer Taskforce zur Stärkung der externen Dimension der EU-Beziehungen im Zuge des Katastrophenschutzes beitragen.

1.13.

Der EWSA befürwortet die Stärkung der Freiwilligenarbeit im Katastrophenschutz und empfiehlt die Entwicklung von Normen für Freiwilligenprogramme mit Bestimmungen zur Gewährleistung der Menschen- und Arbeitsrechte der Freiwilligen sowie der Schaffung eines gemeinsamen Zertifizierungssystems für freiwillige Katastrophenschutzteams.

1.14.

Der EWSA stellt fest, dass es kein flexibles Finanzinstrument gibt, mit dem schnell reagiert werden kann und der betroffenen Bevölkerung auf Antrag direkt Mittel zur Entschädigung zur Verfügung gestellt werden können.

1.15.

Der EWSA befürwortet eine stärkere Information der Öffentlichkeit über die UCPM-Maßnahmen durch moderne Kommunikationskanäle (z. B. soziale Medien) und eine aktive Rolle von Freiwilligenorganisationen.

1.16.

Der EWSA stellt fest, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und den humanitären Organisationen sowie der Zivilgesellschaft bei der operativen Katastrophenbewältigung weiter ausgebaut werden muss, damit die Hilfe vor Ort besser bereitgestellt werden kann.

1.17.

Der EWSA unterstreicht, dass weiterhin geprüft werden sollte, wie der Fortbestand von KMU nach einer Katastrophe gewährleistet werden kann.

1.18.

Der EWSA empfiehlt eine stärkere Einbindung der Wissenschaft in den Warn- und Präventionsprozess des UCPM. Dazu sollte das EU-Wissensnetz für Katastrophenschutz genutzt und das Wissenszentrum für Katastrophenvorsorge ausgebaut werden.

2.   Hintergrund

2.1.

Das Katastrophenschutzverfahren der Union, das den Dreh- und Angelpunkt der europäischen Zusammenarbeit beim Katastrophenrisikomanagement bildet, bietet ein Netz für gegenseitige Hilfe und Solidarität innerhalb und außerhalb der Grenzen der Europäischen Union.

2.2.

Dem Verfahren haben sich 33 Staaten angeschlossen: die 27 EU-Mitgliedstaaten und die sechs Staaten Island, Norwegen, Serbien, Nordmazedonien, Montenegro und die Türkei. Es dient der Prävention, der Planung und der operativen Reaktion und ermöglicht bei Katastrophen und humanitären Krisensituationen eine koordinierte Hilfe. Jedes Land der Welt, das mit einer Katastrophe größeren Ausmaßes konfrontiert ist, kann über das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre/ERCC), das auch als außenpolitisches Instrument der EU dient, um Unterstützung ersuchen.

2.3.

Der politische Rahmen des UCPM, der bereits 2019 durch die Schaffung einer Reserve zusätzlicher Kapazitäten und durch das EU-Wissensnetz für Katastrophenschutz gestärkt wurde, ist durch neue, am 20. Mai 2021 veröffentlichte Rechtsvorschriften weiter gestärkt worden. Das überarbeitete UCPM sieht nun einen sektorübergreifenden und grenzüberschreitenden Ansatz für das Risiko- und Katastrophenmanagement vor, der auf „Unionszielen für Katastrophenresilienz“ sowie einer Planung auf Unionsebene beruht. Auf Vorschlag des Europäischen Parlaments werden auch die Aspekte Klimawandel und biologische Vielfalt berücksichtigt.

2.4.

Die schweren Naturkatastrophen der letzten Jahre (Waldbrände in Südeuropa 2017 und 2021, Überschwemmungen in Mittel- und Nordeuropa 2014 und 2021, Erdbeben in Haiti 2010 und 2021 usw.) werden jedoch immer häufiger und heftiger und bringen bestehende Reaktionsinstrumente wie das UCPM an ihre Grenzen, zumal gleichzeitig weitere komplexe Krisen (Migrations- und Gesundheitskrisen, humanitäre Krisen) zu bewältigen sind. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine zeigen, dass das Verfahren gestärkt werden muss und die Verbindungen zwischen Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe kohärenter gestaltet werden müssen.

2.5.

Aus diesem Grund hat der französische Ratsvorsitz der EU den EWSA um eine Stellungnahme zu der Frage ersucht, wie die EU auf den Klimawandel reagiert. Dabei soll auf drei Hauptbereiche eingegangen werden: (i) Frühwarnung und Information der Öffentlichkeit, (ii) Vorhersage und Planung und (iii) Reaktionsfähigkeit.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Aus operativer Sicht wurde das UCPM durch mehrere ergänzende Instrumente wie die Ressourcenreserve „rescEU“, den Copernicus-Satellitendienst (ein satellitengestütztes Risikokartierungssystem), den Europäischen Katastrophenschutzpool (European Civil Protection Pool, ECPP) und das EU-Wissensnetz für Katastrophenschutz (Union Civil Protection Knowledge Network, KN) verstärkt.

3.2.

Mit der im Jahr 2019 eingerichteten Reserve „rescEU“ wurde eine neue zusätzliche Ressourcenreserve geschaffen, die eine Flotte von Löschflugzeugen und -hubschraubern, Rettungsausrüstung, Flugzeuge für medizinische Evakuierungen, medizinische Notfallteams, einen Vorrat an medizinischer Ausrüstung und Feldlazarette für Gesundheitsnotfälle und chemische, biologische, radiologische und nukleare Vorfälle umfasst; „rescEU“ ergänzt das UCPM bei Einsätzen wie Brandbekämpfung, medizinischer Hilfe und Forschung.

3.3.

Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC) ist für die Funktionsweise des UCPM von zentraler Bedeutung. Dort laufen die verschiedenen von den Ländern entsandten Hilfsleistungen zusammen und werden koordiniert, und dort liegt auch die Zuständigkeit für die rasche Bereitstellung von Soforthilfe in den von einer Katastrophe betroffenen Gebieten.

3.4.

Die Länder teilen dem hilfeersuchenden Land über das Gemeinsame Kommunikations- und Informationssystem für Notfälle (CECIS) mit, welche Mittel sie bereitstellen können. Die Plattform ermöglicht es, online Aufzeichnungen zu führen, in denen das ERCC den Bedarf der anfordernden Länder detailliert angeben kann und die unterstützenden Länder die Mittel spezifizieren können, die sie zur Verfügung stellen wollen.

3.5.

Darüber hinaus können die Teilnehmer dem Europäischen Katastrophenschutzpool (ECPP) nationale Ressourcen für Notfallmaßnahmen zur Verfügung stellen. Dieser Pool ermöglicht eine bessere Planung und Koordinierung der Hilfsmaßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene, was eine schnellere und zuverlässigere Reaktion der EU auf Katastrophen ermöglicht.

3.6.

Zur Unterstützung von Präventions- und Vorsorgemaßnahmen hat die EU auch die finanzielle Unterstützung für die im ECPP registrierten Kapazitäten erhöht. Die finanzielle Unterstützung kann zur Anpassung und Reparatur von Kapazitäten sowie zur Deckung der operativen Kosten (innerhalb der EU) und der Transportkosten (außerhalb der EU) bei Einsätzen im Rahmen des UCPM verwendet werden.

3.7.

Das Verfahren wurde während der COVID-19-Pandemie mehrmals als Teil des Rahmens für das EU-Krisenmanagement ausgelöst. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die EU besser vorbereitet sein muss, um auf Notfälle größeren Ausmaßes zu reagieren, und dass der bestehende Rechtsrahmen für den Gesundheits- und Katastrophenschutz gestärkt werden sollte.

3.8.

Zusätzlich zu den Beiträgen der teilnehmenden Länder wird das UCPM mit Mitteln aus dem mehrjährigen EU-Haushalt 2021-2027 ausgestattet. Im Einzelnen beträgt die Finanzausstattung für die Umsetzung des UCPM für den Zeitraum 2021–2027 1 263 000 000 EUR. Darüber hinaus werden für denselben Zeitraum externe zweckgebundene Einnahmen aus dem Aufbauinstrument der Europäischen Union in Höhe von bis zu 2 056 480 000 EUR für die Umsetzung des Verfahrens bereitgestellt.

3.9.

Das EU-Wissensnetz für Katastrophenschutz (KN), eine neue Plattform für den Austausch von Erkenntnissen, bewährten Verfahren und Erfahrungen von Katastrophenschutzexperten und Akteuren des Notfallmanagements, ist ein Instrument, mit dem die EU ihr europäisches Katastrophenrisikomanagement untermauern will.

3.10.

Über die Säulen Kapazitätsentwicklung und Wissenschaft, in deren Rahmen Tätigkeiten angestoßen, geplant, konzipiert und umgesetzt werden, sollen mit dem KN die Synergien zwischen Fachleuten, politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern gefördert werden. Zu den Maßnahmen des KN gehören gemeinsame Übungen, bi- und multilateraler Austausch, Zusammenarbeit und gemeinsame Projekte.

3.11.

Was den Katastrophenschutz außerhalb des EU-Rahmens betrifft, so sind das Euro-Atlantische Koordinierungszentrum für Katastrophenhilfe (EADRCC) der NATO, das vor allem bei Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen Unterstützung anbietet, und das Katastrophenabschätzungs- und -koordinierungsteam der Vereinten Nationen (UNDAC) zu nennen, das in der ersten Phase einer plötzlich auftretenden Notlage Hilfe leisten kann.

3.12.

Innerhalb Europas besteht mit der Plattform Union für den Mittelmeerraum (UfM) eine multilaterale Partnerschaft, deren Schwerpunkt auf der Stärkung des Potenzials für regionale Integration und Kohäsion der Mittelmeeranrainerstaaten (einschließlich der Türkei) liegt. Diese hat einen Aktionsplan zur Vorbereitung einer effizienten gegenseitigen Unterstützung im Europa-Mittelmeerraum gebilligt, der auch rasche Bewältigungsmaßnahmen umfasst. Zu den Schlüsselelementen gehören die Stärkung des Katastrophenschutzes durch Freiwillige sowie die Einbindung der Bürger in die Rettung von Menschenleben.

3.13.

Das UCPM wurde in den Jahren zwischen 2007 und 2020 382-mal aktiviert. Im Jahr 2020 wurde es 102-mal und damit 82-mal häufiger als im Vorjahr aktiviert. 36 der 102 Aktivierungen erfolgten innerhalb und 66 außerhalb der EU. Von sämtlichen Aktivierungen standen 85 im Zusammenhang mit COVID-19.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Die Dimensionen des UCPM reichen in Bezug auf Prävention, Warnung, Planung, Vorhersage und operative Kapazitäten nicht mehr aus, um auf Naturkatastrophen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu reagieren.

4.2.

Bereiche wie Meeresverschmutzung, industrielle Risiken und Katastrophen, die sich auf Strom- und Trinkwassernetze auswirken, sollten durch das UCPM besser angegangen werden.

4.3.

Der EWSA ist der Ansicht, dass mit Blick auf die unmittelbaren Nachbarn der EU (insbesondere den Balkan) und — in Ergänzung zur Entwicklungspolitik der EU — mit Blick auf Nordafrika und die übrigen afrikanischen Länder die diplomatische Dimension des europäischen Katastrophenschutzes nicht hinreichend ausgestaltet ist. Diese diplomatische Dimension des UCPM sollte auf verschiedene Weise genutzt werden: indem (i) der Heranführungsprozess der Kandidatenländer an die EU unter Einhaltung sämtlicher Beitrittskriterien vertieft wird; (ii) der Einfluss Chinas und Russlands in verschiedenen Ländern und geografischen Gebieten (Afrika, Georgien, Ukraine) zurückgedrängt wird; (iii) die diplomatischen Beziehungen zu gewissen feindlich gesinnten Ländern erleichtert werden (z. B. Unterstützung bei der Bekämpfung von Waldbränden in Russland oder der Türkei); (iv) die Entwicklungshilfepolitik der EU ausgebaut wird und (v) mit Ländern, die unmittelbarem russischen Einfluss unterliegen (z. B. Kasachstan, der Partner Europas im Bereich Energie), die groß sind und erheblichen Risiken (z. B. durch Waldbrände) ausgesetzt sind, Beziehungen aufgenommen werden.

4.4.

Der EWSA hinterfragt die Definition des räumlichen Geltungsbereichs des UCPM und die Auswahlkriterien für die Mitgliedstaaten. So sollten beispielsweise die Beitrittskandidaten, die Schweiz und die Republik Moldau dem UCPM beitreten, um eine wirklich kontinentale Dimension sicherzustellen.

4.5.

Wenn Drittstaaten um Hilfe ersuchen, müssen die Bedingungen und der Entscheidungsprozess vor der Einleitung der von der Europäischen Kommission koordinierten Maßnahmen außerhalb der EU klargestellt werden, wobei besonderes Augenmerk auf Transparenz zu legen ist.

4.6.

Der EWSA empfiehlt ferner, in jeder Ständigen Vertretung bei der EU einen Katastrophenschutzbeauftragten zu benennen, um Drittstaaten im Falle einer schweren Katastrophe systematisch über eine mögliche EU-Hilfe zu informieren und die notwendige Koordinierung mit den landeseigenen Katastrophenschutzkräften sicherzustellen.

4.7.

Der EWSA weist die Kommission auf die erheblichen Unterschiede hin, die derzeit zwischen den verschiedenen Katastrophenschutzstrukturen bestehen, und betont die Notwendigkeit, die Organisation dieser Kräfte zu harmonisieren, insbesondere in Bezug auf die Ausbildung des Mitarbeiter, die Verfahren und die Ausrüstung (z. B. unterscheiden sich die Durchmesser der Strahlrohre von Land zu Land). Beseitigt werden können diese Unterschiede durch die Organisation und Normierung von Standardmodulen in jedem EU-Land. Standardmodule gibt es bereits, doch muss darauf hingearbeitet werden, ihre Zahl zu erhöhen und ihre Standardisierung zu verbessern. So können beispielsweise Waldbrandmodule in einem Land mit Straßenfahrzeugen und in einem anderen Land mit Geländewagen ausgestattet sein.

4.8.

Außerdem sollte die enge Zusammenarbeit zwischen nationalen Katastrophenschutzbehörden, Universitäten und Forschern verstärkt werden. Die Umsetzung des EU-Wissensnetzes für Katastrophenschutz im Rahmen der Säulen Kapazitätsentwicklung und Wissenschaft sowie der Ausbau des Wissenszentrums für Katastrophenvorsorge bieten den Raum und die Mittel zur Stärkung dieser Zusammenarbeit.

4.9.

Hinsichtlich der Ressourcenkapazität ist die möglichst schnelle Entsendung von Ressourcen über große Distanzen von Tausenden oder sogar Zehntausenden Kilometern eine weitere Priorität. In Notsituationen ist häufig der Einsatz von Luftfahrzeugen geboten. Im Falle der Beförderung von Mitarbeitern mit Linienflugzeugen wären geeignete Transportflugzeuge mit großer Kapazität notwendig, um die Ausrüstung zu transportieren.

4.10.

Das Problem der Gewährleistung von Transportkapazitäten könnte möglicherweise durch den Einsatz von nationalen, Militär- oder NATO-Flugzeugen gelöst werden. Deren Einsatz erfordert jedoch ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine gezielte Planung, was mit Notfallsituationen nicht vereinbar ist. Als geeignetere Option käme der Einsatz einer speziellen Flotte von Airbus-A330-Großraumflugzeugen oder die punktuelle Anmietung bei Fachunternehmen in Frage. Eine aus drei Flugzeugen bestehende Einheit würde den Erwartungen der Experten wohl entsprechen. Diese Einheiten sind vielseitig einsetzbar und können technisch umgerüstet werden, sodass sie etwa für den Abwurf von Löschmitteln zur Eindämmung von Waldbränden oder für den Transport von Fahrzeugen genutzt werden können.

4.11.

Im Rahmen von rescEU könnten die Anschaffung und Verwaltung dieser Flugzeuge geprüft werden.

4.12.

Mit Blick auf die Governance fordert der EWSA die Einrichtung einer europäischen Agentur für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe. Im Laufe der Zeit werden derartige Strukturen häufig an die gleichen Orte und zu den gleichen Bevölkerungsgruppen gerufen. Katastrophenschutzmaßnahmen erfolgen in der Regel innerhalb kurzer Zeiträume, d. h. von Tagen oder Wochen, während sich humanitäre Hilfe über Monate oder noch längere Zeiträume hinziehen kann.

Brüssel, den 24. März 2022

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG