28.3.2020 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
CI 101/1 |
MITTEILUNG DER KOMMISSION
zur Änderung des Anhangs der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung
(2020/C 101 I/01)
I. Einführung
(1) |
Randnummer 13 der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (1) (im Folgenden „Mitteilung“) besagt, dass staatliche Versicherer (2) keine kurzfristigen Exportkreditversicherungen für marktfähige Risiken anbieten dürfen. Der Begriff „marktfähige Risiken“ bezeichnet nach Randnummer 9 der Mitteilung wirtschaftliche und politische Risiken für öffentliche und nichtöffentliche Käufer, die in einem der im Anhang der Mitteilung genannten Staaten niedergelassen sind, sofern die Höchstrisikolaufzeit weniger als zwei Jahre beträgt. |
(2) |
Der plötzliche Ausbruch von COVID-19 in den ersten Monaten des Jahres 2020 hat nicht nur eine ernste weltweite Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bewirkt, sondern auch einen schwerwiegenden Schock für die Weltwirtschaft und die Wirtschaft der Union. Infolge des Ausbruchs sind die Unternehmen mit einem gravierenden Liquiditätsmangel konfrontiert und ihre Handelsbedingungen erhöhten finanziellen Risiken ausgesetzt. Im Auftrag der Mitgliedstaaten unterrichtete die vom Rat eingesetzte Arbeitsgruppe „Exportkredite“ die Kommission darüber, dass private Versicherer sich zunehmend vom Markt für kurzfristige Exportkreditversicherungen zurückziehen und damit zu rechnen ist, dass die private Kapazität nicht mehr ausreichen wird, um alle wirtschaftlich vertretbaren Risiken im Zusammenhang mit Ausfuhren in alle Staaten der Welt, einschließlich aller Mitgliedstaaten, abzudecken. |
(3) |
Vor diesem Hintergrund führte die Kommission nach Randnummer 35 der Mitteilung eine öffentliche Konsultation durch, um die private Kreditversicherungs- und Rückversicherungskapazität zur Deckung von Ausfuhren in Staaten mit marktfähigen Risiken zu überprüfen und festzustellen, ob die derzeitigen und die erwarteten Marktbedingungen die vorübergehende Streichung bestimmter Staaten aus dem Verzeichnis rechtfertigen. |
II. Prüfung
(4) |
Nach Abschnitt 5.2 der Mitteilung berücksichtigte die Kommission bei ihrer Prüfung die unter Randnummer 33 der Mitteilung aufgeführten Indikatoren: die private Kreditversicherungskapazität, das Länderrating und die Leistungsbilanz des Unternehmenssektors. |
(5) |
Im Rahmen ihrer Prüfung der Frage, ob eine nicht ausreichende privatwirtschaftliche Kapazität zur Deckung aller wirtschaftlichen und politischen Exportrisiken die Streichung eines Staates aus dem Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken rechtfertigt, hat die Kommission die Mitgliedstaaten sowie private Kreditversicherer und andere Wirtschaftsbeteiligte, wie Ausführer, deren Verbände, Kreditversicherungsmakler und Berufsverbände, konsultiert und um einschlägige Informationen ersucht. Am 23. März 2020 veröffentlichte die Kommission eine Aufforderung zur Stellungnahme zur Verfügbarkeit kurzfristiger Exportkreditversicherungen für Ausfuhren in alle Staaten, die nach der Mitteilung als Staaten mit marktfähigen Risiken angesehen werden. (3) Frist für die Stellungnahme war der 25. März 2020. Bei der Kommission gingen 64 Stellungnahmen von Mitgliedstaaten, privaten Versicherern, Ausführern und Berufsverbänden ein. |
(6) |
Die bei der Kommission auf die öffentliche Aufforderung zur Stellungnahme eingegangenen Informationen deuten darauf hin, dass die private Kreditversicherungskapazität für Ausfuhren derzeit allgemein rasch abnimmt. Einige staatliche Versicherer verzeichneten bereits eine Zunahme der Anträge auf Kreditversicherungspolicen für Ausfuhren in Staaten mit marktfähigen Risiken. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass der Versicherungsschutz knapp werden wird und folglich ein privater Versicherungsschutz schon sehr bald nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen könnte. |
(7) |
Den jüngsten makroökonomischen Indikatoren zufolge erleben die Weltwirtschaft und die Wirtschaft der Union aufgrund des COVID-19-Ausbruchs zurzeit einen Abschwung. Dieser Trend dürfte sich in naher Zukunft fortsetzen. Die Auswirkungen des Ausbruchs spiegeln sich in den derzeitigen Länderratings noch nicht in vollem Umfang wider. In Anbetracht der Konjunkturindikatoren kann nach vernünftigem Ermessen davon ausgegangen werden, dass sich die Länderratings infolge der durch den Ausbruch von COVID-19 verursachten Krise kurzfristig verschlechtern werden. Die Leistungsbilanz des Unternehmenssektors dürfte sich verschlechtern (4)‚ und angesichts des zu erwartenden negativen Wachstums ist mit einer erheblichen Korrektur der für die EU erstellten Prognose für den Winter 2020 (1,4 %) zu rechnen. |
(8) |
Um die EU-Wirtschaft angesichts des Ausbruchs von COVID-19 zu unterstützen, hat die Kommission einen Befristeten Rahmen (5) angenommen‚ der den Mitgliedstaaten die Möglichkeit bietet, den in den geltenden Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum in vollem Umfang zu nutzen und zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen. Im Bereich der kurzfristigen Exportkreditversicherung wurde mit dem Befristeten Rahmen mehr Flexibilität in Bezug auf die Möglichkeit eingeführt, bestimmte Risiken aufgrund eines Mangels an Exportkreditversicherungen nach Randnummer 18 Buchstabe d der Mitteilung vorübergehend als nicht marktfähig zu betrachten. |
(9) |
Diese Flexibilität reicht jedoch möglicherweise nicht aus, um den Schwierigkeiten, mit denen die Unternehmen derzeit und voraussichtlich auch in nächster Zukunft konfrontiert sind bzw. sein werden, rasch zu begegnen. Deshalb ist eine schnellere Reaktion erforderlich, um alle negativen Folgen eines plötzlichen Rückzugs privater Versicherer vom Markt für kurzfristige Exportkreditversicherungen abzumildern. Angesichts der Ergebnisse der öffentlichen Konsultation sowie der allgemeinen Anzeichen dafür, dass COVID-19 eine Störung der Wirtschaft der Union insgesamt bewirkt, ist die Kommission der Ansicht, dass die privaten Kapazitäten allgemein nicht ausreichen, um alle wirtschaftlich vertretbaren Risiken für Ausfuhren in Staaten, die derzeit als Staaten mit marktfähigen Risiken eingestuft sind, abzudecken. Gleichzeitig ist es auf der Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen über die künftige Entwicklung der Verbreitung von COVID-19 möglich, dass private Versicherer ihr Engagement im Bereich der kurzfristigen Exportkreditversicherung vor Ablauf des in Randnummer 36 der Mitteilung genannten Einjahreszeitraums wieder erhöhen werden. Daher könnte eine Änderung des Verzeichnisses der Staaten mit marktfähigen Risiken für 12 Monate zu lang sein. |
(10) |
Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, alle wirtschaftlichen und politischen Risiken, die mit Ausfuhren in die im Anhang der Mitteilung aufgeführten Staaten verbunden sind, im Einklang mit der Dauer des Befristeten Rahmens bis zum 31. Dezember 2020 für vorübergehend nicht marktfähig zu erklären. Im Einklang mit Randnummer 36 der Mitteilung wird die Kommission drei Monate vor Ende des Jahres 2020 prüfen, ob die vorübergehende Ausnahme verlängert werden sollte. |
ÄNDERUNG DER MITTEILUNG
(11) |
Vom 27. März 2020 bis Ende 2020 gilt folgende Änderung der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung:
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(1) ABl. C 392 vom 19.12.2012, S. 1
(2) Der Begriff „staatlicher Versicherer“ ist in der Mitteilung als eine Gesellschaft oder Organisation definiert, die Exportkreditversicherungen mit der Unterstützung oder im Auftrag eines Mitgliedstaats anbietet, bzw. ein Mitgliedstaat, der Exportkreditversicherungen anbietet.
(3) https://ec.europa.eu/competition/consultations/2020_short-term-export-credit-insurance/index_en.html
(4) Während zahlreiche Teilnehmer an der öffentlichen Konsultation der Kommission angaben, Schwierigkeiten zu haben, die Folgen des Ausbruchs von COVID-19 zum gegenwärtigen Zeitpunkt exakt zu bewerten, legten einige Interessenträger Daten vor, die darauf hindeuten, dass die derzeitige Krise in Europa zu einer Zunahme der Unternehmensinsolvenzen um bis zu 20 % führen könnte. Ebenso ist mit negativen Auswirkungen hinsichtlich der Verringerung der Versicherungskapazitäten um bis zu 15 % im Allgemeinen und um bis zu 40 % in Bezug auf kleine Unternehmen zu rechnen. Vergleichbare Größenordnungen wurden 2009 verzeichnet, wobei viele Konsultationsteilnehmer in Bezug auf die Auswirkungen des Ausbruchs von COVID-19 im Jahr 2020 noch schlechtere Erwartungen äußerten.
(5) Mitteilung der Kommission – Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 (19. März 2020, ABL. C 91I vom 20.3.2020, S. 1).