EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 26.2.2020
SWD(2020) 504 final
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN
Länderbericht Deutschland 2020
Begleitunterlage zur
MITTEILUNG DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK UND DIE EUROGRUPPE
Das Europäische Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfung gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011
{COM(2020) 150 final}
inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
1.Wirtschaftliche Lage und Aussichten
2.Fortschritte bei den länderspezifischen Empfehlungen
3.Zusammenfassung der Hauptergebnisse der eingehenden Überprüfung im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten
3.1.Ungleichgewichte und deren Schwere22
3.2.Entwicklung, Aussichten und politische Maßnahmen23
3.3.Gesamtbewertung27
4.Reformprioritäten28
4.1.Öffentliche Finanzen und Besteuerung*()28
4.2.Finanzsektor*41
4.3.Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik*47
4.4. Reformen für Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen*58
4.5. Ökologische Nachhaltigkeit*69
Anhang A: Tabellarische Übersicht78
Anhang B: Analyse der Schuldentragfähigkeit der Kommission und fiskalische Risiken86
Anhang C: Standardtabellen87
Anhang D: Investitionsleitlinien für den Fonds für einen gerechten Übergang (Zeitraum 2021–2027, Deutschland)93
Anhang E: Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG)95
Quellenverzeichnis101
VERZEICHNIS DER TABELLEN
Tabelle 1.1:Wirtschaftliche und finanzielle Schlüsselindikatoren – Deutschland
Tabelle 2.1:Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2019
Tabelle 3.1:Intensität der Ausstrahlungseffekte auf Deutschlands EU-Partner
Tabelle 3.1a:Ausstrahlungseffekte bei Durchführung eines umfassenden zehnjährigen Investitionsprogramms in Deutschland
Tabelle 3.2:MIP-Bewertungsmatrix
Tabelle 4.2.1:Vierteljährliche Financial-Soundness-Indikatoren
Tabelle C.1:Finanzmarktindikatoren
Tabelle C.2:Sozialpolitisches Scoreboard: Indikatoren für die Kernziele
Tabelle C.3:Arbeitsmarkt- und Bildungsindikatoren89
Tabelle C.4:Indikatoren für soziale Inklusion und Gesundheit90
Tabelle C.5:Leistungsindikatoren der Produktmärkte und Politikindikatoren91
Tabelle C.6:Grünes Wachstum92
Tabelle E.1:Indikatoren für die Messung der Fortschritte Deutschlands bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele95
VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN
Abb. 1.1:
Nachfragekomponenten des BIP-Wachstums
Abb. 1.2:
Entwicklungen im verarbeitenden Gewerbe
Abb. 1.3:
KFZ-Neuzulassungen nach Art des Kraftstoffs
Abb. 1.4:
Beitrag der einzelnen Bereiche zur Gesamtinflation
Abb. 1.5:
Netto- und Bruttoinvestitionen im internationalen Vergleich
Abb. 1.6:
Reale LSK, Arbeitsanteil am BIP/an der BWS (in%)
Abb. 1.7:
Veränderung des Pro-Kopf-BIP (2010-2017) in Deutschland nach NUTS-2-Regionen
Abb. 1.8:
Leistungsbilanzsaldo und Komponenten
Abb. 2.1:
Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2011-2019 bis heute
Abb. 4.1.1:
Gesamthaushaltssaldo (HS), struktureller Haushaltssaldo (sHS) und finanzpolitischer Spielraum
Abb. 4.1.2:
Steuer- und Abgabenbelastung verschiedener Einkommensgruppen, DE, FR, UK, EU-28, 2018
Abb. 4.1.3:
Aufkommensstruktur bei Umweltsteuern, 2018
Abb. 4.1.3a: Umweltsteuerszenarien: Verteilungs- und Gerechtigkeitseffekte mit und ohne Ausgleichsmaßnahmen
Abb. 4.1.4:
Nettorentenniveau bei geringen und bei hohen Einkommen (2018)
Abb. 4.2.1:
Wohnimmobilienpreise im Vergleich zu den Fundamentalfaktoren
Abb. 4.2.2:
Leistungsbilanzsaldo und Finanzierungsüberschuss nach Sektoren
Abb. 4.2.3:
Für den Leistungsbilanzüberschuss verantwortliche Faktoren
Abb. 4.3.1:
Veränderungen bei der Beschäftigung nach Sektor, Anzahl der Beschäftigten in Kurzarbeit
Abb. 4.3.2:
Nominales Lohnwachstum: tatsächliches Wachstum und Prognosen auf der Grundlage wirtschaftlicher Fundamentaldaten
Abb. 4.3.3:
Unterschiede bei der Lebenserwartung von Personen mit dem höchsten und Personen mit dem niedrigsten Bildungsniveau in Jahren (im Alter von 40 Jahren)
Abb. 4.4.1:
Beitrag zum Wachstum der Arbeitsproduktivität, in Prozentpunkten
VERZEICHNIS DER KÄSTEN
Kasten 2.1: EU-Mittel und -Programme für strukturelle Herausforderungen und zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland
Katen 3.2: Ausstrahlungseffekte bei einer anhaltenden Ausweitung der öffentlichen Investitionen am Beispiel Deutschlands
Kasten 4.1.3: Das Klimaschutzpaket 2030
Kasten 4.1.4: Verteilungs- und Gerechtigkeitseffekte der CO2-Bepreisung
Kasten 4.3.5: Ergebnisse bei der europäischen Säule sozialer Rechte
Kasten 4.4.6: Investitionshindernisse und Reformen in Deutschland
Kasten 4.5.7: Neuausrichtung des Verkehrssektors
Zusammenfassung
Anhaltende Strukturreformen und langfristige Investitionen können in Deutschland ein nachhaltiges und inklusives Wachstum sicherstellen. Im zehnten Wachstumsjahr in Folge ist das deutsche Wachstum 2019 deutlich unter seinem Potenzial geblieben, was auf eine Kombination aus Transformationsprozessen in der Industrie und ungünstigen außenwirtschaftlichen Faktoren zurückzuführen ist. Gleichzeitig wurden bei den Reformen nur moderate Fortschritte erzielt. Positiv zu vermerken ist der weiterhin ausgesprochen robuste Arbeitsmarkt. Die Löhne steigen trotz konjunktureller Abschwächung und es wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitsanreize getroffen. Eine große Herausforderung stellen allerdings nach wie vor Investitionen in Bildung, in nachhaltigen Verkehr, in bezahlbaren Wohnraum und in die Energie- und die digitale Infrastruktur dar. Auch reichen die gesetzlichen und sonstigen Anreize (einschließlich steuerlicher Anreize) offenbar nicht aus, um ein inklusives und nachhaltiges Wachstum zu fördern. Während die Einkommensunterschiede in Deutschland dem Durchschnitt entsprechen, sind die Vermögen sehr ungleich verteilt. Würde die Chancengleichheit durch verstärkte Maßnahmen bei der allgemeinen und der beruflichen Bildung erhöht und würden Fragen der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit auch mithilfe der Sozialsysteme angegangen, könnte dies zu einem inklusiveren Wachstum beitragen.(
)
Einzige Triebkraft des nachlassenden Wirtschaftswachstums ist die Binnennachfrage. Die deutsche Wirtschaft mit ihrem exportorientierten verarbeitenden Gewerbe wird durch die anhaltende globale Unsicherheit, durch Spannungen in den Handelsbeziehungen und durch eine schwächere Auslandsnachfrage nach deutschen Produkten sowie die Notwendigkeit einer umweltfreundlicheren Umgestaltung des Verkehrssektors vor Herausforderungen gestellt. Nachdem sich das BIP 2018 um 1,5 % erhöht hatte, ist es 2019 um 0,6 % gewachsen. Wie im Vorjahr war der Außenbeitrag negativ und wurde das Wachstum von der Binnennachfrage getragen. Trotz der Schwäche im verarbeitenden Gewerbe ging die Arbeitslosigkeit 2019 auf ein Rekordtief von 3,2 % zurück. Das Lohnwachstum hat der Konjunkturabschwächung bislang standgehalten. Die Inflation ist von 1,9 % im Jahr 2018 auf 1,4 % im Jahr 2019 zurückgegangen, was insbesondere auf den kräftigen Rückgang der Energiepreise zurückzuführen ist.
Der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss ist zwar immer noch erheblich, geht aber aufgrund verstärkter öffentlicher Investitionen zurück, während der öffentliche Schuldenstand weiter sinkt. 2018 erreichte der gesamtstaatliche Haushaltsüberschuss einen Rekordwert von 1,9 % des BIP. 2019 ging der Überschuss dann auf 1,5 % zurück und wird 2020 wegen erhöhter Investitionen und anderer Fiskalmaßnahmen voraussichtlich weiter sinken. Erstmals seit 2002 dürfte die Bruttoschuldenquote unter den im Maastricht-Vertrag festgelegten Referenzwert von 60 % des BIP abgesunken sein. Sie könnte künftig noch weiter zurückgehen, da die Schuldenbremse ab 2020 auch für die Bundesländer verbindlich ist und diese dazu verpflichtet, von neuen strukturellen Defiziten abzusehen, was die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit weiter verringert.
Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und zugleich das Wachstumspotenzial zu steigern, müssen insbesondere in den netzgebundenen Wirtschaftszweigen, bei der allgemeinen und der beruflichen Bildung, bei der beruflichen Weiterbildung und bei Forschung und Innovation kontinuierlich langfristige Investitionen getätigt werden. Höhere Investitionen in eine nachhaltige Verkehrs- und Elektrizitätsinfrastruktur sind für die Erreichung der Klima-, Energie- und Umweltziele von zentraler Bedeutung. Obwohl der etablierte Betreiber weitgehend staatlich kontrolliert ist, hinkt Deutschland beim Hochleistungs-Breitbandausbau, der das Produktivitätswachstum steigern und bei den Lebensbedingungen für größere regionale Konvergenz sorgen könnte, nach wie vor hinterher. Durch höhere Investitionen in Forschung und Innovation könnte der Übergang zu einer CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft beschleunigt werden. Würden die Ausgaben für die allgemeine und die berufliche Aus- und Weiterbildung gesteigert, könnte dies die Arbeitskräfte von morgen produktiver machen und die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung abschwächen.
Bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2019 hat Deutschland insgesamt begrenzte(
) Fortschritte gemacht.
Einige Fortschritte wurden erzielt bei:
·der Herbeiführung eines Aufwärtstrends bei den Investitionen, auch in den Bereichen Forschung und Innovation;
·der Verbesserung der Voraussetzungen für Lohnwachstum, der Verringerung von Fehlanreizen, die einem höheren Arbeitsvolumen entgegenwirken, und beim Abbau der hohen Steuer- und Abgabenbelastung für Geringverdiener.
Begrenzte Fortschritte wurden erzielt bei:
·der Erhöhung der Bildungsausgaben und der Verbesserung der Bildungsergebnisse und des Kompetenzniveaus benachteiligter Gruppen;
·der Erhöhung der Investitionen in Digitalisierung und Hochleistungsbreitbandnetze, in Energienetze, nachhaltigen Verkehr und bezahlbaren Wohnraum;
·der Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit hin zu Steuerquellen, die einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum förderlicher wären, und der Verringerung von Fehlanreizen, die Zweitverdiener von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten;
·der Reform des Rentensystems.
Keine Fortschritte wurden erzielt bei:
·Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen.
Bei den Indikatoren des sozialpolitischen Scoreboards der europäischen Säule sozialer Rechte schneidet Deutschland weiterhin sehr gut ab. Das Land hat eine der höchsten Beschäftigungsquoten in der EU, eine niedrige Arbeitslosigkeit (einschließlich der Jugend- und der Langzeitarbeitslosigkeit) und ein gut zugängliches Gesundheitswesen. Auch die Frauenbeschäftigungsquote ist eine der höchsten in der EU, wenngleich Frauen in viel stärkerem Maße teilzeitbeschäftigt sind als Männer. Bei den Bildungsergebnissen bestehen regional große Unterschiede.
Bei der Erreichung der im Rahmen der Strategie Europa 2020 gesetzten nationalen Ziele schneidet Deutschland bei der Beschäftigungsquote, der Verringerung der Armut und den FuE-Investitionen sehr gut ab. Auch hat Deutschland sein nationales Ziel in Bezug auf den vorzeitigen Schulabgang und den Anteil erneuerbarer Energiequellen fast erreicht. Allerdings ist es trotz des jüngst verabschiedeten Klimapakets unwahrscheinlich, dass Deutschland seine nationalen Energieeffizienz- und Klimaziele für 2020 auch bis 2020 erreichen wird. Bei der Verringerung seiner nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden Emissionen kommt Deutschland nicht den EU-Vorgaben entsprechend voran.
Was die Fortschritte Deutschlands bei der Verwirklichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung anbelangt, hat sich der Abbau von Ungleichheiten in den vergangenen fünf Jahren verlangsamt, während das Land die Stärke seiner Institutionen und die Stabilität seines Justizsystems weiter verbessert hat.(
)
Die Hauptergebnisse der vertieften wirtschaftspolitischen Überprüfung, auf die unten noch näher eingegangen wird, und die sich daraus für die Politik ergebenden Herausforderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
·Der Leistungsbilanzüberschuss, der 2015 seinen Höchststand erreicht hatte, ist zurückgegangen. Der Leistungsbilanzüberschuss ist von 8,6 % des BIP im Jahr 2015 auf 7,4 % im Jahr 2018 zurückgegangen. 2019 wurde diese Entwicklung unterbrochen und betrug der Überschuss (vorläufigen Daten zufolge) 7,7 % des BIP. Gegenüber dem Eurogebiet ging er von 2,7 % im Jahr 2015 auf 2,2 % im Jahr 2019 zurück. Bei dem seit 2008 zunehmenden Sparüberhang über die Investitionen wurde 2016 ein Wendepunkt erreicht. Der Finanzierungsüberschuss des privaten Sektors ist seither zurückgegangen, was hauptsächlich auf den Rückgang des Finanzierungsüberschusses der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften zurückzuführen ist, aber durch den bis 2018 wachsenden öffentlichen Überschuss teilweise ausgeglichen wurde.
·Die privaten Investitionen bleiben trotz des Konjunkturrückgangs solide, reichen aber nach wie vor nicht aus, um den Infrastruktur- und den Wohnungsbedarf zu decken. 2018 und 2019 sind die privaten Investitionen real (d. h. inflationsbereinigt) um 3 % gestiegen. Alles in allem hat sich ihr Anteil am BIP von 18 % im Zeitraum 2011-2017 auf 19 % im Zeitraum 2018-2019 erhöht. Am schnellsten ist hier in den vergangenen Jahren der Anteil des Wohnbaus und der Investitionen in geistiges Eigentum gewachsen. Dennoch reichen die Investitionen nach wie vor nicht aus, um den Infrastrukturbedarf (beispielsweise bei der Energie- und der Digitalinfrastruktur) und den Wohnungsbedarf zu decken und die Anpassung an strengere Umweltanforderungen zu vollziehen.
·Angesichts des erheblichen Nachholbedarfs haben die öffentlichen Investitionen weiter zugenommen. Im Zeitraum 2015-2017 haben sich die öffentlichen Bruttoinvestitionen nominal um rund 6 % jährlich, 2018 nominal um fast 9 % und 2019 nominal um fast 7 % erhöht. Real lag der Anstieg im Zeitraum 2015-2019 bei durchschnittlich etwa 4 %, da sich die Preisinflation im Baugewerbe in den letzten Jahren beschleunigt hat. Die öffentliche Investitionsquote erhöhte sich dadurch von 2,1 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,5 % im Jahr 2019. Seit 2017 weisen die Nettoinvestitionen auf gesamtstaatlicher Ebene einen positiven Saldo auf, bleiben auf kommunaler Ebene, wo der Investitionsrückstand mit 4 % des BIP nach wie vor hoch ist, aber negativ.
·Höhere öffentliche Investitionen wären im In- wie im Ausland mit positiven Ausstrahlungseffekten verbunden. Würde die öffentliche Investitionsquote substanziell erhöht, könnte dies der Produktion und Beschäftigung sowohl in Deutschland als auch im übrigen Eurogebiet Auftrieb verleihen. Auch bei der Weiterentwicklung des Binnenmarkts spielt Deutschland eine wichtige Rolle. Bei der Umsetzung der Binnenmarktvorschriften bleibt es allerdings hinter dem EU-Durchschnitt zurück. Zu den Hindernissen zählen u. a. die restriktive Regulierung der Unternehmensdienstleistungen und die Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen.
·Beim Wachstum der Arbeitsproduktivität verzeichnet Deutschland seit Langem einen abnehmenden, seit 2018 sogar rückläufigen Trend, was sowohl auf konjunkturelle Faktoren als auch auf strukturelle Schwächen zurückzuführen ist. Die jüngste Abnahme der Arbeitsproduktivität ist hauptsächlich dem Produktionsrückgang im verarbeitenden Gewerbe und insbesondere im Automobilsektor zuzuschreiben. Zu den strukturellen Faktoren, die für den langfristigen Produktivitätsrückgang verantwortlich sind, zählen die geringen wachstumsfördernden Investitionen insbesondere in immaterielle Vermögenswerte und bei kleinen und mittleren Unternehmen, das Fehlen einer modernen digitalen Infrastruktur, die demografische Entwicklung und der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, die nachlassende Unternehmensdynamik, die langsame Technologieverbreitung, Schwächen bei den elektronischen Behördendiensten und der geringe Wettbewerb bei den Unternehmensdienstleistungen.
·Die Steigerung der Ressourcenproduktivität kann eine wichtige Triebkraft für künftige Wettbewerbsfähigkeit sein, wobei schädliche Auswirkungen auf die Umwelt so weit wie möglich zu begrenzen sind. Trotz gestiegener Ressourceneffizienz und einer relativen Entkopplung von Rohstoffverbrauch und Wirtschaftswachstum werden natürliche Ressourcen weiterhin in einem ökologisch nicht tragfähigen Maße verbraucht. Deutschland wird sein Ziel, die Rohstoffproduktivität bis 2020 zu verdoppeln, verfehlen, und bei der Verwendung von Sekundärrohstoffen liegt die Quote unter dem EU-Durchschnitt. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft kann Kosten einsparen und Arbeitsplätze schaffen und dabei zugleich den ökologischen Fußabdruck verringern.
·Trotz des BIP-Rückgangs hat das Lohnwachstum insgesamt weiter zugenommen und liegt die Arbeitslosigkeit auf historisch niedrigem Stand. Die Lage am Arbeitsmarkt ist trotz der merklichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums nach wie vor bemerkenswert gut. Dahinter verbergen sich jedoch zu einem gewissen Grad ein Horten von Arbeitskräften und gegenläufige Trends bei den Dienstleistungen und dem verarbeitenden Gewerbe. Während im verarbeitenden Gewerbe und bei den damit verbundenen Dienstleistungen keine neuen Arbeitsplätze mehr geschaffen wurden, gingen die Einstellungen im Baugewerbe und beim größten Teil der Dienstleistungen, insbesondere den öffentlichen Dienstleistungen weiter. Trotz des abnehmenden Beschäftigungswachstums und der sinkenden Arbeitsproduktivität hat sich das Wachstum der nominalen und realen Arbeitnehmerentgelte zwischen 2018 und 2019 beschleunigt. Das Arbeitsmarktpotenzial von Frauen und von Menschen mit Migrationshintergrund wurde jedoch nach wie vor nicht voll ausgeschöpft.
·Das Steuersystem stützt sich in hohem Maße auf die Besteuerung von Arbeit, während nach wie vor nicht ausreichend von Steuern Gebrauch gemacht wird, mit denen ein inklusives und nachhaltiges Wachstum gefördert werden kann. Der Anteil der Einnahmen aus der Besteuerung von Arbeit (56,9 % der Steuereinnahmen insgesamt) ist einer der höchsten in der EU. Obwohl Maßnahmen getroffen wurden, bestehen nach wie vor Fehlanreize, die u. a. Zweit- und Geringverdiener von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten. Niedrig sind zugleich die Einnahmen aus Steuern, mit denen die Zielsetzungen Nachhaltigkeit und Inklusivität gefördert werden, wie Umweltsteuern (4,5 %), periodische Steuern auf Immobilien (1,1 %) und Vermögens- und Erbschaftsteuern (0,4 %).
·Das Steuersystem trägt Klimawandel und Umweltschäden nicht ausreichend Rechnung. Das Umweltsteueraufkommen in Deutschland zählt weiterhin zu den niedrigsten in der EU und besteht hauptsächlich aus energiebezogenen Steuern, während die Einnahmen aus Kraftstoff- und Ressourcensteuern besonders niedrig sind. Die derzeitigen Preissignale für die verschiedenen Energieträger und Nutzer schränken das Potenzial für den Einsatz sauberer Energietechnologien und für Emissionssenkungen ein. Da Umweltsteuern in der Regel regressiv sind, muss ihr verstärkter Einsatz mit Politikmaßnahmen kombiniert werden, die die Auswirkungen auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen abmildern.
·Die Energiewende erfordert Investitionen in Elektrizitätsnetze, in intelligente Sektorenkopplung und Energieeffizienz sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. Das Fehlen einer angemessenen Übertragungs- und Verteilungsnetzinfrastruktur und die damit einhergehende Überlastung und mangelnde Flexibilität des Stromnetzes führt in Deutschland und anderen EU-Ländern zu finanziellen Verlusten und Marktverzerrungen. Die Notwendigkeit von Investitionen in zusätzliche Übertragungskapazität wächst. Steuern und Abgaben schränken eine intelligente Integration in den Bereichen Heizung, Verkehr und Industrie ein. Die Installation von Windkraftanlagen geht zurück.
·Würde im Verkehrssektor ein Wandel vollzogen, könnte damit der Luftverschmutzung begegnet, der Klimawandel eingedämmt und die Produktivität gesteigert werden. Besonders schlecht hat der Verkehrssektor bei der Senkung der Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen abgeschnitten, wodurch Deutschland bei der Verfolgung seines in der Lastenteilungsentscheidung gesetzten Ziels zurückgefallen ist. In dieser Entscheidung werden für die EU-Länder für die Zeit von 2013 bis 2020 nationale Emissionsziele festgelegt. Erleichtert werden kann der Umbau des Verkehrssektors durch Intensivierung der Investitionen in sauberen öffentlichen Verkehr und in die Infrastruktur, worunter auch Investitionen in alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff und E-Fuels fallen. Zusätzlich sollten angemessene Anreizstrukturen für saubere, sichere und besser funktionierende Mobilitätslösungen geschaffen werden, wodurch auch Technologiewettbewerb und Innovation gefördert würden.
·Das Fehlen bezahlbaren Wohnraums stellt mittlerweile eine große Herausforderung dar. Die Wohnkostenüberlastungsquote ist eine der höchsten in der EU. In den vergangenen zehn Jahren sind die Wohnungspreise um die Hälfte gestiegen, was auf eine Überbewertung in den größeren Städten und das zunehmende Risiko einer Immobilienblase hindeutet. Maßnahmen der Politik dämmen den Anstieg der Mietpreise zwar ein, können mit der Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum aber nicht Schritt halten. Das von der Regierungskoalition vereinbarte jährliche Ziel für Wohnungsneubauten wurde nicht erreicht.
Darüber hinaus werden im vorliegenden Bericht noch andere wichtige strukturelle Aspekte analysiert, die auf besondere Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft schließen lassen und die wie folgt zusammengefasst werden können:
·Die Rentabilität des Bankensektors ist niedrig. Die Kapitalisierungsquoten sind zufriedenstellend, doch sehen sich die deutschen Banken wegen ihrer Kostenstruktur vor Herausforderungen gestellt. Konsolidierungsanstrengungen sind nötig, da eine fragmentierte Marktstruktur die Gewinne belastet. Die durch Fintech und Bigtech angestoßenen Umwälzungen können die Erträge weiter schmälern. Auch das makroprudenzielle Instrumentarium muss gestärkt werden.
·Das deutsche Sozialsystem ist insgesamt gut entwickelt, wird aber durch die demografischen Entwicklungen zunehmend unter Druck gesetzt. Der demographische Wandel dürfte die langfristige Tragfähigkeit und die Angemessenheit der Renten gefährden. Auch die sehr unterschiedliche Lebenserwartung in den verschiedenen Gesellschaftsschichten verbunden mit den im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrigen Netto-Rentenersatzquoten bei Geringverdienenden wirft die Frage nach der intragenerationellen Gerechtigkeit auf. Die Effizienz des Gesundheitswesens kann durch Konsolidierung des Krankenhaussektors, eine stärkere Fokussierung auf integrierte Vorsorge und Pflege, durch gleiche Preissignale für ein- und dieselbe Behandlung und durch eine bessere Nutzung elektronischer Gesundheitsdienste gesteigert werden.
·Auch bei der allgemeinen und der beruflichen Bildung stellt sich nach wie vor die Frage der Chancengleichheit. Die deutschen Bildungsausgaben sind niedriger als in der Vergangenheit und liegen prozentual unter dem EU-Durchschnitt, obwohl das Land besonders stark von Automatisierung und Immigration betroffen ist. Bei den Bildungsabschlüssen gibt es weiterhin Unterschiede, wobei sozio-ökonomischer und Migrationshintergrund nach wie vor eine große Rolle spielen. Der Lehrermangel erschwert die Gewährleistung einer hochwertigen schulischen Bildung.
· Der von der Kommission für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (2021-2027) vorgeschlagene Mechanismus für einen gerechten Übergang umfasst einen Fonds für einen gerechten Übergang, eine spezielle Übergangsregelung im Rahmen von InvestEU und eine neue Darlehensfazilität der EIB für den öffentlichen Sektor. Er soll einen fairen Übergang zur Klimaneutralität der EU gewährleisten und zu diesem Zweck den am stärksten betroffenen deutschen Regionen dabei helfen, die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen zu schultern. Die Hauptprioritäten des Fonds, der im Rahmen des Mechanismus für einen gerechten Übergang errichtet wird, sind in Anhang D aufgeführt und beruhen auf der Analyse der im vorliegenden Bericht dargelegten umstellungsbedingten Herausforderungen.
1.
Wirtschaftliche Lage und Aussichten
Wirtschaftswachstum
Das Wirtschaftswachstum hat sich 2019 rapide abgeschwächt. Seit 2018 weist das Wachstum Dellen auf und ist instabil, folgt dem Muster des Exportwachstums und wird durch die ausgeprägte Schwäche des verarbeitenden Gewerbes gebremst. Nach einer Erholung auf 0,5 % im ersten Quartal 2019 schrumpfte die Wirtschaft im zweiten Quartal um 0,2 % und entging im dritten Quartal (mit einem Plus von 0,1 %) nur knapp einer technischen Rezession. Zu Jahresbeginn legten die Investitionen um 1,6 % und damit insgesamt robust zu, schwächten sich in den darauffolgenden Quartalen (mit einem Minus von 0,3 % bzw. 0,1 %) aber wieder ab. Im Jahresmittel erhöhte sich das BIP um nur 0,6 %, was gegenüber dem kräftigen Wachstum im Zeitraum 2014-2017 mit einem Durchschnitt von 2,2 % eine weitere Abschwächung darstellt.
|
Abb. 1.1:Nachfragekomponenten des BIP-Wachstums
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
|
Die binnenwirtschaftliche Seite blieb weiter robust und die Beschäftigung erreichte ein neues Rekordhoch. Trotz der Konjunkturschwäche und des verschlechterten Geschäftsklimas hat der Arbeitsmarkt nicht nachgegeben. Im Dienstleistungssektor setzte sich das Beschäftigungswachstum fort. Entlassungen in der Industrie blieben begrenzt, da die Unternehmen versuchen, qualifizierte Arbeitnehmer zu halten, um für einen Aufschwung gerüstet zu sein. Die Löhne sind weiter gestiegen. Dies hat dazu beigetragen, dass das Konsumwachstum mit durchschnittlich 0,4 % im Quartalsvergleich relativ stabil geblieben ist. Der öffentliche Verbrauch hat das Wachstum gestützt. Im Bausektor setzte sich das kräftige Wachstum fort. Bei den Dienstleistungen bot sich ein gemischtes Bild: während sich die öffentlichen und die Verbraucherdienstleistungen als robust erwiesen, blieben die unternehmensbezogenen Dienstleistungen, auch die Transportdienstleistungen schwach.
Die deutsche Wirtschaft wird 2020 und 2021 voraussichtlich ein gedämpftes Wachstum verzeichnen. Der Konsum dürfte auch weiterhin von der stabilen Beschäftigung und dem anhaltenden Lohnwachstum profitieren. Auch die Bautätigkeit wird trotz der bestehenden Kapazitätsengpässe voraussichtlich weiter zunehmen. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften steigen, wenn die Exporte erwartungsgemäß in einigen Quartalen auf ihren normalen Stand zurückkehren. Das seit zehn Jahren andauernde Wachstum wird sich voraussichtlich fortsetzen. Allerdings wird erwartet, dass es 2020 und 2021 mit knapp über 1 % gedämpft bleiben und damit deutlich unter dem für den Zeitraum 2019-2021 auf 1,4 % geschätzten Potenzialwachstum liegen wird.
Diese Aussichten sind mit Abwärtsrisiken behaftet. Die Risiken für die Exporte und Investitionen hängen mit dem Wachstum der Weltwirtschaft und den Handelsunsicherheiten sowie mit strukturellen Problemen in bestimmten Branchen (wie der Automobilindustrie) zusammen. Die Planungs- und Umsetzungskapazitäten im öffentlichen Sektor könnten das weitere Wachstum der öffentlichen Investitionen dämpfen. Die Sparquote ist durch das jüngste kräftige Lohnwachstum in die Höhe gegangen und dieser Trend könnte sich weiter verstärken, wenn das Verbrauchervertrauen nachlässt.
|
Abb. 1.2:Entwicklungen im verarbeitenden Gewerbe
|
|
|
|
Quelle: Eurostat, deutscher Verband der Automobilindustrie (VDA)
|
Die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe bremst das Wirtschaftswachstum. Das Exportwachstum hat sich 2019 erheblich abgeschwächt und die Industrieproduktion ist weiter zurückgegangen. Im vierten Quartal ging die Produktion im (seit Jahresbeginn 2018) sechsten Quartal in Folge zurück. Die Automobilindustrie befindet sich in strukturellem Wandel und die Produktion ist niedrig, während die Ausrüstungshersteller die Auswirkungen von Handelskonflikten und abnehmender globaler Nachfrage nach Investitionen zu spüren bekommen.
|
Abb. 1.3:KFZ-Neuzulassungen nach Art des Kraftstoffs
|
|
|
|
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt
|
Die Automobilproduktion in Deutschland ist erheblich zurückgegangen, während die deutschen Autobauer ihre Auslandsproduktion ausgeweitet haben. Die Automobilindustrie ist Deutschlands wichtigster Industriezweig und macht etwa 22 % der Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe, 4,7 % der Gesamtwertschöpfung und etwa 4 % der Beschäftigung aus. Durch ihre komplexe Wertschöpfungskette beeinflusst sie die Gesamtentwicklung des verarbeitenden Gewerbes ganz erheblich (Abbildung 1.2). Die Inlandsproduktion ist signifikant zurückgegangen. 2018 wurden 5,1 Mio. Fahrzeuge produziert, was gegenüber 2017 einen Rückgang um 9,3 % darstellt. Gleichzeitig haben die deutschen Unternehmen ihre Auslandsproduktion um 3,7 %, auf 11,2 Mio. Fahrzeuge ausgeweitet. Bei der Inlandsproduktion hat sich der Trend 2019 fortgesetzt: So ging die Produktion in Deutschland um weitere 5 % auf 4,7 Mio. Fahrzeuge zurück und erreichte damit fast die Tiefstände von 2009 (Abbildung 1.2), während die Auslandsproduktion unverändert bei 11,2 Mio. Fahrzeugen lag. Die Aussicht auf zügige Erholung wird durch die abwartende Haltung der potenziellen Autokäufer gedämpft. Der Rückgang bei den KFZ-Neuzulassungen in Deutschland und der EU im Allgemeinen ist zu einem großen Teil der rückläufigen Nachfrage nach Dieselfahrzeugen zuzuschreiben.
Die Nachfrage nach Dieselfahrzeugen ist zurückgegangen, während sich der Anteil der Fahrzeuge mit Alternativantrieb langsam erhöht. In der ersten Jahreshälfte 2019 gingen die Neuzulassungen von Dieselfahrzeugen in der EU im Jahresvergleich um 17 % zurück, nachdem dieser Rückgang 2018 18 % betragen hatte. Nach dem Dieselskandal im Jahr 2015 und neuen Plänen, die Emissionen durch strengere Vorschriften zu senken, geht die Nachfrage nach Fahrzeugen mit traditionellem Verbrennungsmotor, und insbesondere nach Diesel-Fahrzeugen zurück. Verschiedene Mitgliedstaaten und Städte haben ehrgeizige Luftreinhaltungspläne beschlossen, die u. a. darin bestehen, bestimmten Dieselfahrzeugen die Einfahrt in Stadtgebiete zu untersagen. Einige Länder planen, den Verkauf neuer Benzin- und Dieselfahrzeuge in zehn oder zwanzig Jahren zu untersagen. In Deutschland hat sich die Zahl der Neuzulassungen von Dieselfahrzeugen 2019 auf dem Vorjahreswert stabilisiert, nachdem sie seit dem Dieselskandal zurückgegangen war (Schaubild 1.3). Hybrid- und Elektrofahrzeuge bilden eindeutig das am schnellsten wachsende Segment bei den Neuzulassungen, wenngleich deren Anteil an den insgesamt zugelassenen Fahrzeugen mit weniger als 1 % nach wie vor sehr niedrig ist. Vor allem Hybridfahrzeuge (davon zu einem geringen Teil Plug-in-Hybride) werden eher nachgefragt als reine Elektroautos. Dies könnte helfen, die Leistungsdefizite bei den derzeit verfügbaren Elektrofahrzeugen zu überbrücken, solange die Wende hin zu einem emissionsarmen innerstädtischen Verkehr und einem emissionsarmen Straßenfernverkehr noch auf den Weg gebracht wird (siehe Kasten 4.5.17).
|
Abb. 1.4:Beitrag der einzelnen Bereiche zur Gesamtinflation
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
|
Inflation
Die Inflation dürfte moderat bleiben. Die Verbraucherpreisinflation liegt unter dem Lohnwachstum, was die Kaufkraft stärkt. Nachdem die anhand des harmonisierten Verbraucherpreisindexes bestimmte Inflation 2018 bei knapp 2 % gelegen hatte, ging sie in der zweiten Jahreshälfte 2019 auf knapp über 1 % zurück. Klammert man die schwankenden Preise für Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel aus, lag sie 2019 ganzjährig bei etwa 1,4 %. Angesichts der prognostizierten moderaten Binnennachfrage dürfte der Inflationsdruck gedämpft bleiben und wird sich an der Höhe der Inflation voraussichtlich nicht viel ändern.
|
Abb. 1.5:Netto- und Bruttoinvestitionen im internationalen Vergleich
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission – Datenbank Ameco
|
Investitionen
Angesichts des erheblichen Investitionsrückstands haben die öffentlichen Investitionen weiter zugenommen und dürften mit dem Haushalt 2020 weiter ansteigen. Im Zeitraum 2015-2017 legten die öffentlichen Bruttoinvestitionen jährlich um rund 6 % zu. 2018 erhöhten sie sich dann nominal um annähernd 9 % und 2019 um nominal fast 7 %. Real lag der Anstieg im Zeitraum 2015-2019 bei durchschnittlich etwa 4 %, was auf die hohe Preisinflation im Baugewerbe im Zeitraum 2017-2019 (durchschnittlich über 4,5 %) zurückzuführen ist. Dadurch erhöhte sich die öffentliche Investitionsquote von 2,1 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2019. 2017 und 2018 wiesen die Nettoinvestitionen des Staates erstmals seit 2012 insgesamt wieder positive Werte auf (0,12 % des BIP gegenüber 0,03 % im Euro-Währungsgebiet). 2018 wurde diese Entwicklung durch Investitionen auf kommunaler Ebene vorangetrieben, wo die Investitionen netto nach wie vor negativ sind und die Höhe der Abschreibungen erreichen müssen. Die von den Kommunen ermittelten Investitionsrückstände belaufen sich auf 138,4 Mrd. EUR und sind damit nach wie vor hoch. Die Daten für den Zeitraum Januar-September 2019 deuten auf eine Intensivierung des Investitionswachstums auf kommunaler Ebene hin.
Trotz nachlassenden Wirtschaftswachstums bleiben die privaten Investitionen solide. Die privaten Investitionen haben 2018 real insgesamt kräftig zugelegt (3 %) und zwar in den meisten Bereichen (Wohnbau 3 %, Ausrüstungsgüter 3,9 %, sonstige Investitionen 4,7 %). Nur im Nichtwohnbau blieb das Investitionswachstum gedämpft. 2019 setzte sich der reale Investitionsanstieg etwas langsamer (2,4 %) fort. Die Investitionen im Nichtwohnbau nahmen an Fahrt auf, während sich das Investitionswachstum bei den Ausrüstungsgütern abschwächte. Insgesamt hat sich der Anteil der privaten Investitionen am BIP 2019 auf 19,2 % erhöht. Am schnellsten ist hier in den vergangenen Jahren der Anteil des Wohnbaus (siehe Abschnitt 4.4) und der sonstigen Investitionen gewachsen (worunter im Wesentlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in sonstiges geistiges Eigentum fallen). Der Anteil der Investitionen in Ausrüstungsgüter und in den Nichtwohnbau hat sich nur wenig verändert.
Die Nettoinvestitionsquote ist gemessen an historischen und internationalen Standards weiterhin relativ niedrig. Die Bruttoinvestitionsquote ist 2019 auf 21,7 % angestiegen und hat damit den höchsten Stand seit 2001 erreicht. Auch im restlichen Eurogebiet liegt sie über dem Stand von 2010. Langfristig gesehen hat die deutsche Nettoinvestitionsquote demgegenüber dem globalen Trend entsprechend abgenommen, was möglicherweise auf Faktoren wie die rasche Akkumulierung von Kapital in Volkswirtschaften, die nach dem zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut wurden, zurückzuführen sein könnte. Seit der Jahrtausendwende ist sie nach einem anfänglichen wiedervereinigungsbedingten Anstieg gedämpft geblieben. Derzeit bewegt sie sich um den Durchschnitt der übrigen EU15 (d. h. der 15 Länder, die vor der EU-Erweiterung im Jahr 2004 bereits Mitgliedstaaten waren), liegt aber signifikant unter dem Stand anderer großer Volkswirtschaften wie den Vereinigten Staaten oder Frankreich. So sind ungeachtet der allgemein hohen Qualität der Verkehrsinfrastruktur beispielsweise die Auswirkungen der unzureichenden Infrastrukturinvestitionen in den vergangenen Jahren nach wie vor spürbar, was angesichts der Rolle Deutschlands als Transitland von Nord nach Süd und Ost nach West neben der Wartung des Straßennetzes und neben den Staus Anlass zur Sorge gibt. Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur lagen in den vergangenen Jahren konstant unter 0,6 % des BIP. Die hochentwickelte Infrastruktur in Deutschland würde von kohärenten, langfristig ausgerichteten Bemühungen profitieren, diese Infrastruktur zu warten und auf neuestem Stand zu halten.
Arbeitsmarkt
Die Lage am Arbeitsmarkt ist trotz der merklichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums nach wie vor bemerkenswert gut. Die Arbeitslosenquote ist weiter zurückgegangen und stabilisierte sich mit etwa 3,2 % im Jahr 2019 auf dem seit der Wiedervereinigung niedrigsten Stand. In der Altersgruppe der 20-64-Jährigen ist die Beschäftigungsquote gegenüber dem Vorjahr um etwa 1 Prozentpunkt gestiegen, lag im dritten Quartal 2019 bei 80,5 % und ist damit eine der höchsten in der EU. Doch hat sich das Beschäftigungswachstum abgeschwächt und machen die Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe zunehmend von Kurzzeitarbeitsverträgen Gebrauch, um Entlassungen zu vermeiden (siehe Abschnitt 4.3). Während in einigen Sektoren nach wie vor Arbeitskräftemangel herrscht, wird das Arbeitsmarktpotenzial bestimmter Gruppen in Deutschland nicht voll genutzt und gehört der Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen zu den höchsten in Europa.
|
Abb. 1.6:Reale LSK, Arbeitsanteil am BIP/an der BWS (in%)
|
|
|
|
Quelle: Destatis, Europäische Kommission
|
2018 und 2019 nahm das gesamtwirtschaftliche Lohnwachstum zu, während für 2020 eine Abschwächung erwartet wird. Bedingt durch die zunehmend gespannte Lage am Arbeitsmarkt stiegen die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer 2016 um 2,5 %, 2017 um 2,6 % und 2018 und 2019 um 3,2 % an. Vorangegangen war eine längere Phase der Lohnzurückhaltung, in der die Löhne nicht mit der Produktivität Schritt gehalten haben und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte entstanden sind (siehe Abschnitt 4.3). Für 2020 wird erwartet, dass das Lohnwachstum sowohl nominal als auch real wieder leicht nachlassen wird.
Eine Kombination aus rückläufigem Arbeitsproduktivitätswachstum und Lohnerhöhungen hat zum Anstieg der Lohnstückkosten beigetragen. Angesichts der nach wie vor hohen Beschäftigung, der abnehmenden Produktion im verarbeitenden Gewerbe und des anhaltenden Beschäftigungswachstums im Sektor der nicht handelbaren Güter ist bei der gesamtwirtschaftlichen Produktivität seit Jahresbeginn 2018 ein Negativwachstum zu verzeichnen (siehe auch Abschnitt 4.4.1). Während die Arbeitsproduktivität 2019 um 0,3 % gesunken ist, stiegen die Arbeitnehmerentgelte nominal um 3,3 %, wodurch sich die Lohnstückkosten um 3,6 % erhöht haben. Dies hat zu einem gewissen Abbau der Ungleichgewichte der deutschen Wirtschaft gegenüber dem restlichen Eurogebiet beigetragen. Der reale effektive Wechselkurs wertete auf, was zu einem Teil auf die nominale effektive Aufwertung des Euro zurückzuführen ist.
Soziale Entwicklungen
Während das Risiko von Armut oder sozialer Ausgrenzung weiterhin moderat abnimmt, gibt die zunehmend ungleiche Einkommensverteilung Anlass zur Sorge. 2018 waren 18,7 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Dies stellte eine weitere kleine Verbesserung gegenüber 2017 (19 %) und gegenüber dem Spitzenwert des Jahres 2014 (20,6%) dar. Darüber hinaus hat Deutschland in den vergangenen fünf Jahren bedeutende Fortschritte bei der Erreichung des Nachhaltigkeitsziels 1 (von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Personen) erzielt. Auch das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte ist weiter gestiegen. Allerdings ging 2018 der Einkommensanteil der unteren 60 % der Bevölkerung gegenüber dem Vorjahr um 2,5 % zurück, während sich der Einkommensanteil der oberen 20 % um 3,7 % erhöhte. 2018 lag das verfügbare Einkommen der reichsten 20 % der Haushalte um ein Fünffaches über dem der ärmsten 20 %, wobei sich dieser Abstand seit 2017 vergrößert, und laut dem sozialpolitischen Scoreboard im Auge behalten werden muss. Doch entspricht dieser Wert immer noch dem Eurogebietsdurchschnitt. Die Vermögen sind nach wie vor sehr ungleich verteilt: So besaßen 2017 die reichsten 10 % der Haushalte rund 55 % des Nettovermögens und lag der Gini-Koeffizient für die Haushalte bei 74 %. Damit ist er gegenüber 2014 (76 %) zwar leicht gesunken, bleibt aber deutlich über dem Wert für das Eurogebiet insgesamt (68,5 % im Jahr 2014) (Bundesbank 2019). Die ungleiche Verteilung des Immobilienbesitzes und die rapide ansteigenden Wohnungspreise (siehe Abschnitte 4.2 und 4.4) dürften in hohem Maße zu diesem Trend beigetragen haben, während das Steuersystem eine gewisse Rolle bei der Verringerung der hohen Vermögensungleichverteilung in Deutschland spielt (siehe Abschnitt 4.1).
|
Abb. 1.7:Veränderung des Pro-Kopf-BIP (2010-2017) in Deutschland nach NUTS-2-Regionen
|
|
|
|
Quelle: Eurostat
|
Regionale Unterschiede
Regionale Unterschiede, insbesondere zwischen Ost und West, nehmen in Deutschland seit 2001 kontinuierlich ab, doch ist die Kluft zwischen den am weitesten und den am wenigsten entwickelten Regionen nach wie vor groß. Auch wenn Ostdeutschland in den vergangenen dreißig Jahren aufgeholt hat, sind die Regionen mit dem niedrigsten Entwicklungsstand nach wie vor dort angesiedelt. So lag das Pro-Kopf-BIP im Osten 2018 bei 74,7 % des Werts im Westen, wobei der Abstand in den vergangenen zehn Jahren kleiner geworden ist. In einigen deutschen Regionen wie im bayerischen Ober- und Unterfranken, in Chemnitz und in Thüringen ging das BIP-Wachstum pro Kopf zwischen 2010 und 2017 jedoch über 2,3 % hinaus. In anderen ostdeutschen Ländern wie in Mecklenburg-Vorpommern (1,0 %) oder Berlin (1,1 %) wuchs die Wirtschaft allerdings langsamer als im übrigen Deutschland (1,8 %) und in der EU (1,2 %) (siehe Abbildung 1.7). Auch bei Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität, Investitionen, Arbeitslosenquoten und demografischen Entwicklungen gibt es regionale Unterschiede (siehe Abschnitt 4.4).
|
Abb. 1.8:Leistungsbilanzsaldo und Komponenten
|
|
|
|
Quelle: Deutsche Bundesbank, Europäische Kommission
|
Außenhandel
Der seit 2015 zu verzeichnende allmähliche Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses wurde 2019 vorübergehend unterbrochen. 2019 betrug er 7,7 % des BIP. Der Handelsbilanzüberschuss erhöhte sich gegenüber 2018 um 0,3 BIP-Prozentpunkte, was auf günstigere Energieimporte und die schwache Nachfrage des verarbeitenden Gewerbes nach Vorleistungsimporten zurückzuführen ist. Beim Primäreinkommen hat sich der Saldo um 0.1 PP erhöht. Bei den Dienstleistungen und dem Sekundäreinkommen blieb er unverändert.
Der Umbau im Automobilsektor schlägt sich auf die Entwicklung der Handelsbilanz nieder. Die Nettoautomobilexporte sind weiter zurückgegangen und zu einem großen Teil für die Abnahme des Handelsüberschusses seit 2015 verantwortlich. Dieser Trend hat sich in den letzten Quartalen fortgesetzt, da die Automobilimporte weiter zugenommen haben, während die Exporte im Verhältnis zum BIP zurückgegangen sind oder stagnierten. Zurückzuführen ist dies sowohl auf die globale Abschwächung der Nachfrage nach Automobilen insgesamt als auch auf die Tatsache, dass die deutschen Autobauer einen erheblichen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlagert haben.
Öffentliche Finanzen
Trotz nachlassenden Wachstums ist der Haushaltsüberschuss nach wie vor erheblich und die Haushaltslage günstig, während der Schuldenstand weiter sinkt. Die öffentlichen Finanzen Deutschlands haben in den letzten Jahren von der günstigen Wirtschaftslage sowie davon profitiert, dass die Steuereinnahmen stärker sprudelten als erwartet und die Zinszahlungen im Niedrigzinsumfeld rasch gesunken sind. Nachdem 2018 der Spitzenwert von 1,9 % des BIP erreicht worden war, ging der Gesamtsaldo 2019 infolge von Fiskalmaßnahmen und in gewissem Umfang auch aufgrund der konjunkturellen Abschwächung auf 1,5 % zurück. Dennoch blieb die Haushaltslage 2019, wie sie im strukturellen Finanzierungsüberschuss und der Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels von derzeit -0,5 % des BIP zum Ausdruck kommt, weiterhin günstig. In den kommenden Jahren wird dieser Überschuss voraussichtlich allmählich abnehmen, da ein nachlassender Anstieg der Steuereinnahmen prognostiziert wird und sich die Gesamtausgaben aufgrund staatlicher Maßnahmen erhöhen (Europäische Kommission, 2019a) (siehe auch Abschnitt 4.1).
Bei der Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung schneidet Deutschland insgesamt gut ab. Nach den Eurostat-Indikatoren für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG, Sustainable Development Goals) (siehe Anhang E) hat Deutschland in den vergangenen fünf Jahren bei den meisten Zielen Fortschritte erzielt. Dies gilt insbesondere für Ziel 16 („Frieden und Gerechtigkeit“), für Ziel 8 („Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“) und für Ziel 17 („Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“). Bei Ziel 3 („Gesundheit und Wohlergehen“) liegen die meisten Ergebnisse zudem über dem EU-Durchschnitt. Eine gewisse Verschlechterung ist demgegenüber bei Ziel 10 („Weniger Ungleichheiten“) und bei Ziel 9 (Nachhaltiger Verkehr) feststellbar und bei Ziel 12 („Verantwortungsvoll produzieren und konsumieren“) bleiben die meisten Indikatoren unter dem EU-Durchschnitt.
|
|
|
Tabelle 1.1:Wirtschaftliche und finanzielle Schlüsselindikatoren – Deutschland
|
|
|
|
Quelle: Eurostat und EZB, Stand: 4.2.2020, sofern schon verfügbar; von der Europäischen Kommission für ihre Prognosen verwendete Zahlen (reales BIP und HVIP: Winterprognose 2020, alles andere: Herbstprognose 2019). Deutsche Bundesbank Destatis
|
|
|
2.
Fortschritte bei den länderspezifischen Empfehlungen
Seit Einführung des Europäischen Semesters im Jahr 2011 wurden bei 54 % aller an Deutschland gerichteten Empfehlungen zumindest „einige Fortschritte“ erzielt. Bei 46 % der länderspezifischen Empfehlungen waren allerdings nur „begrenzte“ oder „keine Fortschritte“ festzustellen (siehe Abbildung 2.1). Im Vergleich zu den Jahren 2014-2017 hat sich die Umsetzung der Empfehlungen unlängst verbessert, wenn auch nur begrenzt, sodass Deutschland nun in etwa dem Durchschnitt anderer Mitgliedstaaten entspricht.
|
Abb. 2.1:Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2011-2019 bis heute
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
|
Die öffentlichen Finanzen haben sich weiter verbessert und es wurden Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Investitionen ergriffen. Doch wären weitere Anstrengungen zu begrüßen, um dem Sparüberhang über die Investitionen entgegenzuwirken. Die deutsche Haushaltslage hat sich zwischen 2011 und 2019 erheblich verbessert, was den seit Anfang der 2010er Jahre ausgegebenen länderspezifischen Empfehlungen zur Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels und zum Schuldenabbau entspricht. Die gute Haushaltslage hat auch Spielraum für eine Intensivierung der Investitionen eröffnet, sodass die öffentliche Investitionsquote von 2,1 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2019 angestiegen ist. Doch besteht nach wie vor ein erheblicher Investitionsrückstand, was insbesondere für Investitionen in Bildung und Infrastruktur auf kommunaler Ebene gilt.
In Bezug auf effiziente Marktstrukturen wurden moderate Fortschritte erzielt. Der wettbewerbsrechtliche Rahmen wurde verbessert, dafür aber trotz zahlreicher Klagen über fehlende Kapazitäten wenig unternommen, um das öffentliche Auftragswesen zu öffnen und einer größeren Zahl von Anbietern Zugang zu Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen zu verschaffen. Schranken für den Wettbewerb im Schienenverkehr wurden nur begrenzt abgebaut. Auch die Verbesserungen in netzgebundenen Wirtschaftszweigen wie Telekommunikation, Energie und Verkehr waren insgesamt begrenzt, was das Verbraucherwohl schmälert und die künftige Wettbewerbsfähigkeit und die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele gefährdet. Der Investitionsbedarf bei der Stromübertragungs- und -verteilungsinfrastruktur wächst, doch wird der Bedarf für die verschiedenen Arten von Energienetzen und die verschiedenen Ebenen des Staates derzeit nicht systematisch und umfassend erfasst.
Die Lage am Arbeitsmarkt ist gut, doch sind angesichts des demografischen Wandels größere Anstrengungen erforderlich. Beschäftigung und Löhne sind 2019 trotz nachlassender Konjunktur gestiegen, womit sich der seit 2011 anhaltende Trend fortgesetzt hat. Die Arbeitseinkommen haben sich verbessert, was sowohl auf die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns als auch auf Bemühungen zurückzuführen ist, die Steuern auf Arbeit zu verringern und Fehlanreize, die von der Aufnahme einer Beschäftigung abhalten, abzubauen.
Alles in allem hat Deutschland bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2019 begrenzte Fortschritte erzielt(
). Einige Fortschritte wurden im Hinblick darauf erzielt, bei den öffentlichen und privaten Investitionen ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen und die Voraussetzungen für die Förderung eines höheren Lohnwachstums zu stärken – zwei Empfehlungen, die eng mit der für das Euro-Währungsgebiet empfohlenen Förderung von Investitionen und Lohnwachstum zusammenhängen (siehe Tabelle 2.1). Es wurden gewisse Anstrengungen unternommen, um die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit zu verringern, insbesondere die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die meisten Steuerzahler ab 2021. Doch sind die Steuern auf Arbeit nach wie vor hoch und wird das Potenzial von Steuern, die einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum förderlicher sind, wie Umwelt- und Vermögensteuern, nicht voll ausgeschöpft. Bei der Förderung des Wettbewerbs bei den Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen hat es keine Fortschritte gegeben. Mit dem Gesetz zur Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Handwerksberufen wird eine Reform von 2004 sogar wieder zurückgenommen. Bei der Verbesserung der Bildungsergebnisse und des Kompetenzniveaus benachteiligter Gruppen wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Die Ergebnisse der von der OECD 2018 durchgeführten internationalen Schulleistungsstudie (PISA) zeigen, dass in dieser Hinsicht mehr unternommen werden muss, da sich die Zahl der Schüler mit unzureichenden Leistungen in allen Fächern gegenüber 2015 erhöht hat.
Auf Antrag eines Mitgliedstaats kann die Kommission im Rahmen des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen maßgeschneiderte Expertise bereitstellen, um bei der Ausgestaltung und Umsetzung wachstumsfördernder Reformen zu helfen. Seit 2018 hat Deutschland bei drei Projekten eine derartige Unterstützung erhalten. 2019 hat die Kommission dabei geholfen, in der amtlichen Statistik eine Einheit für Großunternehmen zu schaffen, die sicherstellen soll, dass multinationale Unternehmensgruppen mit großen wirtschaftlichen Auswirkungen angemessen in der nationalen Statistik erfasst werden. Im selben Jahr wurde damit begonnen, die hierfür erforderliche IT-Infrastruktur festzulegen und die Kapazitäten für deren erfolgreiche Umsetzung aufzubauen.
|
|
|
Tabelle 2.1:Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2019
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
(2) Der Beitrag der kohäsionspolitischen Fonds der EU für den Zeitraum 2021-2027 bleibt bei der Bewertung der länderspezifischen Empfehlung Nr. 1 unberücksichtigt. Der rechtliche Rahmen für die Programmplanung bei den kohäsionspolitischen Fonds für den Zeitraum 2021-2027 wurde von den gesetzgebenden Organen noch nicht verabschiedet, weil u. a. die Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen (MFF) noch aussteht.
|
|
|
|
Kasten 2.1: EU-Mittel und -Programme für strukturelle Herausforderungen und zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland
Absolut gesehen ist Deutschland einer der Hauptempfänger von EU-Fördermitteln. Unter dem laufenden mehrjährigen Finanzrahmen (der den Zeitraum 2014-2020 abdeckt) belaufen sich die Mittel aus den kohäsionspolitischen EU-Fonds(
I
) auf 30,3 Mrd. EUR, was etwa 0,1 % des jährlichen deutschen BIP entspricht. Ende 2019 waren rund 27,6 Mrd. EUR (etwa 91 % des insgesamt vorgesehenen Betrags) zugewiesen und 13,7 Mrd. EUR (45 % des insgesamt vorgesehenen Betrags) im Rahmen der ausgewählten Projekte aufgewendet, womit die Umsetzung über dem EU-Durchschnitt liegt. (
II
) Im Rahmen der Politik für die Entwicklung des ländlichen Raums sind einschließlich der nationalen Beiträge insgesamt 14 Mrd. EUR zugewiesen.(
III
) Ende 2019 waren 7,4 Mrd. EUR (d. h. 52 %) aufgewendet, was dem EU-Durchschnitt entspricht.
Die Kohäsionsmittel der EU tragen in Deutschland zur Verringerung der wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede bei, nehmen aber auch strukturelle Herausforderungen in den Blick. Im Rahmen der kohäsionspolitischen Programme für Deutschland wurden 6,2 Mrd. EUR für intelligentes Wachstum, 3,5 Mrd. EUR für nachhaltiges Wachstum und nachhaltigen Verkehr und 7,9 Mrd. EUR für inklusives Wachstum zugewiesen. Zusätzlich dazu wurden 2019 nach der Leistungsüberprüfung(
IV
) weitere 1,5 Mrd. EUR für erfolgreiche Prioritäten bereitgestellt.
Die kohäsionspolitischen Mittel der EU haben einen wertvollen Beitrag zur Transformation der deutschen Wirtschaft geleistet. Seit 2014 wurden durch Förderung von Forschung, Technologie und Innovation, aber auch durch Förderung einer umweltfreundlichen wirtschaftlichen Entwicklung und kleiner und mittlerer Unternehmen beträchtliche Fortschritte erzielt. Bis Ende 2018 wurden aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 18 300 Unternehmen und 2 000 Start-ups gefördert. Darüber hinaus hat dieser Fonds zur Schaffung von mehr als 6 700 Arbeitsplätzen in Unternehmen beigetragen und für über 2 400 Wissenschaftler die Infrastrukturen verbessert. Die Kohäsionspolitik hat auch einen Beitrag zur Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft geleistet, indem durch Projekte die Emissionen um 73 500 Tonnen CO2-Äquivalente jährlich reduziert wurden. Außerdem wurde mit EU-Fördermitteln für mehr als 1,4 Mio. Menschen in 130 Städten eine integrierte Stadtentwicklung gefördert. Der Europäische Sozialfonds (ESF) hat eine nachhaltige und hochwertige Beschäftigung gefördert, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung bekämpft und die Investitionen in die berufliche und die allgemeine Bildung gesteigert und so einen EU-Mehrwert erbracht. Die zwischen 2015 und 2018 ausgezahlten Mittel kamen mehr als 1,3 Mio. Menschen zugute, hauptsächlich Langzeitarbeitslosen (über 180 000), benachteiligten Menschen (über 150 000), Menschen mit Migrationshintergrund (über 390 000) und jungen Menschen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und keine Berufsausbildung absolvieren (über 100 000).
Die EU-Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums hat zur Stärkung der ländlichen Wirtschaft in Deutschland beigetragen. Zwischen 2015 und 2018 hat der ELER mehr als 5 000 Landwirten bei Investitionen zur Umstrukturierung und Modernisierung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe geholfen und so die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors erhöht. Darüber hinaus wurden 321 lokale Aktionsgruppen zur Förderung der lokalen Entwicklung in ländlichen Gebieten gegründet, die mehr als 63 % der deutschen Landbevölkerung abdecken.
Auch der Fischereifonds und andere EU-Programme tragen dazu bei, die notwendigen Investitionen anzuschieben. Aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) werden für Deutschland (einschließlich der nationalen Kofinanzierung) 286 Mio. EUR bereitgestellt. Zusätzlich dazu profitiert Deutschland auch von anderen EU-Programmen wie der Fazilität „Connecting Europe“, aus der 2,2 Mrd. EUR für strategische Verkehrsnetze bereitgestellt wurden, und dem Programm „Horizont 2020“, in dessen Rahmen EU-Mittel in Höhe von 7,1 Mrd. EUR bereitgestellt wurden (davon etwa 921 Mio. EUR für 1 500 KMU).
Die EU-Fonds investieren bereits erhebliche Summen in Maßnahmen, die mit den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung in Einklang stehen. In Deutschland fördern die ESI-Fonds 12 der 17 Nachhaltigkeitsziele. Zu deren Verfolgung tragen 97 % der Ausgaben bei.
|
3.
Zusammenfassung der Hauptergebnisse der eingehenden Überprüfung im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten
Im Warnmechanismusbericht 2020 wurde der Schluss gezogen, dass Deutschland erneut einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollte, um zu beurteilen, ob die festgestellten Ungleichgewichte fortbestehen oder abnehmen. Im Februar 2019 war festgestellt worden, dass in Deutschland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen (Europäische Kommission, 2019b). Diese Ungleichgewichte betrafen insbesondere den Sparüberhang und die schwachen privaten und öffentlichen Investitionen. Dieses Kapitel gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Ergebnisse der Analysen, die bei der eingehenden Überprüfung im Rahmen des Verfahrens bei makroökonomischen Ungleichgewichten (MIP) durchgeführt wurden und in den verschiedenen Abschnitten dieses Berichts dargestellt sind.(
)
3.1.
Ungleichgewichte und deren Schwere
Der anhaltend hohe Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands ist u. a. darauf zurückzuführen, dass die Binnennachfrage im Verhältnis zum Einkommen gedämpft ist. Auch wenn eine kontinuierliche Verlagerung hin zu einem stärker binnennachfragegetriebenen Wachstum stattfindet, machen Konsum und Investitionen gemessen am robusten Arbeitsmarkt, an den günstigen Finanzierungsbedingungen und am Infrastrukturinvestitionsbedarf nach wie vor einen relativ geringen Gesamtanteil aus. Dies hat dazu geführt, dass der Leistungsbilanzüberschuss weiterhin erheblich höher ist als die Fundamentalfaktoren, insbesondere die Bevölkerungsalterung und die damit verbundene Alterssicherung, Deutschlands hohe Fertigungsintensität und seine wettbewerbsfähigen Exporte, dies vermuten lassen würden (siehe Abschnitt 4.2).
Die gedämpfte Nettoinvestitionsquote gefährdet auch weiterhin das künftige Wachstumspotenzial Deutschlands und wirkt sich auf den Euroraum aus. Die privaten Investitionen halten nicht mit dem Infrastruktur- und Wohnraumbedarf Schritt. Dies zeigt sich in kurzfristigem Druck, der beispielsweise im Anstieg der Wohnimmobilienpreise und Mieten zum Ausdruck kommt. Selbst wenn die Bruttoinvestitionsquote 2018 über dem Eurogebietsdurchschnitt lag (21,2 % gegenüber 20,8 %), bleiben die Nettoinvestitionen doch gedämpft und deutlich unter den Vergleichswerten führender entwickelter Volkswirtschaften (wie den USA und Frankreich). Dies könnte das Potenzialwachstum bremsen. Die öffentlichen Investitionen nehmen zwar wieder zu, doch dürfte es länger dauern, bis der weiterhin hohe Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene, wo die Abschreibungen nach wie vor über den Neuinvestitionen liegen, aufgeholt ist.
Die Sparquote hat unterdessen zugenommen, obwohl die Zinsen auf historische Tiefstwerte gesunken sind. Löhne und verfügbare Einkommen sind weiter gewachsen, doch flossen die Zuwächse trotz geringerer Zinserträge großenteils in die Ersparnisse und nicht in den Konsum. Ein bedeutendes Motiv für dieses Verhalten ist der Wunsch nach Absicherung gegen künftige Risiken (Rodriguez-Palenzuela 2016). Auch die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung trägt zu den hohen privaten Ersparnissen bei, da die Bezieher hoher Einkommen eine besonders hohe Sparquote aufweisen (Brenke und Pfannkuche 2018). Die hohen Ersparnisse der Unternehmen spiegeln zudem zu einem Teil die Ersparnisse wohlhabender deutscher Haushalte wider, die aufgrund einer günstigen Besteuerung, beispielsweise bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, in den Unternehmen aufgelaufen sind (IWF 2019). Eine Möglichkeit, den Konsum zu stärken, könnte somit darin bestehen, das Vertrauen in die Zukunft zu stärken und das Steuersystem neu auszutarieren, um Ungleichheiten zu verringern.
Eine Kombination aus Investitionspolitik und Strukturreformen könnte sich hier als äußerst wirkungsvoll erweisen. Würden die Investitionen in Innovation, in eine hochwertige allgemeine und berufliche Bildung, in Hochleistungsbreitbandnetze, in nachhaltigen Verkehr, in Elektrizitätsinfrastruktur und in bezahlbaren Wohnraum gestärkt und mit einer Reihe von Strukturreformen kombiniert, könnte dies Produktionspotenzial freisetzen. Würden die Steuern auf Arbeit verringert, könnte dies das Arbeitskräfteangebot erhöhen und in zweierlei Weise zum Potenzialwachstum beitragen: direkt, indem der Wachstumsbeitrag der Arbeit erhöht würde und indirekt, indem Investitionen zu einem Zeitpunkt gefördert würden, zu dem die unzureichende Verfügbarkeit von Arbeitskräften nach wie vor einen produktionsdämpfenden Faktor darstellt. Ein Abbau der Wettbewerbsschranken im Bausektor und den damit verbundenen freiberuflichen Dienstleistungen könnte dazu beitragen, Kapazitätsengpässe abzubauen, und sowohl das kurzfristige Wachstum als auch das langfristige Potenzial steigern. Dies wäre vor allem angesichts der fortschreitenden Bevölkerungsalterung und einer sich möglicherweise abschwächenden Zuwanderung von zentraler Bedeutung. Wachstumssteigernde Maßnahmen könnten auch positive Ausstrahlungseffekte auf die anderen EU-Länder entfalten.
3.2.
Entwicklung, Aussichten und politische Maßnahmen
Der Leistungsbilanzüberschuss liegt weiterhin deutlich über 6 %. Nachdem der Handelsbilanzüberschuss seit 2015 allmählich zurückgegangen war, hat er sich 2019 aufgrund der schwachen Nachfrage nach Vorleistungsimporten im verarbeitenden Gewerbe und aufgrund einer Verbilligung der Energieimporte erneut ausgeweitet. Auch die Primäreinkommensbilanz hat sich etwas verbessert, während die Dienstleistungsbilanz und die Sekundäreinkommensbilanz nach wie vor negativ sind. Der Leistungsbilanzüberschuss gegenüber dem Eurogebiet hat sich weiter abgeschwächt (von 2,7 % im Jahr 2015 auf 2,2 %).
|
|
|
Tabelle 3.1:Intensität der Ausstrahlungseffekte auf Deutschlands EU-Partner
|
|
|
|
Quelle: IWF, OECD, TiVa, BIZ und Europäische Kommission
|
|
|
Der hohe Leistungsbilanzüberschuss spiegelt derzeit allein die Ersparnisse der Haushalte und des öffentlichen Sektors wider, da der Sektor der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften keinen positiven Finanzierungssaldo mehr aufweist. Während dieser bis 2017 zum Leistungsbilanzüberschuss beigetragen hat, wirkt sich der Finanzierungssaldo der Unternehmen nun leicht dämpfend aus. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kreditaufnahme und die Investitionen der Unternehmen zugenommen haben und die Ersparnisse der Unternehmen zurückgegangen sind, da die Lohnstückkosten steigen und zudem im verarbeitenden Gewerbe jüngst eine Rezession eingetreten ist. Die Sparquote der privaten Haushalte hat sich demgegenüber trotz unverändertem Anteil des Konsums am BIP infolge der steigenden Arbeitseinkommen erhöht, dürfte auch in den kommenden Jahren hoch bleiben und ist nach wie vor die höchste im Euro-Währungsgebiet. Das Lohnwachstum wird sich voraussichtlich abschwächen, dem Eurogebietsdurchschnitt näher kommen und weniger zum Abbau der Ungleichgewichte beitragen. Der Finanzierungssaldo des öffentlichen Sektors erreichte 2018 mit 1,9 % seinen höchsten Stand und dürfte allmählich zurückgehen, aber weiterhin positiv bleiben.
Angesichts der Größe der deutschen Wirtschaft und ihrer starken Handels- und Finanzverflechtungen, können von Deutschland erhebliche Ausstrahlungseffekte auf andere EU-Länder ausgehen. Aufgrund seiner starken Exporte ist Deutschland für alle EU-Länder ein wichtiger Handelspartner. So machen Importe aus Deutschland beispielsweise in Luxemburg, in Tschechien, in Ungarn und in den Niederlanden mehr als 20 % des BIP aus, während ihr Anteil in Österreich, in der Slowakei, in Belgien, in Slowenien und in Polen bei mehr als 10 % des BIP liegt (siehe Tabelle 3.1). Die hohen Handelsvolumen sind auch darauf zurückzuführen, dass deutsche Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten tätig sind und investieren, was integrierte Wertschöpfungsketten zur Folge hat. Die Entwicklungen in der Automobilindustrie zeigen, wie komplex die daraus resultierenden Verknüpfungen zwischen Ländern sind: So hat die schwache Automobilnachfrage im Jahr 2018 zu einem Produktionsrückgang in Deutschland und zur Ausweitung der Produktion in anderen EU-Ländern geführt. Diese Produktionsverlagerung scheint nun am Ende angelangt zu sein, doch ist klar, dass sich der strukturelle Wandel in der Automobilindustrie EU-weit auch auf die Produktionsstätten auswirken wird. Die finanziellen Verbindungen sind im Schnitt weniger stark als die Handelsverbindungen, bei einigen Ländern allerdings sehr ausgeprägt. Die stärksten finanziellen Verbindungen bestehen zu Luxemburg und zu den Niederlanden; diese haben sich weiter erheblich verstärkt.
Deutschland hat in jüngster Zeit einige wichtige politische Schritte unternommen, um seine makroökonomischen Ungleichgewichte anzugehen. Um sie vollumfänglich in Angriff zu nehmen, werden in den kommenden Jahren aber größere Anstrengungen erforderlich sein. Bei den öffentlichen Investitionen sind politische Fortschritte zu verzeichnen, wenngleich der Rückstand auf kommunaler Ebene nach wie vor anhält. Einige kleinere Fortschritte gab es auch bei den Investitionen in die digitale Infrastruktur, beim Abbau der Fehlanreize für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und der Förderung des Lohnwachstums. Doch bleibt abzuwarten, ob die politischen Maßnahmen entschlossen genug waren, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
|
Katen 3.2: Ausstrahlungseffekte bei einer anhaltenden Ausweitung der öffentlichen Investitionen am Beispiel Deutschlands
Anhand des QUEST-Modells der Europäischen Kommission(
V
) wurde simuliert, wie sich eine zehnjährige Erhöhung der öffentlichen Investitionen um einen Prozentpunkt auswirken würde. Eine solche Erhöhung entspräche weitgehend einer vom deutschen Gewerkschaftsbund und dem Arbeitgeberverband in Auftrag gegebenen Studie (Bardt et al.,2019), in der für die kommenden zehn Jahre ein Investitionsprogramm von insgesamt 450 Mrd. EUR (etwa 1,3 % des BIP jährlich) vorgeschlagen worden war. Dies sind die geschätzten zusätzlichen Investitionen, die erforderlich wären, um den Investitionsbedarf Deutschlands in den Bereichen Dekarbonisierung, Digitalisierung, Verkehr, Bildung und FuE zu decken. Bei der Simulation wird davon ausgegangen, dass keine neutralisierenden Fiskalmaßnahmen (wie Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen) durchgeführt werden(
VI
). Für den staatlichen Kapitalstock wird eine Produktionselastizität von 0,12 angenommen, was einer mittleren Schätzung entspricht (Arslanalp et al. 2010). Darüber hinaus wird für die ersten zwei Jahre von einer Fortsetzung der akkommodierenden Geldpolitik an der Nullzinsgrenze und einer allmählichen Normalisierung im Anschluss daran ausgegangen.
Eine anhaltende Ausweitung der öffentlichen Investitionen wäre im In- wie im Ausland mit positiven Ausstrahlungseffekten verbunden. Öffentliche Investitionen sind aufgrund ihrer Auswirkungen auf die langfristige Produktion und den Wohlstand in der Regel ein größerer Output-Multiplikator als der öffentliche Verbrauch. Tabelle veranschaulicht, dass eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen in Deutschland unter den genannten Annahmen die Produktion, die Beschäftigung und die Preisdynamik sowohl in Deutschland als auch im übrigen Eurogebiet ankurbeln würde, ohne gleichzeitig die Ungleichgewichte zu verstärken. Auch BIP-Effekte kämen frühzeitig zum Tragen. Grund hierfür ist ein Realzinsrückgang unter die Nullzinsgrenze und die Erwartung positiver langfristiger Einkommenseffekte aufgrund von Kapitalbildung selbst bei gleichmäßiger Verteilung der Konjunkturmaßnahmen. Würde die Dauer der Konjunkturmaßnahmen verkürzt, würde sich die frühzeitige Wirkung abschwächen.
Bei dieser Simulation spielt die akkommodierende Geldpolitik für die Erzielung erheblicher positiver Ausstrahlungseffekte eine wesentliche Rolle. Geht man von einer Verlängerung der akkommodierenden Geldpolitik über zwei Jahre hinaus aus, könnten die Auswirkungen auf das BIP des restlichen Eurogebiets sogar noch größer sein. Dies hängt damit zusammen, dass eine stärkere Abwertung des Euro sich auf die Exportnachfrage auswirken und sich der Realzinsrückgang verstärken würde. Eine restriktivere Geldpolitik würde demgegenüber die Ausstrahlungseffekte auf den Rest des Eurogebiets zunichtemachen oder sich negativ auswirken. Andererseits würde sich eine graduelle Normalisierung der Geldpolitik bei einer typischen durchschnittlichen Laufzeit der Schulden nur langsam auf die Kosten des Schuldendienstes auswirken. Der Schuldenstand würde sich im Laufe dieser zehn Jahre erhöhen, doch würden steigende Steuereinnahmen und nominales BIP-Wachstum (zusammen mit den angenommenen niedrigeren Finanzierungskosten) die Auswirkungen des Pakets auf die Schuldenquote auf lange Sicht stark abschwächen.
|
|
|
Tabelle 3.1a:Ausstrahlungseffekte bei Durchführung eines umfassenden zehnjährigen Investitionsprogramms in Deutschland
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
|
|
|
Diese Modellrechnung ergänzt frühere QUEST-Simulationen zur Modellierung eines Nachfrageimpulses oder zur Modellierung von Strukturreformen. Bei früheren Modellrechnungen wurden unter anderem eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen und eine Einkommensteuersenkung (Europäische Kommission, 2017a) sowie höhere FuE- und Bildungsausgaben (Europäische Kommission, 2018a) und die Durchführung von Strukturreformen zur Schließung von Leistungslücken (Europäische Kommission, 2019b) simuliert.
|
|
|
|
Tabelle 3.2:MIP-Bewertungsmatrix
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission
|
|
|
3.3.
Gesamtbewertung
Der Leistungsbilanzüberschuss wurde bislang nur begrenzt abgebaut, doch dürfte sich der allmähliche Rückgang fortsetzen, der Überschuss aber weiterhin hoch bleiben. Angesichts der anhaltend schwachen und ungewissen außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürfte das Wachstum im Zeitraum 2019-2021 vorwiegend von der Binnennachfrage getragen werden. Der Übersicht über die Haushaltsplanung zufolge sollen die Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Investitionen weitergehen. Auch die privaten Investitionen sollen angesichts der kräftigen Wohnungsnachfrage, vor allem aber aufgrund der Notwendigkeit der Einführung neuer Technologien solide bleiben.
Ein umfassendes langfristiges Investitionsprogramm könnte das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht verringern und würde das BIP deutlich erhöhen. Bei der Verringerung des Investitionsrückstands und der Sicherung des langfristigen Wohlstands des Landes müssen größere Fortschritte erzielt werden. Hierzu könnte ein Investitionsprogramm beitragen. Auch könnte ein solches Programm den erwarteten Rückgang des Potenzialwachstums weitgehend ausgleichen. Zusätzlich dazu würde es positive Ausstrahlungseffekte auf andere Länder des Eurogebiets mit sich bringen (siehe Kasten 3.12)(
).
4.
Reformprioritäten
4.1.Öffentliche Finanzen und Besteuerung*(
)
Öffentliche Finanzen
Wenngleich sich die Konjunktur 2019 verlangsamte, wiesen die deutschen öffentlichen Finanzen einen soliden gesamtstaatlichen Überschuss auf und der öffentliche Schuldenstand sank unter den Referenzwert von 60 % des BIP, womit der Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllt wurde. Seit 2014 verzeichnet der Sektor Staat insgesamt Überschüsse, die mit der Zeit immer weiter anwuchsen und 2018 einen Höchststand von 1,9 % des BIP erreichten. Dieser Überschuss ist 2019 auf 1,5 % abgeschmolzen und dürfte in den kommenden beiden Jahren weiter merklich zurückgehen, sodass der Haushalt dann nahezu ausgeglichen sein wird. Auch der strukturelle Saldo dürfte sich im genannten Zeitraum vermindern, aber weiterhin klar im Überschuss bleiben. Laut Herbstprognose 2019 der Kommission dürften verschiedene abgabensenkende und ausgabenerhöhende Maßnahmen der Regierung im Zeitraum 2019-2021 zu einer fiskalischen Expansion geführt haben (Europäische Kommission, 2019a). Der öffentliche Schuldenstand ist weiterhin rückläufig und dürfte 2019 erstmals seit 2002 unter den im Vertrag von Maastricht festgelegten Schwellenwert von 60 % des BIP gesunken sein. In den kommenden Jahren dürfte der öffentliche Schuldenstand noch weiter zurückgehen. Eine Analyse der Schuldentragfähigkeit und der damit einhergehenden fiskalischen Risiken enthält Anhang B.
Deutschland hat in den letzten Jahren beträchtlichen finanzpolitischen Spielraum erlangt, der allmählich genutzt wird und weiter genutzt werden könnte, um den Aufwärtstrend bei den öffentlichen Investitionen aufrechtzuerhalten. Auch dieser finanzpolitische Spielraum, der als Differenz zwischen dem strukturellen Saldo von 1,4 % des (potenziellen) BIP und dem mittelfristigen Haushaltsziel (MTO) von -0,5 % des (potenziellen) BIP berechnet wird, erreichte 2018 mit 1,9 % des BIP seinen Höchststand. Im Durchschnitt ist auf allen Ebenen des Staates finanzpolitischer Spielraum vorhanden. Während der Bund seinen Gesamtüberschuss weitgehend aufbrauchen und zu ausgeglichenen Haushalten zurückkehren dürfte, verfügen die Länder und Kommunen auf aggregierter Ebene immer noch über Reserven, um die öffentlichen Investitionen anzukurbeln und den insbesondere auf kommunaler Ebene bestehenden Investitionsstau aufzulösen. Allerdings sind weiterhin Investitionshemmnisse in Form von Engpässen bei Planungs- und Baukapazitäten vorhanden. Durch die von der Regierung bis 2021 angekündigten Maßnahmen könnte sich der finanzpolitische Spielraum auf 1,0 % des BIP verringern, was zur weiteren Stärkung der öffentlichen Investitionen genutzt werden könnte. Letztere erreichten 2019 2,5 % des BIP und lagen damit über dem seit 2000 ermittelten langfristigen Durchschnitt von 2,2 % des BIP. Allerdings sind weitere Anstrengungen vonnöten, um den Investitionsstau, insbesondere auf kommunaler Ebene, abzubauen, wozu auch gehört, dass mehr Investitionsfördermittel des Bundes abgerufen werden.(
)
|
Abb. 4.1.1:Gesamthaushaltssaldo (HS), struktureller Haushaltssaldo (sHS) und finanzpolitischer Spielraum
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission, Destatis, Übersicht über die Haushaltsplanung 2020.
|
Eine langfristige Investitionsperspektive könnte ein nachhaltiges und inklusives Wachstum fördern und dazu beitragen, die Berechenbarkeit und Planungssicherheit für die Unternehmen und Kommunen zu erhöhen. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände haben unlängst übereinstimmend festgestellt, dass für die öffentlichen Investitionen in Bereichen wie Dekarbonisierung, Digitalisierung, Verkehr und Bildung eine langfristige Perspektive erforderlich ist. Der jährliche Investitionsbedarf wurde über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 45 Mrd. EUR geschätzt (Bardt et al., 2019). Dies entspräche gegenüber dem derzeitigen Investitionsgesamtvolumen der öffentlichen Hand von rund 85 Mrd. EUR im Jahr 2019 einem Anstieg um mehr als die Hälfte. Für das 450 Mrd. EUR schwere, über einen Zeitraum von zehn Jahren angelegte Paket müsste eine Erhöhung der Verschuldung des Bundes, die sich derzeit auf 1 Billion EUR beläuft, in Kauf genommen und gestattet werden. Den Sozialpartnern und ihren Forschungsinstituten zufolge bietet das Niedrigzinsumfeld eine einzigartige Gelegenheit für ein schuldenfinanziertes Investitionsprogramm. Darüber hinaus könnten Kapazitätsengpässe dadurch gemildert werden, dass Unternehmen aus der gesamten EU Anreize erhielten, um lukrative deutsche Aufträge mitzubieten. Laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) würde die Schaffung eines „Föderalen Investitionshaushalts“ für das Investitionspaket von 450 Mrd. EUR keine Grundgesetzänderung erfordern, da sie mit der Schuldenbremse im Einklang stünde. Den Sozialpartnern und ihren Forschungsinstituten zufolge sollte der rechtlich selbstständige Sonderhaushalt an neue, zusätzliche Aufgaben gebunden sein und keine Umbuchung aus dem laufenden Haushalt stattfinden (Hüther, 2019). Durch eine langfristige Investitionsperspektive könnte eine kontinuierliche Nachfrage nach öffentlichen Bauvorhaben entstehen. Sie könnte Bauunternehmen sowie Städten und Gemeinden die nötige Planungssicherheit verschaffen, damit diese ihre Kapazitäten für die Verwaltung öffentlicher Investitionsprojekte erweitern könnten, auch indem sie Ingenieure zu wettbewerbsfähigen Gehältern einstellen. Sie könnte auch sicherstellen, dass die öffentlichen Investitionen in einer konjunkturellen Schwächephase nicht aufgrund von Konsolidierungsanstrengungen zurückgefahren werden.
Besteuerung
Das Steueraufkommen in Deutschland ist weiter gewachsen, wobei ein Großteil aus der Besteuerung des Faktors Arbeit stammt, während das Potenzial von Steuern, die ein inklusives und nachhaltiges Wachstum eher fördern, wie der umwelt- und vermögensbezogenen Steuern, nach wie vor nicht ausgeschöpft wird. Im Jahr 2018 erreichten die Steuereinnahmen mit 40,1 % des BIP den höchsten Stand seit 2000, womit sie leicht unter dem Durchschnitt der 19 Euro-Mitgliedstaaten (40,5 %) und über dem Durchschnitt der EU-28 (39,2 %) lagen. Charakteristisch für die Struktur des deutschen Steueraufkommens ist der relativ hohe Anteil der Steuereinnahmen aus Arbeit (der mit 56,9 % des Gesamtaufkommens in den letzten Jahren relativ stabil geblieben ist). Dieser Wert gehört zu den höchsten in der EU (der EU-Durchschnitt liegt bei 49,4 %) und wird maßgeblich durch die hohen Sozialbeiträge (39,3 %) verursacht. Derweil sind die Einnahmen aus den indirekten Steuern vergleichsweise gering (27,0 %), einschließlich Mehrwertsteuer (17,5 %) und Umweltsteuern (4,5 %, wobei die Einnahmen seit 2005 langsam aber stetig zurückgehen). Gleiches gilt für die wiederkehrenden Steuern auf Grundbesitz (1,1 %) und Erbschaftsteuern (0,4 %). Der Aufkommensanteil aus Steuern auf den Kapitalstock und auf die Kapitaleinkünfte privater Haushalte liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Die Abgabenbelastung der Arbeit ist in Deutschland hoch, insbesondere bei Geringverdienern. Die an der Differenz zwischen den Arbeitskosten des Arbeitgebers und dem Nettoeinkommen des Arbeitnehmers gemessene Abgabenbelastung des Faktors Arbeit gehört zu den höchsten in der EU (51,3 % gegenüber einem EU-Durchschnitt von 43,8 % bei einem alleinstehenden Durchschnittsverdiener, siehe Abb. 4.1.2). Die Abgabenbelastung ist insbesondere bei kleinen Einkommen hoch (42,3 % gegenüber einem EU-Durchschnitt von 31,8 % bei Alleinstehenden mit halbem Durchschnittslohn). Die Progression ist bei den Steuern und Abgaben auf Arbeit in Deutschland geringer als in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten (Europäische Kommission, 2020). Dies liegt vor allem an der begrenzten Progression der Sozialbeiträge.
|
Abb. 4.1.2:Steuer- und Abgabenbelastung verschiedener Einkommensgruppen, DE, FR, UK, EU-28, 2018
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission, Tax and benefits indicators database.
|
Bestimmte Merkmale des deutschen Steuer- und Sozialleistungssystems führen zu mangelnden Arbeitsanreizen im unteren Einkommenssegment. Trotz einiger Verbesserungen der letzten Jahre führt das Zusammenwirken von Einkommensteuern, Sozialversicherungsbeiträgen und Transferentzug in bestimmten Einkommensgruppen zu einer sehr hohen effektiven Grenzbelastung(
) von 100 % und mehr (Peichl et al., 2017). Dies führt zu starken Negativanreizen, die Zahl der Arbeitsstunden zu erhöhen („intensive margin“) bzw. – bei Arbeitslosen – eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.(
) Dies gilt insbesondere für Teilzeitbeschäftigte (vorwiegend Frauen) und läuft den Effizienz- und Fairness-Bestrebungen (siehe Abschnitt 4.3) zuwider. Die 2019 erfolgte Anhebung der Midijob-Schwelle, oberhalb deren die vollen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen, senkt die Abgabenbelastung unter die Schwelle, doch müssen die Wirkungen im Auge behalten werden, da sich die effektiven Grenzsteuersätze für einige Gruppen erhöhen (Europäische Kommission, 2019b).
Das deutsche Umweltsteueraufkommen gehört nach wie vor zu den niedrigsten in der EU. Die verstärkte Nutzung von Umweltsteuern könnte helfen, Umweltkosten zu internalisieren, Anreize für eine effizientere Ressourcennutzung zu schaffen und einen Beitrag zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele 3, 7, 11 und 13 zu leisten. Sie könnte auch kurzfristige Steuereinnahmen generieren, die wiederum für Ausgleichsmaßnahmen verwendet werden können, um die Verteilungswirkung von Umweltsteuern und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung zu verbessern. Die deutschen Umweltsteuereinnahmen gehören im Verhältnis zum BIP nach wie vor zu den niedrigsten in der EU (Platz 26 im Jahr 2018) und beliefen sich auf 1,8 % des BIP (EU-Durchschnitt: 2,4 % des BIP), nachdem ihr BIP-Anteil 2005 noch 2,4 % ausgemacht hatte. Die deutschen Umweltsteuereinnahmen stammen vorwiegend aus energiebezogenen Steuern (82,8 % des Umweltsteueraufkommens) einschließlich Energiesteuer (69,2 %) und Stromsteuer (11,8 %). Der implizite Energiesteuersatz sank in Deutschland im Zeitraum 2006 bis 2017 von 222,2 EUR je Tonne Rohöläquivalent (tRÖE) auf 202,9 EUR, während sich der EU-Durchschnitt von 192,9 EUR auf 236,1 EUR je tRÖE erhöhte. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern besonders niedrig sind die deutschen Steuereinnahmen aus Kraftstoffsteuern im Verkehrssektor sowie Ressourcensteuern. Verschmutzungsbezogene Steuereinnahmen erzielt Deutschland nicht (Abb. 4.1.3). Da Umweltsteuern in der Regel regressiv sind (Europäische Kommission, 2020), ist es wichtig, dass ihre verstärkte Nutzung durch politische Maßnahmen flankiert wird, insbesondere auch durch Abgabenentlastungen beim Faktor Arbeit und Geldleistungen, die die Auswirkungen auf schutzbedürftige Gruppen abfedern. Kasten 4.1.4 enthält eine Modellierung der Einführung einer CO2-Steuer, einschließlich möglicher Ausgleichsmechanismen, die über die von der Regierung beschlossene CO2-Bepreisung hinausgeht. Da Umweltsteuern Verhaltensänderungen bewirken sollen, was mit der Zeit zu einer Aushöhlung der damit verbundenen Steuerbemessungsgrundlage führen würde, könnte darüber hinaus durch eine Ausweitung der Steuerbemessungsgrundlage und eine schrittweise Anhebung der Steuersätze für Aufkommensstabilität gesorgt werden.
Die aktuellen Preissignale bei Energieträgern und -verbrauchern schränken das Potenzial für die Einführung sauberer Energietechnologien und die Verringerung der Emissionen ein. Strom wird in Deutschland je Energieeinheit höher mit Abgaben und Umlagen (einschließlich der Umlage zur Finanzierung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, „EEG-Umlage“) belastet als andere Energieträger wie Benzin und Diesel, Erdgas und Heizöl (Kemfert et al., 2019). Dies schränkt die Möglichkeiten für die intelligente Elektrifizierung der Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie ein. Die Situation dürfte sich auch in den kommenden Jahren nicht wesentlich ändern, trotz der geplanten Senkungen der EEG-Umlage. Die für energieintensive Unternehmen geltenden Befreiungen von der EEG-Umlage verteuern den Strom für andere gewerbliche Stromverbraucher und die privaten Haushalte. Hinzu kommt, dass Deutschland wie viele andere EU-Mitgliedstaaten(
) auch einen niedrigeren nominalen Grenzsteuersatz auf Dieselkraftstoff für privat genutzte PKW erhebt als auf unverbleites Benzin, und die Verbrauchsteuern auf Dieselkraftstoff im Verhältnis zu jenen auf Benzin erheblich unter dem EU-Durchschnitt liegen. Dies geschieht, obwohl Diesel einen höheren Kohlenstoffgehalt aufweist und die Luftqualität stärker beeinträchtigt.(
) Dies gilt sowohl für die Steuer je Liter als auch die Steuer je Tonne an CO2-Emissionen (Europäische Kommission, 2020). Man könnte argumentieren, dass das deutsche Steuersystem diesen Vorteil für Dieselkraftstoff (zumindest teilweise) durch die höheren Kraftfahrzeugsteuern auf Dieselfahrzeuge kompensiert. Laut Bundesrechnungshof führt das Dieselprivileg zu Einnahmenausfällen in Höhe von 9,5 Mrd. EUR jährlich, wovon rund 8 Mrd. EUR auf den niedrigeren Energiesteuersatz auf Diesel und 1,5 Mrd. EUR auf die Mehrwertsteuer zurückzuführen sind (Bundesrechnungshof, 2017). Unter Berücksichtigung der höheren Kraftfahrzeugsteuer auf Dieselfahrzeuge werden die durch das Dieselprivileg entstehenden Netto-Einnahmenausfälle auf rund 1,5 Mrd. EUR jährlich geschätzt. Jedoch hat die Kraftfahrzeugsteuer keinen Einfluss darauf, in welchem Maße ein Fahrzeug tatsächlich genutzt wird, nachdem es einmal angeschafft ist und zur Verfügung steht (d. h. auf die Grenzkosten des Autofahrens). Für die Politikziele der ökologischen Nachhaltigkeit wäre es wünschenswerter, Kraftstoffe konsequent auf Basis des Verbrauchs zu besteuern und so die Externalitäten abzubilden, die damit in der Gestalt von CO2-Emissionen und Luftverschmutzung verbunden sind.
Eine Vereinfachung des deutschen Steuersystems könnte dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Unternehmen investitionsfreundlicher zu gestalten. Das Steuersystem ist nach wie vor recht komplex, was zu vergleichsweise hohen Befolgungskosten für die Unternehmen beiträgt. Sowohl die gesetzlichen als auch die effektiven durchschnittlichen Körperschaftsteuersätze sind in Deutschland relativ hoch (Europäische Kommission, 2019c). Da viele Unternehmen von der Abschaffung des Solidaritätszuschlags keine Entlastung erfahren werden, bleibt diese Situation unverändert. Auch wird durch die Unternehmensbesteuerung nach wie vor die Schuldenfinanzierung stark begünstigt (Europäische Kommission, 2019b).
|
Abb. 4.1.3:Aufkommensstruktur bei Umweltsteuern, 2018
|
|
|
|
Quelle: Eurostat.
|
Jüngste Steuerreformen
Die Regierung hat beschlossen, den Solidaritätszuschlag für weite Teile der Bevölkerung abzuschaffen, wovon Impulse für die Schaffung von Arbeitsplätzen und den privaten Konsum erwartet werden. Der Solidaritätszuschlag (eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen-/Körperschaftssteuer in Höhe von 5,5 %) wurde eingeführt, um den durch die deutsche Wiedervereinigung ausgelösten zusätzlichen Finanzbedarf zu bestreiten(
), und sollte befristet sein. Der Deutsche Bundestag hat den Solidaritätszuschlag ab 2021 für rund 90 % der derzeit betroffenen Steuerzahler abgeschafft und ihn durch eine erhebliche Anhebung der Freigrenze für weitere 6,5 % der Steuerzahler abgesenkt.(
) Von der Reform erhofft man sich die Entstehung von mehr als 100 000 zusätzlichen Vollzeitarbeitsplätzen und einen erheblichen Konjunkturimpuls. Auch wenn die Reform mit diesen Entlastungen die Progression am oberen Ende des Einkommensteuersystems erhöht, dürfte auch die am Gini-Index gemessene Einkommensungleichheit zunehmen, da die Reform dem (oberen) mittleren Segment stärker zugutekommt als dem unteren Ende der Einkommensverteilung (Blömer et al., 2019).
Im Rahmen des kürzlich beschlossenen Klimaschutzpakets wird Deutschland eine CO2-Bepreisung mit einem geplanten Preispfad einführen, der zur Erreichung seiner mittelfristigen Klimaschutzziele beitragen kann, aber auch eine regressive Wirkung entfalten könnte. Das Klimaschutzpaket soll Verschmutzung teurer machen, die Kosten für umweltfreundlichere Verkehrsformen senken und mehr Anreize für die Gebäudedämmung und umweltfreundlichere Heizungen bieten (Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose, 2019). Der für 2021 zunächst geplante niedrige CO2-Einstiegspreis (10 EUR je Tonne CO2) wurde auf 25 EUR angehoben und soll bis zum Jahr 2025 schrittweise auf 55 EUR ansteigen. Bewertungen von Wirtschaftsforschungsinstituten kommen zu dem Schluss, dass der von der Regierung ursprünglich vorgeschlagene moderate CO2-Preis für Verkehr und Gebäude nicht ausreichen würde, um das für 2030 gesteckte Emissionsminderungsziel für nicht unter das EU-Handelssystem fallende Emissionen zu erreichen (DIW, 2019). Die Bewertungen weisen auch auf eine regressive Wirkung des vorgeschlagenen CO2-Bepreisungsmechanismus hin (DIW, 2019). Der regressive Effekt dürfte durch eine erhebliche Senkung der EEG-Umlage teilweise vermindert werden.
|
Kasten 4.1.3: Das Klimaschutzpaket 2030
Die Koalitionsregierung beschloss ein Klimaschutzpaket 2030, das als wichtigste Elemente den Entwurf eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und das Klimaschutzprogramm 2030 mit zahlreichen sektorbezogenen Maßnahmen zur Erreichung des deutschen Treibhausgasminderungsziels 2030 umfasste. Die meisten zugehörigen Rechtsvorschriften wurden inzwischen vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Mit dem Klimaschutzgesetz wird das nationale Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 % zu verringern, rechtsverbindlich verankert. Auch das langfristige Ziel der Klimaneutralität bis 2050 wird damit gesetzlich festgeschrieben. Die Gesamtziele für die Treibhausgasminderung werden in Emissionsbudgets für maßgebliche Wirtschaftszweige aufgeteilt, insbesondere Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Die Einhaltung dieser jährlichen sektoralen Emissionsbudgets ist Aufgabe des Bundesministeriums, in dessen Geschäftsbereich der jeweilige Sektor fällt. Bei Nichteinhaltung muss das zuständige Bundesministerium ein Sofortprogramm für den jeweiligen Sektor vorlegen, das die künftige Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors sicherstellt. Das Gesetz sieht außerdem ein jährliches Monitoring unter Federführung eines Unterausschusses des Bundeskabinetts („Klimakabinett“)(
VII
) sowie die Einsetzung eines unabhängigen Expertenrates für Klimafragen vor, der die Emissionsminderungsfortschritte prüft und die Regierung mit Handlungsempfehlungen und Folgenabschätzungen unterstützt.
Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 des Bundes wird für die Bereiche Verkehr und Wärme eine CO2-Bepreisung eingeführt – das sogenannte nationale Emissionshandelssystem (nEHS). Der Regierungsvorschlag wurde als zu wenig ambitioniert und wegen seiner Verteilungswirkung kritisiert (DIW, 2019; MCC und PIK, 2019). Der Deutsche Bundestag beschloss, die ökologischen Ziele ehrgeiziger zu formulieren und das Volumen der Ausgleichsmaßnahmen zu erhöhen. Die CO2-Bepreisung wird ab 2021 schrittweise eingeführt und beginnt mit 25 EUR je Tonne CO2 (ursprünglicher Vorschlag: 10 EUR). Der Festpreis wird anschließend jährlich bis auf 55 EUR je Tonne CO2 im Jahr 2025 (ursprünglicher Vorschlag: 35 EUR) angehoben. Die für 2026 beschlossene Emissionshöchstmenge wird jährlich den deutschen Klimaschutzzielen entsprechend abgesenkt. Die Emissionszertifikate sollen an einem vom EU-Emissionshandelssystem getrennten nationalen Markt gehandelt werden. Ab 2026 soll sich der Preis für die Emissionszertifikate am Markt bilden, wobei ein Preiskorridor von mindestens 55 EUR und höchstens 65 EUR je Tonne CO2 anvisiert wird. 2025 soll das Gesetz einer Evaluierung unterzogen werden, um festzustellen, ob ein Preiskorridor für die Zeit nach 2026 sinnvoll oder erforderlich ist.
Verschiedene Initiativen im Klimaschutzpaket 2030 zielen darauf ab, die höheren Energiepreise für die Endverbraucher und Wirtschaftsakteure teilweise zu kompensieren. Erstens soll ein Teil der mit dem neuen nEHS erzielten Einnahmen zur Senkung der Elektrizitätskosten und -umlagen verwendet werden. Insbesondere soll die EEG-Umlage für die privaten Haushalte und Kleinunternehmen schrittweise sinken. Zweitens können Berufspendler im Zeitraum 2021 bis 2026 ab Kilometer 21 ihres Arbeitswegs zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer geltend machen („Pendlerpauschale“). Dieser zusätzliche Steuervorteil von 5 Cent je Kilometer wird im Zeitraum 2024 bis 2026 auf 8 Cent je Kilometer erhöht. Drittens wird das Wohngeld um 10 % aufgestockt. Ein Großteil der zusätzlichen Einnahmen wird jedoch in den Bundeshaushalt fließen und in weitere klima- und energiepolitische Maßnahmen reinvestiert werden.
Darüber hinaus enthält das Klimaschutzpaket eine lange Liste sektorbezogener Maßnahmen, um die Emissionen einzelner Sektoren zu mindern. Im Gebäudesektor etwa will Deutschland neue, klimafreundlichere Heizanlagen steuerlich stärker fördern. Um den Austausch alter Ölheizungen zu fördern, werden neue Heizanlagen mit einer Förderquote von 40 % unterstützt. Ab 2026 soll (in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist) der Einbau von Ölheizungen nicht mehr erlaubt sein. Im Verkehrssektor ist eine breite Förderung der Elektromobilität geplant. Bis 2030 sollen bundesweit eine Million Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stehen. Die Installation von Ladeinfrastruktur in gemeinschaftlich genutzten Privatgebäuden soll unterstützt werden. Die Kaufprämie für Pkw mit Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenantrieb wird verlängert und für Autos unter 40 000 EUR angehoben. Als Initiativen genannt werden unter anderem Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, die Schaffung neuer Radwege, die Modernisierung von Häfen und Binnenwasserstraßen, die Stärkung der Deutschen Bahn, die Digitalisierung und die Entwicklung neuer Kraftstoffe (z. B. auf Wasserstoffbasis). Für Neuzulassungen ab 2021 wird die Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer auf die CO2-Emissionen pro Kilometer bezogen. Um Bahnfahren billiger und Fliegen teurer zu machen, wird die MwSt auf Bahnkarten ab 2020 von 19 % auf 7 % gesenkt und der Verkauf von Flugtickets unterhalb eines Mindestpreises unterbunden (damit der Preis nicht unter das Niveau von Steuern und Gebühren sinkt). Die Transformation der deutschen Industrie wird unter anderem durch Investitionsprogramme, höhere Mindeststandards für die Vergabe von Umweltgütezeichen und das nationale Dekarbonisierungsprogramm unterstützt, das insbesondere auf emissionsintensive Sektoren abstellt. Die Batteriezellenproduktion soll gefördert werden. Im Energiesektor will Deutschland bis 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Bis 2030 dürfte Deutschland 65 % seiner Energie aus erneuerbaren Energieträgern beziehen. Das Klimaschutzpaket umfasst auch Initiativen in anderen Sektoren, wie (klimafreundlichere) Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, eine wachsende Rolle von FuE und Wasserstoff sowie CO2-Speicherung und Umsetzung der Sustainable-Finance-Strategie.
Das Klimaschutzpaket 2030 wurde als Schritt in die richtige Richtung begrüßt, aber wegen seiner Verteilungswirkung kritisiert, da einkommensschwächere Haushalte demnach stärker belastet würden als einkommensstarke. Der deutsche Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung spricht sich seit geraumer Zeit für eine CO2-Bepreisung als den kosteneffizientesten Weg zur Treibhausgasminderung aus, warnt jedoch vor einer Strategie, die auf einem allzu niedrigen CO2-Preis beruht (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 2019a). Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute fordern aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz eine CO2-Bepreisung im Einklang mit dem EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS). Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung hätten der ursprünglich vorgeschlagene niedrige CO2-Preis und die niedrige Preisobergrenze keine den Emissionsminderungszielen für 2030 entsprechende Emissionsverringerung bewirkt (DIW, 2019).(
VIII
) In der Studie wurde auch die Verteilungswirkung des Programms untersucht, mit dem Ergebnis, dass einkommensschwache Haushalte trotz Ausgleichsmaßnahmen wie der Senkung der EEG-Umlage oder der Erhöhung der Pendlerpauschale stärker belastet würden als einkommensstärkere Haushalte. Auch wenn bei dieser Studie ein erheblich weniger ambitionierter Regierungsentwurf in den Blick genommen wurde, bleiben im Hinblick auf die Verteilungseffekte doch weiterhin Bedenken. Grund ist vor allem die erhöhte Pendlerpauschale, von der vermögendere Haushalte im Verhältnis stärker profitieren als einkommensschwächere. Das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator-Forschungsinstitut für Global Commons und Klimawandel) und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gelangen in einer gemeinsamen Bewertung ebenfalls zu dem Schluss, dass das von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegte Klimaschutzpaket aller Voraussicht nach unzureichend wäre, um die Ziele für 2030 zu erreichen. Den politischen Entscheidungsträgern wurden vier Anpassungen angeraten: i) den CO2-Preispfad auf ein höheres Ambitionsniveau anzuheben; ii) die Sozialverträglichkeit zu verbessern; iii) das Programm enger in die europäische Klimapolitik zu integrieren; und iv) einen effektiven Monitoringprozess vorzusehen (MCC und PIK, 2019).
|
Der Nettoeffekt könnte jedoch immer noch regressiv sein, da die Entfernungspauschale für Fernpendler, von der Besserverdienende profitieren, erheblich erhöht wird.
Der Erfolg des Klimaschutzpakets wird auch von einer Vielzahl zusätzlicher Maßnahmen abhängen. Das Programm umfasst über die CO2-Bepreisung hinaus zahlreiche weitere Maßnahmen (siehe Kasten 4.1.3), deren Wirksamkeit und Effizienz aber noch im Unklaren liegen. Der neue Ansatz der Ex-post-Anpassung zur Erreichung der sektorspezifischen Ziele könnte zu Handlungsverzögerungen führen. Darüber hinaus wird die beabsichtigte positive Wirkung durch die Fortführung der Förderung ökologisch problematischer fossiler Energieträger gedämpft. 2016 flossen 9,5 Mrd. EUR in die Förderung fossiler Energieträger (BMF, 2019).
2019 beschloss die Regierung einen Gesetzesentwurf zur Reform der deutschen Grundsteuer und reagierte damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In seinem Urteil vom 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig, da die Steuer aufgrund veralteter Grundstückswerte berechnet wurde.(
) Ziel der Regierung war eine dem Urteil genügende aufkommensneutrale Reform. Außerdem soll die Reform verwaltungstechnisch relativ einfach bleiben und nur begrenzte Verteilungseffekte entfalten. Grundsätzlich soll die Grundsteuerschuld weiterhin auf der Grundlage des Grundstückswerts berechnet werden, wobei es den Bundesländern freigestellt ist, ein anderes Bewertungsmodell anzuwenden. Der Gesetzesentwurf sieht eine im Grunde unveränderte Bewertungsmethode vor. Im ersten Schritt wird der Grundbesitzwert für Steuerzwecke ermittelt.(
) Dieser Wert wird dann mit einem einheitlichen Faktor (der „Steuermesszahl“) und einem weiteren Multiplikator (dem „Hebesatz“) multipliziert.
|
Kasten 4.1.4: Verteilungs- und Gerechtigkeitseffekte der CO2-Bepreisung
In diesem Kasten werden hypothetische CO2-Steuerszenarien für Verkehr und Wärme dargestellt und ihre Verteilungswirkungen erörtert. Umweltsteuern, einschließlich CO2-Bepreisung, können durch Umweltschäden verursachte Externalitäten internalisieren helfen, Anreize für eine effizientere Ressourcennutzung schaffen und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen (siehe Abschnitt 4.5). Auf Verkehr und Wärme zielte auch die unlängst im Rahmen des Klimaschutzpakets 2030 beschlossene CO2-Bepreisung ab. In diesem Kasten soll keine Bewertung der im Klimaschutzpaket enthaltenen Einzelmaßnahmen vorgenommen werden (dazu siehe Kasten 4.1.3), sondern vielmehr veranschaulicht werden, wie eine CO2-Bepreisung wirken und wie sie gestaltet werden könnte, um eine regressive Wirkung zu vermeiden. Studien zeigen, dass derartige Steuern typischerweise regressiv wirken, da Geringverdiener einen größeren Anteil ihres Einkommens für Umweltsteuern aufwenden müssen (Hassett et al., 2009; Grainger und Kolstad, 2010; Edenhofer et al., 2019; DIW, 2019; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 2019a), und Besserverdienende einen erheblich stärkeren CO2-Fußabdruck haben als Geringverdiener. Während der durchschnittliche Haushalt im untersten Einkommensdezil durchschnittlich 7 Tonnen CO2 pro Jahr ausstößt, sind es beim durchschnittlichen Haushalt im fünften Einkommensdezil fast doppelt so viel. Im obersten Einkommensdezil sind die CO2-Emissionen fast drei Mal so hoch wie im untersten. Jedoch verläuft dieser Anstieg der CO2-Emissionen nicht proportional mit dem Einkommen, da das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen im obersten Einkommensdezil fast sechs Mal so hoch ist wie im untersten (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 2019a).(
IX
) Diese Befunde rechtfertigen Rückverteilungsmaßnahmen, um den regressiven Verteilungswirkungen von Umweltsteuern entgegenzuwirken.
Auf Basis des Indirect Tax Tool von EUROMOD werden die Verteilungseffekte der Einführung eines CO2-Preises von 60 EUR, 120 EUR und 350 EUR je Tonne mit und ohne Ausgleichsmaßnahmen simuliert.(
X
) Da untersucht werden soll, welche Verteilungswirkung die Einführung einer CO2-Steuer „von heute auf morgen“ hätte, wird bei der Simulation ein mengenmäßig gleichbleibender Güterkonsum der Haushalte angenommen. Diese Annahme ist zwar kurzfristig plausibel, doch soll die Steuer Steuerungseffekte entfalten, die letztlich Verhaltensänderungen und geringere CO2-Emissionen bewirken und somit auch einen Rückgang des Steueraufkommens zur Folge hätten. Das erste Szenario veranschlagt einen Durchschnittspreis von 60 EUR je Tonne CO2, der zu den aktuell geltenden Verbrauchsteuern hinzukäme, was der derzeitigen CO2-Bepreisung in Finnland entspricht. Im zweiten Szenario wird zusätzlich zu den Verbrauchsteuern ein ambitionierterer Preis von 120 EUR je Tonne CO2 eingeführt, was beispielsweise dem CO2-Preis in Schweden entspricht. Im dritten Szenario mit einem Preis von 350 EUR je Tonne CO2 tritt dieser Preis an die Stelle der bisherigen Verbrauchsteuern, wobei die Treibhausgasemissionen in diesem Szenario in den unter das europäische Emissionshandelssystem fallenden Sektoren bis 2050 auf null zurückgeführt werden (Europäische Kommission, 2018b). Im ersten Szenario werden die Mehreinnahmen auf haushaltsneutrale Weise in voller Höhe für Ausgleichsmaßnahmen verwendet. Betrachtet werden zwei Arten des Ausgleichs: eine Geldpauschale für alle Haushalte und eine gezielte Geldleistung für Haushalte, die mindestens 15 % ihres verfügbaren Einkommens für den Energieverbrauch aufwenden. Ein Einpersonenhaushalt erhielte damit im Pauschalszenario 18,0 EUR pro Monat und bei der gezielten Geldleistung 42,1 EUR pro Monat.(
XI
)
|
Abb. 4.1.3a: Umweltsteuerszenarien: Verteilungs- und Gerechtigkeitseffekte mit und ohne Ausgleichsmaßnahmen
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission, Gemeinsame Forschungsstelle, basierend auf dem EUROMOD-Modell.
|
Die Ergebnisse bestätigen die regressive Wirkung einer CO2-Steuer, weisen aber auch darauf hin, dass sich durch richtig gestaltete Ausgleichsmechanismen insgesamt eine progressive Wirkung erzielen lässt. Ohne Ausgleichmaßnahmen ist die regressive Wirkung umso stärker, je höher der CO2-Preis veranschlagt wird. Im Ergebnis vermindert sich das verfügbare Einkommen in den Szenarien ohne Ausgleich im zehnten Dezil um 0,7 % bis 1,9 % und im untersten Dezil um 1,7 % bis 5,2 %. Durch die Einführung einer Geldleistung wird die Reform progressiv, wobei eine Pauschale einen Zuwachs des verfügbaren Einkommens für Haushalte bis zum dritten Dezil und eine gezielte Leistung einen Zuwachs des verfügbaren Einkommens für Haushalte bis zum fünften Dezil bewirkt (siehe Abb. 1).
Ungleichheit und Armutsgefährdung nehmen ab, wenn Ausgleichsmaßnahmen vorhanden sind. In den Szenarien ohne Ausgleichsmaßnahmen nimmt die am Gini-Koeffizienten gemessene Ungleichheit mit steigendem CO2-Preis zu. Bei der gezielten Geldleistung nimmt sie ab und bei der Ausgleichspauschale bleibt sie in etwa unverändert. Die Armutsgefährdungsquote nimmt einen ähnlichen Verlauf (siehe Abb. 1).
|
Während die Steuermesszahl bundesweit gleich sein wird, soll der Hebesatz – und damit der letztlich zu entrichtende Steuerbetrag – von den Kommunen festgelegt werden. Allerdings können die Länder vom Bundesgesetz abweichen. So hat etwa Bayern bereits angekündigt, dass es die Grundsteuer nach dem Flächenmodell berechnen will.
Mit der Reform wurde keine Steigerung der Steuereinnahmen von Grundeigentümern angestrebt und damit die Gelegenheit versäumt, das Steuersystem im Sinne eines inklusiven Wachstums umzuformen. Wiederkehrende Steuern auf Grundbesitz gelten angesichts der Unbeweglichkeit der Steuerbemessungsgrundlage gemeinhin als relativ effizient (Europäische Kommission, 2020). Darüber hinaus könnten wiederkehrende Grundbesitzsteuern angesichts der vergleichsweise niedrigen Wohneigentumsquote in Deutschland und deren ungleicher Verteilung auch zu einer gerechteren Verteilung der Steuerlast beitragen. Doch selbst nach der Reform dürften die Steuereinnahmen aus Grundbesitz relativ gering bleiben, da die Regierung eine aufkommensneutrale Reform zum Ziel hatte. Außerdem darf der Eigentümer die anfallenden Steuern auch nach der Reform weiterhin auf die vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten umlegen, sodass die Steuer faktisch auf dem Mieter lastet.(
)
Vermögensbezogene Steuern machen nur einen geringen Teil der Steuereinnahmen aus. Erbschaft- und Schenkungsteuer bringen in Deutschland nur rund 6 Mrd. EUR pro Jahr ein, was einem durchschnittlichen effektiven Steuersatz von gerade einmal rund 2 %(
) entspricht und vor allem an weitreichenden Befreiungen für Unternehmensvermögen liegt. Außerdem wendet Deutschland sein Vermögensteuergesetz seit 1997 nicht mehr an, da Immobilienvermögen damit gegenüber anderem Vermögen bessergestellt wurde. Während die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern in Deutschland im Laufe der Jahre zurückgegangen sind, haben die Akkumulation und Konzentration des Vermögens erheblich zugenommen, ist die Vermögenskonzentration im internationalen Vergleich überaus hoch (Bach und Thiemann, 2016; Bach et al., 2019) und hat sich auch der prozentuale Anteil des Erbvermögens gegenüber dem Anteil des erworbenen Vermögens signifikant von rund 20 % (des Gesamtvermögens) in den 1970er Jahren auf rund 50 % im Jahr 2010 erhöht (Brülhart et al., 2018).
Gesundheitswesen
Im Gesundheitswesen bestehen nach wie vor Ineffizienzen. Im Jahr 2017 wendete Deutschland 4 300 EUR pro Kopf für die Gesundheitsversorgung aus (11,2 % des BIP) und damit mehr als jedes andere Land in der EU (EU-Durchschnitt: 2 884 EUR). Zugleich sterben immer noch fast so viele Menschen an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten wie im EU-Durchschnitt und mehr als in vielen anderen westeuropäischen Ländern. Das deutsche Gesundheitssystem ist nach wie vor sehr krankenhauszentriert. Mit acht Krankenhausbetten je 1 000 Einwohner lag die Bettendichte im Jahr 2017 über dem EU-Durchschnitt (fünf). Auch dauert ein Krankenhausaufenthalt mit durchschnittlich 8,9 Tagen vergleichsweise lang und sind Tageskliniken weniger verbreitet als in den meisten anderen EU-Mitgliedstaaten. Die ausgeprägte Kleinteiligkeit des Systems ist der Qualität der Gesundheitsversorgung abträglich, denn viele Leistungen werden in kleinen und oft unzureichend ausgestatteten Krankenhäusern erbracht. Ein stärkerer Fokus auf Prävention und integrierte Pflege könnte Effizienzgewinne bringen. Ineffizienzen im Gesundheitswesen entstehen auch durch den gesetzlichen Rahmen, der es Besserverdienenden, Beamten und Selbstständigen ermöglicht, aus der nach dem Solidarprinzip funktionierenden gesetzlichen Krankenversicherung auszutreten. Dieser Rahmen gibt Ärzten auch die Möglichkeit, privat Versicherten höhere Sätze als in der gesetzlichen Krankenversicherung in Rechnung zu stellen, was Anreize für eine gesundheitliche Überversorgung schafft.
Rentensystem
Das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben trifft Deutschland stärker als andere EU-Länder und setzt seine öffentlichen Finanzen erheblich unter Druck. Bis zum Jahr 2040 dürften die Ausgaben Deutschlands für die gesetzlichen Renten EU-weit mit am steilsten ansteigen (um 1,9 Prozentpunkte des BIP), während das Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung dem Bericht über die Bevölkerungsalterung 2018 zufolge auf 37,6 % sinken wird. Das Risiko für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen hat sich von gering auf mittel erhöht, da die Ausgangslage nicht mehr ganz so günstig ist wie ursprünglich angenommen. Dadurch steigt der Indikator S2 (um 0,5 Prozentpunkte) auf 2,2 und damit knapp über den Schwellenwert von 2,0, ab dem ein mittleres Risiko besteht (Anhang B).(
)
|
Abb. 4.1.4:Nettorentenniveau bei geringen und bei hohen Einkommen (2018)
|
|
|
|
Quelle: OECD, 2019a.
|
Die demografischen Entwicklungen wirken sich auch auf die Angemessenheit und Gerechtigkeit der Renten aus. Seit 2005 sind Rentenerhöhungen an den Nachhaltigkeitsfaktor gekoppelt, der Veränderungen des zahlenmäßigen Verhältnisses von Beitragszahlern zu Rentnern misst. Während dieser im Jahr 2019 zu einer zusätzlichen Rentenerhöhung um 0,6 % führte, wird er den Projektionen zufolge ab 2020 negativ sein, woraus sich eine durchschnittliche Rentenminderung um jährlich 0,5 % bis 2033 ergibt (BMAS, 2019). Zugleich ist das Nettorentenniveau bereits relativ niedrig, insbesondere bei Geringverdienern (56,1 % gegenüber einem EU-Durchschnitt von 69,8 %, siehe Abb. 4.1.4). Darüber hinaus ist die Lebenserwartung der verschiedenen soziodemografischen Gruppen unterschiedlich und haben Geringverdiener eine kürzere Lebenserwartung als Besserverdienende, worauf auch im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hingewiesen wird (BMAS, 2017). Infolgedessen können Arbeitnehmer im Verhältnis zu ihren geleisteten Beiträgen umso mehr Rentenzahlungen erwarten, je höher ihr Lebenslohneinkommen ist (Haan et al., 2019; Breyer und Hupfeld, 2009). Die jüngste Reform vom Juli 2019, die für bestimmte Geringverdiener („Midijobber“) eine Beibehaltung des Leistungsniveaus bei gleichzeitiger Absenkung der Beiträge vorsieht, und die geplante Einführung der Grundrente‚ über die Geringverdiener mit vielen Beitragsjahren einen beitragszeitabhängigen Aufschlag auf die Rente erhalten sollen, gehen die Problematik der Generationengerechtigkeit teilweise an, da sie Leistungen für Geringverdiener beinhalten, die über die normalerweise erworbenen Ansprüche hinausreichen. Der Grundsatz der Generationengerechtigkeit könnte weiter gestärkt werden, indem bei den Beitragsjahren Vollzeitäquivalente zugrunde gelegt würden. So würde vermieden, dass jemand, der sein ganzes Leben lang in einem schlecht bezahlten Job gearbeitet hat, bei der Rente genauso dasteht wie eine relativ gut bezahlte Teilzeitkraft.
Haushaltspolitischer Rahmen
Durch Ausweitung der nationalen Schuldenregeln auf die Länderebene hat sich deren Verbindlichkeit noch erhöht. Auf Bundesebene gelten die Haushaltsvorschriften der nationalen „Schuldenbremse“ seit 2016 bereits in vollem Umfang und begrenzen das strukturelle Defizit auf höchstens 0,35 % des BIP. Ab 2020 gilt die Schuldenbremse nun auch auf Länderebene, womit jedes Bundesland fortan einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung aufweisen muss. Strukturelle Defizite sind nicht mehr zulässig.
Deutschland führt weiterhin themenbezogene Haushaltsanalysen („Spending Reviews“) durch, um Effizienz und Wirksamkeit der Staatsausgaben zu erhöhen. Diese Spending Reviews finden seit 2015 regelmäßig in jährlichen Zyklen statt, wobei jeweils bestimmte Politikbereiche und Ministerien im Fokus stehen. Im Review-Zyklus 2018-2019 wurde das „Forderungsmanagement“ untersucht, während beim laufenden fünften Review-Zyklus 2019-2020 der Politikbereich „Weiterbildung, Wiedereinstieg und Existenzgründung“ in den Blick genommen wird.
„Green Budgeting“ scheint bei der Haushaltsplanung in Deutschland kein Faktor zu sein. Trotz des internationalen Trends, den Beitrag finanzpolitischer Maßnahmen zu ökologischen Zielen in den Haushaltsdokumenten auszuweisen, scheint dies in Deutschland noch nicht der Fall zu sein. Während eine Gesamtübersicht fehlen kann, könnten immerhin die Auswirkungen spezifischer klima- und umweltpolitischer Maßnahmen analysiert werden. Dieser Ansatz ist erheblich eingeschränkter als beispielsweise in Frankreich, wo erstmals der Versuch unternommen wird, konsequent darzustellen, wie „grün“ der französische Staatshaushalt ist. Das „Yellow Book“ zum französischen Haushaltsplan enthält sowohl Haushaltsinformationen und Politikstrategien als auch eine Folgenabschätzung für private Haushalte und Unternehmen (République française, 2019). Auch in Italien ist es seit vielen Jahren üblich, „grüne“ Posten in den Haushaltsdokumenten auszuweisen.
4.2.
Finanzsektor*
Bankensektor
Der Bankensektor muss sich auf herausfordernde Zeiten einstellen. Die Banken werden die Konsolidierung beschleunigen und ihre Geschäftsstrategien neu ausrichten müssen, da die Zinsen wohl auf absehbare Zeit äußerst niedrig bleiben dürften.(
) Kosten müssen weiter gesenkt werden und zugleich muss im Finanzsektor zur Modernisierung des Tagesgeschäfts mehr in IT-Infrastruktur investiert werden. Der durch Fintech und Bigtech ausgelöste Umbruch könnte auf die Gewinne drücken, während sich die Verbraucherpräferenzen und die regulatorischen Rahmenbedingungen ändern könnten.(
) Der ganze Sektor muss sich auf einen raschen Wandel seines Umfelds einstellen und eine strategische Vision entwickeln, um lebensfähig zu bleiben.
Trotz jahrelangen Wirtschaftswachstums bleibt die Rentabilität des deutschen Bankensektors insgesamt gering. Das Wirtschaftswachstum der letzten Jahre hat den Banken geholfen, den Anteil der notleidenden Kredite gering zu halten, während das Niedrigzinsumfeld zu niedrigeren Finanzierungskosten beigetragen hat. Allerdings hat der Rückgang der Kreditzinsen in Kombination mit der übermäßigen Abhängigkeit vom Zinsüberschuss, den durch die aufgesplitteten Bankennetze bedingten Überkapazitäten, den Befolgungskosten und der in die Jahre gekommenen und teure Modernisierungen erfordernden IT-Infrastruktur an der Rentabilität gezehrt. Immerhin ist es den Banken in den letzten Jahren gelungen, insgesamt rentabel zu bleiben, indem sie stille Reserven aufgelöst, verstärkt auf Fristentransformation gesetzt, mehr Kredite vergeben und höhere Risiken übernommen haben. Auf diese Faktoren zu setzen, dürfte in Zukunft schwieriger werden.
Die Rentabilitätsunterschiede zwischen den Institutsarten sind groß. Die Rentabilität der deutschen Kreditinstitute ist seit Jahrzehnten gering, da Sparkassen und Genossenschaftsbanken als Stakeholder-Banken nicht in erster Linie nach Gewinn streben. Dagegen sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken gegenwärtig profitabler als die großen Geschäftsbanken und Landesbanken. Für den Bankensektor insgesamt lag die Gesamtkapitalrendite im Jahr 2018 bei 0,23 % und war damit nach Griechenland die zweitniedrigste in Europa.(
) Die Eigenkapitalrendite (RoE) nach Steuern betrug 2,4 %, mit großen Unterschieden zwischen den Institutsarten: 8,2 % bei den Genossenschaftsbanken, 7,3 % bei den Sparkassen und 1,1 % bei den Geschäftsbanken, wohingegen die Landesbanken insgesamt einen Verlust von ‑3,9 % verzeichneten. Letzterer wurde in hohem Maße durch den Verlust in Höhe von 2,4 Mrd. EUR beeinflusst, den die Nord LB 2018 vor allem wegen des Abbaus fauler Schiffskredite verbuchte. Das öffentlich-rechtliche Institut erhielt deswegen eine Kapitalspritze von 2,8 Mrd. EUR.
Die geringe Rentabilität verlangt einen Umbau der Kostenstruktur. Hohe Kosten waren ein Hauptgrund für die geringe Rentabilität. Das Kosten-/Ertragsverhältnis der deutschen Banken sank von 75,9 % im Juni 2018 auf 73,6 % im Juni 2019, womit es in beiden Jahren noch leicht über dem EU-Durchschnitt von 64,5 % lag. Im selben Zwölfmonatszeitraum stieg das Kosten-/Ertragsverhältnis bei den Landesbanken und großen Geschäftsbanken um 130 Basispunkte auf 83,2 %. Der Konsolidierungsprozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit 1 603 Banken verfügt Deutschland über einen dicht besiedelten Bankenmarkt, der jährlich um rund 3 % schrumpft, wobei die Zahl der Filialen noch schneller abnimmt (2018 um 7,4 %) (Bundesbank, 2019). Im Jahresverlauf 2018 ging die Zahl der Sparkassen (386) und Genossenschaftsbanken (878) um 1 % bzw. 4 % zurück, und Deutschland zählt mittlerweile nur noch fünf Landesbanken, da zwei aufgrund einer Änderung ihrer Rechtsform von der Bundesbank nun anderen Bankengruppen zugeordnet werden. Fusionen zwischen verschiedenen Institutsarten bleiben schwierig, auch aufgrund der unterschiedlichen Rechtsstruktur. Lohne und Gehälter sowie Pensionsverpflichtungen machen bei den Banken die Hälfte der Aufwendungen aus. 2018 wurde der Diskontierungssatz für die Pensionsverpflichtungen erstmals seit 2005 angepasst. Durch den deutlich niedrigeren Diskontierungssatz sind die Pensionsverpflichtungen entsprechend gestiegen. Eingeschränkte Bonuszahlungen und Personalabbau führten dennoch im Jahr 2018 zu einer Absenkung der gesamten Personalaufwendungen um 0,7 %.
Das Kreditwachstum hat private Investitionen erleichtert und gleichzeitig den Verschuldungsgrad der Banken erhöht. 2018 betrug die Jahreswachstumsrate der Kredite für den privaten Wohnungsbau 4,6 %, die der Konsumentenkredite 5,1 % und die der Unternehmenskredite 5,3 %. Die ausstehenden Bankkredite an private Nichtbanken erhöhten sich auf 1,1 Billion EUR Ende September 2019. Das Kreditwachstum beschleunigte sich von 4,5 % im Vorjahr auf 5,4 %. Die ausstehenden Kredite erhöhten sich in den zwölf Monaten bis September 2019 um 3,2 Prozentpunkte auf 89,3 % des BIP. Im Verhältnis zum BIP wächst die private Verschuldung also wieder an, liegt aber weiterhin deutlich unter ihrem Höchstwert von 103 % des BIP im Jahr 2001.
|
|
|
Tabelle 4.2.1:Vierteljährliche Financial-Soundness-Indikatoren
|
|
|
|
Quelle: EZB-CBD2 – Konsolidierte Bankdaten.
|
|
|
Für deutsche Banken bleibt die wichtigste Ertragskomponente der Zinsüberschuss. Er macht drei Viertel ihres Gesamtertrags aus, während in mehreren anderen Euro-Mitgliedstaaten rund die Hälfte des Gesamtertrags aus dem nicht zinsbezogenen Geschäft stammt. Im Jahr 2018 erhöhte sich der Kreditbestand um 4,9 %, der Zinsüberschuss jedoch nur um 1,3 % – ein schwaches Wachstum angesichts weitgehend unverzinslicher Einlagen. Auch wenn der deutsche Bankensektor die durchschnittliche Zinsmarge insgesamt über 1 % halten konnte, waren die Unterschiede zwischen den Institutsarten doch markant. Sparkassen und Genossenschaftsbanken erzielten eine durchschnittliche Zinsmarge von 1,73 % bzw. 1,8 %, die Geschäftsbanken hingegen von 0,77 %. Die Banken geben die negativen Zinssätze an größere Firmenkunden, jedoch nur sehr zögerlich an große Privateinleger weiter. Im Jahr 2018 veranschlagten Institute für neue, täglich fällige Einlagen von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften einen Zins von -0,03 %, für neue, täglich fällige Einlagen von Privatkunden im Mittel einen Zinssatz von 0,02 %.
Die risikobereinigten Eigenkapitalquoten liegen nach wie vor leicht über dem europäischen Durchschnitt. Die Verschuldungsquote, die das Verhältnis von Eigenkapital zu den ungewichteten Aktiva abbildet, ist in Deutschland im europäischen Vergleich mit am niedrigsten. Die harte Kernkapitalquote der deutschen Banken (hartes Kernkapital, geteilt durch die risikogewichteten Aktiva) liegt mit 15,4 % um 40 bzw. 60 Basispunkte über dem EU- und Euroraum-Durchschnitt. Mit 1,3 % ist der Anteil der notleidenden Kredite in Deutschland so niedrig wie kaum anderswo im Euro-Währungsgebiet. (Tabelle 4.2.1) Die während der letzten zehn Jahre überaus niedrigen Ausfallquoten haben die internen Risikomodelle der Banken beeinflusst und werfen die Frage auf, ob das Kreditrisiko möglicherweise unterschätzt werden könnte. So könnten die Eigenkapitalanforderungen für die deutschen Banken in der Tat erheblich steigen, wenn Basel III vollständig umgesetzt ist (EBA, 2019).
Der Stresstest der Bundesbank bei kleineren Banken bestätigt generell zufriedenstellende Kennzahlen für die Finanzstabilität. Während die Europäische Bankenaufsichtsbehörde 2018 einen Stresstest bei den größeren Banken in Europa durchführte (EBA, 2018), unterzog die Bundesbank die 1 412 kleinsten deutschen Geldhäuser, die 2019 38 % der Bilanzsumme repräsentierten, einem Stresstest. Im Stresstest-Szenario der EBA würde die harte Kernkapitalquote der deutschen Institute bis Ende 2020 auf 7-34 % sinken. Im Basisszenario der Bundesbank würde sich die Eigenkapitalrendite von 0,42 % im Jahr 2018 auf 0,46 % im Jahr 2023 und die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) von 16,5 % Ende 2018 auf 16,7 % leicht erhöhen, während die Eigenkapitalquoten bei 1/3 der Banken sogar im Basisszenario sinken würden. Das Stressszenario unterstellt einen schweren wirtschaftlichen Abschwung, der einen Rückgang der CET1-Quote auf 13,0 % im Jahr 2023 zur Folge hätte. Demnach würden die kleineren Institute im Durchschnitt über den aufsichtsrechtlichen Mindestwerten bleiben, was eine Unterschreitung durch einzelne Institute selbstverständlich nicht ausschließt.
Der Anteil der schwer zu bewertenden Aktiva der Stufen 2 und 3 ist in den letzten zehn Jahren zurückgegangen. Zu Handelszwecken gehaltene Vermögenswerte werden mit zunehmender Bewertungskomplexität drei verschiedenen Stufen zugeordnet. Die Rechnungslegungsvorschriften (IFRS 13) verpflichten die Banken zur Meldung von Bruttopositionen, die teilweise gegeneinander abgesichert sein könnten und daher im Vergleich zu Nettopositionen von begrenztem Aussagewert sind. Die Bruttoaktiva der Stufen 2 und 3 machen bei diesen Instituten 18,7 % bzw. 1,6 % der Bilanzsumme aus. In Frankreich sind es 17,2 % bzw. 0,9 %. In Deutschland ist der Anteil dieser Aktiva in den letzten zehn Jahren leicht zurückgegangen. Aufgrund ihrer Komplexität sind sie vor allem bei den größeren Banken konzentriert. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde führte 2018 Stresstests der Nettopositionen der 48 größten europäischen Banken in Stufe-2- und Stufe-3-Aktiva durch (EBA, 2018). Bei 31 der getesteten Banken läge die Auswirkung auf das harte Kernkapital bei weniger als 20 Basispunkten, bei zehn Banken würde die CET1-Quote 20-40 Basispunkte sinken, und nur bei sieben Banken wäre ein Eigenkapitaleffekt zwischen 73 und 40 Basispunkten zu erwarten.
4.2.2.Wohnungsmarkt
Wohnimmobilien haben sich in den letzten zehn Jahren um die Hälfte verteuert, nachdem die Preise jahrelang stagniert hatten. Die meisten verfügbaren Indikatoren deuten auf eine Überbewertung der Immobilienpreise in den größeren Städten hin. Nachdem sich die Preise für Wohnimmobilien seit dem Jahr 2000 vorwiegend nominal erhöht hatten, sind die Wohnimmobilienpreise in den letzten Jahren real schneller angezogen und etwas rascher gestiegen als das Einkommen der privaten Haushalte. Inzwischen liegen die Wohnimmobilienpreise sowohl im Vergleich zu den Mieten als auch zu den Einkommen deutlich über ihrem langfristigen Durchschnitt, was wachsende Risiken einer Immobilienblase nahelegt. Der Preisanstieg bei Wohnimmobilien in städtischen Gebieten spiegelt die relative Knappheit des Wohnraumangebots im Verhältnis zur Nachfrage wider. Die Bundesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um die Wohnraumknappheit zu lindern. Die künftige Preisentwicklung wird daher vermutlich von der Wirksamkeit dieser Maßnahmen abhängen (siehe auch Abschnitt 4.4).
Die Neuvergabe von Hypothekarkrediten beschleunigt sich weiter und übertrifft die Tilgungen ganz erheblich. Im September 2019 war der Hypothekarkreditbestand 5,0 % höher als zwölf Monate zuvor. Aufgrund der steigenden Wohnimmobilienpreise hat sich die Zahl der Hypothekarkredite erhöht. Im Laufe von 2018 stieg die durchschnittliche Annuität um 5,5 % auf 7 041 EUR. Die Beleihungsquote bei Vergabe erhöhte sich um 170 Basispunkte auf 86,5 %, was eine Lockerung der Kreditvergabestandards widerspiegelt. Riskantere Kredite zogen auch höhere Zinssätze nach sich. Im Laufe von 2018 stiegen die Zinssätze von 1,76 % auf 1,84 %, während sie im Euroraum allgemein um 10 Basispunkte auf 1,62 % sanken. Im Laufe von 2019 sanken die Hypothekenzinsen in Deutschland jedoch rascher und lagen im September 17 Basispunkte unter dem Euroraum-Durchschnitt von 1,29 %. In Deutschland entscheiden sich die meisten Baukreditnehmer für feste Zinsen, um vor Zinsänderungen geschützt zu sein. Die Wohneigentumsquote ist EU-weit die niedrigste und doch hat ein Viertel der deutschen Bevölkerung eine Hypothek aufgenommen, was in etwa dem EU-Durchschnitt entspricht. Trotz des kräftigen Wachstums der Hypothekarkredite ist die Verschuldung der privaten Haushalte in den letzten zehn Jahren bei rund 36 % des BIP verharrt und kann im Vergleich zur restlichen EU als moderat angesehen werden. Der Anteil der notleidenden Kredite ist bei den privaten Haushalten nicht einmal halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt.
Das makroprudenzielle Instrumentarium ist nur teilweise angemessen. Zusätzliche schuldenbasierte Obergrenzen würden die Wirksamkeit des makroprudenziellen Instrumentariums erhöhen, da aktuell nur die Beleihungs- und Laufzeitobergrenzen eingesetzt werden könnten. In seiner Warnung nennt der Europäische Ausschuss für Systemrisiken gelockerte Kreditvergabestandards, beschleunigtes Hypothekarkreditwachstum und eine Immobilienpreisüberbewertung in den Städten als mögliche Quellen systemischer Risiken (ESRB 2019). Wenngleich Deutschland ab Juli 2020 einen antizyklischen Kapitalpuffer von 0,25 % einführen wird, spricht sich der Ausschuss doch für weitere Maßnahmen aus.
|
Abb. 4.2.1:Wohnimmobilienpreise im Vergleich zu den Fundamentalfaktoren
|
|
|
|
Quelle: Eurostat, OECD, EZB, BIZ und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.
|
4.2.3.Kapitalmärkte
Die deutschen Wagniskapitalfonds sind etwas weniger weit entwickelt als der europäische Durchschnitt.
Wagniskapitalfonds machen 4,3 Basispunkte (0,04 %) des deutschen BIP aus, was weniger ist als im EU-Durchschnitt und deutlich weniger als im Vereinigten Königreich oder Frankreich (Invest Europe, 2019). In allen Finanzierungsphasen ist eine starke Konzentration von Wagniskapital auf zwei große Zentren zu beobachten. Zwei Drittel aller Wagniskapitalinvestitionen entfallen auf Berlin, rund 12 % auf München, was mit der vergleichsweise starken Innovationskraft der beiden Regionen zusammenhängt. Was die sektorale Verteilung der Wagniskapitalinvestitionen angeht, stechen IKT und die verarbeitende Industrie heraus (Flachenecker et al., 2020).
Öffentliche Finanzierungsprogramme haben den Zugang zur Frühphasenfinanzierung verbessert. Der High-Tech-Gründerfonds scheint zum aktivsten Seedinvestor in Deutschland geworden zu sein und hat, vor allem über die Signalwirkung seiner Investitionen, erhebliche private Investitionen mobilisiert. Anders als bei anderen öffentlichen Wagniskapital-Förderprogrammen können private Investoren beim Programm INVEST selbst entscheiden, in welches Unternehmen sie investieren. Engere Verbindungen zwischen Unternehmern und Investoren durch Investitionen in Gründerzentren, Start-up-Beschleuniger und Business-Angel-Netzwerke haben die Unternehmenskultur verbessert und Deutschland für lokale und internationale Investoren attraktiver gemacht. Allerdings ist der Zugang zur Frühphasen- und Wachstumsfinanzierung immer noch ein großes Hemmnis für wachstumsstarke Unternehmen (EFI, 2019; Flachenecker et al., 2020).
Bei den jüngsten Initiativen steht die Finanzierung von Hochtechnologie- und innovativen Branchen im Fokus. Weitere einschlägige Initiativen sind die Erweiterung des „Tech Growth Fund“ durch „Venture Tech Growth“ und die Ausweitung des Förderprogramms Industrielle Gemeinschaftsforschung. Im Oktober 2018 wurden die Programme der KfW in „KfW Capital“ gebündelt – einem unabhängigen wachstumsorientierten Wagniskapitalunternehmen, das bis Oktober 2019 Investitionen in Höhe von 147 Mio. EUR zugesagt hat.
Privatplatzierungen von Schuldtiteln sind für den deutschen Kapitalmarkt eine wichtige Ergänzung. Die private Platzierung von Schuldtiteln, d. h. die Emission von Schuldscheinen, ist erheblich kostengünstiger als die Begebung einer Anleihe. Außerdem sind die Publizitätspflichten weniger aufwendig, die Zinsspreads niedrig und die Inhaber von Schuldscheinen im Gegensatz zu den Inhabern von Anleihen durch das deutsche Einlagensicherungssystem geschützt. Bei einem Zinsanstieg würde der Nettogegenwartswert von Rentenwerten sinken, und die Banken müssten den Anleihewert in ihren Büchern nach den Grundsätzen der Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert anpassen. Bei Schuldscheinen ist keine Bewertung zu Marktpreisen erforderlich, sodass die Banken ihnen gegenüber klassischen Anleihen, die Bewertungsänderungen unterliegen, den Vorzug geben.
4.2.4.Sektorale Spar-Investitionsrelationen
Der hohe Leistungsbilanzüberschuss spiegelt sich in der Ersparnis der privaten Haushalte und der öffentlichen Hand wider, während der Verschuldungsabbau bei den Unternehmen zum Stillstand gekommen ist. Bis vor Kurzem trugen alle Wirtschaftssektoren zum Leistungsbilanzüberschuss bei. Jetzt sind es nur noch die privaten Haushalte und die öffentliche Hand. Seit 2018 sind die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften zu Nettokreditnehmern geworden: Der Finanzierungsüberschuss der Kapitalgesellschaften sank von 1,4 % des BIP im Jahr 2017 auf etwa null(
) im Jahr 2018. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Unternehmensinvestitionen seit 2016 in Reaktion auf die hohe Kapazitätsauslastung stetig gestiegen sind. Die privaten Haushalte haben von einem Anstieg der staatlichen Transferleistungen und dem widerstandsfähigen Arbeitsmarkt profitiert. Der Anteil der Arbeitseinkommen hat weiter zugenommen, was das anhaltende Beschäftigungswachstum und die widerstandsfähigen Löhne widerspiegelt. Die höheren verfügbaren Einkommen sind nur zum Teil in Konsum und Investitionen geflossen: Die Sparquote der privaten Haushalte erhöhte sich 2018 weiter auf 18,8 % und war damit die höchste im Euroraum (Durchschnitt: 11,9 % im Jahr 2018), während der Finanzierungssaldo im Verhältnis zum BIP unverändert blieb. Dagegen erhöhte sich die gesamtstaatliche Ersparnis in den Jahren bis 2018 prozentual zum BIP, worin die kräftigen Steuereinnahmen zum Ausdruck kommen. Dadurch ist der Haushaltsüberschuss weiter angewachsen, was Raum für mehr öffentliche Investitionen und andere langfristig wachstumsfördernde Ausgaben schafft. Der Finanzierungsüberschuss des öffentlichen Sektors erreichte 2018 mit 1,9 % des BIP seinen Höchststand und schmolz 2019 auf 1,5 % ab, worin höhere öffentliche Investitionen, Transferleistungen und in gewissem Maße auch die Konjunkturverlangsamung zum Ausdruck kommen. In der Zukunft ist mit einem weiteren Rückgang zu rechnen, bis der Haushalt 2021 in etwa ausgeglichen sein wird.
|
Abb. 4.2.2:Leistungsbilanzsaldo und Finanzierungsüberschuss nach Sektoren
|
|
|
|
Quelle: Deutsche Bundesbank, Europäische Kommission.
|
Der Leistungsbilanzüberschuss und der Nettoauslandsvermögensstatus liegen weiterhin beträchtlich über dem nach den Fundamentaldaten zu erwartenden Stand. Den „Leistungsbilanz-Normberechnungen“ der Europäischen Kommission zufolge legen die fundamentalen Bestimmungsfaktoren für Ersparnis und Investitionen derzeit einen Überschuss von 3,0 % des BIP nahe (während 2018 ein Überschuss von 7,4 % des BIP verzeichnet wurde). Auch wenn dies in erster Linie der Bevölkerungsalterung(
) zuzuschreiben ist (+1,7 Prozentpunkte), spielen die hohe Fertigungsintensität und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exporte doch ebenfalls eine Rolle (+0,9 Prozentpunkten).(
) Allerdings ist ein großer Teil des Überschusses (3,0 Prozentpunkte) und dessen Dynamik auf Faktoren zurückzuführen, auf die die Politik direkteren Einfluss nehmen kann. Der Beitrag dieser politikbestimmten Faktoren ist seit 2005 positiv und macht seit 2011 rund 3 % aus. Ein beträchtlicher Teil des Überschusses ist durch den seit 2000 erfolgten Schuldenabbau im privaten Sektor zu erklären, auch wenn dessen Auswirkungen 2018 geringer waren (+1,0 Prozentpunkt nach zuvor +1,3 Prozentpunkten) ebenso wie jene der Finanzpolitik (+0,9 Prozentpunkte, ein leichter Rückgang um 0,05 Prozentpunkte). Ein wachsendes Nettoauslandsvermögen trug weiterhin zu einer beträchtlichen positiven Einkommensbilanz bei (1,4 Prozentpunkte, ein leichter Rückgang um 0,05 Prozentpunkte). Doch im Vergleich zum hohen Auslandsvermögen erscheint die Rentabilität der Auslandsinvestitionen relativ gering (Hünnekes et al., 2019).
|
Abb. 4.2.3:Für den Leistungsbilanzüberschuss verantwortliche Faktoren
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission.
|
4.3.
Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik*
4.3.1.Arbeitsmarkt(
)
Der bemerkenswert starke Arbeitsmarkt verschleiert das Arbeitskräftehorten und die Divergenzen zwischen Dienstleistungssektor und verarbeitendem Gewerbe. Die Arbeitslosenquote hat sich 2019 bei rund 3,2 % stabilisiert und die Beschäftigung ist zwar in geringerem Tempo, aber doch weiter gestiegen (siehe Kapitel 1). Dies hat zu erheblichen Fortschritten bei der Verwirklichung des Ziels 8 beigetragen. Während in den vergangenen Jahren noch etwa die Hälfte des Beschäftigungswachstums auf das verarbeitende Gewerbe und damit verbundene Unternehmensdienstleistungen entfallen ist, hat sich die Schaffung von Arbeitsplätzen in diesen Sektoren seit dem zweiten Quartal 2018 deutlich verlangsamt und kam 2019 sogar zum Stillstand (Abbildung 4.3.1). Entlassungen hielten sich jedoch in Grenzen, da viele Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes Arbeitskräfte horteten und die geleisteten Arbeitsstunden durch Auflösung von Arbeitszeitkonten und Rückgriff auf Kurzarbeit verringerten. Die Zahl der Arbeitnehmer in konjunktureller Kurzarbeit stieg nach dem Tiefststand von etwa 10 000 deutlich an und erreichte im November 2019 rund 84 000 (blieb damit aber weit unter dem Höchststand von 1,4 Millionen im Frühjahr 2009). Dies lässt vor dem Hintergrund eines konjunkturellen Nachfragerückgangs noch auf deutlichen Spielraum für Arbeitskräftehorten schließen. Kurzarbeit ist allerdings keine Patentlösung für Probleme, die im Zuge eines strukturellen Wandels auftreten, der im Automobilsektor bereits zu Entlassungen führt. Während jedoch im verarbeitenden Gewerbe und bei damit verbundenen Dienstleistungen keine Arbeitsplätze mehr geschaffen werden, wird im Baugewerbe und in der überwiegenden Mehrheit der Dienstleistungsbranchen, insbesondere im öffentlichen Dienst, im Gesundheitswesen und im Bildungswesen, weiter eingestellt.
Das gesamtwirtschaftliche Lohnwachstum zeigte sich bislang widerstandsfähig, dürfte sich in diesem Jahr jedoch in Richtung Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets verlangsamen. Trotz erster Stressanzeichen auf dem Arbeitsmarkt bei verlangsamten Beschäftigungswachstums und sinkender Produktivität(
) beschleunigte sich das Wachstum des durchschnittlichen Nominallohns von 2,9 % im Jahr 2018 auf 3,3 % im Jahr 2019. Die Lohnerhöhungen im Dienstleistungssektor haben stark zum allgemeinen Lohnwachstum beigetragen, während sich die Lohnentwicklung im verarbeitenden Gewerbe im Zuge der rückläufigen Produktion verlangsamte. Ungeachtet des relativ starken Lohnwachstums (Abbildung 4.3.2) besteht die seit 2000 aufgelaufene Lücke zwischen Produktivitäts- und Reallohnwachstum fort und dürfte sich auch in den Jahren 2019 und 2020 nicht schnell wieder schließen. Generell könnte sich das Lohnwachstum verlangsamen, da die Arbeitgeber in einem weniger starken Arbeitsmarkt mehr Verhandlungsmacht haben und sowohl das Produktivitätswachstum als auch die Gewinnspannen sinken. Wirksame Tarifverhandlungen könnten dazu beitragen, das richtige Gleichgewicht zwischen Lohnanstieg und dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu finden. In dieser Hinsicht ist die Situation weitgehend unverändert geblieben, da der Anteil der unter Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer im Jahr 2018 auf einem im Vergleich zur Vergangenheit relativ niedrigen Niveau stagnierte (Kohaut, 2019).
|
Abb. 4.3.1:Veränderungen bei der Beschäftigung nach Sektor, Anzahl der Beschäftigten in Kurzarbeit
|
|
|
|
Source: Eurostat
|
|
Kasten 4.3.5: Ergebnisse bei der europäischen Säule sozialer Rechte
Die europäische Säule sozialer Rechte dient als Kompass für eine erneuerte Aufwärtskonvergenz in Richtung besserer Arbeits- und Lebensbedingungen in der Europäischen Union. Sie umfasst zwanzig zentrale Grundsätze und Rechte in Bezug auf Gleichbehandlung und Zugang zum Arbeitsmarkt, faire Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und soziale Inklusion.
Das sozialpolitische Scoreboard der europäischen Säule sozialer Rechte lässt in Deutschland relativ wenige beschäftigungsbezogene und soziale Herausforderungen erkennen. Während Deutschland eine der höchsten Beschäftigungsquoten für Frauen in der EU aufweist und das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle unter dem EU-Durchschnitt liegt, ist die Teilzeitbeschäftigungsquote für Frauen eine der höchsten in der EU. Dies geht mit einem großen geschlechtsspezifischen Lohngefälle einher‚ das die zwischen Männern und Frauen bestehenden Unterschiede in der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und in der sektoralen Zusammensetzung der Beschäftigung widerspiegelt. Deutschland hat mit den höchsten Anteil von Frauen, die in Niedriglohnberufen arbeiten.
Die Bildungsergebnisse sind regional sehr unterschiedlich. In Bremen brechen 14,6 % aller 18- bis 24-Jährigen ihre Ausbildung frühzeitig ab; bundesweit sind dies durchschnittlich 10,3 % und in Niederbayern nur 5,2 %. Auch die NEET-Quote (Anteil junger Menschen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und keine Berufsausbildung absolvieren) variiert zwischen den Regionen, wobei der Unterschied zwischen der am besten und der am schlechtesten abschneidenden Region beinahe 6 Prozentpunkte beträgt. In Berlin gehören 9,1 % der jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren zur NEET-Gruppe, gegenüber einem landesweiten Durchschnitt von 5,9 % und nur 3,5 % in der leistungsstärksten Region Unterfranken in Bayern. In gleicher Weise bestehen bei der Quote der Hochschulabschlüsse unter den 30- bis 34-Jährigen erhebliche Unterschiede zwischen den Regionen (30 Prozentpunkte).
Der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Dank einer starken Arbeitsmarktentwicklung lag die Langzeitarbeitslosigkeit 2018 bei 3,4 % und damit bei der Hälfte des EU-Durchschnitts von 6,8 %. Weitere Verbesserungen sind – zum Teil aufgrund staatlicher Maßnahmen wie dem Teilhabechancengesetz – zu erwarten. Nach diesem Gesetz zahlt der Staat bei Einstellung eines Langzeitarbeitslosen im ersten Jahr 75 % und im zweiten Jahr 50 % seines Arbeitsentgelts. Darüber hinaus verbessern das Qualifizierungschancengesetz und das Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes den Zugang von Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen zu arbeitsmarktrelevanten Bildungsangeboten.
|
Nach mehreren Erhöhungen der Tariflöhne scheint die Anpassung der Mindestlöhne hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückzubleiben. Im Jahr 2018 schlug die Mindestlohn-Kommission vor, den Mindestlohn für 2019 auf 9,19 EUR pro Stunde und für 2020 auf 9,35 EUR pro Stunde anzuheben (dies entspräche im Jahr 2019 einer nominalen Erhöhung um etwa 4 % gegenüber 2018, als es keine Erhöhung gegenüber 2017 gab, und im Jahr 2020 einer nominalen Erhöhung um etwa 1,7 %). Diese Erhöhungen, denen die Bundesregierung Rechtskraft verliehen hat, beruhten auf der Entwicklung der Tariflöhne in den Jahren 2016-2017 (für die Erhöhung 2019) und im ersten Halbjahr 2018 (für die Erhöhung 2020). Die Verknüpfung der Anhebung der Mindestlöhne mit den Entwicklungen bei den Tariflöhnen scheint seit 2015 zu einer allmählichen Aushöhlung der relativen Höhe des Mindestlohns geführt zu haben. Während der Mindestlohn 2015 etwa 48 % des Medianwerts und 43 % des Durchschnittslohns betrug, war er bis 2018 auf 46 % des Medianlohns und 40 % des Durchschnittslohns gesunken (OECD-Daten). Nach Berechnungen der Europäischen Kommission dürfte das Verhältnis zum Medianwert 2019 unverändert bleiben, das Verhältnis zum Durchschnittslohn jedoch weiter sinken.
|
Abb. 4.3.2:Nominales Lohnwachstum: tatsächliches Wachstum und Prognosen auf der Grundlage wirtschaftlicher Fundamentaldaten
|
|
|
|
Quelle: Berechnungen der Europäischen Kommission auf der Grundlage der AMECO-Datenbank
|
Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bremst das Wachstum. Trotz der Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit herrscht nach wie vor beträchtlicher Arbeitskräftemangel. Der Anteil von Industrieunternehmen, die Arbeitskräftemangel als einschränkenden Produktionsfaktor melden, ist nach dem hohen Wert von 27 % im zweiten Quartal 2018 zwar gesunken, ist aber mit 18 % im dritten Quartal 2019 nach wie vor recht hoch. Gleichzeitig liegt die Quote unbesetzter Stellen (Anteil unbesetzter Stellen an allen Arbeitsplätzen) nahe bei ihrem historischen Höchststand von 3,2 % (Q3 2019); in der EU liegt der Durchschnittswert bei 2,3 % und im Euro-Währungsgebiet bei 2,2 %. Die Bevölkerungsalterung und der technologische Wandel machen die Sicherung qualifizierter Arbeitskräfte auch zu einer strukturellen Herausforderung. Ohne zusätzliche Maßnahmen dürfte das Potenzialwachstum Deutschlands von 1,6 % im Jahr 2018 auf 1,2 % im Jahr 2022 fallen (Europäische Kommission, 2019a).
Weiterbildung und Umschulung der Arbeitskräfte können dazu beitragen, den Mangel an Arbeitskräften zu verringern. Während Deutschland eine der höchsten Beschäftigungsquoten in der EU hat, ist die Beschäftigungsquote von Geringqualifizierten mit 60,7 % relativ niedrig und liegt 19,2 Prozentpunkte unter der Gesamtbeschäftigungsquote (gegenüber einem EU-28-Durchschnitt von 17,0 Prozentpunkten). Im Jahr 2018 waren 14,2 % der Deutschen zwischen 20 und 64 Jahren (d. h. sieben Millionen Menschen) gering qualifiziert. Atypische Beschäftigung und niedrige Entlohnung sind in dieser Gruppe besonders weit verbreitet. Während in Deutschland 50 % der Geringqualifizierten mit ihrem Stundenlohn zwei Drittel unter dem Medianlohn lagen, belief sich dieser Anteil im Vereinigten Königreich auf 33 %, in Dänemark auf 25 %, in Frankreich auf 18 % und in Schweden auf lediglich 5 % (Eichhorst et al., 2019). Die Teilnahmequote an der Erwachsenenbildung liegt mit 8,2 % deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 11,1 %, was auf Raum für Verbesserungen schließen lässt. Durchschnittlich nahmen 4,3 % der Geringqualifizierten (in den vier Wochen vor ihrer Befragung) an Fortbildungsmaßnahmen teil, was dem EU-Durchschnitt entspricht, aber deutlich unter der Teilnahmequote in Ländern liegt, die bei der Weiterbildung besser abschneiden, wie z. B. die Niederlande (9,9 %), Dänemark (14,9 %) und Schweden (20,7 %). Eine bessere Weiterbildung von Geringqualifizierten wäre auch deshalb von Vorteil, weil es in Deutschland schätzungsweise nur 3,2 Millionen Arbeitsplätze gibt, die lediglich ein niedriges Qualifikationsniveau erfordern (2017) (BIBB, 2019).
Deutschland hat 2019 einige vielversprechende Reformen zur Verbesserung von Weiterbildung und Umschulung eingeleitet, doch kann hier noch mehr getan werden. Zu den vielversprechenden Initiativen gehört z. B. das „Qualifizierungschancengesetz“, durch das der Zugang zu Weiterbildung und die finanzielle Förderung solcher Maßnahmen für Arbeitnehmer, deren berufliche Tätigkeiten durch neue Technologien gefährdet sind, verbessert werden. Hier wäre auch das 2019 aktualisierte Berufsbildungsgesetz zu nennen. Die im Jahr 2019 verabschiedete Nationale Weiterbildungsstrategie ist ein wichtiger Bestandteil der Kompetenzstrategie des Bundes, die Bundesprogramme für Erwachsenenbildung mit den Programmen der Länder kombiniert(
). Sie dürfte u. a. zu einer Verbesserung von Transparenz und Zugänglichkeit beitragen und dafür sorgen, dass informelle Kompetenzen besser anerkannt und Geringqualifizierte – u. a. über Teilqualifikationen – zu formellen Qualifikationen geführt werden. Angesichts des Fachkräftemangels und des projizierten Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter um 10,2 Millionen bis 2060 setzt die Regierung auf eine umfassende Drei-Säulen-Strategie. Dazu gehört neben der Erschließung des inländischen und europäischen Fachkräftepotenzials auch die Förderung der Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern (Fachkräftestrategie). Die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittländern erfordert effizientere und transparentere Verwaltungsverfahren sowie eine bessere Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen.
Eine bessere Nutzung des Arbeitsmarktpotenzials von Frauen könnte dazu beitragen, Qualifikationsdefizite zu verringern, den Auswirkungen der Bevölkerungsalterung entgegenzuwirken und das Potenzialwachstum zu steigern. Während Deutschland eine der höchsten Beschäftigungsquoten von Frauen in der EU hat (75,8 % im Jahr 2018 gegenüber einem EU-28-Durchschnitt von 67,4 %), entfällt fast die Hälfte davon auf Teilzeitbeschäftigung (46,7 % gegenüber einem EU-28-Durchschnitt von 30,8 %). Gerechnet in Vollzeitäquivalenten beträgt die Beschäftigungsquote von Frauen nur 59,4 % und geht mit einem höheren unbereinigten geschlechtsspezifischen Lohngefälle einher (21 % gegenüber einem EU-Durchschnitt von 16 % im Jahr 2017; die bereinigte geschlechtsspezifische Lohnlücke beträgt 6 %). Das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle in Vollzeitäquivalenten ist das vierthöchste in der EU (20,8 Prozentpunkte gegenüber einem EU-Durchschnitt von 18 Prozentpunkten) und erhält im sozialpolitischen Scoreboard die Bewertung „durchschnittlich“. Das hohe unbereinigte geschlechtsspezifische Lohngefälle spiegelt die niedrigere Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und die Branchen, in denen Frauen besonders häufig arbeiten, wider(
). Deutschland hat im Vergleich zu Nachbarländern wie Frankreich (13,2 %), Dänemark (10,5 %) oder dem Vereinigten Königreich (25,8 %) mit 32,4 % den höchsten Anteil an Frauen, die einen niedrigen Lohn erhalten (Eichhorst et al., 2019). Zwar hat das Entgelttransparenzgesetz das Bewusstsein für den Grundsatz der gleichen Entlohnung geschärft, doch haben aufgrund der komplizierten Verfahren nur wenige Arbeitgeber ihre Lohnpolitik geändert (BMFSFJ, 2019).
Ganztagsbetreuung für Kinder und Ganztagsschulen bleiben wichtige Faktoren für die Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern unter sechs Jahren liegt um 17,5 Prozentpunkte unter der Quote von Frauen ohne Kinder. Dies ist eine der größten Lücken in der EU (der Durchschnitt liegt bei neun Prozentpunkten). Im Jahr 2018 nannten in Deutschland 30,2 % der teilzeitbeschäftigten Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren Betreuungs- und Pflegeaufgaben als Hauptgrund dafür, dass sie nicht in Vollzeit arbeiten; EU-weit sind dies 27,7 %. Deutschland ergreift ehrgeizige Maßnahmen, um auf die steigende Nachfrage nach Kinderbetreuung und Plätzen in Ganztagsschulen(
) zu reagieren, liegt mit 29,8 % der Kinder unter drei Jahren in formaler Kinderbetreuung im Jahr 2018 jedoch nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt von 35,1 % und dem Barcelona-Ziel von 33 %. Auch die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung bleibt ein Thema. Die Teilnahmequote von Kindern zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter liegt bei 87,6 % und damit über dem EU-Durchschnitt (85,7 %), verfehlt jedoch das Barcelona-Ziel (90 %). Durch Maßnahmen wie das Gute Kita-Gesetz wird die Förderung der Kinderbetreuung in den Ländern deutlich aufgestockt (um 5,5 Mrd. EUR im Zeitraum 2019-2022) und könnte Frauen geholfen werden, länger zu arbeiten. Eine ebensolche Wirkung könnte das im Januar 2019 in Kraft getretene Gesetz über das Recht auf die Rückkehr von der Teilzeit zur früheren Vollzeitstelle entfalten. Da erhebliche zusätzliche Mittel erforderlich sind, um die Erschwinglichkeit und die Qualität der Kinderbetreuung zu gewährleisten, wäre es sinnvoll zu prüfen, ob der Finanzierungsbedarf tatsächlich gedeckt ist. Die jüngsten Reformen müssen weiterverfolgt und ihre Auswirkungen angemessen bewertet werden.
Eine weitere Verringerung der steuerlichen Fehlanreize für Zweit- und Geringverdiener könnte ebenfalls zu einer Erhöhung der geleisteten Arbeitsstunden beitragen. 2014 erhielt mehr als ein Viertel der Frauen (28,7 %) einen Niedriglohn; bei Männern war dies nur bei etwa einem Sechstel der Fall (16,9 %). Die hohe Steuer- und Abgabenbelastung von Gering- und Zweitverdienern, von denen ein erheblicher Teil auf Frauen entfällt, betrifft diese daher besonders stark. Steuer- und Sozialversicherungsvorschriften wie die Sonderregelung für die gemeinsame Besteuerung (Ehegattensplitting) schrecken davon ab, mehr Stunden zu arbeiten (siehe auch Abschnitt 4.1). Im Hinblick auf die Niedriglohnfalle für Zweitverdiener hat sich seit Jahren keine Verbesserung eingestellt; sie gehört nach wie vor zu den höchsten in der EU. Die fortgesetzte Anwendung des Faktorverfahrens bei der Wahl der Steuerklassen-Kombination innerhalb eines Paares hat mit Blick auf die Schaffung besserer Arbeitsanreize für Zweitverdiener nur begrenzte Erfolge gebracht. Im Juli 2019 wurde die Midijob-Schwelle, ab der die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe entrichtet werden, von 850 EUR auf 1300 EUR angehoben, wodurch sich eine allmählichere Staffelung der Sozialversicherungsbeiträge ergibt. Wie im Länderbericht 2019 angesprochen, sollten diese Maßnahmen genau überwacht werden, um zu prüfen, ob die beabsichtigten positiven Auswirkungen tatsächlich eintreten. Zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung des verfügbaren Einkommens von Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen, wie etwa die Abschaffung des Solidaritätszuschlags (für etwa 90 % der Steuerzahler ab 2021) und der Ausgleich der Auswirkungen der kalten Progression für 2019-2020, können bessere Anreize für eine längere Arbeitszeit setzen.
Leiharbeit geht infolge einer Kombination von konjunkturellen und strukturellen Faktoren zurück. Die Leiharbeit macht in Deutschland 2,5 % der Gesamtbeschäftigung aus (rund 950 000 Menschen, gleitendes Jahresmittel bis Ende Juni 2019). 2019 konnten 17 % der Personen, die ein Ausscheiden aus der Arbeitslosigkeit schafften, dies dank Leiharbeit erreichen, während 15 % der neu Arbeitslosen zuvor im Rahmen eines solchen Vertrags beschäftigt waren (Bundesagentur für Arbeit, 2019a). Geringqualifizierte, männliche, junge Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge sind in der Leiharbeit überrepräsentierte Gruppen. Die Gesetzesänderung von 2017, die gleiche Entlohnung nach neun Monaten Arbeit im gleichen Unternehmen gewährleisten soll, und die Einführung einer maximalen Zuweisungsdauer von 18 Monaten führten zu einem Rückgang der Zahl der Leiharbeiter (Hutter et al. 2019) Dies wurde durch die Ausweitung der regulären Beschäftigung (sozialversicherungspflichtige unbefristete Arbeitsverträge mit mindestens 21 Arbeitsstunden pro Woche) mehr als ausgeglichen. Diese stieg 2019 erstmals seit 2002 auf 70,3 % der Gesamtbeschäftigung. Seit 2018 hat die schwächere Wirtschaftslage auch zu einem Rückgang des Angebots an Leiharbeitsstellen beigetragen.
Das Potenzial von Menschen mit Migrationshintergrund wird nach wie vor nur unzureichend genutzt. Die Diskrepanz bei den Erwerbstätigenquoten zwischen im Inland geborenen und außerhalb der EU geborenen Personen ist trotz eines leichten Rückgangs um 0,8 Prozentpunkte nach wie vor eine der höchsten in der EU (16,3 Prozentpunkte gegenüber einem EU-Durchschnitt von 9,4 Prozentpunkten) (Europäische Kommission, 2019b). Wenn diese Lücke geschlossen würde, könnten fast ein Million mehr Menschen erwerbstätig sein. Besonders problematisch ist die Situation bei Frauen, die außerhalb der EU geboren sind. Bei dieser Gruppe ist das Beschäftigungsgefälle doppelt so groß wie bei außerhalb der EU geborenen Männern. Das geschlechtsspezifische Gefälle bei der Erwerbsbeteiligungsquote zwischen in der EU und außerhalb der EU geborenen Personen ist mit 20,2 Prozentpunkten im Jahr 2018 ebenfalls groß (EU-Durchschnitt: 9,5 Prozentpunkte). Die Umsetzung des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes wird die Anerkennung von in Drittländern ausgestellten Befähigungsnachweisen und beruflichen Qualifikationen vereinfachen und dürfte die Integration von außerhalb der EU geborenen Personen in den Arbeitsmarkt verbessern. Dies gilt auch für den neuen, verbesserten Zugang zu Integrations- und Berufsbildungskursen sowie Lehrgängen, den das neue Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz bietet.
Trotz einiger Verbesserungen stellt die Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingen nach wie vor eine Herausforderung dar. Dank der bereits laufenden ehrgeizigen Maßnahmen zur Förderung des Spracherwerbs und der berufspraktischen Ausbildung von Flüchtlingen nimmt die Erwerbsbeteiligung kürzlich angekommener Migranten (d. h. Personen, die außerhalb der EU geboren und vor weniger als fünf Jahren angekommen sind) zu: Ihre Beschäftigungsquote lag 2018 bei 42,9 %, gegenüber 37,3 % im Jahr 2016. Die Beschäftigungsquote von Staatsangehörigen der wichtigsten Flüchtlingsländer stieg im September 2019 auf 34,7 %, liegt damit jedoch nach wie vor deutlich unter der von Ausländern insgesamt und von deutschen Staatsangehörigen. Auch Flüchtlinge nehmen in zunehmendem Maße an der beruflichen Bildung teil(
). Die Zahl der Flüchtlinge unter den bei der Bundesagentur für Arbeit registrierten Ausbildungssuchenden ist weiter gestiegen (2016: 10 300; 2017: 26 400; 2018: 38 300). Von den 38 300 Bewerbern im Jahr 2018 fanden nur 14 000 (36,5 %) einen Ausbildungsplatz (BIBB, 2019), obwohl die Zahl der Ausbildungsplätze höher war als die Zahl der Bewerber und zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt geblieben sind (53 000, Ende September 2019). Unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache, fehlende im Heimatland erworbene berufliche Qualifikationen und Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Qualifikationen sind nach wie vor die Haupthindernisse für die Integration dieser Gruppe in den Arbeitsmarkt. Das neue Gesetz über die Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung, das Teil des im Juni 2019 verabschiedeten Migrationspakets ist, bietet Personen mit befristeter Aufenthaltserlaubnis mehr Möglichkeiten, bis zum Abschluss ihrer Berufsausbildung zu bleiben.
4.3.2.Sozialpolitik
Der Arbeitsmarkt zeigt sich stark, die soziale Lage verbessert sich nur moderat. Im Jahr 2018 waren 18,7 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht (EU-Durchschnitt: 22,5 %); dies bedeutet eine leichte Verbesserung gegenüber 2017 (19 %). Dies äußerte sich hauptsächlich in einem Rückgang der erheblichen materiellen Deprivation (2017: 3,4 %, 2018: 3,1 %) und in der Anzahl der Haushalte mit sehr niedriger Erwerbsintensität (2017: 8,7 %, 2018: 8,1 %). Auch die materielle und soziale Deprivation gehen zurück (2017: 8,1 %, 2018: 7,5 %)(
), die Einkommensarmut allerdings nur um 0,1 Prozentpunkt. Die Quote von Armut bedrohter Erwerbstätiger lag bei 9,1 % und damit nur geringfügig unter dem EU-Durchschnitt (9,5 %), d. h. bei den Arbeitsmarktergebnissen bestehen im Hinblick auf bestimmte Gruppen gewisse Herausforderungen (siehe Abschnitt 4.3.1).
Die Chancengleichheit in jungen Jahren kann nach wie vor verbessert werden. Kinder Alleinerziehender, von Familien mit drei oder mehr Kindern oder von Eltern mit niedrigem Bildungsniveau oder Migrationshintergrund sind am stärksten von Armut bedroht. Investitionen in Kinder und ihre Familien haben langfristige positive Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt (Europäische Kommission, 2019d). Die Bundesregierung hat das Starke-Familien-Gesetz verabschiedet‚ das am 1. Juli 2019 in Kraft getreten ist. Dieses dürfte durch einen einfacheren Zugang zu kinderbezogenen Leistungen, durch den ergänzenden Kinderzuschlag und durch Leistungen für Bildung und Teilhabe den sozialen Schutz von Kindern stärken. Darüber hinaus wurden mehrere dieser Leistungen erweitert. Es bleibt abzuwarten, ob die Reform dieser Leistungen eine größere Zahl von anspruchsberechtigten Familien und Kindern erreichen wird. In der Zwischenzeit werden die Beratungen über die mögliche Einführung einer Kindergrundsicherung fortgesetzt. Ebenfalls positiv zu vermerken ist die laufende Reform des Sozialgesetzbuchs VIII‚ die die Kinder- und Jugendhilfe stärker inklusiv ausrichten soll.
Umfassende Maßnahmen zur Verbesserung des Rentensystems stehen weiter aus. Im Jahr 2018 lag die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen über 65 bei 19 % und damit 1,3 Prozentpunkte über dem Wert von 2017 und 0,5 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt(
). Gleichzeitig zeichnet sich künftiger Druck auf die öffentlichen Finanzen ab (siehe Abschnitt 4.1). Daher werden dringend kosteneffiziente Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut und Verbesserungen des Rentensystems benötigt (Europäische Kommission, 2019b). Die Einführung der Grundrente und die beabsichtigte Einbeziehung von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung dürften den Einbeziehungsgrad für die Zielgruppen verbessern(
). Die Entscheidung über die künftige Struktur des Rentensystems wurde mit der Einrichtung der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ jedoch verschoben. Größere Reformen werden erst nach Vorlage der Empfehlungen der Rentenkommission im Frühjahr 2020 erwartet.
Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist zu einer großen Herausforderung geworden. Obwohl die Quote der Überbelastung durch Wohnkosten gesunken ist, zählt die Quote Deutschlands nach wie vor zu den schlechtesten in der EU. 2018 lebten 14,2 % der Bevölkerung in einem Haushalt, der mindestens 40 % seines Einkommens für Wohnkosten aufwendet. Besonders gravierend ist die Situation für ältere (19,3 %) und armutsgefährdete Menschen (49,5 %), insbesondere in den Kernstädten der Metropolregionen (Europäische Kommission, 2019b)(
). Im mittleren und unteren Preissegment scheint die Nachfrage das Angebot zu übertreffen (siehe Abschnitt 4.4).
Die Gesundheitsversorgung ist generell gut zugänglich und breit gefächert, doch bestehen nach wie vor Ungleichheiten. Der ungedeckte Bedarf an medizinischer Versorgung war 2018 einer der niedrigsten in der EU (0,2 %) und lag deutlich unter dem EU-Durchschnitt (1,8 %). Allerdings deutet das Gefälle bei der eigenen Gesundheitseinschätzung auf gewisse Ungleichheiten zwischen Einkommensgruppen hin. Nur die Hälfte der Deutschen in der niedrigsten Einkommensgruppe ist laut eigenen Angaben bei guter Gesundheit, verglichen mit 80 % der Befragten in der höchsten Einkommensgruppe(
). Soziale Ungleichheiten in Bezug auf Sterblichkeit und Lebenserwartung haben im Laufe der Zeit zugenommen (Lampert et al., 2018) und sind beträchtlich (siehe Abbildung 4.3.3). Dies deutet – wie im Präventivgesetz von 2015 bestätigt – darauf hin, dass der Ansatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“, einschließlich Prävention von Krankheiten und Förderung einer gesunden Lebensweise aller Altersgruppen, weiter gestärkt und Ungleichheiten im Gesundheitsbereich verringert werden könnten.
|
Abb. 4.3.3:Unterschiede bei der Lebenserwartung von Personen mit dem höchsten und Personen mit dem niedrigsten Bildungsniveau in Jahren (im Alter von 40 Jahren)
|
|
|
|
Quelle: Dienststellen der Kommission; für Deutschland: Luy et al, 2015
|
Die Kluft zwischen sozialer Krankenversicherung (SKV) und privater Krankenversicherung (PKV) bereitet weiterhin Anlass zur Sorge. Das duale Krankenversicherungssystem schwächt das Solidaritätsprinzip im Gesundheitswesen, da es Beamten, Selbstständigen und Menschen mit hohem Einkommen die Möglichkeit gibt, aus der SKV auszusteigen. Die Wartezeiten sind nach europäischen Standards gut: Im Jahr 2018 meldeten 0,9 % der Deutschen einen aufgrund langer Wartezeiten ungedeckten Bedarf an medizinischer Versorgung, gegenüber 1,8 % in der gesamten EU. Aufgrund der Anreize für eine Vorzugsbehandlung von PKV-Patienten bestehen jedoch nach wie vor Unterschiede infolge des Versicherungsstatus (Europäische Kommission, 2019b). Zwei Gesetze aus den Jahren 2015 und 2019 zielen vor allem darauf ab, die Wartezeiten für SKV-Patienten zu verkürzen, die Verfügbarkeit von Ärzten, auch in ländlichen Gebieten, zu verbessern und die Gesundheitsversorgung effizienter zu machen. Die Auswirkungen dieser Reform müssen bewertet werden (siehe Abschnitt 4.1).
Durch die jüngsten, größeren Reformen des deutschen Systems der Langzeitpflege (LZP) haben sich sowohl die Zahl der LZP-Empfänger als auch die öffentlichen LZP-Ausgaben deutlich erhöht. Die Zahl der Personen, die LZP-Dienste der sozialen Langzeitpflegeversicherung(
) in Anspruch nehmen, stieg zwischen 2014 (vor den Reformen ) und 2018 um 43 % und die öffentlichen Ausgaben im selben Zeitraum um 62 %. Die wichtigsten Gründe hierfür sind die Neudefinition der Pflegebedürftigkeit und der Methoden zur Ermittlung des Pflegebedarfs; nun sind auch Demenzkranke erfasst – ein Thema, das angesichts der Bevölkerungsalterung in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen soll gewährleistet werden, dass vor dem Hintergrund der zunehmenden Bevölkerungsalterung eine nachhaltige Finanzierung gegeben ist; zudem wurde ein durch höhere LZP-Prämien finanzierter Fonds für Langzeitpflegebedürftige eingerichtet.
Der Personalmangel in Pflegeberufen dürfte Gesundheitsfolgen nach sich ziehen und sich auf die langfristige Verfügbarkeit und Qualität der Pflege auswirken. In Deutschland gibt es mehr tätiges Pflegepersonal je 1 000 Einwohner (1,8 laut Daten für 2017) als im EU-Durchschnitt. Allerdings stehen in der Altenpflege bereits heute fünfmal mehr freie Stellen offen als es verfügbare Fachkräfte gibt(
). Die Regierung hat Mittel für die Einstellung von 13 000 zusätzlichen Pflegekräften ab 2019 freigegeben und fördert die Rekrutierung aus Drittländern. Zudem wird ab 2020 eine Reform mit gleichzeitiger Straffung der Aus- und Weiterbildung durchgeführt, um die Attraktivität der Tätigkeit und die Karriereaussichten von Pflegepersonal zu verbessern (OECD/Europäisches Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, 2019). Solche Maßnahmen werden das Problem jedoch nur geringfügig abschwächen.
4.3.3.Bildung und Qualifikationen
Die Investitionsplanung im Bildungswesen folgt dem dringenden Bedarf, doch sind in diesem Sektor nach wie vor einige Herausforderungen zu bewältigen. Insgesamt stiegen die öffentlichen Bildungsausgaben zwischen 2010 und 2017 real um 5,6 %; im Vorschul- und Primarbereich war ein Anstieg um 21 %, im Tertiärbereich ein Rückgang um 2,4 % zu verzeichnen. Dennoch gibt Deutschland heute einen geringeren Anteil seiner Ressourcen für Bildung aus als in der Vergangenheit. Während 2011 noch 4,3 % des BIP in die Bildung flossen, waren dies 2016 und 2017 4,1 % und damit deutlich weniger als der EU-Durchschnitt von 4,6 %. Die privaten und öffentlichen Ausgaben gingen auch zwischen 2010 und 2017 zurück und sanken um 0,4 Prozentpunkte auf 6,4 %. Von den staatlichen Gesamtausgaben entfallen 9,3 % auf Bildung, was ebenfalls unter dem EU-Durchschnitt (10,2 %) liegt. Gemäß der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung der Hochschulbildung vom Mai 2019 wird jede Seite ab 2021 jährlich 1,88 Mrd. EUR investieren. Allerdings besteht aufgrund des erheblichen Modernisierungsbedarfs im Bereich der Infrastruktur nach wie vor eine große Investitionslücke (Gornig, 2019). Die Regierung plant zudem, die Mittel für das Darlehenssystem für Studierende und Auszubildende (BAFöG) im Zeitraum von 2018 bis 2021 um mehr als 1,3 Mrd. EUR aufzustocken (2,7 Mrd. EUR im Jahr 2018). Obwohl sich das kommunale Investitionsdefizit für Schulinfrastruktur im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 um 4,9 Mrd. EUR verringerte, lag es immer noch bei 42,8 Mrd. EUR und damit über dem Bedarf in jedem anderen Sektor (KfW, 2019a). Im Rahmen des DigitalPakts Schule wird die Bundesregierung bis 2024 Investitionen in Höhe von 5 Mrd. EUR und die Länder in Höhe von 0,5 Mrd. EUR tätigen, wodurch jedoch schätzungsweise nur ein Drittel des Finanzbedarfs gedeckt wird (Breiter et al., 2017). Zusätzlicher Investitionsbedarf ergibt sich aus der von der Regierung im Jahr 2018 im Rahmen des Koalitionsvertrags zugesagten Ausweitung der Ganztagsschulen.
Der Ausbau der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) schreitet voran, aber es bestehen nach wie vor erhebliche Versorgungslücken. Die Teilnahme von 4- bis 6-Jährigen an der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung lag 2018 stabil bei 96,4 % und damit über dem EU-Durchschnitt (95,4 %). Die steigende Nachfrage nach Plätzen für unter 3-Jährige führt jedoch, insbesondere in städtischen Gebieten, zu erheblichen Versorgungslücken. Eine Umfrage unter mehr als 2600 FBBE-Verantwortlichen zeigt einen deutlichen Mangel an qualifiziertem Personal, der vor allem auf die mangelnde Attraktivität des Berufs, die schwierigen Arbeitsbedingungen und die niedrigen Löhne zurückzuführen ist (DKLK, 2019). Eine Mehrheit der Deutschen bevorzugt kostenlose FBBE-Angebote (Wößmann et al., 2019). Die Gemeinden, aber auch Forscher (Spiess, 2019) empfehlen jedoch nicht unbedingt eine unterschiedslose Verwendung zusätzlicher Mittel aus dem FBBE-Qualitätsverbesserungsgesetz, um Gebühren ohne Berücksichtigung der quantitativen und qualitativen Mängeln zu subventionieren oder abzuschaffen (DStGB, 2019). Die Gewährleistung einer hohen FBBE-Qualität ist auch eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Bildungsleistung weniger stark von sozioökonomischen Faktoren und Migrationshintergrund abhängt.
Junge Studierende zeigen in den Grundkompetenzen im Großen und Ganzen die gleichen Leistungen, während sich der sozioökonomische Hintergrund nach wie vor stark auf die Bildungsergebnisse auswirkt. Die internationale Schulleistungsstudie der OECD (PISA-Studie)
aus dem Jahr 2018 ergab, dass 15-Jährige aus Deutschland mit ihrer Kompetenz in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften in etwa im EU-Durchschnitt liegen. Unzureichende Leistungen nahmen im Jahr 2018 im Vergleich zu 2015 in allen Disziplinen zu, vor allem beim Lesen. Der sozioökonomische Hintergrund bleibt ein unverändert wichtiger Faktor für die Leseleistung (Reiss et al., 2019; Europäische Kommission, 2019e; OECD, 2019b; OECD, 2019c; OECD, 2020). Der Anteil der 15-Jährigen aus schlechten sozioökonomischen Verhältnissen, die beim Lesen schlecht abschneiden, liegt um 27,5 Prozentpunkte über dem der Jugendlichen aus guten sozioökonomischen Verhältnissen; dies ergibt gegenüber dem EU-Durchschnitt eine Lücke von 2 Prozentpunkten. Eine besonders große Leistungslücke (mehr als eine PISA-Kompetenzstufe) besteht zwischen Hochschulen und der berufsbildenden unteren Sekundarstufe. Deutschland ist eines der Länder mit den größten Diskrepanzen bei den Lesedefiziten zwischen im Ausland geborenen Schülern und Schülern ohne Migrationshintergrund, und diese Diskrepanzen haben sich seit 2009 erheblich verstärkt. Allerdings holen im Inland geborene Schüler mit im Ausland geborenen Eltern gegenüber Schülern ohne Migrationshintergrund zunehmend auf. Die PISA-Studie zeigt eine Konzentration auf Schulen mit schwacher und solche mit starker Leistung; die Leiter benachteiligter Schulen berichten häufiger über Material- und Personalmangel als die begünstigter Schulen. Darüber hinaus melden benachteiligte Schulen einen deutlich höheren Anteil nicht voll zertifizierter Lehrkräfte. Die Gewährleistung guter Grundkompetenzen für alle wird zu einem immer wichtigeren Thema, um die aktuellen Herausforderungen infolge des digitalen und technologischen Wandels zu meistern, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und einen Beitrag zu Ziel 4 – Hochwertige Bildung – zu leisten.
Die große Knappheit an Lehrkräften beeinträchtigt das Bildungsangebot. Nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes werden 2019/2020 rund 15 000 Stellen unbesetzt bleiben und 40 000 Stellen mit Personen besetzt werden, die ursprünglich nicht als Lehrer ausgebildet sind. Der größte Mangel besteht in Grundschulen, Hauptschulen‚ Berufsschulen und Förderschulen. Die Lehrkräfte an solchen Schulen beziehen generell niedrigere Gehälter als im Hochschulbereich. Während in der offiziellen Bedarfsprognose bis 2025 ein Mangel von 15 300 Lehrkräften ermittelt wurde (Sekretariat der KMK, 2018), ergeben Berechnungen auf Grundlage aktueller Schätzungen des Anstiegs der Zahl der Grundschüler eine Lücke von 26 300 Lehrkräften (Klemm und Zorn, 2019). Der Lehrermangel macht es wegen des damit verbundenen Unterrichtsausfalls schwierig, ein umfassendes Angebot an hochwertiger Bildung aufrechtzuerhalten, und der Einsatz von Quereinsteigern, die keine Lehrerausbildung absolviert haben, könnte Probleme bereiten. Negative Auswirkungen sind auch auf die geplante Ausweitung des Angebots an Ganztagsschulen sowie die Integration unlängst aufgenommener Migranten zu erwarten (DUK, 2019).
Die Ungleichheiten beim Bildungsniveau bestehen fort, und sozioökonomische Faktoren sowie Migrationshintergrund spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Die Quote der 18- bis 24-Jährigen, die die allgemeine und berufliche Bildung vorzeitig abbrechen, ist seit 2015 bei etwa 10,3 % stabil geblieben. Dies gilt allerdings auch für die Tatsache, dass diese Quote bei im Ausland geborenen Personen seit 2010 mehr als dreimal so hoch ist. Bei jungen Menschen aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Hochschule besuchen dreimal geringer (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018). Darüber hinaus liegen die Abschlussquoten bei Menschen mit Migrationshintergrund sowohl in der Hochschulbildung als auch in der beruflichen Bildung niedriger als bei im Inland geborenen Personen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018). Deutschland hat große Anstrengungen unternommen, um vor kurzem angekommene „Menschen mit Migrationshintergrund“ zu integrieren, insbesondere in der beruflichen Bildung (OECD, 2019d). Wie jedoch aus dem nationalen Datenreport zum Berufsbildungsbericht hervorgeht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit Migrationshintergrund in die berufliche Aus- und Weiterbildung einsteigen, immer noch geringer als bei Personen ohne einen solchen Hintergrund (34,2 % gegenüber 55,7 % im Jahr 2017). Deshalb sind mehr Anstrengungen erforderlich, um die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten im Bildungsbereich und das niedrige Leistungsniveau von Kindern mit Migrationshintergrund besser anzugehen (OECD, 2019d). Bei Menschen mit Behinderungen ist die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in Deutschland mit 23,9 % niedriger als im EU-Durchschnitt (32,4 %).
Trotz hervorragender Beschäftigungsaussichten sinkt die Teilnahme an formalen Berufsbildungsprogrammen. Junge Menschen zieht es stärker in die akademische Bildung als in die berufliche Aus- und Weiterbildung: 2017 starteten im Vergleich zu 2016 2,7 % weniger neue Studierende formale Berufsbildungsprogramme. Die Zahl der nicht in Anspruch genommenen Ausbildungsmöglichkeiten stieg von 49 000 im Jahr 2017 auf 57 700 im Jahr 2018. Die regionalen Ungleichgewichte bei Qualifikationen und Arbeitsplätzen scheinen stärker ausgeprägt zu sein (BIBB, 2019). Gleichzeitig war es 2018 so, dass 92,4 % der Absolventen der beruflichen Aus- und Weiterbildung eine Beschäftigung fanden, gegenüber 91,3 % im Jahr 2017 und dem weit niedrigeren EU-Durchschnitt von 79,5 %. In Deutschland werden bis 2030 voraussichtlich 60 % der Stellenangebote Stellen mit mittlerem Qualifikationsniveau betreffen, gegenüber einem EU-Durchschnitt von 46 % (Cedefop, 2018). Um auf die Veränderungen bei den Berufsprofilen zu reagieren, will die Regierung die berufliche Aus- und Weiterbildung attraktiver machen. Im Jahr 2019 wurden drei Fortbildungsstufen für die Berufsbildung mit harmonisierten Abschlussbezeichnungen eingeführt und eine neue föderale Initiative zur Förderung der Entwicklung und Erprobung innovativer Ansätze gestartet.
Der Fachkräftemangel in MINT und IKT-Fächern nimmt trotz überdurchschnittlicher Leistungen in diesen Bereichen zu. Die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sind in Deutschland beliebt: 35,6 % (2017) der Erwachsenen mit tertiärem Bildungsabschluss besitzen einen Abschluss in diesen Bereichen, womit Deutschland in der EU auf dem ersten Platz liegt (Durchschnitt: 25,8 %). Während die Attraktivität von Ingenieurwesen, Fertigung und Bauwesen leicht gesunken ist, ist die Zahl der Hochschulabsolventen in anderen MINT-Fächern wie Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik sowie Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gestiegen. Der hohe Anteil von MINT-Absolventen reicht jedoch nach wie vor nicht aus, um die große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage in diesem Bereich zu schließen (mehr als 300 000 offene Stellen im April 2019). Bei den IT-Berufen hat sich der Fachkräftemangel seit 2014 mehr als verdreifacht (IW, 2019).
Deutschland wird die Auswirkungen der Automatisierung besonders stark spüren und muss sein Augenmerk deshalb auf Kompetenzstrategien richten. Bestehende Ungleichgewichte bei den Qualifikationen erfordern weitere Anstrengungen, um insbesondere das Qualifikationsangebot besser auf die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt abzustimmen (OECD, 2019e). Entscheidende Bedeutung kommt dabei nach wie vor der Verringerung des Fachkräftemangels und der Abmilderung der Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Bildungs- und Arbeitsmarktergebnisse benachteiligter Gruppen zu (OECD, 2019e). Um den aktuellen und künftigen Arbeitskräftebedarf angesichts der strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zu decken, setzt Deutschland auf ehrgeizige Maßnahmen wie das Qualifizierungschancengesetz(
) und das Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes. Solche Maßnahmen verbessern den Zugang zu Weiterbildung für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose und können deren Erwerbsleben verlängern.
4.4. Reformen für Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen*
Investitionen und Produktivität
Arbeitsproduktivität
Das Wachstum der Arbeitsproduktivität befindet sich in Deutschland in einem langfristig rückläufigen Trend und ist 2018 aufgrund konjunktureller Faktoren, aber auch struktureller Schwächen in den negativen Bereich gerutscht. Der jüngste Rückgang der Arbeitsproduktivität war stärker ausgeprägt als in den meisten anderen Ländern des Euro-Währungsgebiets und hat seinen Ursprung hauptsächlich im verarbeitenden Gewerbe und insbesondere in der Automobilindustrie. Ein Zusammenspiel externer Faktoren (Rückgang der weltweiten Nachfrage, Unsicherheit aufgrund von Handelsspannungen) und inländischer Faktoren (Änderungen der Emissionsprüfnormen und anhaltende Nichteinhaltung der Emissionsnormen durch die Automobilhersteller) führen zu Verunsicherung bei den Verbrauchern und einem Rückgang von Produktions- und Arbeitsproduktivität, da die Hersteller Arbeitskräfte horten (siehe Kapitel 1). Die Dienstleistungsproduktivität hat sich verlangsamt, ist aber im positiven Bereich geblieben (0,5 %). Die Verlangsamung der Arbeitsproduktivität war größtenteils auf ein geringeres Wachstum der totalen Faktorproduktivität (TFP) zurückzuführen, d. h. die Kombination von Arbeit und Kapital wurde weniger wirksam eingesetzt, was zu einem Rückgang von 1,2 % im Jahr 2017 auf 0,1 % im Jahr 2018 führte.
Während die langfristige Verlangsamung des Produktivitätswachstums ein globales Phänomen ist, behindern eine Reihe länderspezifischer struktureller Faktoren eine effiziente Ressourcenallokation in der Wirtschaft. Der langfristige Rückgang der TFP und des Wachstums der Arbeitsproduktivität in Deutschland (siehe Abbildung 4.4.1) wird häufig einer Kombination von Faktoren zugeschrieben, nämlich: schwache wachstumsfördernde Investitionen in wissensbasiertes Kapital, insbesondere bei KMU; Mangel an einer modernen digitalen Infrastruktur in ländlichen und halbländlichen Gebieten; demografische Entwicklungen und Fachkräftemangel; Rückgang der Unternehmensdynamik; langsame Verbreitung von Technologien und Verzögerungen bei der Umwandlung von Wissen in wirtschaftlichen Erfolg; Schwächen bei den elektronischen Behördendiensten, Überregulierung und schwacher Wettbewerb bei Unternehmensdienstleistungen (Bauer et al., 2020; Cléaud et al., 2019). Nach Angaben des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem die Aufgabe des nationalen Ausschusses für Produktivität in Deutschland übertragen wurde, sind die wichtigsten Triebkräfte für künftiges Produktivitätswachstum Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation sowie ein Umfeld, das die richtigen Anreize für private Investitionen bietet (Rat der Wirtschaftsweisen, 2019b). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat eine neue „KMU-Strategie“ und eine „Nationale Industriestrategie 2030“ veröffentlicht, die Maßnahmen zur Innovationsförderung und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen, einschließlich Fragen von Unternehmensbesteuerung und Wettbewerb, enthalten.
|
Abb. 4.4.1:Beitrag zum Wachstum der Arbeitsproduktivität, in Prozentpunkten
|
|
|
|
Quelle: OECD
|
Ressourcenproduktivität
Die Verbesserung der Ressourcenproduktivität kann ein wichtiger Motor für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum sein und gleichzeitig negative Auswirkungen auf die Umwelt minimieren. Im verarbeitenden Gewerbe entfallen in Deutschland 44 % der Kosten auf Materialkosten (im Vergleich zu 18 % für Arbeit) und machen diese somit zum wichtigsten Kostenfaktor. Die Verbesserung der Ressourcenproduktivität ist deshalb ein wichtiges Element für künftiges Wachstum und würde gleichzeitig die negativen Auswirkungen auf die Umwelt minimieren. Ressourcenschonende Produktionsverfahren können auch die Abhängigkeit von volatilen Rohstoffmärkten verringern. Deutschland hat sich im Rahmen seiner nationalen Strategie für nachhaltige Entwicklung das Ziel gesetzt, die Rohstoffproduktivität bis 2020 im Vergleich zu 1994 zu verdoppeln. Zu diesem Zweck wurden mehrere Initiativen in Angriff genommen, um der Industrie Anreize für eine Verbesserung der Ressourceneffizienz zu setzen und sie auf diesem Weg zu unterstützen und um Ziel 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ und Ziel 12 „Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster“ näher zu kommen. Allerdings bleibt die Nutzung natürlicher Ressourcen trotz Verbesserung der Ressourceneffizienz und einer relativen Entkopplung von Rohstoffverbrauch und Wirtschaftswachstum auf einem ökologisch nicht nachhaltigen Niveau. Der Materialverbrauch Deutschlands beträgt zwischen 33 und 40 Tonnen pro Person und Jahr, während Wissenschaftler acht Tonnen als nachhaltig erachten (Wuppertalinstitut, 2019). Laut Umweltbundesamt wird Deutschland sein Ziel, die Rohstoffproduktivität bis 2020 zu verdoppeln, verfehlen (BMU, 2018). Deutschlands Quote der Sekundärnutzung von Materialien lag 2016 bei 11,4 % und damit leicht unter dem EU-Durchschnitt. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, z. B. durch Förderung von Wiederverwendung, Recyclingfähigkeit und Sekundärrohstoffmärkten, würde die Ressourcenproduktivität und die Effizienz der Nutzung natürlicher Ressourcen in Deutschland steigern, zu Kosteneinsparungen führen und Arbeitsplätze schaffen. Eine aktuelle Studie lässt den Schluss zu, dass die öffentliche Förderung von Innovationen mit Nutzen für die Umwelt (Öko-Innovationen) wirksam zu einer deutlichen Steigerung der Materialproduktivität der Unternehmen beiträgt (Flachenecker und Kornejew, 2019). Die Studie zeigt ferner, dass eine solche Verbesserung zu einer erheblichen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Verringerung ihres CO2-Fußabdrucks geführt hat (Ziele 8, 12 und 13).
Forschung und Innovation
Deutschland investiert kräftig in FuE, wobei sich die privaten FuE-Investitionen jedoch zunehmend auf Großunternehmen konzentrieren, während KMU und Start-up-Unternehmen vor Herausforderungen stehen. Die FuE-Intensität ist in den letzten Jahren von 2,5 % des BIP im Jahr 2007 auf 3,1 % im Jahr 2018 gestiegen (dritthöchster Wert in der EU). Deutschland hat in seine Hochtechnologie-Strategie ein neues nationales Ziel einer FuE-Intensität von 3,5 % aufgenommen, die bis 2025 erreicht werden soll (BMBF, 2018). Zwei Drittel der FuE entfallen auf den Unternehmenssektor; damit ist die FuE-Intensität der deutschen Unternehmen (2,2 % im Jahr 2018) die dritthöchste in der EU. Während sich die FuE im Unternehmenssektor weitgehend auf Großunternehmen in FuE-intensiven Branchen konzentriert, stagnierten die FuE-Aufwendungen von KMU in den letzten zehn Jahren (ZEW, 2019). Im Europäischen Innovationsanzeiger (EIS) belegt Deutschland den achten Platz und hat sich seit 2011 nicht mehr verbessert. In den letzten Jahren ist insbesondere bei den Innovationstätigkeiten von KMU ein Rückgang zu verzeichnen. Dies spiegelt sich in der Zahl der KMU wider, die Produkt- oder Prozessinnovationen sowie Marketing- oder Organisationsinnovationen einführen oder hausintern innovativ sind. Im EIS 2019 rangierte Deutschland bei diesen Indikatoren an achter, sechster und achter Stelle, während es 2011 bei allen drei noch Nummer eins war (Europäische Kommission, 2019f; Pellens et al., 2020).
Der seit 15 Jahren rückläufige Trend bei der Neugründungsquote ist in Deutschland 2018 weiter gesunken. Deutsche Start-up-Unternehmen haben nach wie vor Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Finanzmitteln (KfW, 2019b). Die Regierung hat mehrere Initiativen auf den Weg gebracht, um diesem zentralen Problem abzuhelfen (siehe Abschnitt 4.2). Programme wie EXIST-Potentiale und Young Entrepreneurs in Science unterstützen Unternehmertum bei Studierenden, während eine neue Transferinitiative darauf abzielt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Industrie zu verbessern. Bestehende Clusterinitiativen sollen im Jahr 2019 um eine neue Zukunftscluster-Initiative erweitert werden. Zudem wurde eine Agentur für Sprunginnovationen eingerichtet, die 2020 ihre Arbeit aufnehmen soll. Der Deutsche Bundestag verabschiedete ein neues Gesetz, durch das mit Wirkung vom 1. Januar 2020 ein Steueranreiz für FuE eingeführt wurde. Das Gesetz ermöglicht es Unternehmen, eine Steuergutschrift in Höhe von 25 % der förderfähigen Ausgaben (Personalkosten für Forschungspersonal oder 60 % der Gebühren für Unteraufträge) zu beantragen. Sämtliche Unternehmen können unabhängig von ihrer Größe den Anreiz für in Frage kommende FuE-Projekte in Anspruch nehmen. Die Bemessungsgrundlage ist jedoch auf 2 Mio. EUR begrenzt, was eine Steuergutschrift von höchstens 500 000 EUR pro Unternehmen und Jahr bedeutet. Davon dürften vor allem KMU profitieren. Die Steuergutschrift kann auch ausgezahlt werden, wenn gar keine Steuerschuld besteht.
Ein ausreichendes Angebot an hochqualifizierten Arbeitskräften ist nicht nur für Investitionen der Unternehmen in Innovation und Digitalisierung, sondern auch für wachstumsstarke Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Der Mangel an qualifiziertem Personal ist die größte Bremse für Investitionen in Innovation und Digitalisierung; dies gilt insbesondere für KMU und wachstumsstarke Unternehmen (Europäische Kommission/Europäische Zentralbank, 2019; ZEW, 2019; Pellens et al., 2020). Dabei sind in den letzten fünf Jahren durchaus einige positive Trends zu verzeichnen. So ist bei den 25- bis 34-Jährigen der Anteil der Hochschulabsolventen, die Zahl der Hochschulabsolventen in Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften und die Zahl der Informatikabsolventen gestiegen (Europäische Kommission, 2019f). Bei den IKT-Fächern mangelt es trotz eines leichten Anstiegs der Gesamtzahl der Absolventen von 4,5 % (2016) auf 4,7 % (2017) nach wie vor an Fachleuten. Die Zahl der freien Stellen für IT-Fachkräfte stieg von 82 000 im Jahr 2018 um 51 % auf 124 000 im Jahr 2019. Stellen für IT-Fachkräfte bleiben im Durchschnitt sechs Monate lang unbesetzt (Bitkom, 2019). Der Anteil weiblicher IKT-Spezialisten liegt in Deutschland leicht unter dem EU-Durchschnitt (1,3 % gegenüber 1,4 % der Absolventen insgesamt) (Europäische Kommission, 2019g).
|
Kasten 4.4.6: Investitionshindernisse und Reformen in Deutschland
Makroökonomischer Ausblick
Die relativ niedrige Investitionsquote schwächt das künftige Wachstumspotenzial Deutschlands und hat Auswirkungen auf das Euro-Währungsgebiet (siehe Kapitel 1 und 3). Die privaten Investitionen begannen sich 2019 infolge der schwachen Konjunktur abzukühlen. Die öffentlichen Investitionen nehmen wieder zu, doch dürfte es eine Weile dauern, bis der erhebliche Investitionsrückstand aufgeholt ist. Um das Potenzialwachstum künftig zu stützen, ist eine stärkere Kapitalbildung erforderlich, insbesondere wenn die Bevölkerungsalterung sich wie erwartet verstärkt und die Zuwanderung nachlässt.
Bewertung der Investitionshindernisse und der laufenden Reformen
In diesem Bericht wird auf folgende Investitionshindernisse in Deutschland eingegangen:
·Vorhersehbarkeit sowie Planungs- und Managementkapazitäten auf Ebene der lokalen Gemeinschaften (siehe Abschnitt 4.1 und unten)
·Planungs- und Kapazitätsengpässe im Baugewerbe (siehe Abschnitt 4.1 und unten)
·komplexes Steuersystem mit hohen Befolgungskosten (siehe Abschnitt 4.1)
·Finanzierungsschwierigkeiten für junge innovative Unternehmen (siehe Abschnitte 4.2 und 4.4.1)
·Fachkräftemangel (siehe Abschnitte 4.3.1, 4.3.3 und 4.4.1)
·unzureichende Verfügbarkeit bestimmter Netzinfrastrukturen, einschließlich Strom- und Breitbandnetze, sowie Mangel an digitalen öffentlichen Diensten (siehe Abschnitt 4.4.3) und
·eine Reihe branchenspezifischer Vorschriften, von denen einige den Wettbewerb bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen einschränken (siehe Abschnitt 4.4.3).
Investitionsengpässe wie Kapazitätsgrenzen erschweren öffentliche Infrastrukturinvestitionen auf kommunaler Ebene, während langwierige Planungs- und Rechtsverfahren zusätzliche große Hindernisse für Investitionsvorhaben in den Bereichen Verkehr, Energie und digitale Infrastruktur schaffen. Die öffentlichen Investitionen sind insbesondere auf Bundesebene spürbar gestiegen, die Investitionen auf kommunaler Ebene zeigen dagegen deutlich weniger Dynamik und blieben weiterhin hinter den Abschreibungen zurück. Der Mangel an Planungskapazitäten und qualifiziertem Personal (z. B. Ingenieure) erzeugt auf kommunaler Ebene nach wie vor große Engpässe. Dies führt dazu, dass die verfügbaren Mittel für Infrastrukturinvestitionen häufig nicht vollständig ausgeschöpft werden. Maßnahmen zum Abbau dieser Hindernisse wie die Beratung im Rahmen der „Partnerschaft Deutschland“ lassen vorerst noch auf Ergebnisse warten. Die Einstellung von Ingenieuren auf kommunaler Ebene, die Zahlung wettbewerbsfähiger Gehälter und der Wiederaufbau interner Planungskapazitäten könnten dazu beitragen, bestehende Einschränkungen zu überwinden. Die Kommunen brauchen dafür entsprechende Anreize und die nötige Planungssicherheit. Deshalb wird ein langfristiger öffentlicher Investitionsplan benötigt, der eine kontinuierliche Nachfrage nach öffentlichen Bauvorhaben schafft. Darüber hinaus sehen die Planungsverfahren in Deutschland in der Regel eine umfassende Konsultation der Öffentlichkeit und der Interessenträger vor; Einsprüche von Einzelpersonen oder Interessengruppen führen häufig zu langwierigen Gerichtsverfahren. Die Zahl der von Umweltschutzverbänden erwirkten Gerichtsverfahren stieg zwischen 2013 und 2016 um rund 23 % (Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2018). Eine generelle Zunahme der Komplexität der Planungsverfahren lässt sich auch aus dem schlechteren Abschneiden Deutschlands im Weltbankbericht „Doing Business“ in Bezug auf den Umgang mit Baugenehmigungen ableiten (
XII
). Gemessen am Beispiel eines Bauprojekts im Privatsektor hat die Weltbank Deutschland von Platz 8 in der Rangliste 2015 nun auf Platz 30 zurückgestuft (Weltbank, 2019). Zudem haben deutsche Gemeinden im Durchschnitt weniger Einwohner als andere OECD-Länder, was sich auf ihre Kapazität zur Verwaltung von Investitionsmaßnahmen auswirken kann (OECD, 2019f).
Die Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse und schnellere Gerichtsverfahren könnten dazu beitragen, die Umsetzung öffentlicher Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Die Nutzung und Verbreitung der Software für Gebäudedatenmodellierung (Building Information Management, BIM) in der gesamten Planungs-, Bau- und Betriebskette könnte dazu beitragen, die Umsetzung öffentlicher Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Neben der Förderung von Pilotprojekten sieht ein 2015 vorgelegter nationaler Plan vor, die Gebäudedatenmodellierung bis 2020 systematisch als neuen Standard für Verkehrsinfrastrukturprojekte des Bundes zu nutzen. Dies wäre ein begrüßenswerter Schritt, auch wenn er für Infrastrukturprojekte auf regionaler und kommunaler Ebene nicht verbindlich ist. Ähnliche Pläne sind auch für andere öffentliche Arbeiten vorgesehen. Der Nationale Normenkontrollrat hat auch eine Reihe von Empfehlungen zur Beschleunigung der Gerichtsverfahren in Deutschland ausgesprochen, wie die Einführung eines verbindlichen Starttermins für eine erste Anhörung und Maßnahmen, die rascher für Rechtssicherheit sorgen.
|
Forschung und Innovation (Forts.)
Das im Allgemeinen sehr gut funktionierende Innovationsökosystem unterstützt die Entwicklung wachstumsstarker Unternehmen, während der Mangel an qualifiziertem Personal bremst. Der eingeschränkte Zugang zu Frühphasen- und Wachstumsfinanzierung (siehe Abschnitt 4.2) und der Mangel an Personal mit passenden Qualifikationen gelten als wichtigste Hindernisse für Investitionen wachstumsstarker Unternehmen (Flachenecker et al., 2020). Dieses Problem ist zum Teil auf den demografischen Wandel zurückzuführen, da die Bevölkerungsgruppe mit der stärksten unternehmerischen Tätigkeit (30- bis 50-Jährige) in den letzten Jahrzehnten abgenommen hat. Darüber hinaus besteht in Deutschland ein genereller Mangel an qualifizierten Arbeitskräften für bestimmte Berufe (Pellens et al., 2020). Eine Reihe politischer Initiativen zur Behebung des Fachkräftemangels ist im Gange. Im Dezember 2018 verabschiedete die Bundesregierung die neue Fachkräftestrategie. Ein neues Einwanderungsgesetz, das im März 2020 in Kraft tritt, soll die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittländern fördern. Um eine stärkere Kultur lebenslangen Lernens zu schaffen, verabschiedete die Regierung im Juli 2019 eine nationale Weiterbildungsstrategie. Der im Februar 2019 angenommene MINT-Aktionsplan zielt darauf ab, die Attraktivität der wissenschaftlichen und technologischen Ausbildung zu erhöhen.
Forschung und Innovation spielen eine Schlüsselrolle für eine wirksame und glaubwürdige Klimapolitik. In ihrem 2019 verabschiedeten Aktionsprogramm Klimaschutz 2030 wies die Regierung darauf hin, dass Klimaschutz die Mobilisierung des gesamten Innovationssystems, ein starkes unternehmerisches Engagement für FuE sowie weitere staatliche Forschungs- und Innovationsanreize und Forschungsfinanzierung erfordert. Durch eine spezifische FuE-Förderung soll der Einsatz klimafreundlicher, emissionsarmer oder -freier Technologien gefördert werden. Im Rahmen des Gesamtkonzepts der „Forschungsfabrik für Batterien“ wird technologische Entwicklung und Innovation entlang der gesamten Batteriewertschöpfungskette, einschließlich nachhaltigen Recyclings, unterstützt. Weitere Schwerpunkte sind Optionen für die Speicherung und Nutzung von CO2, und eine Wasserstoffstrategie.
Investitionen in den Wohnungsbau
Die Wohnungsbauinvestitionen werden dem Bedarf an Wohnraum in Ballungsräumen nach wie vor nicht gerecht. Getrieben von der starken Nachfrage sind die Investitionen in Wohnungen zwischen 2010 und 2019 deutlich (real um 30,4 %) gestiegen, doch der Zugang zu erschwinglichem Wohnraum bleibt eine Herausforderung. Die Nettomigration ist ein wichtiger Faktor für die starke Nachfrage nach Wohnraum. Parallel dazu konnte das Angebot über einen längeren Zeitraum nicht mit der Nachfrage Schritt halten (Europäische Kommission, 2019h). Trotz des steigenden Bedarfs liegt das Verhältnis zwischen Wohnimmobilieninvestitionen und BIP – trotz der deutlichen Verbesserung seit Mitte der 2000er Jahre – derzeit nur knapp über dem langfristigen Durchschnitt. Niedrige Zinssätze in Verbindung mit steigenden Einkommen haben die Immobilienpreise nach oben getrieben; dies gilt insbesondere für Großstädte, in die auch viele ausländische Investitionen fließen. Die Inflation der Immobilienpreise beschleunigte sich von 2-3 % in der Zeit nach der Finanzkrise auf 10 % pro Jahr im Jahr 2019, sodass es für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen zunehmend schwierig wird, sich angemessenen Wohnraum zu leisten. Berechnungen von Behörden und NRO zeigen trotz boomender Bautätigkeit immer noch einen erheblichen Mangel an Wohnraum in Ballungsräumen (ebd.). So schätzt beispielsweise das Prognos-Institut, dass allein im Jahr 2017 das Angebot um 90 000 Einheiten (bzw. rund 25 %) unter der Nachfrage lag(
). Die größte Lücke bestand im sozialen Wohnungsbau, wo nur ein Drittel der Nachfrage gedeckt werden konnte (Koch et al., 2019). Das von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag ausgegebene Wohnungsbauziel von jährlich 375 000 neuen Wohnungen zwischen 2017 und 2021 wurde somit nicht erreicht, und die stark gestiegenen Kauf- und Mietpreise machen es schwierig, erschwinglichen Wohnraum zu finden.
Die jüngsten politischen Maßnahmen werden der Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum nicht gerecht und könnten in einigen Fällen den Wohnungsmangel in Zukunft sogar noch erhöhen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist insbesondere in Kernstädten der Metropolregionen ein Problem, das die Politik im Auge behalten muss (siehe Abschnitt 4.3.2). Eine Verfassungsänderung, die im April 2019 in Kraft getreten ist, ermöglicht es dem Bund, den Ländern weiterhin finanzielle Unterstützung für den sozialen Wohnungsbau zu gewähren. Die unzureichende Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus ist jedoch nur ein Hindernis. Ineffiziente regionale Versorgungsstrategien und schlechte Rahmenbedingungen auf lokaler Ebene (Mangel an Baugrundstücken, langwierige Planungsverfahren, Mangel an qualifiziertem Personal usw.) bremsen den Wohnungsbau. Darüber hinaus wird teils auch in weniger nachgefragten Gebieten weiter gebaut, wodurch in verschiedenen schrumpfenden Regionen (Henger und Voigtländer, 2019) ein künftiges Überangebot droht. Lokale Maßnahmen könnten das Allokationsproblem sogar verschärfen, Negativanreize für weitere Investitionen schaffen und somit zu noch mehr Wohnungsknappheit führen (Sagner und Voigtländer, 2019; Bültmann-Hinz, 2019). Ein Beispiel hierfür ist der derzeit in Berlin diskutierte Mietpreisdeckel. Auch die Feinabstimmung der nationalen Mietpreisbremse, der die Bundesregierung am 9. Oktober 2019 zugestimmt hat, dürfte den derzeitigen Mangel an Mietwohnungen noch verschärfen (Kholodilin und Kohl, 2019).
Der Wohnungsmangel sorgt bei den Wohnungsmieten für Aufwärtsdruck. In den vergangenen Jahren sind die Mietkosten in Deutschland stark gestiegen – wie sich am HVPI ablesen lässt. Im Zeitraum 2017-2018 betrug das Inflationsgefälle bei dieser Position des der Verbraucher-Warenkorbs im Vergleich zum Rest des Euro-Währungsgebiets durchschnittlich 0,8 Prozentpunkte. In der zweiten Jahreshälfte 2019 lag die Mietinflation – wie im übrigen Euro-Währungsgebiet – auch über der Gesamtinflation.
Das Baugewerbe arbeitet mit hoher Kapazitätsauslastung, was die Preisinflation bei Bauleistungen und die Gewinnspannen erhöht, in vielen Fällen aber auch die Qualität der Arbeiten beeinträchtigt. Die Preis- und Kostenentwicklung im Baugewerbe und beim Immobilienerwerb lässt sich anhand verschiedener Indikatoren messen, von denen keiner direkt im harmonisierten Verbraucherpreisindex widergespiegelt wird. Die Preisinflation bei Bauinvestitionen (gemessen am entsprechenden Deflator der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen) sank im dritten Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahr leicht, bleibt mit 4 % aber hoch. Der Deflator für die Wertschöpfung im Baugewerbe ist tendenziell wesentlich höher (8 %), was darauf hindeutet, dass die Preise für die Produktion schneller steigen als die Preise der Einsatzgüter. Zudem gehen die realen Lohnstückkosten (d. h. der Anteil der Arbeit) weiter zurück, was bedeutet, dass die Bauunternehmen in gewissem Umfang an einer restriktiven Lohnpolitik festhalten und ihre Rentabilität steigern. Gleichzeitig sind die Fälle von Strukturschäden in Neubauten gegenüber 2009 um 90 % gestiegen (Institut für Bauforschung, 2018).
Ein Merkmal des deutschen Wohnungsmarkts ist der geringe Anteil an Wohneigentum. Im Jahr 2018 waren 51,5 % der Bevölkerung Besitzer des Gebäudes, in dem sie wohnten, 48,6 % waren Mieter. Der Status des Eigentümers bzw. Mieters hängt in hohem Maße vom Einkommen ab. Nur 25,2 % der Menschen, die weniger als 60 % des (an die Unterschiede in Größe und Zusammensetzung des Haushalts angepassten) Medianäquivalenzeinkommens verdienen, sind Wohnungseigentümer; bei Personen, die mehr als 60 % des Medianäquivalenzeinkommens verdienen, sind dies 56,5 %. Die niedrigen Wohneigentumsquoten spiegeln sich im höheren Anteil des für Wohnungsmiete aufzuwendenden Einkommens wider (5,5 % im Jahr 2018), der über dem im Rest des Euro-Währungsgebiets (3,4 %) und in anderen Ländern (3,9 % in Frankreich) liegt. Um den Druck auf dem Wohnungsmarkt zu mildern, hat die Regierung die sogenannte Wohnungsbauoffensive beschlossen, die ein Paket von Maßnahmen zur Bekämpfung des Wohnungsmangels und der steigenden Wohnimmobilienpreise umfasst.
Digitalisierung
Deutsche Unternehmen arbeiten zunehmend mit digitalen Technologien, weisen im Vergleich zu anderen Industrieländern diesbezüglich jedoch nach wie vor Schwächen auf. Die Unternehmen nutzen die Möglichkeiten von Big Data: 15 % der Unternehmen führten 2018 Big-Data-Analysen durch (EU-Durchschnitt: 12 %) gegenüber 6 % im Jahr 2016. 11 % der KMU verkaufen grenzüberschreitend (EU-Durchschnitt: 8 %). Mehr als ein Drittel der Unternehmen (38 %) tauschen Informationen elektronisch aus (EU-Durchschnitt: 34 %). Nur 12 % der deutschen Unternehmen nutzen dagegen Cloud-Dienste (EU-Durchschnitt: 18 %). Die Zahl der KMU mit Online-Vertrieb ging von 26 % im Jahr 2016 auf 19 % im Jahr 2018 zurück (liegt damit aber immer noch über dem EU-Durchschnitt von 17 %). Es gibt mehrere nationale und EU-koordinierte Initiativen zur Digitalisierung der Wirtschaft, von denen viele auf KMU ausgerichtet sind. Dazu gehören u. a. die Kompetenzzentren „Mittelstand 4.0“, die die Digitalisierung von KMU begleiten, und das Programm „go-digital“ zur Förderung von Beratungs- und Implementierungsdiensten für KMU mit seinen drei Modulen „Digitalisierte Geschäftsprozesse“ „Digitale Markterschließung“ und „IT-Sicherheit“. Außerdem gibt es eine Initiative zur Sensibilisierung der KMU für Cybersicherheit.
Die Digitalisierung hat das Potenzial, den Übergang zu einer „grünen“ und CO2-neutralen Wirtschaft zu erleichtern und zu beschleunigen, doch ist die digitale Bereitschaft in Sektoren der Umwelttechnologie sehr unterschiedlich ausgeprägt. Digitale Technologien und Anwendungen können 7-10 mal mehr Emissionen einsparen als sie verursachen und eine Verringerung der globalen CO2-Emissionen um 15-20 % bis 2030 ermöglichen. IKT-gestützte Lösungen können den Energieverbrauch um bis zu 17 % senken, die verkehrsbedingten Emissionen um bis zu 27 % senken und landwirtschaftliche Tätigkeiten, die etwa 24 % aller CO2-Emissionen ausmachen, optimieren. Auf den wichtigen deutschen Öko-Tech-Märkten kann in den Bereichen Energieeffizienz und umweltfreundliche Stromerzeugung und -speicherung eine starke digitale Ausgangsposition konstatiert werden, während in den Bereichen Abfallbewirtschaftung, Recycling, Materialeffizienz und Wasserwirtschaft digitale Technologien deutlich schwächer genutzt werden (BMU, 2018). Allerdings sollten bei digitalen Technologien auch deren CO2-Fußabdruck und ihre Energiebilanz berücksichtigt werden; aus dieser Sicht sind insbesondere weitere Anstrengungen für die Steigerung der Energieeffizienz von Netzen und Geräten erforderlich.
4.4.2.Regionale Unterschiede
Regionale Unterschiede bestehen in Deutschland in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Investitionen, Beschäftigung und demografische Entwicklung. Die Wettbewerbsfähigkeit schwankt in Deutschland stark – wie am Index für regionale Wettbewerbsfähigkeit (RCI) abgelesen werden kann; sie korreliert zudem stark mit der Wirtschaftsleistung und dem Pro-Kopf-BIP (siehe Kapitel 1). Auch die Investitionsquote ist von Region zu Region sehr unterschiedlich; systematische Ost-West- oder Nord-Süd-Muster lassen sich dabei jedoch nicht erkennen. Anders verhält es sich bei den FuE-Ausgaben, die in Süddeutschland am höchsten und in Ostdeutschland, aber auch in einigen weniger wohlhabenden Regionen des Westens, deutlich niedriger sind. Die höchsten Arbeitslosenquoten sind im Osten des Landes zu verzeichnen. Beim Zugang zu den Netzen der nächsten Generation besteht eine digitale Kluft zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. In bestimmten Gebieten ist ein signifikanter Bevölkerungsrückgang festzustellen, der in einigen östlichen Regionen besonders stark ausgeprägt ist; in Großstädten wird dagegen ein deutlicher Bevölkerungszuwachs registriert. Insgesamt lässt sich deutschlandweit eine Bewegung vom Land in die Stadt erkennen. Der geplante Ausstieg aus der Kohleverstromung wird die wirtschaftliche und soziale Entwicklung von Regionen, in denen der Braunkohlebergbau eine wichtige Rolle in der regionalen Wirtschaft spielt, verändern (siehe Abschnitt 4.5). Dies erfordert gezielte, angemessene Investitionen und andere regulatorische Maßnahmen, um in den betroffenen Gebieten neue Möglichkeiten zu schaffen.
4.4.3.Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen
Bei der Durchsetzung der Binnenmarktvorschriften besteht in Deutschland Spielraum für weitere Verbesserungen. Deutschland spielt bei der Weiterentwicklung des Binnenmarktes eine wichtige Rolle. Aus dem Binnenmarktanzeiger geht jedoch hervor, dass in diesem Zusammenhang noch Verbesserungsbedarf besteht. Als größter Warenimporteur in der EU und mit Hamburg als drittgrößtem Hafen in Europa trägt Deutschland eine große Verantwortung dafür, das Inverkehrbringen nicht konformer Produkte in der EU zu verhindern. Im Gegensatz zu den meisten anderen Mitgliedstaaten stellt Deutschland bislang keine Daten über Zollkontrollen im Bereich der Produktsicherheit und -konformität zur Verfügung. Darüber hinaus könnte eine bessere administrative Koordinierung für eine höhere Anzahl von Notifizierungen von Entwürfen technischer Vorschriften gemäß der Transparenzrichtlinie für den Binnenmarkt sorgen und es den Interessenträgern und der Europäischen Kommission somit ermöglichen, auf Handelshemmnisse im Binnenmarkt zu reagieren und diese zu verhindern.
Änderungen bei der Regulierung von Unternehmensdienstleistungen könnten sowohl die Wirtschaftstätigkeit als auch die Investitionen ankurbeln. Die Zahl restriktiver Regulierungen ist in Deutschland nach wie vor hoch und liegt in vielen Bereichen wie Architektur, Ingenieurwesen, Rechts- und Steuerberatung sowie Wirtschaftsprüfung über dem EU-Durchschnitt (Europäische Kommission, 2017b). Bei Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern und Bauingenieuren geht sie zudem über den OECD-Durchschnitt hinaus (OECD, 2019g). In jüngsten Wirtschaftsanalysen (z. B. IWF, 2018) wird der Schluss gezogen, dass einige freiberufliche Dienstleistungen überreguliert sind und bestehende Regelungen, wonach bestimmte Tätigkeiten nur von bestimmten Personen ausgeübt werden dürfen, den Wettbewerb behindern und die Preise in die Höhe treiben. Nach Angaben der OECD würde eine Verringerung der Zugangsschranken für freiberufliche Dienstleistungen auf den Stand einer Referenz-Volkswirtschaft nach zehn Jahren zu einem Anstieg des Pro-Kopf-BIP um 2 % führen (OECD, 2018). Trotz dieser Erkenntnisse und konkreter Reformvorschläge der Europäischen Kommission sind politische Fortschritte bislang kaum erkennbar und in den meisten Fällen nur eine Reaktion auf richterliche Urteile. Infolge der 2019 angekündigten Wiedereinführung der Meisterpflicht für zwölf Handwerksberufe wird es grundsätzlich nur Berufstätigen mit einem Meisterbrief möglich sein, sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig zu machen. Diese Reform läuft den Ansichten der deutschen Monopolkommission zuwider‚ die mit einem Rückgang der Unternehmensneugründungen, nicht aber mit erhöhter Qualität rechnet. Mit einer geplanten Reform der für Rechtsberufe und Anwaltskanzleien geltenden Vorschriften sollen gesetzliche Hindernisse abgebaut werden.
Der Einzelhandel verzeichnete 2018 ein stetiges Wachstum und wird voraussichtlich weiter wachsen, wobei sich bestehende Beschränkungen jedoch nach wie vor auf die Niederlassung und das Tagesgeschäft auswirken. Gemäß dem Indikator für Beschränkungen im Einzelhandel (Dominguez-Torreiro et al., 2018) schneidet Deutschland sowohl im Hinblick auf die Niederlassung als auch auf den Betrieb gut ab. Die Planungsvorschriften sind sehr detailliert und variieren je nach Bundesland, wobei für den Verkauf einer Vielzahl von Waren spezielle Flächen ausgewiesen sind. Was das Tagesgeschäft betrifft, so berechtigt ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs Bäckereien, die überdies ein Café betreiben, ihre Waren auch außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten zu verkaufen. Seit Juli 2019 werden kleine Einzelhändler von Exzellenzzentren bei der Modernisierung sowie bei der Bewältigung der Digitalisierung unterstützt.
Digitaler Binnenmarkt
In Sachen Digitalisierung gehört Deutschland aufgrund der unzureichenden Versorgung mit ultraschnellen Breitbanddiensten und 4G-Mobilfunk nicht zu den Spitzenreitern in der EU. Auf dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2019(
) belegt Deutschland unter den EU-Mitgliedstaaten den zwölften Platz. Der Anteil der Haushalte, in denen ein schnelles Breitbandnetz (≥30 Mbit/s) zur Verfügung steht, ist von 36 % (2017) auf 44 % (2018) gestiegen. Allerdings liegt Deutschland bei der Verfügbarkeit ultraschneller Breitbanddienste (≥100 Mbit/s) – mit 15 % der Haushalte im Jahr 2018 – immer noch unter dem EU-Durchschnitt. Über einen Glasfaseranschluss („Fibre-to-the-premises“, FTTP) verfügten 2018 in Deutschland nur 8,5 % der Haushalte, was deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 29,6 % liegt. In ländlichen Gebieten liegt der Anteil der FTTP-Anschlüsse bei 3,6 % und somit ebenfalls unter dem EU-Durchschnitt von 14,2 %. Bisher wurden für die Breitbandinfrastruktur rund 5 Mrd. EUR an Bundesmitteln bereitgestellt. Wenngleich die Regierung erhebliche finanzielle Anstrengungen zum Ausbau digitaler Netze unternommen hat, ist angesichts des Mangels an Kapazitäten und Know-how kurzfristig nicht mit wesentlichen Verbesserungen beim FTTP-Ausbau zu rechnen. Deutschland liegt bei der 4G-Versorgung in der EU nur an 24. und bei der Verfügbarkeit mobiler Breitbandnetze an 23. Stelle. Im Jahr 2019 fand eine Auktion für 5G-Frequenzen statt, bei der alle Bieter erfolgreich Frequenzen ersteigern konnten. Durch ein Förderprogramm sowie eine Strategie zur Straffung der Genehmigungsverfahren und zur Erleichterung des Zugangs zu öffentlichem Grund zu Zwecken des Ausbaus und der Verdichtung von Mobilfunknetzen soll die Bereitstellung von Mobilfunkinfrastrukturen in nur unzureichend oder gar nicht versorgten Gebieten verbessert werden.
Künstliche Intelligenz und Cybersicherheit gehören zu den wichtigsten Prioritäten der Bundesregierung. Die 2018 verabschiedete Strategie Künstliche Intelligenz (KI) bildet den Rahmen für eine ganzheitliche Politik für die künftige Entwicklung und Anwendung der KI in Deutschland. Für die Weiterentwicklung der bestehenden KI-Exzellenzzentren wurden die ersten Schritte eingeleitet und umfangreiche Mittel bereitgestellt. Es wurden verschiedene Finanzierungsinitiativen eingeleitet, u. a. in den Bereichen IT-Sicherheit und autonomes Fahren. Der Nationale Pakt Cybersicherheit bringt alle einschlägigen Interessenträger zusammen, damit die im Rahmen der nationalen Cybersicherheitsstrategie geplanten Maßnahmen wie die Errichtung einer Agentur für Innovation in der Cybersicherheit und die Einführung einer IT-Sicherheitszertifizierung zur Aufklärung der Verbraucher über IT-Sicherheitsmerkmale von Produkten umgesetzt werden können. 2019 beteiligte sich Deutschland am neu eingerichteten Gemeinsamen Unternehmen für europäisches Hochleistungsrechnen.
Verkehr
Die unzureichende Koordinierung und langfristige Planung auf den verschiedenen Regierungsebenen steht Fortschritten bei wichtigen grenzüberschreitenden TEN-V-Infrastrukturprojekten im Wege. Hierzu zählen die Eisenbahnstrecke Karlsruhe-Basel und die Zulaufstrecken zum Brenner-Basistunnel, die Feste Fehmarnbeltquerung und die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Dresden-Prag. Das gleiche Problem wirkt sich auf die Schiffbarkeitsbedingungen und die Verkehrseffizienz auf Rhein, Donau und Elbe aus. Eine effiziente Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und auf Binnenwasserstraßen kann folglich nicht gewährleistet werden. Die Straße ist Verkehrsträger für den größten Teil der Güterbeförderung und überwiegt somit gegenüber dem Schienen- und Binnenschiffsverkehr. Außerdem gefährdet die Tatsache, dass solche Infrastrukturprojekte auf nationaler Ebene nicht vorankommen, die im Rahmen der EU-Verordnung über das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) eingegangenen Verpflichtungen zur Vollendung des Kernnetzes bis 2030.
4.4.4.Staatliches Handeln und institutionelle Qualität
Digitale öffentliche Dienste
Im Hinblick auf digitale öffentliche Dienste, einschließlich elektronischer Gesundheitsdienste, besteht in Deutschland Nachholbedarf. Bei digitalen öffentlichen Diensten liegt Deutschland EU-weit an 24. Stelle und somit deutlich unter dem EU-Durchschnitt (Europäische Kommission, 2019g). Wenngleich eine leichte Zunahme verzeichnet wurde, machten 2018 nur 43 % der deutschen Internetnutzer aktiv von elektronischen Behördendiensten Gebrauch (EU-Durchschnitt: 64 %). Auch die Akzeptanz für elektronische Gesundheitsdienste ist nach wie vor gering. Im Jahr 2018 nutzten nur 7 % der Deutschen Online-Gesundheits- und -Pflegedienste (EU-Durchschnitt: 18 %); zudem stellten in diesem Jahr nur 19 % der Allgemeinmediziner elektronische Verschreibungen aus (EU-Durchschnitt: 50 %) und tauschten nur 26 % medizinische Daten aus (EU-Durchschnitt: 40 %). Nach dem 2017 verabschiedeten Onlinezugangsgesetz müssen Verwaltungsleistungen künftig auch elektronisch angeboten werden. In diesem Zusammenhang ist geplant, dass die verschiedenen Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen in einem Portalverbund zusammenfließen. Allerdings schreitet die entsprechende Umsetzung langsam voran, und es dürfte schwierig werden, das Ziel einer Digitalisierung aller vorgesehenen 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 zu erreichen. Um seinem komplexen nationalen und regionalen Rechtssystem gerecht zu werden, hat Deutschland sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene eine Methodik des Föderalen Informationsmanagements (FIM) eingeführt, nach der für alle digitalen öffentlichen Dienste standardisierte Informationen bereitgestellt werden.
Aufgrund der mangelnden Verpflichtung der Bundesländer zur Standardisierung ihres Leistungsangebots kommt es zu hohen Transaktionskosten sowie zu großen Verzögerungen und Unsicherheiten. In der Folge können andere Interessenträger notwendige Änderungen nicht uneingeschränkt planen und umsetzen. Wenngleich der IT-Planungsrat beschlossen hat, die fünf bestehenden Servicekonten für Unternehmen beizubehalten, prüft er derzeit die Möglichkeit, ein einheitliches Nutzerkonto auf der Grundlage des elektronischen Authentifizierungszertifikats einzuführen, das sich bereits im Rahmen des deutschen Systems für die elektronische Steuererklärung (ELSTER) bewährt hat. Im Jahr 2019 beschloss das Bundeskabinett eine Neuausrichtung des Projekts zur Modernisierung der IT-Infrastruktur der Bundesbehörden („IT-Konsolidierung Bund“), da bei diesem Projekt erhebliche Verzögerungen und Mehrkosten zu verzeichnen sind.
Zwar wurde ein drittes Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet, doch kann noch mehr getan werden, um Bürokratie und Gesetzesfolgekosten zu verringern. Mit dem im Oktober 2019 verabschiedeten Gesetz soll der jährliche Verwaltungsaufwand für Unternehmen um rund 1,1 Mrd. EUR verringert werden, indem unter anderem die elektronische Archivierung von Steuerunterlagen vereinfacht, die elektronische Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingeführt und die Möglichkeit digitaler Meldescheine im Gastgewerbe geschaffen wird. Weitere Vereinfachungen betreffen insbesondere Start-up-Unternehmen. So müssen beispielsweise junge Unternehmen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen nunmehr nur noch vierteljährlich und nicht mehr monatlich einreichen. Der Nationale Normenkontrollrat legt in seinem Jahresbericht 2019 und seinem Überwachungsbericht zur Digitalisierung eine Reihe von Empfehlungen zur weiteren Verringerung unnötiger Bürokratie und Gesetzesfolgekosten vor. Ein weiterer Abbau der Ineffizienzen im Steuersystem und eine Modernisierung der Steuerverwaltung würde insbesondere Klein- und Start-up-Unternehmen zugutekommen. Diese würden zudem von der Vereinfachung des komplexen Lizenzvergabe- und Genehmigungssystems profitieren, unter anderem durch eine weitere Verbesserung der digitalen öffentlichen Dienste (Europäische Kommission, 2019i).
Die Akzeptanz für elektronische Gesundheitsdienste ist gering, doch wurde der Ausbau der Telematikinfrastruktur für elektronische Gesundheitsdienste unlängst beschleunigt. Die Akzeptanz für elektronische Gesundheitsdienste ist in Deutschland nach wie vor gering. 2018 nutzten nur 7 % der Deutschen online bereitgestellte Gesundheits- und -Pflegedienste (EU-Durchschnitt: 18 %); zudem stellten in diesem Jahr nur 19 % der Allgemeinmediziner elektronische Verschreibungen aus (EU-Durchschnitt: 50 %) und tauschten nur 26 % medizinische Daten aus (EU-Durchschnitt: 40 %). Der Ausbau der erforderlichen Infrastruktur begann Ende 2017. 2018 nahm das Gesundheitsministerium wesentliche Änderungen am Terminservice- und Versorgungsgesetz vor, wodurch es den Krankenkassen möglich sein wird, ihren Versicherten bis spätestens 2021 bundesweit interoperable elektronische Patientenakten zur Verfügung zu stellen. Der elektronische Notfalldatensatz und der elektronische Medikationsplan werden 2019 eingeführt.
Öffentliches Auftragswesen
Das öffentliche Auftragswesen in Deutschland ist weitgehend dezentralisiert und unterliegt einem komplexen Rechtssystem. Das öffentliche Auftragswesen ist in Deutschland durch seine dezentrale Ausrichtung, ein komplexes Rechtssystem auf Bundes- und Länderebene sowie einen Mangel an Daten und Transparenz gekennzeichnet. Obwohl der Auftragswert der EU-weit ausgeschriebenen Aufträge geringfügig auf 1,6 % des BIP angestiegen ist und Deutschland somit nicht mehr das Schlusslicht in der EU darstellt, liegt er immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 4,1 % des BIP. Größere Transparenz könnte die Qualität der Dienstleistungen verbessern, zusätzliche Effizienzsteigerungen ermöglichen und zudem die Rechenschaftslegung verbessern und das Vertrauen in öffentliche Investitionen erhöhen.
Durch eine bessere Nutzung des elektronischen Vergabeverfahrens und eine stärkere Ausrichtung auf Nachhaltigkeit könnte die öffentliche Auftragsvergabe verstärkt als strategisches Instrument genutzt werden. Seit Oktober 2018 ist das elektronische Vergabeverfahren für alle öffentlichen Aufträge oberhalb der EU-Schwelle vorgeschrieben. Die Bundesregierung hat verschiedene Instrumente eingeführt, mit denen öffentliche Auftraggeber bei einer stärker auf Nachhaltigkeit und Innovation ausgerichteten Beschaffung unterstützt werden sollen; dazu zählen insbesondere die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung und das Kompetenzzentrum innovative Beschaffung sowie Initiativen wie ein eigenes Webportal für nachhaltige öffentliche Beschaffung („Kompass Nachhaltigkeit“) und ein Berechnungswerkzeug für Lebenszykluskosten des Umweltbundesamts. Nichtsdestotrotz würde dem öffentlichen Auftragswesen in Deutschland ein in höherem Maße koordinierter und strategischer Ansatz zugutekommen.
4.5. Ökologische Nachhaltigkeit*
Deutschland verfügt über die notwendigen Kapazitäten, um beim Klima- und Umweltschutz eine Vorreiterrolle einzunehmen, allerdings sind trotz der jüngsten Initiativen zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen. Im Jahr 2019 hat Deutschland seine Klimaschutzverpflichtungen verstärkt. Mit dem kürzlich von der Bundesregierung verabschiedeten Klimaschutzprogramm 2030 (siehe Kasten 4.1.3) und dem Entwurf eines neuen Klimaschutzgesetzes wird das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % (gegenüber dem Wert von 1990) zu verringern, rechtlich verankert. Darüber hinaus wird auf die Erreichung einer vollständigen Treibhausgasneutralität bis 2050 verwiesen, nachdem im 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan 2050 noch eine Verringerung um 80-95 % vorgesehen war. Deutschland hat jedoch auch erklärt, dass es sein Klimaziel für 2020 nicht erreichen wird und dass es, um der Lastenteilungsentscheidung und der Lastenteilungsverordnung der EU nachzukommen, von den jeweils vorgesehenen Flexibilitätsmöglichkeiten Gebrauch machen muss. Der Übergang zu klimapolitischer und ökologischer Nachhaltigkeit könnte für Deutschland eine gute Gelegenheit darstellen, zu einem Leitmarkt und einem führenden Anbieter klimafreundlicher Technologien zu werden. Im Jahr 2016 hatten deutsche Unternehmen einen Anteil von 14 % am globalen Markt für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz (BMU, 2018). Die verstärkte Aufmerksamkeit für Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit sowohl auf EU-(
) als auch auf internationaler Ebene versetzt die deutsche Wirtschaft – in Verbindung mit den vorhandenen Stärken der deutschen Industrie – in eine günstige Ausgangslage, um von diesem Übergang zu profitieren. Dies würde jedoch einen hinreichend ehrgeizigen, systematischen und koordinierten Ansatz erfordern, der auch wirtschaftspolitische Hebel wie langfristige Investitionspläne, Steuerpolitik und sonstige Anreize für private Investitionen zur Förderung des Übergangs zu nachhaltigem Wachstum umfasst (siehe auch Abschnitt 4.1). Die Zugrundelegung umweltorientierter Kriterien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und eine umweltgerechte Haushaltsplanung können den Übergang zu einer Dekarbonisierung und zu ökologischer Nachhaltigkeit erleichtern.
Verkehr
Die Neuausrichtung des Verkehrssektors auf emissionsarme Mobilitätslösungen stellt eine große Herausforderung für die deutsche Wirtschaft und einen wichtigen Faktor bei der Verwirklichung der Klima- und Umweltziele dar. Angesichts des sowohl von Regulierungsbehörden als auch von Verbrauchern ausgeübten Drucks wird die deutsche Automobilindustrie, die wesentlich zu BIP und Beschäftigung in Deutschland beiträgt, zu umweltfreundlichen Mobilitätslösungen übergehen müssen. Dies liegt auch daran, dass der Verkehrssektor besonders schlecht bei der Senkung der Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen abschneidet. Dieser Übergang dürfte zu erheblichen Verschiebungen bei den Marktanteilen, den Wertschöpfungsketten, der Beschäftigung, den Handelsströmen und den FuE-Investitionen führen. Die Herstellung und Wartung von Elektrobatteriefahrzeugen, die im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor weniger komplex sind, wird weniger Arbeitskräfte erfordern; gleichzeitig können jedoch zusätzliche Arbeitsplätze in Bereichen wie beispielsweise der Elektrotechnik oder der Softwareentwicklung entstehen (Fraunhofer IAO, 2018). Bei der Förderung innovativer Mobilitätslösungen wie alternativer Antriebssysteme oder vernetztem und autonomem Fahren konnten die meisten deutschen Automobilhersteller bisher nicht mit den weltweiten Spitzenreitern Schritt halten. Viele Verbraucher schieben ihren Kauf weiterhin auf, bis umweltfreundliche Fahrzeuge zu erschwinglichen Preisen verfügbar sind (siehe Kapitel 1 und Kasten 4.5.7).
Trotz der ausgesprochen hohen externen Kosten des Straßenverkehrs, einschließlich der Luftverschmutzung und der Treibhausgasemissionen, findet keine Verlagerung, insbesondere nicht auf die Schiene, statt. Die überwiegende Mehrheit (96 %) der verkehrsbedingten externen Kosten, wozu auch Unfälle, umweltbezogene Kosten (durch Luftverschmutzung, Treibhausgasemissionen, Lärm, Schädigung von Lebensräumen) und Staus zählen, werden durch den Straßenverkehr verursacht. Im Jahr 2017 entfielen mehr als 84 % der in Deutschland zurückgelegten Personenkilometer auf Pkw-Fahrten; damit lag Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 82 %. Die Gesamtsumme der von Landverkehrsteilnehmern gezahlten Steuern und Gebühren (rund 64 Mrd. EUR) deckt jedoch nur einen Bruchteil der vom Landverkehr insgesamt versursachten Kosten (externe Kosten sowie Infrastrukturkosten(
)). Gleichzeitig wurde versäumt, die Dienstleistungen im Schienenverkehr zu verbessern(
), wobei der geringe Wettbewerb im Personenverkehr eine hemmende Wirkung hatte. Bei Schienenfernverkehrsdiensten ist der Marktanteil neuer Marktteilnehmer nach wie vor gering (unter 1 % im Jahr 2016). Die mangelnde Pünktlichkeit der Schienenverkehrsdienste und das wachsende Angebot an Fernbusdiensten deuten darauf hin, dass auf dem Markt ein Bedarf an Alternativen zum etablierten Anbieter von Schienenverkehrsdiensten herrscht.
|
Kasten 4.5.7: Neuausrichtung des Verkehrssektors
Deutschland benötigt modernere, sauberere und besser funktionierende Mobilitätslösungen, um die Umwelt- und Klimaziele zu erreichen und die Produktivität und die Lebensqualität zu verbessern. Trotz mehrerer umfangreicher Programme, in deren Rahmen Fahrzeuge mit schlechter Umweltleistung durch Fahrzeuge mit besserer Leistung ersetzt werden sollen, sind derzeit in Deutschland mehr als 57 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor registriert, von denen ein erheblicher Teil nicht den EU-Emissionsnormen entspricht. Infolgedessen werden die EU-Grenzwerte für Luftverschmutzung – die mit einer vorzeitigen Mortalität und Morbidität einhergeht, unter anderem in Verbindung mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – in vielen deutschen Städten weiterhin überschritten, was sich negativ auf die Arbeitsproduktivität auswirkt und den Druck auf das Gesundheitssystem erhöht (Europäische Umweltagentur, 2019). Gleichzeitig wirken das Wachstum des Fahrzeugbestands und der immer größere Anteil von sportlichen Geländewagen (SUV) den Anstrengungen zur Verringerung der CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor nach wie vor entgegen. Darüber hinaus nimmt die Verkehrsüberlastung sowohl in den Städten als auch auf den Autobahnen weiter zu, und die Zahl der Verkehrstoten ist nach wie vor unannehmbar hoch. Im Hinblick auf die Förderung innovativer Mobilitätslösungen wie alternativer Antriebssysteme oder vernetztem und autonomem Fahren sowie eines (im Hinblick auf seine Umweltbilanz) gut funktionierenden öffentlichen Verkehrs, einschließlich Taxis, konnten die meisten deutschen Automobilhersteller – aber auch die deutschen Regulierungsbehörden – bisher nicht mit den Spitzenreitern der Welt Schritt halten. Allerdings scheinen das bloße Ausmaß des selbst verursachten Dieselskandals und das anschließende unwirksame Krisenmanagement sowohl für private als auch für öffentliche Akteure als starker Weckruf gedient zu haben. Dennoch blieb die steuerliche Begünstigung von Dieselkraftstoff unberührt, sodass jährlich weiterhin Nettoeinnahmeausfälle in Höhe von 1,5 Mrd. EUR entstehen (siehe Abschnitt 4.1).
Als starker Innovator und wichtiger Standort für die Herstellung von Verkehrsfahrzeugen mit einer gut entwickelten Infrastruktur verfügt Deutschland über die notwendigen Kapazitäten, um bei der Bereitstellung sauberer, sicherer und moderner Verkehrs- und Mobilitätslösungen eine Vorreiterrolle einzunehmen. Da noch unklar ist, wie künftige alternative Antriebssysteme für den Straßenverkehr aussehen werden (oder ob es sogar eine Wiederbelebung sauberer Verbrennungsmotoren geben könnte), sollte die Politik vorzugsweise die Innovation und den Wettbewerb zwischen verschiedenen Technologien fördern. In diesem Sinne und um seine nationalen CO2-Emissionsziele zu erreichen, hat Deutschland beschlossen, ab Januar 2021 einen CO2-Festpreis für die Bereiche Verkehr und Gebäude und ab 2026 ein Emissionshandelssystem einzuführen. Das Emissionshandelssystem gehört zu den wichtigsten politischen Instrumenten zur Verringerung der CO2-Emissionen, da es die verkehrsbedingten CO2-Emissionen schrittweise immer stärker begrenzen und diese bis 2030 schließlich in absoluten Zahlen um rund 40 % senken wird. Darüber hinaus ist Deutschland in großem Maße darum bemüht, landesweit eine Elektromobilität auf der Grundlage von Ladetechnologien einzuführen. Für Elektrofahrzeuge der derzeitigen Generation bestehen verschiedene Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Preis und der Leistung, der Herstellung, der Verwendung und dem Recycling von Batterien, der Ladeinfrastruktur, der Ladezeit und der Reichweite. Mit seinem starken Innovationsökosystem und als wichtiger Standort für die Herstellung von Verkehrsfahrzeugen mit einer gut entwickelten Infrastruktur verfügt Deutschland über die notwendigen Kapazitäten, um bei der Entwicklung neuer Technologien, die eine Neuausrichtung des Verkehrssektors auf mehr Nachhaltigkeit und Umwelt- und Klimaschutz ermöglichen können, eine Vorreiterrolle einzunehmen. Das zu erwartende Wachstum des Marktes für Elektrofahrzeuge wird zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage nach Batterien führen. Die Nachhaltigkeit, die Umweltbilanz und die Energieeffizienz von Batterien werden mit zunehmendem Marktwachstum an Bedeutung gewinnen. Im Rahmen der Europäischen Batterie-Allianz fördert Deutschland aktiv die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wertschöpfungskette für Batterien.
Insellösungen in Großstädten könnten einen ersten Schritt beim Übergang zu alternativen Antriebssystemen (wie E-Mobilität und Brennstoffzellen) und neuen Mobilitätskonzepten darstellen. Die Förderung privater und öffentlicher Investitionen in saubere und nachhaltige Mobilitätslösungen, insbesondere in E-Mobilität, steht ganz oben auf der politischen Agenda. Solche Investitionen sollten zunächst schwerpunktmäßig in die städtische Mobilität fließen, da in städtischen Gebieten das Problem der Luftverschmutzung, der Lärmemissionen, der Verkehrsüberlastung und der Straßenverkehrssicherheit besonders dringlich ist und Einschränkungen im Zusammenhang mit der Reichweite von Fahrzeugen weniger relevant sind. Durch befristete Sonderregelungen (regulatorische „Sandkästen“) und eine zielgerichtete öffentliche Auftragsvergabe könnten der Zeit- und Kostenaufwand für die Markteinführung neuer Produkte verringert, jungen Unternehmen die Beschaffung von Finanzmitteln erleichtert und regulatorisches Lernen gefördert werden, indem ein sicheres Umfeld für die Erprobung innovativer Produkte und Geschäftsmodelle geschaffen wird. Investitionen in den öffentlichen Verkehr in Großstädten (z. B. in Busse, Postlastwagen und Taxis mit Elektroantrieb) würden den Technologiewettbewerb (wie z. B. bei der Frage „Ultraschnelle Ladestationen oder Bereitstellung von Ersatzbatterien?“) weiter fördern und die Innovation anheizen. Sie könnten zudem einige der derzeit für Elektrofahrzeuge bestehenden Probleme aus dem Weg räumen, da es eine lokale Ladeinfrastruktur geben würde und die Entfernungen somit begrenzt wären. Bewährte Verfahren in anderen Ländern zeigen, dass die Modernisierung des öffentlichen Fahrzeugbestands zu einer weitaus besseren Luftqualität und deutlich geringeren Risiken für die öffentliche Gesundheit geführt hat. Regionen und Städte könnten sich deutlich für einen sauberen öffentlichen Verkehr aussprechen und beispielsweise eine Zielsetzung vorsehen, die anstelle privater Elektrofahrzeuge Elektrobusse betrifft. Nicht zuletzt angesichts der Bevölkerungsalterung sollte darüber hinaus die Förderung eines autonomen und vernetzten Fahrens weiterhin eine zentrale Priorität für Industrie und Politik darstellen. Dies sollte auch die Bereitstellung ausreichend leistungsfähiger Telekommunikations- und Straßeninfrastrukturen einschließen.
Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket zur Förderung privater Elektrofahrzeuge verabschiedet, das unter anderem eine Kaufprämie für Elektrofahrzeuge umfasst. Elektrofahrzeuge (gleich welcher Art) machten im Jahr 2018 nur 0,2 % der in Umlauf befindlichen Fahrzeuge und nur 1 % der neu zugelassenen Fahrzeuge aus. Im Jahr 2019 machten elektrisch aufladbare Fahrzeuge (zu denen sowohl vollständig batteriebetriebene Fahrzeuge als auch aufladbare Hybridfahrzeuge zählen) nur 0,5 % der in Umlauf befindlichen Fahrzeuge und nur 2,9 % der neu zugelassenen Fahrzeuge aus. Nach einer Reihe von Treffen mit hochrangigen Vertretern aus Politik, der Automobilindustrie und den Gewerkschaften (Konzertierte Aktion Mobilität) wurden am 5. November 2019 eine Erhöhung der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge sowie eine Verlängerung der Maßnahme bis 2025 beschlossen. Bei reinen Elektrofahrzeugen unterhalb eines Listenpreises von 40 000 EUR soll der Zuschuss von bisher 4000 EUR auf 6000 EUR steigen, während der Zuschuss für Fahrzeuge mit einem Listenpreis von über 40 000 EUR künftig 5000 EUR betragen soll. Dadurch könnten zwar die Preisunterschiede zu Fahrzeugen mit herkömmlichen Antriebssystemen verringert werden, nicht aber die Leistungsunterschiede, die sich aus Ladezeit und Reichweite ergeben. Außerdem sind die politischen Maßnahmen nicht hinreichend auf die Modernisierung und mögliche Elektrifizierung leichter Nutzfahrzeuge ausgerichtet, die etwa 5 % des Fahrzeugbestands ausmachen und in der Regel mit im Hinblick auf ihre Umweltbilanz bedenklichen Dieselmotoren betrieben werden. In den nächsten zwei Jahren soll die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen von derzeit etwa 21 100 auf 50 000 steigen (d. h. eine Ladestation je 23 Fahrzeuge, sofern die im nationalen Strategierahmen über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vorgesehene Zielsetzung von einer Million Elektrofahrzeugen erreicht wird). Ob eine Standardisierung der Zugangsmöglichkeiten und Zahlungssysteme erfolgen wird oder ob die Initiative eine Strategie für den Ausbau privater Ladestationen und die Anpassung der Energieversorgungsinfrastruktur an die neuen Stromverbrauchsmuster umfasst, ist jedoch noch unklar.
Deutschland hat kürzlich einen Plan für eine effizientere Organisation des Mobilitätssystems vorgelegt, mit dem auf die Erreichung der Luftqualitäts- und Klimaziele, eine Verringerung der Verkehrsauslastung und eine Verbesserung der Lebensqualität abgezielt wird. Im Herbst 2019 wurde das Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet, in dessen Rahmen unter anderem die verkehrsbedingten Emissionen bis 2030 um 40 bis 42 % verringert werden sollen. Dies soll durch ein Maßnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität, Stärkung der Bahn und CO2-Bepreisung erreicht werden. Bereits zuvor hatten die deutschen Behörden Maßnahmen ergriffen, um die Elektrifizierung der lokalen Busflotten und den Austausch von Informationen und bewährten Verfahren im Zusammenhang mit nachhaltiger Mobilität unter lokalen und Bundesbehörden zu fördern. Mit dem Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020 sollen Anreize für eine Verlagerung des Verkehrs (von der Straße auf die Schiene, vom individuellen auf den öffentlichen Personenverkehr) sowie für intelligente und gemeinsam nutzbare Verkehrslösungen geschaffen und somit Fahrzeiten, Entfernungen und Emissionen mittels schneller Datenverarbeitung, Automatisierung und Digitalisierung verringert werden. Im Rahmen des mit 1,5 Mrd. EUR dotierten Programms sollen über einen Zeitraum von drei Jahren verschiedene Initiativen (unter anderem Ladesysteme, die Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme und Nachrüstung von Bussen) unterstützt werden. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung weitere 432 Mio. EUR an Fördermitteln für die Nach- bzw. Umrüstung schwerer und leichter kommunaler und gewerblich genutzter Fahrzeuge bereit. Durch eine zusätzliche Berücksichtigung der in der Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge festgelegten verbindlichen Zielsetzung für die öffentliche Beschaffung sauberer Fahrzeuge könnte noch mehr erreicht werden. Die Bundesregierung beabsichtigt, die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für das automatisierte Fahren anzupassen, und arbeitet derzeit eine umfassende Wasserstoffstrategie aus, die ein wichtiges Element für die künftige Mobilität darstellen soll. Einzelheiten hierzu sind jedoch noch nicht bekannt. Darüber hinaus hat Deutschland eine Erhöhung der Luftverkehrssteuer ab April 2020 beschlossen. Zur Förderung einer klimafreundlicheren alternativen Mobilität soll das Zugfahren durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr von 19 % auf 7 % günstiger und attraktiver gestaltet werden. Darüber hinaus dürften die geplanten massiven Investitionen in das Schienennetz, z. B. für Ersatzinvestitionen, Digitalisierung und Elektrifizierung, den Schienenverkehr attraktiver machen. Die Bundesregierung beabsichtigt ferner, die jährlichen Fördermittel des Bundes für den öffentlichen Personennahverkehr ab 2021 auf 1 Mrd. EUR aufzustocken. Die zusätzlichen Mittel sollen für den Ausbau der Infrastruktur für den schienengestützten öffentlichen Personennahverkehr verwendet werden. Ab 2025 sollen die Fördermittel auf 2 Mrd. EUR pro Jahr aufgestockt und zwischen 2020 und 2031 um zusätzliche Bundesmittel für den öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von insgesamt 5,2 Mrd. EUR ergänzt werden. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung im Zeitraum 2020-2023 weitere 900 Mio. EUR für Maßnahmen zum Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur (Radwegenetz, Abstell- und Parkmöglichkeiten für Fahrräder und Radschnellwege) sowie finanzielle Unterstützung für Pilotprojekte bereit.
Zwar umfasst der von Deutschland vorgelegte nationale Energie- und Klimaplan eine Reihe politischer Maßnahmen, doch besteht aufgrund seiner unzureichenden Detailliertheit und Integration Ungewissheit hinsichtlich der Gesamtstrategie der Regierung für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors, einschließlich des Güterverkehrs. Als wichtigstes Drehkreuz und Transitland für den transeuropäischen Güterkraftverkehr sowie als bedeutender Industriestandort und starke Volkswirtschaft könnte Deutschland bei der Entwicklung von Lösungen eine zentrale Rolle spielen. In Erwägung gezogen werden könnte ein emissionsfreier Güterverkehr auf der Grundlage von batterie- oder oberleitungsbetriebenen E-Lastkraftwagen oder wasserstoffbetriebenen Lastkraftwagen (z. B. zwischen zwei Fabrikstandorten oder auf dem Gelände von Unternehmen oder lokalen Behörden). Die Anzahl der Wasserstoff-Tankstellen, die künftig das Rückgrat eines robusten Netzes für den wasserstoffbasierten Schwerverkehr bilden sollen, soll bis 2025 von 80 auf 400 erhöht werden. Die beiden bestehenden Teststrecken für den oberleitungsbasierten Güterkraftverkehr werden bereits gewerblich genutzt.
|
Die Luftverschmutzung in Deutschland gibt nach wie vor Anlass zu ernster Sorge und wirkt sich negativ auf die Arbeitsproduktivität in städtischen Gebieten und auf die Gesundheitsausgaben aus. Von den lokalen Luftschadstoffen verursachen Feinstaub, Stickstoffdioxid (NO2) und bodennahes Ozon (O3) die größten Schäden. Luftverschmutzung schadet der Gesundheit und führt unter anderem zu vorzeitiger Mortalität und Morbidität(
), vor allem in Verbindung mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie verursacht außerdem wirtschaftliche Verluste, beispielsweise durch höhere Gesundheitskosten, geringere landwirtschaftliche Erträge und eine niedrigere Arbeitsproduktivität (OECD, 2016). Im Jahr 2018 wurden in 32 der 89 Luftqualitätsgebiete Überschreitungen des EU-Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) gemeldet. In mehreren deutschen Städten werden die in den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation für Feinstaubkonzentration genannten Werte überschritten, die vergleichsweise weniger strengen EU-Grenzwerte aber eingehalten (Thunis et al., 2017). Zusätzliche wirksame Maßnahmen sind erforderlich, um die Einhaltung der EU-Luftqualitätsnormen und der EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen sicherzustellen. Etwa 60 % der gesundheitsschädlichen NOx-Emissionen in städtischen Gebieten entfallen auf den Straßenverkehr, wobei 72,5 % dieser Emissionen durch Dieselfahrzeuge verursacht werden. Bis 2020 wird die Bundesregierung den Kommunen 1,5 Mrd. EUR für die Elektrifizierung und Nachrüstung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis und Nutzfahrzeugen zur Verfügung stellen. Die große Mehrheit der 15 Millionen zugelassenen Dieselfahrzeuge (mit Motoren der Schadstoffklassen Euro 3 bis Euro 6c) verursacht jedoch im tatsächlichen Fahrbetrieb weiterhin sehr hohe NOx-Emissionen und überschreitet die Grenzwerte trotz erfolgter Software-Updates nach wie vor um bis zu 300 % (UBA, 2019). Hardware-Nachrüstungen wurden noch nicht durchgeführt, da erst 2019 Verordnungen erlassen wurden, die die Erteilung von Systemgenehmigungen ermöglichen, und die Frage der Finanzierung nach wie vor umstritten ist.
Energie
Investitionen in die Energieinfrastruktur und in Energieeffizienz sind für die Erreichung der Klima- und Energieziele von zentraler Bedeutung. Der von Deutschland vorgelegte Entwurf eines nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) umfasst verschiedene Initiativen, die die Bemühungen um Nachhaltigkeit zusätzlich unterstützen und zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele 7 „Bezahlbare und saubere Energie“ und 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ beitragen dürften, deren Erfolg allerdings stark vom Umfang der von ihnen angestoßenen Investitionen abhängen wird. Ein weiterer Ausbau der Stromübertragungsinfrastruktur ist erforderlich, um finanzielle Verluste und Marktverzerrungen aufgrund von Engpässen und einer begrenzten Flexibilität des Stromversorgungssystems zu vermeiden. Die Schätzungen des Investitionsbedarfs bei den Energieübertragungsnetzen sind unlängst erheblich in die Höhe gegangen, während die Investitionen in den Stromerzeugungssektor seit 2014 stagnieren. Nach dem aktuellen nationalen Netzentwicklungsplan, der von der deutschen Regulierungsbehörde im Dezember 2019 bestätigt wurde, besteht beim deutschen Stromübertragungsnetz ein Investitionsbedarf in Höhe von rund 76 Mrd. EUR. Für die Modernisierung des bestehenden Stromübertragungsnetzes und den Aufbau einer neuen Onshore-Übertragungsinfrastruktur bis 2030 werden Mittel in Höhe von 55 Mrd. EUR erforderlich sein. Weitere 21 Mrd. EUR müssen in die Offshore-Stromübertragungsinfrastruktur investiert werden, damit die Windenergie auf See bis 2030 auf 17 bis 20 GW ausgebaut werden kann. Inwiefern sich ein weiterer Ausbau der Offshore-Windenergie auf die Notwendigkeit eines Ausbaus des Übertragungsnetzes an Land auswirken würde, muss noch näher geprüft werden. Doch ist zu erwarten, dass die Stromerzeugung im Norden trotz der Ballung energieverbrauchender Industrien im Süden des Landes künftig noch weiter ausgebaut wird. Der Investitionsbedarf im Zusammenhang mit dem Gasnetz wird – insbesondere mit Blick auf die Beseitigung von Engpässen, die Umstellung von L- auf H-Gas sowie auf Maßnahmen im Zusammenhang mit der Energiewende und der Erreichung der Klimaziele für 2050 – den Prognosen zufolge bis 2028 auf 7 bis 9 Mrd. EUR ansteigen. Neben einer Beschleunigung des Ausbaus der Übertragungs- und Verteilernetze bedarf es einer erheblichen Steigerung der Investitionen in die Energieeffizienz. Nur so kann das Ziel der EU, die Energieeffizienz bis 2030 um 32,5 % zu verbessern, erreicht werden. Daher ist es wichtig, die richtigen Bedingungen und Mechanismen zu schaffen, um private Finanzmittel für Investitionen in Energieeffizienz zu mobilisieren. Dabei nach dem Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“ zu verfahren, würde es ermöglichen, Energieeinsparungen in anderen Bereichen und im Rahmen anderer Maßnahmen – insbesondere in Bezug auf private und öffentliche Investitionen – zu nutzen. Im Dezember 2019 startete die Bundesregierung die Energieeffizienzstrategie 2050, die ein Energieeffizienzziel für 2030 (Reduzierung des nationalen Primärenergieverbrauchs um 30 % im Vergleich zum Jahr 2008) sowie zahlreiche Maßnahmen zur branchenübergreifenden Förderung von Investitionen in die Energieeffizienz umfasst.
Angesichts der ambitionierten Klimaschutzziele Deutschlands müssen beim Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen größere Fortschritte erzielt werden. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 65 % des Bruttostromverbrauchs mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu decken. Deutschland läuft jedoch Gefahr, den für 2020 angestrebten Anteil der erneuerbaren Energien nicht zu erreichen, was unter anderem auf die geringe Beteiligung an den jüngsten Ausschreibungsverfahren für Windenergieanlagen zurückzuführen ist, die sich aus dem Mangel an genehmigten Projekten ergab. Zwar werden Anstrengungen unternommen, um planungsbezogene Beschränkungen für den Einsatz erneuerbarer Energien zu beseitigen, doch könnte die Entscheidung, einen Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Windkraftanlagen und Wohngebieten (mit möglichen regionalen Ausnahmeregelungen) einzuführen, die Planung und die Verfahren für den Einsatz von Energien aus erneuerbaren Onshore-Quellen in bestimmten Regionen auf lokaler Ebene beeinträchtigen. Gleichzeitig wird der Zielwert für den Ausbau der Offshore-Windenergie bis 2030 von 15 GW auf 20 GW angehoben und die Obergrenze für die förderungsfähige Gesamtkapazität von Photovoltaikanlagen, die derzeit noch bei 52 GW liegt, vollständig abgeschafft.
Ein „gerechter Übergang“
Der schrittweise Ausstieg aus dem Steinkohle- und Braunkohlebergbau stellt einige Regionen vor wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Deutschland ist nach wie vor stark von fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle, abhängig. Unter den EU-Mitgliedstaaten verfügt es über die größte Anzahl von Kohlekraftwerken (53) und fördert am meisten Kohle. Die Bundesregierung hat angekündigt, den Braunkohlebergbau zu Stromerzeugungszwecken in Deutschland bis Ende 2038 einzustellen, um die CO2-Emissionen verringern und Klimaneutralität zu erreichen. Diese Entscheidung bringt erhebliche strukturelle Veränderungen sowie wirtschaftliche und soziale Herausforderungen mit sich, da mehr als 19 650 Arbeitsplätze im Kohlebergbau direkt und mehr als 35 734 indirekt betroffen sind (Dehio und Schmidt, 2018; Europäische Kommission, 2019j). Der Übergang zu sauberer Energie wird insbesondere drei Kohlebergbaugebiete betreffen: das Lausitzer Revier (Gebiete in Brandenburg und Sachsen), das Rheinische Revier (Gebiete in Nordrhein-Westfalen) und das Mitteldeutsche Revier (Gebiete in Sachsen und Sachsen-Anhalt). Die demografische Entwicklung bietet in den östlichen Regionen weniger günstige Voraussetzungen für einen reibungslosen Strukturwandel, da die Erwerbsbevölkerung den Projektionen zufolge hier bis 2035 drastischer schrumpfen wird (pro Jahr um 2 % im Lausitzer Revier und 1,4 % im Mitteldeutschen Revier) als im Westen (um 0,6 % pro Jahr im Rheinischen Revier) (Dehio und Schmidt, 2018).
Ein „gerechter Übergang“ zu nachhaltigem Wachstum erfordert die Ermittlung des Investitionsbedarfs, eine kohärente Investitionsstrategie sowie zusätzliche Maßnahmen, um den Verlierern des Strukturwandels neue Möglichkeiten zu eröffnen. Im Klimaschutzplan 2050 (BMU, 2016) wird betont, dass der Kohleausstieg nur durch eine regionale und industrieorientierte politische Strategie, bei der subnationale Behörden, der Privatsektor und Arbeitnehmer in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, erfolgreich bewältigt werden kann. Darüber hinaus wurde im Juni 2018 eine Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (auch „Kohlekommission“) eingesetzt, um einen Konsens für diesen notwendigen Übergang zu erzielen. In ihrem Abschlussbericht hat Kommission eine Kombination verschiedener Instrumente vorgeschlagen und Empfehlungen für künftige Investitionen in den betroffenen Regionen abgegeben (BMWi, 2019). Auf der Grundlage dieses Berichts hat die Bundesregierung zugesagt, die betroffenen Länder bis spätestens 2038 mit Finanzhilfen für bedeutende regionale Investitionen in Höhe von bis zu 14 Mrd. EUR zu unterstützen. In ihren Zuständigkeitsbereichen (Schienen- und Straßeninfrastruktur, Forschungseinrichtungen etc.) wird sie zusätzliche Maßnahmen finanzieren. Das Volumen dieser Projekte beläuft sich auf bis zu 26 Mrd. EUR, sodass die Mittelausstattung bis 2038 insgesamt bis zu 40 Mrd. EUR betragen wird. Angesichts des Gewichts kohlebezogener Wirtschaftstätigkeiten und der vergleichsweisen Randlage der Region Lausitz scheint der Übergang zu einer innovationsbasierten Wirtschaft hier eine besondere Herausforderung darzustellen. Zur Unterstützung der am stärksten betroffenen Regionen hat die Europäische Kommission einen Fonds für einen gerechten Übergang vorgeschlagen (siehe Anhang D).
Kreislaufwirtschaft
Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft in vollem Umfang auszuschöpfen, könnte Deutschland bei der Umsetzung seiner Klimaziele helfen, und eine übergreifende Strategie würde dazu beitragen, den notwendigen Systemwandel herbeizuführen. Einer aktuellen Studie zufolge könnten die Emissionen in materialintensiven Industriezweigen und Wertschöpfungsketten in der EU durch eine konsequente Anwendung der Grundsätze der Kreislaufwirtschaft um bis zu 56 % verringert werden. (Material Economics, 2018). Etwa 40 % des gesamten Einflusses Deutschlands auf den Klimawandel ging auf den Abbau und die Verarbeitung natürlicher Ressourcen zurück, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Eisen- und Stahlerzeugung, der Zementherstellung, der Erdölraffinierung, der Chemikalien- und Kunststoffproduktion, der Viehzucht und der Förderung von Kohle, Erdgas und Öl (International Resource Panel, 2019). Wenngleich sich dieser Einfluss in den letzten Jahren leicht abgeschwächt hat, ist der materialbezogene Einfluss auf den Klimawandels in absoluten Zahlen nach wie vor erheblich. Er könnte dadurch gemildert werden, dass entlang der gesamten Lieferkette auf Ressourceneffizienz und der Kreislaufwirtschaft basierende Strategien angewendet werden. Im neuen Klimaschutzprogramm 2030 wird dem Potenzial der Kreislaufwirtschaft nur geringfügig Rechnung getragen und somit eine gute Gelegenheit vertan. Elemente der Kreislaufwirtschaft sind zwar Gegenstand einer Reihe von Strategien und Initiativen, doch gibt es in Deutschland keine übergreifende Strategie zur Herbeiführung des notwendigen Systemwandels. Das Ressourceneffizienzprogramm ProGress II, das Nationale Programm für nachhaltigen Konsum und die deutsche Hightech-Strategie decken verschiedene Aspekte der Kreislaufwirtschaft ab. Im Gegensatz zu einer wachsenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten verfügt Deutschland keine übergreifende Strategie zur Weiterentwicklung des Rechtsrahmens, zur umfassenden Nutzung von Synergieeffekten im Zusammenhang mit der Digitalisierung und zur Mobilisierung von Finanzmitteln. In Anbetracht dessen wurde die neue Initiative für eine zirkuläre Wirtschaft in Deutschland (Circular Economy Initiative Deutschland, CEID) damit beauftragt, mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bis 2021 einen Fahrplan für die Kreislaufwirtschaft in Deutschland auszuarbeiten.
Anpassung an den Klimawandel/naturbasierte Lösungen
Der Klimawandel hat erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und erfordert zusätzliche Investitionen in Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Wie bereits im Vorjahr zeigte der Klimawandel auch im Jahr 2019 erhebliche Auswirkungen. Bis Ende Oktober 2019 hatten mehr als 60 Kommunen in Deutschland den Klimanotstand ausgerufen. Am 25. September veranstaltete die Bundesregierung einen Nationalen Waldgipfel und sicherte Soforthilfen in Höhe von 547 Mio. EUR zu, um auf Waldschäden zu reagieren, die durch eine Kombination aus außerordentlichen Hitzewellen, Dürreperioden, Borkenkäferbefall und Waldbränden verursacht wurden. Durch den Klimawandel und nicht nachhaltige Waldbewirtschaftungspraktiken (Monokulturen) – sowie die daraus erwachsene Notwendigkeit, Bäume zu beschneiden bzw. zu fällen – sind Forstwirten hohe wirtschaftliche Verluste entstanden. Der Agrarsektor hat in weiten Teilen des Landes mit einem besonders niedrigen Feuchtigkeitsgehalt des Bodens zu kämpfen. Für mehrere Betonautobahnen, auf denen die Gefahr eines hitzebedingten Aufplatzens des Fahrbahnbelags („Blow-up“) besteht, wurden Geschwindigkeitsbeschränkungen erlassen. Nachdem das Jahr 2019 bereits von einer schwerwiegenden Dürre geprägt war, dürfte es in Deutschland auch zu anderen durch den Klimawandel bedingten extremen Wetterphänomenen wie heftigen Regenfällen und Stürmen kommen, sodass – unter anderem in städtischen Gebieten und entlang von Flussläufen – entsprechende Investitionen erforderlich wären.
Naturbasierte Lösungen haben ein großes Klimaschutzpotenzial und stellen in Deutschland eine entscheidende und kosteneffiziente Ergänzung der Dekarbonisierung in den Bereichen Energie, Verkehr und Industrie dar. Sie kombinieren Klima- und Naturschutz und sind auf die Verringerung landwirtschaftsbedingter Emissionen sowie den Schutz und die Stärkung natürlicher CO2-Senken ausgerichtet. Durch eine intensivere Wiederherstellung von Torfmooren könnte kosteneffizient zu CO2-Senken beigetragen und die Nachhaltigkeitsziele 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ und 15 „Leben an Land“ gefördert werden.
Durch die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme sowie deren Erhaltung wird dazu beitragen, dem anhaltenden Rückgang der biologischen Vielfalt Einhalt zu gebieten; zudem könnten durch eine Reform der Düngemittelvorschriften die überhöhten Nitratkonzentrationen verringert und die Kosten gesenkt werden. 34 % der geschützten Arten und 41 % der Lebensräume (im Sinne der Habitat-Richtlinie) weisen negative Entwicklungstendenzen auf, und bei nur 14 % der geschützten Arten und 10 % der Lebensräume werden positive Trends verzeichnet (BFN, 2019). Diese negativen Trends bei der biologischen Vielfalt und den Ökosystemen werden die Fortschritte bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele 15 „Leben an Land“ und 14 „Leben unter Wasser“ untergraben. Intensive Landwirtschaft, hohe Stickstoffeinträge und die Zersiedelung der Landschaft stellen wesentliche Faktoren für den anhaltenden Rückgang der biologischen Vielfalt und die Verschmutzung von Böden, Luft und Wasser dar. Der tägliche Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche (62 Hektar pro Tag im Jahr 2015) ist zwar rückläufig, liegt aber nach wie vor weit über dem in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für 2030 festgelegten Ziel von weniger als 30 Hektar pro Tag. Der Anteil des ökologischen Landbaus an der landwirtschaftlich genutzten Fläche, der einen wichtigen Baustein für nachhaltigere Lebensmittelsysteme darstellt, ist zwar gestiegen (von 5,8 % im Jahr 2012 auf 6,8 % im Jahr 2017), liegt aber nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt (7,03 %). Bei den derzeitigen Wachstumsraten ist nicht damit zu rechnen, dass Deutschland den für 2030 angestrebten Zielwert von 20 % erreicht. Deutschland weist die zweithöchste Anzahl von Messstellen auf, an denen die durchschnittliche Nitratkonzentration 50 mg/l übersteigt. Die Kosten für die Entfernung von Nitraten aus Trinkwasser steigen weiter an und werden in erster Linie von Haushalten und Behörden getragen. Die Eutrophierung durch Phosphor wurde noch nicht hinreichend angegangen, weshalb die Verwirklichung des Nachhaltigkeitsziels 6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ gefährdet ist.
Anhang A: Tabellarische Übersicht
|
Verpflichtungszusagen
|
Zusammenfassende Bewertung(
)
|
|
Länderspezifische Empfehlungen (CSR) 2019
|
|
LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG 1: Nutzung der Haushalts- und Strukturpolitik unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels, um bei den privaten und öffentlichen Investitionen vor allem auf regionaler und kommunaler Ebene einen anhaltenden Aufwärtstrend herbeizuführen; Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede auf Bildung, Forschung und Innovation, Digitalisierung und Breitbandnetze mit sehr hoher Kapazität, nachhaltigen Verkehr sowie auf Energienetze und bezahlbaren Wohnraum; Verlagerung der Besteuerung von der Arbeit auf Quellen, die einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum weniger abträglich sind; Verstärkung des Wettbewerbs bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen.
|
Bei der Umsetzung der ersten länderspezifischen Empfehlung hat Deutschland begrenzte Fortschritte erzielt.
|
|
Nutzung der Haushalts- und Strukturpolitik unter Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels, um bei den privaten und öffentlichen Investitionen vor allem auf regionaler und kommunaler Ebene einen anhaltenden Aufwärtstrend herbeizuführen;
|
Einige Fortschritte: Die privaten Investitionen bleiben trotz des Konjunkturrückgangs solide, reichen aber nach wie vor nicht aus, um den Infrastruktur- und Wohnungsbedarf zu decken. Im Jahr 2018 nahmen die privaten Investitionen real um 3 % zu und erstreckten sich – abgesehen vom Nichtwohnbau, in dem die Investitionstätigkeiten weiterhin gedämpft blieben – auf die meisten Investitionsbereiche. Im Jahr 2019 wurde bei den Realinvestitionen ein ähnlich hohes Wachstum verzeichnet, wobei eine immer raschere Zunahme der Investitionen in den Nichtwohnbau jedoch mit einem schwächelnden Wachstum bei den Ausrüstungsinvestitionen einherging. Alles in allem hat sich der Anteil der privaten Investitionen am BIP von 18 % im Zeitraum 2011-2017 auf 19 % im Zeitraum 2018-2019 erhöht. Die dynamischsten Komponenten waren in den vergangenen Jahren der Wohnbau und andere Investitionen (hauptsächlich in FuE und geistiges Eigentum). Die Investitionen halten jedoch nach wie vor nicht mit dem Infrastruktur- und Wohnraumbedarf Schritt. Dies spiegelt sich in kurzfristigen Engpässen wider, die beispielsweise aufgrund steigender Wohnimmobilienpreise und Mieten zu beobachten sind. Darüber hinaus ist das verarbeitende Gewerbe mit einer nachlassenden Dynamik bei der Auslandsnachfrage konfrontiert und muss sich zugleich auf Klima-und Umweltanforderungen (wie die Nachfrage nach emissionsarmen Kraftfahrzeugen) einstellen. Die öffentlichen Investitionen haben weiter zugenommen, um den erheblichen Investitionsrückstand aufzuholen. Im Zeitraum 2015-2017 haben sich die öffentlichen Bruttoinvestitionen nominal um rund 6 % jährlich, 2018 nominal um fast 9 % und 2019 nominal um fast 7 % erhöht. Real lag der Anstieg im Zeitraum 2015-2019 – angesichts einer hohen Preisinflation im Baugewerbe im Zeitraum 2017-2019 (durchschnittlich über 4,5 %) – bei durchschnittlich etwa 4 %. Dadurch erhöhte sich die öffentliche Investitionsquote von 2,1 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,5 % des BIP im Jahr 2019. Die Nettoinvestitionen auf gesamtstaatlicher Ebene haben sich seit 2017 insgesamt positiv entwickelt, während die Investitionen auf kommunaler Ebene im Zeitraum 2018-2019 zwar zunahmen, netto jedoch nach wie vor im negativen Bereich liegen. Der Investitionsrückstand auf kommunaler Ebene bleibt mit 138,4 Mrd. EUR bzw. 4 % des BIP nach wie vor hoch.
|
|
Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede auf Bildung, …
|
Begrenzte Fortschritte: Trotz eines leichten Anstiegs der Bildungsausgaben im Jahr 2019, unter anderem im Rahmen des DigitalPakts Schule, mangelt es nach wie vor an einem längerfristigen Horizont für Bildungsausgaben.
|
|
… Forschung und Innovation, …
|
Einige Fortschritte: Deutschland investiert beträchtliche Mittel in FuE; allerdings entfällt das Gros der privaten Investitionen in FuE zunehmend auf Großunternehmen, während sich KMU und Start-up-Unternehmen schwertun. Die FuE-Intensität ist in den letzten Jahren von 2,46 % des BIP im Jahr 2007 auf 3,13 % im Jahr 2018 gestiegen (dritthöchster Wert in der EU). Deutschland hat in seine Hightech-Strategie ein neues nationales Ziel einer FuE-Intensität von 3,5 % bis 2025 aufgenommen (BMBF, 2018). Mit zwei Dritteln der FuE im Unternehmenssektor ist die FuE-Intensität der deutschen Unternehmen (2,16 % im Jahr 2018) die dritthöchste in der EU. Während sich die FuE im Unternehmenssektor jedoch auf Großunternehmen in FuE-intensiven Branchen konzentriert, stagnierten die FuE-Aufwendungen von kleinen und mittleren Unternehmen in den letzten zehn Jahren.
|
|
… Digitalisierung und Breitbandnetze mit sehr hoher Kapazität, …
|
Begrenzte Fortschritte: Was die Digitalisierung und insbesondere digitale öffentliche Dienste anbelangt, so verläuft die Umsetzung des Onlinezugangsgesetz eher langsam, und es ist unwahrscheinlich, dass das Ziel des Gesetzes, alle 575 Dienste bis Ende 2022 zu digitalisieren, erreicht wird. Im November 2019 beschloss das Bundeskabinett eine Neuausrichtung dieses kostenintensiven Digitalisierungsprojekts zur Modernisierung der IT-Infrastruktur der Bundesbehörden („IT-Konsolidierung Bund“). Im Hinblick auf die Breitbandabdeckung wurden zwar Fortschritte bei der Verfügbarkeit schneller Breitbanddienste (≥30 Mbit/s) erzielt, doch liegt Deutschland hier nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt, insbesondere in Bezug auf die Abdeckung mit „Fibre-to-the-premises“-Anschlüssen (Glasfaserkabel bis zum Kunden, FTTP), die 4G-Abdeckung und die Verfügbarkeit mobiler Breitbandnetze. Wenngleich die Regierung erhebliche finanzielle Anstrengungen unternommen hat, um digitale Netze aufzubauen, ist angesichts des Mangels an Kapazitäten und Know-how für diesen Aufbau kurzfristig nicht mit wesentlichen Verbesserungen bei der FTTP-Abdeckung und der Nutzung solcher Dienste zu rechnen.
|
|
… nachhaltigen Verkehr …
|
Begrenzte Fortschritte: Besonders schlecht hat der Verkehrssektor bei der Senkung der Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen abgeschnitten, sodass ein Rückstand zu dem in der Lastenteilungsentscheidung für Deutschland gesetzten Ziel entstanden ist. Trotz der sehr hohen externen Kosten des Straßenverkehrs verzeichnet Deutschland eine hohe Pkw-Nutzung sowie nach wie vor einen geringen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr. Das im Herbst 2019 vorgelegte Klimaschutzprogramm umfasst eine Reihe vielversprechender Maßnahmen, darunter die Förderung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, höhere Kaufprämien für Pkw mit Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenantrieb, Investitionen in den öffentlichen Verkehr, die Schaffung neuer Radwege, die Modernisierung von Häfen und Binnenwasserstraßen sowie die Stärkung des Schienenverkehrs. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie diese notwendigen und insgesamt gut konzipierten Maßnahmen umgesetzt werden und welche Auswirkungen sie haben werden.
|
|
… sowie auf Energienetze …
|
Begrenzte Fortschritte: Es wurden zwar einige Maßnahmen ergriffen, darunter eine Vereinbarung über eine zukunftsorientierte interne Planung und Prüfung des Netzausbaus sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der Flüssigerdgas (LNG)-Infrastruktur und des Anschlusses von LNG-Terminals an die bestehende Gasinfrastruktur, doch sind zusätzliche Investitionen in Energienetze erforderlich, und zwar nicht nur in Übertragungsnetze, sondern auch in Wärmenetze. Es ist davon auszugehen, dass die Investitionen in die Übertragungsinfrastruktur bis 2030 deutlich höher ausfallen werden als noch vor einem Jahr erwartet. Die Investitionen in verschiedene Arten von Energienetzen, die für die Energiewende in Deutschland von Bedeutung sind, werden derzeit jedoch weder auf Bundesebene noch auf den verschiedenen Regierungsebenen systematisch und umfassend nachverfolgt.
|
|
… und bezahlbaren Wohnraum;
|
Begrenzte Fortschritte: Zwar wurden im Hinblick auf den Wohnbau verschiedene Maßnahmen ergriffen, doch wirken sich diese nicht unbedingt positiv auf die Investitionen in den Wohnbau aus. Die Mietpreisbremse, ein Mechanismus zur Kontrolle des Anstiegs der Mieten, soll bis 2025 verlängert werden, wobei einige Bundesländer eine zusätzliche Verschärfung der Mietkontrollen erwägen. Ein neues Gesetz betreffend die Provision für Immobilienmakler soll zu einer gerechteren Verteilung der Maklerkosten zwischen Käufer und Verkäufer führen. 2020 wird ein Gesetz zur Stärkung des Wohngelds („Wohngeldstärkungsgesetz“) in Kraft treten und den Anwendungsbereich und den Umfang von Wohngeldleistungen erweitern, wobei ab dem Jahr 2022 das regelmäßige Anpassungen stattfinden werden. Insgesamt ist nicht klar, ob diese Maßnahmen zu höheren Investitionen in den Wohnbau führen werden. Auch wenn sie sich vorübergehend mildernd auf die Mietpreisdynamik auswirken können, so werden Preise und Investitionen langfristig auch durch angebotsseitige Maßnahmen bestimmt, und längerfristige Ergebnisse hängen stark von den Anreizen für Investitionen in den Wohnbau ab.
|
|
Verlagerung der Besteuerung von der Arbeit auf Quellen, die einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum weniger abträglich sind;
|
Begrenzte Fortschritte: Auch wenn die Reform des Solidaritätszuschlags zu einer gewissen Entlastung führen dürfte, ist das Steuersystem weiterhin stark auf die Besteuerung des Faktors Arbeit angewiesen, sodass bei der Verlagerung der Steuerlast auf Quellen, die einem inklusiven und nachhaltigen Wachstum weniger abträglich sind, nur begrenzte Fortschritte erzielt wurden.
|
|
Verstärkung des Wettbewerbs bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen.
|
Keine Fortschritte: 2019 wurden keine Maßnahmen ergriffen, um den Wettbewerb bei Unternehmensdienstleistungen und reglementierten Berufen zu fördern. Die wenigen angekündigten Maßnahmen beschränken sich auf Gesetzesänderungen, mit denen dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Honoraren für Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren sowie einer europäischen Rechtsvorschrift nachgekommen werden soll. Dessen ungeachtet legte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes vor, das zu einer Behinderung des Wettbewerbs führen wird, da es für zwölf Handwerksberufe die Einführung einer Meisterpflicht vorsieht. Mit dieser neuen Maßnahme wird die Deregulierung von 2004 teilweise rückgängig gemacht.
|
|
LÄNDERSPEZIFISCHE EMPFEHLUNG 2: Reduzierung der Fehlanreize, die einer Aufstockung der Arbeitszeit entgegenwirken, darunter auch die hohe Steuer- und Abgabenbelastung, insbesondere für Gering- und Zweitverdiener; Einleitung von Maßnahmen, um die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu sichern, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines angemessenes Rentenniveaus; Stärkung der Voraussetzungen für die Förderung eines höheren Lohnwachstums bei gleichzeitiger Achtung der Rolle der Sozialpartner; Verbesserung der Bildungsergebnisse und des Kompetenzniveaus benachteiligter Gruppen.
|
Bei der Umsetzung der zweiten länderspezifischen Empfehlung hat Deutschland einige Fortschritte erzielt.
|
|
Reduzierung der Fehlanreize, die einer Aufstockung der Arbeitszeit entgegenwirken, …
|
Einige Fortschritte: Es wurden zwar einige Maßnahmen zur Reduzierung der Fehlanreize, die einer Aufstockung der Arbeitszeit entgegenwirken, unternommen, insbesondere im Zusammenhang mit der Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, doch haben erhebliche Fehlanreize nach wie vor Bestand.
|
|
… darunter auch die hohe Steuer- und Abgabenbelastung, insbesondere für Gering-[verdiener] …
|
Einige Fortschritte: Eine Reihe von Maßnahmen im Zusammenhang mit den Sozialversicherungsbeiträgen und Steuerklassen zeigt Auswirkungen auf die Steuer- und Abgabenbelastung, allerdings ist der Rückgang in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt begrenzt. Wenngleich die weitgehende Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 spürbare Auswirkungen haben wird, wird die Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland nach wie vor zu den höchsten in der EU zählen; zudem führt das Steuer- und Sozialleistungssystem zu hohen Grenzsteuersätzen für bestimmte Gruppen von Geringverdienern.
|
|
… und Zweitverdiener;
|
Begrenzte Fortschritte: Auch Zweitverdiener profitieren von der leichten Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung und des wachsenden Angebots von Kinderbetreuungsplätzen und Ganztagsschulen, allerdings bleibt die Situation insgesamt unverändert, da das Steuersystem zu hohen Grenzsteuersätzen für Zweitverdiener führt und es bei der Verfügbarkeit hochwertiger und erschwinglicher frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung nach wie vor Lücken gibt.
|
|
Einleitung von Maßnahmen, um die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems zu sichern, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines angemessenes Rentenniveaus;
|
Begrenzte Fortschritte: Die Kommission Verlässlicher Generationenvertrag setzte ihre Beratungen fort und dürfte im März 2020 Vorschläge zur Zukunft des Rentensystems nach 2025 vorlegen. Mit Blick auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Schaffung eines tragfähigen, angemessenen und gerechten Rentensystems scheint in der Tat Handlungsbedarf zu bestehen. Die Koalitionsregierung einigte sich im November 2019 auf die Einführung einer beitragsabhängigen Grundrente, durch die die Angemessenheit des Rentensystems für bestimmte Gruppen verbessert werden dürfte; der entsprechende Rechtsakt wurde jedoch noch nicht verabschiedet.
|
|
Stärkung der Voraussetzungen für die Förderung eines höheren Lohnwachstums bei gleichzeitiger Achtung der Rolle der Sozialpartner;
|
Einige Fortschritte: Das gesamtwirtschaftliche Lohnwachstum zeigte sich bislang widerstandsfähig gegen den Konjunkturrückgang, dürfte sich jedoch verlangsamen und dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets weiter annähern. Die Anhebung des Mindestlohns von 9,19 EUR pro Stunde im Jahr 2019 auf 9,35 EUR pro Stunde im Jahr 2020 entspricht einer nominalen Erhöhung um rund 1,7 % und bleibt somit hinter dem gesamtwirtschaftlichen Lohnwachstum zurück, und die Tarifbindung blieb im Jahr 2018 stabil auf einem im Vergleich zur Vergangenheit relativ niedrigen Niveau.
|
|
Verbesserung der Bildungsergebnisse und des Kompetenzniveaus benachteiligter Gruppen.
|
Begrenzte Fortschritte: Im Jahr 2019 hat Deutschland einige vielversprechende Reformen zur Verbesserung von Weiterbildung und Umschulung auf den Weg gebracht, allerdings besteht hier weiteres Potenzial. Das Ausmaß der Herausforderung wird an dem nach wie vor vorhandenen starken Einfluss des sozioökonomischen Hintergrunds auf den Bildungserfolg deutlich, wie aus den Ergebnissen der internationalen Schulleistungsstudie der OECD (PISA) 2018 hervorgeht, wonach die unzureichenden Leistungen im Vergleich zu 2015 in allen Disziplinen, insbesondere beim Lesen, zugenommen haben. Deutschland hat die Investitionen in die einschlägige Forschung zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit im Jahr 2019 erhöht; inwiefern diese Investitionen zu besseren Bildungsergebnissen beitragen werden, ist allerdings noch unklar. Im Großen und Ganzen bleiben die Bildungsergebnisse und das Kompetenzniveau benachteiligter Gruppen unverändert.
|
Europa 2020 (nationale Ziele und Fortschritte)
|
|
Angestrebte Beschäftigungsquote der 20–64-Jährigen: 77 %
|
79,9 % im Jahr 2018 und 80,5 % im zweiten Quartal 2019.
|
|
Angestrebte Beschäftigungsquote der 55–64-Jährigen: 60 %
|
71,4 % im Jahr 2018 und 72,3 % im zweiten Quartal 2019.
|
|
Angestrebte Beschäftigungsquote der Frauen: 73 %
|
75,8 % im Jahr 2018 und 76,2 % im zweiten Quartal 2019.
|
|
FuE-Ziel: 3,0 % des BIP im Jahr 2020 und 3,5 % bis 2025, davon ein Drittel aus öffentlichen und zwei Drittel aus privaten Mitteln
|
3,13 % im Jahr 2018 (vorläufige Daten), davon etwa ein Drittel aus öffentlichen und zwei Drittel aus privaten Mitteln.
|
|
Treibhausgasemissionsziel: -40 % im Jahr 2020 gegenüber dem Stand von 1990 und zwischen -80 % und -95 % bis 2050 (ohne unter den EU-Emissionshandel fallende Wirtschaftszweige)
|
Im Jahr 2018 lagen die Treibhausgasemissionen um 30,8 % unter dem Stand von 1990.
|
|
Angestrebter Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch: 18 % bis 2020 und 60 % bis 2050
|
16,4 % im Jahr 2018 (vorläufige Daten).
|
|
Indikatives nationales Energieeffizienzziel: Reduzierung des Primärenergieverbrauchs (im Vergleich zum Jahr 2008) um 20 % bis 2020, um 30 % bis 2030 und um 50 % bis 2050
|
Zwischen 2008 und 2018 hat Deutschland seinen Primärenergieverbrauch um 9,9 % verringert (nach Schätzungen der Regierung).
|
|
Angestrebte Quote der frühzeitigen Schulabgänger: <10 %
|
Mit 10,3 % im Jahr 2018 liegt Deutschland weiterhin nahe an der europäischen und nationalen Zielvorgabe, hat sich jedoch etwas von dieser entfernt, da die Quote der frühzeitigen Schulabgänger im Jahr 2017 noch bei 10,1 % lag.
|
|
Angestrebte Quote der Tertiärabschlüsse: 40 % (Europa 2020) bzw. 42 % (nationales Ziel)
|
Die Quote der tertiären Bildungsabschlüsse in Deutschland steigt weiter; sie betrug im Jahr 2018 34,9 %, lag damit jedoch nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt von 39,9 % und der EU-Zielvorgabe von 40,7 %. Die nationale Zielvorgabe von 42 % umfasst – anders als die EU-Zielvorgabe – auch Abschlüsse der ISCED-Stufe 4 und wurde somit erfüllt (49,8 % im Jahr 2018).
|
|
Abgestrebter Wert für die Anzahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen: 20 % weniger Langzeitarbeitslose bis 2020 im Vergleich zum Jahr 2008 (d. h. eine Verringerung um 320 000).
|
Die Anzahl der Langzeitarbeitslosen (gemäß der Definition der Arbeitskräfteerhebung) ist zwischen 2008 und 2018 von 1,63 Millionen auf 0,6 Millionen gesunken, was einem Rückgang von rund 63 % entspricht.
|
Anhang B: Analyse der Schuldentragfähigkeit der Kommission und fiskalische Risiken
Anhang C: Standardtabellen
|
|
|
Tabelle C.1:Finanzmarktindikatoren
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission (langfristige Zinsen), Weltbank (Bruttoauslandsverschuldung), Eurostat (private Verschuldung), EZB (alle anderen Indikatoren).
|
|
|
|
|
|
Tabelle C.2:Sozialpolitisches Scoreboard: Indikatoren für die Kernziele
|
|
|
|
Quelle: Eurostat
|
|
|
|
|
|
Tabelle C.3:Arbeitsmarkt- und Bildungsindikatoren
|
|
|
|
Quelle: Eurostat, OECD.
|
|
|
|
|
|
Tabelle C.4:Indikatoren für soziale Inklusion und Gesundheit
|
|
|
|
Quelle: Eurostat, OECD.
|
|
|
|
|
|
Tabelle C.5:Leistungsindikatoren der Produktmärkte und Politikindikatoren
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission; Weltbank: Doing Business (Daten zur Vertragsdurchsetzung und Zeitaufwand für eine Unternehmensgründung), OECD (Indikatoren der Produktmarktregulierung), SAFE (Ausgang von KMU-Anträgen auf Bankkredite).
|
|
|
|
|
|
Tabelle C.6:Grünes Wachstum
|
|
|
|
Quelle: Europäische Kommission und Europäische Umweltagentur (Anteil der vom ETS abgedeckten THG-Emissionen); Europäische Kommission (Verhältnis der Umweltbesteuerung zur Arbeitsbesteuerung und zum BIP); Eurostat (alle anderen Indikatoren).
|
Anhang D: Investitionsleitlinien für den Fonds für einen gerechten Übergang (Zeitraum 2021–2027, Deutschland)
In diesem Anhang(
) legt die Kommission ausgehend von ihrem Vorschlag die nach ihrer Sicht und nach aktuellem Kenntnisstand vorrangigen Investitionsbereiche sowie die Rahmenbedingungen für eine wirksame Umsetzung des Fonds für einen gerechten Übergang im Zeitraum 2021-2027 in Deutschland dar. Diese prioritären Investitionsbereiche ergeben sich aus einer umfassenden Analyse der Gebiete, die sich aufgrund des Übergangs der Union zu einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 in Deutschland vor schwerwiegende sozio-ökonomische Herausforderungen gestellt sehen. Dieser Anhang bildet die Grundlage für den Dialog zwischen Deutschland und den Kommissionsdienststellen und liefert den Mitgliedstaaten eine Orientierung für die Aufstellung ihrer territorialen Pläne für einen gerechten Übergang, die wiederum die Grundlage für die Programmierung des Fonds für einen gerechten Übergang darstellen. Die Investitionen dieses Fonds ergänzen die Investitionen aus kohäsionspolitischen Mitteln, für die in Anhang D des Länderberichts Deutschland 2019(
) Leitlinien ausgegeben worden waren.
Am härtesten vom Ausstieg aus der Kohleverstromung und vom strukturellen Übergang zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft betroffen sein wird das Lausitzer Revier in Ostdeutschland. Es besteht aus sieben Regionen (Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Dahme-Spreewald, Spree-Neiße und Cottbus, alle in Brandenburg, sowie Bautzen und Görlitz in Sachsen). In diesen Regionen sind etwa 8 300 Menschen direkt im Braunkohlebergbau beschäftigt. 1,24 % der dortigen Beschäftigten (4 900 Menschen im Jahr 2016) könnten indirekt vom Strukturwandel betroffen sein.
Das zweite betroffene Gebiet ist das aus acht Regionen bestehende Mitteldeutsche Revier (Leipzig, Stadt Leipzig und Nordsachsen im Bundesland Sachsen und Burgenlandkreis, Saalekreis, Stadt Halle, Mansfeld-Südharz und Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt). Obwohl der Anteil der direkt und indirekt im Braunkohlesektor Beschäftigten dort niedriger ist (0,32 %, d. h. 2 400 Arbeitnehmer, bzw. 0,2 %, d. h. 1 400 Arbeitnehmer im Jahr 2016), wird das Mitteldeutsche Revier wegen ausgesprochen geringer Innovation und sehr niedrigem Forschungspotenzial sowie einer rasch alternden Bevölkerung vor Herausforderungen stehen.
Ebenfalls betroffen sein wird das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen. Dort sind 8 960 Menschen direkt im Braunkohlebergbau beschäftigt (was 2016 1,13 % der Erwerbsbevölkerung entsprach) und könnten 5 380 Menschen indirekt betroffen sein. Am stärksten betroffen sind hier Düren, der Rhein-Erft-Kreis und der Rhein-Kreis Neuss.
Von dieser vorläufigen Bewertung ausgehend scheint es angezeigt, die Interventionen des Fonds für einen gerechten Übergang auf diese drei Gebiete zu konzentrieren, wobei berücksichtigt werden sollte, dass das Rheinisches Revier über größere eigene Kapazitäten verfügt, um die umstellungsbedingten Herausforderungen zu bewältigen.
In den betroffenen Gebieten wird der Kohleausstieg die Arbeitslosenproblematik verstärken. Um diese umstellungsbedingten Herausforderungen anzugehen, wurde Investitionsbedarf im Hinblick darauf ermittelt, das Wachstumspotenzial der in diesen Gebieten ansässigen Unternehmen zur Schaffung einer erheblichen Anzahl alternativer Industriearbeitsplätze zu nutzen. Trotz allem wird die Wirtschaft in den drei Gebieten einen erheblichen Strukturwandel vollziehen müssen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Investitionen vorrangig auf die Diversifizierung der regionalen Wirtschaft und die stärkere Verlagerung auf eine wissens- und dienstleistungsbasierte Wirtschaft abzielen. Weiterer Investitionsbedarf wurde bei der Dämpfung der sozio-ökonomischen Kosten des Übergangs festgestellt. Die Strategie der Bundesländer für eine intelligente Spezialisierung
bietet einen wichtigen Rahmen, um Innovationsprioritäten zur Förderung des strukturellen Wandels in den drei Revieren festzulegen. Diese könnten durch Maßnahmen des Fonds für einen gerechten Übergang insbesondere in folgenden Bereichen ergänzt werden:
·Produktive Investitionen in KMU, auch in Start-ups, die wirtschaftliche Diversifizierung und Umstellung bewirken
·Investitionen in Unternehmensneugründungen, auch durch Gründerzentren und Beratungsdienste
·Investitionen in Forschung und Innovation und Förderung des Transfers fortgeschrittener Technologien
·Investitionen in den Einsatz von Technologien und Infrastrukturen für erschwingliche saubere Energie, in die Verringerung der Treibhausgasemissionen, in die Energieeffizienz und in erneuerbare Energien
·Investitionen in Digitalisierung und digitale Konnektivität
·Investitionen in die Förderung der Kreislaufwirtschaft, unter anderem durch Abfallvermeidung, -reduzierung, Ressourceneffizienz, Wiederverwendung, Reparatur und Recycling
·Weiterqualifizierung und Umschulung von Beschäftigten
·Aktive Eingliederung von Arbeitsuchenden
·Investitionen in die Sanierung und Dekontaminierung von Standorten sowie in Projekte zur Wiederherstellung und Umwidmung von Flächen
·Technische Unterstützung.
Anhang E: Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG)
Beurteilung der kurzfristigen Fortschritte Deutschlands bei der Verwirklichung der SDG()
Tabelle E.1 zeigt, wie Deutschland und die EU-28 bei den Indikatoren des EU-SDG-Indikatorensatzes abschneiden, den Eurostat zur
Verfolgung der Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG in der EU
() verwendet. Da der kurzfristige Trend auf EU-Ebene anhand eines Fünfjahreszeitraums beurteilt wird, sind sowohl der Wert zu Beginn dieses Zeitraums als auch der letzte verfügbare Wert angegeben. Die Indikatoren sind der Eurostat-Website
(Unterseite: Indikatoren für nachhaltige Entwicklung)
zu entnehmen und werden dort regelmäßig aktualisiert.
|
|
|
Tabelle E.1:Indikatoren für die Messung der Fortschritte Deutschlands bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele
|
|
|
|
|
|
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
|
|
Tabelle (Fortsetzung)
|
|
|
|
|
|
|
|
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
|
|
Tabelle (Fortsetzung)
|
|
|
|
|
|
|
|
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
|
|
Tabelle (Fortsetzung)
|
|
|
|
|
|
|
|
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
|
|
Tabelle (Fortsetzung)
|
|
|
|
|
|
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
|
|
|
|
Tabelle (Fortsetzung)
|
|
|
|
|
|
Quelle: Eurostat
|
|
|
Quellenverzeichnis
Arslanalp, S., Bornhorst., F., Gupta, S., und Sze, E. (2010), Public Capital and Growth. IMF Working Paper 10/175, IWF.
Autorengruppe Bildungsberichtersattung (2018), Bildung in Deutschland 2018. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung. Bielefeld (
https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2018/pdf-bildungsbericht-2018/bildungsbetaxricht-2018.pdf
).
Bach, S., Thiemann, A. (2016), Inheritance Tax Revenue Low Despite Surge in Inheritances. DIW Economic Bulletin 4+5 2016, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin.
Bach, S., Thiemann, A. und Zucco, A. (2019), Looking for the missing rich: tracing the top tail of the wealth distribution. International Tax and Public Finance 26(6), S. 1234-1258
Bardt, H., Dullien, S., Hüther, M. und Rietzler, K. (2019), „Für eine solide Finanzpolitik: Investitionen ermöglichen!“, IW – Policy Paper Nr. 10/19 und IMK Report Nr. 152, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Düsseldorf, Deutschland.
Bauer, P., Fedotenkov, I., Genty, A., Hallak, I., Harasztosi, P., Martinez Turegano, D., Nguyen, D., Preziosi, N., Rincon-Aznar, A. und Sanchez Martinez, M. (2020), Productivity in Europe: Trends and Drivers in a Service-Based Economy. Technischer Bericht der GFS. Gemeinsame Forschungsstelle, Brüssel, Belgien.
Bertels, C., (2019), Top Incomes in Germany, 1871-2014. The Journal of Economic History, 79(3), S. 669-707
bitkom (2019), Erstmals mehr als 100.000 unbesetzte Stellen für IT-Experten, bitkom, Berlin (
https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Erstmals-mehr-100000-unbesetzte-Stellen-fuer-IT-Experten
).
Blömer, M., Dörr, L., Fuest, C., Mosler, M., Peichl, A. und Potrafke, N. (2019), Was bei einer Reform des Solidaritätszuschlags zu beachten ist, ifo Institut, München, 2019, ifo Schnelldienst, 2019, 72. Jahrgang, Nr. 16.
Breiter, A., Zeising, A. und Stolpmann, B. E. (2017), IT-Ausstattung an Schulen: Kommunen brauchen Unterstützung für milliardenschwere Daueraufgabe, Bertelsmann Stiftung, November 2017 (
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/IB_Impulspapier_IT_Ausstattung_an_Schulen_2017_11_03.pdf
).
Brenke, K. und Pfannkuche, J. (2018), Konsum und Sparquote der privaten Haushalte hängen stark vom Erwerbsstatus, Einkommen und Alter ab, DIW-Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, 85. Jahrgang, Nr. 10, S. 181-191.
Breyer, F. und Hupfeld, S. (2009), Fairness of Public Pensions and Old-Age Poverty. FinanzArchiv/Public Finance Analysis, Jahrgang 65, Heft 3, S. 358-380.
Brülhart, M., Dupertuis D. und Moreau E. (2018), Inheritance Flows in Switzerland, 1911-2011, Swiss Journal of Economics and Statistics 154, Artikel Nr. 8.
Bültmann-Hinz, Barbara (2019), Wohnen in der Sackgasse? Holzwege, Irrwege, Auswege. Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Heft Nr. 147, Stiftung Marktwirtschaft, Berlin.
Bundesagentur für Arbeit (2018), Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt. Dezember 2018. Fluchtmigration.
Bundesagentur für Arbeit (2019a), Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt. Juli 2019. Aktuelle Entwicklungen in der Zeitarbeit.
Bundesagentur für Arbeit (2019b), Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt. Mai 2019. Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich.
Bundesamt für Naturschutz (BFN) (2019), Nationaler Bericht nach Art. 17 FFH-Richtlinie in Deutschland (
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/natura2000/Dokumente/EinzelberichteAnnexA_20190821.pdf
).
Bundesbank (2019), Monatsbericht September 2019, 71. Jahrgang, Nr. 9, Bundesbank, Frankfurt am Main.
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) (2019), Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2019. Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung, Bonn (
https://www.bibb.de/dokumente/pdf/bibb_datenreport_2019.pdf
).
Bundesministerium der Finanzen (BMF) (2019), 27. Subventionsbericht des Bundes (
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2019-11-06-Subventionsbericht.html
).
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2017), Lebenslagen in Deutschland. Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. April 2017. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2019), Rentenversicherungsbericht 2019.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2018), Forschung und Innovation für die Menschen. Die Hightech-Strategie 2025, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (
https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/Forschung_und_Innovation_fuer_die_Menschen.pdf
).
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2019), Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit des Gesetzes zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern, sowie zum Stand der Umsetzung des Entgeltgleichheitsgebots in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten. Deutscher Bundestag Drucksache 19/11470 (
https://www.bmfsfj.de/blob/jump/137224/bericht-der-br-foerderung-entgelttransparenz-data.pdf
).
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (2016), Klimaschutzplan 2050 Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Berlin.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (2018), „GreenTech made in Germany: Umwelttechnik-Atlas für Deutschland“, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Berlin (
https://www.bmu.de/publikation/greentech-made-in-germany-2018-umwelttechnik-atlas-fuer-deutschland/
).
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019), Kommission WSB (Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung), Abschlussbericht (
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/abschlussbericht-kommission-wachstum-strukturwandel-und-beschaeftigung.pdf?__blob=publicationFile
).
Bundesrechungshof (2017), Bericht über die Feststellungen zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung des Bundes – Herausforderungen und Handlungsoptionen für die 19. Wahlperiode
Cedefop, (2018), 2018 Skills forecast, Germany (
http://www.cedefop.europa.eu/de/events-and-projects/projects/forecasting-skilldemand-and-supply
).
Cléaud, G., de Castro Fernández, F., Durán Laguna, J., Granelli, L., Hallet, M., Jaubertie, A., Maravall Rodriguez, C., Ognyanova, D., Palvolgyi, B., Tsalinski, T., Weißschädel, K.-Y. und J. Ziemendorff (2019), Cruising at Different Speeds: Similarities and Divergences between the German and the French Economies, European Economy, Discussion paper 103, Juli 2019, ISSN 2443-8022 (Online-Veröffentlichung), Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/economy-finance/dp103_en.pdf
).
Coutinho, L., Turrini, A. und Zeugner, S. (2018), Methodologies for the Assessment of Current Account Benchmarks, European Economy - Discussion Paper 86, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg.
De Agostini, P., Capéau B., Decoster A., Figari F., Kneeshaw J., Leventi C., Manios K., A. Paulus A., H. Sutherland H. und Vanheukelom T., (2017), EUROMOD Extension to Indirect Taxation: Final Report, EUROMOD Technical Note EMTN 3.0, Colchester: Institute for Social and Economic Research, University of Essex.
Dehio, J. und Schmidt, T. (2018), „Gesamt- und regionalwirtschaftliche Bedeutung des Braunkohlesektors und Perspektiven für die deutschen Braunkohleregionen“, RWI Materialien Heft 126, RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
Deutsche UNESCO-Kommission (DUK) (2019), Weltbildungsbericht 2018. Kurzfassung (
https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000265996_ger
).
Deutscher Kitaleitungskongress (DKLK) (2019), Befragung zur Wertschätzung und Anerkennung von Kita-Leitungen, Deutscher Kitaleitungskongress (DKLK) (
https://www.deutscher-kitaleitungskongress.de/assets/documents/pressemitteilungen/dklk/DKLK_Studie_2019.pdf
).
Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB) (2019), Statement zum Gute-KiTa-Gesetz: Qualität vor Beitragsfreiheit!, 1. August 2019, (
https://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Aktuelles/2020/Statement%20zum%20Gute-KiTa-Gesetz%3A%20Qualität%20vor%20Beitragsfreiheit!/
).
DIW (2019), Lenkung, Aufkommen, Verteilung: Wirkungen von CO2-Bepreisung und Rückvergütung des Klimapakets. Von Stefan Bach, Niklas Isaak, Claudia Kemfert und Nicole Wägner. Nr. 24 — 17. Oktober 2019 (
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.683685.de/diw_aktuell_24.pdf
).
Dominguez-Torreiro, M., Caperna, G. und Saisana, M. (2018), The JRC Statistical Audit of the Retail Restrictiveness Indicator, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Kommission, Luxemburg, ISBN 978-92-79-98382-5, doi:10.2760/137321, JRC111579.
Edenhofer, O., Flachsland, C., Kalkuhl, M., Knopf, B. und Pahle, M. (2019), Optionen für eine CO2-Preisreform, MCC-PIK-Expertise für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Arbeitspapier 04/2019, Wiesbaden (
https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/B2.3_Publications/Working%20Paper/2019_MCC_Optionen_für_eine_CO2-Preisreform_final.pdf
).
Eichhorst, W., Marx, P., Schmidt, T., Tobsch, V., Wozny, F. und Linckh, C. (2019), „Geringqualifizierte in Deutschland. Beschäftigung, Entlohnung und Erwerbsverläufe im Wandel. Bertelsmann Stiftung, 2019.
Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) (2018), 2018 EU-wide Stress Test Results. 2. November 2018. (
https://eba.europa.eu/file/26198/download?token=AO39Tj94
)
Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) (2019), Basel III reforms: Impact study and key recommendations. (https://eba.europa.eu/sites/default/documents/files/documents/10180/2886865/62e63ce7-2e78-445e-be66-5afacf54c7b7/Basel%20III%20reforms%20-%20Impact%20study%20and%20key%20reccomendations.pdf?retry=1)
Europäische Kommission (2015), Länderbericht Deutschland 2015, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/cr2015_germany_de_0.pdf
).
Europäische Kommission (2016), Länderbericht Deutschland 2016, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/cr2016_germany_de.pdf
).
Europäische Kommission (2017a), Länderbericht Deutschland 2017, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2017-european-semester-country-report-germany-de.pdf
).
Europäische Kommission (2017b), Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über Reformempfehlungen für die Berufsreglementierung, COM(2016) 820 final.
Europäische Kommission (2018a), Länderbericht Deutschland 2018, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2018-european-semester-country-report-germany-de.pdf
).
Europäische Kommission (2018b), In-depth analysis in support of the Commission Communication COM(2018) 773 Europäische Kommission, Brüssel. (
https://ec.europa.eu/clima/sites/clima/files/docs/pages/com_2018_733_analysis_in_support_en_0.pdf
)
Europäische Kommission (2019a), European Economic Forecast, Herbst 2019, European Economy - Institutional papers 115, November 2019, Europäische Kommission, Brüssel.
Europäische Kommission (2019b), Länderbericht Deutschland 2019, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/2019-european-semester-country-report-germany_de.pdf
).
Europäische Kommission (2019d), Employment and Social Developments in Europe. Sustainable growth for all: choices for the future of Social Europe, Europäische Kommission, Brüssel.
Europäische Kommission (2019e), PISA 2018 and the EU, Striving for social fairness through education, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/education/resources-and-tools/document-library_en
).
Europäische Kommission (2019f), Single Market Performance Report 2019, Dezember 2019, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Brüssel.
Europäische Kommission (2019g), Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI), Länderbericht 2019 - Deutschland, Europäische Kommission, Brüssel (
https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/scoreboard/germany
).
Europäische Kommission (2019h), European Construction Sector Observatory - Country profile Germany, Europäische Kommission, September 2019, Brüssel.
Europäische Kommission (2019i), 2019 SBA Factsheet Germany, Europäische Kommission, November 2019, Brüssel.
Europäische Kommission (2019j), Employment and Social Developments in Europe (ESDE). Sustainable growth for all: choices for the future of Social Europe, Europäische Kommission, Brüssel.
Europäische Kommission (2020), Tax Policies in the European Union, 2020 Survey.
Europäische Kommission (2020), Taxation Trends Report 2020, Europäische Kommission, Brüssel.
Europäische Kommission/Europäische Zentralbank (2019), Survey on the access to finance of enterprises (SAFE), November 2019, Europäische Kommission/Europäische Zentralbank (
https://ec.europa.eu/growth/access-to-finance/data-surveys_de
).
Europäische Umweltagentur (EUA) (2019), Air Quality in Europe – 2019 Report, EUA-Bericht Nr. 10/2019, Kopenhagen.
Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (2019), Jahresgutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2019, Berlin. [Kap 4.2 – Kapitalmarktunion]
Flachenecker, F. und Kornejew, M. (2019), „The causal impact of material productivity on microeconomic competitiveness and environmental performance in the European Union“, Environmental Economics and Policy Studies. 21:1, S. 87-122 (
https://doi.org/10.1007/s10018-018-0223-z
).
Flachenecker, F., Gavigan, J., P., Goenaga, X., Pasi, G., Preziosi, N., Stamenov, B. und Testa, G. (2020), High Growth Enterprises: demographics, financing & policy measures, Technischer Bericht der GFS, Gemeinsame Forschungsstelle, Brüssel, Belgien.
Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer IAO) (2018), „Wirkungen der Fahrzeug-Elektrifizierung auf die Beschäftigung am Standort Deutschland (ELAB)“, November 2018 (
https://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/images/iao-news/elab20.pdf
).
Gornig, M. (2019), Investitionslücke in Deutschland: Und es gibt sie doch! Vor allem Kommunen sind arm dran, DIW Berlin, Nr. 19 – 14. Mai 2019 (
https://www.diw.de/de/diw_01.c.621741.de/publikationen/diw_aktuell/2019_0019/investitionsluecke_in_deutschland_und_es_gibt_sie_doch_vor_allem_kommunen_sind_arm_dran.html
).
Gottschalk, S., Egeln, J., Herrmann, F., Hupperts, S., Reuss, K., Köhler, M., Bersch, J., und Wagner, S. (2016), Evaluation des Förderprogramss „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“: Projektbericht an das Bunderministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim (
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/I/invest-evaluierung-langfassung.pdf
).
Grainger, C. A. und Kolstad, C.D. (2010), Who pays a price on carbon?, Environmental and Resource Economics 46 (3), S. 359–376.
Haan, P., Kemptner, D. und Lüthen, H. (2019), The rising longevity gap by lifetime earnings–Distributional implications for the pension system, The Journal of the Economics of Ageing, 100199.
Hanesch, W. (2019), ESPN Thematic Report on National strategies to fight homelessness and housing exclusion - Germany, Europäisches Netzwerk für Sozialpolitik, Brüssel.
Hassett, K. A., Mathur, A. und Metcalf, G. E. (2009), The incidence of a U.S. carbon tax: A lifetime and regional analysis, The Energy Journal 30 (2), S. 155–177.
Henger, R. M. und Voigtländer, M. (2019), Ist der Wohnungsbau auf dem richtigen Weg? Aktuelle Ergebnisse des IW-Wohnungsbedarfsmodells, IW-Report 28/2019. Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln. (
https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Report/PDF/2019/IW-Report_2019_Wohnungsbaubedarfmodell.pdf
).
Hünnekes, F., Schularick, M. und Trebesch, C. (2019), „Kapitalexport ist ein Milliardengrab“, Wirtschaftspolitischer Beitrag, Kiel Focus (
https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=13576&L=1
).
Hüther, M. (2019), Statement, Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Pressekonferenz, 18. November 2019, Berlin (
https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Presse/Presseveranstaltungen/2019/PK-Statement-Michael-Huether.pdf
).
Hutter, C., Klinger, S., und Weber, E. (2019), Zeitarbeitsbranche: rückläufige Beschäftigung. Wirtschaftsdienst, 99. Jahrgang, Heft 6, S. 401-403.
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) (2019), Mint-Frühjahrsreport, Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Köln (
https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2019/MINT-Fr%C3%BChjahrsreport_2019.pdf
).
Institut für Bauforschung (2018), Analyse der Entwicklung der Bauschäden und der Bauschadenkosten – Update 2018, Institut für Bauforschung, Hannover.
Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) (2019), Global assessment report on biodiversity and ecosystem services, IPBES Secretariat, Bonn, Deutschland (
https://ipbes.net/global-assessment-report-biodiversity-ecosystem-services
).
International Resource Panel (2019), Natural Resource Use in the Group of 20: Status, Trends, and Solutions – Germany. UN Environment, Nairobi, Kenya (
https://www.resourcepanel.org/reports/natural-resource-use-group-20
).
Internationaler Währungsfonds (IWF) (2018), Article IV Consultation Staff Report – Germany, IMF Country Report No. 18/208, Juli 2018, Internationaler Währungsfonds (IWF), Washington D.C.
Internationaler Währungsfonds (IWF) (2019), Article IV Consultation Staff Report – Germany, IMF Country Report No. 19/213, Juli 2019, Internationaler Währungsfonds (IWF), Washington D.C.
Invest Europe (2019), European Private Equity Activity Report 2018, Invest Europe, Brüssel.
Kemfert, C., Schill, W.-P., Wägner, N. und Zaklan, A. (2019), „Umweltwirkungen der Ökosteuer begrenzt, CO2-Bepreisung der nächste Schritt“, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, 86. Jahrgang, Nr. 13, S. 215-221.
Kholodilin, K. und Kohl, S. (2019), Die Regulierung des Wohnungsmarkts hat weltweit zum Siegeszug des Eigenheims beigetragen, DIW Wochenbericht 38/2019.
Klemm, K. und Zorn, D. (2019), Lehrkräfte dringend gesucht. Bedarf und Angebot für die Primarstufe. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/BST-17-032_Broschuere-Lehrkraefte_dringend_gesucht_GESAMT_WEB.pdf
).
Koch, T. und Neumann, M. (2019), Wer baut Deutschland? Inventur zum Bauen und Wohnen 2019, Studie zum Wohnungsbautag 2019, Prognos AG, Berlin.
Kohaut, S. (2019), Tarifbindung: Weiterhin deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland, IAB-Forum 22. Mai 2019 (
https://www.iab-forum.de/tarifbindung-weiterhin-deutliche-unterschiede-zwischen-ost-und-westdeutschland/
).
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) (2019a), KfW-Kommunalpanel 2019, Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Frankfurt am Main (
https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Kommunalpanel/KfW-Kommunalpanel-2019.pdf
).
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) (2019b), KfW-Gründungsmonitor 2019 Gründungstätigkeit in Deutschland stabilisiert sich: Zwischenhalt oder Ende der Talfahrt?, Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Frankfurt am Main (
https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Gr%C3%BCndungsmonitor/KfW-Gruendungsmonitor-2019.pdf
).
Lampert, T., Kroll, L. E., Kuntz, B. und Hoebel, J. (2018), Health inequalities in Germany and in international comparison: trends and developments over time, Journal of Health Monitoring, 2018, Sonderausgabe 1.
Luy, M., Wegner-Siegmundt, C., Wiedemann, A. und Spijker, J. (2015), Life expectancy by education, income and occupation in Germany: estimations using the longitudinal survival method. Comparative Population Studies-Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, 40(4), S. 339-436.
Material Economics (2018), The Circular Economy - a powerful force for climate mitigation. Stockholm (
https://materialeconomics.com/publications/the-circular-economy-a-powerful-force-for-climate-mitigation-1
).
OECD (2016) The Economic Consequences of Outdoor Air Pollution, OECD Publishing, Paris (
http://dx.doi.org/10.1787/9789264257474-en
).
OECD (2018), OECD-Wirtschaftsberichte Deutschland, Juni 2018, Paris.
OECD (2019a), Pensions at a Glance 2019: OECD and G20 Indicators, OECD Publishing, Paris (
https://doi.org/10.1787/b6d3dcfc-en
).
OECD (2019b), PISA 2018 Ergebnisse (Band I): Was Schülerinnen und Schüler wissen und können, PISA, OECD Publishing, Paris (
https://doi.org/10.1787/1da50379-de
).
OECD (2019c), PISA 2018 Results (Bd. II): Where All Students Can Succeed, PISA, OECD Publishing, Paris (
https://doi.org/10.1787/b5fd1b8f-en
).
OECD (2019d). PISA 2018, OECD Publishing, Paris.
OECD (2019e), Skills Strategy 2019.
OECD (2019f), Making Decentralisation Work: A Handbook for Policy-Makers, OECD Multi-level Governance Studies, OECD Publishing, Paris (
https://doi.org/10.1787/g2g9faa7-en
).
OECD (2019g), Indicators of Product Market Regulation 2018, Paris.
OECD (2020), PISA 2018 Results (Bd. III): What School Life Means for Students’ Lives, PISA, OECD Publishing, Paris (
https://doi.org/10.1787/acd78851-en
).
OECD/European Observatory on Health Systems and Policies (2019), Deutschland: Länderprofil Gesundheit 2019, State of Health in the EU, OECD Publishing, Paris/European Observatory on Health Systems and Policies, Brüssel (
https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/state/docs/2019_chp_de_german.pdf
).
Peichl, A., Buhlmann, F. und Loeffler, M. (2017), Grenzbelastungen im Steuer- Abgaben- und Transfersystem.
Pellens, M., Rammer, C. und Flachenecker, F. (2020), RIO Country Report 2019: Germany, Gemeinsame Forschungsstelle, Brüssel, Belgien (verfügbar auf dem Scientific Knowledge Portal der GFS).
Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2019), Konjunkturbericht Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2019: Industrie in der Rezession – Wachstumskräfte schwinden. Gemeinschaftsdiagnose, #2/2019 (
http://gemeinschaftsdiagnose.de/wp-content/uploads/2019/10/GD_H19_Langfassung_online.pdf
).
Reiss, K., Weis, M., Klieme, E. und Köller, O. (2019), PISA 2018, Grundbildung im internationalen Vergleich, Waxmann, (
https://www.pisa.tum.de/fileadmin/w00bgi/www/Berichtsbaende_und_Zusammenfassungungen/PISA_2018_Berichtsband_online_29.11.pdf
).
République française (2019), „Financement de la transition écologique : les instruments économiques, fiscaux et budgétaires au service de l‘environnement et du climat“, Jaune budgétaire annexé au projet de loi de finances pour 2020 (
https://www.performance-publique.budget.gouv.fr/sites/performance_publique/files/farandole/ressources/2020/pap/pdf/jaunes/Jaune2020_transition_ecologique.pdf
).
Rodriguez-Palenzuela, D., und Dees, S. (2016). Savings and investment behaviour in the euro area. ECB Occasional Paper, Nr. 167
Sachverständigenrat für Umweltfragen (2018), Die Klagetätigkeit der Umweltschutzverbände im Zeitraum von 2013 bis 2016: Empirische Untersuchung zu Anzahl und Erfolgsquoten von Verbandsklagen im Umweltrecht, März 2018, Berlin.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2019a), Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik, Sondergutachten 2019, Juli 2019, Wiesbaden (
https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/sondergutachten-2019.html
).
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2019b), Jahresgutachten 2019/20, November 2019, Berlin.
Sagner, P. und Voigtländer, M. (2019), Volkswirtschaftliche Folgen des Berliner Mietendeckels. IW-Gutachten. Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln.
Sekretariat der Kultusministerkonferenz (Sekretariat der KMK) (2018), Statistische Veröffentlichungen der Kultusministerkonferenz Nr. 2013 Mai 2018. Vorausberechnungen der Schüler und Studentenzahlen 2016 – 2030, Sekretariat der Kultusministerkonferenz (Sekretariat der KMK) (
https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/Dok_213_Vorausberechnung_der_Schueler-und_Absolventen.pdf
).
Spiess, K. C. (2019), Gute-Kita-Gesetz: Besser Qualitäts- als Gebührenwettbewerb, DIW Wochenbericht Nr. 19 / 2019, S. 356.
Thunis, P., Degraeuwe, B., Pisoni, E., Trombetti, M., Peduzzi, E., Belis, C.A., Wilson, J. und Vignati, E. (2017), Urban PM2.5 Atlas - Air Quality in European cities, Bericht der GFS, JRC108595. EN, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. Luxemburg, ISBN 978-92-79-73876, doi:10.2760/336669.
Umweltbundesamt (UBA) (2019), „Reale Stickoxid-Emissionen von Diesel-Pkw nach wie vor zu hoch“ aufbauend auf Handbuch für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs 4.1 (
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/dokumente/20190920_hbefa41_release_hintergrunddokument_v2.pdf
).
Weltbank (2019), Doing Business 2019: Training for Reform, 16. Ausgabe, Weltbank, Washington, DC.
Wößmann, L., Lergetporer, P., Grewenig, E., Kersten, S., Kugler, F. und Werner, K. (2019), „Was die Deutschen über Bildungsungleichheit denken. Ergebnisse des ifo Bildungsbarometers 2019“, ifo Schnelldienst, ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, 72. Jahrgang, Nr. 17, September 2019 (
https://www.ifo.de/DocDL/sd-2019-17-woessmann-etal-bildungsbarometer-2019-09-12.pdf
).
Wuppertalinstitut (2019), (
https://wupperinst.org/themen/ressourcen/
).
ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim (2019), Innovationen in der deutschen Wirtschaft. Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2018, Januar 2019, Mannheim (
http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/mip/18/mip_2018.pdf
).
-
(I)
()Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischer Sozialfonds (ESF). In den Angaben ist die nationale Kofinanzierung enthalten.
-
(II)
()https://cohesiondata.ec.europa.eu/countries/DE
-
(III)
()Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). In der Angabe ist die nationale Kofinanzierung enthalten.
-
(IV)
()Die Leistungsüberprüfung ist in Artikel 22 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 geregelt, wonach 5-7 % der insgesamt zugewiesenen Mittel an erfolgreiche Prioritätsachsen der operationellen Programme gehen.
-
(V)
()Ausführliche Informationen zum QUEST-Modell und dessen Anwendung unter: http://ec.europa.eu/economy_finance/research/macroeconomic_models_en.htm.
-
(VI)
()Den letzten Haushaltsprognosen für Deutschland zufolge (Europäische Kommission 2019a) wäre eine solche Erhöhung der öffentlichen Investitionen mit den Anforderungen des SWP zu vereinbaren.
-
(VII)
()Im Klimakabinett vertreten sind die Bundeskanzlerin und sechs Ministerinnen bzw. Minister (Umwelt, Finanzen, Wirtschaft, Bau, Verkehr und Landwirtschaft).
-
(VIII)
()Wohlgemerkt stand bei der Studie nur die CO2-Bepreisung im Fokus, ohne dass die Wirkung der im Programm enthaltenen zusätzlichen sektorspezifischen Maßnahmen, die als schwer quantifizierbar angesehen wurde, berücksichtigt worden wäre.
-
(IX)
()Werden über Regressionsmodelle andere soziodemografische Merkmale abgebildet, erhöhen sich die jährlichen CO2-Emissionen je 100 EUR verfügbares Monatseinkommen um durchschnittlich 2 %. Die Heterogenität zwischen den Dezilen spiegelt sich nicht nur im absoluten CO2-Verbrauch wider. Im untersten Einkommensdezil entsteht CO2 fast zur Hälfte aus dem Wärme- und Stromverbrauch, während in den höheren Einkommensdezilen die Bedeutung von individueller Mobilität sowie Waren- und Dienstleistungskonsum steigt.
-
(X)
()In einem ersten Schritt werden die Ausgaben der privaten Haushalte für 16 Warengruppen mittels Engel-Kurven, die anhand der nationalen Erhebungen über die Wirtschaftsrechnungen der privaten Haushalte geschätzt werden, EUROMOD-Daten (auf Basis von EU-SILC) zugerechnet. Die Daten ermöglichen es, bei der Simulation nur den Energieverbrauch der privaten Haushalte für Heizung und Transport zu erfassen, und können durch zu hohe oder zu niedrige Angaben über die Ausgaben beeinflusst werden. In einem zweiten Schritt wendet das Tool geschätzte implizite Steuersätze (bezogen auf die Verbraucherpreise) an, um die indirekten Steuerverbindlichkeiten der Haushalte für die verschiedenen Warengruppen zu berechnen. Bei dem Tool werden vollkommene Steuerehrlichkeit und eine vollständige Weitergabe der indirekten Steuern an die Verbraucher angenommen. Eine ausführliche Erläuterung der Methodik findet sich in De Agostini et al. (2017).
-
(XI)
()Der Betrag je Haushalt wird als gewichteter Anteil bewertet, wobei die Zusammensetzung des Haushalts nach der OECD-Äquivalenzskala berücksichtigt wird (der/die Haupteinkommensbeziehende wird mit 1 gewichtet, die anderen Mitglieder über 14 Jahren mit 0,5 und Kinder unter 14 Jahren mit 0,3). Die Leistung ist vom restlichen Steuer- und Sozialleistungssystem unabhängig, d. h. der Anspruch auf sonstige soziale Geldleistungen bleibt unberührt.
-
(XII)
()Berücksichtigt wurden die Verfahren sowie der Zeit- und Kostenaufwand für die Erledigung aller Formalitäten für den Bau eines Lagers sowie Qualitätskontroll- und Sicherheitsmechanismen im Baugenehmigungssystem.