EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.5.2020
COM(2020) 516 final
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2020
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 20.5.2020
COM(2020) 516 final
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2020
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Luxemburgs 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Luxemburgs 2020
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission,
unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,
unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,
nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum an, mit der das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2020 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Luxemburg nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission ferner eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an.
(2)Der Länderbericht Luxemburg 2020 2 wurde am 26. Februar 2020 veröffentlicht. Darin werden die Fortschritte Luxemburgs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 9. Juli 2019 3 , bei der Umsetzung der Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.
(3)Am 11. März 2020 wurde der COVID-19-Ausbruch von der Weltgesundheitsorganisation offiziell zur weltweiten Pandemie erklärt. Diese hat eine öffentliche Gesundheitskrise mit weitreichenden Folgen für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften und Volkswirtschaften verursacht. Sie setzt die nationalen Gesundheitssysteme unter erheblichen Druck, unterbricht die globalen Lieferketten, verursacht Volatilität an den Finanzmärkten, führt zu Schocks bei der Verbrauchernachfrage und zieht eine Vielzahl von Branchen in Mitleidenschaft. Sie bedroht die Arbeitsplätze und Einkommen der Menschen und die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Die Folgen des durch sie verursachten schweren wirtschaftlichen Schocks sind in der Europäischen Union bereits stark spürbar. Am 13. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung 4 angenommen, in der zu einer koordinierten wirtschaftlichen Reaktion unter Einbeziehung aller Akteure auf nationaler und auf Unionsebene aufgerufen wird.
(4)Mehrere Mitgliedstaaten haben den Notstand ausgerufen oder Notmaßnahmen eingeführt. Notmaßnahmen müssen unbedingt verhältnismäßig, notwendig und zeitlich begrenzt sein und europäischen wie internationalen Standards entsprechen. Sie sollten demokratischer Kontrolle und einer unabhängigen gerichtlichen Überprüfung unterliegen.
(5)Am 20. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts 5 angenommen. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltene Klausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In ihrer Mitteilung legte die Kommission dem Rat dar, dass die Bedingungen für die Aktivierung der Klausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge des Ausbruchs von COVID-19 zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel unter der Voraussetzung, dass die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dadurch nicht gefährdet wird. Für Mitgliedstaaten, die der korrektiven Komponente unterliegen, kann der Rat auf Empfehlung der Kommission zudem einen überarbeiteten haushaltspolitischen Kurs festlegen. Die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel nicht ausgesetzt. Die Klausel gestattet es den Mitgliedstaaten, von den normalerweise geltenden Haushaltsvorgaben abzuweichen, ermöglicht der Kommission und dem Rat aber zugleich die erforderlichen Koordinierungsmaßnahmen im Rahmen des Pakts.
(6)Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren, die Resilienz der nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, die sozioökonomischen Folgen durch Unterstützung von Unternehmen und Haushalten abzumildern und mit Blick auf die Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit für angemessenen Gesundheitsschutz und angemessene Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Europäische Union sollte die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zu unterstützen. Parallel dazu sollten die Mitgliedstaaten und die Europäische Union gemeinsam die für eine Rückkehr zu normal funktionierenden Gesellschaften und Volkswirtschaften und nachhaltigem Wachstum nötigen Maßnahmen erarbeiten, wobei insbesondere auch dem ökologischen und dem digitalen Wandel Rechnung getragen und sämtliche Lehren aus der Krise gezogen werden sollten.
(7)Die COVID-19-Krise hat deutlich gemacht, wie flexibel der Binnenmarkt auf Ausnahmesituationen reagieren kann. Damit die wirtschaftliche Erholung rasch und reibungslos eingeleitet und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wiederhergestellt werden können, müssen die außergewöhnlichen Maßnahmen, die das normale Funktionieren des Binnenmarkts verhindern, jedoch aufgehoben werden, sobald sie nicht mehr unerlässlich sind. Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass im Gesundheitssektor Krisenvorsorgepläne benötigt werden, die insbesondere auch bessere Beschaffungsstrategien, diversifiziertere Lieferketten und strategische Reserven an wesentlichen Gütern beinhalten. Diese Faktoren sind für die Ausarbeitung umfassenderer Krisenvorsorgepläne von zentraler Bedeutung.
(8)Die einschlägigen Rahmenvorschriften 6 wurden vom Unionsgesetzgeber bereits geändert, damit die Mitgliedstaaten alle nicht abgerufenen Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds dafür einsetzen können, die beispiellosen Folgen der COVID-19-Pandemie einzudämmen. Diese Änderungen werden größere Flexibilität sowie einfachere und straffere Verfahren ermöglichen. Um den Liquiditätsdruck zu verringern, können die Mitgliedstaaten im Rechnungsjahr 2020–2021 bei Mitteln aus dem Unionshaushalt außerdem einen Kofinanzierungssatz von 100 % in Anspruch nehmen. Luxemburg wird ermutigt, diese Möglichkeiten auszuschöpfen, um die am stärksten betroffenen Personen und Wirtschaftszweige zu unterstützen.
(9)Am 30. April 2020 übermittelte Luxemburg sein nationales Reformprogramm 2020 und am 29. April 2020 sein Stabilitätsprogramm 2020. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.
(10)Luxemburg unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
(11)In ihrem Stabilitätsprogramm 2020 geht die Regierung für 2020 von einer Verschlechterung des Gesamtsaldos, d. h. einem Defizit von 8,5 % des BIP aus, während 2019 noch ein Überschuss von 2,2 % des BIP verzeichnet worden war. Im Jahr 2021 soll das Defizit auf 3,0 % des BIP zurückgehen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote, die 2019 auf 22,1 % des BIP gestiegen war, dürfte sich dem Stabilitätsprogramm 2020 zufolge 2020 auf 28,7 % des BIP erhöhen. Die Aussichten für die Gesamtwirtschaft und den Haushalt sind wegen der COVID-19-Pandemie mit großer Unsicherheit behaftet.
(12)In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat Luxemburg im Rahmen eines koordinierten Ansatzes der Union haushaltspolitische Maßnahmen verabschiedet, um die Kapazität seines Gesundheitssystems zu erhöhen, die Pandemie einzudämmen und die besonders betroffenen Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Laut Stabilitätsprogramm 2020 belaufen sich diese haushaltspolitischen Maßnahmen auf 5,5 % des BIP. Zu den Maßnahmen gehören: Verstärkung der Gesundheitsleistungen, Unterstützung für strauchelnde Unternehmen, rückzahlbare Darlehen sowie Kurzarbeitsregelungen, einschließlich für Selbstständige und Grenzgänger. Zusätzlich dazu hat Luxemburg Maßnahmen angekündigt, die sich zwar nicht unmittelbar auf den Haushalt auswirken, aber zur Verbesserung der Liquidität von Unternehmen beitragen werden. Those measures include tax deferrals, loans to small and medium-sized enterprises in temporary financial difficulties and guarantees. Im Gegensatz zum Stabilitätsprogramm 2020 geht die Kommission von einer geringeren Wirkung des Pakets aus, da sie die Steuerstundungen und die Gewährung rückzahlbarer Darlehen nicht als diskretionäre Maßnahme mit Auswirkungen auf den Haushalt betrachtet. Die Behörden gehen hingegen davon aus, dass ein Teil der Steuerstundungen im Bereich der direkten Steuern letztlich Auswirkungen auf den Haushalt haben wird; diese sind im oben genannten Betrag von 5,5 % des BIP enthalten. Zudem wurde ein Teil der mit der Kurzarbeitsregelung zusammenhängenden Kosten als Teil der Wirkung der automatischen Stabilisatoren betrachtet. Insgesamt stehen die von Luxemburg ergriffenen Maßnahmen mit den Leitlinien der Kommissionsmitteilung über eine koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Pandemie im Einklang. Werden diese vollständig umgesetzt und die Haushaltspolitik danach, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, erneut auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage ausgerichtet, wird dies mittelfristig zur Erhaltung tragfähiger öffentlicher Finanzen beitragen.
(13)Gemäß der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission dürfte sich der gesamtstaatliche Saldo Luxemburgs unter Annahme einer unveränderten Politik 2020 auf 4,8 % des BIP und 2021 auf 0,1 % des BIP belaufen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird den Projektionen zufolge 2020 und 2021 weiterhin bei unter 60 % des BIP liegen. Im Vergleich zu den Prognosen der Kommission basiert das Stabilitätsprogramm sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben auf vorsichtigeren Annahmen.
(14)Am 20. Mai 2020 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da sich abzeichnete, dass Luxemburg den Defizit-Schwellenwert von 3 % des BIP im Jahr 2020 überschreiten würde. Insgesamt legt die Analyse nahe, dass das Defizitkriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 nicht erfüllt ist.
(15)Luxemburg verfügt über eines der leistungsstärksten Gesundheitssysteme in der EU. Allerdings sind 49 % der Ärzteschaft und 62 % des Gesundheitspersonals keine inländischen Fachkräfte, womit das System deutlich über der kritischen Obergrenze liegt (entsprechend dem Indikator der Weltgesundheitsorganisation). Im Krisenfall könnten sich demnach mögliche unilaterale Entscheidungen von Nachbarländern negativ auf das luxemburgische Gesundheitssystem auswirken. Luxemburg musste in Rekordzeit kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um die Resilienz seines Gesundheitssystems infolge der COVID-19-Krise zu erhöhen, etwa durch die Mobilisierung von medizinischer Infrastruktur und die Errichtung eines provisorischen Annexbaus eines Krankenhauses sowie die Bereitstellung von Unterkünften in Luxemburg für im Gesundheitswesen tätige Grenzgänger und deren Familien.
(16)Neben der wachsenden Zahl unbesetzter Stellen für Gesundheitsfachkräfte in den vergangenen Jahren dürfte das Gesundheitssystem in Zukunft mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert sein. Im Besonderen ist von einer zunehmenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen von einer alternden Bevölkerung auszugehen, und in den kommenden 15 Jahren werden voraussichtlich zwischen 59 % und 69 % des medizinischen Personals in Rente gehen. Eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des Gesundheitswesens als attraktiver Sektor für Arbeitnehmer werden Innovationen im Bereich des Qualifikationsmixes, die Weiterentwicklung der Berufsprofile, die Aufgabenteilung und die Substitution spielen. Allgemeiner betrachtet gibt es Verbesserungspotenzial bei der Steuerung des Gesundheitssystems und auch bei der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern; die Regierung hat diesbezüglich nun eine weitreichende Reform eingeleitet. Zwar ist die digitale Infrastruktur in Luxemburg bereits recht fortschrittlich, doch laufen immer noch Bemühungen, Lösungen für elektronische Gesundheitsdienste, etwa digitale Lösungen für die Rückerstattung für Dienstleister, umzusetzen. Luxemburg hat einen großen Schwerpunkt auf digitale Technologien wie Hochleistungsrechnen, künstliche Intelligenz, Blockchain und Big Data gelegt, und es verfügt über das Potenzial, diese Entwicklungsmöglichkeiten auszuschöpfen und durch Zusammenarbeit auf Unionsebene einen wesentlichen Beitrag zur Forschungsarbeit zu leisten, die darauf abzielt, das Virus zu neutralisieren und die Infektionszahlen zu drücken. Luxemburg hat zudem ein neues Beihilfesystem für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionsvorhaben im Bereich von für die Bekämpfung von COVID-19 relevanten Produkten eingerichtet, die benötigt werden, um dem aktuellen Ausbruch durch die Entwicklung wirksamer Behandlungen und Impfstoffe effizient entgegenzuwirken.
(17)Der Prognose der Kommission zufolge dürfte die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 auf 6,4 % ansteigen und 2021 wieder auf 6,1 % zurückgehen. Luxemburg hat eine Reihe von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Beschäftigung ergriffen, allen voran die Kurzarbeit. Da die neue Regelung für das Mindesteinkommen (REVIS, „revenu d'inclusion sociale“) aufgrund der seit Januar 2019 bestehenden obligatorischen Registrierung der Empfänger bei der öffentlichen Arbeitsverwaltung bereits zu einem Anstieg der als arbeitslos gemeldeten Personen geführt hat, sollte jedoch ein besonderes Augenmerk auf stärker gefährdete Gruppen gerichtet werden, etwa ältere Arbeitnehmer und Geringqualifizierte. Diese stärker gefährdeten Personen würden unter einem schärferen Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der COVID-19-Krise am meisten leiden. Andere gefährdete Personen, die unter der Krise zu leiden haben, könnten Zeitarbeitnehmer sowie Geringqualifizierte im Allgemeinen sein. Die niedrige Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer ist nach wie vor ein strukturelles Problem in Luxemburg, das sich – wie bereits in Vorjahresempfehlungen für Luxemburg formuliert – auch auf die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems auswirkt. Im aktuellen Kontext sind ältere Arbeitskräfte aufgrund der Krise einer erhöhten Entlassungsgefahr ausgesetzt, sodass es jetzt wichtiger denn je ist, ihre Anpassungsfähigkeit für andere Beschäftigungen und Sektoren, auch durch Weiterbildungen und Umschulungen, zu erhöhen. Luxemburg liegt bei der sozialen Inklusion annähernd im EU-Durchschnitt, doch haben sich die Indikatoren für Ungleichverteilung und Armut trotz Erwerbstätigkeit in den letzten Jahren verschlechtert, und die Entwicklungschancen von Schülerinnen und Schülern hängen immer noch stark von deren sozioökonomischem Hintergrund ab. Bei der Überwindung der sozialen Auswirkungen der Krise sollten daher insbesondere stärker gefährdete Gruppen unterstützt werden.
(18)Luxemburg hat eine Reihe von Maßnahmen in seinen Stabilisierungsplan aufgenommen, um Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, darunter auch Selbstständige und Kleinstunternehmen, in der COVID-19-Krise zu unterstützen. Der Einzelhandel ist einer der am stärksten getroffenen Sektoren, da die Nachfrage eingebrochen ist und Maßnahmen ergriffen wurden, die viele Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt oder diese vollständig unmöglich gemacht haben. Regulatorische Flexibilität würde das Wiederaufleben des Einzelhandels nach der Krise unterstützen. Darüber hinaus wäre es förderlich, kleine und mittlere Unternehmen bei der Einführung digitaler Technologien wie e-Commerce, die eine Aufrechterhaltung des Betriebs ermöglichen, zu unterstützen. Zweckdienliche Maßnahmen sollten während der gesamten Wiederaufbauphase beibehalten werden, wobei ein schrittweiser und flexibler Ausstieg vollzogen und die am stärksten betroffenen Sektoren ermittelt werden sollten, sodass dedizierte Unterstützungspläne erarbeitet werden können, die es den Sektoren erlauben, in der Wiederaufbauphase verlorenen Boden wettzumachen. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen muss die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors berücksichtigt werden. Um den Übergang und die Gründung neuer kleiner und mittlerer Unternehmen in wachstumsfördernden Sektoren zu unterstützen, könnte eine Reform des luxemburgischen Insolvenzrechts nach der akutesten Phase der Krise dazu beitragen, dass Unternehmen, die ohne eigenes Verschulden vor dem Bankrott stehen, eine zweite Chance erhalten.
(19)Um die wirtschaftliche Erholung zu fördern, wird es wichtig sein, durchführungsbereite öffentliche Investitionsprojekte vorzuziehen und private Investitionen, auch durch entsprechende Reformen, allen voran im digitalen und im grünen Sektor, zu fördern. Luxemburg hat bereits digitalisierungs- und innovationsfördernde Initiativen auf den Weg gebracht, doch sind die technologische Integration im Unternehmenssektor und die privaten Investitionen sowie die Digitalisierung der öffentlichen Dienste angesichts des leistungsfähigen Umfelds und der Ambition des Landes, auf eine datengestützte Wirtschaft umzuschwenken, nach wie vor schwach ausgeprägt. Um kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen und die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit anzukurbeln, sind Investitionen in die Digitalisierung, fortgeschrittene digitale Kompetenzen und Innovationen, einschließlich der Entwicklung einer integrierten Forschungs- und Innovationsstrategie, unerlässlich. Die Erholungsphase sollte zusätzlich noch dadurch unterstützt werden, dass ambitionierte grüne Investitionsvorhaben in naher Zukunft vorgezogen werden. Zentrale Bereiche könnten insbesondere weitere Maßnahmen im Bereich des nachhaltigen Verkehrs, auch des Schienenverkehrs, nachhaltiges Bauen, insbesondere hinsichtlich der Energieeffizienz sowohl bei bestehenden als auch bei neuen Gebäuden, sowie der erneuerbaren Energien sein. Diese würden einerseits helfen, einen starken Ökologisierungsschub zu geben, und andererseits Luxemburg dabei unterstützen, die verbleibende Lücke bei der Erreichung der Zielvorgaben für 2030 zur Senkung der Treibhausgasemissionen, zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Erhöhung des Anteils an Energie aus erneuerbaren Quellen zu schließen und damit die Grundlage für Klimaneutralität zu schaffen. Auch angesichts der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs auf die Wirtschaft und die öffentlichen Finanzen ist es weiterhin notwendig, den weiteren Investitionsbedarf sowie weitere Finanzierungsquellen für Investitionen zu ermitteln. Die Programmplanung des Fonds für einen gerechten Übergang für den Zeitraum 2021-2027 könnte Luxemburg dabei helfen, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts genannten Regionen einige der mit dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft verbundenen Herausforderungen anzugehen und so diesen Fonds optimal zu nutzen.
(20)Luxemburg sieht sich angesichts des hohen Zuflusses ausländischer Direktinvestitionen und komplexer rechtlicher Strukturen mit ausländischen Sponsoren erheblichen Geldwäscherisiken ausgesetzt. Diese Risiken spiegeln sich in der nationalen Risikobewertung wider, insbesondere in Bezug auf Dienstleister, die für Gesellschaften und Trusts tätig sind oder Wertpapierdienstleistungen erbringen. Schwachstellen bei der Anwendung des Rahmens zur Bekämpfung von Geldwäsche durch diese Dienstleister führen zu inadäquaten Risikoanalysen und einer niedrigen Meldequote von verdächtigen Transaktionen. Der Grad der Überwachung dieser Dienstleister ist inadäquat, um die Mängel zu beheben. Für Gesellschaften wurde ein nationales „Register der wirtschaftlichen Eigentümer“ eingerichtet, um die Geheimhaltung zu begrenzen und die wirtschaftlichen Eigentümer zu ermitteln. Die Qualität der erfassten Daten und die Wirksamkeit des Registers müssen im Verlauf der Zeit geprüft werden.
(21)Wie bereits in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2020 anerkannt, ist es nach wie vor unerlässlich, gegen aggressive Steuerplanung vorzugehen, um effizientere und gerechtere Steuersysteme zu schaffen. Aufgrund der durch aggressive Steuerplanungsstrategien von Steuerzahlern ausgelösten Spillover-Effekte zwischen Mitgliedstaaten ist ein koordiniertes Vorgehen der nationalen Politikbereiche als Ergänzung zum Unionsrecht erforderlich. Mit der Umsetzung von zuvor vereinbarten internationalen und europäischen Initiativen hat Luxemburg Schritte unternommen, um gegen aggressive Steuerplanung vorzugehen; der hohe Anteil von Dividenden-, Zins- und Lizenzgebührzahlungen am BIP lässt aber darauf schließen, dass Unternehmen die Steuervorschriften des Landes zu aggressiver Steuerplanung nutzen. Ein Großteil der ausländischen Direktinvestitionen wird von „Zweckgesellschaften“ gehalten. Da auf ins Ausland fließende (also von in der EU Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Zins- und Lizenzgebührzahlungen keine Quellensteuern erhoben werden und Dividendenzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Quellensteuer befreit sind, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. Im Einklang mit seiner Verpflichtung, defensive Maßnahmen gegenüber Ländern und Gebieten einzuführen, die in der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt sind, hat Luxemburg einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der vorsieht, dass Zins- und Lizenzgebührzahlungen in solche Länder und Gebiete nicht abzugsfähig sind.
(22)Während die vorliegenden Empfehlungen in erster Linie auf die Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung abzielen, ging es bei den vom Rat am 9. Juli 2019 angenommenen länderspezifischen Empfehlungen 2019 auch um Reformen, die für die Bewältigung mittel- bis langfristiger struktureller Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung sind. Diese sind nach wie vor relevant, weswegen ihre Einhaltung im nächstjährigen Semesterzyklus weiter verfolgt werden wird. Dies gilt auch für Empfehlungen zu investitionsbezogenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Letztere sollten bei der strategischen Planung kohäsionspolitischer Mittel nach 2020 berücksichtigt werden, also auch bei Maßnahmen zur Abfederung der Krise und bei Exit-Strategien.
(23)Das Europäische Semester bildet den Rahmen für eine kontinuierliche wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierung innerhalb der Union, die zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen kann. Die Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Reformprogrammen 2020 eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung gezogen. Indem Luxemburg die nachstehenden Empfehlungen vollständig umsetzt, wird es Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen und zu den gemeinsamen Anstrengungen im Hinblick auf die Sicherstellung wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit in der Europäischen Union beitragen.
(24)Eine enge Koordinierung zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion ist für eine rasche Erholung von den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie von entscheidender Bedeutung. Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, sollte Luxemburg – auch unter Berücksichtigung der politischen Leitlinien der Euro-Gruppe – sicherstellen, dass seine Politik weiterhin mit den Empfehlungen für das Euro-Währungsgebiet im Einklang steht und mit der Politik der anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets abgestimmt wird.
(25)Im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Luxemburgs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2020 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2020 und das nationale Reformprogramm 2020 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der in den Vorjahren an Luxemburg gerichteten Empfehlungen bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Luxemburg berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -Leitlinien beurteilt.
(26)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2020 geprüft; seine Stellungnahme hierzu 7 spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.
EMPFIEHLT, dass Luxemburg 2020 und 2021
1.im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und ihre anschließende Erholung zu fördern; sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, seine Haushaltspolitik darauf abstellt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen erhöht; die Resilienz des Gesundheitssystems erhöht, indem eine hinreichende Verfügbarkeit von Gesundheitsfachkräften sichergestellt wird; die Reformen zur Verbesserung der Steuerung des Gesundheitswesens und der elektronischen Gesundheitsdienste beschleunigt;
2.die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt abfedert und dabei ein besonderes Augenmerk auf Menschen in einer schwierigen Arbeitsmarktlage richtet;
3.eine wirksame Umsetzung der Maßnahmen zur Stützung der Liquidität von Unternehmen, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen und von Selbstständigen, gewährleistet; durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzieht und private Investitionen fördert, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen; verstärkt in den ökologischen und digitalen Wandel investiert, insbesondere in einen nachhaltigen Verkehr und nachhaltige Gebäude sowie in saubere und effiziente Energieerzeugung und -nutzung, und damit zu einer schrittweisen Dekarbonisierung der Wirtschaft beiträgt; Innovationen und die Digitalisierung insbesondere im Unternehmenssektor fördert;
4.eine wirksame Überwachung und Durchsetzung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung von Geldwäsche im Hinblick auf Dienstleister, die für Gesellschaften und Trusts tätig sind oder Wertpapierdienstleistungen erbringen, gewährleistet; die Merkmale des Steuersystems, die eine aggressive Steuerplanung, insbesondere durch Zahlungen ins Ausland, begünstigen, entschlossener angeht.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident
Verordnung (EU) 2020/460 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 508/2014 im Hinblick auf besondere Maßnahmen zur Mobilisierung von Investitionen in die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten und in andere Sektoren von deren Volkswirtschaften zur Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs (Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise) (ABl. L 99 vom 31.3.2020, S. 5) und Verordnung (EU) 2020/558 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013 und (EU) Nr. 1303/2013 im Hinblick auf spezifische Maßnahmen zur Einführung einer außerordentlichen Flexibilität beim Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds als Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 1).