Brüssel, den 30.4.2020

COM(2020) 164 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

38. Jahresbericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament

über die Antidumping-, Antisubventions- und Schutzmaßnahmen der EU und die Anwendung handelspolitischer Schutzinstrumente durch Drittländer gegen die EU im Jahr 2019

{SWD(2020) 71 final}


Zusammenfassung

Dieser Bericht enthält wesentliche Informationen über die Antidumping- (AD), Antisubventions- (AS) und Schutzmaßnahmen der EU sowie die Handelsschutzaktivitäten von Drittländern gegen die EU im Jahr 2019.

Die Fallarbeit war 2019 mit der Einleitung von 16 Fällen (gegenüber 10 im Jahr 2018), der Einführung von Maßnahmen in 12 neuen Fällen (gegenüber 6 im Jahr 2018), dem Verzicht auf die Einführung von Maßnahmen in 5 neuen Fällen und einer ebenso intensiven Überprüfung der geltenden Maßnahmen, insbesondere mit dem Abschluss von 18 Auslaufüberprüfungen (gegenüber 7 im Jahr 2018), besonders wichtig. Die Kommission ist auch weiterhin entschieden gegen Maßnahmen von Drittländern vorgegangen, die auf Ausfuhren aus der EU abzielen. Aufgrund zahlreicher ausländischer Verfahren, die 2019 eingeleitet wurden, gab es erneut eine hohe Zahl derartiger Maßnahmen (175), ein Trend, der sich in Zukunft fortsetzen dürfte.

Die Kommission hat ihre Bemühungen zur Durchsetzung der Maßnahmen verstärkt, insbesondere durch die Einleitung von vier Umgehungsfällen, von denen die bislang ressourcenintensivste Untersuchung dieser Art in Bezug auf Geschirr und andere Artikel für den Tisch- oder Küchengebrauch aus China mit einer Ausweitung der Zölle auf 30 Unternehmen abgeschlossen wurde. Im Zusammenhang mit der verstärkten Durchsetzung modernisierter handelspolitischer Schutzvorschriften wurden 2019 auch spezielle Bestimmungen festgelegt, um die Möglichkeit der Anwendung handelspolitischer Schutzmaßnahmen auf den Festlandsockel der EU auszuweiten.

Da die konsequentere Durchsetzung mit einer größeren Wirksamkeit einhergeht, enthält dieser Bericht auch Eckdaten, die die Auswirkungen der kürzlich verhängten Maßnahmen veranschaulichen. 1 Die Zahlen belegen die Wirksamkeit handelspolitischer Schutzmaßnahmen bei der Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem EU-Markt. Die Einführung von Antidumping- und Antisubventionszöllen führte in der Tat zu einem Rückgang der schädigenden Einfuhren um durchschnittlich 80 % (in einer Spanne von 57 % bis 99 %). Gleichzeitig trugen Antidumping- und Antisubventionszölle dazu bei, die Bezugsquellen zu erweitern, die die Einführer und Verwender in der EU zusätzlich zur eigenen Produktion in der EU benötigen, und zwar in Form einer Steigerung fairer Einfuhren aus anderen Ländern. Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass dank der 2019 eingeführten Maßnahmen die Zahl der Arbeitsplätze, die von handelspolitischen Schutzinstrumenten profitieren, um 23 000 zunahm, sodass sich die Gesamtzahl der direkt durch handelspolitische Schutzinstrumente geschützten Arbeitsplätze in der EU auf 343 000 erhöhte.



I.    Anwendung handelspolitischer Schutzinstrumente 2019 2

I.1Untersuchungstätigkeit 

I.1.1Allgemeiner Überblick

Ende 2019 waren in der EU 140 handelspolitische Schutzmaßnahmen in Kraft: 94 endgültige Antidumpingmaßnahmen (in 27 Fällen ausgeweitet), 15 Ausgleichsmaßnahmen (in einem Fall ausgeweitet) und 3 Schutzmaßnahmen. 3  Dies stellt eine Zunahme um 7 Maßnahmen gegenüber 2018 dar.

Die Untersuchungstätigkeit hat gegenüber dem bereits erheblichen Arbeitsaufkommen 2018 noch weiter zugenommen. Die Arbeit bestand aus vielen neuen Untersuchungen nach den neuen Handelsschutzregeln sowie aus einer noch höheren Zahl an Überprüfungen. Ende 2019 liefen insgesamt 43 Untersuchungen sowie 2 Erstattungsuntersuchungen, die 66 individuelle Erstattungsanträge von Einführern betrafen. 

Diesem Bericht liegt eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen bei, die detailliertere Informationen und Statistiken über die jährliche Tätigkeit enthält. 4 Die Arbeitsunterlage enthält Anhänge, die sich auf bestimmte Abschnitte dieses Berichts beziehen, wie dort angegeben.

I.1.2Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen (siehe Anhänge A bis I)

2019 leitete die Kommission 16 neue Untersuchungen ein (11 Antidumping- und 5 Antisubventionsverfahren). Zugleich führte sie in 5 Verfahren vorläufige Zölle ein, und 7 Fälle wurden mit der Einführung endgültiger Zölle abgeschlossen (davon in 3 Fällen Ausgleichsmaßnahmen). 5 Untersuchungen wurden ohne die Einführung von Maßnahmen abgeschlossen. 5

Überprüfungen stellten weiterhin einen beträchtlichen Teil der Fallarbeit dar. 2019 leitete die Kommission 8 Auslaufüberprüfungen ein. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung von Maßnahmen wurden 16 Auslaufüberprüfungen mit der Bestätigung der Zölle abgeschlossen und lediglich 2 derartige Überprüfungen mit der Aufhebung der Maßnahmen. Eine Antidumpingmaßnahme lief nach fünf Jahren automatisch aus.

2019 leitete die Kommission 2 Interimsüberprüfungen ein, die in beiden Fällen Ausgleichsmaßnahmen betrafen, und stellte eine solche Überprüfung ohne Änderung der Maßnahmen ein.

Ferner wurden im Jahr 2019 7 Überprüfungen, die meist eine Durchsetzung von Gerichtsurteilen betreffen, wiederaufgenommen. Insgesamt schloss die Kommission im Jahr 2019 22 Überprüfungen ab.

I.1.3Untersuchungen zur Einführung von Schutzmaßnahmen (siehe Anhang L)

Am 2. Februar 2019 führte die EU einen endgültigen Schutzzoll mit Erga-omnes-Wirkung auf bestimmte Stahlerzeugnisse ein 6 , dessen Überprüfung zur Änderung der Maßnahmen am 1. Oktober 2019 7 führte.

Darüber hinaus schloss die Kommission im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) zwei bilaterale Schutzmaßnahmenuntersuchungen betreffend Einfuhren von Indica-Reis aus Kambodscha und Myanmar ab: Am 16. Januar 2019 führte die Kommission den Zollsatz des Gemeinsamen Zolltarifs von 175 EUR/Tonne mit einer schrittweisen Liberalisierung über einen Zeitraum von drei Jahren auf 125 EUR/Tonne wieder ein. 8  

Neue Schutzmaßnahmenuntersuchungen wurden 2019 nicht eingeleitet.

I.1.4Überprüfungstätigkeiten 

Die Kommission führt im Rahmen ihrer Untersuchungen Kontrollbesuche durch, um die Unterlagen von Unternehmen oder Organisationen zu prüfen. Dabei sollen während der Verfahren gemachte Angaben verifiziert werden. 2019 führten die Handelsschutzdienststellen der EU 137 solcher Besuche durch, was 1948 Personentagen an Überprüfungsarbeit entspricht.

I.2Durchsetzung von Maßnahmen (siehe Anhänge J, K, M, Q)

Es ist von entscheidender Bedeutung, die wirksame Durchsetzung der geltenden Handelsschutzmaßnahmen zu gewährleisten, damit sich die Wirtschaftsbeteiligten den Maßnahmen nicht durch Absorption oder Umgehung der Zölle entziehen können. 2019 leitete die Kommission 4 Umgehungsüberprüfungen ein, die bis zum Jahresende noch nicht abgeschlossen waren. Darüber hinaus wurde eine Antiabsorptionsuntersuchung eingeleitet (Ende 2019 noch nicht abgeschlossen), und eine weitere wurde ohne Erhöhung des Zolls eingestellt.

Die Überwachung von Verpflichtungen ist Bestandteil der Durchsetzungstätigkeit. Anfang 2019 waren 3 Verpflichtungen in Kraft. Die Kommission nahm 8 neue Verpflichtungsangebote an, wodurch sich die Zahl der geltenden Verpflichtungen bis Ende 2019 auf 11 erhöhte.

I.3    Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

2019 konzentrierte sich die Kommission im Geiste der jüngsten Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente weiterhin auf die Unterstützung von KMU, indem sie KMU, die an Handelsschutzuntersuchungen beteiligt waren, Hilfe und Beratung bot. Insbesondere erleichterte die Kommission ihre Mitarbeit bei Untersuchungen: Der Informationsbedarf wird jetzt durch weniger aufwendige Fragebögen so gering wie möglich gehalten, und die Untersuchungszeiträume wurden soweit möglich an die Geschäftsjahre für KMU angeglichen. Außerdem leitete die Kommission eine Untersuchung in einem Bereich ein, in dem der der Wirtschaftszweig der EU hauptsächlich aus KMU besteht: die Antidumpinguntersuchung betreffend die Einfuhren von Nägeln und Heftklammern aus der Volksrepublik China (im Folgenden „China“).

Außerdem ist die Kommission entschieden gegen bestimmte Praktiken chinesischer Ausführer vorgegangen, die die Maßnahmen der EU bei keramischen Tisch- und Küchenartikeln umgangen hatten (siehe Abschnitt II). Dadurch wurde die weitere Wirksamkeit dieser Maßnahmen zum Nutzen der Keramikhersteller in der EU und ihrer Beschäftigten sichergestellt – in dieser Branche gibt es viele KMU.

Zuletzt leistete die Kommission in einer Reihe von Mitgliedstaaten, darunter Österreich und Spanien, spezifische technische Hilfe, um KMU stärker für handelspolitische Schutzinstrumente zu sensibilisieren.

I.4     Sozial- und Umweltstandards

Wenn die Kommission die neue Methode zur Berechnung des Normalwerts anwendet, muss sie ein geeignetes repräsentatives Land auswählen, um einen nicht verzerrten Normalwert einer Ware rechnerisch zu ermitteln. Die Kommission verwendet dabei Preisdaten aus einem solchen Land in Kombination mit Daten über den Inputverbrauch im Ausfuhrland. Gemäß Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich sollte die Kommission‚ wenn mehr als ein Land über geeignete und verfügbare Daten verfügt, ihre Entscheidung letztlich auf eine Beurteilung der Angemessenheit des Sozial- und Umweltschutzniveaus in den betreffenden Ländern stützen. 9

2019 war eine solche Analyse im Rahmen der Auslaufüberprüfung der Maßnahmen betreffend organisch beschichtete Stahlerzeugnisse mit Ursprung in China erforderlich. In diesem Verfahren ermittelte die Kommission zwei geeignete Länder, die als repräsentativ für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts angesehen werden konnten: Malaysia und Mexiko. Daher bewertete die Kommission das Sozial- und Umweltschutzniveau der beiden Länder, um sich für ein Land zu entscheiden. Die Kommission stellte fest, dass Malaysia drei der acht grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) nicht ratifiziert hatte. 10 Darüber hinaus hatte Malaysia eines der wichtigsten Umweltabkommen – das Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe – nicht ratifiziert. In Bezug auf Mexiko stellte die Kommission fest, dass das Land alle grundlegenden IAO-Übereinkommen mit Ausnahme eines Übereinkommens sowie alle wichtigen Umweltabkommen ratifiziert hatte. Folglich wählte die Kommission in der genannten Auslaufüberprüfung Mexiko als geeignetes repräsentatives Land aus.

In den verbleibenden Untersuchungen, die 2019 abgeschlossen wurden, wählte die Kommission jedes Mal ein repräsentatives Land aus, ohne auf eine Analyse des Sozial- und Umweltschutzniveaus zurückgreifen zu müssen, da geeignete Daten nur für ein Land verfügbar waren. 11

Multilaterale Umweltübereinkommen (und ihre Protokolle) sowie die Kernübereinkommen der IAO spielen ebenfalls eine Rolle bei der Festlegung der Schadensspanne. Seit dem Inkrafttreten der modernisierten Handelsschutzregeln gemäß Artikel 7 Absatz 2d der Antidumping-Grundverordnung berücksichtigt die Kommission bei der Berechnung des nicht schädigenden Zielpreises einer Ware auch die tatsächlichen oder künftigen Herstellkosten der EU-Unternehmen, die sich aus der Anwendung solcher Übereinkünfte ergeben oder ergeben würden. 12

2019 gab es einen abgeschlossenen Fall, in dem die Kommission die genannten zusätzlichen Kosten berechnete: die Untersuchung betreffend Harnstoff und Ammoniumnitrat (HAN) mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten (USA). Die Kommission beschloss, den Zielpreis für HAN um 3,7 % zu erhöhen, um den zusätzlichen Kosten Rechnung zu tragen, die sich aus der künftigen Einhaltung des EU-Emissionshandelssystems (EHS) durch die EU-Hersteller ergeben. Das EHS ist eines der Instrumente, mit denen die EU die Ziele des Übereinkommens von Paris – also eines bedeutenden multilateralen Umweltübereinkommens, dem die EU beigetreten ist – erreichen will. Die emissionsintensive HAN-Produktionskette unterliegt in der EU dem EHS. Der Prozentsatz von 3,7 % beruht auf den geschätzten Kosten der durchschnittlichen EHS-Zertifikate, die die Hersteller während der Laufzeit der Maßnahmen erwerben müssen.

In den übrigen im Jahr 2019 abgeschlossenen Fällen erhoben die interessierten Parteien keine Einwände nach Artikel 7 Absatz 2d in Bezug auf derzeitige oder künftige Kosten. Daher untersuchte die Kommission nicht, ob derartige zusätzlichen Kosten zum Zielpreis hinzugerechnet werden sollten.

I.5    Gerichtliche Überprüfung durch die EU-Gerichte (Anhang S)

2019 ergingen 31 Urteile des Gerichts (EuG) und des Gerichtshofs (EuGH) im Bereich der handelspolitischen Schutzinstrumente: Das EuG erließ 14 Urteile, und der EuGH entschied über 8 Rechtsmittel und in 5 Kostenfestsetzungssachen und erließ 4 Vorabentscheidungen. Die interessantesten Urteile werden in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen beschrieben.

24 neue Handelsschutzverfahren wurden 2019 eingeleitet.

I.6    Auf die EU gerichtete Tätigkeiten von Drittländern

Die Kommission schützt nicht nur die EU-Industrie vor unlauteren schädigenden Einfuhren, sondern geht auch energisch gegen handelspolitische Schutzmaßnahmen unserer Handelspartner vor‚ wenn sie der Auffassung ist, dass solche Maßnahmen nicht den hohen rechtlichen Anforderungen entsprechen. Ein solches Vorgehen ist heute von entscheidender Bedeutung, da einige der großen Handelsnationen die WTO-Rechtsordnung häufig infrage stellen. Ungerechtfertigte Schutzmaßnahmen schränken den Marktzugang und damit die Möglichkeiten für Exporteure aus der EU ein, Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen. Daher wird es umso wichtiger, ungerechtfertigte handelspolitische Schutzmaßnahmen zu vermeiden.

2019 wurde weltweit weiter in hochgradigem Maße auf Handelsschutzmaßnahmen zurückgegriffen. Die Kommissionsdienststellen intervenierten weiterhin regelmäßig bei den allermeisten Untersuchungen im Ausland, die sich gegen Ausfuhren aus der EU richteten. Dabei handelte es sich unter anderem um schriftliche Stellungnahmen und die Teilnahme an Anhörungen auf fachlicher Ebene. Erforderlichenfalls intervenierte die Kommission auch auf höherer politischer Ebene bei Drittlandsbehörden.

Die Kommission greift in den meisten gegen die EU gerichteten Fällen ein und konzentriert sich dabei insbesondere auf systemische Probleme und Fälle, die die EU-Industrie erheblich beeinträchtigen würden. Mit ihren Maßnahmen will die Kommission eine ordnungsgemäße Anwendung des WTO-Regelwerks gewährleisten und so die missbräuchliche Verwendung handelspolitischer Schutzinstrumente im Ausland verhindern. Solche anhaltenden Interventionen, bei denen der Schwerpunkt auf Unvereinbarkeit mit dem WTO-Recht und systemischen Mängeln lag, verhinderten viele ungerechtfertigte Maßnahmen.

So schritt die Kommission beispielsweise überzeugend bei der dritten Auslaufüberprüfung ein, die Brasilien in Bezug auf Antidumpingmaßnahmen betreffend die Einfuhren von Milchpulver aus der EU durchführte. Dies führte zur Aufhebung der Maßnahmen und zur Öffnung eines Marktes, der für Exporteure aus der EU seit 2001 abgeschottet gewesen war. Der Ausfuhrwert vor der Einführung der Maßnahmen belief sich auf 45 Mio. EUR.

Die Kommission intervenierte gemeinsam mit dem betreffenden Wirtschaftszweig und den Mitgliedstaaten auch erfolgreich, um die verbleibenden Antidumpingzölle auf italienische Ausfuhren von Dosentomaten nach Australien abzuschaffen, die teilweise seit 2014 galten und die sich auf jährliche Ausfuhren der EU in Höhe von 22 Mio. EUR auswirkten. Seit der Einleitung der ersten Untersuchung unternahm die Kommission erhebliche Anstrengungen zur Abschaffung dieser Zölle, insbesondere wegen der fragwürdigen Methode, die die australischen Behörden anwandten, und ihres systemischen Risikos für Einfuhren von landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen aus der EU. Schließlich beschloss Australien, diese Zölle aufzuheben.

Weitere Beispiele für erfolgreiche Maßnahmen der Kommission sind der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu entnehmen.

Trotz ihrer Interventionen war die Kommission nicht immer erfolgreich, und es wurden in einigen Fällen ungerechtfertigte Maßnahmen eingeführt. Wenn ein wichtiges wirtschaftliches und/oder systemisches Interesse bestand, hat die Kommission auf Streitbeilegungsverfahren der WTO zurückgegriffen, um die Aufhebung ungerechtfertigter Maßnahmen zu erreichen. Dies war der Fall bei Antidumpingzöllen Kolumbiens auf gefrorene Pommes frites aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden sowie bei den Antisubventions- und Antidumpingzöllen der USA auf Einfuhren von spanischen reifen Oliven (Einzelheiten siehe Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen). Diese beiden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Falls erforderlich, kann die Kommission auch die in Handelsabkommen vorgesehene bilaterale Streitbeilegung in Anspruch nehmen, wenn die Partner ihren Verpflichtungen aus diesen Abkommen nicht nachkommen. In diesem Zusammenhang hat die Kommission 2019 die Konsultationen mit Südafrika über die ihrer Auffassung nach rechtswidrigen bilateralen Schutzmaßnahmen betreffend Einfuhren gefrorener Hühner aus der EU fortgesetzt. Da keine für beide Seiten annehmbare Lösung gefunden wurde, beabsichtigt die Kommission, das bilaterale Streitbeilegungsverfahren fortzusetzen.

Ausländische Handelsschutzaktivitäten in Zahlen

Die Gesamtzahl der geltenden Handelsschutzmaßnahmen, die auf EU-Ausfuhren ausgerichtet waren, belief sich Ende 2019 auf 175 (gegenüber 174 im Jahr 2018). Die insgesamt hohe Zahl von Maßnahmen gegen die EU dürfte in den nächsten Jahren bestehen bleiben, auch angesichts der zahlreichen neuen Untersuchungen im Jahr 2019 (37 – wie 2018), die 2020 erneut zur Einführung zahlreicher Maßnahmen führen könnten.

Die Zahl der ausländischen Schutzmaßnahmen blieb 2019 hoch: Ende 2019 waren 37 Maßnahmen in Kraft (zwei mehr als 2018), wobei Antidumping mit 132 von 175 Maßnahmen das weltweit meistgenutzte Instrument bleibt. 13

Mit 36 geltenden Maßnahmen gingen die meisten gegen EU-Ausfuhren gerichteten Maßnahmen erneut von den USA aus (2018 waren es 33). Gegenüber 2016 bedeutet dies einen Anstieg um 71 %, was hauptsächlich auf viele neue Maßnahmen, insbesondere im Stahlbereich, zurückzuführen ist. Die Maßnahmen der USA haben auch zu einer weltweiten Zunahme der Maßnahmen geführt, da auch Länder wie Kanada, Ägypten und Marokko sowie die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) Maßnahmen gegenüber bestimmten Stahlerzeugnissen eingeführt oder verlängert haben, höchstwahrscheinlich als Reaktion auf die Stahl-Maßnahmen der USA nach Abschnitt 232.

Der zweitgrößte Anwender von Handelsschutzmaßnahmen gegen die EU ist China: 20 Maßnahmen sind in Kraft (gegenüber 18 im Jahr 2018), gefolgt von Indien mit 18 geltenden Maßnahmen (21 im Jahr 2018).

Was neue Untersuchungen im Jahr 2019 betrifft, so leitete Indien 7 neue Untersuchungen ein, Indonesien und Madagaskar jeweils 4, die Ukraine 3 und die EAWU, Marokko und die Philippinen jeweils 2. Neben den regelmäßigen Anwendern von Handelsschutzinstrumenten wie Indien ist das Auftreten neuer Anwender einer der Faktoren, die zur insgesamt hohen Zahl neuer Untersuchungen beigetragen haben.

Was die 25 neuen Maßnahmen im Jahr 2019 anbelangt, so führten die USA 4 neue Maßnahmen ein, gefolgt von Australien und Marokko (3) und dem Golf-Kooperationsrat (2). China hat 2019 eine neue Maßnahme gegen die EU eingeführt.

Betrachtet man die Branchen, so waren die Stahlerzeugnisse 2019 am stärksten von den gegen die EU gerichteten Maßnahmen betroffen (72 von 175). Auch gegenüber chemischen Erzeugnissen bestand weiterhin eine Vielzahl von Maßnahmen (42). Was die neu eingeleiteten Untersuchungen betrifft, so war die Stahlindustrie auch hier mit 9 von 37 eingeleiteten Verfahren die am stärksten betroffene Branche, gefolgt von Chemikalien (8 neue Fälle) und dem Agrarsektor (7 neue Fälle).

I.7    Tätigkeit im Rahmen der WTO

Die Kommission hat sich verstärkt darum bemüht, die Subventionsagenda in der WTO voranzutreiben. Ziel ist dabei, die multilaterale Subventionsdisziplin so anzupassen, dass sie besser für die Herausforderungen des derzeitigen Handelsumfelds geeignet ist. Im Laufe des Jahres 2019 wurde in Genf weiter intensiv über Fischereisubventionen verhandelt. Die EU blieb in diesen Verhandlungen weiterhin eine treibende Kraft, indem sie konkrete Textvorschläge zu beiden Hauptbereichen der Gespräche vorgelegt hat: Verbot von Subventionen für illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei sowie von Subventionen, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen. Auch wenn 2019 kein Ergebnis erzielt wurde, bemühen sich die EU und andere WTO-Mitglieder um ein ehrgeiziges und umfassendes Ergebnis, das auf der 12. WTO-Ministerkonferenz im Juni 2020 in Nur-Sultan erreicht werden soll.

Im April und November 2019 beteiligte sich die Kommission aktiv an den Arbeiten der WTO-Ausschüsse für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (SCM), für Antidumping und für Schutzmaßnahmen sowie den Arbeiten der informellen Gruppe zur Bekämpfung der Umgehung und der Antidumping-Arbeitsgruppe für die Umsetzung (WGI).

Im Antidumping-Ausschuss verteidigte die EU weiterhin die Änderungen ihrer handelspolitischen Schutzinstrumente in den Jahren 2017 und 2018. Die Kommission hat auch bestimmte Fälle zur Sprache gebracht, in denen Drittländer ihrer Ansicht nach nicht im Einklang mit ihren WTO-Verpflichtungen handelten, was sich negativ auf EU-Ausführer auswirkt (z. B. die Untersuchung Kolumbiens zu gefrorenen Pommes frites). Außerdem beantwortete die EU Fragen zu ihren Untersuchungen und erläuterte diese.

In der WGI führte die EU Gespräche über eine Reihe technischer Fragen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs oder der Analyse der drohenden Schädigung.

In den regelmäßigen Sitzungen des SCM-Ausschusses wurde weiter erörtert, wie Subventionen in verschiedenen Bereichen zu Überkapazitäten beigetragen haben. In diesem Zusammenhang haben die USA und die EU im April gemeinsam den OECD-Bericht über Verzerrungen in der Aluminiumwertschöpfungskette vorgestellt. 14 In der November-Sitzung erörterte der Ausschuss die Frage der Überkapazitäten zusammen mit einer Präsentation über die Arbeit des Globalen Forums zu Stahlüberkapazitäten. Es fanden auch Gespräche darüber statt, wie die Transparenz seitens der WTO-Mitglieder in Bezug auf Subventionen verbessert werden kann, wobei die EU erneut bekräftigte, wie wichtig es ist, dass die Verpflichtungen zur Notifizierung von Subventionen im Rahmen der WTO eingehalten werden.

Die Überprüfung der Notifizierung von Subventionen im Jahr 2017 wurde im April auf der Sondersitzung des SCM-Ausschusses fortgesetzt. Anfang Juli 2019 übermittelte die EU der WTO ihre neue und vollständige Notifizierung für die in den Jahren 2017 und 2018 gewährten Subventionen. Hierbei werden alle zwei Jahre die Subventionen abgedeckt, die sowohl auf EU-Ebene als auch von den einzelnen Mitgliedstaaten gewährt werden. Die Überprüfung der Subventionsnotifizierung von 2019 begann auf der Sondersitzung des SCM-Ausschusses im November und wird 2020 andauern.

Im Ausschuss für Schutzmaßnahmen äußerte die EU eine Reihe von Bedenken im Zusammenhang mit Schutzmaßnahmenuntersuchungen anderer Mitglieder (z. B. Philippinen – Keramikfliesen und -kacheln, Türkei – Garne aus Nylon und anderen Polyamiden und Ukraine – Stickstoffdünger, Polyurethanschaum). Die EU beantwortete auch Fragen anderer Mitglieder zu den Schutzmaßnahmen bei bestimmten Stahlerzeugnissen, insbesondere zu den Ergebnissen der jüngsten Überprüfung dieser Maßnahmen.

I.8     Tätigkeiten der Anhörungsbeauftragten

Seit 2018 ist die Rolle der Anhörungsbeauftragten infolge der Reformierung der Rechtsakte im Bereich des Handelsschutzes fest in die Antidumping- und die Antisubventions-Grundverordnung eingebettet. Die Anhörungsbeauftragte wurde gebeten, einen Beitrag zu den Verfahren zu leisten, die bei der Umsetzung der Modernisierung anzuwenden sind, um die Transparenz zu erhöhen und die Verfahrensrechte der Parteien nach den neuen Regeln zu gewährleisten. In der Folge wurde das Mandat der Anhörungsbeauftragten aktualisiert und 2019 vom Präsidenten der Kommission angenommen. Es gibt interessierten Parteien vor dem Hintergrund der neuen Gegebenheiten klarere Erläuterungen zur Rolle und zu den Befugnissen der Anhörungsbeauftragten. Die Anhörungsbeauftragte wurde ferner aufgefordert, in anderen Bereichen als den „klassischen“ Antidumping- und Antisubventionsbereichen tätig zu werden, die auch unter ihr Mandat fallen. Dies betraf eine Schutzmaßnahmenuntersuchung und Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung des APS.

2019 erhielt die Anhörungsbeauftragte 19 Interventionsersuchen und führte acht Anhörungen durch. In einem Fall verlängerte sie die Frist für die Einreichung von Stellungnahmen. In einigen Fällen wurde das Ersuchen um Intervention gleichzeitig mit einem Ersuchen um Anhörung bei den für die Untersuchung verantwortlichen Kommissionsdienststellen gestellt. Die Anhörungsbeauftragte hielt daran fest, dass die interessierten Parteien ihre Belange zunächst an die Kommissionsdienststellen richten müssen und dass sie nur dann einschreitet, wenn keine Lösung gefunden wird. Auf diese Weise konnten die interessierten Parteien in den meisten Fällen direkt mit den Untersuchungsteams zu einer Lösung gelangen.

2019 war die Zahl der Untersuchungen, die zu Interventionsersuchen führten, relativ gering, ähnlich wie 2018. Die interessierten Parteien erhoben mehrheitlich Einwände gegen die Feststellungen, Tatsachen und Schlussfolgerungen der Untersuchungen. In allen Fällen, in denen dies gerechtfertigt war, wurde mit den Dienststellen eine Einigung über Klarstellungen oder zusätzliche Offenlegungen erzielt.



II.    Konsequentere Durchsetzung der Maßnahmen

II.1    Bekämpfung von Umgehung

Eine Umgehung liegt vor, wenn ausführende Hersteller in Drittländern bestimmte Tätigkeiten ausüben, die ausschließlich der Umgehung der Entrichtung von Antidumping- oder Ausgleichszöllen dienen. Zu diesen Praktiken gehören beispielsweise der Versand der Ware über ein Land, für das keine Zölle gelten, um ihren tatsächlichen Ursprung zu verschleiern (Versand), eine geringfügige Veränderung der Ware, sodass keine Zölle mehr auf sie erhoben werden (geringfügige Veränderung), oder die Ausfuhr über einen ausführenden Hersteller mit einem niedrigeren individuellen Antidumping- oder Ausgleichszollsatz (Umlenkung über andere Unternehmen).

Die Umgehung von Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen ist nicht hinnehmbar. Sie untergräbt das Recht des Wirtschaftszweigs der Union, sich vor unlauteren Handelspraktiken zu schützen, und gefährdet somit Arbeitsplätze und Wachstum in der Union.

Die ordnungsgemäße Durchsetzung von Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen stand stets weit oben auf der Agenda der Kommission. Die Kommission hat erwiesenermaßen Erfolge bei der wirkungsvollen Bekämpfung der Umgehung von Maßnahmen erzielt. So handelte es sich bei den 140 Maßnahmen, die am 31. Dezember 2019 in Kraft waren, in 28 Fällen um Antiumgehungsmaßnahmen.

2019 verschärfte die Kommission die Bekämpfung von Umgehungen, indem sie von Amts wegen eingeleitete Umgehungsuntersuchungen intensivierte und den verfügenden Teil von Verordnungen zur Einführung handelspolitischer Schutzinstrumente stärkte, um das Missbrauchsrisiko zu verringern.

Von Amts wegen eingeleitete Umgehungsuntersuchungen

Wann immer die Kommission über ausreichende Informationen verfügte, dass eine Umgehung erfolgte, leitete sie von sich aus (von Amts wegen, d. h. ohne einen Antrag des betreffenden Wirtschaftszweigs erhalten zu haben) eine Untersuchung in dieser Angelegenheit ein. Die Kommission konnte aufgrund ihrer Überwachungstätigkeit genügend Beweise sammeln, um die Verfahren auf eigene Initiative einzuleiten.

2019 leitete die Kommission von Amts wegen 4 Umgehungsuntersuchungen ein. Dies hatte es nie zuvor gegeben. Die vier Fälle betreffen:

·Praktiken der Umlenkung über andere Unternehmen bei Einfuhren von keramischen Tisch- und Küchenartikeln aus China (im Folgenden „Tafelgeschirr“);

·Praktiken der Umlenkung über andere Unternehmen bei Einfuhren von Peroxosulfaten aus China (laufende Untersuchung);

·Praktiken der geringfügigen Veränderung bei Einfuhren korrosionsbeständiger Stähle aus China (laufende Untersuchung);

·Versandpraktiken über Laos, Indien und Thailand bei Einfuhren von Wolframelektroden aus China (laufende Untersuchung).

Diese Fälle sind wichtig. Erstens betreffen zwei von vieren (Stahl und Tafelgeschirr) Industriezweige mit einer hohen Beschäftigtenzahl in Europa. Zur Veranschaulichung sei angemerkt, dass die Tafelgeschirrbranche fast 27 000 direkte Arbeitsplätze bietet.

Zweitens zeigen die vier Fälle, wie breit das Spektrum der Umgehungspraktiken ist und wie weit die chinesischen ausführenden Hersteller zu gehen bereit sind. Die Umgehungsuntersuchung beim Tafelgeschirr war das bislang ressourcenintensivste Verfahren der Kommission zur Bekämpfung von Umgehung: Die Kommission untersuchte 50 chinesische Hersteller, und 20 ermittelnde Kommissionsbeamte führten innerhalb der vorgeschriebenen 9-monatigen Frist Kontrollbesuche vor Ort bei rund 40 chinesischen Unternehmen durch. Die Kommission stellte fest, dass viele Ausführer mit einem niedrigeren Zollsatz (hauptsächlich 17,9 %) unter ihrem Namen Waren von Herstellern mit einem höheren Zollsatz (36,1 %) ausführten, die somit vorsätzlich und unberechtigterweise in den Genuss eines niedrigeren Zolls kamen.

Infolgedessen konnten die Zollbehörden in vielen Fällen nicht den korrekten Betrag des Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Tafelgeschirr erheben. Die Untersuchung der Kommission ergab mehr als 30 chinesische Ausführer, die sich derartiger rechtswidriger Verhaltensweisen bedienten. Da diese Unternehmen ihren unternehmensspezifischen und günstigen Zollsatz missbrauchten, unterwarf die Kommission sie dem höheren geltenden Zollsatz (36,1 %).

Bessere Rechtsetzung

Die Ergebnisse der Tafelgeschirr-Untersuchung haben gezeigt, dass die Gefahr einer Umlenkung von Ausfuhren unter falscher Identität besteht. Um dieses Risiko zu verringern, hat die Kommission strengere Überwachungs- und Durchsetzungsstandards entwickelt.

So hat die Kommission beispielsweise die Bedingungen für die Anwendung des unternehmensspezifischen und günstigen Zollsatzes verschärft. Einführer, die unternehmensspezifische Zollsätze in Anspruch nehmen wollen, müssen eine Reihe zusätzlicher Unterlagen vorlegen.

Darüber hinaus wird die Kommission in künftigen Durchführungsverordnungen, mit denen Maßnahmen eingeführt werden, bekräftigen, dass die Zollbehörden der Mitgliedstaaten die erforderlichen Kontrollen durchführen müssen, die über die bloße Prüfung dieser Unterlagen hinausgehen.

OLAF

Bei der Durchführung der Maßnahmen arbeitet die Kommission eng mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zusammen, um Betrug zu verhindern und aufzudecken. Nähere Einzelheiten sind der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu entnehmen.

II.2    Anwendung handelspolitischer Schutzinstrumente bei Lieferungen in den Festlandsockel der EU oder eine AWZ

Vor der vollständigen Umsetzung der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente 15 bestand eine erhebliche Lücke bei der territorialen Anwendung der Antidumping- und Antisubventionszölle. Diese Zölle hatten denselben räumlichen Geltungsbereich wie gewöhnliche Zölle, d. h. sie konnten nur in Bezug auf das Zollgebiet der EU erhoben werden. Letzteres umfasst jedoch weder den Festlandsockel noch die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Mitgliedstaaten. Die Wirtschaftstätigkeit auf dem Festlandsockel und in der AWZ umfasst jedoch die Verwendung von Waren, die typischerweise handelspolitischen Schutzmaßnahmen unterliegen, insbesondere Rohre sowie Waren, die für die Erzeugung von Windkraft verwendet werden.

Um diese große Lücke bei der Durchsetzung ihrer handelspolitischen Schutzvorschriften zu schließen, ging die EU in zwei Stufen vor. Zunächst beschlossen die gesetzgebenden Organe im Zusammenhang mit der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente, dass Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen grundsätzlich auch für Lieferungen in den Festlandsockel oder eine AWZ der EU gelten können. Zweitens hat die Kommission, da das Zollrecht nur für das Zollgebiet gilt, ein Ad-hoc-Rechtsinstrument für Zölle geschaffen, mit dem sichergestellt wird, dass die Zollvorschriften der EU sinngemäß auch auf die Erhebung von Antidumping- und Antisubventionszöllen bei Lieferungen in den Festlandsockel oder eine AWZ angewandt werden können. Das Rechtsetzungsverfahren wurde am 3. Juli 2019 abgeschlossen 16 ‚ und das Zoll-Instrument ist seit dem 4. November 2019 im Einsatz und in vollem Umfang anwendbar 17 . Das neue Instrument sieht auch die Möglichkeit vor, Einfuhren in den Festlandsockel oder in eine AWZ zollamtlich zu erfassen. Auf diese Weise können die erforderlichen statistischen Daten erhoben werden. Außerdem kann die Kommission dadurch handelspolitische Schutzmaßnahmen gegebenenfalls rückwirkend anwenden.



III.    Wirksamkeit der Anwendung der jüngsten Maßnahmen

Der eigentliche Zweck der Anwendung der handelspolitischen Schutzinstrumente ist die Wiederherstellung fairer Handelsbedingungen zwischen Einfuhren und in der EU hergestellten Waren. Wenn ein Drittland Waren zu künstlich niedrigen Preisen ausführt (infolge von Dumping oder Subventionierung), führt dies häufig zu einer Schädigung von EU-Unternehmen und zu einer Verzerrung der Handelsströme aus anderen Ursprungsländern (d. h. fairen Einfuhren aus Drittländern, die nicht gedumpt oder subventioniert sind). Ziel der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU ist es, die schädigenden Auswirkungen der unfair gehandelten Einfuhren zu beseitigen. Die Abhilfemaßnahme besteht in der Regel darin, dem Einfuhrpreis einen Antidumping- oder Ausgleichszoll hinzuzufügen. Infolgedessen gehen solche Einfuhren in der Regel zurück, da sie auf dem EU-Markt nicht mehr von Dumping und/oder Subventionierung profitieren und somit nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

III.1    Rückgang schädigender Einfuhren

Nach Einleitung einer Untersuchung kann die Kommission zunächst die Einfuhren zollamtlich erfassen, damit die Zölle rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Einführung der endgültigen Maßnahmen erhoben werden können. In vielen Fällen hat eine solche zollamtliche Erfassung bereits eine gewisse Abhilfewirkung – die Einführer rechnen damit, dass sie in naher Zukunft die Zölle zahlen müssen, die sich aus den Schlussfolgerungen der Untersuchung ergeben könnten.

Die gedumpten oder subventionierten Einfuhren gehen jedoch erst nach der Einführung von Maßnahmen am stärksten zurück. Das Verhältnis des Rückgangs der Einfuhren nach der Einführung von Maßnahmen kann ein guter Indikator für die Wirksamkeit solcher Maßnahmen sein. Es zeigt, in welchem Ausmaß die zu unfairen Preisen erfolgenden Einfuhren vom EU-Markt verdrängt werden. Die Entwicklung dieses Verhältnisses ermöglicht es in vielen Fällen, Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, ob die Maßnahmen der EU wirksam sind und ordnungsgemäß durchgesetzt werden. So kann eine lediglich geringfügige Verringerung der Einfuhren nach der Einführung von Antidumping- oder Antisubventionszöllen auf Versuche hindeuten, die Zölle zu absorbieren oder zu umgehen. Wie bereits erwähnt, ist die ordnungsgemäße Durchsetzung der Maßnahmen für ihre Effizienz von entscheidender Bedeutung.

Die nachstehende Tabelle zeigt die Auswirkungen der in den Jahren 2017-2018 angenommenen EU-Maßnahmen auf die Einfuhrströme der betroffenen Waren 18 :

Von einer Maßnahme betroffene Ware und Ursprungsländer

Rückgang der Einfuhren in %

Waren aus Gusseisen aus China

-57 %

korrosionsbeständige Stähle aus China

-100 %

Elektrofahrräder aus China

-83 %

Grobbleche aus China

-99 %

Warmgewalzte Flacherzeugnisse aus Brasilien, China, Iran, Russland und der Ukraine

-71 %

Neue und runderneuerte Reifen für Omnibusse und Kraftfahrzeuge aus China

-74 %

Betonstabstahl aus Belarus

-86 %

Nahtlose Rohre aus Eisen oder Stahl aus China

-98 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus nicht rostendem Stahl zum Stumpfschweißen aus China und Taiwan

-81 %

Thermopapier aus der Republik Korea (Korea)

-90 %

Durchschnittlicher Rückgang

-80 %

Quelle: Eigene Berechnungen auf der Grundlage von Comext-Statistiken (in kg), außer für Elektrofahrräder und Reifen, für die die Zolldaten der Mitgliedstaaten über eingeführte Einheiten herangezogen wurden

Wie aus der vorstehenden Tabelle hervorgeht, gingen die Einfuhren von Waren aus Gusseisen nach der Einführung von Maßnahmen im Februar 2019 um 57 % zurück. Dies liegt unter dem durchschnittlichen Rückgang in den jüngsten Fällen. Bezüglich dieser Ware leitete die Kommission am 18. Dezember 2019 eine Antiabsorptionsuntersuchung ein. Die Einleitung der Untersuchung stützte sich auf Beweise dafür, dass die Preise chinesischer Ausfuhren dieser Ware nach dem ursprünglichen Untersuchungszeitraum und nach der Einführung der vorläufigen Antidumpingzölle gesunken waren. Dieser Rückgang hat die Abhilfewirkung der geltenden Maßnahmen möglicherweise verringert. Die der Kommission zur Verfügung gestellten Beweise deuteten darauf hin, dass sich der Preisverfall bei den Ausfuhren nicht durch einen Preisrückgang beim wichtigsten Rohstoff oder eine Änderung des Produktmixes erklären ließ. Es wurde auch deutlich, dass die Einfuhren von Waren aus Gusseisen weiterhin in erheblichen Mengen in die Union gelangten, was auch durch die oben genannten Zahlen zu den Einfuhren untermauert wird. Die Ergebnisse dieser Antiabsorptionsuntersuchung werden im Laufe des Jahres 2020 vorliegen.

III.2    Diversifizierte Bezugsquellen

Eine gut funktionierende EU-Wirtschaft hängt nicht nur von Ausfuhren, sondern auch von Einfuhren ab. In dieser Hinsicht betreffen die handelspolitischen Schutzmaßnahmen der EU nur die Einfuhren, die unfair und schädigend sind. Handelsschutzmaßnahmen haben zur Folge, dass solche unfairen und schädigenden Einfuhren in der Regel entweder durch die Produktion in der EU oder durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt werden, bei denen es keine Beweise für unfaire Preise gibt (und für die daher keine Maßnahmen gelten). Durch Antidumping- und Antisubventionszölle werden somit gleiche Wettbewerbsbedingungen sowohl für die produzierenden Wirtschaftszweige in der EU als auch für Anbieter aus anderen Drittländern wiederhergestellt, sodass die Verwender in der EU weiterhin diversifizierte Bezugsquellen nutzen können. Die nachstehende Tabelle zeigt, wie sich der Anteil der in der EU hergestellten Waren und der nicht schädigenden Einfuhren am Gesamtverbrauch der EU nach der Einführung von Maßnahmen verändert hat 19 :

 

Vor den Maßnahmen 20

Nach Einführung

der Maßnahmen 21

EU-Marktanteil der in der EU hergestellten Waren:

 

 

Aluminiumheizkörper aus China

76 %

95 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Korea, Malaysia, Russland und der Türkei 22

72 %

59 %

Organisch beschichtete Stahlerzeugnisse aus China

76 %

85 %

Aluminiumfolie in kleinen Rollen aus China

85 %

92 %

Geschirr und andere keramische Tisch- und Küchenartikel aus China

21 %

31 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in China und Thailand

39 %

63 %

EU-Marktanteil unfairer schädigender Einfuhren 23 :

 

 

Aluminiumheizkörper aus China

24 %

3 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Korea, Malaysia, Russland und der Türkei

22 %

21 %

Organisch beschichtete Stahlerzeugnisse aus China

14 %

0 %

Aluminiumfolie in kleinen Rollen aus China

13 %

2 %

Geschirr und andere keramische Tisch- und Küchenartikel aus China 24  

67 %

56 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in China und Thailand

52 %

26 %

EU-Marktanteil fairer Einfuhren 25 :

 

 

Aluminiumheizkörper aus China

0 %

2 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Korea, Malaysia, Russland und der Türkei

6 %

20 %

Organisch beschichtete Stahlerzeugnisse aus China

10 %

15 %

Aluminiumfolie in kleinen Rollen aus China

1 %

6 %

Geschirr und andere keramische Tisch- und Küchenartikel aus China

12 %

13 %

Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke, mit Gewinde, aus verformbarem Gusseisen mit Ursprung in China und Thailand

8 %

10 %

Quelle: EU-Verordnungen

III.3    Handelsschutzmaßnahmen sichern Arbeitsplätze in der EU

Wie bereits erwähnt, verursachen gedumpte oder subventionierte Einfuhren eine Schädigung für EU-Unternehmen oder drohen eine solche zu verursachen, wodurch die Rentabilität der Unternehmen und damit auch Arbeitsplätze in der EU gefährdet werden. Handelspolitische Schutzmaßnahmen tragen durch die Wiederherstellung nicht schädigender Handelsbedingungen zum Schutz von Arbeitsplätzen in EU-Unternehmen bei. In jeder Untersuchung errechnet die Kommission, wie viele Arbeitsplätze in der EU direkt von der Produktion der betroffenen Ware in den durch die gedumpten oder subventionierten Einfuhren geschädigten Unternehmen abhängen. Diese Zahl gibt einen Überblick darüber, wie die Handelsschutzmaßnahmen der EU durch den Schutz von Arbeitsplätzen in der Industrie dazu beitragen, eine florierende EU-Wirtschaft zu erhalten. Ende 2019 schirmten die 137 Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der EU etwa 343 000 direkte Arbeitsplätze in der EU gegen unlauteren Wettbewerb ab. Die 2019 eingeführten Maßnahmen trugen dazu bei, dass die Zahl der Arbeitsplätze, denen handelspolitische Schutzinstrumente zugutekamen, um 23 000 zunahm.

III.4    Neues System zur Überwachung der Wirksamkeit der Maßnahmen

Die Kommission entwickelt derzeit ein neues internes System, das die Überwachung der Wirksamkeit der geltenden Maßnahmen verbessern wird.

Dadurch werden Informationen über Handelsströme und Beschäftigungszahlen im Zusammenhang mit Untersuchungen und Maßnahmen gemeinsam erfasst und gespeichert. Die Kommission wird die Daten regelmäßig aktualisieren.

Dies ermöglicht einen Vergleich der Zahlen für die Einfuhren der von den Maßnahmen betroffenen Waren mit den Zahlen, die für Zeiträume vor der Einführung der Maßnahmen gemeldet wurden, sowie eine rasche Bewertung der Effizienz und der Auswirkungen der Maßnahmen. Darüber hinaus werden in dem System auch Informationen über Rentabilität, Beschäftigung und Investitionen aus aufeinanderfolgenden Auslaufüberprüfungen gespeichert. Dadurch kann die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage des Wirtschaftszweigs der Union verfolgt werden.

(1)    Betrifft die Einführung neuer Maßnahmen 2017 und 2018. Zuverlässige Daten für 2019 lagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Berichts nicht vor.
(2)    Dieser Teil des Berichts wurde gemäß den aktualisierten Bestimmungen des Artikels 23 der Antidumpinggrundverordnung (ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21), des Artikels 34 der Antisubventionsgrundverordnung (ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 55) und des Artikels 23 der Schutzmaßnahmengrundverordnung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 16) erstellt.
(3)    Die Maßnahmen werden pro betroffene Ware und pro betroffenes Land gezählt. Ausgeweitet wurden Maßnahmen infolge von Umgehungsuntersuchungen im Rahmen der Durchsetzungstätigkeit der Kommission.
(4)    Alle Unterlagen sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/trade/issues/respectrules/anti_dumping/legis/index_en.htm .
(5)    Die Summe der Einleitungen und die Summe der Abschlüsse stimmen nicht überein, da ein in einem bestimmten Jahr eingeleiteter Fall nicht unbedingt im selben Jahr abgeschlossen wird.
(6)      ABl. L 31 vom 1.2.2019, S. 27.
(7)      ABl. L 248 vom 27.9.2019, S. 28.
(8)      ABl. L 15 vom 17.1.2019, S. 5.
(9)    Diese Regel gilt für nach dem 20. Dezember 2017 eingeleitete neue Untersuchungen und Auslaufüberprüfungen.
(10) Siehe Anhang Ia der Antidumping-Grundverordnung.
(11)    Jedes Mal wurde aus folgenden Gründen ein einziges repräsentatives Land ausgewählt: Es wies ein ähnliches wirtschaftliches Entwicklungsniveau auf wie China, die überprüfte bzw. untersuchte Ware wurde in dem Land hergestellt, und es lagen dort einschlägige öffentliche Daten zu den Herstell- und Verkaufskosten vor.
(12)    Dies kommt zu den üblichen Elementen des Zielpreises hinzu, d. h. zu den tatsächlichen vollen Herstellkosten und einem angemessenen Gewinn.
(13)      Hier ist darauf hinzuweisen, dass Schutzmaßnahmen im Gegensatz zu Antisubventions- und Antisubventionsmaßnahmen in der Regel nicht selektiv (d. h. auf der Grundlage der Meistbegünstigung) angewandt werden.
(14)      OECD (2019), Measuring distortions in international markets: the aluminium value chain, OECD Trade Policy Papers, No. 218, OECD Publishing, Paris.
(15)      ABl. L 143 vom 7.6.2018, S. 1.
(16)      ABl. L 179 vom 3.7.2019, S. 12.
(17)      ABl. C 366 vom 30.10.2019, S. 61.
(18)    Vergleich der Einfuhren vor (d. h. im Untersuchungszeitraum – UZ) und nach den Maßnahmen (im Zeitraum von Oktober 2018 bis September 2019, für den zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Berichts die neuesten vollständigen Daten vorlagen).
(19)    Die Daten beruhen auf den jüngsten Auslaufüberprüfungen. Bei allen ausgewählten Fällen handelt es sich um Maßnahmen, die Gegenstand einer ersten Auslaufüberprüfung waren, die 2019 mit einer Verlängerung abgeschlossen wurde.
(20)    Daten bezogen auf den UZ der Ausgangsuntersuchung.
(21)    Daten bezogen auf den UZ der Überprüfung in der letzten Auslaufüberprüfung.
(22)    Maßnahmen in Bezug auf diese Ware sind seit 2002 in Kraft; gegenüber Russland wurden sie nun jedoch erstmals überprüft (und verlängert).
(23)      Einfuhren, für die Maßnahmen der EU gelten.
(24)    In Bezug auf keramische Tisch- und Küchenartikel sind die Auswirkungen der jüngsten Antiumgehungsmaßnahmen (siehe Abschnitt II.I) noch nicht berücksichtigt.
(25)    Einfuhren aus allen Drittländern, die nicht von Maßnahmen der EU betroffen sind.