8.6.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 190/1


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 8. Mai 2020

zu einem Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in der durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Krise (SURE)

(CON/2020/14)

(2020/C 190/01)

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 2. April 2020 verabschiedete die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung eines Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in der durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Krise (SURE) (nachfolgend der „Verordnungsvorschlag“) (1).

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 Unterabsatz 2 des Vertrags, da der Verordnungsvorschlag die geldpolitischen Funktionen und Geschäfte des ESZB im Rahmen des Kapitels IV der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend die „ESZB-Satzung“) und insbesondere die Artikel 17 und 21.2 der ESZB-Satzung betrifft, die vorsehen, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken (NZBen) Konten für unter anderen öffentliche Stellen eröffnen können und als Fiskalagent für unter anderen Organe der Union und Zentralregierungen tätig werden.

Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

1.   Allgemeine Anmerkungen

Das im Rahmen des Verordnungsvorschlags zu schaffende Instrument (das „SURE-Instrument“) würde finanziellen Beistand in Form von Darlehen („SURE-Darlehen“) der Europäische Union für Mitgliedstaaten vorsehen, die von einer durch den Ausbruch der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) verursachten gravierenden wirtschaftlichen Störung betroffen oder von dieser ernstlich bedroht sind, für die Finanzierung von Kurzarbeit oder ähnlichen Maßnahmen, die auf den Schutz von Beschäftigten und Selbstständigen abzielen und damit Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste verringern (2). Der Gesamtumfang der Darlehen würde 100 Mrd. EUR betragen. Die EZB begrüßt die Billigung der Einigung der Euro-Gruppe auf drei Sicherheitsnetze für Arbeitnehmer, Unternehmen und Staaten, d. h. auf das SURE-Instrument zusammen mit der Pandemie-Krisenhilfe des Europäischen Stabilitätsmechanismus und einem paneuropäischen Garantiefonds (3) durch den Europäischen Rat.

2.   Spezifische Anmerkungen

Nach Artikel 10 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags wird die Kommission mit der EZB die für die Verwaltung der Darlehen notwendigen Vorkehrungen treffen. Nach Artikel 10 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags wird der begünstigte Mitgliedstaat für die Verwaltung des erhaltenen finanziellen Beistands ein Sonderkonto bei seiner NZB eröffnen. Ferner überweist er die im Rahmen des Darlehens fälligen Tilgungs- und Zinszahlungen zwanzig TARGET2-Geschäftstage vor dem entsprechenden Fälligkeitstermin auf ein Konto der Union bei der EZB.

Wie bereits erwähnt, können nach Artikel 17 und Artikel 21.2 der ESZB-Satzung die EZB und die NZBen Konten eröffnen und als Fiskalagent für die Kommission und die Mitgliedstaaten tätig werden. Auf dieser Grundlage haben die EZB und die NZBen in der Vergangenheit die sich aus den wirtschaftlichen Anpassungsprogrammen in Bezug auf die Verwaltung von Darlehen ergebenden Aufgaben wahrgenommen, wie beispielsweise beim Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) (4) und bei der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands (MFB) der Union, die es ermöglichen, den hinsichtlich ihrer Zahlungsbilanz oder Kapitalbewegungen von Schwierigkeiten betroffenen oder von diesen ernstlich bedrohten Mitgliedstaaten Darlehen zu gewähren (5). Um sicherzustellen, dass die Organisation der ESZB-Geschäfte vom ESZB als interne Angelegenheit behandelt wird, wird vorgeschlagen, auf den begünstigten Mitgliedstaat zu verweisen, der die im Rahmen des Darlehens fälligen Zahlungen vor dem entsprechenden Fälligkeitstermin auf Konten beim ESZB überweist.

Diese Stellungnahme wird auf der Website der EZB veröffentlicht.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 8. Mai 2020.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)  COM (2020) 139 final.

(2)  Siehe Artikel 1 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags.

(3)  Siehe Einleitende Bemerkungen, Pressekonferenz, Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, Luis de Guindos, Vize-Präsident der EZB, Frankfurt am Main, 30. April 2020, abrufbar auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu.

(4)  Siehe Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1); Beschluss EZB/2010/17 der Europäischen Zentralbank vom 14. Oktober 2010 über die Verwaltung der von der Union im Rahmen des europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus abgeschlossenen Anleihe- und Darlehenstransaktionen (ABl. L 275 vom 20.10.2010, S. 10).

(5)  Siehe Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 332/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 zur Einführung einer Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands zur Stützung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten (ABl. L 53 vom 23.2.2002, S. 1); Beschluss EZB/2003/14 der Europäischen Zentralbank vom 7. November 2003 zur Verwaltung der im Rahmen der Fazilität des mittelfristigen finanziellen Beistands von der Europäischen Gemeinschaft abgeschlossenen Anleihe- und Darlehensgeschäfte (ABl. L 297 vom 15.11.2003, S. 35).