5.2.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 39/11


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Empfehlungen zur Erarbeitung wirksamer regionaler Entwicklungsstrategien über 2020 hinaus

(2020/C 39/03)

Berichterstatter

:

Adam Struzik (PL/EVP), Marschall der Woiwodschaft Masowien

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

spricht Empfehlungen zur effizienten Konzipierung von Strategien für die regionale Entwicklung für die Zeit nach 2020 aus, wobei er sich auf Analysen der für die strategische Lage der Regionen ausschlaggebenden Faktoren stützt, den Herausforderungen Rechnung trägt, denen sich die Regionen gegenübersehen, und sich die bisherigen Erfahrungen mit der Kohäsionspolitik zunutze macht;

2.

hebt hervor, dass diese Empfehlungen nur die prioritären Investitionsbereiche sowie die Rahmenbedingungen für wirksame regionale Entwicklungsstrategien betreffen;

3.

weist darauf hin, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Hinblick auf den tatsächlichen Bedarf klar definierte mittel- bis langfristige Entwicklungsstrategien brauchen, die sich sowohl auf die Trendprognosen und Herausforderungen als auch auf die spezifischen Gegebenheiten in den einzelnen Gebieten stützen;

4.

erinnert daran, dass die Optimierung der Funktionsweise der Gebietskörperschaften (Regionen, Kreise und Gemeinden) und ihrer Entwicklung mittels einer ausgewogenen Nutzung der regionalen Faktoren und Ressourcen zur Herstellung von Waren und Dienstleistungen den wichtigsten Aspekt territorialer Strategieplanung bildet;

5.

weist darauf hin, dass Entwicklungsstrategien eines der wichtigsten Instrumente für die regionale und lokale Verwaltung sind, denn in enger Anlehnung an die Vision von der künftigen Entwicklung Europas wird darin die Richtung für Beschlüsse und Maßnahmen zur Festlegung von Zielen und Prioritäten vorgegeben;

6.

weist darauf hin, dass Regionalentwicklungsstrategien und Strategien für eine intelligente Spezialisierung somit wichtige Instrumente zur Erzielung von Synergien und Komplementaritäten zwischen den einzelnen sektorspezifischen Instrumenten sind und im Einklang mit dem jeweiligen Ansatz für die wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung der einzelnen Gebiete auch für eine angemessene Einbindung der Interessenträger sorgen;

7.

weist auf die Diskrepanz zwischen dem Europäischen Semester und den Zielen der Kohäsionspolitik hin. Die Kohäsionspolitik ist eine eigenständige Politik, und das Vertragsziel (wirtschaftlicher‚ sozialer und territorialer Zusammenhalt) muss stets gewahrt bleiben. Dazu muss die Aufmerksamkeit auf den Grad der Relevanz der länderspezifischen Empfehlungen und der Programme der Kohäsionspolitik sowie auf die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen nationalen, regionalen und lokalen Behörden sowohl bezüglich der nationalen Reformprogramme (NRP) als auch der Kohäsionsprogramme gelenkt werden;

Empfehlung 1: Die strategische Regionalplanung als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Entwicklung

8.

weist darauf hin, dass die Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts der Europäischen Union nach Maßgabe des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eines der Hauptziele der EU ist;

9.

betont, dass die Kohäsionspolitik die strategischen Ziele in Bezug auf die Bewältigung der Herausforderungen auf europäischer und globaler Ebene mit den langfristigen Entwicklungsstrategien für die regionale und lokale Ebene der Mitgliedstaaten und ihrer Umsetzung vor Ort verknüpfen sollte;

10.

betont ferner, dass die zahlreichen Herausforderungen, denen sich die Städte und Regionen gegenübersehen, eine starke territoriale Dimension aufweisen, da sie über die einzelnen Gebiete und deren Verwaltungsgrenzen hinaus wirksam sind; weist daher darauf hin, dass die Entwicklungsherausforderungen nicht von einzelnen Gebieten im Alleingang bewältigt werden können; vielmehr steht es im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip gemäß Art. 5 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) jedem einzelnen Gebiet zu, die politischen Leitlinien in Bezug auf die Entwicklung und Vision für ihre jeweilige Gemeinschaft eigenständig zu formulieren;

11.

hebt die Bedeutung territorialer Strategien für die integrierte und koordinierte Steuerung von Investitionen hervor, wobei „integriert“ bedeutet, dass alle Verwaltungsebenen — von der lokalen bis zur europäischen — gemeinsam auf die Verwirklichung der Ziele des jeweiligen Gebiets hinarbeiten, und „koordiniert“ so zu verstehen ist, dass die einzelnen Finanzierungsquellen einander ergänzen und zur Erreichung derselben vereinbarten territorialen Ziele beitragen;

12.

betont, dass es überaus wichtig ist, finanzielle und strategische Entscheidungen auf die aktuellen sozioökonomischen Entwicklungsindikatoren zu stützen. Die Vorschläge für die Finanzielle Vorausschau 2021-2027 stützen sich auf die Daten für den Zeitraum 2014-2016, woraus sich eine erheblich verzerrte Darstellung der gegenwärtigen sozioökonomischen Lage in den Regionen ergibt. Für die Analyse sollten nur Indikatoren herangezogen werden, die eine nicht länger als drei Jahre vor dem Finanzierungszeitraum liegende Zeitspanne betreffen, d. h. in diesem Fall Indikatoren für die Jahre 2017-2019;

13.

hebt hervor, dass bei der Gestaltung der künftigen Entwicklungspolitik sowie insbesondere im Zusammenhang mit dem mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für die finanzielle Vorausschau für den Zeitraum 2021-2027 und darüber hinaus die derzeitigen statistischen Einteilungen zu berücksichtigen sind; fordert die Europäische Kommission deshalb auf, bei der Festlegung des MFR ihren Ansatz für den vorgenannten Bereich grundlegend zu überdenken;

14.

weist darauf hin, dass Eurostat in die Umgestaltung des Ansatzes und die Umsetzung der Empfehlungen eingebunden werden muss. Zudem sollte Eurostat sich intensiver um eine Optimierung des Systems zur Erhebung und Verarbeitung von Daten, die bei der Anpassung an die neuen Erfordernisse helfen und die Zusammenarbeit verbessern, sowie um eine wirksamere Datenbeschaffung bemühen;

15.

erinnert daran, dass das BIP eine Messgröße für die Produktion ist und nicht zur Messung der ökologischen Nachhaltigkeit, der effizienten Ressourcennutzung, der sozialen Integration und des sozialen Fortschritts im Allgemeinen taugt; weist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit weiterer Indikatoren hin, die die Lebensqualität angemessener und klarer messen und das BIP ergänzen;

16.

dringt auf die Entwicklung eindeutiger und messbarer Indikatoren, mit denen dem Klimawandel, der Artenvielfalt, der Ressourceneffizienz und der sozialen Inklusion Rechnung getragen werden kann; plädiert des Weiteren dafür, Indikatoren zu entwickeln, die sich mehr auf die Lage der Privathaushalte konzentrieren und deren Einkommen, Verbrauch und Vermögen widerspiegeln;

Empfehlung 2: Die Ziele für nachhaltige Entwicklung als Grundlage für langfristige Strategien der Städte und Regionen

17.

weist darauf hin, dass sowohl die Strategie Europa 2020 als auch der Gemeinsame Strategische Rahmen einen Rahmen und Leitlinien für die Ausarbeitung von Partnerschaftsvereinbarungen und Programmen im Rahmen der Kohäsionspolitik 2014-2020 geboten und insbesondere für die Abstimmung zwischen den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) und anderen Instrumenten gesorgt haben;

18.

weist auf die Notwendigkeit hin, in der Nachfolge der Strategie Europa 2020 einen Rahmen für die langfristige politische Ausrichtung der EU festzulegen, der die Ausarbeitung einzelstaatlicher und regionaler bzw. lokaler Strategien ermöglicht, die zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen, und bei dem auch die Vorteile grenzübergreifender Partnerschaften zur Lösung gemeinsamer Herausforderungen berücksichtigt werden;

19.

begrüßt, dass mit dem EU-Reflexionspapier „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ eine Debatte angestoßen wurde, und fordert die Kommission und den Europäischen Rat auf, die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und ihrer 17 Ziele als politische Priorität und übergeordnetes Ziel der nächsten strategischen Agenda der Europäischen Union für den Zeitraum 2019–2024 und darüber hinaus anzuerkennen;

20.

ist der Auffassung, dass die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und die dazugehörigen politischen Strategien im Einklang mit dem Grundsatz der Mehrebenenregierung festgelegt werden sollten, in die sämtliche Verwaltungsebenen und Interessenträger entsprechend eingebunden sind und die die Ermittlung differenzierter Ziele auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ermöglicht;

21.

weist darauf hin, dass die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung kein spezifisch regionales Ziel umfassen, das die im AEUV verankerten Ziele zur Gewährleistung einer ausgewogenen regionalen Entwicklung in der EU und zur Verringerung der Entwicklungsunterschiede zwischen den einzelnen Regionen aufgreift und sicherstellt, dass kein Gebiet zurückgelassen wird;

22.

empfiehlt den Städten und Regionen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung als Leitgrundsätze bei der Erarbeitung ihrer regionalen bzw. lokalen Entwicklungsstrategien zugrunde zu legen, zumal die Agenda 2030 für ein nachhaltiges Europa noch nicht vorliegt. Hierzu ist es erforderlich, dass die Städte und Regionen als jene Beschlussfassungsebenen, die den Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und örtlichen Gruppen am nächsten stehen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung an die Gegebenheiten vor Ort anpassen;

Empfehlung 3: Die Städte und Regionen sollten ihre Strategien für die regionale Entwicklung auf eine genaue Zukunftsanalyse stützen

23.

betont, dass bei der Erarbeitung wirksamer Strategien für die regionale Entwicklung künftigen Trends Rechnung getragen werden muss. Langfristige Planung, Prognosen und andere strategische Vorhersagemethoden sind somit wichtige Instrumente für die Gestaltung der künftigen Regionalpolitik;

24.

hebt hervor, dass die regionalen Entwicklungsstrategien nach 2020 mit der neuen territorialen Agenda verknüpft werden müssen, damit EU-weit Erfolge erzielt werden können;

25.

weist darauf hin, dass die wichtigsten Entwicklungsaufgaben der Zukunft, die es in den regionalen Strategien zu berücksichtigen gilt, im Zusammenhang mit Megatrends oder Umweltveränderungen stehen und daher bedeutende Auswirkungen für die Wirtschaft und die Bevölkerung in sämtlichen Regionen der EU haben werden;

26.

betont, dass der mit Automatisierung und maschinellem Lernen einhergehende technische Wandel erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte haben kann und daher auch die sozioökonomische Entwicklung beeinflussen wird. Abgesehen davon können viele der neuen Technologien den ländlichen Gebiete Vorteile bringen, da sie die Probleme verringern, die sich dort aus der geringen Bevölkerungsdichte und den großen Entfernungen ergeben;

27.

weist darauf hin, dass unbedingt die grundlegende technische Infrastruktur geschaffen werden muss, um die neuen Technologien nutzen zu können. Viele Vorteile der neuen Technologien ergeben sich nicht einfach von selbst, sondern erfordern sich ergänzende politische Maßnahmen, um z. B. sicherzustellen, dass die Menschen über die für die Nutzung dieser Technologien notwendigen Kompetenzen verfügen;

28.

betont, dass die europäische Säule sozialer Rechte vollständig umgesetzt werden muss. Auch wenn sich in der EU soziale Fortschritte erkennen lassen, müssen die Grundsätze der Säule auf sämtlichen Verwaltungsebenen besser umgesetzt werden. Der Sozialfonds erfüllt diesbezüglich die Rolle eines Bindeglieds zwischen den Zielen der sozialen Säule und dem regionalen Bedarf an Maßnahmen und Investitionen für die Entwicklung einer Region, z. B. bei der Bereitstellung der erforderlichen Qualifikationen;

29.

stellt fest, dass es im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu Veränderungen auf den Arbeitsmärkten kommt; fordert daher, für neue Geschäftsmodelle zu sorgen, die die Arbeitnehmerrechte wahren, und bei neuen Beschäftigungsformen eine angemessene Bezahlung, soziale Absicherung und Schutz vor Diskriminierung sicherzustellen;

30.

weist auf die Notwendigkeit einer kohärenteren Raumplanung unter Berücksichtigung der Anpassung an den Klimawandel hin; weist zudem darauf hin, dass die Raumplanung eine Schlüsselrolle bei der Begrenzung der Risiken spielt, die sich aufgrund der Zunahme von extremen Wetterereignisse und Naturkatastrophen ergeben;

31.

betont die wichtige Rolle der grünen und der blauen Infrastruktur für die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an diesen Wandel sowie für die Verhinderung des Verlusts der Artenvielfalt; fordert die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften außerdem dazu auf, der Artenvielfalt in ihrer Beschlussfassung und ihren Strategiepapieren Rechnung zu tragen;

32.

bedauert, dass der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) aus der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen herausgenommen wurde. Zusammen mit den abweichenden Bestimmungen in den sektorspezifischen Verordnungen wird dies die Abstimmung bei den Mitteln für die Bereiche Klimawandel und Artenvielfalt sowie allgemeine fondsübergreifende Strategien und Kooperationsstrukturen auf der regionalen Ebene erschweren;

33.

hebt die Notwendigkeit hervor, die Umweltauswirkungen schon zu Beginn der strategischen Infrastrukturplanung zu berücksichtigen und auch die einschlägigen strategischen Umwelt- und Umweltverträglichkeitsprüfungen ordnungsgemäß durchzuführen, wodurch in weiterer Folge zudem weniger Probleme bei der Genehmigung und Umsetzung der Projekte auftreten;

34.

ist der Auffassung, dass der territoriale Ansatz die regionale bzw. lokale Identität widerspiegeln muss, und erinnert daran, dass den einzelnen Kommunen eine direkte Zuständigkeit und Verantwortung für die Festlegung politischer Maßnahmen im Einklang mit den jeweiligen territorialen, sozialen und kulturellen Besonderheiten zukommt; betont diesbezüglich, dass sich jede Region durch für sie spezifische Merkmale auszeichnet, die ein wichtiger Wachstumsfaktor sind und bei der Bewältigung von Krisen helfen;

35.

bewertet es kritisch, dass die Kultur in der Strategie Europa 2020 für die künftige Entwicklung der Europäischen Union nicht vorkommt; fordert daher, die Kultur mit ihren Institutionen und Orten als strategischen Bereich in die nächste Strategie und Politikplanung aufzunehmen; fordert in diesem Zusammenhang jene Regionen, die ihr kulturelles Erbe als eine ihrer Hauptstärken betrachten, dazu auf, dem in ihren Strategien für intelligente Spezialisierung Rechnung zu tragen;

Empfehlung 4: Investitionen in den Aufbau institutioneller und administrativer Kapazitäten als Voraussetzung für eine effiziente Verwendung öffentlicher Gelder

36.

betont, dass das Gelingen der integrierten Politikgestaltung in hohem Maße von der Qualität der nationalen und regionalen Verwaltungen abhängt und die institutionellen und administrativen Kapazitäten ein Schlüsselfaktor für die ordnungsgemäße Verwaltung der ESIF-Programme sind, aber auch eine wichtige Rolle zur Stärkung des wirtschaftlichen Wohlstands insgesamt spielen;

37.

hebt hervor, dass die Wirksamkeit öffentlicher Ausgaben zahlreichen Studien zufolge stärker mit einer guten Verwaltung und der Leistungsfähigkeit der Institutionen als mit den makroökonomischen Eckdaten zusammenhängt. Daher korreliert die Kapitalrendite direkt mit dem Investitionsniveau, aber auch mit der Qualität der Verwaltung;

38.

ist der Auffassung, dass eine gute Regierungsführung (und allgemein Verwaltung) ein Schlüsselelement für die erfolgreiche Umsetzung regionaler und lokaler Entwicklungsstrategien ist; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die EU ebenso wie die Städte und Regionen Führungspersönlichkeiten brauchen, die keine Angst davor haben, Zukunftsvisionen für ihre Gebiete zu entwerfen und diese in Entwicklungsstrategien zu gießen; Die Aktivität der Regionalregierungen ist eine unabdingbare Voraussetzung für die regionale Entwicklung;

39.

fordert, die Entwicklung digitaler Kompetenzen und Qualifikationen der Bürgerinnen und Bürger auf allen Bildungsebenen angemessen zu fördern; ist der Ansicht, dass die Entwicklung der digitalen Kompetenzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU eine notwendige Voraussetzung dafür ist, den Wandel der Arbeitsmärkte zu bewältigen sowie Fachkräftemangel und Qualifikationslücken zu verhindern;

Empfehlung 5: Förderung von Synergien zwischen den Fonds und anderen Akteuren

40.

weist darauf hin, dass die Kohäsionspolitik — wie alle anderen Politikbereiche der EU auch — zur Umsetzung der grundlegenden, in den Verträgen verankerten Ziele beitragen muss. Gleichzeitig müssen die anderen EU-Politikbereiche aber auch zur Verwirklichung der vertraglich verankerten kohäsionspolitischen Ziele beitragen;

41.

weist zudem darauf hin, dass die einzelnen ESI-Fonds zwar im Vertrag festgeschriebene und nach wie vor aktuelle spezifische Aufgaben erfüllen, in ihrer Gesamtheit zudem aber einen Beitrag zur Umsetzung der kohäsionspolitischen Ziele leisten können, wobei jeder dieser Fonds auch zur Erfüllung der Aufgaben der anderen Fonds beiträgt;

42.

hebt hervor, dass es zur Erzielung von Synergien und zur Stärkung der Wirkung und Effizienz der einzelnen Instrumente entscheidend darauf ankommt, die Strategien und Arten der Maßnahmen sowie die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren gleich zu Beginn der Programmplanung anzupassen;

43.

weist darauf hin, wie wichtig Transparenz und der strategische Einsatz öffentlicher Aufträge auf allen Verwaltungsebenen insbesondere im Hinblick auf klare und eindeutige Grundsätze sind. Dabei gilt es, Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, zwischen den einzelnen Regierungs- und Verwaltungsebenen bzw. zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zu vermeiden und die Verwaltungslast möglichst gering zu halten;

44.

ist der Auffassung, dass die auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzten Initiativen, Strategien, Aktionspläne und öffentlich-privaten Partnerschaften in den Fächern MINT+GK (Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften, Technik, Geisteswissenschaften und Kunst) einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Entwicklungsunterschiede in Europa leisten können; ist zudem der Auffassung, dass durch die Einstufung der MINT+GK-Bildung als Priorität der lokalen und regionalen Politik sowie durch die vorrangige Behandlung jener Initiativen für die Zusammenarbeit und Investitionen, die auf die Entwicklung dieser Fächer abzielen, erheblich zur Abfederung der negativen Auswirkungen der Abwanderung der besten Köpfe beigetragen werden kann;

Empfehlung 6: Territoriale Zusammenarbeit in funktionalen Gebieten

45.

weist darauf hin, dass die Verwaltungsgrenzen häufig nicht den wirtschaftlichen Verflechtungen entsprechen, die in dem gesamten Gebiet bestehen. So können beispielsweise wichtige Verbindungen zwischen Städten und den sie umgebenden Einzugsgebieten, zwischen ländlichen und städtischen Gebieten sowie zwischen benachbarten Regionen in verschiedenen Ländern bestehen;

46.

betont, dass die territorialen Auswirkungen in fast allen Entwicklungsfragen über die lokale Ebene und die Verwaltungsgrenzen hinausreichen, wobei die Beschlüsse auf den verschiedenen Ebenen gemeinsam gefasst werden müssen. Diesen Beschlüssen muss ein gemeinsamer Dialog von Anfang an vorausgehen, um Antworten auf die zu lösenden Fragen zu suchen;

47.

ist der Auffassung, dass der Situation von abgelegenen Regionen, von Regionen in (äußerster) Randlage, von dünn besiedelten Regionen, Grenzregionen sowie von Regionen mit etwaigem Entwicklungsrückstand und besonderen Problemen (insbesondere Berg- und Inselregionen) insbesondere im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Anbindung sowie ihrer Verbindungen untereinander besonderes Augenmerk geschenkt werden muss;

48.

empfiehlt die Ausarbeitung gemeinsamer Strategien für funktionale Gebiete und, soweit möglich, die Anpassung der einschlägigen Strategien und Programme;

Empfehlung 7: Gemeinsame Projekte zwischen nationalen bzw. regionalen ESIF-Programmen von Nachbarländern

49.

empfiehlt den Verwaltungsbehörden, die sich aus der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für die Kohäsionspolitik (Artikel 57 Absatz 4 des Kommissionsvorschlags) ergebenden Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um mit Blick auf die grenzübergreifenden funktionalen Gebiete gemeinsame interregionale bzw. grenzübergreifende Projekte zwischen regionalen ESIF-Programmen zu planen. Bei der Entwicklung derartiger Projekte ist auch eine enge Abstimmung zwischen den einschlägigen Interreg-Programmen erforderlich, um sicherzustellen, dass sich diese wechselseitig ergänzen und Doppelgleisigkeiten vermieden werden;

50.

spricht sich weiterhin für den vorgeschlagenen EU-Mechanismus für grenzüberschreitende Zusammenarbeit aus, der enorme Bedeutung für die Beseitigung von Hindernissen und Engpässen bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hätte;

51.

betont, dass die EU unbedingt eine echte Strategie für Kulturdiplomatie auf den Weg bringen muss. Hierzu müssen die Kommunikation sowie der künstlerische und kulturelle Austausch zwischen den EU-Regionen — insbesondere jenen in äußerster Randlage — und Drittstaaten gestärkt werden, u. a. durch Mittel, die es Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen, in Drittländer zu reisen und ihre Werke dort zu präsentieren und umgekehrt;

Empfehlung 8: Stärkung des territorialen Ansatzes durch Ausschöpfung des gesamten Potenzials integrierter Instrumente (z. B. von der örtlichen Bevölkerung betriebene lokale Entwicklung (CLLD) und integrierte territoriale Investitionen (ITI))

52.

hebt hervor, dass die Stärkung des Zusammenhalts auf regionaler und lokaler Ebene — auch über Grenzen hinweg — einen von der Basis ausgehenden, gebietsbezogenen Ansatz benötigt, um geeignete Lösungen vor Ort zu entwickeln;

53.

empfiehlt die Entwicklung territorialer Strategien für alle Programme; betont in diesem Zusammenhang den zusätzlichen Nutzen fondsübergreifender Programme und fordert eine umfassendere Nutzung territorialer Instrumente in funktionalen Gebieten;

54.

hebt die Rolle der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung (CLLD) als spezifischem Instrument für die subregionale Ebene hervor, das andere Formen der Unterstützung auf der lokalen Ebene ergänzt;

55.

ist der Auffassung, dass die CLLD durch die Beteiligung, Konsultation und Zusammenarbeit der örtlichen Bevölkerung und sämtlicher öffentlicher und privater Akteure einen besonderen Mehrwert bietet und die Nutzung des vor Ort vorhandenen Fachwissens und die Berücksichtigung der spezifischen Erfordernisse der einzelnen Gebiete gewährleistet;

56.

weist auf die wichtige Rolle hin, die die intelligente Spezialisierung insbesondere dank der europäischen Forschungsförderung für die Stärkung regionaler Innovationssysteme, den Wissensaustausch zwischen den Regionen und die Verstärkung der Synergien spielt.

Brüssel, den 8. Oktober 2019.

Der Präsident

des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ