23.12.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 449/22


P8_TA(2019)0078

Umsetzung der Bestimmungen des Vertrags über die Befugnisse des Parlaments zur politischen Kontrolle der Kommission

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2019 zur Umsetzung der Bestimmungen des Vertrags über die Befugnisse des Parlaments zur politischen Kontrolle der Kommission (2018/2113(INI))

(2020/C 449/04)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Bestimmungen des Vertrags über die politische Kontrolle der Kommission durch das Europäische Parlament, insbesondere auf die Artikel 14, 17 und 25 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und die Artikel 121, 159, 161, 175, 190, 225, 226, 230, 233, 234, 249, 290, 291, 319 und 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),

unter Hinweis auf Artikel 17 EUV, durch den die Kommission damit betraut wird, die allgemeinen Interessen der Union zu fördern, und durch den der Kommission das alleinige Initiativrecht „zu diesem Zweck“ übertragen wird;

unter Hinweis auf die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission,

unter Hinweis auf die Interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) über bessere Rechtsetzung von 2016 und die Interinstitutionelle Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung von 2013,

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 zur Verbesserung der Funktionsweise der Europäischen Union durch Ausschöpfung des Potenzials des Vertrags von Lissabon (1),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. Februar 2017 zu möglichen Entwicklungen und Anpassungen der derzeitigen institutionellen Struktur der Europäischen Union (2),

unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 7. Februar 2018 über die Überarbeitung der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission, insbesondere dessen Ziffern 2 und 8, in denen bekräftigt wird, dass das Spitzenkandidaten-Verfahren eine erfolgreiche konstitutionelle und politische Praxis darstellt, die das in den Verträgen vorgesehene interinstitutionelle Gleichgewicht widerspiegelt (3),

unter Hinweis auf seine legislative Entschließung vom 16. April 2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments über Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts des Europäischen Parlaments und zur Aufhebung des Beschlusses 95/167/EG, Euratom, EGKS des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (4) sowie auf die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen,

unter Hinweis auf den Bericht der Europäischen Bürgerbeauftragten über die Sitzungen und die Einsichtnahme in Dokumente — Gemeinsame Beschwerden 488/2018/KR und 514/2018/KR zur Ernennung eines neuen Generalsekretärs durch die Kommission — und auf die Empfehlung der Europäischen Bürgerbeauftragten in diesen Fällen,

gestützt auf seine Geschäftsordnung, einschließlich Artikel 52, sowie auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe e und Anlage 3 des Beschlusses der Konferenz der Präsidenten vom 12. Dezember 2002 betreffend das Verfahren zur Genehmigung der Ausarbeitung von Initiativberichten,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und die Stellungnahme des Haushaltskontrollausschusses (A8-0033/2019),

A.

in der Erwägung, dass der institutionelle Rahmen der Union, wie er in den Verträgen verankert ist, dem Parlament als Gesetzgebungsorgan der Union die Verantwortung für die politische Aufsicht über die Kommission überträgt;

B.

in der Erwägung, dass das Parlament über eine Reihe von Instrumenten verfügt, um die Kommission zur Rechenschaft zu ziehen, beispielsweise den Misstrauensantrag (Artikel 17 EUV und Artikel 234 AEUV), die Möglichkeit, den Präsidenten der Kommission aufzufordern, einem einzelnen Mitglied der Kommission das Vertrauen zu entziehen (Artikel 118 Absatz 10 der Geschäftsordnung des Parlaments), das Untersuchungsrecht (Artikel 226 AEUV), die Zuständigkeit für die Kontrolle von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten (Artikel 290 und 291 AEUV), das Recht, Anfragen zur mündlichen bzw. schriftlichen Beantwortung zu stellen (Artikel 230 Absatz 2 AEUV) sowie das Recht, Gerichtsverfahren gegen die Kommission bezüglich einer Frage der Rechtmäßigkeit (Artikel 263 AEUV) oder bezüglich eines Versäumnisses der Kommission, tätig zu werden, einzuleiten;

C.

in der Erwägung, dass das Parlament neben diesen Instrumenten über eine Reihe von Instrumenten der Lenkungsaufsicht verfügt, mit denen es die politische Agenda der Union vorausschauend gestalten kann;

D.

in der Erwägung, dass der Haushalt das wichtigste Instrument der Europäischen Union ist, mit dem sie ihre Ziele und Strategien verwirklicht, weshalb der Haushaltskontrolle größte Bedeutung zukommt;

E.

in der Erwägung, dass das Spitzenkandidaten-Verfahren das interinstitutionelle Gleichgewicht zwischen dem Parlament und der Kommission widerspiegelt und mithin die Verbindungen zwischen den beiden Organen erheblich gefestigt und gestärkt wurden, was zu einer stärkeren Politisierung der Kommission geführt hat, die eine verstärkte parlamentarische Kontrolle ihrer Exekutivfunktionen zur Folge haben sollte;

F.

in der Erwägung, dass nach Artikel 17 EUV der Präsident der Kommission vom Parlament auf Vorschlag der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Wahl zum Europäischen Parlament und der Beratungen mit dem Europäischen Parlament gewählt wird; in der Erwägung, dass Artikel 17 EUV zudem vorsieht, dass dasselbe Verfahren — einschließlich der Beratungen mit dem Europäischen Parlament — anzuwenden ist, falls das Parlament den vorgeschlagenen Kandidaten ablehnt;

G.

in der Erwägung, dass alle designierten Mitglieder der Kommission vor dem Amtsantritt des Kollegiums einer Anhörung unterzogen werden, und in der Erwägung, dass das Parlament während seines Mandats die von den designierten Mitgliedern der Kommission im Rahmen ihrer Ernennungsanhörungen zum Ausdruck gebrachten Zusagen und Prioritäten überprüfen kann, einschließlich einer Beurteilung der Frage, ob sie aufgrund ihres persönlichen Hintergrunds qualifiziert sind, die Anforderungen, die das Amt mit sich bringt, zu erfüllen;

H.

in der Erwägung, dass die Verträge dem Parlament das Recht dazu verleihen, über einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Kommission abzustimmen, nicht jedoch dazu, einem einzelnen Mitglied der Kommission das Vertrauen zu entziehen;

I.

in der Erwägung, dass das Parlament trotz der gemeinsamen Verantwortung des Kollegiums der Kommissionsmitglieder die wirksame politische Kontrolle der Arbeit jedes einzelnen Mitglieds der Kommission sicherstellen sollte;

J.

in der Erwägung, dass die kürzlich erfolgte Ernennung des neuen Generalsekretärs der Kommission Anlass zu schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich der Rolle hoher Beamter der Kommission und der politischen Einflussnahme durch hohe Beamte der Kommission gibt;

K.

in der Erwägung, dass im Anschluss an die Ernennung des neuen Präsidenten der Kommission und der neuen Kommissionsmitglieder im Jahr 2019 ein neues, vorschriftsgemäßes Verfahren für die Besetzung des Postens des Generalsekretärs der Kommission durchgeführt werden sollte;

L.

in der Erwägung, dass die Kommission gemäß dem Vertrag verpflichtet ist, dem Parlament regelmäßig Bericht zu erstatten, nämlich jährlich in einem Gesamtbericht über die Tätigkeit der Union (Artikel 249 AEUV), alle drei Jahre über die Anwendung der Bestimmungen über Nichtdiskriminierung und Unionsbürgerschaft (Artikel 25 AEUV), über die Ergebnisse der multilateralen Überwachung der Wirtschaftspolitik (Artikel 121 Absatz 5 AEUV), alle drei Jahre über die Fortschritte in der Sozialpolitik (Artikel 159 und 161 AEUV), alle drei Jahre über die Fortschritte bei der Verwirklichung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts (Artikel 175 AEUV), jährlich über Tätigkeiten auf dem Gebiet der Forschung in der Union (Artikel 190 AEUV), jährlich über Betrugsbekämpfung (Artikel 325 AEUV) und bei Verhandlungen mit Drittländern oder internationalen Organisationen (Artikel 207 AEUV);

M.

in der Erwägung, dass die Kommission überdies — was das Sekundärrecht anbelangt — gehalten ist, verschiedene Richtlinien und Verordnungen zu überprüfen und zu bewerten und über ihre Erkenntnisse Bericht zu erstatten;

N.

in der Erwägung, dass das Parlament mit der Annahme der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission bei der Gestaltung der legislativen Agenda, die von der Kommission jedes Jahr im Arbeitsprogramm der Kommission vorgeschlagen wird, zusätzliche Verhandlungsmacht erhalten hat;

O.

in der Erwägung, dass das Parlament seit der Annahme des Vertrags von Lissabon zu einem echten Mitgesetzgeber im Haushaltsbereich geworden ist und der Kommission Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans der Union erteilen muss;

P.

in der Erwägung, dass das Parlament nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon seinen Einfluss auf die Kontrolle der Außenpolitik der Union ausgeweitet hat, indem es die Befugnis der Zustimmung über den Abschluss internationaler Abkommen erlangt hat und daher das Recht hat, von der Kommission in allen Phasen der Aushandlung solcher Abkommen unverzüglich und umfassend unterrichtet zu werden (Artikel 218 AEUV, Artikel 50 EUV);

Q.

in der Erwägung, dass die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über dessen Austritt aus der Europäischen Union mit beispielhafter Transparenz und unter Einbeziehung des Parlaments geführt wurden;

R.

in der Erwägung, dass die Kontrollrechte des Parlaments in Bezug auf delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte sehr unterschiedlich sind; in der Erwägung, dass das Parlament das Recht hat, Einspruch gegen einen delegierten Rechtsakt einzulegen bzw. die Befugnisübertragung zu widerrufen, seine Beteiligung im Fall von Durchführungsrechtsakten jedoch wesentlich weniger umfassend ist;

S.

in der Erwägung, dass das Konzept der Exekutive der Union aufgrund der derzeitigen institutionellen Struktur der Union und in Ermangelung einer genauen Definition der Exekutive in den Verträgen komplex und auf die europäische, nationale und regionale Ebene verteilt ist;

T.

in der Erwägung, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen und regionalen Parlamenten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und im Einklang mit Artikel 10 Absatz 2 EUV entscheidend ist, um das Problem der parlamentarischen Kontrolle der Exekutivfunktionen bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften der Union anzugehen;

U.

in der Erwägung, dass sich die Transparenz und die starke Einbeziehung des Parlaments im Laufe der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich förderlich auf deren Ergebnis ausgewirkt haben und dadurch ein Klima des Vertrauens und der Einheit geschaffen wurde, das sonach als Inspiration für die künftige Praxis in internationalen Verhandlungen dienen sollte;

Wichtigste Schlussfolgerungen

1.

weist erneut darauf hin, dass die Kontrolle der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union eine der Hauptaufgaben des Europäischen Parlaments ist und dass die Rechenschaftspflicht der Kommission gegenüber dem Parlament ein Grundprinzip der Funktionsweise der Union und der internen demokratischen Kontrolle ist;

2.

ist der Ansicht, dass das Parlament seine Instrumente der politischen Kontrolle der Exekutive aus verschiedenen Gründen nicht in vollem Umfang nutzt, wobei einige Gründe der institutionellen Struktur der Union innewohnen und andere beispielsweise die Ergebnisse der sich ändernden interinstitutionellen Dynamik sind, wodurch einige der Instrumente schwer anwendbar oder nicht hinreichend wirksam sind;

3.

würdigt die Möglichkeiten und die erfolgreiche Umsetzung des Spitzenkandidaten-Verfahrens, durch das allen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern ein direktes Mitspracherecht bei der Auswahl des Präsidenten der Kommission eingeräumt wird, indem sie bei der Wahl zum Europäischen Parlament ihre Stimme für eine Liste abgeben, die von ihrem bevorzugten Kandidaten angeführt wird; spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, dieses Verfahren auch bei künftigen Wahlen zum Europäischen Parlament anzuwenden, und legt allen politischen Kräften nahe, an diesem Verfahren mitzuwirken;

4.

weist darauf hin, dass die stärkere politische Verbindung zwischen Parlament und Kommission, die durch das Spitzenkandidaten-Verfahren geschaffen wurde, nicht dazu führen sollte, dass die Kommission einer weniger strengen parlamentarischen Kontrolle unterliegt;

5.

weist darauf hin, dass der in den Verträgen verankerte Schwellenwert für einen Misstrauensantrag darauf abzielt, dass dieses Instrument nur in schwerwiegenden Fällen tatsächlich zur Anwendung kommt; stellt fest, dass die Möglichkeit eines Misstrauensantrags wie in den meisten parlamentarischen Demokratien hauptsächlich abschreckende Wirkung hat; regt dennoch an, dass im Zusammenhang mit einer künftigen Änderung der Verträge Möglichkeiten in Betracht gezogen bzw. geprüft werden, mit denen der Schwellenwert unter Beibehaltung des in den Verträgen vorgesehenen institutionellen Gleichgewichts maßvoll gesenkt wird;

6.

weist darauf hin, dass die Politisierung der Kommission eine unmittelbare Folge der mit dem Vertrag von Lissabon eingeführten Änderungen ist; stellt fest, dass sich diese Änderungen nicht auf Bestimmungen bezogen, mit denen die einzelnen Mitglieder der Kommission zur Rechenschaft gezogen werden können;

7.

hält es für zutiefst bedauerlich, dass die Kommission bei der Ernennung ihres Generalsekretärs nach Einschätzung der Bürgerbeauftragten „die einschlägigen Regeln nicht korrekt anwandte, weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn nach“;

8.

weist darauf hin, dass die Verträge keine klare Definition der Exekutive der EU enthalten und dass je nach Politikbereich andere Organe zuständig sind, und zwar je nachdem, ob die entsprechenden Bereiche der geteilten oder der ausschließlichen Zuständigkeit der Union zuzuordnen sind;

9.

hält es für erforderlich, ein echtes legislatives Zweikammersystem aus Rat und Parlament zu schaffen, bei dem die Kommission als Exekutive fungiert;

10.

weist darauf hin‚ dass die Aufgaben des Parlaments bei der Kontrolle der Exekutive durch vergleichbare Zuständigkeiten der nationalen Parlamente gegenüber ihrer eigenen Exekutive ergänzt werden, wenn es um Angelegenheiten der Europäischen Union geht; vertritt die Ansicht, dass diese Rechenschaftspflicht den Grundstein für die Aufgaben der Kammern der nationalen Parlamente in der Europäischen Union bildet;

11.

ist der Ansicht, dass die Ausübung der Kontrolle der Exekutive durch das Parlament gemäß Artikel 14 EUV durch das Fehlen eines klaren Katalogs von Zuständigkeiten und politischen Maßnahmen der Union und durch die mehrschichtige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der europäischen, nationalen und regionalen Exekutive erschwert, wenn nicht gar manchmal verunmöglicht wird;

12.

weist darauf hin, dass die Verträge dem Europäischen Rat weder legislative Aufgaben noch ein Recht auf legislative Initiative übertragen; ist besorgt darüber, dass der Europäische Rat in den vergangenen Jahren im Widerspruch zu Geist und Buchstaben der Verträge eine Reihe wichtiger politischer Entscheidungen außerhalb des Vertragsrahmens getroffen hat, wodurch diese Entscheidungen de facto von der Kontrolle des Parlaments ausgeschlossen sind und die demokratische Rechenschaftspflicht untergraben wird, die für die Politik der Union von wesentlicher Bedeutung ist;

13.

weist darauf hin, dass das Parlament durch den Vertrag im Rahmen der jährlichen Haushalts- und Entlastungsverfahren umfassende Befugnisse der politischen Kontrolle erhalten hat;

14.

weist erneut darauf hin, dass es sich bei der Entlastung um ein jährliches Verfahren handelt, mit dem sichergestellt wird, dass die Art und Weise, in der die Kommission den Haushaltsplan der Europäischen Union in eigener Verantwortung oder in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ausgeführt hat, einer nachträglichen demokratischen Kontrolle unterzogen wird;

15.

weist darauf hin, dass sich das Entlastungsverfahren als wirksames Instrument erwiesen hat, das sich auf die begrüßenswerte Weiterentwicklung des Haushaltssystems der Union, die Haushaltsführung, die Gestaltung der Agenda und die Art und Weise, wie die Politik der Union festgelegt und umgesetzt wird, auswirkt, und dass es gleichzeitig dazu beigetragen hat, den politischen Einfluss des Parlaments zu vergrößern;

16.

betont, dass mit Artikel 318 AEUV das Instrumentarium der Haushaltsentlastung um ein neues Instrument ergänzt wurde, nämlich die Evaluierung der Finanzen der Union auf der Grundlage der erzielten Ergebnisse;

17.

stellt mit Besorgnis fest, dass keine echten rechtlichen Sanktionen zur Verfügung stehen, wenn das Parlament beschließt, der Kommission die Entlastung zu verweigern; ist jedoch der Auffassung, dass von der Verweigerung der Entlastung ein starkes politisches Signal ausgeht, zumal daraus hervorgeht, dass das Vertrauen des Parlaments in die Rechenschaftslegung der Kommission unzureichend ist, worauf die Kommission reagieren und letztendlich konkrete Folgemaßnahmen ergreifen sollte, um die Situation zu verbessern;

18.

bedauert, dass die institutionelle Praxis der Haushaltsentlastungen es dem Parlament mangels einer loyalen Zusammenarbeit des Rates nicht ermöglicht, den Haushaltsplan des Rates zu kontrollieren, und dass diese Situation einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Verpflichtungen aus dem Vertrag darstellt, wonach das Parlament den Haushalt der Union insgesamt kontrolliert;

19.

regt an, dass im Hinblick auf die Ausweitung des Haushaltskontrollrechts des Parlaments auf den gesamten Unionshaushalt Verhandlungen zwischen dem Rat, der Kommission und dem Parlament aufgenommen werden, damit dem Parlament tatsächlich das Recht gewährt wird, direkt oder über die Kommission Zugang zu Informationen über die Ausführung des Haushaltsplans des Rates zu erhalten, und dass der Rat vom Parlament gestellte Anfragen zur schriftlichen Beantwortung auch beantwortet und an den Anhörungen und Aussprachen im Zusammenhang mit der Ausführung seines Haushaltsplans teilnimmt; ist der Ansicht, dass das Parlament im Fall eines Scheiterns dieser Verhandlungen nur der Kommission Entlastung erteilen sollte und in diese allgemeine Entlastung separate Entschließungen aufnehmen sollte, die sich auf die einzelnen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union beziehen und mit denen sichergestellt wird, dass kein Bereich des Unionshaushalts ohne ordnungsgemäße Kontrolle ausgeführt wird;

20.

weist darauf hin, dass die Organe ihrer Zusage, Kriterien für die Abgrenzung der Verwendung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten festzulegen, noch nicht nachgekommen sind, wenngleich die Transparenz des Verfahrens für delegierte Rechtsakte durch die Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung verbessert wurde;

21.

weist erneut darauf hin, dass die Kommission dem Parlament gemäß Artikel 247 der Haushaltsordnung bis zum 31. Juli des folgenden Haushaltsjahres einen integrierten Rechnungslegungs- und Rechenschaftsbericht übermitteln muss, der insbesondere den endgültigen konsolidierten Rechnungsabschluss, die jährliche Management- und Leistungsbilanz sowie eine Evaluierung der Finanzen der Union auf der Grundlage der in Artikel 318 AEUV genannten Ergebnisse umfassen muss; besteht darauf, dass die jährliche Management- und Leistungsbilanz eine Bewertung sämtlicher Präventiv- und Korrekturmaßnahmen in Bezug auf Mittel, die Gegenstand von Korruption oder Interessenkonflikten sind, enthält;

Empfehlungen

22.

regt an, dass die Instrumente, mit denen die Kommission zur Rechenschaft gezogen werden kann, und die Instrumente der Lenkungsaufsicht miteinander kombiniert werden, um die Wirksamkeit beider Instrumente zu maximieren;

23.

drängt darauf, dass die legislativen Befugnisse und Kontrollrechte des Parlaments — unter anderem durch interinstitutionelle Vereinbarungen und durch Nutzung der entsprechenden Rechtsgrundlage durch die Kommission — garantiert, gefestigt und gestärkt werden;

24.

ist der Ansicht, dass das Parlament seine Arbeitsmethoden reformieren muss, um die Wahrnehmung seiner Aufgaben zur politischen Kontrolle der Kommission zu stärken;

25.

fordert die Kommission auf, die Gesetzgebungsinitiativen, die das Parlament gemäß Artikel 225 AEUV auf den Weg gebracht hat, eingehender zu prüfen; fordert den nächsten Präsidenten der Kommission auf, sich zu diesem Ziel zu bekennen, und begrüßt die einschlägigen Erklärungen der Spitzenkandidaten; hält es für wünschenswert, dass mehr Initiativen in Legislativvorschläge münden; weist erneut darauf hin, dass die Kommission gemäß Artikel 10 der IIV über bessere Rechtsetzung verpflichtet ist, Aufforderungen zur Vorlage von Vorschlägen für Rechtsakte der Union unverzüglich und ausführlich zu prüfen;

26.

spricht der Kommission ein Lob für ihre konstruktive Weiterverfolgung der Empfehlungen des Parlaments aus, die es in seiner Entschließung vom 16. Februar 2017 zur Verbesserung der Funktionsweise der Europäischen Union durch Ausschöpfung des Potenzials des Vertrags von Lissabon zum Ausdruck gebracht hatte;

27.

ist der Ansicht, dass das Parlament zwar im Rahmen der bestehenden Verträge kein förmliches Recht auf Gesetzgebungsinitiativen hat, aber eingehend die Möglichkeit geprüft werden sollte, ihm im Zusammenhang mit künftigen Vertragsänderungen das Initiativrecht in der Gesetzgebung zu übertragen;

28.

befürwortet den Austausch bewährter Verfahren der parlamentarischen Kontrolle zwischen den nationalen Parlamenten, etwa die Durchführung regelmäßiger Sitzungen mit den zuständigen Ministern und den Fachausschüssen in den nationalen Parlamenten vor und nach Ratstagungen und mit Mitgliedern der Kommission in einem angemessenen (Zeit-)Rahmen sowie Sitzungen des Europäischen Parlaments mit den nationalen Parlamenten; befürwortet die Einrichtung eines regelmäßigen Austauschs von Beamten der Organe und Bediensteten der Fraktionen zwischen den Verwaltungsdienststellen des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente, des Europäischen Ausschusses der Regionen und der Regionen der Mitgliedstaaten mit Gesetzgebungskompetenzen;

29.

vertritt die Auffassung, dass die Einführung einer jährlich stattfindenden Europawoche es den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und der Kommission und insbesondere den für breitere Themengebiete zuständigen Vizepräsidenten ermöglichen würde, vor alle nationalen parlamentarischen Versammlungen zu treten und dort die Agenda der Union mit den Mitgliedern der nationalen Parlamente und Vertretern der Zivilgesellschaft zu erörtern und zu erläutern; ist der Ansicht, dass durch diese Initiative die im Vertrag von Lissabon verankerte demokratische Rechenschaftspflicht der Kommission gestärkt werden könnte;

30.

fordert sich selbst auf, seine Kapazität zur Kontrolle der Ausarbeitung und Umsetzung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten zu stärken;

31.

begrüßt, dass die drei Organe derzeit bemüht sind, klare Kriterien für die Abgrenzung der Anwendung von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten festzulegen; fordert, dass diese Kriterien so bald wie möglich angewandt werden;

32.

legt den nationalen Parlamenten und, falls vorhanden, den regionalen Parlamenten nahe, ihre Kapazität zur Kontrolle ihrer Exekutive bei der Beschlussfassung oder bei Vorschlägen für Rechtsvorschriften zur Umsetzung oder Übertragung von Unionsrechtsvorschriften zu erhöhen;

33.

ist der Ansicht, dass bei einer künftigen Vertragsänderung die Instrumente verbessert werden müssen, mit denen einzelne Kommissionsmitglieder während der gesamten Dauer ihrer Amtszeit vom Parlament zur Rechenschaft gezogen werden können, und dass sich dabei auf die in ihrer Tragweite gewissermaßen begrenzten Bestimmungen aufbauen ließe, die in der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission enthalten sind;

34.

fordert die Kommission und den Rat auf, im Einklang mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit einen politischen Dialog über den Vorschlag des Parlaments für eine Verordnung über das Untersuchungsrecht aufzunehmen, um dem Parlament wirksame Befugnisse zu übertragen, mit denen es dieses für die Kontrolle der Exekutive grundlegende parlamentarische Instrument nutzen kann, das in den parlamentarischen Systemen weltweit absolut unersetzlich ist;

35.

ist davon überzeugt, dass parlamentarische Anfragen ein nützliches Kontrollinstrument sind; erachtet es daher als notwendig, eine eingehende Bewertung der Qualität der Antworten der Kommission auf die Anfragen der Mitglieder sowie der Quantität und Qualität der von den Mitgliedern gestellten Anfragen vorzunehmen;

36.

hält die Fragestunde für ein wichtiges Element der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive; fordert die Konferenz der Präsidenten auf, die Fragestunde gemäß Artikel 129 der Geschäftsordnung wieder auf die Tagesordnung der Plenartagung zu setzen;

37.

fordert die Kommission erneut auf, ihre Verwaltungsverfahren für die Ernennung des Generalsekretärs, der Generaldirektoren und der Direktoren zu überprüfen, damit uneingeschränkt sichergestellt ist, dass die besten Kandidaten in einem Rahmen ausgewählt werden, in dem größtmögliche Transparenz und Chancengleichheit gewahrt werden;

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38.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Europäischen Ausschuss der Regionen zu übermitteln.

(1)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 215.

(2)  ABl. C 252 vom 18.7.2018, S. 201.

(3)  ABl. C 463 vom 21.12.2018, S. 89.

(4)  ABl. C 443 vom 22.12.2017, S. 39.