EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 9.4.2019
COM(2019) 176 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK
zur Umsetzung des strategischen Aktionsplans für Batterien: Aufbau einer strategischen Wertschöpfungskette für Batterien
I.WARUM EUROPA EIN STRATEGISCHES KONZEPT FÜR BATTERIEN BENÖTIGT
Die Energiewende hin zu sauberen Quellen ist im Gange. Es ist daher zu erwarten, dass die Nachfrage nach Batterien in den kommenden Jahren massiv ansteigt und dieser Markt damit weltweit an strategischer Bedeutung gewinnt. Manchen Quellen zufolge könnte der potenzielle Marktwert in Europa ab 2025 bei jährlich 250 Mrd. EUR liegen. Diese Entwicklung wird durch die neue, umfassende Gesetzgebung sowie den politischen Rahmen für die Energieunion noch verstärkt, die diese Kommission angenommen hat, um die nachhaltige, sichere und wettbewerbsfähige Gestaltung dieses Wirtschaftszweigs in der EU zu beschleunigen.
Die Kommission hat den Bereich Batterien daher als strategische Wertschöpfungskette identifiziert, wo in der EU im Rahmen einer gefestigten Strategie für die Industriepolitik Investition und Innovation für eine ganzheitliche, nachhaltige und wettbewerbsfähige Industriebasis angekurbelt werden müssen.
In ihrer langfristigen Vision einer klimaneutralen Wirtschaft – „Ein sauberer Planet für alle“ – zeigt die Kommission auf, wie Europa zum Wegbereiter in Richtung Klimaneutralität werden kann und stellt eine solide Arbeitsgrundlage zur Schaffung einer modernen und wohlhabenden klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 zur Verfügung. Sie macht darin deutlich, dass die Elektrifizierung eines der wichtigsten technologischen Mittel ist, um CO2-Neutralität zu erreichen. Die Batterien werden angesichts der wichtigen Rolle, die ihnen bei der Stabilisierung des Stromnetzes und beim Auf- und Ausbau sauberer Mobilität zukommt, ein wichtiger Grundpfeiler der Energiewende sein.
Batterien bieten eine greifbare Chance, diese umfassende Umstellung zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze sowie zur Erhöhung der Wirtschaftsleistung zu nutzen. Sie können die Wettbewerbsfähigkeit und die Spitzenreiterrolle der Industrie, und insbesondere der Automobilindustrie, in der EU entscheidend voranbringen.
Dafür sind erhebliche Investitionen erforderlich. Schätzungen zufolge müssen allein zur Herstellung von Batteriezellen 20 bis 30 Gigafabriken in Europa errichtet und der zugehörige Unterbau beträchtlich erweitert werden. Da Investitionen schnell und in großem Umfang erfolgen müssen, wird die rasche Mobilisierung privater Geldmittel erfolgsentscheidend sein.
Der Anteil Europas an der weltweiten Batteriezellenproduktion liegt derzeit bei nur drei Prozent, während Asien auf 85 Prozent kommt. Werden keine Maßnahmen zur Förderung der Schaffung einer belastbaren Batterieproduktion ergriffen, besteht das Risiko, dass Europa endgültig hinter seinen Konkurrenten auf dem globalen Batteriemarkt zurückbleibt und von der Einfuhr von Batteriezellen und Rohstoffen für die Wertschöpfungskette abhängig wird.
Um eine Abhängigkeit von unseren Konkurrenten im Bereich Technologie zu verhindern und das Beschäftigungs-, Wachstums- und Investitionspotential aus Batterien zu nutzen, muss Europa in diesem weltweiten Wettlauf schnell handeln, um sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine Spitzenreiterrolle in Technologie und Industrie zu sichern. Die Kommission arbeitet mit vielen Mitgliedstaaten und wichtigen Interessenträgern aus der Industrie daran, ein wettbewerbsfähiges, nachhaltiges und innovatives Umfeld für die Batterieherstellung in Europa aufzubauen, das die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt.
Dies ist das wichtigste Ziel der Europäischen Batterie-Allianz (EBA), einer Initiative unter starker Beteiligung der Industrie, die die Kommission im Oktober 2017 ins Leben gerufen hat, um den Ausbau von innovativen Lösungsansätzen und Fertigungskapazitäten in Europa zu fördern. Mit der EBA wird zur Förderung der Zusammenarbeit unter Industriezweigen und entlang der Wertschöpfungskette beigetragen, sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten.
Diese Herangehensweise kann als Vorbild für Maßnahmen der EU in anderen strategischen Bereichen dienen, um weiter gemeinsam auf die Stärken Europas in Industrie und Innovation zu setzen und so die Lücken in der Wertschöpfungskette zu schließen.
Vor diesem Hintergrund hat die Kommission im Mai 2018 den strategischen Aktionsplan für Batterien als Teil des dritten Mobilitätspakets „Europa in Bewegung“ angenommen. So entstand ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Arbeit auf nationaler und regionaler Ebene sowie der Industrie am Aufbau einer Batterie-Wertschöpfungskette in der EU, das die Gewinnung, Beschaffung und Verarbeitung von Rohstoffen, Batteriematerial, Batteriezellenproduktion und Batteriesysteme sowie Wiederverwendung und Recycling abdeckt.
Knapp ein Jahr nach seiner Annahme wurden bereits erhebliche Fortschritte im Bereich der Haupthandlungsfelder des strategischen Aktionsplans erzielt, und vonseiten der Industrie wurden mehrere Großinvestitionen angekündigt. In diesem Bericht wird der derzeitige Stand der wichtigsten bereits ergriffenen Maßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette beleuchtet, und Schwierigkeiten und Möglichkeiten für die EU, die sich in diesem strategisch wichtigen Sektor mit Blick auf Dekarbonisierung und Modernisierung der Wirtschaft ergeben, werden ermittelt.
Streben nach sauberer Mobilität – höhere Nachfrage nach Elektrofahrzeugen
Wie auch heute schon werden der Verkehrssektor im Allgemeinen und der Automobilsektor im Besonderen mittelfristig die dominierende Kraft beim Anstieg der Nachfrage nach Batteriezellen sein. Dieser Umstand wird bei der Preissenkung dank maßgeblicher Größenvorteile entscheidend sein. Weltweit werden derzeit mehr als vier Millionen Elektrofahrzeuge genutzt. Es ist zu erwarten, dass diese Zahl bis 2028 auf 50 bis 200 Millionen und bis 2040 auf bis zu 900 Millionen ansteigt. Batterien machen bis zu 40 % des Wertes eines Fahrzeugs aus.
Angebot von und Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien weltweit, heute und künftig; EU-Anteil an der Herstellung. Quelle: Gemeinsame Forschungsstelle JRC
Gesetzgebungsinitiativen und unterstützende Maßnahmen im Rahmen der Strategie für emissionsarme Mobilität der Kommission sowie der drei Mobilitätspakete „Europa in Bewegung“ werden sich auf Angebot und Nachfrage im Bereich Elektrofahrzeuge und damit im Bereich Batterien auswirken. Zu diesen gehören die kürzlich angenommenen Vorschläge für eine Verordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und die meisten schweren Nutzfahrzeuge sowie die überarbeitete Richtlinie über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, in der der öffentlichen Auftragsvergabe Ziele bezüglich einer emissionsarmen bzw. -freien Fahrzeugflotte gesetzt werden. Fahrzeugemissionen und hohe Luftverschmutzung in einigen Städten haben zu einer Krise geführt und rufen in der Bevölkerung Besorgnis hervor; dies kurbelt die Nachfrage nach saubereren Fahrzeugen an (und die Nachfrage nach Diesel-Fahrzeugen sinkt beträchtlich). Regierungen haben daraufhin Maßnahmen ergriffen (z. B. Verbot von künftigem Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, Einschränkungen und Verbote des Dieselfahrzeugverkehrs in Stadtgebieten) und die Automobilhersteller ihre Geschäfts- und Investitionsstrategien überdacht (z. B. Umstellung der Produktion von Fahrzeugen mit Dieselantrieb auf Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge). Durch eine Neustrukturierung der verkehrsbezogenen Gebühren und Abgaben sollen Kosten für Infrastruktur sowie gesamtwirtschaftliche Kosten künftig berücksichtigt und bei der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren das Verursacherprinzip angewandt werden. Dies wird die Nachfrage noch weiter zugunsten von emissionsarmen und -freien Fahrzeugen verschieben.
Erhebliche Steigerung der Batterienachfrage durch Speicherung von erneuerbarer Energie
Bis 2050 wird der Stromanteil an der Energieendnachfrage mindestens auf das Doppelte (53 %) ansteigen. Es ist zu erwarten, dass 2030 rund 55 % des in der EU verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen werden (ein Anstieg gegenüber den gegenwärtigen 29 %). 2050 wird dieser Wert voraussichtlich bei über 80 % liegen. Um diesen Strom aus erneuerbaren Quellen reibungslos einzubinden, wird auf sämtliche Energiespeichertechnologien zurückgegriffen werden müssen, unter anderem auf Pump-, Akku- und chemische Speicherung (Wasserstoff). Dabei wird die Auswahl der Methode von Lage, erforderlicher Kapazität und zu erbringenden Dienstleistungen abhängen.
Akkus bieten die Möglichkeit, Strom vorübergehend zu speichern und wieder in das Netz einzuspeisen, und können somit zu einer besseren Nutzung von fluktuierenden und dezentralen Quellen für erneuerbare Energie, etwa Wind- und Solarkraft, beitragen. Sie werden die Netzstabilität stärken und damit neben besseren Energieverbundnetzen, Lastensteuerung und anderen Energiespeichertechnologien ein weiterer Flexibilitätsfaktor sein. Sowohl stationäre als auch mobile Akkus (d.h. Batterien in Elektrofahrzeugen, soweit sie bidirektional sind) können genutzt werden, um das Stromnetz auszugleichen.
Der weltweite Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten zehn Jahren hat bereits zu beträchtlichen Kostensenkungen geführt, insbesondere in den Bereichen Solarenergie und Onshore- und Offshore-Windenergie. Das bedeutet unter anderem, dass Millionen Verbraucher auf der ganzen Welt ihren Strom nun (insbesondere mit Solaranlagen auf dem Dach) selbst erzeugen und auch speichern und zur Wiedereinspeisung in das Netz verkaufen können.
Energiespeicherung, und insbesondere Akkuspeichertechnologien, werden merklich an Bedeutung gewinnen. Mittelfristig wird erwartet, dass stationäre Akkus etwa 10 % des Batteriemarktes ausmachen werden, doch dieser Anteil wird noch weiter steigen. Bis 2050 wird Speicherung die Hauptmethode sein, Energie aus erneuerbaren Quellen in das Energiesystem einzubinden, wenn thermische Erzeugung nach und nach zurückgeht und das Potenzial der Lastensteuerung besser ausgeschöpft wird. In einigen in der Mitteilung der Kommission „Ein sauberer Planet für alle“ bewerteten Szenarien könnte das Stromspeichervolumen sich von 2015 bis 2050 mindestens verzehnfachen.
Es ist zu erwarten, dass Batterien 2050 eine wesentlich größere Rolle spielen werden als Pumpspeichertechnologie, die derzeit mit 90 % der Energiespeicherkapazität in der EU die wichtigste Speichertechnologie im Stromnetz darstellt.
Mehr Unabhängigkeit von Energie- und Rohstoffeinfuhr für Europa – eine strategische Chance
Marktprognosen zufolge wird die weltweite Nachfrage nach Energie aus Lithium-Ionen-Akkus deutlich ansteigen; bis 2023 auf 660 GWh, bis 2028 auf 1 100 GWh und bis 2040 auf bis zu 4 000 GWh gegenüber gegenwärtig 78 GWh. Vor dem Hintergrund des größer werdenden Weltmarkts wird geschätzt, dass die EU bis 2023 eine Kapazität von 207 GWh schaffen wird. Demgegenüber soll 2028 allein die Energienachfrage für Elektrofahrzeug-Batterien bei 400 GWh liegen, wodurch mindestens drei bis vier Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden.
Die gegenwärtig hohe Abhängigkeit der EU von der Einfuhr von Batteriezellen könnte für die Industrie jedoch hohe Kosten und Risiken in der Wertschöpfungskette bergen und die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie gegenüber ausländischen Konkurrenten aushöhlen, insbesondere falls es in Anbetracht des zu erwartenden Nachfrageanstiegs zu Engpässen kommt.
Diese Abhängigkeit beschränkt sich nicht auf die Batteriezellenproduktion. Eine weitere Schwierigkeit bezüglich der Versorgungssicherheit der EU ist der Zugang zu den fünf wichtigsten Rohstoffen für Batterien (Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan und Grafit), da diese nur aus wenigen Ländern bezogen werden können. Die Anlagen zur Be- und Verarbeitung all dieser Materialen für Batteriequalität befinden sich derzeit zum Großteil in China, das daher die Wertschöpfungskette für Lithium-Ionen-Akkus dominiert. Das Gleiche gilt für Wertschöpfungsketten für andere wichtige Werkstoffe zur Herstellung von Elektrofahrzeugen, insbesondere für Seltene Erden für Dauermagnete mit hoher Energiedichte, die gegenwärtig für die Herstellung von Elektromotoren mit möglichst hoher Leistungsdichte entscheidend sind. Teilweise könnte politische Instabilität den Zugang zu diesen Rohstoffen gefährden und die Versorgung dadurch unterbrochen werden (auch hohe Steuern und Ausfuhrzölle sind möglich). Die Anwendung überwiegend unethischer und nicht nachhaltiger Praktiken im Bergbau könnte ebenfalls zu Einschränkungen führen.
Abhängigkeit von der Lieferung von Rohstoffen entlang der Wertschöpfungskette für Batterien für Elektrofahrzeuge Quelle: Gemeinsame Forschungsstelle JRC
Mit dem Markt für Elektrofahrzeuge wird die Nachfrage nach all diesen Rohstoffen in den nächsten zehn Jahren erheblich anwachsen. Die EU muss also wirtschaftlich und geostrategisch sicherstellen, dass sie nicht von Primärrohstoffen und anderen verarbeiteten, in der Batteriewertschöpfungskette erforderlichen Materialen anhängig wird, die aus dem Ausland bezogen werden. Die EU muss ihre Bezugsquellen, auch um eigene Quellen, erweitern, ihre Handelspolitik in vollem Umfang nutzen, um eine nachhaltige und sichere Versorgung zu gewährleisten und noch stärker auf eine auf Verwertung, Wiederverwendung und Recycling beruhende Kreislaufwirtschaft setzen.
II.Ein Unterbau für Batterien in der EU: AUFBAU WETTBEWERBSFÄHIGER, NACHHALTIGER UND INNOVATIVER STRATEGISCHER WERTSCHÖPFUNGSKETTEN
Ziel der Kommission ist es, dass die EU zum Spitzenreiter in der Batterieindustrie wird und ihre strategische Eigenständigkeit in diesem Bereich entlang der Wertschöpfungskette erhöht. Daher ist es ihre Absicht, die Grundlagen für einen nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und innovativen Unterbau für Batterien in der EU zu schaffen. Die Kommission hat die Entwicklung von Batterien zwar früh unterstützt. aber dennoch, angesichts der schnell voranschreitenden Veränderungen in diesem Bereich, den Bedarf eines kooperativeren und umfassenderen Ansatzes festgestellt.
In der neuen Strategie für die Industriepolitik der EU der Kommission wird herausgestrichen, dass Europa bei strategischen Wertschöpfungsketten für neue Technologien auf die eigenen Stärken setzen und diese konsolidieren muss. Hier hat die Kommission die Batterie-Wertschöpfungskette als strategisch bedeutsam erkannt und einen Ansatz unter Federführung der Industrie vorgeschlagen. Sie unterstützt bereits Kooperation zwischen wichtigen Akteuren der Branche, indem sie die Bildung europäischer Konsortien für Forschung, Innovation und Produktion fördert und in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) und den Mitgliedstaaten für eine zielgerichtetere Nutzung vorhandener Mittel und Finanzierungsmechanismen sorgt. Diese Herangehensweise steht mit der Europäischen Batterie-Allianz im Einklang.
Die breit gefächerten Herausforderungen für den Batteriesektor in Europa machen umfassende und konsequente Maßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich. In dem strategischen Aktionsplan für Batterien der Kommission werden deshalb Maßnahmen vorgestellt, die Förderung, Beschaffung und Bearbeitung von Rohstoffen, Batteriezellenproduktion, Batteriesysteme und auch Recycling und Wiederverwendung abdecken. Sie beziehen sich unter anderem auf die Gewährleistung der Versorgung mit Primärrohstoffen für Batterien aus der EU und aus anderen Quellen, die Intensivierung des Einsatzes von Sekundärrohstoffen, die Unterstützung von Forschung und Innovation, die Arbeit mit Investoren an der Skalierbarkeit und der Produktionskapazität innovativer Lösungsansätze und auf Investitionen in das Know-how. Eine weitere Chance besteht in der Entwicklung von im weltweiten Vergleich herausragenden Technologien und Kapazitäten im Bereich Recycling. Nachhaltige Batterien – hergestellt mit Verantwortungsbewusstsein bei der Beschaffung, unter Minimierung des CO2-Fußabdrucks und im Sinne der Kreislaufwirtschaft – können zum zentralen Standbein des Wettbewerbsvorteils der EU werden. Um diesen Vorteil in diesem Sektor zu stärken, sind EU-weite Anforderungen und einheitliche Normen zu entwickeln.
Die Bereitstellung von Unterstützung im Rahmen des strategischen Aktionsplans für Batterien der Kommission steht mit den internationalen Verpflichtungen der EU, insbesondere ihren WTO-Verpflichtungen, sowie mit den Bemühungen der EU, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und Marktverzerrungen zu beseitigen, voll im Einklang.
Forschung, Innovation und Demonstration: Gestaltung und Einsatz der nächsten Batterietechnologie-Generation
Europa muss sich anhaltend und auf koordinierte Art und Weise darum bemühen, Investitionen in Forschung und Innovation in den Bereichen fortgeschrittene Werkstoffe und Chemie für Batterien zu unterstützen, um die eigene Lithium-Ionen-(auch Li-Ion-)Batteriezellentechnologie zu verbessern und bei der nächsten Batterietechnologie-Generation die Spitzenposition anzustreben. Batterien auf dem aktuellen Stand der Technik beruhen derzeit maßgeblich auf Lithium-Ionen-Chemie, doch die Nachfrage nach höherer Energiedichte und besserer Leistung macht kurz- bis mittelfristig Verbesserungen und damit einhergehende, tiefer greifende Veränderungen hin zu einer neuen Batteriegeneration erforderlich, die nicht mehr auf Lithium-Ionen-Technologie sondern auf neuen, fortgeschrittenen Werkstoffen basiert. Unternehmen in der EU sind gut aufgestellt, um diese technologischen Entwicklungen zu nutzen.
Im Bereich Batterien mobilisiert die EU alle ihre Förderinstrumente, die den gesamten Innovationszyklus abdecken, von Grundlagenforschung und angewandter Forschung bis hin zu Demonstration, erster Einführung und Vermarktung.
Die Koordinierung der Forschung in diesem Bereich ist Grundvoraussetzung, um das Potenzial des Sektors auszuschöpfen. Aufbauend auf die gemeinsame Arbeit im Rahmen des Europäischen Strategieplans für Energietechnologie (SET-Plan) und der Strategischen Forschungs- und Innovationsagenda (STRIA) hat die Kommission die Europäische Technologie- und Innovationsplattform „Batteries Europe“ ins Leben gerufen, um die batteriebezogenen Forschungsprioritäten weiterzuentwickeln, indem Interessenträger aus der Industrie, die Forschungsgemeinschaft und die EU-Mitgliedstaaten zur Förderung von Kooperation und Synergien zwischen einschlägigen Forschungsprogrammen an einen Tisch gebracht werden. Mit dieser Plattform wird Kooperation zwischen den zahlreichen auf EU-Ebene oder auf Ebene der Mitgliedstaaten laufenden Forschungsprogrammen im Bereich Batterien sowie mit Initiativen in der Privatwirtschaft ermöglicht.
Als nächsten Schritt wird diese Plattform die Grundlagen für eine ko-programmierte Forschungs- und Innovationspartnerschaft zum Thema Batterien mit der Industrie schaffen, die von der Kommission innerhalb des 2021 beginnenden Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ vorgeschlagen wird. Ziel der Partnerschaft ist es, die Spitzenreiterposition der EU zu stärken, indem alle Forschungs- und Innovationsaktivitäten aus „Horizont Europa“ unter einem Dach zusammengeführt werden, um in Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Industrie und der Forschungsgemeinschaft ein kohärentes und strategisches Programm zu entwickeln.
Der EU-Haushalt bietet bereits beträchtliche Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung der batteriebezogenen Forschung und Innovation. Im Rahmenprogramm der EU für Forschung und Innovation 2014–2020 „Horizont 2020“ wurden 1,34 Mrd. EUR für Projekte zur Energiespeicherung im Netz und für emissionsarme Mobilität bereitgestellt. Bei einer „Horizont 2020“-Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen 2019 wurden Batterievorhaben im Rahmen der Europäischen Batterie-Allianz mit einem Gesamtwert von 114 Mio. EUR finanziert. 2020 wird eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen mit Mitteln in Höhe von 132 Mio. EUR folgen, die sich auf Batterien für Transport und Energie beziehen wird.
Auch mit dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung werden Forschung und Innovation unterstützt, um eine energieeffiziente und CO2-arme Gestaltung des Verkehrssektors zu fördern.
Die Regionen der EU haben Interesse an der Schaffung von Partnerschaften zum Ausdruck gebracht, mit denen gemeinsame Projekte vorangebracht und die günstigen Bedingungen für Innovation im Bereich Batterien noch verbessert werden können. Im Rahmen der Plattform für intelligente Spezialisierung zur industriellen Modernisierung wurde im Oktober 2018 eine solche interregionale Partnerschaft ins Leben gerufen, deren Schwerpunkt auf fortgeschrittenen Batteriewerkstoffen für Elektromobilität und Energiespeicherung liegt. Diese offen angelegte Partnerschaft hat sich inzwischen auf 22 Regionen vergrößert und es bestehen bereits mehrere Pilotgebiete in der ganzen Wertschöpfungskette zur Ermittlung von batteriebezogenen Projekten aus denen sich erfolgsversprechende Geschäftskonzepte ergeben könnten.
Demonstrations- und Pilotprojekte sind zudem zur Erprobung neuer Technologien unter marktähnlichen Bedingungen, vor Aufstockung der Produktion auf kommerziellen Umfang, von großer Bedeutung. Die Europäische Investitionsbank (EIB) stellt über die Fazilität „InnovFin – Demonstrationsprojekte im Energiesektor“ Darlehen, Garantien und Quasi-Eigenkapital für neuartige Energie-Demonstrationsprojekte von kommerziellem Umfang zur Verfügung. Über diese Fazilität wurde einer Demonstrationsanlage in Schweden bereits ein Darlehen in Höhe von 52,5 Mio. EUR für die Herstellung fortgeschrittener Lithium-Ionen-Zellen zur Verfügung gestellt, die für den Verkehr, die stationäre Speicherung und Industriezwecke bestimmt sind. Mehrere Batterieindustrie-Projekte in Kroatien, Frankreich, Griechenland und Schweden haben auch Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen erhalten. Im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen sollen mit dem neuen Fonds „InvestEU“ sämtliche bestehende Finanzinstrumente unter einem Dach vereint und somit die Unterstützungsmöglichkeiten der EU auch im Bereich Batterien effizienter und flexibler gestaltet werden.
Der Innovationsfonds des Emissionshandelssystems der EU dürfte im Zeitraum 2020-2030 rund 10 Mrd. EUR bereitstellen, um vorkommerzielle Demonstrationsprojekte im Bereich CO2-arme Technologien, einschließlich Energiespeicherung, zu unterstützen. Er wird die Möglichkeit bieten, innovative Batterietechnologien in großem Umfang zu produzieren, zu erproben und zu demonstrieren und so dazu beizutragen, von Ergebnissen aus Forschung und Innovation (etwa im Rahmen von Horizont 2020) zur kommerziellen Batterieherstellung, wie sie in der Europäischen Batterie-Allianz angestrebt wird, zu gelangen. Der Fonds wird unter umfassender Koordination mit anderen EU-Programmen in diesem Bereich umgesetzt und könnte über Mischfinanzierungen auch zu InvestEU beitragen.
Der Investitionsbedarf ist so groß, dass er nicht durch öffentliche Mittel allein gedeckt werden kann; hieraus ergibt sich die große Bedeutung von zielgerichteten Mechanismen zur Mobilisierung von privatem Kapital. Eine Kombination von öffentlichen und privaten Quellen ist unabdingbar.
Innovative Finanzierungsmodelle unter Beteiligung sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors werden im Einklang mit dem EU-Ziel der Innovation im Bereich saubere Energie eingesetzt. Im Oktober 2018 haben die Kommission und „Breakthrough Energy“ sich darauf geeinigt, ein neues Modell für die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und dem privatem Sektor zu schaffen, um für mehr direkte private Investition in wegbereitende europäische Unternehmen und Innovation im Bereich CO2-arme Technologien zu sorgen, die Möglichkeiten zur Bewältigung des Klimawandels hervorbringen. Als anfängliche Beteiligungsverpflichtung sind für dieses gemeinsame Anlagevehikel 100 Mio. EUR vorgesehen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 50 Mio. EUR von Breakthrough Energy (oder Tochtergesellschaften) und 50 Mio. EUR, die von der Kommission über „InnovFin“, das von der Europäischen Investitionsbank verwaltete Finanzinstrument aus Horizont 2020, bereitgestellt werden.
Darüber hinaus werden über die europäische Batterie-Allianz Möglichkeiten für grenzübergreifende bahnbrechende Innovationsvorhaben im Hinblick auf öffentliche Förderungen untersucht, die mit den EU-Beihilfevorschriften im Rahmen wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) im Einklang stehen. Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben bereits Verfahren für die Ermittlung infrage kommender Konsortien eingerichtet und arbeiten bei der Konzipierung einer oder mehrerer IPCEI in diesem Bereich zusammen. Ihr Ziel ist es, möglichst bald die Zustimmung der Kommission zu erhalten.
Investitionen in den industriellen Einsatz innovativer Lösungen entlang der Batterie-Wertschöpfungskette
Die Europäische Batterie-Allianz beschleunigt den Aufbau einer Batterie-Wertschöpfungskette in Europa. Rund 260 Akteure aus der Industrie und dem Innovationsbereich haben sich diesem Netzwerk angeschlossen. Geleitet wird dieses Netz von der EIT „InnoEnergy“, einer Wissens- und Innovationsgemeinschaft des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts, die bereits gesicherte Investitionen von bis zu 100 Mrd. EUR von privater Seite, verteilt über die gesamte Wertschöpfungskette, angekündigt hat.
So bekundeten mehrere europäische Konsortien ihre Absicht, Primär- und Sekundär-Rohstoffe in der EU zu produzieren und in die Batteriefertigung zu investieren. Zu ihnen zählt auch das Konsortium, das mit Unterstützung der Europäischen Investitionsbank mit der Errichtung einer Pilot-Fertigungsstraße in Schweden begonnen hat. Ein anderes Konsortium investiert in die Entwicklung zunächst von fortgeschrittenen Lithium-Ionen-Akkus und später von solchen mit Feststoff-Elektrolyt, die in den nächsten Jahren in Serie gehen könnten. Konzerne aus dem Werkstoff- und Recycling-Bereich errichten derzeit Anlagen in Polen und Finnland, um bis 2020 die Produktion wichtiger Materialien für Elektrofahrzeugbatterien aufzunehmen.
Standards für saubere, sichere, wettbewerbsfähige und ethisch verantwortbare Batterien
Auf das Ziel, Europa zu einem führenden Akteur der nachhaltigen Batterieproduktion zu machen, muss vor allem mit einem soliden Rechtsrahmen – ergänzt durch harmonisierte europäische Normen – hingearbeitet werden. Die rechtlichen Anforderungen für das Inverkehrbringen von Batterien auf dem EU-Markt und die entsprechenden Fertigungsprozesse werden erheblichen Einfluss auf die Entwicklung und Nutzung von Batterietechnologien sowie auf deren Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit, das Klima und die Umwelt haben.
Gegenstand künftiger Vorschriften werden voraussichtlich Batterieeigenschaften wie Sicherheit, Konnektivität, Leistung, Langlebigkeit, Bidirektionalität, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit, Ressourceneffizienz oder auch Lebenszyklus-Auswirkungen wie der CO2-Abdruck sein. Diese Vorschriften müssen durch weiter gehende Anforderungen ergänzt werden, die sich auf die Wertschöpfungskette in den Bereichen verantwortungsvolle Beschaffung, Transport und Lagerung sowie Entsorgung und Recycling erstrecken. Für Batterien könnten diese Anforderungen beispielsweise im Rahmen der Ökodesign-Verordnung und der EU-Batterierichtlinie festgelegt werden. Die Ergebnisse der Bewertung dieser Richtlinie durch die Kommission werden zusammen mit diesem Bericht veröffentlicht.
Die Kommission hat auch mit der Ausarbeitung von Mindestanforderungen an die Leistung und Nachhaltigkeit von Batterien begonnen. Diese Kriterien sind durch wissenschaftlich fundierte harmonisierte Normen zu untermauern, die die Industrie dazu verwenden wird, die Erfüllung der in EU-Rechtsvorschriften festgelegten Anforderungen zu dokumentieren. Die Kommission und die europäischen Normungsorganisationen (CEN/CENELEC) arbeiten eng zusammen, um ein koordiniertes und zeitnahes Vorgehen bei der Ausarbeitung von Normen zu gewährleisten.
Die europäischen Batteriehersteller haben bereits ihre Bereitschaft zur Harmonisierung von Umweltanforderungen gezeigt, um den ökologischen Fußabdruck ihrer Produkte während des gesamten Batterie-Lebenszyklus berechnen zu können. Diese vereinbarten Regeln sind eine vielversprechende Grundlage für die Nachhaltigkeit des europäischen Batteriesektors.
Arbeitsmarkt und Fachkräfte: In das Humankapital investieren
In der EU gibt es hoch qualifizierte Arbeitskräfte, aber noch nicht genügend Fachkenntnis auf dem Gebiet von Batterien, vor allem in Bezug auf angewandtes Verfahrensdesign und Zellherstellung. Derzeit werden Maßnahmen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten unternommen, um diese Qualifikationslücke zu schließen und Europa zu einem attraktiven Standort für die weltbesten Wissenschaftler im Bereich der Entwicklung und Produktion von Batterien zu machen.
Im Einklang mit der europäischen Säule sozialer Rechte erfordert dies gemeinsame Anstrengungen der Bildungs- und Schulungseinrichtungen, der Sozialpartner sowie der Akteure der Batterie-Wertschöpfungskette, um Ausbildungs-, Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme zu konzipieren und durchzuführen.
Die Kommission hat deshalb Batterien als wichtiges Finanzierungsthema in die Initiative „Blaupause zur Branchenzusammenarbeit für Kompetenzen“ im Rahmen von Erasmus+ aufgenommen. Dieses auf vier Jahre angesetzte Projekt soll Ende 2019 anlaufen.
Parallel dazu arbeitet die EIT „InnoEnergy“ mit einem Netz kompetenter Akteure (Hochschulen, Ausbildungseinrichtungen u. a.) zusammen, um im Hinblick auf die Energiewende solide Lehrpläne und Abschlüsse auf Master-Ebene sowie Schulungsmaßnahmen für Führungskräfte von Unternehmen zu entwickeln.
Um die Verfügbarkeit von Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen zu verbessern, werden im den strategischen Aktionsplan der Kommission Forschungszentren dazu ermutigt, ihre Batterielabors zugänglich zu machen. Die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) der Kommission gewährt zu diesem Zweck inzwischen Zugang zu den Batterie-Versuchslabors der EU.
Strategischer Ansatz für einen nachhaltigen Zugang zu Batterie-Rohstoffen
Der Zugang zu Batterie-Rohstoffen ist entscheidend, damit die EU ihrem Anspruch gerecht werden kann, auf dem weltweiten Batteriesektor wettbewerbsfähig zu werden. Jüngsten Schätzungen zufolge könnte vor dem Hintergrund der zunehmenden Elektromobilität im Jahr 2030 die Nachfrage nach Lithium, Kobalt und natürlichem Graphit für Hybrid- und Elektrofahrzeuge in der EU um ein Vielfaches größer sein als 2015
. Um die Abhängigkeit der EU von Rohstoffeinfuhren zu verringern, muss der Zugang zu eigenen Primär- und Sekundärquellen erleichtert und eine sichere und nachhaltige Versorgung aus ressourcenreichen Ländern außerhalb der EU sichergestellt werden. Im Einklang mit den EU-Verpflichtungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) sind Maßnahmen erforderlich, damit diese Art der Beschaffung fair, nachhaltig und ethisch verantwortbar ist und die verschiedenen Ziele für nachhaltige Entwicklung positiv unterstützt werden. Die Verwendung nachhaltig erzeugter Rohstoffe ist in dieser Hinsicht für den ökologischen Fußabdruck einer Batterie und des Elektrofahrzeugs als Ganzes entscheidend.
In der bilateralen Handelspolitik hat die EU – neben bereits bestehenden Rohstoff-Klauseln in Freihandelsabkommen (FHA) unter anderem mit Kanada und Mexiko – in laufenden FHA-Verhandlungen mit wichtigen Partnern für Batteriematerialien wie Chile und Australien Bestimmungen für eine nachhaltige Rohstoffversorgung vorgeschlagen. Außerdem verhandelt die Kommission derzeit mit Indonesien über die Aufhebung von Ausfuhrzöllen und mengenmäßigen Beschränkungen für Rohstoffe. Auf multilateraler Ebene ist die EU bereits mit Erfolg gegen Ausfuhrbeschränkungen Chinas vorgegangen.
Darüber hinaus prüft die Kommission alle Zollaussetzungsanträge individuell, um sicherzustellen, dass solche Aussetzungen nach Maßgabe der Unionspolitik vorübergehend gewährt werden, sofern eindeutig nachgewiesen wird, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen – auch unter Berücksichtigung laufender Industrieprojekte zur Schließung von Lücken in der EU-Wertschöpfungskette – gerechtfertigt sind.
Auf EU-Ebene hat die Kommission einen Dialog mit den Mitgliedstaaten aufgenommen, um eine Bestandsaufnahme der in Europa verfügbaren Batterie-Rohstoffe, u. a. Kobalt, Lithium, natürlicher Grafit und Nickel, durchzuführen. Dabei zeigt sich, dass in Europa trotz seines geologischen Potenzials Batterie-Rohstoffe nur in begrenztem Umfang gewonnen werden und sich dies auf einige wenige Länder konzentriert. Durch eine bessere Ausschöpfung dieses Potenzials ließe sich das Risiko für die Versorgungssicherheit auf diesem Gebiet verringern. Darüber hinaus gibt es in Europa zwar Verarbeitungskapazitäten für Kobalt und Nickel, jedoch keine für batterietaugliche Lithiumverbindungen oder natürlichen Grafit. Selbst wenn also in Europa mehr Lithium und natürlicher Grafit gefördert wird, müssten alle Grundstoffe – zumindest anfangs – in außereuropäische Länder verbracht werden, um dort zu batterietauglichen Materialien verarbeitet zu werden. Die Kommission arbeitet mit der Europäischen Investitionsbank (EIB), wichtigen Wirtschaftsakteuren und den Mitgliedstaaten zusammen, um diese Lücke in der Wertschöpfungskette zu schließen.
Ein nachhaltiger Bergbau ist für umweltverträgliche Batterie-Wertschöpfungsketten unabdingbar. Die Kommission wird Arbeiten an der Entwicklung gemeinsamer Grundsätze für einen sozial und ökologisch nachhaltigen Bergbausektor in Europa fördern und die Mitgliedstaaten dazu anhalten, diese in ihre Rohstoffstrategien zu integrieren. Sie wird auch Möglichkeiten prüfen, bereits existierende Leistungsrichtwerte für einen nachhaltigen Bergbau in die Taxonomie „Nachhaltiges Finanzwesen“ aufzunehmen, um Investoren für Bergbauprojekte zu gewinnen, die hohen Nachhaltigkeitsstandards genügen.
Angesichts der hohen Importabhängigkeit in diesem Sektor spielt die nachgelagerte Industrie eine wichtige Rolle bei der Weckung der notwendigen Markterwartungen in Bezug auf umweltverträgliche Batterie-Rohstoffe, beispielsweise durch eine verantwortungsvolle Beschaffung. Die Kommission wird zur Entwicklung eines Governance-Nachhaltigkeitskodex für europäische Batteriehersteller beitragen, die sich zur Einhaltung internationaler, anerkannter Verhaltensregeln und Nachhaltigkeitsstandards verpflichten, beispielsweise der OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen und der Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolle Mineral-Lieferketten. Sie wird die Möglichkeit einer Mustervertragsklausel für Lieferanten in unbedenklichen Batteriewertschöpfungsketten prüfen, um das Bekenntnis zu solchen Verpflichtungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken. Die Kommission wird auch prüfen, inwieweit Aspekte der nachhaltigen Beschaffung von Batterie-Rohstoffen in die Richtlinie über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen aufgenommen werden können. Außerdem wird sie Unternehmen der Batterie-Lieferkette, die andere Metalle und Minerale verwenden, ihr Unterstützungssystem für KMU bezüglich Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Mineralien aus Konfliktgebieten zugänglich machen. Eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen von „Horizont 2020“ zum Thema „verantwortungsvolle Rohstoffbeschaffung in globalen Wertschöpfungsketten“ wird Erkenntnisse darüber liefern, wie bestehende Branchenregelungen gestärkt, die Datentransparenz für unbedenkliche Batteriewertschöpfungsketten garantiert und die Fortschritte überwacht werden können. Die Kommission wird in diesem Bereich weiterhin eng mit der OECD zusammenarbeiten.
Vertiefung der Kreislaufwirtschaft: Sicherung des Zugangs zu Batterie-Sekundärrohstoffen
Das Recycling von Altbatterien ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, den Zugang zu Batterie-Rohstoffen zu sichern. Sofern ein geeigneter Regelungsrahmen besteht, könnten beispielsweise durch das Recycling von Batterien aus Elektrofahrzeugen bis 2030 rund 10 % des Kobaltbedarfs in der EU gedeckt werden, was mehr ist als der Beitrag des europäischen Bergbausektors
.
Europa hat das Potenzial, eine weltweit führende Industrie für sicheren und umweltgerechten Umgang mit Altbatterien aufzubauen. Da die Märkte für die wichtigsten Batteriearten – z. B. in Elektrofahrzeugen verwendete Lithium-Ionen-Akkus (bei denen derzeit praktisch kein Recycling stattfindet) – rasch expandieren, entstehen nach ihrer Nutzungsdauer in Europa und weltweit entsprechend große Mengen an Altbatterien, was eine geeignete Bewirtschaftung dieser Abfallströme und die Rückgewinnung wertvoller Materialien notwendig macht. Die Kommission hat die Möglichkeiten für die Entwicklung einer europäischen Kreislaufwirtschaft für diese Batterien untersucht. So werden beispielsweise in der Batterierichtlinie Zielvorgaben für die Sammlung von Geräte-Altbatterien sowie Mindestanforderungen für das Recycling von Altbatterien festgelegt, um eine hohe stoffliche Verwertung zu erreichen. Die Kommission hat die Batterierichtlinie einer Bewertung unterzogen und geprüft, ob sie ihre Ziele erfüllt und ob darin neue Technologien, neue chemische Zusammensetzungen (z. B. Lithium-Ionen-Akkus) sowie neue Verwendungszwecke für Batterien und deren Wiederverwertung hinreichend erfasst werden. Darüber hinaus hat die Kommission die Kohärenz zwischen den Bestimmungen der Richtlinie und den politischen Maßnahmen untersucht, die die EU auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft und Rohstoffe unternimmt. Dabei wird auch untersucht, inwieweit die Richtlinie zur rationellen Ressourcennutzung und Umsetzung der Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen beiträgt. Die Kommission wird gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung der Richtlinie vorlegen.
Durch die Wiederverwendung von Batterien aus stationären Anwendungen können die auf die gesamte Lebensdauer bezogenen Umweltauswirkungen gemindert werden. So unterzeichnete die Kommission beispielsweise den sogenannten Innovationsdeal für Batterien, um zu untersuchen, inwieweit die geltenden Rechtsvorschriften auf EU- oder einzelstaatlicher Ebene eine Wiederverwendung von Batterien zulassen. Darüber hinaus überwacht die Kommission kontinuierlich die Kohärenz anderer Rechtsinstrumente (z. B. der REACH-Verordnung und der CLP-Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen), die für aus recycelten Batterien gewonnene Rohstoffe relevant sind.
Mehr Nachfrage nach Batterien für Energiespeicherung und Elektromobilität durch Regulierungs- und Fördermaßnahmen
Der Bericht zur Lage der Energieunion von 2019 zeigt die Fortschritte, die bei einer Vielzahl von Regulierungs- und Fördermaßnahmen im Hinblick auf den Übergang zu einer CO2-armen, sicheren und wettbewerbsfähigen EU-Wirtschaft erzielt wurden
. Dazu gehören auch Initiativen, die im Rahmen der Strategie für emissionsarme Mobilität und des Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ beschlossen wurden und auch für Batterien – sei es zur Energiespeicherung oder für umweltfreundliche Mobilität – relevant sind.
Die überarbeitete Richtlinie über erneuerbare Energien (EE) sieht vor, den Anteil dieser Energiequellen bis 2030 auf 32 % zu erhöhen, wobei dieser Wert 2023 gegebenenfalls noch weiter angehoben wird. Dies dürfte die Batterienachfrage ankurbeln, da unstete erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie mithilfe von Batterien – etwa bei der Massenerzeugung oder dem Eigenverbrauch aus Kleinanlagen, z. B. auf Hausdächern installierte Solarzellen – noch besser genutzt werden können. Sowohl ortsfeste als auch bewegliche Batterien ergänzen die Flexibilität, die mithilfe von besseren Verbindungsleitungen, Laststeuerung und anderen Speichertechnologien geschaffen wird.
Die ab 2020 geltenden CO2-Emissionsnormen der EU werden die Industrie dazu bewegen, mehr emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge, u. a. Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge, zu entwickeln. Die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wird zusätzlich gefördert, indem die EU-Mitgliedstaaten, Regionen und Städte saubere Fahrzeuge (z. B. Elektrobusse) bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugen und so ihr Angebot an umweltfreundlichen Verkehrsdienstleistungen für die Bürger weiter ausbauen. Gleichzeitig wird mit den neuen EE-Rechtsvorschriften, die sich aus dem Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ ergeben, eine schrittweise Reduzierung des Kohlendioxidanteils im Strommix sichergestellt. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, die CO2-Emissionen des Verkehrssektors, insbesondere des Straßenverkehrs, zu verringern.
Darüber hinaus hat die Kommission weitere Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zu beschleunigen. Als Teil des zweiten Mobilitätspakets von 2017 hat die Kommission einen Aktionsplan mit zusätzlichen 800 Mio. EUR verabschiedet. Die Mittel stammen aus der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) und dienen der Finanzierung von Infrastruktur für alternative Kraftstoffe an den wichtigsten Achsen und Knotenpunkten des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Die Kommission hat 317 Mio. EUR für 31 Maßnahmen im Bereich Innovation und Infrastruktur für alternative Kraftstoffe bereitgestellt, wodurch Gesamtinvestitionen in Höhe von 2 Mrd. EUR mobilisiert wurden. Nach 2021 wird die Förderung von sauberer Energie und Verkehrsinfrastruktur im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ und des neuen Fonds „InvestEU“ fortgeführt. Darüber hinaus enthält die kürzlich geänderte Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden Bestimmungen, die den Aufbau von Infrastruktur vorschreiben, die für das intelligente Laden von Elektrofahrzeugen und letztendlich für das Laden und Rückspeisen zwischen Fahrzeugen und Gebäuden (V2B) bzw. Fahrzeugen und Netz notwendig ist.
III.FAZIT UND WEITERES VORGEHEN
Dank des strategischen Batteriekonzepts der Kommission können in verschiedenen miteinander verknüpften Bereichen zeitgleich und auf koordinierte Weise Fortschritte erzielt werden. Hierzu gehören auch Entwicklungen in den Bereichen vernetzte und automatisierte Fahrzeuge, Energiespeicherung, Errichtung von Infrastruktur, verbraucherfreundliche Interoperabilität, Rohstoffe, Handel und Investitionen sowie Arbeitsplätze und Qualifikationen. Wichtige Akteure verschiedener Ebenen (öffentlich und privat, europäisch, national und regional) werden durch das Konzept ebenfalls darin unterstützt, bei der Erreichung dieser Ziele besser miteinander zusammenzuarbeiten. Neue Kooperationsplattformen und Partnerschaften für die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Interessenträgern – auch unter Berücksichtigung der Rolle von Städten und Regionen – erweisen sich für die erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele als überaus wichtig.
Weitere Herausforderungen und Möglichkeiten im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen und der Integration zwischen Energie- und Mobilitätsbranche liegen vor uns. Die EU-Mitgliedstaaten müssen nun erhebliche Arbeit leisten, um das Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ und insbesondere die Rechtsvorschriften über die Gestaltung des Strommarkts umzusetzen, die es neuen Marktteilnehmern, auch Speicheranlagenbetreibern, ermöglichen werden, Kapital aus neuen Geschäftsmöglichkeiten zu schöpfen, und die den Verbrauchern eine wichtige Rolle bei der Eigenproduktion und Speicherung von erneuerbarer Energie zukommen lassen werden.
Das Batteriekonzept der Kommission ist außerdem ein Testfall für die industriepolitische Strategie der EU für das 21. Jahrhundert. Im März 2019 ersuchte der Europäische Rat die Kommission, bis Ende des Jahres eine langfristige Vision für die industrielle Zukunft der EU einschließlich konkreter Maßnahmen zu ihrer Umsetzung vorzulegen. Um in Schlüsseltechnologien und strategischen Wertschöpfungsketten weltweit wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die EU die Risikobereitschaft fördern, Investitionen in Forschung und Innovation vorantreiben und die Realisierung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse erleichtern, und dabei gleiche Wettbewerbsbedingungen sowie ein Regelungsumfeld und einen Rechtsrahmen für staatliche Beihilfen gewährleisten, die Innovation begünstigen. Die Batterie- und Energiespeicherbranche ist ein gutes Beispiel dafür, wie ehrgeizige Umwelt- und Klimastandards und mehr Wettbewerbsfähigkeit über verschiedene Sektoren und Wertschöpfungsketten hinweg sowie die Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze und nachhaltigen Wachstums miteinander kombiniert werden können. Für die Verbraucher können so neue Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Mobilität der Zukunft sauberer und für alle erschwinglich machen und verdeutlichen, dass Klimaschutzmaßnahmen und die ökonomische Modernisierung hin zu einer Kreislaufwirtschaft zwei Seiten derselben Medaille sind.
Schließlich zeigt das Beispiel auch eine neue Form der Zusammenarbeit über verschiedene Entscheidungsebenen hinweg (EU, Mitgliedstaaten, Regionen, Städte u. a.) unter Einbeziehung einer Vielzahl von Wirtschaftsakteuren und privaten Investoren in der gesamten Wertschöpfungskette. Sie alle eint das übergeordnete Ziel, dafür zu sorgen, dass Europa in dieser strategisch wichtigen Branche weniger Mitläufer, sondern vielmehr weltweiter Vorreiter bleibt und daraus für die europäischen Bürgerinnen und Bürger hochwertige, dauerhafte Arbeitsplätze und Dienstleistungen entstehen.