Brüssel, den 13.12.2018

COM(2018) 828 final

2018/0418(NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss eines Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke


BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 1 zur Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens wurde angenommen und trat am 19. Juli 2013 in Kraft. Die Verordnung gilt seit dem 20. Juli 2015.

Die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 ermöglicht unter anderem die Abfrage von Eurodac durch Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden zwecks Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer Straftaten oder sonstiger schwerer Straftaten. Dadurch sollen die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den im Eurodac-Zentralsystem gespeicherten Daten beantragen können, um die genaue Identität einer Person festzustellen oder weitere Informationen über eine Person einzuholen, die einer terroristischen oder sonstigen schweren Straftat verdächtigt wird.

Am 26. Oktober 2004 wurde das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (im Folgenden „Abkommen vom 26. Oktober 2004“) geschlossen 2 . Am 28. Februar 2008 wurde das Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (im Folgenden „Protokoll vom 28. Februar 2008“) geschlossen 3 .

Die Schweiz und Liechtenstein wenden die Asylbestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 im Einklang mit dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 und dem Protokoll vom 28. Februar 2008 an. Der Zugang der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden zu Eurodac fällt jedoch nicht in den Anwendungsbereich des genannten Abkommens und Protokolls.

Auf einer Sitzung mit Vertretern der Kommission am 14. Mai 2014 bekräftigten Dänemark, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island ihr Interesse an der Aufnahme von Verhandlungen mit der Europäischen Union mit dem Ziel, die Bestimmungen über Gefahrenabwehr und Strafverfolgung der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 im Wege eines internationalen Abkommens auf sie auszuweiten.

Am 14. Dezember 2015 ermächtigte der Rat die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union einerseits und unter anderem der Schweiz und Liechtenstein andererseits über die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz und Liechtensteins an dem Verfahren für den Abgleich und die Übertragung von Daten für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke gemäß Kapitel VI der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten.

Die Verhandlungen sind abgeschlossen und ein Abkommen in Form eines Protokolls zum Abkommen vom 26. Oktober 2004, mit dem die Anwendung des Abkommens vom 26. Oktober 2004 auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung ausgeweitet wurde, wurde paraphiert.

Die Ausweitung der Bestimmungen über Gefahrenabwehr und Strafverfolgung der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 auf die Schweiz und Liechtenstein würde es den Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Schweiz und Liechtensteins ermöglichen, den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den Daten, die von anderen teilnehmenden Staaten eingegeben und in der Eurodac-Datenbank gespeichert werden, zu beantragen, um die Identität einer Person festzustellen oder weitere Informationen über eine Person, die einer terroristischen oder sonstigen schweren Straftat verdächtigt wird, oder über ein Opfer einzuholen. Auf der anderen Seite könnten dadurch die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden aller anderen teilnehmenden Staaten, seien es andere EU-Mitgliedstaaten oder assoziierte Länder, für dieselben Zwecke den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den Daten beantragen, die von der Schweiz und Liechtenstein eingegeben und in der Eurodac-Datenbank gespeichert werden.

Dieses Protokoll soll rechtsverbindliche Ansprüche und Pflichten zur Gewährleistung der wirksamen Beteiligung der Schweiz und Liechtensteins an den Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungselementen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 begründen. In dem Protokoll wird festgelegt, dass alle teilnehmenden Staaten, seien es andere EU-Mitgliedstaaten, assoziierte Länder oder die Schweiz und Liechtenstein, die Zugang zu Eurodac haben, auch auf die Daten der anderen beteiligten Länder zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken zugreifen können.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Der Vorschlag steht mit der Politik der Union betreffend den Zugang zur Eurodac-Datenbank im Einklang.

Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Der Vorschlag steht mit der Politik der Union im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht im Einklang.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für diesen Vorschlag für einen Beschluss des Rates sind Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 88 Absatz 2 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in Verbindung mit dessen Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Das Abkommen vom 26. Oktober 2004 ist eine bestehende internationale Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und der Schweiz. Im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip können die Ziele des Protokolls zu diesem Abkommen nur durch einen Vorschlag der Kommission auf Unionsebene erreicht werden.

Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er nicht über das zur Erreichung des angestrebten Ziels der wirksamen Beteiligung der Schweiz und Liechtensteins an den Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungselementen der Eurodac-Verordnung (EU) Nr. 603/2013 erforderliche Maß hinausgeht.

Wahl des Instruments

Nach Artikel 218 Absatz 6 AEUV ist ein Beschluss des Rates über den Abschluss des Abkommens erforderlich.

3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG

Konsultation der Interessenträger

Der Rat (Gruppe „Asyl“) wurde zu Inhalt und Fortgang der Verhandlungen konsultiert. Das Europäische Parlament (LIBE-Ausschuss) wurde in Kenntnis gesetzt.

4.WEITERE ANGABEN

Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Vorgeschlagen wird ein Beschluss zur Genehmigung des Abschlusses des Protokolls zwischen der EU und der Schweiz und Liechtensteins im Namen der Europäischen Union. Laut AEUV erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission einen Beschluss zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses einer internationalen Übereinkunft.

Mit dem Protokoll wird die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 auf die Schweiz und Liechtenstein betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke festgelegt. Damit ermöglicht es den benannten Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der anderen teilnehmenden Staaten und Europol, einen Abgleich der Fingerabdruckdaten mit den Daten zu beantragen, die die Schweiz und Liechtenstein an das Eurodac-Zentralsystem übermitteln. Ebenso ermöglicht es den benannten Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Schweiz und Liechtensteins, einen Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den Daten zu beantragen, die die anderen teilnehmenden Staaten an das Eurodac-Zentralsystem übermitteln.

Mit dem Protokoll wird gewährleistet, dass das derzeitige Schutzniveau der Union für personenbezogene Daten auch für die im Rahmen des Protokolls erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden der Schweiz und Liechtensteins und der Mitgliedstaaten gilt. Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte nach jeweiligem nationalen Recht einem Standard für den Schutz personenbezogener Daten unterliegen, der der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates entspricht.

Gemäß dem Protokoll ist der Zugang der Schweiz und Liechtensteins zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke an die vorherige rechtliche und technische Umsetzung des Beschlusses 2008/615/JI in Bezug auf daktyloskopische Daten gebunden.

Das Protokoll sieht vor, dass die Mechanismen für Änderungen, die im Abkommen vom 26. Oktober 2004 vorgesehen sind, für alle Änderungen gelten, die den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke betreffen.

2018/0418 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss eines Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe a, Artikel 88 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments 4 ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Gemäß dem Beschluss [XXX] vom [XXX] 5 wurde das Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke am [XXX] – vorbehaltlich seines späteren Abschlusses – unterzeichnet.

(2)Zur Förderung und Stärkung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und denjenigen der Schweiz und Liechtensteins zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerer Straftaten ist die Mitwirkung der Union erforderlich, damit die Schweiz und Liechtenstein sich an den mit Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zusammenhängenden Elementen von Eurodac beteiligen können.

(3)Das Protokoll sollte im Namen der Europäischen Union genehmigt werden.

(4)Nach Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung des vorliegenden Beschlusses beteiligen möchten.

(5)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme des vorliegenden Beschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke (im Folgenden das „Protokoll“) wird hiermit im Namen der Union genehmigt.

Der Wortlaut des Protokolls ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates bestellt die Person(en), die befugt ist bzw. sind, die Notifizierung nach Artikel 4 Absatz 2 des Protokolls im Namen der Europäischen Union vorzunehmen, um der Zustimmung der Europäischen Union zur vertraglichen Bindung durch dieses Protokoll Ausdruck zu verleihen.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am […]

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 1).
(2)    ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 5.
(3)    ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 39.
(4)    ABl. C […] vom […], S. […].
(5)    ABl. L […] vom […], S. […]. 

Brüssel, den 13.12.2018

COM(2018) 828 final

ANHANG

des

Vorschlags für einen BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss eines Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke


ANHANG

des

Vorschlags für einen BESCHLUSS DES RATES

über den Abschluss eines Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke

DIE EUROPÄISCHE UNION

und

DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT,

und

DAS FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN,

im Folgenden die „Vertragsparteien“ —

(1)    IN DER ERWÄGUNG, dass am 26. Oktober 2004 das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (im Folgenden „Abkommen vom 26. Oktober 2004“) geschlossen wurde 1 ;

(2)    IN DER ERWÄGUNG, dass am 28. Februar 2008 das Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (im Folgenden „Protokoll vom 28. Februar 2008“) geschlossen wurde 2 ;

(3)    UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Europäische Union am 26. Juni 2013 die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (im Folgenden „Verordnung (EU) Nr. 603/2013“) 3 angenommen hat;

(4)    UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Verfahren für den Abgleich und die Übertragung von Daten für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke gemäß der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 keine Weiterentwicklung der Eurodac-Bestimmungen im Sinne des Abkommens vom 26. Oktober 2004 und des Protokolls vom 28. Februar 2008 darstellen;

(5)    IN DER ERWÄGUNG, dass zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (im Folgenden „Schweiz“) und dem Fürstentum Liechtenstein (im Folgenden „Liechtenstein“) ein Protokoll geschlossen werden sollte, das der Schweiz und Liechtenstein die Beteiligung an den mit Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zusammenhängenden Elementen von Eurodac ermöglicht, damit die benannten Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Schweiz und Liechtensteins den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den Daten beantragen können, die die anderen teilnehmenden Staaten an das Eurodac-Zentralsystem übermitteln;

(6)    IN DER ERWÄGUNG, dass die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke auf die Schweiz und Liechtenstein es auch den benannten Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der anderen teilnehmenden Staaten und Europol ermöglichen sollte, den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den Daten zu beantragen, die die Schweiz und Liechtenstein an das Eurodac-Zentralsystem übermitteln;

(7)    IN DER ERWÄGUNG, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die benannten Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der teilnehmenden Staaten sowie durch Europol zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder anderer schwerer Straftaten gemäß diesem Protokoll nach jeweiligem nationalen Recht einem Standard für den Schutz personenbezogener Daten unterliegen sollte, der der Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates 4 entspricht;

(8)    IN DER ERWÄGUNG, dass die weiteren Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die benannten Behörden der teilnehmenden Staaten und durch Europol zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder anderer schwerer Straftaten ebenfalls gelten sollten;

(9)    IN DER ERWÄGUNG, dass der Zugang für die benannten Behörden der Schweiz und Liechtensteins nur unter der Voraussetzung gestattet sein sollte, dass Abgleiche mit den nationalen Fingerabdruck-Datenbanken des anfragenden Staates und mit den automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssystemen aller anderen teilnehmenden Staaten nach dem Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität 5 , nicht zur Feststellung der Identität des Betroffenen geführt haben; diese Voraussetzung beinhaltet für den anfragenden Mitgliedstaat das Erfordernis, Abgleiche mit den technisch verfügbaren automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssystemen aller anderen teilnehmenden Staaten nach dem Beschluss 2008/615/JI vorzunehmen, es sei denn, dieser anfragende Mitgliedstaat kann hinreichende Gründe angeben, die zu der Annahme führen, dass dies nicht zur Feststellung der Identität des Betroffenen führen würde. Solche hinreichenden Gründe liegen insbesondere vor, wenn der vorliegende Fall keine operativen oder ermittlungsbezogenen Verbindungen zu einem bestimmten teilnehmenden Staat aufweist. Diese Voraussetzung erfordert die vorherige rechtliche und technische Umsetzung des Beschlusses 2008/615/JI des Rates durch den anfragenden Staat in Bezug auf die daktyloskopischen Daten, da eine Eurodac-Abfrage zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken unzulässig sein sollte, wenn nicht zuvor die genannten Schritte unternommen wurden.

(10)    IN DER ERWÄGUNG, dass die benannten Behörden der Schweiz und Liechtensteins ferner, sofern die Voraussetzungen für einen solchen Abgleich erfüllt sind, das mit dem Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten 6 errichtete Visa-Informationssystem konsultieren sollten, bevor sie eine Abfrage in Eurodac vornehmen;

(11)    IN DER ERWÄGUNG, dass für alle neuen Rechtsakte oder Maßnahmen betreffend den Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke die gleichen Mechanismen gelten sollten, wie im Abkommen vom 26. Oktober 2004 und im Protokoll vom 28. Februar 2008 für neue Rechtsvorschriften oder Maßnahmen festgelegt, auch für die Rolle des Gemischten Ausschusses —

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

(1)    Die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 wird von der Schweiz im Hinblick auf den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den im Eurodac-Zentralsystem gespeicherten Daten zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken durchgeführt und im Rahmen seiner Beziehungen zu Liechtenstein und den anderen teilnehmenden Staaten angewandt.

(2)    Die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 wird von Liechtenstein im Hinblick auf den Abgleich von Fingerabdruckdaten mit den im Eurodac-Zentralsystem gespeicherten Daten zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken durchgeführt und im Rahmen seiner Beziehungen zur Schweiz und zu den anderen teilnehmenden Staaten angewandt.

(3)    Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks gelten als teilnehmende Staaten im Sinne der Absätze 1 und 2. Sie wenden die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013, die sich auf den Zugang der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden beziehen, auf die Schweiz und Liechtenstein an.

(4)    Dänemark, Island und Norwegen gelten als teilnehmende Staaten im Sinne der Absätze 1 und 2, soweit entsprechende, dem vorliegenden Abkommen ähnliche Abkommen zwischen ihnen und der Europäischen Union angewandt werden, die die Schweiz und Liechtenstein als teilnehmende Staaten anerkennen.

Artikel 2

(1)    Dieses Protokoll tritt für die Schweiz erst in Kraft, wenn die Schweiz die Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie die Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 über die Verarbeitung personenbezogener Daten in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch ihre nationalen Behörden für die in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 genannten Zwecke durchführt und anwendet.

(2)    Dieses Protokoll tritt für Liechtenstein erst in Kraft, wenn Liechtenstein die Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie die Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 über die Verarbeitung personenbezogener Daten in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch ihre nationalen Behörden für die in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 genannten Zwecke durchführt und anwendet.

Artikel 3

Die Bestimmungen des Abkommens vom 26. Oktober 2004 und des Protokolls vom 28. Februar 2008 über neue Rechtsakte oder Maßnahmen, darunter die Bestimmungen über den Gemischten Ausschuss, gelten für alle neuen Rechtsvorschriften oder Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke.

Artikel 4

(1)    Dieses Protokoll wird von den Vertragsparteien ratifiziert bzw. genehmigt. Die Ratifizierungs- bzw. Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Rates der Europäischen Union hinterlegt, der als Verwahrer fungiert.

(2)    Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem der Verwahrer den Vertragsparteien mitgeteilt hat, dass die Ratifizierungs- bzw. Genehmigungsurkunden der Europäischen Union und mindestens einer der anderen Vertragsparteien hinterlegt wurden.

(3)    Dieses Protokoll gilt erst dann für die Schweiz, wenn die Bestimmungen des Kapitels 6 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates von der Schweiz umgesetzt und die Bewertungsverfahren gemäß Kapitel 4 des Anhangs des Beschlusses 2008/616/JI des Rates zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität 7 , abgeschlossen wurden, was die daktyloskopischen Daten zur Schweiz betrifft.

(4)    Dieses Protokoll gilt erst dann für Liechtenstein, wenn die Bestimmungen des Kapitels 6 des Beschlusses 2008/615/JI des Rates von Liechtenstein umgesetzt und die Bewertungsverfahren gemäß Kapitel 4 des Anhangs des Beschlusses 2008/616/JI des Rates abgeschlossen wurden, was die daktyloskopischen Daten zu Liechtenstein betrifft.

Artikel 5

(1)    Jede Vertragspartei kann von diesem Protokoll zurücktreten, indem sie dem Verwahrer eine schriftliche Erklärung übermittelt. Diese Erklärung wird sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.

(2)    Das Protokoll tritt außer Kraft, wenn entweder die Europäische Union davon zurückgetreten ist oder sowohl die Schweiz als auch Liechtenstein davon zurückgetreten sind.

(3)    Dieses Protokoll tritt für die Schweiz außer Kraft, wenn das Abkommen vom 26. Oktober 2004 nicht mehr für die Schweiz wirksam ist.

(4)    Dieses Protokoll tritt für Liechtenstein außer Kraft, wenn das Protokoll vom 28. Februar 2008 nicht mehr für Liechtenstein wirksam ist.

(5)    Der Rücktritt einer Vertragspartei von diesem Protokoll oder seine Aussetzung oder Beendigung in Bezug auf eine Vertragspartei lässt sowohl das Abkommen vom 26. Oktober 2004 als auch das Protokoll vom 28. Februar 2008 unberührt.

Artikel 6

Dieses Protokoll ist in einer Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Die Urschrift wird beim Verwahrer hinterlegt, der jeder Vertragspartei eine beglaubigte Abschrift übermittelt.

Geschehen zu Brüssel am

(1)    ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 5.
(2)    ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 39.
(3)    ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 1.
(4)    ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89.
(5)    ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1.
(6)    ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 129.
(7)    ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 12.