29.11.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 404/24


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine nachhaltige Bioökonomie für Europa: Stärkung der Verbindungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt

(2019/C 404/05)

Berichterstatter

:

Jácint HORVÁTH (HU/SPE), Mitglied des Rates von Nagykanizsa, Stadt mit Komitatsrecht

Referenzdokument

:

Eine nachhaltige Bioökonomie für Europa: Stärkung der Verbindungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt

COM(2018) 673 final

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt die Mitteilung der Kommission „Eine nachhaltige Bioökonomie für Europa: Stärkung der Verbindungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt“, in der ein Aktionsplan für die Umsetzung der aktualisierten Bioökonomie-Strategie der EU in den kommenden Jahren vorgeschlagen wird. Der AdR kann als Dialogpartner der Europäischen Kommission eine wichtige Rolle spielen;

2.

erachtet den veröffentlichten Aktionsplan als ausreichend ehrgeizig und die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen als entscheidend dafür, in Europa in einem angemessenen Tempo eine Bioökonomie aufzubauen;

3.

ist außerdem der Ansicht, dass der Ausbau der Bioökonomie ein außerordentlich großes Entwicklungspotenzial für Wachstum und Beschäftigung birgt, und weist darauf hin, dass es sich nur dann nutzen lässt, wenn die regionalen und lokalen Akteure vor Ort eng zusammenarbeiten und gemeinsame Ziele verfolgen; unterstreicht ferner die Bedeutung einer nachhaltigen Bioökonomie für die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung;

4.

ist der Überzeugung, dass die europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Bioökonomie-Initiativen unter Nutzung der positiven Auswirkungen der Multi-Level-Governance harmonisiert werden müssen, um so optimale Bedingungen für die Entwicklung der Bioökonomie in Europa zu schaffen. Auch im Bereich der Bioökonomie spielen die lokalen und regionalen Akteure bei der Förderung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Industrie, Regierung und Zivilgesellschaft — auf der Grundlage des Vierfach-Helix-Ansatzes — eine große Rolle;

5.

unterstreicht das enorme Potenzial, das der Zeitraum 2021-2027 für die Entwicklung der Bioökonomie bietet. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind von zentraler Bedeutung bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik der EU und zahlreicher regionaler Strategien für intelligente Spezialisierung, die die Kofinanzierung von Programmen und Projekten zur Stärkung der Bioökonomie ermöglichen;

6.

stellt außerdem fest, dass die Kommission darüber hinaus vorschreibt, die Aktionspläne für die Bioökonomie ab 2021 auf der am besten geeigneten territorialen Ebene zu erstellen — was die Stärkung der Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften erfordert —, wobei die Programme gemäß den Grundsätzen der Subsidiarität und der Multi-Level-Governance möglichst direkt gemeinsam mit den betreffenden Sektoren und Bürgern verwaltet werden sollen. Für eine nachhaltige, kreislauforientierte Bioökonomie müssen die Aktivitäten fest auf regionaler und lokaler Ebene verankert werden, da die Menschen vor Ort die in den Regionen vorhandenen Wertschöpfungsketten kennen. Die Regionen investieren in die grundlegenden Dienstleistungen und Kompetenzen; daher weist der lokale und regionale Ansatz eine enge Verbindung mit den regionalen Besonderheiten und Spezialisierungen auf;

7.

hält es zur erfolgreichen Verwirklichung der Vision eines größtmöglichen Ausbaus der Bioökonomie für erforderlich, regelmäßig den Rechtsrahmen zu überprüfen, um auch rechtliche Investitionshemmnisse zu beseitigen;

8.

ist überzeugt, dass dank einer größeren Teilhabe der Primärerzeuger an der lokalen Bioökonomie mit der Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie in Europa Arbeitsplätze geschaffen werden, insbesondere in Küstengebieten und im ländlichen Raum. Branchenschätzungen zufolge könnte bis 2030 in den biobasierten Sektoren eine Million neue Arbeitsplätze entstehen;

9.

drängt alle Mitgliedstaaten, bis 2021 im Rahmen der Planung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 eine nationale Bioökonomie-Strategie auszuarbeiten, um so die Möglichkeiten zur Harmonisierung der Entwicklungsprogramme zu fördern;

10.

ermutigt alle Regionen Europas als eine der für die Umsetzung von Bioökonomie-Strategien am besten geeigneten territorialen Ebenen, bis spätestens Ende 2024 Aktionspläne für die Bioökonomie aufzustellen oder in ihrer globalen Entwicklungsstrategie ein der Bioökonomie gewidmetes eigenes Kapitel vorzusehen. Da die ökologischen Grenzen der Bioökonomie über Verwaltungsgrenzen hinausgehen, sollten auch interregionale Strategien ins Auge gefasst werden, um die grenzübergreifende und interregionale Zusammenarbeit (Partnerschaften, Netze) zwischen Regionen mit ähnlichem Profil zu stärken. Gleichzeitig sollten Bioökonomie-Partnerschaften im Rahmen von Strategien für Makroregionen und Meeresbecken gefördert werden;

11.

setzt sich für eine möglichst starke künftige Verbreitung des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens in der Europäischen Union ein, wofür die Entwicklung der Bioökonomie unerlässlich ist; weist deshalb darauf hin, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge gute Möglichkeiten zur Förderung der Entwicklung biobasierter Produkte und Lösungen bietet. Dies erfordert oftmals Unterstützung seitens der europäischen Ebene in Form von Ökodesignvorgaben, Normen, Klimaschutz- und Umweltprodukterklärungen sowie Strategien für Entwicklungsmaßnahmen;

12.

stellt mit Besorgnis fest, dass laut einer kürzlich vorgelegten Veröffentlichung der Gemeinsamen Forschungsstelle im Zeitraum 2015-2030 ein potenziell hohes Risiko besteht, dass etwa 11 % (über 20 Mio. ha) der landwirtschaftlichen Fläche in der EU aufgrund von Faktoren wie biophysische Bodeneignung, Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe und Lebensfähigkeit der Landwirtschaft sowie Bevölkerungsentwicklung und regionale Besonderheiten stillgelegt werden (1); unterstreicht daher das große Potenzial stillgelegter Agrarflächen für die verstärkte Produktion verschiedener Arten von Bioressourcen, vorausgesetzt, dass eine solche diversifizierte Nutzung weder landwirtschaftliche Flächen mit hohem Landschaftswert gefährdet noch die biologische Vielfalt und die Möglichkeiten für die Wiederherstellung von Lebensräumen und die Renaturierung verringert;

13.

weist darauf hin, dass er in einer früheren Stellungnahme zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (2) in Bezug auf Umwelt und Ernährung betont hat, dass die in den Mitgliedstaaten für den biologischen Landbau genutzte Fläche gegenüber 2017 verdoppelt werden oder mindestens 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Mitgliedstaaten ausmachen muss;

14.

bekräftigt die Schlussfolgerungen des Berichts über die Halbzeitüberprüfung der EU-Forststrategie, denen zufolge die Überprüfung der Forststrategie im Einklang mit der Reform der Bioökonomie-Strategie erfolgen muss. Bei der Entwicklung der waldbasierten Bioökonomie und dem Ausbau der Investitionstätigkeit muss für Kohärenz zwischen den verschiedenen EU-Politikbereichen gesorgt werden;

Stärkung und Förderung der biobasierten Sektoren, Liberalisierung von Investitionen und Märkten

15.

ist der Auffassung, dass Innovationen in der Bioökonomie bislang nur in Verbindung mit der Konzipierung von Produkten mit hoher Wertschöpfung Investoren in die Unternehmen bringen. Um Technologien für Produkte auf Biomassebasis zu entwickeln, die einen niedrigeren Marktwert besitzen, aber fossile Produkte ersetzen sollen, wäre eine Feinabstimmung der Förderregelungen erforderlich. Für Bioenergieressourcen sind klarere Preismechanismen erforderlich, ohne dabei im Detail vorzugeben, wofür die Ressourcen genutzt werden müssen. Eine konsequente Bepreisung fossiler Ressourcen ist eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Bioökonomie;

16.

ist der Ansicht, dass es für die Organisationen, die in der Forschung im Bereich biobasierter Produkte und in der Entwicklung und Herstellung dieser Produkte tätig sind, ein großer Fortschritt wäre, wenn ein harmonisiertes System zur Regelung der Vorschriften über auf nachhaltige Weise herstellbare Produkte und über ihre Abfälle geschaffen und die Stabilität dieses Systems auf Mitgliedstaatsebene gewährleistet würde;

17.

fordert die Europäische Kommission auf, die Prozesse für die Herstellung und den Verkauf biobasierter Produkte in den Mitgliedstaaten und die Vermehrung von Technologien im Bereich der nachhaltigen Bioökonomie zu fördern. Die EU sollte sich durch die Entwicklung moderner Technologien im Bereich der Bioökonomie als Branchenführer profilieren, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern und die Versorgung mit hochwertigen biobasierten Produkten sicherzustellen;

18.

betont, dass bei den geltenden Vorschriften ein übermäßiger Verwaltungsaufwand für die Nutzer von Bioressourcen vermieden werden sollte. Derzeit werden solche Berichterstattungspflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit und Wirtschaft (auch der Geschäftspartner) sowohl durch die Vorschriften für staatliche Beihilfen als auch durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) vorgegeben. Zudem muss auch ein Mikromanagement der Nutzung verschiedener Bioressourcen vermieden werden, solange die Ressourcen die Anforderungen an Klimaschutz und Nachhaltigkeit erfüllen. Insbesondere in Bioraffinerien werden verschiedene Ressourcenströme zu vielen unterschiedlichen Zwecken genutzt, u. a. für Biokraftstoffe und Biobrennstoffe;

19.

ist der Ansicht, dass die Entwicklung der Bioökonomie insbesondere in den weniger entwickelten Regionen an konkrete Projekte geknüpft ist und Leitinnovationen es ermöglichen, diese mitzuverfolgen; schlägt für BIOEST und ähnliche Initiativen, an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind, vor, dass die Europäische Kommission mit thematischen Programmen und Subventionen zur Stärkung positiver Synergieeffekte beiträgt. Dank einer Verflechtung der Maßnahmen für den Technologietransfer und der Biomasseressourcen der einzelnen Regionen soll dafür gesorgt werden, dass auch für die Gesellschaft erkennbare Ergebnisse erzielt werden, die unter Beweis stellen, dass die nachhaltige Bioökonomie das „grüne“ Herz der Kreislaufwirtschaft ist;

20.

ist der Auffassung‚ dass eine Anpassung der Energiebesteuerungsrichtlinie und der Vorschriften über staatliche Beihilfen erwogen werden sollte, um die Energiewende zu beschleunigen und erneuerbare Energien gegenüber fossilen Energieträgern wettbewerbsfähiger zu machen‚ ohne dass dies als rechtswidrige staatliche Beihilfe gilt;

21.

begrüßt, dass die Europäische Kommission in den kommenden Jahren plant, eine Fazilität für Politikunterstützung zur Beseitigung der territorialen Ungleichheiten bei der Bioökonomie einzusetzen, macht jedoch zugleich darauf aufmerksam, dass dieses Instrument mindestens bis Ende 2027 nutzbar sein muss, um die in der Bioökonomie zuvor entstandenen territorialen Ungleichheiten auch tatsächlich zu verringern;

22.

begrüßt, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Biotechnologie in ihre Strategien für intelligente Spezialisierung (RIS3) aufgenommen haben. Die Strategien für intelligente Spezialisierung, deren Ausarbeitung eine Vorbedingung für den Zugang zu den für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 vorgesehenen EU-Mitteln für Forschung, Entwicklung und Innovation (FEI) war, sind gleichzeitig politische Instrumente, die Anhaltspunkte für die Umsetzung der Strategien bieten, indem sie ein Bild der regionalen und territorialen Gegebenheiten, der Branchen und der technologischen Prioritäten zeichnen; hält zudem regionale RIS3 im Bereich der Bioökonomie sowohl unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Nachhaltigkeit und der biologischen Vielfalt als auch dem der Nutzung des Potenzials der Bioökonomie für wirksamer, wenn sie zwischen den Nachbarregionen sowie auf Mitgliedstaatsebene koordiniert werden;

23.

hält eine verstärkte Unterstützung der Biotechnologie für erforderlich, sowohl im Hinblick auf die Prioritäten im Bereich Forschung und Innovation (FuI) als auch hinsichtlich der Investitionsprioritäten. Dank ihrer Wissensbasis und ihrer Instrumente können mit der Biotechnologie als Schnittstelle zwischen den verschiedenen Etappen der Biomasseverarbeitung nicht nur die negativen Auswirkungen auf die Umwelt verringert, sondern auch auf nachhaltige Weise die Entwicklung der Bioökonomiebranchen gefördert werden;

24.

befürwortet Maßnahme 1.5 des Aktionsplans, in der der Aufbau von 300 nachhaltigen Bioraffinerien vorgesehen ist; (3) schlägt vor, die im Bereich Bioökonomie weniger entwickelten Regionen auf der Grundlage der Daten des einheitlichen Indikator- und Überwachungssystems beim Bau neuer Bioraffinerien — im Einklang mit den Subventionen und Vorschriften der GAP und des 9. Rahmenprogramms — dabei zu unterstützen, ihren Rückstand aufzuholen. Mit der Einführung technologischer Innovationen und der Entwicklung der damit verbundenen Systeme für den Wissenstransfer lässt sich sicherstellen, dass das Potenzial der Ökosysteme umweltbewusst genutzt wird, was zu nachhaltigen Biomasse-Wertschöpfungsketten führen kann;

25.

ist der Ansicht, dass die Optimierung, Umgestaltung und Integration der Wertschöpfungsketten die aktive Mitwirkung und Beteiligung lokaler und regionaler Interessenträger und insbesondere der KMU voraussetzt, damit neben den Primärerzeugern die gesamte Wertschöpfungskette eingebunden ist. Das Engagement der KMU bei der Umstellung ihrer Technik und ihres Betriebs in Richtung Bioökonomie muss gefördert werden;

Schnelle europaweite Einführung lokaler Bioökonomien

26.

empfiehlt der Europäischen Kommission, besonderes Augenmerk auf die Aufklärung der zuständigen öffentlichen Stellen der Städte und ländlichen Gebiete zu richten, damit sie die Möglichkeiten zur Biomasseerzeugung und -verarbeitung bei der langfristigen Strategie- und Haushaltsplanung berücksichtigen;

27.

betont, dass die Abstimmung zwischen benachbarten Regionen ermöglichen sollte, im Rahmen einer regionalen Zusammenarbeit Technologien und Lösungen für einen kreislauforientierten Biolandbau zu entwickeln;

28.

ist der Ansicht, dass die Städte zu wichtigen Zentren der kreislauforientierten Bioökonomie werden sollten. In den Städten sollte unbedingt für einen Materialkreislauf und ein Recycling (oder gegebenenfalls eine Wiederaufbereitung) der Abfälle, einschließlich organischer Abfälle, gesorgt werden. Dies erfordert nicht nur eine entsprechende Infrastruktur sowie Sammel-, Verarbeitungs- und Recycling- bzw. Wiederaufbereitungssysteme, sondern auch eine Sensibilisierung der Bevölkerung; ersucht die Europäische Kommission, auf koordinierte Weise die hierfür erforderlichen Mittel bereitzustellen, was auch die gemeinsame und komplementäre Entwicklung der technischen Anpassungen und der Systeme für den Wissenstransfer umfasst;

29.

ist insbesondere der Auffassung‚ dass weder die Strategie noch der Aktionsplan Governance-Fragen Rechnung trägt. Für die im Aktionsplan entwickelten Prozesse müssen den jeweiligen Akteuren unter uneingeschränkter Achtung der Multi-Level-Governance klare Zuständigkeiten übertragen werden, um sicherzustellen, dass alle Elemente der Strategie wirksam und effizient umgesetzt werden;

30.

hält es für erforderlich, die Rechtsvorschriften zu harmonisieren, da die 28 Mitgliedstaaten derzeit unterschiedliche Regeln auf die Biomasseströme, die die wichtigsten Rohstoffe der für die Bioökonomie entscheidenden Wertschöpfungsketten bilden, und die durch ihre Verarbeitung entstehenden Abfallströme anwenden;

31.

ist der Auffassung, dass Organisationen (wie das Europäische Netzwerk der Chemieregionen — ECRN), Plattformen (wie das Konsortium für biobasierte Industriezweige — BIC) und Cluster, die in der Lage sind, die lokalen und regionalen Initiativen miteinander zu verbinden und das Potenzial des gesammelten Wissens und der Ergebnisse optimal auszuschöpfen, die Prozesse der Bioökonomie wirksam fördern können. Künftig wird es besonders wichtig sein, sie in die Systeme für den Wissenstransfer einzubeziehen;

Erforschung der ökologischen Grenzen der Bioökonomie

32.

schlägt vor, anstelle der administrativen Grenzen die ökologischen Grenzen und die Ökosysteme heranzuziehen, um das Biomasseerzeugungspotenzial zu bestimmen. Um die Ziele des Aktionsplans zu erreichen, müsste die produzierte Biomasse genau quantifiziert und die erzeugte Menge in einem einheitlichen System registriert werden. Hierzu ist eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Regionen erforderlich und für die Bestimmung müssen standardisierte Mess- und Überwachungsverfahren konzipiert und festgelegt werden;

33.

begrüßt, dass die Europäische Kommission im Einklang mit Maßnahme 3.2 des Aktionsplans die Entwicklung von Kartierungs- und Statistiksystemen für die Überwachung der Ökosysteme unterstützt; schlägt jedoch vor, ein einheitliches europäisches Indikatorensystem für die Überwachung der Rohstoffproduktion für Biomasse zu konzipieren und einzuführen. Für die Einführung von Verarbeitungstechnologien für die Rohstoffe und ihre Optimierung hinsichtlich Energieeffizienz, Umweltschutz und Biomasselogistik sollte ein einheitlicher Informationsrahmen geschaffen werden;

34.

schlägt vor, ein einheitliches Indikatorensystem zu konzipieren, das dank grundlegender und spezifischer Indikatoren Informationen über die Aktivität der Regionen liefern kann. Für die grundlegenden Indikatoren wird die Überwachung folgender Parameter vorgeschlagen: (1) BIP pro Region (in Prozent des nationalen BIP), (2) internationale Aktivität in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation, (3) Einsparung fossiler Energie, (4) Verringerung der Emissionen, insbesondere der Ammoniakemissionen (NH3) und der wesentlichen Treibhausgasemissionen (CO2, CH4), (5) Erzeugung erneuerbarer Energie (in diesem Fall wird vorgeschlagen, die Dimension der Parameter zu vereinheitlichen). Die spezifischen Indikatoren zur Darstellung der Leistung der Regionen in Bezug auf den Aktionsplan für die Bioökonomie-Strategie wären Folgende: (1) Zahl neuer Arbeitsplätze (im Zusammenhang mit der Entwicklung der Bioökonomie); (2) Rolle der Bioökonomie bei der Leistung der einzelnen Regionen; (3) Ausmaß der Bemühungen um den Erhalt und die Entwicklung der biologischen Vielfalt (zugewiesene Mittel); (4) Umweltschutz und Verringerung der Abfallmenge;

35.

ist der Ansicht, dass die Ausweitung der grenzübergreifenden Systeme zur Unterstützung von Kooperationsmöglichkeiten und innovativen Prozessen, die vor allem die Entwicklung der Bioökonomie fördern, wirksam zur länderübergreifenden Koordinierung der Strategien benachbarter Grenzregionen beiträgt. Mit einer auf vergleichbaren ökologischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ansätzen beruhenden Zusammenarbeit lässt sich die lokale Spezialisierung der Ausbildungen steuern und positiv auf die sektoralen Beschäftigungsquoten einwirken;

36.

empfiehlt, Mechanismen zur Erreichung von Kompromissen zwischen biologischer Vielfalt und Produktion zu fördern und Synergien zwischen verschiedenen Politikbereichen anzustreben. Die Beschleunigung des Klimawandels führt auch zu Veränderungen auf mikroregionaler Ebene;

37.

fordert die Ausarbeitung eines umfassenden Entwicklungsrahmens, der zur Koordinierung der klimapolitischen Maßnahmen auf EU-Ebene beiträgt, mit dem Ziel, den Verlust an biologischer Vielfalt sowie die Umweltveränderungen zu bekämpfen sowie die Bodenressourcen und -fruchtbarkeit zu erhalten und zu verbessern;

38.

begrüßt die Konzipierung einer Bioökonomie-Strategie im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen. Dreh- und Angelpunkt des Aktionsplans der Strategie ist neben der Ausschöpfung des Biomasse-Potenzials der Schutz der Erzeugungsgebiete vor Übernutzung; begrüßt darüber hinaus den Schutz der Ressourcen, die als Grundlage für die Produktion dienen, und fordert die Kommission auf, für einen gleichberechtigteren Zugang der Regionen zu den für die Sensibilisierung verfügbaren Mitteln zu sorgen;

Fragen zur Finanzierung der Bioökonomie

39.

begrüßt, dass die Kommission mit ihren Vorschlägen für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2021-2027 beabsichtigt, wichtige Impulse zur Stärkung systemischer Forschung und Innovation in den von der Bioökonomie abgedeckten Bereichen und Sektoren zu geben, und hierzu insbesondere für das Cluster „Lebensmittel und natürliche Ressourcen“ des Rahmenprogramms „Horizont Europa“ (4) 10 Mrd. EUR (5), etwa 10 % der veranschlagten Haushaltsmittel, vorgesehen hat; begrüßt zudem insbesondere die Aufnahme „nachhaltiger, inklusiver und kreislauforientierter biobasierter Lösungen“ in die acht Partnerschaftsbereiche des Programms;

40.

weist jedoch darauf hin, dass die Entwicklung der Bioökonomie einen ganzheitlichen Ansatz erfordert, was auch bedeutet, dass sie durch die gleichzeitige Nutzung und Koordinierung mehrerer Finanzquellen finanziert werden muss; hält es für erforderlich, dass die Europäische Kommission die Komplementarität der Finanzinstrumente stärkt und geeignete Mittel für die Koordinierung der Ressourcen konzipiert (des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, des Europäischen Sozialfonds Plus, des Europäischen Meeres- und Fischereifonds und der Gemeinsamen Agrarpolitik sowie der Mittel für Forschung, Entwicklung und Innovation und der Finanzinstrumente des Programms „InvestEU“), damit die Mitgliedstaaten und die Regionen alle verfügbaren Mittel für die Unterstützung der Bioökonomie einsetzen können;

41.

bekräftigt die Bedeutung, die dem Programm „InvestEU“ als künftige Finanzierungsquelle für die Bioökonomie zukommen sollte; dringt deshalb darauf, dass die Bioökonomie auch weiterhin zu den im Rahmen des Programms „InvestEU“ finanzierten Bereichen gehört;

42.

weist erneut darauf hin, dass das geplante Ziel, mit 25 % der Ausgaben des EU-Haushalts zum Erreichen der Klimaschutzziele beizutragen, nicht ausreicht, um die Zielvorgaben des Übereinkommens von Paris zu erreichen. Wie bereits in der AdR-Stellungnahme zu dem Paket für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021-2027 (6) dargelegt, sollten die Ausgaben, die zur Dekarbonisierung des Energiesektors, der Industrie und des Verkehrssektors sowie zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft beitragen, im nächsten Finanzrahmen möglichst auf über 30 % aufgestockt werden. Mit diesen Zielen wird die Entwicklung der Bioökonomie in einem angemessenen Tempo gefördert;

43.

weist abermals darauf hin, dass Gebiete in äußerster Randlage laut dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ — unter Berücksichtigung ihrer strukturbedingten sozialen und wirtschaftlichen Lage — spezifische Maßnahmen für den Zugang zu horizontalen Unionsprogrammen in Anspruch nehmen können; bedauert, dass diese Möglichkeit im verfügenden Teil des vorliegenden Vorschlags nicht eingeräumt wird, weshalb es schwierig sein wird, die besonderen Bedürfnisse dieser Gebiete und ihre einzigartigen Stärken als Versuchsfelder für Forschung und Innovation in Bereichen wie z. B. Bioökonomie und Klimawandel im Einklang mit ihren Strategien für intelligente Spezialisierung in diesem Programm zu berücksichtigen;

Bildung, Ausbildung und Sensibilisierung im Bereich Bioökonomie

44.

ist besorgt darüber, dass das Durchschnittsalter der in der Bioökonomie tätigen Landwirte und Unternehmer laut Statistiken Jahr für Jahr steigt. Es besteht Grund zu der Annahme, dass die künftige Versorgung mit genügend hochwertigen Nahrungsmitteln — bei zudem steigender Nachfrage — ohne den entsprechenden Nachwuchs zur Ablösung dieser alternden Bevölkerungsgruppe und ohne die Weitergabe des einschlägigen Wissens sowie ohne den Erwerb der erforderlichen neuen Qualifikationen und Kompetenzen gefährdet ist. Der Entwicklung von geeigneten Systemen für den Wissenstransfer in den Sektoren der Bioökonomie und den innovativen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten der möglichen sektorübergreifenden Verbindungen sollte Vorrang eingeräumt werden;

45.

ist der Auffassung, dass sich der Arbeitskräftebedarf für an das Ökosystem angepasste, auf Biomasse basierende nachhaltige Wertschöpfungsketten langfristig dann decken lässt, wenn ab der Grundschule von den Mitgliedstaaten über die offene Koordinierungsmethode entwickelte, aufeinander aufbauende Bildungsmodule sowie Ausbildungsmodule und Module für das lebenslange Lernen eingesetzt werden, um dem besonderen Arbeitskräftebedarf der Bioökonomie-Sektoren gerecht zu werden; hält die Entwicklung dieser Module für absolut notwendig‚ da das Wissen über Umweltkultur und Nachhaltigkeit auf allen Bildungsebenen sowie im Rahmen von Ausbildungen und lebenslangem Lernen vermittelt werden muss; fordert die Europäische Kommission deshalb auf‚ es den Mitgliedstaaten zu erleichtern‚ zusammen gemeinsame Ziele sowie die Mittel festzulegen, um diese Ziele auf EU-Ebene zu erreichen;

46.

betont, dass die Schaffung einer Marktnachfrage nach biobasierten Produkten für die Entwicklung der Bioökonomie von entscheidender Bedeutung ist; weist darauf hin, dass neben Sensibilisierungsmaßnahmen und -aktivitäten auch die Nachfrage gefördert werden muss, wozu die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den Regionen und Kommunen unabdingbar ist.

Brüssel, den 26. Juni 2019

Der Präsident

des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Agricultural Land Abandonment in the EU within 2015-2030 (Stilllegung von Agrarflächen in der EU im Zeitraum 2015-2030), JRC Policy Insights (Oktober 2018), abrufbar unter https://ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/jrc113718.pdf

(2)  Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen zu der „Reform der GAP“ (COR-2018-03637).

(3)  OECD, Meeting Policy Challenges for a Sustainable Bioeconomy (Bewältigung der politischen Herausforderungen für eine nachhaltige Bioökonomie), 2018, ISBN 9789264292345; BIO-TIC, A roadmap to a thriving industrial biotechnology sector in Europe (Fahrplan für einen florierenden europäischen Biotechnologiesektor), 2015.

(4)  COM(2018) 435 final — Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ sowie über die Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse, 7.6.2018.

(5)  COM(2018) 321 final — Ein moderner Haushalt für eine Union, die schützt, stärkt und verteidigt — Mehrjähriger Finanzrahmen 2021 2027, 2.5.2018.

(6)  COR-2018-02389.