9.3.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 76/206


P8_TA(2018)0227

Libyen

Empfehlung des Europäischen Parlaments vom 30. Mai 2018 an den Rat, die Kommission und die Vizepräsidentin der Kommission und Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu Libyen (2018/2017(INI))

(2020/C 76/25)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Resolution 2259 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und die daran anschließenden Resolutionen,

unter Hinweis auf das politische Abkommen mit Libyen,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs vom 22. August 2017 über die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen,

unter Hinweis auf die Resolution 1973 (2011) und alle folgenden Resolutionen, einschließlich der Resolution 2380 (2017), des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen gemäß Resolution 2312 (2016) des Sicherheitsrates,

unter Hinweis auf die Erklärung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 14. November 2017 zu dem Leiden der Migranten in Libyen, das als abscheulicher Frevel auf dem Gewissen der Menschheit lastet,

unter Hinweis auf den Bericht des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom April 2018 mit dem Titel „Abuse Behind Bars: Arbitrary and unlawful detention in Libya“ (Missbrauch hinter Gittern: Willkürliche und unrechtmäßige Inhaftierung in Libyen),

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 18. September 2014 (1), vom 15. Januar 2015 (2) und vom 4. Februar 2016 (3) zur Lage in Libyen,

unter Hinweis auf die Erklärung der Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 20. Dezember 2017 zur Lage der Migranten in Libyen,

unter Hinweis auf die Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf den Gesamtansatz der EU für Migration und Mobilität,

unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. Januar 2017 mit dem Titel „Migration über die zentrale Mittelmeerroute – Ströme steuern, Leben retten“ (JOIN(2017)0004),

unter Hinweis auf die Erklärung von Malta vom 3. Februar 2017,

unter Hinweis auf die gemeinsame Strategie Afrika–EU und den dazugehörigen Aktionsplan,

unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung zur Lage der Migranten in Libyen, die auf dem Gipfeltreffen Afrikanische Union – Europäische Union 2017 vereinbart wurde, und die Einrichtung einer trilateralen hochrangigen AU-EU-VN Taskforce,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juli 2017 zu Libyen,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. Oktober 2017,

gestützt auf Artikel 113 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A8-0159/2018),

A.

in der Erwägung, dass die Lage in Libyen höchst fragil ist und das Land mit einer Reihe komplexer und miteinander verwobener Herausforderungen im Hinblick auf die politische Stabilität, die wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheit konfrontiert ist;

B.

in der Erwägung, dass die Krise in Libyen weitreichende Folgen für die Bevölkerung Libyens und auch für die gesamte angrenzende Region und die EU hat und es daher sehr wichtig und im Interesse der libyschen Bevölkerung sowie der Nachbarländer wie auch der Region südlich der Sahara und des Mittelmeerraums ist, die politische Stabilität Libyens sicherzustellen, da diese von grundlegender Bedeutung ist, um die wirtschaftliche und soziale Situation des Landes zu verbessern;

C.

in der Erwägung, dass die Stabilität im Süden Libyens angesichts der fragilen Lage in seinen Nachbarländern und der Gefahr dschihadistischer Aufstände, die eine Bedrohung für die geschwächten Regierungen in der Sahel- und Sahara-Region darstellen, ein besonderes Anliegen ist;

D.

in der Erwägung, dass die EU ihre diplomatischen Bemühungen und ihren großen finanziellen Beitrag zur Konsolidierung der Sicherheit und der sozioökonomischen Lage in Libyen offensiver kommunizieren sollte;

E.

in der Erwägung, dass der Konflikt in Libyen nur mithilfe eines einheitlichen, umfassenden und integrativen Ansatzes gelöst werden kann, in den alle internationalen Akteure und Interessenträger einbezogen werden, darunter auch Vertreter der verschiedenen lokalen Gemeinschaften, Stammesoberhäupter und Aktivisten der Zivilgesellschaft, und indem die Eigenverantwortlichkeit Libyens für den Friedensprozess und seine Einbeziehung in die diplomatischen Bemühungen sichergestellt werden;

F.

in der Erwägung, dass das Libysche Politische Abkommen und der Aktionsplan der Vereinten Nationen für Libyen gegenwärtig den einzigen praktikablen Rahmen für eine Lösung der Krise darstellen;

G.

in der Erwägung, dass die EU durch ihre diplomatische Bemühungen und ihre konkreten Hilfeleistungen Libyen auf seinem politischen Weg zu einem stabilen, funktionsfähigen Land begleitet und die Vermittlungsbemühungen der VN in dieser Hinsicht unterstützt;

H.

in der Erwägung, dass es von größter Wichtigkeit ist, dass alle Mitgliedstaaten mit einer Stimme sprechen und dabei die Vermittlungsbemühungen der EU stärken und mit Nachdruck auf die zentrale Bedeutung der Vereinten Nationen und des Aktionsplans der Vereinten Nationen verweisen; in der Erwägung, dass eigene Initiativen einzelner Mitgliedstaaten in jedem Fall nur dann zu begrüßen sind, wenn sie sich innerhalb des europäischen Rahmens bewegen und uneingeschränkt im Einklang mit der EU-Außenpolitik stehen;

I.

in der Erwägung, dass die Maßnahmen der EU im Bereich der Migration insoweit erfolgreich waren, als die Zahl der Migranten Ende 2017 gegenüber 2016 um ein Drittel zurückgegangen ist und die Zahlen für die ersten Monate des Jahres 2018 um 50 % unter den entsprechenden Vorjahreszahlen liegen;

J.

in der Erwägung, dass Libyen ein bedeutendes Transitland und Ausgangspunkt für Migranten, insbesondere aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, ist, die versuchen, nach Europa zu gelangen; in der Erwägung, dass Tausende Migranten und Flüchtlinge auf der Flucht vor der Gewalt in Libyen bei dem Versuch, Europa über das Mittelmeer zu erreichen, ums Leben kamen;

K.

in der Erwägung, dass die Migranten mit am meisten unter den Sicherheitsproblemen in Libyen leiden, da sie oft Gewalt, willkürlicher Inhaftierung durch nichtstaatliche Akteure, Erpressung und Entführung zum Zweck der Lösegelderpressung oder Ausbeutung ausgesetzt sind;

L.

in der Erwägung, dass viele Migranten, insbesondere aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen in dem Land willkürlich festgehalten werden;

M.

in der Erwägung, dass die Rückführung durch Niger nach Libyen von 132 Sudanesen, die vom UNHCR Unterstützung erhielten, Anlass zu größter Sorge gibt;

N.

in der Erwägung, dass das Problem der Binnenvertriebenen weiterhin besteht; in der Erwägung, dass diese Menschen oftmals kritischen Bedrohungen ausgesetzt sind, wie die Durchquerung von Konfliktgebieten, Landminen und Blindgänger und die Gewalt der verschiedenen Milizen;

O.

in der Erwägung, dass Libyen zum Transitland für den Menschenhandel geworden ist; in der Erwägung, dass Libyen weiterhin hunderttausende Migranten und Asylsuchende aus verschiedenen Ländern aufnimmt, von denen viele unter erbärmlichen Bedingungen leben und somit für Schleuser eine Beute darstellen; in der Erwägung, dass es Hinweise darauf gibt, dass in Libyen Sklaverei betrieben wird;

P.

in der Erwägung, dass der Alltag der einfachen Menschen in Libyen von immer schwierigeren Lebensumständen geprägt ist, die durch eine Liquiditätskrise, Wasserunterbrechungen und häufige Stromausfälle weiter erschwert werden, und dass sich das Gesundheitssystem des Landes außerdem in einem allgemein katastrophalen Zustand befindet;

Q.

in der Erwägung, dass das politische Klima in Libyen von einem tiefen Misstrauen zwischen den politischen und militärischen Hauptakteuren aus den unterschiedlichen Regionen geprägt ist;

R.

in der Erwägung, dass die international anerkannte Regierung der nationalen Einheit zu ihrer eigenen Sicherheit immer stärker auf verschiedene Milizen zurückgreifen muss; in der Erwägung, dass diese Milizen inzwischen enormen Einfluss auf die staatlichen Institutionen in Tripolis erlangt haben und dadurch die laufenden Bemühungen der Vereinten Nationen gefährden, in dem Land einen zuverlässigen politischen Rahmen zu schaffen;

S.

in der Erwägung, dass Länder wie die Türkei, Katar, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) einen erheblichen Einfluss auf die verschiedenen Konfliktparteien haben;

T.

in der Erwägung, dass die subnationalen Identitäten der verschiedenen libyschen Gemeinschaften, Stämme oder ethnischen Gruppen seit jeher das tief verwurzelte soziokulturelle Gefüge Libyens bilden und eine grundlegende Rolle in den gesellschaftlichen und politischen Dynamiken sowie in Bezug auf die Sicherheitsfragen des Landes spielen; in der Erwägung, dass die libysche Gesellschaft über starke Traditionen der informellen Beilegung von Konflikten zwischen Städten, Stämmen und ethnischen Gemeinschaften verfügt;

U.

in der Erwägung, dass in dem Land derzeit ein klarer und allgemein geltender Rechtsrahmen für das Wahlsystem fehlt; in der Erwägung, dass bislang keine Verfassung verabschiedet wurde, wodurch dem Land der Rechtsrahmen fehlt, der notwendig wäre, um Neuwahlen abzuhalten; in der Erwägung, dass das aktuell vorherrschende Klima der Straflosigkeit, der weit verbreiteten Gesetzlosigkeit und der Korruption sowie die Rolle der bewaffneten Gruppen und die Spannungen zwischen den Stämmen und Regionen Libyens mit dazu beitragen, das ohnehin schon geringe Vertrauen in die öffentlichen Einrichtungen und staatlichen Stellen weiter zu untergraben;

V.

in der Erwägung, dass außergerichtliche Hinrichtungen, Folter, willkürliche Inhaftierung und unterschiedslose Angriffe auf Wohngebiete und die Infrastruktur in Libyen kontinuierlich zunehmen sowie Hassreden und Anstiftungen zu Gewalt eine steigende Tendenz aufweisen;

W.

in der Erwägung, dass die salafistische Extremistengruppe der Madchalisten sowohl im Osten als auch im Westen Libyens zunehmend an Stärke und Bedeutung gewinnt; in der Erwägung, dass sich die Madchalisten gegen Wahlen wehren und bestrebt sind, den Status quo aufrechtzuerhalten, dass sie jede Form der Demokratie ablehnen und schwer bewaffnet sind und daher ein konkretes Risiko in Bezug auf weiteren Extremismus und weitere Gewalt in dem Land darstellen;

X.

in der Erwägung, dass der Zusammenbruch des Strafrechtssystems die Zahl der nicht geahndeten Straftaten im Land steigen lässt und dadurch der Schutz der Opfer und ihr Zugang zu Gerichten geschwächt wird; in der Erwägung, dass in einigen Regionen selbst dann, wenn Straftaten bei der Polizei angezeigt wurden, wenig unternommen wird, um unverzügliche, gründliche, wirksame, unparteiische und unabhängige Ermittlungen einzuleiten und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen; in der Erwägung, dass in Libyen seit 2011 kein Straftäter, der einer bewaffneten Gruppierung angehört, rechtskräftig verurteilt wurde;

Y.

in der Erwägung, dass sich die Spirale der Gewalt in Libyen durch eine übergreifende Straflosigkeit bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen immer weiter fortsetzt; in der Erwägung, dass die fehlende Rechtsstaatlichkeit, solange sie nicht angemessen angegangen wird, das Versprechen auf friedliche Koexistenz und die Bekämpfung des gewaltbereiten Extremismus für die Bevölkerung zu einer leeren Formel macht;

Z.

in der Erwägung, dass Dutzende von politischen und Menschenrechtsaktivisten, Medienvertretern und anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens entführt oder bedroht wurden; in der Erwägung, dass den Vereinten Nationen Berichte über willkürliche Festnahmen und Folter sowie Misshandlungen durch beide Seiten zugegangen sind;

AA.

in der Erwägung, dass die Eskalation der Angriffe auf Angehörige des Justizwesens, lokale Organisationen der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger und Medienschaffende – sowie auch auf Flüchtlinge und Migranten – die Menschenrechtssituation der gesamten Zivilbevölkerung im libyschen Staatsgebiet in einem rasanten Tempo verschlechtert hat; in der Erwägung, dass die fehlende Rechtsstaatlichkeit und Straflosigkeit bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter, willkürlicher Inhaftierung, außergerichtlicher Hinrichtungen und unterschiedsloser Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur die Spirale der Gewalt in dem Land weiter anheizen;

AB.

in der Erwägung, dass die Durchlässigkeit der libyschen Grenzen den illegalen grenzüberschreitenden Handel begünstigt; in der Erwägung, dass die Ausbreitung bewaffneter Gruppen in den Grenzgebieten die Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Banden um die Kontrolle über die Ressourcen jenseits der Grenzen und den Zugriff darauf weiter verschärft haben; in der Erwägung, dass die sogenannten „ausländischen Kämpfer“, die in das Land kommen, und die verschiedenen kriminellen Netzwerke weiterhin von der unkontrollierten Verbreitung von Waffen profitieren;

AC.

in der Erwägung, dass die politische Unsicherheit und Instabilität Libyen zu einem Nährboden für die Aktivitäten extremistischer Gruppen gemacht haben; in der Erwägung, dass die Region Fessan strukturell instabil und seit jeher Durchgangsgebiet nach Europa für Flüchtlinge und Migranten sowie für den Schmuggel von Erdöl, Gold, Waffen und Drogen und für den Menschenhandel ist; in der Erwägung, dass diese Region von ethnischen Spannungen und Stammesfehden, die sich nach dem Sturz Gaddafis verstärkt haben, sowie vom Ringen um die Kontrolle über die Ressourcen des Landes geprägt ist; in der Erwägung, dass die Stabilisierung des Fessan für die Stabilisierung des ganzen Landes von entscheidender Bedeutung ist;

AD.

in Erwägung der Bedeutung der lokalen libyschen Behörden für die Konfliktprävention und die Bereitstellung der grundlegenden öffentlichen Versorgungsleistungen für die Bevölkerung;

AE.

in der Erwägung, dass die Stadt Darna seit dem 7. Mai 2018 Ziel von an Stärke gewinnenden Boden-, Luft- und Artillerieangriffen war; in der Erwägung, dass dabei zahlreiche Zivilisten getötet wurden, der Zugang zu Hilfe und medizinischer Versorgung stark eingeschränkt wurde und die humanitäre Lage dramatisch ist;

AF.

in der Erwägung, dass eine offizielle Delegation des Europäischen Parlaments vom 20. bis 23. Mai 2018 eine Reise nach Libyen unternommen hat;

1.

empfiehlt dem Rat, der Kommission und der Vizepräsidentin der Kommission und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

a)

für eine größtmögliche Unterstützung für den im September 2017 vom Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen Ghassan Salamé vorgestellten Aktionsplan der Vereinten Nationen für Libyen, für die Stabilisierung Libyens und für einen politischen und integrativen nationalen Aussöhnungsprozess zu sorgen, der es allen libyschen Akteuren, einschließlich aller Stammesgruppen, ermöglicht, eine stabile und dauerhafte politische Einigung zu erzielen, wobei der Beteiligung von Frauen und Minderheiten gebührend Rechnung zu tragen ist; die Ergebnisse der inklusiven Konsultationsverfahren, die dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 21. Mai 2018 vorgestellt wurden, zu berücksichtigen; jeden Versuch einer Gefährdung des von den Vereinten Nationen geleiteten Friedensprozesses entschieden zu verurteilen; weiterhin eng mit der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Libyen (UNSMIL) zusammenzuarbeiten;

b)

ihre diplomatischen Bemühungen zur Unterstützung des Plans der Vereinten Nationen zu intensivieren, zur Schaffung einer stabilen libyschen Regierung beizutragen und diese bei ihren Bemühungen zu unterstützen, eine politische Einigung herzustellen, im gesamten Land die Sicherheit zu garantieren und ihre Autorität auf das gesamte libysche Hoheitsgebiet auszuweiten, und zwar über das kleine Gebiet hinaus, das von der international anerkannten Regierung der nationalen Einheit kontrolliert wird, da es sich hierbei um eine wesentliche Voraussetzung für eine umfassende politische Lösung handelt, mit der die Stabilisierung, der Wiederaufbau, die nationale Aussöhnung, der Aufbau eines Staatswesens sowie jeder Friedenssicherungseinsatz auf der Grundlage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte vorangebracht werden; sicherzustellen, dass der Stabilisierungsprozess und die Entscheidung über die künftige Form des Staates in der Eigenverantwortung Libyens liegen; sich für eine Stärkung der lokalen Mechanismen und Kapazitäten im Land in Bezug auf Mediation, Streitbeilegung und Waffenstillstand einzusetzen und diese Mechanismen als Bestandteil eines kohärenten und integrierten Ansatzes, der zu konkreten und dauerhaften Resultaten führt, mit dem Aktionsplan der Vereinten Nationen zu verknüpfen;

c)

die in einigen Gemeinden unter Ägide der Vereinten Nationen stattfindenden sogenannten „Bürgerversammlungen“ zu unterstützen, da es sich dabei um eine wirksame, aus der Mitte der Bevölkerung hervorgehende Versöhnungsinitiative handelt, mit der der Dialog zwischen den verschiedenen Gemeinschaften gefördert werden soll, wodurch ein konkreter Beitrag zur Ausarbeitung einer dauerhaften und praktikablen Lösung der Libyen-Krise geleistet und die Herausbildung einer von Bürgersinn geprägten Kultur unterstützt wird;

d)

Maßnahmen zu erarbeiten, um den Aufbau von Institutionen sowie die Herausbildung einer wirklichen Zivilgesellschaft zu fördern und der Wirtschaft Starthilfe zu leisten, den aufgeblähten öffentlichen Sektor abzubauen und die nachhaltige Entwicklung des Privatsektors zu stärken, da dies für langfristige Stabilität und Wohlstand im Land erforderlich ist;

e)

die Bemühungen Libyens um eine neue Verfassungsordnung zu unterstützen, die eine Regelung für eine gerechte Verteilung des Ölreichtums sowie eine klare Trennung der Aufgaben und Verpflichtungen der historischen Regionen auf der einen Seite und einer nationalen Regierung auf der anderen Seite umfassen sollte; darauf zu verweisen, dass eine derartige neue Verfassung, die sich an Bestandteilen der abgeänderten Verfassung von 1963 orientieren könnte, die Bemühungen um die Abhaltung landesweiter Wahlen voranbringen würde, die erst stattfinden können, nachdem die neue Verfassung verabschiedet wurde und wenn die erforderlichen Voraussetzungen ordnungsgemäß erfüllt sind, damit eine hohe Wahlbeteiligung erzielt sowie öffentliche Akzeptanz und Legitimität erreicht werden können;

f)

im Rahmen der EU-Organe den Schwerpunkt verstärkt darauf zu legen, wie besser auf alle Aspekte der libyschen Krise eingegangen werden kann und auf welche Instrumente und Sektoren dabei – auch unter verstärkter Beachtung der lokalen Dynamik – zurückgegriffen werden soll, um einen wirksamen und umfassenden Ansatz in Bezug auf das Land auszuarbeiten und über alle Organe und Mitgliedstaaten hinweg Geschlossenheit in Bezug auf das verfolgte Ziel zu zeigen und Initiative zu ergreifen, damit im Rahmen einer umfassenderen regionalen Strategie die Einheitlichkeit der Maßnahmen aller beteiligten Akteure sichergestellt werden kann;

g)

durch die erneute Einrichtung einer EU-Delegation in Tripolis und Rückkehr eines ständigen EU-Stabs in die Delegation deren Präsenz und Sichtbarkeit zu erhöhen und das Verständnis der Komplexität der Situation im Land zu verbessern;

h)

auch weiterhin zu betonen, dass es für die Krise in Libyen keine militärische Lösung geben kann, und zu bekräftigen, dass alle Parteien und bewaffneten Gruppen in Libyen sich zur Einhaltung des Artikels 42 des Libyschen Politischen Abkommens verpflichten, die Grundsätze des humanitären Völkerrechts und internationale Menschenrechtsnormen achten sowie auf Gewaltrhetorik und die Anwendung von Gewalt verzichten, demobilisieren und sich zu einer friedlichen Lösung des Konflikts verpflichten müssen, damit es nicht zu weiteren Zerstörungen und Todesopfern kommt; ist der Auffassung, dass die Verhandlungen dazu dienen sollten, die libyschen Sicherheitskräfte aus allen Regionen in einer der zivilen Kontrolle unterstehenden nationalen Sicherheitsarchitektur unter der Verantwortung der international anerkannten libyschen Gesamtregierung zusammenzufassen, wobei Transparenz, Rechenschaftspflicht und die Achtung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Libyens sichergestellt werden müssen, und dass die Verhandlungen ferner zur Unterzeichnung eines Protokolls führen sollten, in dem sich alle bewaffneten Gruppen dazu verpflichten, im Rahmen eines kohärenten und umfassenden Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrationsprozesses, der auf eine Wiedereingliederung von Mitgliedern bewaffneter Gruppen in die Gesellschaft und eine Reform des Sicherheitssystems nach Maßgabe der im Abkommen von Skhirat niedergelegten Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Transparenz abzielt, auf die Anwendung von Zwang und Gewalt zu verzichten; ist der Auffassung, dass die Unterzeichnung eines solchen Protokolls eine Umsetzung der Friedensvereinbarung ermöglichen und den Weg zu freien und fairen Wahlen ebnen sollte sowie mit wirtschaftlichen und finanziellen Anreizen einhergehen und die Unterzeichner veranlassen sollte, auf den Aufbau neuer staatlicher Einrichtungen hinzuwirken;

i)

zu berücksichtigen, dass maßgeschneiderte Programme ausgearbeitet werden müssen, mit denen Milizen angehörende Einzelpersonen – und nicht Gruppen – in den regulären Sicherheitsapparat integriert und auf diese Weise Loyalitätskonflikte eingeschränkt werden können;

j)

die Bemühungen der Vereinten Nationen zu unterstützen, Ende 2018 in Libyen Wahlen abzuhalten, allerdings erst, nachdem eine neue Verfassung verabschiedet wurde; insbesondere die Bemühungen um eine Registrierung der gegenwärtig nur zu rund 50 % erfassten Wahlberechtigten zu unterstützen; dafür zu sorgen, dass vor den Wahlen eine Einigung über eine Übergangsregelung erzielt wird, damit Vertrauen zurückgewonnen und so die internationale und nationale Legitimität der neuen Regierung gestärkt wird; den Prozess der Schaffung eines soliden verfassungsrechtlichen Rahmens sowie das gesamte Wahlverfahren, auch in technischer Hinsicht, zu unterstützen und eventuelle europäische finanzielle Beihilfen davon abhängig zu machen, dass ein Wahlgesetz verabschiedet wird, das so weit wie möglich den von der Venedig-Kommission aufgestellten internationalen Grundsätzen entspricht;

k)

Druck auf die Akteure auszuüben, die die politischen Friedensgespräche blockieren, und das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen wirksam durchzusetzen; die Einführung neuer Sanktionen gegen Akteure zu prüfen, die illegale Geschäfte mit Erdöl unterstützen;

l)

die Zusammenarbeit mit allen internationalen Organisationen und anderen Akteuren vor Ort zu intensivieren, um die Kohärenz und Konvergenz des internationalen Vorgehens zu verstärken; die diplomatischen Bemühungen mit allen regionalen Akteuren und Nachbarländern zu verstärken, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit dem Aktionsplan der Vereinten Nationen – dem derzeit einzig möglichen Rahmen für eine Lösung der Krise – zu einer positiven Lösung der Krise in Libyen beitragen; die gegenwärtig stattfindende nationale Konferenz in Libyen zu unterstützen, mit der eine Übereinkunft zwischen den verschiedenen libyschen Parteien über die nächsten Schritte zur Vollendung des Übergangsprozesses erzielt werden soll; die regionalen Akteure davon abzuhalten, unilaterale oder multilaterale Militärinterventionen ohne rechtliche Grundlage und ohne die politische Zustimmung der libyschen Regierung in Betracht zu ziehen;

m)

den Einsatz von Gesetzgebern, Richtern und spezialisierten Staatsanwälten in Libyen zu unterstützen, die bei der Überarbeitung der Anti-Terror-Gesetzgebung helfen können, und sicherzustellen, dass diese angemessen ausgestattet sind, um Rechtssachen im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung unter Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zu leiten und durchzuführen;

n)

die Krise in Libyen vor einem breiteren, regionalen und afrikaweiten Hintergrund zu betrachten und dabei zu bedenken, dass Libyen für die Stabilität Nordafrikas, der Sahelzone und des Mittelmeerraums von zentraler Bedeutung ist; die Zusammenarbeit Libyens mit seinen Nachbarn in der Sahelzone zu fördern und zu erleichtern; im Rahmen dieser Betrachtung die Auswirkungen der Lage in Libyen auf die Dynamik und die Herausforderungen, mit denen die EU konfrontiert ist, zu berücksichtigen; eine umfassende politische Strategie in Bezug auf Libyen zu entwickeln, die einer regionalen und panafrikanischen Perspektive Rechnung trägt und umfassendere entwicklungs-, sicherheits- und migrationspolitische Maßnahmen sowie die Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Bekämpfung des Terrorismus und den Kampf gegen Sklaverei und Ausbeutung vorsieht; dafür Sorge zu tragen, dass für die Umsetzung dieser Strategie Mittel in angemessener und ausreichender Höhe bereitgestellt werden, was unter anderem im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen zum Ausdruck kommen sollte, damit sie konkrete Ergebnisse zeitigen kann; soweit möglich die Zusammenarbeit zwischen der Sicherheitsoperation der NATO „Sea Guardian“ und der EUNAVFOR MED-Operation „Sophia“ fortzusetzen und zu intensivieren;

o)

eine dauerhafte und aktive Beteiligung an Bemühungen im Kampf gegen Terror und Menschenhandel sicherzustellen, nicht allein durch Einbindung der Nachrichtendienste, finanzielle Zusammenarbeit und taktische Unterstützung, sondern auch mithilfe sozialer Programme und durch Ausbildungsangebote im Gesundheits- und Bildungswesen, mit denen die Ausbildung und der Einsatz von sozialen Akteuren und zentralen Meinungsbildnern mit dem Ziel unterstützt wird, gewaltbereitem Extremismus entgegenzuwirken und die Botschaft der Koexistenz und friedlichen Kooperation zu verbreiten;

p)

im Blick zu behalten, dass, auch wenn der IS in Libyen deutlich geschwächt ist, die wirksamste Antwort auf die Präsenz radikaler Milizen im Land letztendlich der Aufbau integrativer inländischer Institutionen ist, die in der Lage sind, die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit zu wahren, öffentliche Dienstleistungen zu erbringen und für lokale Sicherheit zu sorgen sowie wirksam jene Gruppen zu bekämpfen, die eine Gefahr für die Stabilität des Landes und der gesamten Region darstellen;

q)

im Einklang mit der Erklärung von Paris vom 25. Juli 2017 sicherzustellen, dass die EU-Mittel effektiv eingesetzt werden, damit eine zwischenstaatliche Koordinierung beim Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur durch die Stabilisierungsfazilitäten der EU ermöglicht wird; der Finanzierung von Projekten und Initiativen Vorrang einzuräumen, mit denen lokale Akteure unterstützt werden, die sich für Rechenschaftspflicht und demokratischen Wandel einsetzen, und mit denen auf lokaler Ebene verankerte Mechanismen des Dialogs, der Versöhnung und der Konfliktlösung gefördert werden, in die Frauen und junge Menschen einbezogen werden, um diese davor zu bewahren, kriminell zu werden, etwa einer Miliz beizutreten, die an Schleusertätigkeiten und Menschenhandel beteiligt ist; die Zivilgesellschaft in Libyen, insbesondere Menschenrechtsaktivisten, weiterhin zu fördern und den politischen Prozess, die Sicherheit und Vermittlungstätigkeiten, insbesondere durch das Europäische Nachbarschaftsinstrument und das Instrument für Stabilität und Frieden, zu fördern; die Umsetzung eines repräsentativen Regierungssystems auf lokaler und nationaler Ebene zu fördern, um die mit der Aussöhnung, der Stabilisierung und der Wiederherstellung der Sicherheit verbundenen Herausforderungen besser zu bewältigen; dafür Sorge zu tragen, dass Gelder aus dem Nothilfe-Treuhandfonds der EU nur bewilligt werden, wenn sie entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden und eine gründliche Analyse der örtlichen Behörden und Empfänger und eine anschließende Evaluation vorliegen;

r)

die Gemeinden bei der Erbringung wesentlicher Dienstleistungen und beim Aufbau der lokalen Verwaltung zu unterstützen; Mindestlebensstandards für die Bevölkerung sicherzustellen, wobei im Blick zu behalten ist, dass ein Verständnis des lokalen politischen und wirtschaftlichen Systems eine wesentliche Voraussetzung darstellt, um die Versöhnung unter den Menschen in Gang zu bringen und illegalen Handel zu bekämpfen; sicherzustellen, dass EU-Mittel tatsächlich in Projekte fließen, die der libyschen Bevölkerung und Zivilgesellschaft zugutekommen; die Kommunikation zwischen den Organisationen der Zivilgesellschaft und den lokalen Regierungsbehörden zu fördern;

s)

bestimmte Initiativen zu unterstützen, etwa die vom Versöhnungskomitee Misrata-Tawurga geförderte Initiative, in deren Rahmen die beiden Städte Misrata und Tawurga eine auf der Doktrin der friedlichen Koexistenz beruhende Einigung erzielten, wodurch die aus Tawurga vertriebenen Bewohner die Möglichkeit erhielten, wieder in ihre Stadt zurückzukehren;

t)

die libyschen Institutionen weiter darin zu bestärken, wirksamer und transparenter auf die Verbesserung der Lebensbedingungen aller Libyer hinzuarbeiten, unter anderem durch die Wiedereinführung vorrangiger öffentlicher Dienstleistungen und den Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur, die wirtschaftspolitische Steuerung des Landes zu verbessern, die Liquiditätskrise zu überwinden und die von den internationalen Finanzinstitutionen geforderten notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen Reformen umzusetzen, um zur Wiederbelebung und Stabilisierung der Wirtschaft beizutragen; dem Land dabei zu helfen, eine marktwirtschaftliche Ordnung zu etablieren, die allen Libyern zugutekommt; die libyschen Behörden aufzufordern, dafür zu sorgen, dass die Einnahmen aus dem Handel mit natürlichen Ressourcen und die damit einhergehenden Vorteile zum Nutzen der gesamten Bevölkerung, auch auf lokaler Ebene, verwendet werden; die libyschen Behörden aufzufordern, sich zu hohen Transparenzstandards im heimischen Rohstoffsektor zu verpflichten, sowie sich insbesondere schnellstmöglich zur Erfüllung der Anforderungen der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (EITI) zu verpflichten; die libyschen Behörden im Kampf gegen jede Form illegaler Aktivitäten, die die Volkswirtschaft schwächen, zu unterstützen, wie kürzlich im Zwischenbericht der Sachverständigengruppe dargestellt, die nach Maßgabe der Resolution 1973 (2011) zu Libyen eingesetzt wurde;

u)

Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht auch weiterhin entschieden zu verurteilen und sich verstärkt zu bemühen, humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung und in allen Landesteilen bereitzustellen, insbesondere, was Einrichtungen der Gesundheits- und Energieversorgung anbelangt; die Wirksamkeit humanitärer finanzieller Hilfe zu erhöhen sowie die Unterstützung für und die Zusammenarbeit mit humanitären Organisationen vor Ort zu verstärken; die zahlreichen, immer häufiger werdenden Versuche zu verurteilen, die Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft insbesondere durch eine repressive Gesetzgebung, Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger und das Justizwesen einzuschränken; die Afrikanische Union, die Vereinten Nationen und die EU aufzufordern, weiterhin zusammenzuarbeiten und wirksame Maßnahmen für eine sofortige Beendigung dieser Menschenrechtsverletzungen zu ergreifen; die Zivilgesellschaft zu stärken und die Entwicklung und Unabhängigkeit der lokalen Medien zu fördern;

v)

die Bemühungen hinsichtlich des von der EU finanzierten Notevakuierungsmechanismus des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) zu verstärken, der die Evakuierung von rund 1 000 besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Libyen ermöglicht hat; den libyschen Partnern nahezulegen, die derzeitige Zahl von Nationalitäten, mit denen das UNHCR gegenwärtig mit libyscher Genehmigung arbeiten kann, zu erhöhen;

w)

sich mit dem Thema der illegalen Migration durch und aus Libyen zu befassen und dabei zu bedenken, dass langfristige, wirksame und tragfähige Lösungen gefunden werden müssen, mit denen auf die eigentlichen Ursachen der Migration in Afrika in den Herkunfts- und Transitländern eingegangen wird, und eine rechtliche Grundlage für den Umgang mit internationalen Migrationsprozessen zu schaffen, die derzeit auf Umsiedlungen im Rahmen des Nothilfe-Transitmechanismus oder auf direkten Umsiedlungen beruhen; die Bemühungen der EU auf den Schutz der Migranten in Libyen zu konzentrieren; die libyschen Behörden bei der Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Heimat zu unterstützen und die lokalen Gemeinschaften bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen, wobei sicherzustellen ist, dass die Rückkehr der Binnenvertriebenen nicht darauf hinausläuft, dass das Recht auf Rückkehr gegen eine finanzielle Kompensation gewährt wird, von denen die verschiedenen Milizen profitieren; die internationale Gemeinschaft auf die Notwendigkeit hinzuweisen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Herausforderungen Libyens und der Sahel-Sahara-Region in den Bereichen Entwicklung, Menschenrechte und Sicherheit anzugehen, einschließlich Mittel zur Bekämpfung von Menschenhandel und Schleuserkriminalität; mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region sicherzustellen, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Menschenhandel nicht die Freizügigkeit behindern;

x)

die gemeinsamen Bemühungen der EU, der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen um einen besseren Schutz von Migranten und Flüchtlingen in Libyen zu intensivieren und dabei schutzbedürftigen Personen besondere Aufmerksamkeit zu widmen; die Vorwürfe des Missbrauchs und der unmenschlichen Behandlung von Migranten und Flüchtlingen durch kriminelle Gruppen in Libyen sowie Anschuldigungen der Sklaverei umgehend und eingehend zu untersuchen; Vorstöße zu entwickeln, wie derartige Vorkommnisse in Zukunft verhindert werden können; die Bedingungen der Flüchtlinge und Migranten in Auffanglagern zu verbessern und die libyschen Behörden anzuhalten, jene Einrichtungen, bei denen sich herausstellt, dass sie den internationalen Standards nicht entsprechen, baldmöglichst zu schließen; die in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union unternommenen Bemühungen um eine begleitete freiwillige Rückkehr und Neuansiedlung fortzusetzen und zu intensivieren, und in diesem Zusammenhang zu unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die von Libyen vorgeschriebenen Ausreisevisa abgeschafft werden; die libyschen Behörden darin zu bestärken, willkürlichen Verhaftungen Einhalt zu gebieten und schutzbedürftige Personen, insbesondere Kinder, nicht zu verhaften; dafür zu sorgen, dass Migranten im vollen Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards behandelt werden, und zu diesem Zweck die erforderlichen Mittel aus dem EU-Haushalt bereitzustellen; Libyen aufzufordern, die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und deren Protokoll von 1967 zu unterzeichnen und zu ratifizieren; Sorge dafür zu tragen, dass die EU-Mission zur Unterstützung des Grenzschutzes (EUBAM) in Libyen und die EUNAVFOR MED-Operation „Sophia“ und die Frontex-Operation Themis gemeinsam ihre Aufmerksamkeit auf die Frage richten, wie illegale Aktivitäten unterbunden werden können, unter anderem Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Terrorismus im zentralen Mittelmeer; sicherzustellen, dass die EUBAM im Einklang mit ihrem Mandat weiterhin aktiv mit den libyschen Behörden auf Schwerpunktgebieten im Zusammenhang mit dem Grenzmanagement, der Strafverfolgung und der umfassenderen Strafrechtspflege zusammenarbeitet und diese unterstützt;

y)

ihre Bemühungen zur Bekämpfung aller Handlungen im Zusammenhang mit Schleusung und Menschenhandel durch und aus libyschem Staatsgebiet und vor der Küste Libyens, die den Prozess der Stabilisierung Libyens schwächen und das Leben Tausender Menschen gefährden, weiter zu entwickeln; in diesem Sinne für Kontinuität des Beitrags der EU zur Bewältigung dieser Probleme zu sorgen, indem die libyschen Partner beim Aufbau der überfälligen Kapazitäten unterstützt werden, um die Land- und Seegrenzen des Landes zu sichern, und indem gemeinsam mit den libyschen Behörden eine umfassende Grenzmanagementstrategie umgesetzt wird;

z)

eine dauerhafte Lösung für die mehr als 180 000 Binnenvertriebenen in Libyen zu unterstützen, einschließlich der schätzungsweise 40 000 ehemaligen Bewohner Tawurgas, und zwar durch mögliche Umsiedlungen oder durch die Erleichterung einer sicheren Heimkehr sowie durch eine verstärkte Unterstützung des UNHCR und der IOM in diesem Bereich;

aa)

sich mit dem Phänomen der Hybridisierung zwischen den Aktivitäten international tätiger krimineller Gruppen und terroristischer Gruppierungen zu befassen, indem eingehende Untersuchungen insbesondere von Menschenhandel und sexueller Gewalt in Konfliktzeiten durchgeführt werden;

ab)

die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache zu unterstützen, die zwischen Januar und Ende Oktober 2017 in libyschen Hoheitsgewässern beinahe 19 000 Migranten das Leben rettete; die libyschen Behörden bei der formalen Notifizierung ihres Such- und Rettungsgebiets zu unterstützen, eine Reihe klarer ständiger Einsatzverfahren für die Ausschiffung einzuführen und für ein funktionsfähiges Überwachungssystem der libyschen Küstenwache zu sorgen, damit ein klares und transparentes Verzeichnis aller Personen, die an der libyschen Küste von Bord gehen, erstellt und sichergestellt werden kann, dass sie im Einklang mit internationalen humanitären Standards angemessen versorgt werden; die Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden hinsichtlich der Vorarbeiten für eine Seenotleitung (MRCC) in Libyen zu intensivieren, um deren Such- und Rettungskapazitäten zu vergrößern; die Fortsetzung spezialisierter Schulungen der libyschen Küstenwache auf den Gebieten internationaler Schutz, Flüchtlingsrecht und Menschenrechte durch die IOM und das UNHCR sicherzustellen;

ac)

ihre humanitäre und zivile Hilfe, vor allem in den am stärksten betroffenen Gebieten, zu verstärken, um der libyschen Bevölkerung das Leben zu erleichtern und den dringendsten Bedürfnissen der Menschen nachzukommen, die durch den Konflikt in Libyen schwer getroffen wurden, und bereit zu stehen, um auf eine jegliche Verschlimmerung der Situation zu reagieren; fordert die EU nachdrücklich auf, die Stärkung der Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen und vor allem von Frauenverbänden zu unterstützen, die gewaltfreie Lösungen für die vielfältigen Krisen in dem Land anstreben;

ad)

die erforderlichen Personal- und Finanzressourcen bereitzustellen, um den Flüchtlingen zu helfen und den vertriebenen Menschen angemessene humanitäre Hilfe zu leisten und so auf die humanitäre Krise in Libyen zu reagieren, die Tausende Menschen gezwungen hat, aus ihrem Land zu fliehen;

ae)

die internationalen Bemühungen um die Zerschlagung der Schleuser- und Menschenhändlernetzwerke zu verstärken und die Anstrengungen zur Bekämpfung dieses Verbrechens zu verstärken und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen; die Arbeit der EUNAVFOR MED Operation SOPHIA fortzuführen und zu intensivieren, die darauf gerichtet ist, das Geschäftsmodell von Menschenhändlern und Schleusern zu zerschlagen, die Kapazitäten der libyschen Küstenwache auszubauen und die Umsetzung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zum Waffenembargo und zu rechtswidrigen Ausfuhren von Öl zu unterstützen; Libyen weiterhin durch die zivilen GSVP-Missionen zu unterstützen; die Kapazitäten für die Suche und Rettung von Menschen in Not und die von allen Staaten einzusetzenden Kapazitäten zu erhöhen und die Unterstützung durch private Akteure und nichtstaatliche Organisationen bei der Durchführung von Rettungsaktionen auf See und an Land unter Berücksichtigung des bestehenden internationalen Rechtsrahmens und der Sicherheitsbelange anzuerkennen;

af)

die uneingeschränkte Unterstützung für das Mandat des Internationalen Strafgerichtshofs für die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Libyen zu bekräftigen und daran zu erinnern, dass internationale Mechanismen zur Sicherstellung der Rechenschaftspflicht wie der Internationale Strafgerichtshof und das Weltrechtsprinzip eine wichtige Rolle für die Umsetzung des Friedensplans innerhalb eines Rahmens spielt, der Schritte auf dem Weg zur Rechenschaftspflicht und Achtung der Menschenrechte in Libyen festlegt; den Internationalen Strafgerichtshof bei seinen Bemühungen zu unterstützen, Personen, die für Gräueltaten verantwortlich sind, vor Gericht zu stellen; den UN-Sonderbeauftragten für Libyen in seinem Aufruf an die internationale Gemeinschaft vom November 2017 zu unterstützen, Libyen in seinem Kampf gegen die Straffreiheit von Kriegsverbrechern beizustehen und Optionen für die Einrichtung gemeinschaftlicher Gerichte zu prüfen; die EU und die Mitgliedstaaten aufzufordern, die internationalen Mechanismen dabei zu unterstützen, die nationale Justiz mit allen erforderlichen Mitteln auszustatten, um Ermittlungen in früheren und anhaltenden Fällen schwerer Verletzungen aufnehmen zu können, und die künftigen legitimierten libyschen Behörden bei der eigenständigen Erfüllung dieser Aufgabe zu unterstützen; zu beachten, dass faire Gerichtsverhandlungen allen Opfern von Menschenrechtsverletzungen in libyschem Hoheitsgebiet zu ihrem Recht verhelfen und den Weg zu einer nachhaltigen Versöhnung und zu Frieden ebnen würden;

ag)

seine Sorge angesichts der wachsenden Präsenz des IS und anderer terroristischer Gruppen in Libyen zum Ausdruck zu bringen, die das Land destabilisiert und die Nachbarstaaten wie auch die EU bedroht;

ah)

insbesondere die libyschen Behörden und die Milizen aufzufordern, den Zugang Außenstehender zu Hafteinrichtungen, insbesondere solchen für Migranten, zu ermöglichen;

ai)

die Situation hinsichtlich der Zahlung von Aktiendividenden, der Gewinnschuldverschreibung und Zinszahlungen aus dem in der EU eingefrorenen Vermögen des libyschen Staatsfonds (Libyan Investment Authority) zu klären; einen detaillierten Bericht über den Gesamtbetrag der Zinsen aus Gaddafis Vermögen, nachdem dieses im Jahr 2011 eingefroren wurde, sowie eine Liste der Personen oder Unternehmen vorzulegen, denen diese Zinszahlungen zugutekamen; auf die Bedenken hinsichtlich einer möglichen Lücke in der diesbezüglichen Sanktionsregelung der EU einzugehen und diese Angelegenheit vorrangig zu behandeln;

aj)

Projekte für die wirtschaftliche Entwicklung der Region Fessan und der legalen Wirtschaft in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen und insbesondere den auf den Migrationswegen liegenden Gemeinden zu unterstützen, um die illegalen Aktivitäten der kriminellen Netzwerke und den gewaltbereiten Extremismus der terroristischen Gruppen durch Schaffung alternativer Einkommensquellen, insbesondere für junge Menschen, zu bekämpfen;

ak)

das Embargo für die Ausfuhr von Waffen nach Libyen aufrechtzuerhalten, um so zu verhindern, dass Waffen in die Hände von Extremisten und bewaffneten Gruppen gelangen und so zur Zunahme von Unsicherheit und Instabilität im gesamten libyschen Hoheitsgebiet beitragen;

al)

möglichst schnell diplomatische Maßnahmen mit dem Ziel zu ergreifen, die Zivilbevölkerung zu schützen und auf die humanitäre Lage in Darna zu reagieren;

2.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Empfehlung dem Rat, der Kommission und der Vizepräsidentin der Kommission / Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik sowie – zur Information – der libyschen Regierung der nationalen Einheit zu übermitteln.

(1)  ABl. C 234 vom 28.6.2016, S. 30.

(2)  ABl. C 300 vom 18.8.2016, S. 21.

(3)  ABl. C 35 vom 31.1.2018, S. 66.