EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 16.10.2018
COM(2018) 696 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Umsetzung des Aktionsplans für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 16.10.2018
COM(2018) 696 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Umsetzung des Aktionsplans für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug
I. EINFÜHRUNG
Die Kommission hat am 8. Dezember 2016 eine Mitteilung zu einem Aktionsplan für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug angenommen, um die Sicherheit von Reisedokumenten, die in der EU ausgestellt werden, zu verbessern (im Folgenden „Aktionsplan“) 1 . Der Aktionsplan betraf das zunehmende Problem des Reisedokumentenbetrugs, das im Zusammenhang mit den terroristischen Anschlägen und den Migrationsströmungen in den Fokus gerückt war. Vor diesem Hintergrund war es von entscheidender Bedeutung, dass die EU und insbesondere die Mitgliedstaaten sich verstärkt darum bemühen, die Sicherheit der Reisedokumente zu verbessern, um damit zu einem besseren Grenzschutz und einem besseren Migrationsmanagement beizutragen und den Übergang zu einer echten und wirksamen Sicherheitsunion zu fördern 2 .
Der Aktionsplan befasste sich mit Konzepten und Verfahren zum Identitätsmanagement und bezeichnete Maßnahmen zur Schließung von Regelungslücken der Mitgliedstaaten, der Kommission, des Rats und des Europäischen Parlaments.
Dieser Bericht gibt einen Überblick über die erzielten Ergebnisse und Fortschritte in einer Reihe von Aufgaben und konkreten Maßnahmen, die von Mitgliedstaaten, europäischen Institutionen und anderen Interessenträgern im Zuge der im Aktionsplan beschriebenen Maßnahmen durchgeführt wurden. Es folgen die Schlussfolgerungen des Rates vom 27. März 2017 zum Aktionsplan 3 und vom 18. Dezember 2017 zum Identitätsmanagement 4 , in denen die Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, Maßnahmen für die verbesserte Integrität der nationalen Identitätssysteme zu ergreifen.
Der Bericht folgt dem Aufbau des Aktionsplans, um die Fortschritte aufzuzeigen, die in den einzelnen Schwerpunktbereichen der Identitätsinfrastruktur – Registrierung der Identität, Ausstellung von Dokumenten, Herstellung von Dokumenten, Kontrolle von Dokumenten – gemacht wurden.
II. REGISTRIERUNG DER IDENTITÄT
Der Begriff Registrierung oder Nachweis der Identität bezieht sich auf die Verfahren zur Ermittlung, Verknüpfung und Überprüfung der Identität anhand von Ausgangsdokumenten (z. B. Geburtsurkunden) um sicherzustellen, dass die Identität einer Person legitim, echt und existent ist.
Registrierungsverfahren fallen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Der Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 27. März 2017 die Bedeutung sicherer Ausgangsdokumente für die Verhinderung von Betrug für den Fall, dass sie als Identitätsnachweise verwendet werden, betont, während in den Schlussfolgerungen des Rates vom 18. Dezember 2017 insbesondere auf die Relevanz der Unterstützung der wichtigsten Drittstaatenpartner bei der Einführung von biometrischen Identifikatoren in ihren Melderegistern hingewiesen wurde.
Um die Diskussion über das Identitätsmanagement zu erleichtern und die Lage in den Mitgliedstaaten zu bewerten legte die Kommission unter dem maltesischen Vorsitz insbesondere einen Fragenkatalog 5 zur Registrierung der Identität vor und unterstützte die Planung einer Sitzung zu diesem Thema. Der Fragenkatalog behandelte Ausgangsdokumente, die Erfassung biometrischer Daten für Melderegister, Namensänderungsverfahren sowie andere identitätsbezogene Themen. Die Bewertung, die unter dem estnischen Vorsitz 6 stattfand, zeigt, dass die Praktiken der Mitgliedstaaten in diesem Bereich voneinander abweichen. Die Mitgliedstaaten sollten sich weiterhin über ihre nationalen Praktiken austauschen und untersuchen, wie die Verfahren anderer Mitgliedstaaten 7 als Vorbild für die Verbesserung ihrer eigenen Vorgehensweisen dienen können, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit von Ausgangsdokumenten und die Registrierung der Identität von Bürgern (z. B. bei der Online-Registrierung, der Registrierung der Identität von Erwachsenen und der Erfassung biometrischer Daten für Melderegister)
In der thematischen Sondersitzung der Gruppe „Gefälschte Dokumente“ am 16. November 2017 kamen verschiedene Sichtweisen zu Fragen der Registrierung der Identität zum Ausdruck, die vom globalen Ansatz der ICAO 8 zum Identitätsnachweis bis zum regionalen Ansatz der OSZE 9 in ihrem im September 2017 herausgegebenen Kompendium bewährter Verfahren für das Identitätsmanagement reichten. Bei dem Treffen wurden auch Beiträge der Mitgliedstaaten über ihre nationalen Praktiken sowie die Ergebnisse der Projekte ORIGINS 10 und ARIES 11 vorgestellt.
Das Kompendium der OSZE enthält eine Zusammenstellung und Bewertung von Nachweisen verschiedener Identitätsregistrierungsverfahren in den OSZE-Ländern (zu denen alle EU-Mitgliedstaaten zählen) und dient als Leitfaden für den Aufbau von Kapazitäten. Insgesamt sind die Bewertungen der EU und der OSZE für die EU-Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung, um ihre nationalen Systeme zu vergleichen, mögliche Schwachstellen zu erkennen und darüber nachzudenken, wie die verschiedenen Verfahren als Beispiele für Verbesserungen dienen können.
Im Nachgang dazu nahm der Rat am 18. Dezember 2017 Schlussfolgerungen zum Identitätsmanagement an, die die ständige Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten als Mittel für die Angleichung der Verfahren der nationalen ID-Systeme und die Förderung ihrer Integrität in den Vordergrund stellen, wobei die Notwendigkeit solider und verlässlicher Identitätsinfrastrukturen zur effizienten Minderung von Sicherheitsrisiken betont wird.
Was die internationale Dimension des Aktionsplans zur Einführung biometrischer Daten in den Bevölkerungsregistern der wichtigsten Drittländer betrifft, leitete die Kommission den Dialog mit Mali und Senegal ein, die bereits seit Anfang 2017 Projekte des EU-Treuhandfonds für Personenstandsregister durchführen. Auf der Grundlage von Kooperation und technischer Unterstützung laufen Maßnahmen mit wichtigen Drittstaatenpartnern, darunter Tunesien, Niger und Sudan. Länder, die Interesse an möglichen Personenstandsregisterprojekten bekunden, können je nach den verfügbaren Finanzmitteln und den Prioritäten für neue förderfähige Länder ebenfalls technische Unterstützung in Anspruch nehmen
Das Europol-Handbuch zu Ausgangsdokumenten führt eine Reihe von Ausgangsdokumenten der Mitgliedstaaten mit einer kurzen Beschreibung ihres Ausstellungsverfahrens an und enthält eine Liste nationaler Kontaktstellen. Das Handbuch soll den ausstellenden Behörden dabei helfen, falsche Dokumente leichter zu identifizieren. Das Handbuch ist zwar noch nicht fertiggestellt, eine vorläufige Fassung wird jedoch in der Online-Datenbank FADO 12 und der Europol-Expertenplattform für Strafverfolgungssachverständige zur Verfügung gestellt. Diese beiden Plattformen sind einem weiten Teilnehmerkreis, darunter Strafverfolgungsbehörden und einigen Ausstellungsbehörden sowie konsularischen Bediensteten und Reisepass- und Einwanderungsbehörden zugänglich.
Die Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern durch die Vereinfachung der Anforderungen an die Vorlage bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union wird am 16. Februar 2019 in Kraft treten. Nach dieser Verordnung sollen bestimmte von einem Mitgliedstaat ausgestellten öffentlichen Urkunden, wie z. B. Geburtsurkunden, die den Behörden eines anderen Mitgliedstaats vorgelegt werden, von der Anbringung einer Apostille befreit werden. Die Verordnung soll zur Bekämpfung der Fälschung öffentlicher Urkunden beitragen, indem sie es den Behörden des entgegennehmenden Mitgliedstaats ermöglicht, die Ausstellungsbehörde über das Binnenmarktinformationssystem zu konsultieren, wenn sie Zweifel an der Echtheit der vorgelegten öffentlichen Urkunde hegen.
Was Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen im Bereich der Ausgangsdokumente und der Dokumentenüberprüfung, einschließlich des Einsatzes mobiler Technologien, angeht, finanzierte die Kommission drei wichtige Projekte im Rahmen des Programms Horizont 2020 für Sichere Gesellschaften: ORIGINS, das Mitte 2017 abgeschlossen wurde, das 2015 abgeschlossene FIDELITY 13 und das 2016 gestartete ARIES. Diese Forschungsprojekte befassen sich mit Aspekten des Identitätsbetrugs, des Schutzes existierender Identitäten, des Gesichtsmorphings 14 und des Fingerabdruck-Spoofings. Die Folgeaktivitäten umfassen die Fortführung des ORIGINS-Projekts durch die Arbeitsgruppe 19 des Europäischen Komitees für Normung (CEN) 15 , die sich mit der Normung von Ausgangsdokumenten befasst, ein Konsortium für ein Gesichtsmorphing-Forschungsprogramm, das Projekt SIRIUS 16 zur Erfassung standardisierter Referenzdaten aus Dokumenten, sowie das Projekt ENLETS Mobile 17 , bei dem es um neue Entwicklungen sowie den Austausch von bewährten Verfahren für mobile Lösungen für Strafverfolgungsbeamte geht, die an vorderster Front arbeiten.
III. AUSSTELLUNG VON DOKUMENTEN
Der Begriff „Ausstellung von Dokumenten“ bezeichnet die Verfahren und Protokolle zur Ausstellung von Dokumenten für rechtmäßige Inhaber sowie die Kontrollen zur Vorbeugung von Diebstahl, Manipulation und Abhandenkommen von Dokumenten während der Ausstellung.
Die Ausstellung von Dokumenten liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Derzeit laufen die Arbeiten für die Erstellung eines Leitfadens über bewährte Verfahren für die richtige Erfassung biometrischer Identifikatoren, der die Erfassung von biometrischen Gesichtsdaten und Fingerabdrücken behandelt und die Bedeutung der Live-Erfassung von Gesichtsbildern für die Bekämpfung von Identitätsbetrug durch Gesichtsmorphing unterstreicht. Der Leitfaden enthält außerdem Ausführungen zur Qualität biometrischer Daten und hebt praktische Herausforderungen und gewonnene Erkenntnisse hervor 18 . Diese Arbeit wird vom CEN unterstützt, das beabsichtigt, zusammen mit Experten aus Mitgliedstaaten, die dem Ausschuss nach Artikel 6 angehören, eine technische Norm für die Erfassung von biometrischen Identifikatoren zu schaffen 19 . eu-LISA 20 hat ihrerseits begonnen, gemeinsame Datenqualitätsindikatoren und Mindestqualitätstandards für die richtige Erfassung biometrischer Daten, die in EU-Datenbanken gespeichert werden, zu entwickeln.
In Bezug auf bewährte Verfahren zu Urkundenausstellungsverfahren und die Umsetzung der 2005 21 angenommenen Schlussfolgerungen des Rates zu Mindestnormen für die Sicherheit der Ausstellungsverfahren führte der bulgarische Vorsitz eine Umfrage 22 zu Ausstellungsverfahren durch, die ergab, dass alle Mitgliedstaaten diese Normen weitgehend einhalten.
Im Rahmen der Untergruppe „Visa und Aufenthaltsgenehmigung“ des Ausschusses nach Artikel 6 führten technische Diskussionen zu der Übereinkunft, allen Dokumenten eine einmalige Dokumentennummer zuzuteilen, bevor sie die Produktionsstätte verlassen. Dieses Verfahren dient dazu, rückverfolgbare Deskriptoren von abhandengekommenen oder gestohlenen Dokumentbestandteilen in den entsprechenden Systemen einzugeben und die Zahl von gestohlenen Blankodokumenten zu verringern.
IV. HERSTELLUNG VON DOKUMENTEN
Die „Herstellung von Dokumenten“ bezieht sich auf die Konzeption und die Fertigung von sicheren, genormten und weltweit interoperablen Dokumenten. Die Normen für weltweit interoperable Reisedokumente werden von der ICAO durch die Festlegung der Spezifikationen für (elektronische) maschinenlesbare Reisedokumente (MRTDs und eMRTDs) festgelegt.
Die Kommission ist dafür zuständig, die Sicherheitsstandards und die biometrischen Anforderungen für Reisedokumente festzulegen, die für EU-Bürger oder Drittstaatenangehörige, die im Hoheitsgebiet von EU-Mitgliedstaaten leben, ausgestellt werden. Ein wichtiges Ergebnis in diesem Bereich war die 2017 erfolgte Annahme der Vorschläge der Kommission für eine sicherere einheitliche Gestaltung von Visa 23 und Aufenthaltstiteln für Drittstaatenangehörige 24 . Die Kommission hat den Durchführungsbeschluss über technische Spezifikationen für die einheitliche Visagestaltung 25 angenommen, die Annahme des Durchführungsbeschlusses über Aufenthaltstitel ist für Ende 2018 geplant.
Ebenso wichtig war die Wiederaufnahme der technischen Unterstützung durch die GFS, um die korrekte Umsetzung der physischen und elektronischen Merkmale durch die Mitgliedstaaten zu überprüfen, wie sie in den EU-Rechtsvorschriften für Reisepässe, Aufenthaltstitel und die einheitliche Visagestaltung vorgeschrieben sind. Während alle Prüfungen im ersten Quartal 2019 abgeschlossen sein sollen, wurde im April ein Zwischenbericht vorgelegt, der zeigt, dass es gute Fortschritte gibt. Sobald die Testphase abgeschlossen ist, wird die Kommission prüfen, ob weitere Schritte im Falle der Nichteinhaltung der festgelegten Standards erforderlich sind. Außerdem organisierte die Kommission eine Veranstaltung für die Überprüfung der Interoperabilität von elektronischen Reisepässen und Aufenthaltstiteln, die im September 2017 in den Räumen der GFS stattfand. Dabei wurde die Übereinstimmung von Reisedokumenten mit globalen Interoperabilitätsstandards in den Mitgliedstaaten sowie in einigen anderen ICAO-Vertragsstaaten erfolgreich bewertet.
Die Kommission nahm am 17. April 2018 eine Gesetzgebungsinitiative zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltstitel, die Unionsbürgern und ihren nicht aus der Union stammenden Familienangehörigen in Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit ausgestellt werden 26 , angenommen. Dieser Vorschlag soll den Bürgern die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts erleichtern und die Sicherheit solcher Dokumente allgemein verbessern. Die Kommission schlägt Mindestnormen für die Merkmale und die Sicherheit von Personalausweisen, Mindestangaben für Aufenthaltstitel für mobile EU-Bürger sowie die vollständige Harmonisierung für Aufenthaltsausweise, die Familienangehörigen aus Nicht-EU-Staaten erteilt werden, vor. Um die allgemeine Dokumentensicherheit schneller voranzubringen wird vorgeschlagen, Fristen für das Auslaufen von Ausweisen, die die vorgeschlagenen Mindestnormen nicht erfüllen, zu verkürzen. Der Vorschlag liegt derzeit den Mitgesetzgebern zur Beratung vor und soll noch im laufenden Legislativzyklus angenommen werden.
In ihrem Bericht über die Unionsbürgerschaft 2017 verpflichtete sich die Kommission, Möglichkeiten zur Modernisierung der Bestimmungen über Rückkehrausweise, einschließlich der Sicherheitsmerkmale des EU-einheitlichen Formats, zu prüfen 27 . Am 31. Mai 2018 nahm die Kommission einen Vorschlag für einen Rechtsakt zur Einführung eines neuen EU-Rückkehrausweises mit besseren Sicherheitsmerkmalen an 28 , der derzeit vom Europäischen Parlament und vom Rat erörtert wird.
Die Kommission befasste sich mit der Frage der Nichteinbeziehung der Grenzübertrittsgenehmigungen für den kleinen Grenzverkehr im ETIAS 29 -System und bewertete das Sicherheitsrisiko. Sie kam zu dem Schluss, dass eine Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 nicht erforderlich ist, da die Verordnung bereits vorsieht, dass die Sicherheitsmerkmale der Grenzübertrittsgenehmigungen für den kleinen Grenzverkehr jeder Aktualisierung der Aufenthaltstitel für Drittstaatenangehörige nach der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 automatisch angepasst werden. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Sicherheitsmerkmale der Aufenthaltstitel für Drittstaatenangehörige in jüngster Zeit nach der Verordnung (EU) Nr. 2017/1954 verbessert wurden.
V. KONTROLLE VON DOKUMENTEN
Bei der Kontrolle von Dokumenten handelt es sich um die Verfahren, die ein wirksames und sicheres Lesen und Prüfen von Dokumenten gewährleisten sollen. Sie umfasst auch jene Prozesse, die eine zeitnahe, sichere und zuverlässige Verknüpfung von Dokumenten und deren Inhabern mit verfügbaren und relevanten Daten im Rahmen von Prüfungsvorgängen ermöglichen. Ebenso umfasst sie Ausbildung und Datenbewertungsmechanismen, die den korrekten Einsatz von Systemen (Dokumentenlesegeräten, Datenbanken, Ausrüstung usw.) ermöglichen und bei der qualifizierten Entscheidungsfindung helfen.
Ein wichtiger Fortschritt in diesem Bereich war der von der Kommission am 21. Dezember 2016 angenommene Vorschlag für die Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für das Schengener Informationssystem (SIS), der die Verbesserung der Funktionen des Systems unter anderem dadurch, dass die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, gefälschte Reisedokumente in das System einzugeben, vorsieht, und in dem vorgeschlagen wird, die obligatorische Anwendung der Funktion für Fingerabdrücke vorzusehen für den Fall, dass die Identität einer Person nicht anderweitig geklärt werden kann. Eine politische Einigung wurde bereits erzielt und die Annahme ist für Ende 2018 geplant. In der Zwischenzeit haben eu-LISA und die Mitgliedstaaten am 5. März 2018 erfolgreich das automatisierte Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFIS) eingeführt, das eine Suchfunktion für Fingerabdrücke auf zentraler Ebene im Schengener Informationssystem (SIS) ermöglicht. Als erste zentralisierte europaweite kriminalistische Datenbank für Fingerabdrücke stellt SIS AFIS einen wichtigen Meilenstein für die europäische Sicherheit dar, da sie die Identifizierung von Straftätern, die mehrere oder gefälschte Identitäten benützen, erlaubt. Sieben Mitgliedstaaten haben die direkte Suchfunktion für Fingerabdrücke im SIS bereits umgesetzt, bis Ende 2018 sollen es etwa 20 Mitgliedstaaten sein. eu-LISA hat außerdem eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die es ermöglicht, biometrische Daten über alle IT-Systeme hinweg zu verknüpfen, was für künftige Entwicklungen der Systeme berücksichtigt werden muss.
Der SISVIS-Ausschuss hat seine Beratungen über die Durchsetzung der Beschlagnahme von gestohlenen, abhandengekommenen, unterschlagenen oder für ungültig erklärten Dokumenten abgeschlossen. Die Kommission hat den „Katalog von Empfehlungen und bewährten Praktiken für die Anwendung des Schengener Informationssystems“ aktualisiert und dabei eine Reihe indikativer Kriterien im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Dokumenten aufgenommen.
Im Zusammenhang mit der systematischen Eingabe von Daten von gestohlenen oder verlorenen Dokumenten (SLTD), die von Drittstaaten ausgestellt wurden, in die Interpol-Datenbanken, finanziert die Kommission, wenn diese Länder dies nicht selbst leisten können, Projekte 30 , die in einer Reihe von Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas unter anderem die Entwicklung von Interpol-Tools (einschließlich SLTD) unterstützen. Dieser laufende Prozess wird die Fähigkeit von Drittländern verbessern, die Eingabe von Daten in die SLTD selbst vorzunehmen.
Ferner werden seit dem 7. April 2017 die Dokumente aller Reisenden, die die Außengrenzen überqueren, systematisch mit den relevanten Datenbanken abgeglichen. Zu diesen Datenbanken, die bei der Prüfung obligatorisch hinzugezogen werden müssen, zählen neben dem SIS auch die SLTD von Interpol. Parallel zu ihren Arbeiten an der Verbesserung der Informationen, die in die SLTD, das SIS und andere Dokumentendatenbanken eingespeist werden, will die Kommission die Sicherheit der Dokumente erhöhen.
Auch der Rat hat in seinen oben erwähnten Schlussfolgerungen vom 27. März 2017 darauf hingewiesen, dass der Austausch von Zertifikaten für den Abgleich von Fingerabdrücken über einen einheitlichen Ansprechpartner (Single Points of Contact / SPOC) und die Prüfung der Authentizität der Chipdaten mit Hilfe von Masterlisten beschleunigt werden müssen.
In Bezug auf die Liste der Zertifikate, die für die elektronische Authentifizierung von Reisedokumenten benötigt werden, hat die Kommission am 20. Dezember 2016 die erste Schengen Test-Masterliste veröffentlicht und im ersten Halbjahr 2017 einen Grenzkontrollen-Pilottest in Zusammenarbeit mit Norwegen und Portugal gestartet. Darüber hinaus werden zurzeit Drittländer kontaktiert, um deren Reisepasszertifikate zu erhalten. Die Kommission hat mit der Erstellung und Aktualisierung einer offiziellen, mit dem Schlüssel der EU-Laissez-passer Country Signing Certificate Authority (CSCA) signierten Masterliste begonnen, für die die Authentisierung eingeholt wurde. Die Kommission prüft, ob ein Rechtsinstrument für eine „Strategie für Masterlisten“ notwendig ist, anhand der bestimmt werden kann, wann ein Zertifikat eines Drittlandes in der Liste aufgenommen werden kann.
Im Hinblick auf die Verwendung der biometrischen Anwendungen für die Dokumentensicherheit und den Austausch der Zertifikate ermöglichen die SPOC der Mitgliedstaaten den sicheren automatisierten bilateralen Austausch der Zertifikate, die für das Lesen der Fingerabdrücke in Reisedokumenten erforderlich sind. Die Kommission überprüft monatlich, wie der Übergang von der Testphase zur vollen Einsatzbereitschaft der mitgliedstaatlichen SPOC voranschreitet. Gegenwärtig sind zehn Mitgliedstaaten und Schengen-assoziierte Länder vollständig in der Lage, Zertifikate auszutauschen und Fingerabdrücke über funktionierende Systeme für Ausweisdokumente zu prüfen; 21 Länder befinden sich noch in der Testphase. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, aktiv dafür zu sorgen, dass der Austausch von dynamischen Zertifikaten so schnell wie möglich funktioniert.
Im Zusammenhang mit der Maßnahme zur Sicherstellung eines besseren Zugangs zu den einschlägigen Informationssystemen werden die Mitgliedstaaten im Erwägungsgrund 6 der Verordnung (EU) 2017/458 über die Änderung des Schengener Grenzkodexes aufgefordert sicherzustellen, dass die Grenzschutzbeamten an den Grenzübergangsstellen Zugang zu den einschlägigen Datenbanken haben. Darüber hinaus sieht Artikel 40 Absatz 8 der Verordnung über die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) vor, dass der Einsatzmitgliedstaat die Teammitglieder ermächtigt, europäische Datenbanken abzufragen, wenn dies für die Erfüllung der für Grenzübertrittskontrollen, Grenzüberwachung und Rückkehr jeweils festgelegten Einsatzziele erforderlich ist. Ebenso sind Bestimmungen für die Sicherstellung des Zugangs der Frontex in Legislativvorschlägen für die Änderung des Visa-Informationssystems 31 und der SIS-Verordnungen über Grenzkontrollen und über polizeiliche Zusammenarbeit enthalten, über die gegenwärtig beraten wird. Aus operationeller Sicht hat die Kommission ferner die Direktvergabe an Interpol des Auftrags, seine Technologie in ausgewählten Mitgliedstaaten einzusetzen, um die Verwendung von SLTD und anderen Interpol-Datenbanken seitens dieser Staaten zu erhöhen, sowie eine auf die Mitgliedstaaten beschränkte Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zur Erweiterung der Nutzung von SLTD und anderen Interpol-Datenbanken an den EU-Außengrenzübergangsstellen in das Jahresarbeitsprogramm des Fonds für die Innere Sicherheit – Polizei 2017 aufgenommen.
Derzeit wird ein technischer Bericht über Normen für Prüfungssysteme erstellt. Zur Unterstützung dieser Aktivität entwickelt Frontex ein Verfahren zur Prüfung und Bewertung der Leistung von Dokumentenprüfsystemen. Die Arbeiten begannen im April 2018 und umfassen den Abgleich von operativen Prüfungen mit Dokumentenprüfsystemen in realen Grenzkontrollszenarien, der im dritten Quartal durchgeführt wird, sowie den bis Ende 2018 anzufertigenden abschließenden Bericht. Die Ergebnisse des Leistungsbewertungsverfahrens über die Tätigkeit der Dokumentenprüfsysteme fließen in den technischen Bericht über die Kontrollsysteme der technischen Gruppe des Ausschusses nach Artikel 6 ein. Der Fortschritt wird stark von den Ergebnissen der oben genannten Leistungsbewertung durch die Frontex und dem Engagement der Mitgliedstaaten abhängen.
Eine wichtige Errungenschaft ist die verbesserte operative Unterstützung durch das Frontex-Exzellenzzentrum zur Bekämpfung von Dokumentenbetrug, das im Februar 2018 eingerichtet wurde. Das Zentrum setzt Frontex-Bedienstete vor Ort an den Außengrenzen ein, trägt zum Informationsaustausch über Dokumentenbetrug bei und plant die Einrichtung eines „Forgery Desk“ für die kontinuierliche technische und operative Unterstützung der Dokumentenkontrolle. Es leitet außerdem die Expertengruppe für Dokumentenkontrolle, die zur Koordinierung der allgemeinen Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ermittlung von Dokumentenbetrug beitragen soll, und steht in enger Zusammenarbeit mit der im Rahmen des EU-Politikzyklus 2018–2021 32 eingerichteten „Horizontal Expert Group“ für Dokumentenbetrug, um kriminelle Netzwerke, die mit falschen und gefälschten Dokumenten handeln, zu zerschlagen. Das Zentrum wird in Kürze einen neuen Vorschlag für ein einheitliches Format für Warnmeldungen 33 vorlegen, das Ende 2018 eingeführt werden soll.
Zur Verbesserung der Datenerhebung zu Phänomenen des Dokumentenbetrugs betreibt Frontex darüber hinaus das European Union Document Fraud – Risk Analysis Network (EDF-RAN) und sammelt Informationen zu Fällen von Dokumenten- und Identitätsbetrug, die an den EU-Außengrenzen und bei Bewegungen innerhalb der EU bzw. des Schengen-Raums festgestellt werden. Frontex entwickelt und aktualisiert außerdem Veröffentlichungen zu bestimmten Dokumenten und zu Betrugsfragen. Mit Blick auf die Zukunft wird Frontex die Datenqualität verbessern und den Umfang der über EDF-RAN-erfassten Daten erweitern, um z. B. gefälschte Dokumente, die bei der Beantragung von Visa oder bei verweigertem Reiseantritt vorgelegt wurden, zu berücksichtigen.
In Bezug auf neue Phänomene des Dokumentenbetrugs hat Frontex 2017 in ihrem „Train-the-Trainer“-Seminar „Schwachstellenanalyse und Tests für automatisierte Grenzkontrollsysteme“ und ihrem im selben Jahr veröffentlichten „Handbook on Impostor Risk Profiles“ das Thema Gesichtsmorphing behandelt. Frontex arbeitet weiterhin an der Optimierung von Schulungs- und Sensibilisierungsinstrumenten.
Was die Förderung von Schulungsaktivitäten in neuen Bereichen des Dokumentenbetrugs betrifft hat Frontex in Zusammenarbeit mit dem Academy Eindhoven–ID Centre einen Pilotkurs „Identitätsexpertise“ entwickelt, in dem unter anderem Wissen über Identitätsmanagement, Chiptechnologien, biometrische Daten und Erkennung von Digitalbetrug vermittelt werden. Eine Wiederholung ist für 2018 geplant. Ebenso entwickelt Frontex ein spezielles Modul für Ausgangsdokumente und aktualisiert die Programme ihres Ausbildungsportfolios, von speziellen Schulungen bis hin zu Sensibilisierungsveranstaltungen wie Roadshows, Unterstützung für Drittländer, Webinare und Schulungen für Konsularbedienstete. In diesem Bereich organisierte die Kommission in Zusammenarbeit mit Frontex eine Reihe von sechs Workshops an wichtigen Orten außerhalb der EU 34 mit dem Ziel, EU-Konsularbeamte bei der Erkennung falscher Dokumente, die bei der Beantragung von EU-Visa eingereicht werden, zu unterstützen. CEPOL 35 betreibt ihrerseits Schulungen, Webinars und Austauschprogramme für Beamte zum Thema Dokumentenbetrug.
In Bezug auf internationale Interessenträger beraten derzeit das Internationale Zentrum für migrationspolitische Entwicklung (Niederlande) und die Kommission darüber, wie das neue Mobilitätspartnerschaftsinstrument verwendet werden kann, um das Einschleusen auf dem Luftweg, über das sehr wenige Daten vorliegen, zu bekämpfen und möglicherweise gezielte Schulungen zum Thema Dokumentenbetrug an Flughafenstandorten mit hohem Risiko zu unterstützen.
Hinsichtlich der Prüfung der Frage, ob ein Vorschlag für die Überarbeitung oder Änderung der Richtlinie über die Haftung von Beförderungsunternehmen 36 machbar ist, um Schulungsanforderungen einzubeziehen, existieren in naher Zukunft keine Pläne zur Änderung der Richtlinie. Es bedarf weiterer Diskussionen, um festzustellen, ob die Schulung von Beförderern nicht mit anderen Mitteln gefördert werden kann.
Was die Verbesserung der Verwendung der Datenbank FADO (False and Authentic Documents Online) betrifft, hat die Kommission in Anknüpfung an die Schlussfolgerungen des Rates vom 27. März 2017 vorgeschlagen, das FADO-System und seinen Betrieb auf die Frontex zu übertragen 37 .
Da die FADO/PRADO-Plattform für den Kreis von Personen, die keine Fachleute für Dokumente sind, zugänglich ist, müssen bei der Diskussion über die Zukunft von FADO auch Maßnahmen berücksichtigt werden, um die Verfügbarkeit von Informationen zu neuen und gefälschten Dokumenten für den Kreis von Personen, die keine Fachleute für Dokumente sind, zu verbessern. Die Verfügbarkeit solcher Informationen für den Kreis von Personen, die keine Fachleute für Dokumente sind, wird auch im Rahmen von F&E-Projekten, insbesondere derjenigen, die sich mit mobilen Technologien befassen, untersucht.
VI. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Der Aktionsplan hat Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit von Reisedokumenten und der Infrastruktur für das Identitätsmanagement stärker in den Fokus gerückt. Die Mitgliedstaaten haben diesen ganzheitlichen Ansatz unterstützt. Zu den erzielten Fortschritten gehören der Austausch von Informationen über nationale Verfahren des Identitätsmanagements und zur Erfassung biometrischer Daten, die Verbesserung der Sicherheitsmerkmale der einheitlichen Visa und Aufenthaltstitel sowie die laufenden Diskussionen zur Verbesserung der Sicherheit von Personalausweisen. Ein sichereres Reisedokumentenmanagement und eine bessere Kontrolle werden dazu beitragen, den Grenzschutz und die Migrationssteuerung zu verbessern und Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion zu erzielen.
Sicherheitsnormen für Reisedokumente, einschließlich Anforderungen an biometrische Daten und Grenzkontrollen, werden auf EU-Ebene festgelegt, während die Mitgliedstaaten die volle Verantwortung für die Ausgangsdokumente sowie für die Herstellung und Ausstellung der Dokumente tragen. Es ist ein logischer Schritt, den Fokus von den Dokumenten auf die vor- und nachgelagerten Prozesse zu verlagern.
Im Aktionsplan wurden insgesamt 32 Maßnahmen vorgeschlagen. Etwa die Hälfte davon wurde inzwischen abgeschlossen, während die übrigen, die weitgehend in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, entweder langfristig sind oder in den kommenden Monaten durchgeführt werden. Der Austausch von Informationen und bewährten Verfahren sollte den Mitgliedstaaten weiterhin dabei helfen, Schwachstellen zu identifizieren, und als Anreiz für Veränderungen der nationalen Identitätsinfrastrukturen dienen.
All dies stellt den Erfolg des Aktionsplans unter Beweis, zeigt aber auch, dass die Mitgliedstaaten weiterhin alle notwendigen Schritte zur raschen Umsetzung der übrigen Maßnahmen des Aktionsplans unternehmen und sich proaktiv für die Zusammenarbeit und die Verbesserung des EU-weiten Informationsaustauschs einsetzen müssen. Letztendlich sollten die Mitgliedstaaten kontinuierlich ihre eigenen Verfahren bewerten und hinterfragen, um die Effizienz und Sicherheit in der gesamten Identitätskette zu verbessern.
Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom 27. März und 18. Dezember 2017 beschriebenen Maßnahmen – zur Verbesserung der Mechanismen für den Informationsaustausch und der Verwaltungszusammenarbeit zur Verbesserung der Integrität nationaler erfahren für das Identitätsmanagement sowie zur Verbesserung der Sicherheit der Ausgangsdokumente und der Angleichung der bewährten Verfahren in der EU unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechtsnormen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten – zügig durchzuführen. Die Kommission wird die Fortschritte laufend überwachen und die Diskussion und die Zusammenarbeit in diesem Bereich weiterhin nach Kräften unterstützen.