Brüssel, den 23.5.2018

COM(2018) 428 final

BERICHT DER KOMMISSION

Italien

Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union


BERICHT DER KOMMISSION

Italien

Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

1.Einleitung

In Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit („Defizitverfahren“) vorgesehen. Dessen Einzelheiten regelt die zum Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) gehörende Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit 1 . Besondere Vorschriften für die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die Gegenstand eines Defizitverfahrens sind, sind in der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 2 festgelegt.

Nach Artikel 126 Absatz 2 AEUV prüft die Kommission die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei Kriterien, nämlich daran, a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Referenzwert von 3 % überschreitet und b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum BIP den Referenzwert von 60 % überschreitet (es sei denn, es ist hinreichend rückläufig und nähert sich rasch genug dem Referenzwert).

Nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV erstellt die Kommission einen Bericht, falls ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien erfüllt. In diesem Bericht wird auch „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“.

In diesem Bericht, der die erste Stufe des Defizitverfahrens darstellt, wird analysiert, ob Italien das im Vertrag vorgesehene Schuldenstandskriterium erfüllt, wobei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und sonstigen einschlägigen Faktoren gebührend Rechnung getragen wird. Am 22. November 2017 richtete die Kommission ein Schreiben 3 an die italienischen Behörden, in dem sie ihre Absicht bekundete, im Frühjahr 2018 erneut zu prüfen, ob Italien das Schuldenstandskriterium erfülle, und dabei Ist-Daten für 2017 sowie den vom italienischen Parlament verabschiedeten endgültigen Haushaltsplan für 2018 zugrunde zu legen.

Aus den Daten, die von den Behörden im April 2018 4 gemeldet und anschließend von Eurostat 5 validiert wurden, geht hervor, dass sich das gesamtstaatliche Defizit Italiens 2017 auf 2,3 % des BIP verringert hat (von 2,5 % des BIP im Jahr 2016), während sich der Schuldenstand bei 131,8 % des BIP (gegenüber 132,0 % des BIP 2016) einpendelte und somit über dem Referenzwert von 60 % des BIP lag. Nach dem am 26. April 2018 von der italienischen Regierung verabschiedeten Stabilitätsprogramm 2018 6  soll sich die Schuldenquote im Jahr 2018 um 1 Prozentpunkt auf 130,8 % des BIP verringern. Für 2019 wird im Stabilitätsprogramm ein weiterer Rückgang der Schuldenquote (um 2,8 Prozentpunkte) auf 128,0 % des BIP projiziert. Legt man die gemeldeten Daten und die Frühjahrsprognose 2018 der Kommission zugrunde, hat Italien den Richtwert für den Schuldenabbau weder 2016 (Lücke von 5,9 % des BIP) noch 2017 (Lücke von 5,1 % des BIP) eingehalten (siehe Tabelle 1).

Dass Italien den Richtwert für den Schuldenabbau in den Jahren 2016 und 2017 nicht eingehalten hat, belegt in der Gesamtbetrachtung, dass allem Anschein nach ein übermäßiges Defizit im Sinne des SWP besteht, wobei jedoch alle im Folgenden aufgeführten Faktoren noch nicht berücksichtigt sind. Außerdem wird die Schuldenquote Italiens nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission voraussichtlich sowohl 2018 als auch 2019 über dem Richtwert für den Schuldenabbau liegen (Lücke von je 5,1 % des BIP in beiden Jahren).

Die Kommission hat daher den vorliegenden Bericht erstellt, um die Abweichung vom Richtwert für den Schuldenabbau in umfassender Weise zu beurteilen und zu prüfen, ob die Einleitung eines Defizitverfahrens angezeigt ist. In Abschnitt 2 wird das Defizitkriterium geprüft, in Abschnitt 3 das Schuldenstandskriterium. Abschnitt 4 behandelt die öffentlichen Investitionen und sonstige einschlägige Faktoren, wobei auch die Einhaltung des erforderlichen Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel bewertet wird. Der Bericht trägt der am 3. Mai 2018 veröffentlichten Frühjahrsprognose 2018 der Kommission Rechnung.

Tabelle 1: Defizit und/oder Schuldenstand des Gesamtstaats (in % des BIP) a

2.Defizitkriterium

Italien hat zwischen 2010 und 2013 eine beachtliche Konsolidierungsanstrengung unternommen. Es baute seinen Primärüberschuss auf über 2 % des BIP aus und schaffte 2013 den Ausstieg aus dem Defizitverfahren, indem es sein Gesamtdefizit (das 2009 noch über 5 % des BIP betragen hatte) ab 2012 auf höchstens 3 % des BIP beschränkte. In den letzten Jahren wurden die finanzpolitischen Zügel jedoch wieder gelockert. 2017 schmolz der Primärüberschuss auf 1,5 % des BIP ab, und das Gesamtdefizit pendelte sich bei rund 2,3 % des BIP ein. Allerdings dürften sich beide Werte 2018 mit der höheren Inflation verbessern. Der strukturelle Primärsaldo Italiens hat sich im Zeitraum 2013 bis 2017 schätzungsweise halbiert (von 4,2 % auf 2,1 % des BIP) und dürfte 2018-2019 weiter schrumpfen. Auch unter Wahrnehmung der niedrigeren Zinsausgaben wurde die fiskalische Lockerung teilweise genutzt, um die Steuerlast zu senken und die Annahme bzw. Umsetzung von Strukturreformen 7 zu erleichtern.

Für 2017 wurde das gesamtstaatliche Defizit Italiens mit 2,3 % des BIP angegeben. Sowohl nach dem Stabilitätsprogramm 2018 als auch nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission soll das Defizit im Zeitraum 2018-2019 unter dem im Vertrag festgesetzten Referenzwert von 3 % des BIP bleiben. Nach der Kommissionsprognose wird das Defizit 2018 weiter auf 1,7 % des BIP sinken und 2019 unter der Annahme einer unveränderten Politik unverändert bleiben. Die Defizitprojektionen des Stabilitätsprogramms stimmen 2018 weitgehend mit der Kommissionsprognose überein (1,6 % des BIP), liegen 2019 jedoch merklich darunter (0,8 % gegenüber 1,7 %), da für 2019 ein höheres reales BIP-Wachstum (1,4 % gegenüber 1,2 %) und eine noch zu verabschiedende Mehrwertsteuererhöhung im Wert von rund 12,5 Mrd. EUR (bzw. 0,7 % des BIP) angenommen werden, die die Kommission aufgrund der wiederholten Rücknahme von Maßnahmen in den letzten Jahre nicht in ihre Annahme einer unveränderten Politik einbezogen hat. Im Jahr 2020 soll das Defizit dem Stabilitätsprogramm zufolge weiter zurückgehen und um null Prozent liegen.

Damit wird das Defizitkriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 von Italien erfüllt.

3.Schuldenstandskriterium

Nachdem der Schuldenstand Italiens während der Doppelrezession von 2008-2013 jährlich um rund 5 Prozentpunkte angewachsen war, erhöhte er sich 2014-2015 in einem langsameren Tempo von durchschnittlich 1 Prozentpunkt pro Jahr weiter, bevor er sich 2016-2017 bei rund 132 % des BIP stabilisierte. Ab 2018 dürfte die Schuldenquote vor allem dank des stärkeren nominalen Wachstums sinken und 2019 auf unter 130 % des BIP zurückgehen. Günstige Finanzierungsbedingungen tragen dazu bei, die wirtschaftliche Erholung zu stützen und den Schneeballeffekt zu verringern. Allerdings wird das Tempo des Schuldenabbaus nach wie vor durch die noch immer niedrige Inflation, eine begrenzte Erhöhung des Primärüberschusses und unterplanmäßige Privatisierungserlöse gebremst. Auch wenn sich die Risiken für die Schuldenrefinanzierung auf kurze Sicht in Grenzen halten, macht der hohe öffentliche Schuldenstand die italienische Wirtschaft doch nach wie vor sehr anfällig.

Nachdem das Defizitverfahren im Juni 2013 eingestellt worden war, galt für Italien im Hinblick auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau ein Übergangszeitraum von drei Jahren (von 2013 bis 2015). Nach Ablauf des Übergangszeitraums wurde 2016 der übliche Richtwert für den Schuldenabbau anwendbar. Ausgehend von den gemeldeten Daten und der Prognose der Kommission belief sich die Lücke zum Richtwert für den Schuldenabbau 2016 auf 5,9 % des BIP und 2017 auf 5,1 % des BIP. Außerdem wird Italien sowohl nach dem Stabilitätsprogramm 2018 als auch nach der Prognose der Kommission den Richtwert für den Schuldenabbau weder 2018 (Lücke zum Richtwert für den Schuldenabbau von 1,3 % bzw. 5,1 % des BIP) noch 2019 (Lücke zum Richtwert für den Schuldenstand von 0,8 % bzw. 5,1 % des BIP) einhalten.

Im Einzelnen lag die Schuldenquote im Jahr 2017 bei 131,8 % des BIP und damit 0,2 Prozentpunkte unter ihrem Wert von 2016. Der Rückgang war auch deshalb begrenzt, weil der „Schneeballeffekt“ noch immer schuldenstanderhöhend wirkte, denn die realen impliziten Schuldendienstkosten 8 sanken zwar allmählich (von 2,7 % im Jahr 2013 auf 2,3 %), lagen aber dennoch weiterhin über dem realen BIP-Wachstum (1,5 %). Tatsächlich schlugen die im Zeitraum 2015-2017 um null liegenden realen Kassazinssätze auf neu begebene Staatsanleihen erst nach und nach auf die realen Schuldendienstkosten für Umlauftitel durch, was auf die Duration italienischer Staatsanleihen und die Rollover-Periode in Kombination mit der niedrigen Inflation (Wachstum des BIP-Deflators von 0,6 %) zurückzuführen ist – siehe auch Kasten 1 und Abbildung 1. Das positive Zins-Wachstums-Differential (0,8 Prozentpunkte gegenüber 1,3 im Zeitraum 2015-2016) implizierte eine noch immer große schuldenstanderhöhende Wirkung des „Schneeballeffekts“ (1,1 % des BIP gegenüber 1,7 % im Zeitraum 2015-2016 – siehe Tabelle 2). Andererseits trug ein weitgehend stabiler Primärüberschuss von 1,5 % des BIP dazu bei, die Schuldendynamik im Jahr 2017 einzudämmen. Die Bestandsanpassungen waren 2017 geringfügig schuldenstanderhöhend (0,2 %), was vor allem auf die Auswirkungen von Derivaten und auf die Unterstützung für den Bankensektor 9 zurückzuführen war, die teilweise durch den Abbau des Liquiditätspuffers ausgeglichen wurden, während zugleich keine Privatisierungserlöse 10 erzielt wurden.

2018 soll die Schuldenquote dem Stabilitätsprogramm zufolge auf 130,8 % des BIP und damit gegenüber 2017 um 1 Prozentpunkt sinken. Diese erwartete günstige Dynamik ist vor allem das Ergebnis eines endlich doch schuldenstandsenkenden „Schneeballeffekts“ (-0,2 % des BIP) 11 sowie einer leichten Verbesserung der Primärüberschusses (auf 1,9 % des BIP), durch den die schuldenstanderhöhende Bestandsanpassung (1,1 % des BIP) mehr als ausgeglichen wird. Nach der Prognose der Kommission wird die Schuldenquote 2018 auf 130,7 % des BIP sinken, was weitgehend mit dem Stabilitätsprogramm übereinstimmt. Die geringfügige Differenz ist auf eine etwas geringere Bestandsanpassung (0,9 % des BIP gegenüber 1,1 % im Stabilitätsprogramm) in Verbindung mit der geringeren Differenz zwischen Kassen- und Periodenrechnung zurückzuführen, während die Nettovermögensbildung in den Projektionen der italienischen Regierung auch deshalb niedriger ist, weil darin Privatisierungserlöse in Höhe von 0,3 % des BIP enthalten sind, die in der Kommissionsprognose angesichts der mit der Bildung einer neuen Regierung verbundenen zusätzlichen Unsicherheit und der in letzter Zeit unterplanmäßigen Privatisierungserlöse nicht berücksichtigt wurden.

Für 2019 sieht das Stabilitätsprogramm einen weiteren erheblichen Rückgang der Schuldenquote auf 128,0 % des BIP vor, der hauptsächlich auf einen starken Anstieg des Primärsaldos (auf 2,7 % des BIP) und einen schuldenstandsenkenden „Schneeballeffekt“ (-0,5 % des BIP) zurückzuführen ist, welcher sich wiederum durch ein kräftigeres nominales BIP-Wachstum als im Jahr 2018 erklärt, auch wegen der MwSt-Anhebung, die nur zum Teil durch eine schuldenstanderhöhende Bestandsanpassung (0,6 % des BIP) aufgezehrt wird. Die Kommission prognostiziert für 2019 einen begrenzteren Rückgang der Schuldenquote auf 129,7 % des BIP. Die Differenz hängt auch damit zusammen, dass keine MwSt-Anhebung und ein geringeres reales BIP-Wachstum angenommen werden, was zu einem geringeren Primärüberschuss (1,7 % des BIP) führt. Hinzu kommt, dass der „Schneeballeffekt“ aufgrund eines geringeren nominalen BIP-Wachstum (2,5 % gegenüber 3,2 %) in der Kommissionsprognose wieder leicht schuldenstanderhöhend (0,3 %) wird. Schließlich berücksichtigt die Kommission die von der Regierung für das Jahr 2019 erwarteten Privatisierungserlöse von 0,3 % des BIP nur zur Hälfte. Die Risiken für die Schuldenprojektionen sowohl der Kommission als auch des Stabilitätsprogramms bestehen in einem schlechteren Wachstumsausblick, geringeren Privatisierungserlösen und niedrigerer Inflation als erwartet.

Wie Abbildung 1 zeigt, führten der allmähliche Rückgang der realen impliziten Schuldendienstkosten (gestrichelte schwarze Linie) und die Erholung des realen BIP-Wachstums (durchgezogene blaue Linie) bereits im Jahr 2017 zu einer beträchtlichen Schrumpfung des Zins-Wachstums-Differentials (gelb unterlegte Fläche), das im Jahr 2018 erstmals seit Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sogar leicht negativ werden dürfte. Infolgedessen verringerte sich der schuldenstanderhöhende „Schneeballeffekt“ 2017 auf 1,1 % des BIP gegenüber einem Vorkrisendurchschnitt von 1,2 % im Zeitraum 2000–2007. Somit kann der „Schneeballeffekt“ nur in sehr eingeschränktem Maße als Erklärung dafür dienen, dass Italien den Richtwert für den Schuldenabbau im Jahr 2017 nicht einhält; in den kommenden Jahren ist seine Wirkung sogar noch geringer.

Alles in allem legt diese Analyse nahe, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates allem Anschein nach weder auf Basis des Stabilitätsprogramms 2018 noch auf Basis von der Kommissionsprognose erfüllt ist, bevor nicht alle im Folgenden aufgeführten einschlägigen Faktoren berücksichtigt sind.

Tabelle 2: Schuldendynamik a

Abb. 1: Treiber des „Schneeballeffekts“ beim öffentlichen Schuldenstand

4.Einschlägige Faktoren

Nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV wird im Bericht der Kommission „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“. Diese Faktoren werden in Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates näher erläutert, in dem es heißt es, dass „allen sonstigen Faktoren gebührende … Beachtung [zu schenken ist], die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind, um die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien in umfassender Weise zu beurteilen, und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat“.

Bei einer dem Anschein nach bestehenden Nichteinhaltung des Schuldenstandskriteriums ist eine Analyse der einschlägigen Faktoren in besonderem Maße angezeigt, da die Schuldendynamik stärker als das Defizit durch Faktoren beeinflusst wird, die sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaates entziehen. Dies wird in Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates anerkannt, wonach bei der Bewertung der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums die einschlägigen Faktoren ungeachtet des Umfangs der Nichteinhaltung zu berücksichtigen sind. Aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Dynamik und die Tragfähigkeit der Verschuldung sind bei der Bewertung der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums zumindest die folgenden drei zentralen Faktoren zu berücksichtigen (und in der Vergangenheit auch berücksichtigt worden) 12 :

1.Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels oder des dorthin führenden Anpassungspfads, was unter normalen makroökonomischen Bedingungen Tragfähigkeit gewährleisten oder zu raschen Fortschritten in Richtung Tragfähigkeit führen soll. Das länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel ist so konzipiert, dass es dem Schuldenstand sowie impliziten Verbindlichkeiten Rechnung trägt. Die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels bzw. des dorthin führenden Anpassungspfads sollte zumindest mittelfristig gewährleisten, dass sich die Schuldenquote auf ein vertretbares Niveau zubewegt;

2.Strukturreformen, die bereits durchgeführt wurden oder in einem Strukturreformplan vorgesehen sind und von denen erwartet wird, dass sie dank ihrer Wachstumswirkung die Tragfähigkeit der Verschuldung mittelfristig stärken und dazu beitragen, die Schuldenquote auf einen zufriedenstellenden Abwärtskurs zu bringen. Unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen dürften die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels (oder des dorthin führenden Anpassungspfads) und die Durchführung von Strukturreformen (im Rahmen des Europäischen Semesters) die Verschuldung auf einen tragfähigen Pfad führen, und zwar durch ihre doppelte Wirkung auf den Schuldenstand selbst (Erreichen einer soliden Haushaltslage bei Erfüllung des mittelfristigen Haushaltsziels) und auf das Wirtschaftswachstum (durch die Reformen);

3.ungünstige makroökonomische Bedingungen und insbesondere eine niedrige Inflation, die die Rückführung der Schuldenquote und die Einhaltung der SWP-Vorgaben stark erschweren können. Bei niedriger Inflation ist der Richtwert für den Schuldenabbau für einen Mitgliedstaat schwieriger einzuhalten. Unter solchen Bedingungen stellt die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels bzw. des dorthin führenden Anpassungspfads bei der Bewertung der Einhaltung der Schuldenregel einen wesentlichen einschlägigen Faktor dar.

Im Lichte dieser Bestimmungen werden in den nächsten Teilabschnitten folgende Faktoren bewertet: 1) die mittelfristige Wirtschaftsentwicklung, einschließlich des Stands der Umsetzung von Strukturreformen; 2) die mittelfristige Entwicklung der öffentlichen Haushalte, einschließlich einer Bewertung der Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel und der öffentlichen Investitionen; 3) die mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote, einschließlich der Aussichten für ihre Tragfähigkeit; 4) sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind; und 5) sonstige Faktoren, die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind.

4.1.Mittelfristige Wirtschaftsentwicklung

Die makroökonomischen Bedingungen bessern sich und können nicht mehr als Faktor geltend gemacht werden, der erklären würde, warum Italien den zukunftsorientierten Richtwert für den Schuldenabbau deutlich verfehlt. Andererseits wirkt das geringe Produktivitätswachstum nach wie vor als Hemmschuh für das italienische Potenzialwachstum und verhindert einen rascheren Rückgang der Schuldenquote. Italien hat bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen von 2017 einige Fortschritte erzielt, doch werden die positiven Auswirkungen dieser Reformen auf das Wachstum auf mittlere Sicht von deren wirksamer Umsetzung abhängen, während sie auf kurze Sicht schwer von der aktuellen Konjunkturerholung zu trennen sind.

Konjunkturlage, Potenzialwachstum und Inflation

Das reale BIP-Wachstum Italiens lag 2017 bei 1,5 %. Sowohl im Stabilitätsprogramm 2018 als auch in der Kommissionsprognose wird 2018 dasselbe Wachstum erwartet, bevor es sich 2019 abschwächt. Das Potenzialwachstum war den Schätzungen zufolge 2017 mit 0,3 % erstmals wieder positiv (gegenüber -0,2 % im Jahr 2016) und dürfte sich 2018–2019 weiter beleben, auch wenn es sehr niedrig bleiben wird. Infolgedessen hat sich die negative Produktionslücke Italiens nach Schätzungen der Kommission zügig geschlossen (von -3,4 % des BIP-Potenzials im Jahr 2015 auf -0,1 % im Jahr 2018), bevor sie 2019 positiv werden dürfte (0,5 %).

Obwohl in wichtigen Reformbereichen (z. B. Arbeitsmarktreform und Reform der öffentlichen Verwaltung, Bekämpfung der Steuerhinterziehung, Sanierung der Bankbilanzen) Fortschritte erzielt wurden, wird das italienische Potenzialwachstum 13 weiterhin durch die Nachwirkungen der Krise und die verbleibenden Strukturschwächen gebremst. Das italienische BIP liegt nach wie vor unter dem Vorkrisenniveau und ist seit 15 Jahren nicht gewachsen, während der übrige Euroraum jährliche Wachstumsraten von durchschnittlich 1,2 % verbuchen konnte. Dies liegt auch an strukturellen Faktoren, die eine effiziente Ressourcenallokation erschweren und die Produktivität bremsen. Der noch immer hohe Anteil, den Renten und Schuldendienstkosten an den gesamten öffentlichen Ausgaben Italiens ausmachen, schränkt den Spielraum für wachstumsfördernde Ausgaben in Bereichen wie Bildung und Infrastruktur ein. Die hohe steuerliche Belastung der Produktionsfaktoren und die noch immer geringe Steuerehrlichkeit hindern das Wirtschaftswachstum nach wie vor. Die Beschäftigung wächst zwar, was auch den Arbeitsmarktreformen und Einstellungsanreizen zu verdanken ist, doch geht dies vor allem auf Zeitverträge zurück, während die noch immer hohe Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit die künftigen Wachstumsaussichten trübt. Die Rahmenbedingungen für Unternehmen sind der unternehmerischen Initiative nach wir vor nicht förderlich, was auch an Schwachstellen in der öffentlichen Verwaltung und den überaus langwierigen Zivil- und Strafverfahren liegt. Investiert wird nach wie vor wenig, vor allem in immaterielle Vermögenswerte. Vor diesem Hintergrund bietet die derzeitige Erholung der italienischen Wirtschaft eine entscheidende Gelegenheit, die Reformanstrengungen fortzusetzen, um die mittelfristigen Wachstumsaussichten zu verbessern und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen des Landes zu verbessern.

Nachdem die am harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflation in den Jahren 2015 und 2016 nach wie vor sehr gedämpft war (0,1 % bzw. -0,1 %), was vor allem auf die geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage, den begrenzten Lohndruck und einen Rückgang der Energiepreise zurückzuführen war, zog die HVPI-Inflation im Jahr 2017 vor allem aufgrund höherer Energiepreise auf 1,3 % an. Allerdings wird erwartet, dass sie 2018 vor allem aufgrund negativer Basiseffekte im Zusammenhang mit unverarbeiteten Lebensmitteln wieder leicht auf 1,2 % zurückgehen wird, bevor sie 2019 vor dem Hintergrund des stetigen Preisanstiegs bei Industrieerzeugnissen (ohne Energie) und Dienstleistungen erneut auf 1,4 % ansteigen wird. Auch die Kerninflation dürfte im Prognosezeitraum – im Einklang mit dem moderaten Lohnwachstum – allmählich anziehen und 2019 bei 1,4 % liegen.

Bis vor Kurzem wurde es Italien durch die niedrige Inflation erschwert, die öffentlichen Ausgaben im Verhältnis zum BIP durch ein nominales Einfrieren der Löhne und Renten zu senken, während die niedrige Inflation zugleich auch niedrigere Steuereinnahmen als üblich implizierte. Zudem führten die ungünstigen makroökonomischen Bedingungen, insbesondere auch die angespannten Finanzierungsbedingungen, zu einer überdurchschnittlich starken Wirkung der Fiskalmultiplikatoren, die dadurch noch verstärkt wurde, dass die Geldpolitik durch die Nullzinsgrenze eingeschränkt war 14 . Alles in allem wurden die Möglichkeiten Italiens, größere Haushaltsanpassungen vorzunehmen und seine Schuldenquote zu senken, bis zu einem gewissen Grade durch die makroökonomischen Bedingungen und durch die Gefahr eingeschränkt, dass fiskalpolitische Maßnahmen das Gegenteil des Gewünschten bewirken und sich die verhaltenen Preisentwicklungen negativ auf die Schuldenquote und den Primärsaldo niederschlagen könnten. Wenngleich sich übergroße Haushaltsanpassungen nach wie vor erheblich auf das Wachstum auswirken könnten, legt die seit 2017 eingetretene jüngste Beschleunigung des realen und des nominalen BIP-Wachstums doch nahe, dass sich die makroökonomischen Bedingungen bessern und nicht mehr als bedeutender Faktor geltend gemacht werden können, der erklären würde, warum Italien den zukunftsorientierten Richtwert für den Schuldenabbau deutlich verfehlt. Tatsächlich wird sowohl in der Kommissionsprognose als auch im Stabilitätsprogramm für 2018 ein nominales Wachstum von annähernd 3 % erwartet, das sich dem Stabilitätsprogramm zufolge in den Jahren 2019-2020 auf über 3 % beschleunigen wird.

Tabelle 3: Makroökonomische und budgetäre Entwicklungen a

Strukturreformen

Da die Gespräche über eine Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen vom 4. März noch nicht abgeschlossen waren, nahm die geschäftsführende Regierung im April 2018 ein Nationales Reformprogramm 15 an, das keine neuen Gesetzesinitiativen enthielt. Die bereits verabschiedeten Reformen – in verschiedenen Bereichen wie öffentliche Verwaltung und Justiz, Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsmarkt, Bildung und Wettbewerbsfähigkeit – sind darin allerdings schon berücksichtigt. Die Auswirkungen dieser Reformen werden gegenüber dem Basisszenario über fünf Jahre auf 2,9 % des BIP und über 10 Jahre auf 4,7 % des BIP veranschlagt. Die langfristigen Auswirkungen sollen sogar 10 % des BIP ausmachen.

Im Länderbericht 2018 gelangte die Kommission zu der Einschätzung, dass Italien bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen von 2017 einige Fortschritte erzielt habe, sich die Reformdynamik jedoch deutlich abgeschwächt habe und in diversen Reformbereichen immer noch erhebliche Herausforderungen zu bewältigen seien. So hat Italien erhebliche Fortschritte bei der Verabschiedung von Maßnahmen erzielt, mit denen die Steuerehrlichkeit erhöht und Korruption bekämpft werden soll. Bei der Reform der öffentlichen Verwaltung, der Beseitigung von Wettbewerbsbeschränkungen, der Sanierung des Bankensystems und der Rationalisierung der Sozialausgaben wurden einige Fortschritte erzielt. Nur begrenzte Fortschritte gab es bei der Umschichtung der Steuerlast, der Verkürzung der Zivilverfahren und der Reform des Insolvenzrahmens. Lückenhaft bleiben auch die Reformen des Tarifverhandlungssystems, der aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Erwerbsmöglichkeiten für Zweitverdiener. Die makroökonomischen Ungleichgewichte in Italien – die hauptsächlich mit einem sehr hohen öffentlichen Schuldenstand und einem schleppenden Produktivitätswachstum zusammenhängen – haben sich nicht weiter verschärft, sind aber nach wie vor erhöht 16 . Infolgedessen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass in Italien nach wie vor übermäßige Ungleichgewichte bestehen. 17

Insbesondere im Bereich der öffentlichen Finanzen hat die Regierung eine umfassende Reform des Haushaltsverfahrens beschlossen, die erstmals beim Haushaltsplan 2018 zur Anwendung kam. Außerdem wurden bedeutende Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung eingeführt, wie die Pflicht zur elektronischen Fakturierung. Unterdessen kamen die Umschichtung der Steuerlast von den Produktionsfaktoren auf Immobilien und Verbrauch sowie die Schaffung von Anreizen für obligatorische elektronische Zahlungen nur begrenzt voran, während frühere Privatisierungsziele verfehlt und frühere Rentenreformen durch Bestimmungen in den Haushaltsplänen für 2017 und 2018 teilweise wieder rückgängig gemacht wurden, wodurch sich die bereits vorhandene schwerpunktmäßige Ausrichtung der öffentlichen Ausgaben auf Altersrenten noch verstärkte.

Was die Rahmenbedingungen für Unternehmen angeht, so hat sich Italien 2017 um eine Reform der öffentlichen Verwaltung, des Justizsystems und des Anti-Korruptionsrahmens bemüht und schließlich auch das jährliche Wettbewerbsgesetz 2015 verabschiedet. Dennoch ist die öffentliche Verwaltung nach wie vor nicht so effizient wie in vergleichbaren Ländern. Bei der Verwaltung und Rationalisierung staatseigener Unternehmen stellen sich weitere Herausforderungen. Darüber hinaus ziehen sich zivilrechtliche Gerichtsverfahren nach wie vor überaus in die Länge, vor allem in den höheren Instanzen, was auch daran liegt, dass Verfahrensvorschriften nicht ausreichend durchgesetzt werden und der ausgedehnte Zugang zu Rechtsberatung unnötig viele Rechtsstreitigkeiten nach sich zieht. Die Reform der Verjährungsvorschriften hat den italienischen Rahmen für die Korruptionsbekämpfung zwar gestärkt, doch werden die Prävention und Bekämpfung von Korruption durch anhaltende Ineffizienzen in der Arbeitsweise der Strafjustiz und durch Herausforderungen bei der Umsetzung behindert. Schließlich bestehen nach wie vor erhebliche Wettbewerbshindernisse, und einige Bereiche sind nach wie vor überreguliert, insbesondere auch die freiberuflichen Dienstleistungen und die kommunalen öffentlichen Dienste.

Im Bankensektor beginnen die Anstrengungen zur Behebung akuter Probleme bei Banken und zur Verminderung des hohen Anteils an notleidenden Krediten (NPL) zu fruchten. So ist der Bestand an notleidenden Krediten von seinem Höchststand von 360 Mrd. EUR (bzw. 18,2 % der gesamten Kundenkredite) im Jahr 2015 auf 285 Mrd. EUR (bzw. 14,5 % der gesamten Kundenkredite) zum Ende des 4. Quartals 2017 gesunken. Trotz dieses merklichen Rückgangs ist der Bestand an notleidenden Krediten gegenüber vergleichbaren EU-Mitgliedstaaten immer noch hoch. Die Reform des Insolvenzrahmens ist noch nicht ganz unter Dach und Fach. Was den Arbeitsmarkt betrifft, so sind nachgelagerte Tarifverhandlungen nicht sehr verbreitet und die Umsetzung der Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik verzögert sich. Darüber hinaus erscheinen die geplanten Maßnahmen zur Förderung der Frauenerwerbsbeteiligung unzureichend. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war die Einführung eines umfassenden Programms gegen Armut, auch wenn das Risiko der Armut und der sozialen Ausgrenzung in Italien nach wie vor hoch ist.

4.2.Mittelfristige Entwicklung der öffentlichen Haushalte

Die Ex-post-Bewertung der Einhaltung der präventiven Komponente weist bei Italien auf eine gewisse Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel sowohl im Jahr 2016 als auch im Jahr 2017 hin, nachdem alle im Rahmen der Flexibilitätsklauseln bzw. für außergewöhnliche Ereignisse zugestandenen Abweichungen berücksichtigt wurden. Im Jahr 2018 hingegen dürfte die Haushaltsanpassung angesichts der Herausforderungen, denen Italien in Bezug auf die Tragfähigkeit gegenübersteht, nicht ausreichend sein. Dabei wird das Haushaltsgesetz 2018 berücksichtigt und werden keine weiteren Veränderungen der Politik angenommen.

Gesamtsaldo, struktureller Saldo und Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel

Für das Jahr 2016 kam die Kommission im Mai 2017 18 zu dem Schluss, dass der italienische Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Ziel die Vorgaben der präventiven Komponente des SWP weitgehend erfülle. So wurde die Auffassung vertreten, dass die auf Basis der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission festzustellende Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,7 % des BIP auf eine gewisse Abweichung von der für 2016 geforderten Anpassung von 0,5 % des BIP in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel hinweise, nachdem folgende Abweichungen zugestanden und berücksichtigt wurden: i) 0,5 % des BIP nach der Strukturreformklausel; ii) 0,21 % des BIP nach der Investitionsklausel; iii) 0,06 % des BIP für die zusätzlichen Ausgaben aufgrund des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms; iv) 0,06 % des BIP für Sicherheitsausgaben im Zusammenhang mit der terroristischen Bedrohung. Allerdings wurden die im Juli 2016 zugestandenen vorgenannten Abweichungen zum Teil, namentlich die 0,1 % des BIP nach der Strukturreformklausel und die 0,25 % des BIP nach der Investitionsklausel, an Bedingungen geknüpft, unter anderem an die Existenz glaubhafter Pläne für die Rückkehr zum Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ab dem Jahr 2017.

Für das Jahr 2017 wurde Italien eine strukturelle Anpassung von mindestens 0,6 % des BIP empfohlen, um ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel zu erzielen. Das Stabilitätsprogramm 2018 bestätigt jedoch, dass der Haushaltseffekt des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms und des Investitionsplans für den Erdbebenschutz 2017 mit rund 0,35 % des BIP, was nur geringfügig über der vorherigen Schätzung liegt, tatsächlich erheblich war. Aufgrund dessen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Abweichung, die im Rahmen der Klausel für außergewöhnliche Ereignisse vorläufig zugestanden wurde 19 , bestätigt werden kann. Um die betreffenden Aufwendungen zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 somit nach unten korrigiert.

Nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission hat sich der strukturelle Saldo Italiens im Jahr 2017 um 0,3 % des BIP 20 auf -1,7 % des BIP verschlechtert. Auf Basis der Herbstprognose 2017 der Kommission war hingegen noch eine strukturelle Verschlechterung um 0,4 % des BIP erwartet worden. Dieser Unterschied erklärt sich vor allem dadurch, dass sich die in einigen Sektoren bereits vereinbarten Lohnerhöhungen für 2017 erst ab dem Jahr 2018 im Haushalt bemerkbar machen werden, während andere Ausgabeneinsparungen durch niedrigere Einnahmen kompensiert wurden (siehe auch Kasten 1).

Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission weist der Ausgabenrichtwert auf eine gewisse Abweichung sowohl in der Einjahresbetrachtung (Lücke von 0,3 % des BIP) als auch in den Jahren 2016 und 2017 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,1 % des BIP pro Jahr) hin, da die Wachstumsrate der Staatsausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen und einmaliger Maßnahmen den anwendbaren Ausgabenrichtwert (real -0,6 %) im Jahr 2017 überschritten hat. Der strukturelle Saldo weist auf eine gewisse Abweichung in der Einjahresbetrachtung (Lücke von 0,5 % des BIP) und eine erhebliche Abweichung in den Jahren 2016 und 2017 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,4 % des BIP pro Jahr) hin. Sowohl 2016 als auch 2017 wird der strukturelle Saldo durch beträchtliche unerwartete Mindereinnahmen sowie dadurch beeinträchtigt, dass der BIP-Deflator unter dem für den Ausgabenrichtwert zugrunde gelegten Wert liegt, was beides nur zum Teil durch niedrigere Zinsausgaben kompensiert wird. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren weist die Gesamtbewertung auf eine gewisse Abweichung im Jahr 2017 hin.

Kasten 1: Verbesserung des Ausgabenrichtwerts für Italien im Jahr 2017

Nach der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission hat sich der strukturelle Saldo Italiens im Jahr 2017 um 0,4 % des BIP verschlechtert. Auf dieser Basis wies der Ausgabenrichtwert auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung sowohl in der Einjahresbetrachtung (Lücke von 0,9 % des BIP) als auch in den Jahren 2016 und 2017 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,4 % des BIP pro Jahr) hin. Zum selben Ergebnis führt die Betrachtung des strukturellen Saldos sowohl über ein Jahr (Lücke von 1,0 % des BIP) als auch über die Jahre 2016 und 2017 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,7 % des BIP pro Jahr).

Ausgehend von Ist-Daten für 2017 und der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission hat sich der strukturelle Saldo Italiens im Jahr 2017 um 0,3 % des BIP verschlechtert. Wie erwähnt, weist der Ausgabenrichtwert, wenn nachträglich die für außergewöhnliche Ereignisse zugestandene Abweichung um 0,35 % des BIP berücksichtigt wird, nun sowohl für 2017 (Lücke von 0,3 % des BIP) als auch für die Jahre 2016 und 2017 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,1 % des BIP pro Jahr) auf eine gewisse Abweichung hin.

Der Hauptgrund für die vorgenannte Verbesserung gegenüber der Herbstprognose 2017 der Kommission liegt darin, dass die nominalen Staatsausgaben ohne Anrechnung von diskretionären einnahmenseitigen Maßnahmen und einmaligen Maßnahmen im Jahr 2017 um rund 1,7 Mrd. EUR (bzw. 0,1 % des BIP) und damit in geringerem Maße gestiegen sind als im Herbst erwartet, was vor allem auf niedrigere Arbeitnehmerentgelte zurückzuführen war, da sich die in einigen Sektoren bereits vereinbarten Lohnerhöhungen für das Jahr 2017 erst ab 2018 im Haushalt bemerkbar machen werden.

Konkret fiel zum einen der Anstieg des korrigierten (Primär-)Ausgabenaggregats rund 0,05 % des BIP geringer aus, vor allem da die Arbeitnehmerentgelte und die Anreize für die umweltfreundliche Energieerzeugung hinter den Erwartungen zurückblieben. Diese Verlangsamung der strukturellen Ausgaben wurde teilweise durch eine Beschleunigung der einmaligen Ausgaben (um rund 0,5 % des BIP) ausgeglichen, die vor allem aus den budgetären Auswirkungen der Bankenrettungsmaßnahmen resultierte. Zum anderen verschlechterte sich die Veränderung der diskretionären einnahmenseitigen Maßnahmen ohne einmalige Maßnahmen um rund 0,45 % des BIP, hauptsächlich weil die Steuereinnahmen, aus denen die Anreize für Photovoltaikanlagen finanziert werden sollten, geringer ausfielen und ein höherer Anteil der diskretionären Einnahmen einmalig war.

Für das Jahr 2018 wurde Italien empfohlen, einen nominalen Rückgang der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben um mindestens 0,2 % sicherzustellen, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von mindestens 0,6 % des BIP entspricht. Allerdings erklärte sich die Kommission in ihrer Mitteilung vom Mai 2017 21 zum Europäischen Semester 2017 bereit, bei ihren künftigen Bewertungen in Fällen, in denen sich große Haushaltskorrekturen besonders signifikant auf das Wachstum und die Beschäftigung auswirken, ihren Ermessensspielraum zu nutzen. Insgesamt – um die derzeitigen Stabilisierungserfordernisse Italiens mit den vorhandenen Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit zu vereinbaren – erachtete die Kommission für das Jahr 2018 eine strukturelle Anpassung von mindestens 0,3 % des BIP, ohne jeglichen zusätzlichen Abweichungsspielraum über ein Jahr, für erforderlich. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der Nettoprimärausgaben von höchstens 0,5 %.

In ihrer Frühjahrsprognose 2018 geht die Kommission davon aus, dass sich der strukturelle Saldo Italiens unverändert auf -1,7 % des BIP belaufen wird, während die Regierung im Stabilitätsprogramm 2018 22 mit einer leichten strukturellen Anpassung von 0,1 % des BIP rechnet. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission und unter Berücksichtigung der korrigierten Anforderung für 2018 weist der Ausgabenrichtwert auf eine unzureichende Haushaltsanpassung (Lücke von 0,7 % des BIP) im Jahr 2018 hin. Dieselbe Schlussfolgerung lässt sich anhand des strukturellen Saldos ziehen (Lücke von 0,3 % des BIP). Der strukturelle Saldo wird durch Mindereinnahmen geschmälert (0,1 % des BIP), die durch die positiven Auswirkungen niedrigerer Zinsausgaben (0,2 % des BIP) und eines etwas höheren BIP-Deflators sowie einer etwas höheren Punktschätzung für das potenzielle BIP-Wachstum im Vergleich zu den beim Ausgabenrichtwert zugrunde gelegten Werten (0,3 % des BIP) ausgeglichen werden. Alles in allem kann die Haushaltsanpassung Italiens angesichts der Herausforderungen, vor denen das Land in Bezug auf die langfristige Tragfähigkeit steht, nicht als ausreichend angesehen werden, wenn man die Herbstprognose 2018 der Kommission zugrunde legt.

Für 2019 wird Italien empfohlen, sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 0,1 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission wird sich der strukturelle Saldo Italiens im Jahr 2019 unter Annahme einer unveränderten Politik um 0,3 % des BIP auf -2,0 % des BIP verschlechtern. Der Ausgabenrichtwert weist auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung sowohl in der Einjahresbetrachtung (Lücke von 1 % des BIP) als auch in den Jahren 2018 und 2019 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,8 % des BIP pro Jahr) hin, da die Wachstumsrate der Staatsausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen und einmaliger Maßnahmen den anwendbaren Ausgabenrichtwert (nominal 0,1 %) im Jahr 2019 überschreiten wird. Zum selben Ergebnis führt die Betrachtung des strukturellen Saldos, der sowohl in der Einjahresbetrachtung (Lücke von 0,9 % des BIP) als auch über die Jahre 2018 und 2019 zusammengenommen (Lücke von durchschnittlich 0,6 % des BIP pro Jahr) auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung hinweist. Positiv wirkt sich auf den strukturellen Saldo aus, dass die Punktschätzung für das potenzielle BIP-Wachstum etwas höher liegt als der dem Ausgabenrichtwert zugrunde liegende mittelfristige Durchschnitt (0,2 % des BIP). Unter Berücksichtigung dieser Faktoren weist die Gesamtbewertung auf die Gefahr einer gewissen Abweichung im Jahr 2019 hin.

Die Kommissionsprognose für 2018-2019 geht ab dem Haushaltsplan 2018 von der Annahme einer unveränderten Politik aus, da die Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen vom 4. März noch nicht abgeschlossen war und die geschäftsführende Regierung am 26. April ein Stabilitätsprogramm verabschiedet hat, dass lediglich ein auf der Annahme einer unveränderten Gesetzeslage beruhendes Trendszenario enthält.

Öffentliche Investitionen

Die Bruttoanlageinvestitionen der öffentlichen Hand lagen in Italien im Zeitraum 1999-2010 bei durchschnittlich etwa 3 % des BIP, doch anschließend gingen die öffentlichen Investitionen drastisch auf rund 2,4 % des BIP im Durchschnitt der Jahre 2011-2016 zurück, da angesichts der Staatsschuldenkrise rasch reagiert werden musste. Im Jahr 2017 erreichten die öffentlichen Investitionen mit 2 % des BIP einen neuen Tiefstand (nominal -5,6 % gegenüber dem Vorjahr). Der Kommissionsprognose zufolge wird die Investitionsquote im Zeitraum 2018-2019 weiterhin konstant bei etwa 2 % des BIP liegen, da sich die Investitionen weitgehend im Einklang mit dem nominalen BIP-Wachstum erholen. Insgesamt scheinen die öffentlichen Investitionen angesichts ihres allgemeinen Rückgangs im Zeitverlauf keinen Faktor darzustellen, der Italiens Verstoß gegen die Schuldenregel rechtfertigen könnte.

4.3.Mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote

Die Schulden der öffentlichen Hand machen die italienische Wirtschaft nach wir vor sehr anfällig. Zusammen mit den ungünstigen demografischen Entwicklungen drohen die zuletzt verabschiedeten Maßnahmen den positiven Trend, der durch frühere Rentenreformen herbeigeführt wurde, wieder umzukehren und schwächen die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, was umso mehr gälte, falls die realen Zinssätze stärker steigen sollten als derzeit erwartet.

Von 131,8 % des BIP im Jahr 2017 dürfte die italienische Schuldenquote nach der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission im Jahr 2018 auf 130,7 % und 2019 auf 129,7 % sinken. Dies ist auch einem kräftigeren nominalen BIP-Wachstum im Prognosezeitraum geschuldet. Indes wird das Tempo des Schuldenabbaus immer noch durch einen nur begrenzten Anstieg des Primärüberschusses, eine nach wie vor verhaltene Inflation und durchweg unterplanmäßige Privatisierungserlöse gebremst.

Nach dem „S0-Indikator“ der Europäischen Kommission, der das kurzfristige Risiko für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen abbildet, scheinen für Italien keine solchen akuten Herausforderungen zu bestehen, auch wenn gewisse fiskalische Anfälligkeiten vorhanden scheinen. 23 So ist Italien aufgrund des noch immer hohen Refinanzierungsbedarfs bei seinen Staatsschulden (rund 20 % des BIP im Jahr 2017) für eine plötzliche Zunahme der Risikoscheu am Finanzmarkt anfällig, doch halten sich die Risiken aus dem makrofinanziellen Kontext bislang in Grenzen, was auch der akkommodierenden Geldpolitik der EZB zu verdanken ist.

Mittelfristig steht Italien in Bezug auf die Tragfähigkeit vor großen Herausforderungen. Sein struktureller Primärüberschuss dürfte sich 2019 unter der Annahme einer unveränderten Politik weiter auf 1,5 % des BIP verschlechtern, nachdem er 2015 noch auf 3,5 % betragen hatte. Dadurch könnten sich die Tragfähigkeitsrisiken mittelfristig erhöhen, da eine schwache Haushaltslage höhere Risikoprämien mit sich bringen könnte. Dies wird im S1-Indikator der Kommission erfasst, der das Risiko für die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen abbildet und im Falle Italiens auf ein „hohes Risiko“ hinweist. Will Italien seine Schuldenquote bis 2032 auf 60 % des BIP zurückführen, müsste es im Zeitraum 2020-2024 eine große Konsolidierungsanstrengung von insgesamt 7,5 % des BIP bewerkstelligen.

Der S2-Indiktor, der das Risiko für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen anzeigt, weist noch auf ein „geringes Risiko“ hin, da die Schuldenquote unter Einrechnung der Alterungskosten durch eine dauerhafte Erhöhung des strukturellen Primärüberschusses um rund 1,8 Prozentpunkte des BIP langfristig stabil gehalten werden könnte. Die langfristige Tragfähigkeit, die durch frühere Rentenreformen sichergestellt wurde, indem die impliziten Verbindlichkeiten aufgrund der Bevölkerungsalterung eingedämmt wurden, verschlechtert sich jedoch langsam. Zurückzuführen ist dies auf die laut Eurostat zu erwartende Verschlechterung der demografischen Trends sowie den Umstand, dass die Haushaltspläne für 2017 und 2018 Maßnahmen enthielten, durch die frühere Rentenreformen teilweise wieder zurückgedreht wurden und durch die sich die Rentenausgaben Italiens mittelfristig leicht erhöhen. Letztere gehören mit rund 15 % des potenziellen BIP im Jahr 2016 schon heute zu den höchsten in der EU/OECD. Alles in allem könnten weitere Rückzieher bei der Umsetzung früherer Gesundheits- und Rentenreformen, insbesondere bei der Anpassung des Renteneintrittsalters, die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen Italiens weiter erhöhen.

Die Privatisierungserlöse blieben sowohl 2016 als auch 2017 hinter dem angestrebten Zielwert der Regierung von 0,5 % des BIP zurück und erreichten nur 0,05 % des BIP bzw. nicht einmal 0,01 % des BIP. Gleichwohl werden die Privatisierungserlöse im Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2018-2020 immer noch mit 0,3 % des BIP pro Jahr veranschlagt. Für das Jahr 2018 geht die Kommission angesichts der mit der Bildung einer neuen Regierung verbundenen zusätzlichen Unsicherheit und der bisherigen Privatisierungsbilanz zunächst einmal von keinerlei Privatisierungserlösen aus. Im Jahr 2019 werden die projizierten Erlöse vorsichtshalber nur zur Hälfte berücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund sind eine weitere Haushaltsanpassung und die Fortsetzung der Strukturreformen zur mittel- bis langfristigen Steigerung des Potenzialwachstums nach wie vor unverzichtbar, um für die Zukunft einen zufriedenstellenden Schuldenrückführungspfad zu erreichen.

4.4.Sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind

Unter den sonstigen Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind, kommt folgenden besonderes Gewicht zu: den finanziellen Beiträgen zur Förderung der internationalen Solidarität und zur Verwirklichung der politischen Ziele der Union, den Schulden infolge der bilateralen und multilateralen Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten im Kontext der Wahrung der Finanzstabilität und den Schulden im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen bei größeren finanziellen Störungen (Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97). Was die staatliche Unterstützung des Finanzsektors im Zuge der Finanzkrise anbelangt, so beliefen sich die Eventualverbindlichkeiten zur Unterstützung der Liquiditätsvorkehrungen der Finanzinstitute Ende 2017 auf rund 1,5 % des BIP (bei einem Gesamtbestand an Eventualverbindlichkeiten von 3,7 % des BIP), nach 0,5 % des BIP Ende 2016.

Die schuldenstandrelevante Unterstützung von Finanzinstituten belief sich 2017 auf annähernd 1 % des BIP (gegenüber 0,2 % Ende 2016). Dies war vor allem auf die Abwicklung zweier italienischer Regionalbanken (Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca) sowie die vorsorgliche Rekapitalisierung der Banca Monte dei Paschi di Siena zurückzuführen. Die damit verbundenen Auswirkungen auf das Defizit beliefen sich auf annähernd 0,4 % des BIP. Ein zusätzliches Risiko für die öffentlichen Finanzen erwächst aus der etwaigen (einmaligen) Wirkung der Unterstützung für Finanzinstitute auch auf das Defizit 2018 und aus dem beträchtlichen Bestand an Zahlungsrückständen der öffentlichen Verwaltung für Lieferungen und Leistungen.

Berücksichtigt werden muss im vorliegenden Bericht gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 „das Maß, in dem die Stellungnahme der Kommission [zur Übersicht über die Haushaltsplanung] nach Artikel 7 Absatz 1 [der genannten Verordnung] berücksichtigt wird“. In der Stellungnahme der Kommission sowohl zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens 2017 24 als auch zur Übersicht über die Haushaltsplanung 2018 25 wurde auf die Gefahr der Nichterfüllung der Bestimmungen des SWP hingewiesen und die Aufforderung an die italienischen Behörden gerichtet, im Rahmen des nationalen Haushaltsverfahrens die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Erfüllung der Vorgaben sicherzustellen. Doch obwohl auf die Gefahr der Nichterfüllung des SWP hingewiesen worden war, wurde der Haushaltsplan sowohl für 2017 als auch für 2018 ohne größere Änderungen gegenüber den Übersichten über die Haushaltsplanung verabschiedet.

4.5.Sonstige Faktoren, die aus Sicht des Mitgliedstaats von Bedeutung sind

Am 14. Mai 2018 übermittelten die italienischen Behörden Unterlagen zu den einschlägigen Faktoren im Sinne des Artikels 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 26 . Die meisten dieser Faktoren wurden bereits in den anderen Abschnitten dieses Berichts analysiert.

Als erster einschlägiger Faktor wird in dem Bericht die bisherige Haushaltsdisziplin Italiens erörtert, die durch die beachtlichen Primärüberschüsse und die Eindämmung des nominalen Anstiegs der laufenden Primärausgaben in den letzten Jahren bezeugt werde. Als zweiten einschlägigen Faktor bringen die italienischen Behörden vor, dass Italien nach Berücksichtigung der erheblichen Flexibilität, die ihm von der Kommission im Zeitraum 2015-2017 zugestanden wurde, den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel 2017 eingehalten habe, insbesondere wenn man den Ausgabenrichtwert zugrunde lege.

Als dritten einschlägigen Faktor führen die Behörden den anhaltenden Deflationsdruck an, der die italienischen Bemühungen sowohl um eine Rückführung der öffentlichen Schuldenquote als auch um die Wiedererlangung der Lohn- und Preiswettbewerbsfähigkeit im Kontext des langsamen Lohnwachstums in Europa und anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften behindere.

Der vierte zentrale Faktor ist die Unterschätzung der Kapazitätsunterauslastung („slack“) in der italienischen Wirtschaft, selbst nachdem die „gemeinsame Methodik“ zur Messung der Produktionslücke bestimmten technischen Änderungen unterzogen wurde, die die italienische Delegation in der Arbeitsgruppe „Produktionslücken“ angeregt hatte. Während sich nach diesen technischen Änderungen für das Jahr 2017 eine Ausweitung der italienischen Produktionslücke auf -1,2 % des BIP-Potenzials (gegenüber -0,6 % auf Basis der Herbstprognose 2017 der Kommission) ergibt, legen die revidierten Schätzungen der Kommission immer noch nahe, dass das Wachstum des Landes im Jahr 2018 die Potenzialrate erreichen dürfte. Nach Auffassung der Behörden widerspricht diese Schätzung der ökonomischen Intuition, da die gesamtwirtschaftliche Leistung Italiens gegenüber 2008 drastisch eingebrochen, die Arbeitslosenquote mit 11 % immer noch hoch und das Lohn- und Preisniveau praktisch unverändert sei. In dem Bericht werden daher auch alternative Schätzungen präsentiert, die auf Basis der Projektionen der italienischen Behörden für 2018 eine Produktionslücke von immer noch annähernd -3 % des BIP-Potenzials nahelegen, womit Italien sein mittelfristiges Haushaltsziel in den letzten Jahren erreicht hätte und den Richtwert für den Schuldenabbau in seiner konjunkturbereinigten Betrachtung sowie unter der zusätzlichen Annahme einer „normalen“ Inflationsrate (auf Basis des BIP-Deflators) von 2 % einhalten würde.

Als weitere Faktoren, die für den öffentlichen Schuldenstand Italiens von Bedeutung sind, führen die Behörden dessen langfristige Tragfähigkeit an, da das Land trotz der inzwischen schlechteren demografischen Projektionen bei der langfristigen Tragfähigkeit nach wie vor ein geringes Risiko aufweist, sowie dessen Bezahlbarkeit angesichts des rückläufigen Trends bei den Zinsausgaben und den sehr niedrigen Stand der Eventualverbindlichkeiten und der Privatverschuldung.

In dem Bericht werden auch die italienischen Strukturreformanstrengungen im Jahr 2017 hervorgehoben, insbesondere auch bei der Sanierung und Umstrukturierung des Bankensektors, der Verbesserung der Steuererhebung und der Stärkung des Wettbewerbs im Dienstleistungssektor. Der positive Effekt der im Zeitraum 2014-2017 durchgeführten Strukturreformen auf das reale BIP-Wachstum werden von den italienischen Behörden auf 2,2 Prozentpunkte des BIP bis 2020, 3,4 Prozentpunkte bis 2025 und 8,2 Prozentpunkte auf lange Sicht veranschlagt.

5.    Schlussfolgerungen

Der gesamtstaatliche Bruttoschuldenstand Italiens lag 2017 mit 131,8 % des BIP weit über dem Referenzwert von 60 % des BIP, und der Richtwert für den Schuldenabbau wurde von Italien weder 2016 noch 2017 eingehalten. Darüber hinaus wird in der Prognose der Kommission davon ausgegangen, dass Italien den Richtwert für den Schuldenabbau auch 2018-2019 verfehlen wird, wobei die Lücke auch aufgrund der erheblichen Verschlechterung des strukturellen Saldos von -0,6 % des potenziellen BIP im Jahr 2015 auf voraussichtlich -2,0 % im Jahr 2019 (unter Annahme einer unveränderten Politik) weiterhin groß ist. Dies legt nahe, dass das im Vertrag festgelegte Schuldenstandskriterium – vor Berücksichtigung aller einschlägigen Faktoren – dem Anschein nach nicht erfüllt wird. Gemäß dem Vertrag werden in diesem Bericht auch die einschlägigen Faktoren geprüft.

Die makroökonomischen Bedingungen verbesserten sich 2017 und das nominale BIP-Wachstum dürfte sich weiter auf 2,9 % im Jahr 2018 beschleunigen, bevor es 2019 wieder leicht auf 2,5 % zurückgeht. Der makroökonomische Ausblick kann daher nicht mehr als Faktor betrachtet werden, der die nach wie vor großen Lücken Italiens bei der Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau, insbesondere in der Vorausschau für 2017 bis 2019 erklären könnte.

Die nachträgliche Bewertung, ob Italien die Vorgaben der präventiven Komponente im Jahr 2017 erfüllt hat, zeigt, dass der Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel weitgehend eingehalten wurde, nachdem die für außergewöhnliche Ereignisse zugestandene Abweichung berücksichtigt wurde. Im Jahr 2018 hingegen ist die Haushaltsanpassung angesichts der Herausforderungen, denen Italien in Bezug auf die Tragfähigkeit gegenübersteht, derzeit nicht ausreichend. Deshalb sollten ab 2018 die nötigen Maßnahmen ergriffen werden, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu erfüllen. Es entspräche dem Vorsichtsprinzip, etwaige unerwartete Mehreinnahmen für eine weitere Rückführung der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu nutzen.

Darüber hinaus hat Italien einige Fortschritte bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen 2017 erzielt, doch wird der Wachstumseffekt der Strukturreformen entscheidend von deren Umsetzung abhängen und ist nach wie vor schwer von der aktuellen konjunkturellen Erholung zu trennen.

Zu guter Letzt macht der hohe öffentliche Schuldenstand die italienische Wirtschaft weiterhin sehr anfällig, und es wird auch in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein, sorgfältig zwischen wachstumsfördernden Reformen und einer verantwortungsvollen Fiskalpolitik abzuwägen. Stattdessen drohen die zuletzt verabschiedeten Maßnahmen in Kombination mit den ungünstigen demografischen Entwicklungen, den durch früheren Rentenreformen herbeigeführten positiven Trend wieder umzukehren, und schwächen die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, was umso mehr gilt, falls die realen Zinssätze stärker steigen sollten als derzeit erwartet.

Im Zuge der in diesem Bericht präsentierten Analyse wurden alle einschlägigen Faktoren bewertet, insbesondere i) die sich bessernden makroökonomischen Bedingungen, die die Lücken bei der Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau durch Italien nicht mehr erklären können; ii) die nachträgliche Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2017; iii) gewisse Fortschritte beim Erlass und bei der Durchführung wachstumsfördernder Strukturreformen. Insgesamt legt die Analyse nahe, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 derzeit als erfüllt betrachtet werden sollte, und daher zum jetzigen Zeitpunkt kein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit angezeigt ist, zumal wenn man berücksichtigt, dass Italien die präventive Komponente im Jahr 2017 nachträglich eingehalten hat. Allerdings erscheint die Anpassung im Jahr 2018 auf Basis der Frühjahrsprognose 2018 der Kommission nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass der Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2018 eingehalten wird. Die Kommission wird auf Basis der Ex-post-Daten für 2018, die im Frühjahr 2019 zu übermitteln sind, erneut prüfen, ob die Vorgaben erfüllt sind.

(1) 1    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6. In diesem Bericht wird auch den „Spezifikationen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme“ Rechnung getragen, die am 5. Juli 2016 vom Rat „Wirtschaft und Finanzen“ gebilligt wurden und auf folgender Website einzusehen sind:    
http://ec.europa.eu/economy_finance/economic_governance/sgp/pdf/coc/code_of_conduct_de.pdf  
(2) 2    Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).
(3) Siehe https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/eu-economic-governance-monitoring-prevention-correction/stability-and-growth-pact/annual-draft-budgetary-plans-dbps-euro-area-countries/draft-budgetary-plans-2018_de  
(4)    Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 des Rates müssen die Mitgliedstaaten der Kommission zweimal jährlich die Höhe des tatsächlichen und des geplanten öffentlichen Defizits und Schuldenstands mitteilen. Die jüngste Meldung Italiens ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/web/government-finance-statistics/excessive-deficit-procedure/edp-notification-tables .
(5)    Siehe Eurostat-Pressemitteilung Nr. 69/2018 vom 23. April 2018 unter: http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/8824490/2-23042018-AP-EN.pdf/6e5b346e-e302-4132-920a-854b00ac196d .    
(6)   https://ec.europa.eu/info/2018-european-semester-national-reform-programmes-and-stability-convergence-programmes_de .
(7) Beispielsweise die mit dem „Jobs Act“ eingeführte Arbeitsmarktreform sowie die steuerlichen Anreize für Investitionen in Innovation. Mehr zu diesen Anreizen siehe Länderbericht Italien 2018.
(8) Die realen impliziten Schuldendienstkosten zum Zeitpunkt t können definiert werden als die Nominalrendite, die ein Staat zahlen muss, um die ausstehenden Schulden zum Zeitpunkt t-1 ohne die Auswirkungen der Inflation zum Zeitpunkt t zu bedienen. Anhand von Tabelle 2 lässt sich ermitteln, wie sich die Schuldenquote infolge der realen impliziten Schuldendienstkosten jährlich ändert, indem die entsprechenden Beiträge der Zinsausgaben (die zu einem Anstieg der Schulden führen) und des BIP-Deflators (der zu einem Rückgang der Schulden führt) addiert werden.
(9) So erhöhten die Rettungsmaßnahmen für die Banca Monte die Paschi und die beiden Banken in der Region Venetien den Schuldenstand um fast 1 % des BIP und das Defizit um fast 0,4 % des BIP.
(10) Auf andere geringfügigere Transaktionen, die die Bestandsanpassungen beeinflussten, wird nicht eingegangen. Siehe auch den Bericht des italienischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen über die öffentliche Verschuldung 2016 unter:
www.dt.mef.gov.it/export/sites/sitodt/modules/documenti_it/debito_pubblico/presentazioni_studi_relazioni/Rapporto_sul_Debito_Pubblico_2016.pdf.  
(11) Insbesondere wird der „Schneeballeffekt“ durch das erheblich höhere reale BIP-Wachstum vermindert, obgleich die realen impliziten Schuldendienstkosten wegen der anhaltend niedrigen Inflation im Jahr 2017 leicht nach oben tendieren.
(12) Siehe die folgenden Berichte nach Artikel 126 Absatz 3: COM(2015) 113 final vom 27.2.2015 und COM(2016) 305 final vom 18.5.2016.
(13) Siehe Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2018) 210 final vom 7.3.2018, „Country Report Italy 2018. Including an In-Depth Review on the prevention and correction of macroeconomic imbalances“ (Länderbericht Italien 2018 mit eingehender Überprüfung der Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte).
(14) Siehe beispielsweise O. Blanchard und D. Leigh (2013), unter: www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2013/wp1301.pdf .
(15)   http://www.dt.mef.gov.it/export/sites/sitodt/modules/documenti_it/analisi_progammazione/documenti_programmatici/def_2018/DEF_2018_-_Sez.3_-_PNR.pdf  
(16) Siehe „Country Report Italy 2018“ (Länderbericht Italien 2018). Ebenda.
(17) Siehe Mitteilung der Kommission COM(2018) 120 final Europäisches Semester 2018: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011“.
(18) Siehe COM(2017) 511 final vom 22.5.2017, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2017-european-semester-country-specific-recommendations-commission-recommendations-italy.pdf  
(19)  So belaufen sich die berücksichtigungsfähigen Ausgaben im Jahr 2017 für den außergewöhnlichen Flüchtlingszustrom auf 0,16 % des BIP und für den Erdbebenschutz auf 0,18 % des BIP.
(20) Alle Angaben in diesem Bericht zur Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos beziehen sich auf den konjunkturbereinigten Saldo ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen, der von der Kommission entweder projiziert oder auf Basis der im Stabilitätsprogramm enthaltenen Angaben nach der gemeinsamen Methodik neu berechnet wurde.
(21)   https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2017-european-semester-country-specific-recommendations-commission-recommendations-communication.pdf  
(22) Nach der gemeinsamen Methodik neuberechnet.
(23) Der S0-Indikator dürfte 2017 unter dem Hochrisiko-Schwellenwert liegen, ist mit einem Wert von 0,4 im EU-Vergleich aber immer noch einer der höchsten, was vor allem an der überaus hohen öffentlichen Verschuldung Italiens liegt. Überdies liegt der fiskalische Teilindex über dem kritischen Schwellenwert.
(24) Stellungnahme der Kommission C(2016) 8009 final vom 16.11.2016 zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens.
(25) Stellungnahme der Kommission C(2017) 8019 final vom 22.11.2017 zur Übersicht über die Haushaltsplanung Italiens.
(26) Siehe „Relevant Factors Influencing Debt Developments in Italy“, Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, Mai 2018 unter www.mef.gov.it/inevidenza/documenti/Italy_Report_Relevant_Factors_May_2018.pdf.