Brüssel, den 30.5.2017

SWD(2017) 167 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER EX-ANTE-BEWERTUNG

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Festlegung des rechtlichen Rahmens des Europäischen Solidaritätskorps sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1288/2013, (EU) Nr. 1293/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1305/2013, (EU) Nr. 1306/2013 und des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU

{COM(2017) 262 final}
{SWD(2017) 166 final}
{SWD(2017) 168 final}


Die Europäische Union ist auf Solidarität gebaut: Solidarität zwischen ihren Bürgerinnen und Bürgern, Solidarität über Grenzen hinweg zwischen ihren Mitgliedstaaten und Solidarität bei ihren Maßnahmen inner- und außerhalb der Union. Um den politischen Willen, mehr für junge Menschen zu tun, in die Tat umzusetzen, begründete die Kommission im Dezember 2016 das Europäische Solidaritätskorps, und der Verordnungsvorschlag ist der nächste Schritt auf diesem Weg. Das Ziel des Europäischen Solidaritätskorps besteht darin, die Einbeziehung von jungen Menschen und Organisationen in solidarische Tätigkeiten von hoher Qualität zu fördern, die allen jungen Menschen offenstehen, um so zur Stärkung des Zusammenhalts und der Solidarität in Europa beizutragen, Gemeinschaften zu unterstützen und nicht befriedigte gesellschaftliche Bedürfnisse zu erfüllen.

Der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage ist eine Ex-ante-Bewertung beigefügt, in der die Herausforderungen unter zwei Gesichtspunkten untersucht werden: zum einen mit Blick auf junge Menschen und ihre Möglichkeiten, sich im Rahmen solidarischer Tätigkeiten zu engagieren, und zum anderen in Bezug auf allgemeinere soziale, institutionelle und organisatorische Bedürfnisse.

Der Ex-ante-Bewertung zufolge sollte eine europäische Jugendinitiative im Solidaritätsbereich auf die folgenden großen Herausforderungen eingehen:

-Überwindung der Fragmentierung und Schaffung umfangreicherer Möglichkeiten für die Einbeziehung junger Menschen in solidarische Tätigkeiten, insbesondere, indem Freiwilligentätigkeiten und berufspraktische Erfahrungen unter einem Dach und mit einem gemeinsamen Qualitätsrahmen organisiert und die erzielten Lernergebnisse umfassend und nachvollziehbar, unabhängig vom Lernkontext, validiert werden. Zugleich Gewährleistung eines einfachen und gleichberechtigten Zugangs durch gestraffte Verfahren und geeignete Maßnahmen zur Förderung der Inklusion junger Menschen aus benachteiligten Verhältnissen;

-Sicherstellung, dass die im Rahmen einer europäischen Jugendinitiative im Solidaritätsbereich angebotenen Einsätze und Aktivitäten auf nicht befriedigte gesellschaftliche Bedürfnisse eingehen, gemeinsamen Qualitätsstandards entsprechen und im Hinblick auf den Erwerb und die grenzüberschreitende Validierung von Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen gemeinsamen Grundsätzen folgen.

Bei der Ex-ante-Bewertung wurden zwei Optionen geprüft: 1) weitere Umsetzung des Europäischen Solidaritätskorps mittels verschiedener bestehender Programme wie in der ersten Phase (seit Dezember 2016), in der acht Programme 1 mit ihrem jeweiligen Rechtsrahmen, ihren Zielsetzungen und ihrem Haushalt zur Finanzierung solidarischer Tätigkeiten herangezogen wurden; 2) Entwicklung einer neuen, eigenständigen Initiative mit stärkerer Ausrichtung auf Solidarität, die auf den im Rahmen bestehender Programme gesammelten Erfahrungen aufbauen könnte, dabei jedoch klare eigene Ziele hätte, und deren Zweck und Umfang klarer gefasst wären.

Die Möglichkeit, die Rechtsgrundlage eines bestehenden Programms zu nutzen, wurde verworfen, da dies zu einem Programm mit komplexen, sich überschneidenden Zielen geführt hätte und die Solidaritätsmaßnahmen aufgrund des umfassenderen Kontexts nur eingeschränkt wahrgenommen worden wären. Darüber hinaus hätte ein solcher Ansatz dazu geführt, dass sich Interessenträger vom anderen Programm abgewendet hätten.

Daher wurden zwei Optionen ermittelt, analysiert und nach den folgenden Kriterien, die auf Vorschläge von Interessenträgern aus der Konsultation zurückgehen, verglichen:

-Zugänglichkeit (Sichtbarkeit und Klarheit für Organisationen, junge Menschen und andere Interessenträger hinsichtlich der Teilnahmebedingungen und des Zugangs zu Finanzmitteln für solidarische Tätigkeiten);

-Qualität (Verfahren und Kriterien zur Gewährleistung der Qualität und Sicherheit der Einsätze);

-Inklusion (Maßnahmen, um die Teilhabe junger Menschen aus benachteiligten Verhältnissen sicherzustellen);

-Synergie (Einbeziehung von im Solidaritätsbereich tätigen Organisationen, unabhängig davon, ob sie auf lokaler, regionaler, nationaler oder europäischer Ebene tätig sind, zwecks Erzielung von Synergieeffekten);

-effiziente und einfache Verwaltungsmodalitäten und niedrige Verwaltungskosten.

Im Konsultationsverfahren begrüßten die Interessenträger die neuen Möglichkeiten, die eine eigenständige Initiative mit neuen Mitteln bietet, wenn für Komplementarität mit anderen Programmen der EU und auf nationaler Ebene gesorgt ist. Die auf den verschiedenen Kriterien beruhende Analyse ergab, dass sich mit Option 2 (Entwicklung einer neuen, eigenständigen Initiative mit stärkerer Ausrichtung auf Solidarität) die besten Ergebnisse im Hinblick auf alle angelegten Kriterien erzielen lassen; dieser Option wurde daher der Vorzug gegeben. Diese Option ermöglicht einen klaren und einheitlichen Zugang für Organisationen und junge Menschen und verschafft den Solidaritätsmaßnahmen mehr Aufmerksamkeit. Eine spezifische Inklusionsstrategie ermöglicht einen stärker inklusionsorientierten Ansatz. Die allgemeine Qualität der Einsätze und die Vorbereitung der teilnehmenden jungen Menschen wird durch eine Reihe von Qualitätssicherungsverfahren und -kriterien sichergestellt (Qualitätssiegel für Organisationen, Schulungen, Versicherungen usw.). Die Bündelung der Aktivitäten in einem gemeinsamen Rahmen erzeugt neue Synergieeffekte und sorgt dafür, dass sie besser wahrgenommen werden; zugleich wird die Vernetzung von Menschen und Organisationen gefördert, die sich für mehr Solidarität einsetzen. Aufgrund der geringeren Verwaltungskosten und der größeren Wirkung ist die zweite Option auch kostenwirksamer.

Für die bevorzugte Option wurden verschiedene Durchführungsmechanismen in Betracht gezogen: direkte Verwaltung, indirekte Verwaltung oder eine Kombination aus beidem. Die Analyse ergab, dass die letztgenannte Kombination aus direkter und indirekter Verwaltung am besten geeignet wäre, um das angestrebte Ziel, bis 2020 100 000 junge Menschen zu mobilisieren, möglichst kostenwirksam zu erreichen. In der Ex-ante-Bewertung wird unterstrichen, dass ausreichende, kontinuierlich bereitgestellte Mittel für die Erreichung der angestrebten Ziele entscheidend sind. Für den Zeitraum 2018-2020 wird eine Mittelausstattung von insgesamt 341,5 Mio. EUR benötigt; dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Finanzausstattung für das Solidaritätskorps aus der Teilrubrik 1a in Höhe von 294,2 Mio. EUR und Beiträgen aus anderen Rubriken und Programmen in Höhe von 47,3 Mio. EUR.

In der Ex-ante-Bewertung werden auch die positiven Auswirkungen der bevorzugten Option auf die Gesellschaft hervorgehoben; dies gilt sowohl für die individuelle Ebene (u. a. Verbesserung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen für die persönliche und berufliche Entwicklung, Stärkung der solidarischen Einstellung und des Bürgersinns für die soziale und staatsbürgerliche Entwicklung) als auch für die Gesellschaft insgesamt (u. a. Eingehen auf Bedürfnisse von Gemeinschaften mit positiven Auswirkungen auf Gemeinwohl und Wohlstand; verstärkte Unterstützung von Organisationen, die sich für Solidarität einsetzen mit positiver Wirkung auf deren Engagement und die Chancen junger Menschen; Beiträge zu anderen politischen Zielen, z. B. Teilhabe der Jugend, Katastrophenschutz, soziale Inklusion, Zusammenhalt, regionale Entwicklung, Umweltschutz; Verbesserung des Bildes der Jugend in einigen nationalen Medien).

Außerdem besteht eine enge Verbindung zwischen der Förderung der Teilhabe junger Menschen und des Sozialkapitals und dem Wirtschaftswachstum. Bessere Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen können sich positiv auf die Beschäftigungssituation und das makroökonomische Wachstum auswirken. Aufgrund des verhältnismäßig kleinen Umfangs der vorgeschlagenen Maßnahmen und ihrer auf ganz Europa verteilten, nicht auf bestimmte Mitgliedstaaten oder Sektoren konzentrierten Wirkung konnte die reale Wirkung auf gesamtwirtschaftlicher Ebene nicht gemessen werden. Entsprechend wurde es auch nicht als sinnvoll erachtet, eine eingehende Analyse der Auswirkungen auf die Umwelt durchzuführen.

Umwelt- und Klimaschutz zählen zu den Bereichen, in denen verschiedene solidarische Tätigkeiten einen konkreten, positiven und in der Gesellschaft spürbaren Beitrag leisten können, und zwar nicht nur unmittelbar (z. B. sauberere Wälder), sondern auch indirekt durch verstärkte Sensibilisierung und Mobilisierung für Umweltbelange. Ungeachtet dieser positiven Wirkung wird das Europäische Solidaritätskorps – ähnlich wie andere Mobilitätsprogramme – im Prinzip eine höhere Verkehrsnachfrage zur Folge haben, wodurch wiederum mehr Treibhausgase freigesetzt werden könnten. Angesicht der Gesamtmobilitätsströme in Europa wurde diese Wirkung jedoch als vernachlässigbar eingestuft.

In der Ex-ante-Bewertung wird betont, dass zwischen den vielen gesellschaftlichen Bedürfnissen, mit denen die EU-Mitgliedstaaten konfrontiert sind, bekanntermaßen enge Verknüpfungen und Übertragungseffekte bestehen. In einigen Bereichen mit ungedecktem Bedarf, z. B. im Umweltschutz, ist die EU mit Maßnahmen präsent, während für andere solcher Bereiche, beispielsweise Sozialschutz und Bildung, primär die Mitgliedstaaten zuständig sind. Für beide gilt jedoch, dass die EU eine wichtige Rolle spielen kann, da die Tätigkeiten des Europäischen Solidaritätskorps darauf abzielen, die Solidarität zwischen den Europäerinnen und Europäern zu stärken. Das Europäische Solidaritätskorps wird die europäische Dimension der Solidarität ausbauen, vorhandene Strategien, Programme und Maßnahmen ergänzen, jedoch keine Wettbewerbs- oder Substitutionseffekte zur Folge haben. Diese ergänzende Wirkung wird sich insbesondere durch die Ausrichtung des Europäischen Solidaritätskorps auf nicht befriedigte gesellschaftliche Bedürfnisse entfalten.

(1)  Programm Erasmus+, Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI), LIFE-Programm, Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, Gesundheitsprogramm, Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (über Interreg) und Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.