EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 3.2.2017
SWD(2017) 38 final
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN
Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik
Länderbericht - DEUTSCHLAND
Begleitunterlage zur
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik: Gemeinsame Herausforderungen und Anstrengungen für bessere Ergebnisse
{COM(2017) 63 final}
{SWD(2017) 33 - 37 final}
{SWD(2017) 39 - 60 final}
Dieser Bericht wurde von den Bediensteten der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission verfasst. Kommentare sind willkommen und können an die folgende E-Mail-Adresse gesendet werden:
ENV-EIR@ec.europa.eu
Weitere Informationen über die Europäische Union sind im Internet verfügbar (
http://europa.eu
).
Bilder: S. 12 – ©LIFE06 ENV/D/000485/Mario Manthey; S 12 – ©Michael Luhrenberg/iStock; S. 17 – ©HyKoe/iStock; S. 25 – ©ungorf/iStock
Die Erlaubnis für eine Vervielfältigung oder Nutzung dieser Bilder muss direkt beim Inhaber der Urheberrechte eingeholt werden.
©Europäische Union, 2017
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
Inhalt
Zusammenfassung
Teil I: Themengebiete
1.Die EU auf dem Weg zu einer umweltfreundlichen, ressourcenschonenden, emissionsarmen und gleichzeitig wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft
Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und Verbesserung der Ressourceneffizienz
Abfallbewirtschaftung
2.Schutz, Erhaltung und Verbesserung des Naturkapitals
Natur und Biodiversität
Schätzung des Naturkapitals
Grüne Infrastruktur
Bodenschutz
Schutz der Meere
3.Sicherung der Gesundheit und der Lebensqualität der Bürger
Luftqualität
Wasserqualität und Wasserbewirtschaftung
Verbesserung der Nachhaltigkeit von Städten
Internationale Abkommen
Teil II: Geeignete Rahmenbedingungen: Umsetzungsinstrumente
4.Marktwirtschaftliche Instrumente und Investitionen
Umweltsteuern und umweltschädlich wirkende Subventionen
Umweltorientierte Auftragsvergabe
Investitionen: Beitrag der EU-Finanzmittel
5. Erfolgreiche Governance und Wissen
Erfolgreiche Governance bei zentralen, regionalen und lokalen Regierungen
Gewährleistung der Einhaltung
Bürgerbeteiligung und Zugang zur Justiz
Zugang zu Informationen, Wissen und Fakten
Zusammenfassung
Zur Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik
Im Mai 2016 hat die Kommission die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik (Environmental Implementation Review, EIR) eingeführt, einen zweijährigen Zyklus der Analyse, des Dialogs und der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Umsetzung der Umweltpolitik und -gesetzgebung der EU
. In einem ersten Schritt hat die Kommission 28 Berichte erstellt, in denen die wichtigsten Herausforderungen und Möglichkeiten im Hinblick auf die Umsetzung der Umweltpolitik für jeden Mitgliedstaat beschrieben werden. Diese Berichte sollen eine positive Debatte anregen, bei der sowohl die gemeinsamen Umweltherausforderungen für die EU als auch die effektivsten Wege zur Schließung der entscheidenden Umsetzungslücken diskutiert werden. Die Berichte basieren auf den detaillierten sektoralen Umsetzungsberichten, die die Kommission im Rahmen der Umweltgesetzgebung erhalten oder erstellt hat, sowie auf dem Bericht über den Zustand der Umwelt 2015 und anderen Berichten der Europäischen Umweltagentur. Die spezifischen Instrumente zur Sicherstellung der Einhaltung der rechtlichen Verpflichtungen der EU werden durch diese Berichte nicht ersetzt.
Die Berichte folgen grob den Vorgaben des siebten Umweltaktionsprogramms
und verweisen auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die darin festgelegten Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs)
, soweit sie die bestehenden Verpflichtungen und politischen Zielsetzungen der EU-Umweltgesetzgebung widerspiegeln
.
Die wichtigsten Herausforderungen wurden unter Berücksichtigung von Faktoren wie Dringlichkeit oder Bedeutung des umzusetzenden Umweltthemas im Hinblick auf den Einfluss auf die Lebensqualität der Bürger, die Entfernung zum Ziel und die finanziellen Folgen ausgewählt.
Die Berichte begleiten die Mitteilung „Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik 2016: Gemeinsame Herausforderungen und Anstrengungen für bessere Ergebnisse“, in der die Herausforderungen dargestellt werden, denen mehrere Mitgliedstaaten gemeinsam gegenüberstehen, und die vorläufige Schlussfolgerungen in Bezug auf mögliche Grundursachen für Umsetzungslücken sowie Vorschläge für gemeinsame Maßnahmen zum Erreichen besserer Ergebnisse beinhaltet. Im Anhang dazu werden auch die in jedem Länderbericht vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Umsetzung auf nationaler Ebene genannt.
Allgemeines Profil
Deutschland verfügt über eine starke Umweltpolitik und Umweltgesetzgebung. Insgesamt ist die Umsetzung der EU-Umweltgesetzgebung gut und die Regierung verfolgt eine proaktive Strategie bei der Entwicklung einer umfassenden Umweltpolitik auf nationaler Ebene. Die Entwicklung zu einer Kreislaufwirtschaft ist gekennzeichnet durch hohe Recyclingquoten, keine Abfalldeponierung, eine große Nachfrage nach deutschen Technologien und durch gute öko-innovative Leistungen.
Die folgenden Schlüsselprioritäten wurden unter Berücksichtigung von Faktoren wie Dringlichkeit oder Bedeutung des Problems bei der Umsetzung eines Umweltthemas im Hinblick auf den Einfluss auf die Lebensqualität der Bürger, die Entfernung zum Ziel und die finanziellen Folgen des Problems ausgewählt.
Die wichtigsten Herausforderungen
Die drei wichtigsten Herausforderungen im Hinblick auf die Umsetzung der Umweltpolitik und gesetze der EU in Deutschland sind:
Verbesserung der Luftqualität (NOx, PM10), um einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität der Bürger zu leisten.
Bekämpfung der Wasserverschmutzung, besonders durch Nitrate, um die Grundwasserqualität und die Wasserqualität in Nord- und Ostsee zu verbessern.
Vollendung der Ausweisung besonderer Erhaltungsgebiete und Einführung klar definierter Erhaltungsziele und maßnahmen für die Gebiete sowie Bereitstellung angemessener Mittel.
Die besten Gelegenheiten
Deutschland könnte in den Bereichen besser abschneiden, in denen bereits eine gute Wissensbasis besteht und bewährte Verfahren angewandt werden. Insbesondere könnte Deutschland:
weitere Schritte zur Reduzierung umweltschädlich wirkender Subventionen unternehmen.
die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ländern verbessern, um die Ziele in Bezug auf die Meeresumwelt schneller erreichen zu können.
Spitzenleistungen
In Bereichen, in denen Deutschland führend bei der Umsetzung der Umweltpolitik ist, könnten innovative Ansätze noch mehr mit anderen Ländern geteilt werden. Gute Beispiele hierfür sind:
eine hohe Recyclingquote von Siedlungsabfällen, keine Deponierung
ein moderner Ansatz in Bezug auf grüne Infrastruktur, mit einem nationalen Konzept für grüne Infrastruktur (geplant), einem bundesweiten Programm für ein blaues ökologisches Netzwerk (geplant) und dem Projekt zum Umbau des Emschertals als Beispiele
Die Nachhaltigkeitsstrategie mit dem Ziel, die Flächeninanspruchnahme bis 2020 auf 30 ha/Tag zu begrenzen.
Teil I: Themengebiete
1.Die EU auf dem Weg zu einer umweltfreundlichen, ressourcenschonenden, emissionsarmen und gleichzeitig wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft
Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft und Verbesserung der Ressourceneffizienz
Im Rahmen des Maßnahmenpakets zur Kreislaufwirtschaft von 2015 wird die Notwendigkeit betont, die Wirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, mit einer Kaskadennutzung von Ressourcen und einer weitestgehenden Minimierung der Restabfälle. Erleichtert werden kann dies durch die Entwicklung von und den Zugang zu innovativen Finanzinstrumenten und durch die Bereitstellung von Mitteln für Öko-Innovation.
Im achten Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG 8) werden die Staaten dazu aufgefordert, ein nachhaltiges, integratives und umweltfreundliches Wirtschaftswachstum sowie menschenwürdige Arbeit für Alle zu fördern. In SDG 9 wird die Notwendigkeit betont, eine belastbare Infrastruktur zu schaffen, eine integrative und nachhaltige Industrialisierung zu fördern und Innovationen zu unterstützen. In SDG 12 werden die Staaten aufgefordert, bis zum Jahr 2030 eine nachhaltige Bewirtschaftung und eine effiziente Nutzung der natürlichen Rohstoffe zu erreichen.
Maßnahmen zur Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft
Durch den Wandel von der Linearwirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft bietet sich die Gelegenheit, unsere Wirtschaftssysteme neu zu erfinden und sie nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen. Es entstehen neue Anreize für Investitionen, wodurch Wirtschaft, Umwelt und Bürger gleichermaßen kurzfristig und langfristig profitieren werden
.
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft taucht immer häufiger in Deutschlands politischen Programmen und Zielen auf. Bereits 2002 hat die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel verankert, die deutsche Ressourcenproduktivität (die Effizienz, mit der die Wirtschaft Materialien zum Generieren von Wohlstand benutzt) bis 2020 im Vergleich zu 1994 zu verdoppeln.
2012 hat Deutschland das Programm ProgRess
auf den Weg gebracht, um die Ressourceneffizienz zu fördern. Es enthält Leitlinien und konkrete Maßnahmen im Hinblick auf das Ziel, das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln. Die „Nationale Plattform Ressourceneffizienz“ (NaRess), die sowohl aus Vertretern der Wirtschaft als auch von Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden und Gewerkschaften besteht, soll für eine koordinierte Umsetzung sorgen. Informationen, die vor allem für KMU von Bedeutung sind, werden vom VDI Zentrum für Ressourceneffizienz (VDI ZRE) zur Verfügung gestellt, einem Fachzentrum des Vereins Deutscher Ingenieure, das im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) arbeitet. Im März 2016 hat die Bundesregierung das Nachfolgeprogramm ProgRess II (2016-2019) beschlossen, das insgesamt 123 verschiedene Maßnahmen zur Ressourceneffizienz enthält und entscheidend zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft beitragen soll. Die Politikbereiche Abfall und Kreislaufwirtschaft bleiben weiterhin im Mittelpunkt, es werden in ProgRess II aber auch die Aspekte „Nachhaltiges Bauen und nachhaltige Stadtentwicklung“ und „Ressourceneffiziente Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)“ aufgegriffen. Dieser Ansatz zur Ressourceneffizienz auf Bundesebene wird durch zusätzliche Programme, Maßnahmen und Aktionen auf regionaler Ebene unterstützt.
Es ist zu erwarten, dass sich die deutsche Umwelttechnikbranche in den nächsten Jahren weiterhin dynamisch entwickeln wird, und der Markt für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz wird auf ein Volumen von 344 Mrd. EUR geschätzt, wovon 48 Mrd. EUR auf Materialeffizienz und 17 Mrd. EUR auf Abfallbewirtschaftung und Recycling entfallen. Bis 2025 wird sich das Volumen des heimischen Marktes der Umwelttechnik auf voraussichtlich 740 Mrd. EUR erhöhen. Für diesen Zeitraum wird eine jahresdurchschnittliche Wachstumsrate von 6,6 % für die Umwelttechnik- und Ressourceneffizienz-Branche erwartet
.
Weltweit besteht eine große Nachfrage nach deutscher Technik und deutschem Know-how. Beispielsweise haben deutsche Unternehmen einen Anteil von 64 % am Weltmarkt bei Technologien für die automatische Trennung von Materialien wie beispielsweise die Identifizierung und Trennung verschiedener Kunststoffe im Abfall mithilfe von optischen Geräten und Sensoren. Bis 2020 wird eine jährliche Wachstumsrate von 15 % in der Abfallsortierungstechnik erwartet, während der Abfallmarkt um mindestens 3 % im Jahr wachsen soll
.
Die Zahl der Beschäftigten im Sektor Umweltgüter und dienstleistungen
ist seit 2007 um 101 680 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) auf 490 558 VZÄ 2012 gestiegen
.
Im Hinblick auf die Ressourcenproduktivität
(die Effizienz, mit der die Wirtschaft Materialien zum Generieren von Wohlstand nutzt) liegt Deutschland aufgrund seiner exportorientierten Wirtschaft mit 2,17 EUR/kg im Jahr 2014 im Mittelfeld unter den Mitgliedstaaten (EU-Durchschnitt: 2,09 EUR/kg). Abbildung 1 zeigt den bescheidenen, aber stabilen Anstieg der Ressourcenproduktivität seit 2003.
Abbildung 1: Ressourcenproduktivität 2003-2015
|
|
KMU und Ressourceneffizienz
Das Flash-426-Eurobarometer „SMEs, resource efficiency and green markets“ zeigt: 54 % der deutschen KMU investieren bis zu 5 % ihres Jahresumsatzes in ihre Maßnahmen zur Ressourceneffizienz (EU-28-Durchschnitt: 50 %), 31 % von ihnen bieten derzeit grüne Produkte und Dienstleistungen an (EU-28-Durchschnitt: 26 %), 62 % haben Energiesparmaßnahmen getroffen (EU-28-Durchschnitt: 59 %), 42 % haben Maßnahmen zur Abfallminimierung getroffen (EU-28-Durchschnitt: 60 %), 32 % haben Wassersparmaßnahmen getroffen (EU-28-Durchschnitt: 44 %) und 45 % haben Maßnahmen zur Materialeinsparung getroffen (EU-28-Durchschnitt: 54 %). Im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft haben 38 % Recyclingmaßnahmen getroffen, indem sie Material oder Abfall innerhalb des Unternehmens wiederverwenden (EU-28-Durchschnitt: 40 %), 12 % haben Produkte entwickelt, die leichter instand zu halten, zu reparieren oder wiederzuverwenden sind (EU-28-Durchschnitt: 22 %), und 22 % konnten ihre Altstoffe an andere Unternehmen verkaufen (EU-28-Durchschnitt: 25 %).
Laut Flash-426-Eurobarometer konnten durch die Maßnahmen zur Ressourceneffizienz die Produktionskosten bei 45 % der deutschen KMU gesenkt werden (EU-28-Durchschnitt: 42 %).
Das Flash-426-Eurobarometer „SMEs, resource efficiency and green markets“ zeigt, dass 27 % der KMU in Deutschland einen oder mehrere Vollzeitmitarbeiter beschäftigen, die zumindest teilweise in einem grünen Job arbeiten (EU-28-Durchschnitt: 35 %). Der Durchschnitt in Deutschland liegt bei 2,0 Vollzeitangestellten mit grünen Arbeitsplätzen pro KMU (EU-28-Durchschnitt: 1,7 %)
.
Nach einer aktuellen Studie
sind auf allen Ebenen noch neue politische Instrumente erforderlich, die über die bereits existierenden rechtlichen Instrumente im Bereich der Abfallwirtschaft hinausgehen. Dabei könnte es sich zum Beispiel um recyclingfähiges Produktdesign handeln oder die Unterstützung von Geschäftsmodellen, die zur Abfallvermeidung beitragen. Der rechtliche Rahmen muss gestrafft werden, da die Kreislaufwirtschaftspolitik nicht einheitlich ist, was an den zu vielen nebeneinander existierenden Modellen liegt, die nach dem klassischen linearen System konzipiert wurden, zum Beispiel in Bezug auf den Transport von Bau- und Abrissabfällen, die als Ressourcen wiederverwendet werden sollen. Unklare und sich überschneidende Zuständigkeiten auf den verschiedenen föderalen Ebenen und bei den Ministerien stellen in diesem Zusammenhang eine weitere Barriere dar. Dazu gehört auch die Frage nach den Beziehungen und der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Kommunen und den privaten Abfallunternehmen, die nicht langfristig im Hinblick auf die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft organisiert sind, sondern kurzfristig im Hinblick auf Marktanteile und Wettbewerb.
Öko-Innovation
Abbildung 2: Öko-Innovations-Index 2015 (EU=100)
|
|
Nach dem Öko-Innovations-Scoreboard 2014-15 hat Deutschland die viertbeste Leistung bei den Öko-Innovationen erzielt.
In Deutschland gibt es 1200 Organisationen, die für EMAS registriert sind
, damit steht Deutschland in Bezug auf EMAS in der EU an erster Stelle. 30 % aller Registrierungen (3921) kommen aus Deutschland.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Weitere Stärkung des bestehenden Politikrahmens für die Kreislaufwirtschaft.
Abfallbewirtschaftung
Für die Umwandlung von Abfall in eine Ressource ist Folgendes notwendig:
die vollständige Umsetzung der EU-Abfallgesetzgebung, die eine Abfallhierarchie beinhaltet; eine zuverlässige Mülltrennung; die Ziele zur Deponierung von Abfällen usw.
die Reduzierung der Abfallerzeugung pro Kopf und insgesamt
eine Beschränkung der Energierückgewinnung auf nicht wiederverwendbare Materialien und schrittweise Einstellung der Deponierung von wiederverwendbarem oder rückgewinnbarem Abfall.
In SDG 12 werden die Staaten dazu aufgefordert, die Abfallerzeugung durch Vermeidung, Reduzierung, Recycling und Wiederverwendung bis 2030 erheblich zu verringern.
Der Ansatz der EU in Bezug auf die Abfallbewirtschaftung basiert auf einer „Abfallhierarchie“, die eine Prioritätenfolge bei der Gestaltung der Abfallpolitik und für die Abfallbewirtschaftung auf betrieblicher Ebene festlegt: Vermeidung, (Vorbereitung zur) Wiederverwendung, Recycling, Verwertung und – als schlechteste Option – Beseitigung (mit Deponierung und Verbrennung ohne energetische Verwertung).
Der Stand der Entwicklung auf dem Weg zum Erreichen der Recycling-Ziele und die Annahme geeigneter WMP/WPP
sollten die entscheidenden Punkte bei der Bewertung der Leistungen der Mitgliedstaaten sein. Der Schwerpunkt in diesem Abschnitt liegt auf der Bewirtschaftung von Siedlungsabfällen, für die in der EU-Gesetzgebung verpflichtende Recycling-Ziele vorgesehen sind.
Die Erzeugung von Siedlungsabfällen
ist in den letzten drei Jahren in Deutschland praktisch auf dem gleichen Niveau geblieben (618 kg pro Jahr und Einwohner 2014, dem letzten Jahr, für das Daten zur Verfügung stehen). Die Zahl ist zwischen 2008 und 2010 leicht gestiegen und 2011 und 2012 stabil geblieben, auf einem Niveau über dem EU-Durchschnitt
(474 kg pro Jahr und Einwohner), wie in Abbildung 3 zu sehen ist.
Abbildung 3 zeigt die Siedlungsabfälle nach Art der Behandlung in Deutschland in kg pro Kopf, woraus abzulesen ist, dass Recycling die meistgenutzte Behandlungsoption darstellt und dass Recycling, Kompostierung und Deponierung in den letzten Jahren praktisch auf dem gleichen Niveau geblieben sind.
Abbildung 3: Behandlung von Siedlungsabfällen in Deutschland 2007-2014
|
|
Deutschland gehört im Hinblick auf die Abfallbewirtschaftung zur Spitzengruppe innerhalb der EU, mit einer hohen Recyclingquote bei festen Siedlungsabfällen (64 %) und einer sehr niedrigen Deponierungsquote (0,3 %). Die Verbrennungsquote (mit energetischer Verwertung) liegt bei 35 %.
Aus Abbildung 4 wird ersichtlich, dass Deutschland bereits alle EU-Recycling-Ziele bis 2020
erfüllt und deutlich über dem EU-Durchschnitt (44 %) liegt.
Abbildung 4: Recyclingquote von Siedlungsabfällen 2007-2014
|
|
Um die vorgeschlagenen Ziele zu erreichen (65 % Recycling der Siedlungsabfälle und zwischen 55 % und 85 % der Verpackungsabfälle bis 2030) (COM(2015)595, 594) und um die Abfallhierarchie vollständig umzusetzen, sollten weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Recyclingquoten zu steigern und die Energierückgewinnung durch recycelbare Abfälle zu verringern. 2005 wurden Maßnahmen getroffen, um die Deponierung von Abfällen mit hohem Heizwert zu verbieten. Für verschiedene Abfallströme kommen Systeme zur erweiterten Herstellerverantwortung zur Anwendung.
Es gibt bereits Anreizsysteme zur Förderung der Abfallvermeidung und der Teilnahme an Mülltrennungssystemen (verursacherbezogene Gebührensysteme (Pay-as-you-throw-Systeme, PAYT-Systeme)), die jedoch nicht das ganze Land abdecken. Dort, wo sie angewandt werden, sind sie sehr effizient.
In Deutschland gibt es 16 regionale Abfallbewirtschaftungspläne, von denen zwei überholt sind und derzeit überarbeitet werden.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Einführung neuer ökonomischer Instrumente zur weiteren Realisierung der Abfallhierarchie, also Förderung von Abfallvermeidung, Erhöhung der Attraktivität von Recycling und Wiederverwendung und Verlagerung von wiederverwendbaren und recycelbaren Abfällen weg von der Verbrennung.
Die Kostenwirksamkeit der bestehenden Systeme zur erweiterten Herstellerverantwortung sollten weiter analysiert und gegebenenfalls verbessert werden.
Vervollständigung der fehlenden Abfallbewirtschaftungspläne zur Abdeckung des gesamten Territoriums.
2.Schutz, Erhaltung und Verbesserung des Naturkapitals
Natur und Biodiversität
Die Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 hat zum Ziel, dem Verlust der Biodiversität und der Verschlechterung der Ökosysteme und Ökosystemleistungen bis 2020 Einhalt zu gebieten und diese, soweit machbar, wieder herzustellen sowie die Bemühungen im Kampf gegen den weltweiten Verlust an biologischer Vielfalt zu verstärken. Die Vogelschutz- und die Habitatrichtlinie der EU haben das Ziel, den Erhaltungsstatus bei den geschützten Arten und Lebensräumen zu verbessern.
In SDG 14 wird von den Staaten verlangt, die Ozeane, Meere und Meeresschätze zu erhalten und nachhaltig zu nutzen, während in SDG 15 gefordert wird, dass die Staaten die Land-Ökosysteme schützen und wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, die Wälder nachhaltig bewirtschaften, die Wüstenbildung bekämpfen und die Landverödung aufhalten und rückgängig machen sowie dem Verlust der Biodiversität Einhalt gebieten.
Die EU-Habitatrichtlinie von 1992 und die Vogelschutzrichtlinie von 1979 sind Eckpfeiler der europäischen Gesetzgebung in Bezug auf die Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt in der EU. Natura 2000, das größte koordinierte Netzwerk von Naturschutzgebieten der Welt, ist das entscheidende Instrument, mit dem die Ziele der Richtlinien erreicht und umgesetzt werden können, um langfristig den Schutz, die Erhaltung und das Überleben der wertvollsten und gefährdetsten Arten und Lebensräume Europas und der zugehörigen Ökosysteme sicherzustellen.
Die Ausweisung von Schutzgebieten als besondere Erhaltungsgebiete (Special Areas of Conservation, SAC) nach der Habitatrichtlinie und als besondere Schutzgebiete (Special Protection Areas, SPA) nach der Vogelschutzrichtlinie stellt einen Schlüsselfaktor im Hinblick auf das Erreichen der Ziele der Richtlinien dar. Die Ergebnisse nach Artikel 17 der Habitatrichtlinie und die Berichte gemäß Artikel 12 der Vogelschutzrichtlinie sowie der Fortschritt in Richtung einer angemessenen Anzahl von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB), Ausweisung von SPA und SAC
sowohl an Land als auch auf See sollten als wichtigste Maßstäbe bei der Beurteilung der Mitgliedstaaten dienen.
Anfang 2016 waren 15,4 % des deutschen Staatsgebiets Natura-2000-Gebiete (EU-Durchschnitt: 18,1 %), wobei besondere Schutzgebiete (SPA) gemäß der Vogelschutzlinie einen Anteil von 11,3 % (EU-Durchschnitt: 12,3 %) und Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) gemäß der Habitatrichtlinie einen Anteil von 9,4 % (EU-Durchschnitt: 13,8 %) an der Landesfläche hatten.
Die jüngste Bewertung des Natura-2000-Netzwerks zeigt, dass es geringfügige Unzulänglichkeiten bei der Ausweisung von GGB für den Landbereich des Netzwerks in manchen Bundesländern
gibt, wie Abbildung 5 zeigt.
Abbildung 5: Hinlänglichkeitsanalyse für GGB-Netzwerke in Deutschland auf Grundlage der Situation bis Dezember 2013 (%)
|
|
Bis Ende 2015 hat Deutschland 71,9 % der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als besondere Erhaltungsgebiete (SAC) gemäß Artikel 4 Absatz 4 der Habitatrichtlinie ausgewiesen und Erhaltungsziele sowie Verwaltungsmaßnahmen festgelegt, um einen guten Erhaltungszustand gemäß Artikel 6 Absatz 1 bei 55,1 % der SAC zu erreichen oder aufrechtzuerhalten. Diese Mängel sind nun Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens.
Der Naturschutz fällt in Deutschland unter die Zuständigkeit der 16 Länder, für die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) ist der Bund zuständig.
Laut dem jüngsten Bericht über den Erhaltungszustand der nach der Habitatrichtlinie zu schützenden Lebensräume und Arten
fielen 2013 28 % der biogeografischen Bewertungen der Lebensräume günstig aus (EU-27: 16 %) Andererseits wurden 39 % als ungünstig–unzureichend
(EU-27: 47 %) und 31 % als ungünstig–schlecht (EU-27: 30 %) beurteilt. Bei den Arten fielen 2013 25 % der Bewertungen günstig aus (EU-27: 23 %), während 31 % als ungünstig–unzureichend (EU-27: 42 %) und 29% als ungünstig–schlecht (EU-27: 18 %) beurteilt wurden. Dies wird in Abbildung 6 dargestellt
. Außerdem ließen 27 % der ungünstigen Bewertungen bei den Arten und 29,7 % bei den Lebensräumen 2013 eine positive Entwicklung erkennen.
Die größten Belastungen werden durch die Landwirtschaft im Zusammenhang mit den Veränderungen der landwirtschaftlichen Praktiken und mit der Intensivierung verursacht. Der Landwirtschaftssektor profitiert von verschiedenen Ausnahmen von vielen Naturschutzvorschriften.
Abbildung 6: Erhaltungszustand der Lebensräume und Arten in Deutschland 2007/2013 (%)
|
|
Laut dem offiziellen Bericht, den Deutschland gemäß Artikel 12 der Vogelschutzrichtlinie
eingereicht hat, weisen 54 % der brütenden Vogelarten eine zunehmende oder stabile kurzfristige Populationsentwicklung auf (bei den überwinternden Arten liegt der Wert bei 30 %), wie in Abbildung 7 zu sehen ist.
Abbildung 7: Kurzfristige Populationsentwicklung bei brütenden und überwinternden Vogelarten in Deutschland 2012 (%)
|
|
Vorgeschlagene Maßnahmen
Vollendung des Prozesses der Ausweisung von Natura-2000-Gebieten und Einführung von klar definierten Erhaltungszielen und der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen für die Gebiete sowie Bereitstellung von ausreichenden Mitteln für ihre Umsetzung, um Arten und Lebensräume von gemeinschaftlicher Bedeutung zu erhalten und einen günstigen Erhaltungszustand im gesamten Verbreitungsgebiet zu erreichen.
Entwicklung und Förderung von intelligenten und optimierten Ansätzen, insbesondere im Hinblick auf die Zulassungsverfahren für Gebiete und Arten, um die Verfügbarkeit des notwendigen Wissens und der erforderlichen Daten sicherzustellen sowie die Kommunikation unter den Beteiligten zu verbessern.
Angemessene Antworten auf die Belastungen durch die Landwirtschaft finden und sicherstellen, dass dieser Sektor die Naturschutzgesetze vollständig beachtet.
Schätzung des Naturkapitals
In der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Zustand der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen in ihrem Staatsgebiet bis 2014 zu kartieren und zu bewerten, den wirtschaftlichen Wert dieser Leistungen einzuschätzen und die Einbindung dieser Werte bis 2020 in die Bilanzierungs- und Berichterstattungssysteme auf nationaler und EU-Ebene voranzutreiben.
Erste Bewertungen wurden vorgenommen und geprüft, beispielsweise im Rahmen von „Naturkapital Deutschland – TEEB DE“
, dem deutschen Nachfolgeprojekt zur internationalen TEEB-Studie (TEEB – The Economics of Ecosystems and Biodiversity), in der mit Hilfe von Fallstudien die Wechselwirkungen zwischen Ökosystemleistungen
, dem Mehrwert durch wirtschaftliche Aktivitäten und dem Wohlergehen der Menschen untersucht werden.
Eine Sondierungsstudie für ein nationales Assessment von Ökosystemen und ihren Leistungen in Deutschland (National Ecosystem Assessment, NEA-DE) wurde von einem interdisziplinären Team durchgeführt. Das Innovationsnetzwerk Ökosystemleistungen Deutschland (ESP-DE) ist eine Initiative von Wissenschaftlern zur Entwicklung neuer strategischer Partnerschaften zwischen Forschern und Fachkräften bei der Anwendung des Konzepts der Ökosystemleistungen zugunsten des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen.
Das Bundesumweltministerium hat verschiedene Studien und Forschungsprojekte in diesem Bereich auf den Weg gebracht (Entwicklung bundesweiter Indikatoren, physikalische Kartierung von Ökosystemleistungen, Bewertung kultureller Ökosystemleistungen, Integration von Ökosystemleistungen in die umweltökonomische Gesamtrechnung).
Vorgeschlagene Maßnahmen
Einbeziehung aller Verwaltungsebenen und Fortsetzung der Unterstützung für die Kartierung und Bewertung von Ökosystemen und Ökosystemleistungen sowie Auswertung und Entwicklung von Systemen zur Naturkapitalbilanzierung.
Grüne Infrastruktur
Mit der EU-Strategie zur grünen Infrastruktur
soll die Eingliederung von grüner Infrastruktur in entsprechende Pläne und Programme gefördert werden, um die Fragmentierung von Lebensräumen zu bekämpfen, um die ökologische Vernetzung aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen und um die Belastbarkeit der Ökosysteme zu verbessern und damit die weitere Verfügbarkeit der Ökosystemleistungen sicherzustellen.
Grüne Infrastruktur ist ein natürliches Instrument zur Erwirtschaftung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nutzen. Sie hilft uns, die potenziellen Nutzen der Natur für die menschliche Gesellschaft zu erkennen und Investitionen zu mobilisieren, um dieses Potenzial zu erhalten und aufzuwerten.
Ein Konzept zur nationalen grünen Infrastruktur wird 2017 in Deutschland veröffentlicht. Alle maßgeblichen bundesweiten Strategien, Ziele und Konzepte zur Erhaltung werden in einem Dokument zusammengefasst, um die Einbeziehung der Naturschutzpolitik in alle Aktivitäten des Bundes zu verbessern, zum Beispiel beim Hochwasserschutz, bei der bundesweiten Verkehrsinfrastruktur und bei den Energienetzen.
Zum Nationalen Naturerbe gehören herausragende natürliche und kulturelle Landschaften, für deren Erhaltung Deutschland eine besondere Verantwortung besitzt. Etwa 155 000 ha sollen auf die Länder, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Naturschutzverbände oder Stiftungen übertragen werden, um eine dauerhafte Erhaltung zu sichern.
Im Jahr 2012 hat die Bundesregierung das Bundesprogramm Wiedervernetzung beschlossen, mit dem die durch das deutsche Straßennetz zerschnittene grüne Infrastruktur erhalten und wiederhergestellt werden soll. Ziel des Programms ist die Wiederverbindung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen mit Hauptaugenmerk auf dem bestehenden Straßennetz, aber auch auf neu geplanten Straßen, auf dem Naturschutz und der Landschaftspflege sowie auf integrierter Raumplanung, um die Wiederverbindung des Biotopverbunds zu vereinfachen.
2009 hat Deutschland einen Zustandsbericht über die Flussauen in Deutschland veröffentlicht, in dem der dramatische Rückgang der Auen beschrieben wird. Die Bundesregierung bereitet ein Bundesprogramm Blaues Band Deutschland vor, in dem die Sanierung von Flüssen und Flussauen in Deutschland vorgesehen ist. Das Blaue Band Deutschland wurde von der Initiative Grünes Band Europa inspiriert. Deutschlands Anteil am Grünen Band entlang der früheren Grenze zwischen BRD und DDR gehört zum nationalen Naturerbe und hat sich zu einem wertvollen Biotopverbund entwickelt, der durch das Land verläuft.
Eine wichtige Initiative für die grüne Infrastruktur in städtischen Gebieten wurde im Juni 2015 auf der Konferenz „Grün in der Stadt – Für eine lebenswerte Zukunft“ ins Leben gerufen, bei der ein „Grünbuch“
präsentiert wurde, in dem die Bedeutung und die zahlreichen Funktionen städtischer grüner Infrastruktur dargestellt werden sowie die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven in diesem Zusammenhang genannt werden. Ein „Weißbuch“ mit Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der grünen Infrastruktur in den städtischen Gebieten soll folgen.
Die größten Herausforderungen in der Zukunft werden in der systematischen Integration der grünen Infrastruktur in die Erstellung, Finanzierung und Umsetzung von Entwicklungsplänen liegen, sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten.
Deutschland nimmt eine Spitzenstellung bei der Umsetzung von grünen Infrastrukturlösungen ein, um den Herausforderungen entgegenzutreten, die sich durch stagnierende und schrumpfende Großstadtregionen ergeben. Der Ansatz berücksichtigt das Potenzial, das städtische Grüngebiete haben, um zur Verbesserung der städtischen Umgebung und der Lebensqualität beizutragen und um dem Verfall schrumpfender und verlassener Wohn- und Industriegebiete entgegenzutreten. Das Projekt zum Umbau des Emschertals im Ruhrgebiet ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein ökologischer Umbau ein Treiber für die Erneuerung postindustrieller Landschaften sein kann. Seit über 25 Jahren investieren die Städte und Gemeinden in der Region zusammen mit privaten Unternehmen Milliarden in den Umbau einer Landschaft, die früher im Zentrum der Kohle- und Stahlindustrie lag. Der Schwerpunkt der Sanierungsarbeiten liegt auf dem Fluss Emscher, der jahrzehntelang abgedeckt war und hauptsächlich als Abwasserkanal genutzt wurde. Heute ist der Fluss offen und die Verschmutzung ist dramatisch zurückgegangen. Einige alte Industriegebäude wurden zu Kulturzentren umgebaut, in denen internationale Veranstaltungen stattfinden. Außerdem wurden ein Fernradweg und ein Yachthafen angelegt. Durch den Emscher-Umbau sind tausende von neuen Arbeitsplätzen entstanden, und das Projekt steht im Fokus der wirtschaftlichen und sozialen Erneuerung der gesamten Region
.
Bodenschutz
Die EU-Bodenschutzstrategie betont die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bodennutzung. Dafür muss eine weitere Verschlechterung der Böden verhindert werden, die Funktionen der Böden müssen erhalten werden und geschädigte Böden müssen saniert werden. Der Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa von 2011, der Teil der Strategie Europa 2020 ist, sieht vor, dass bis 2020 bei der Ausarbeitung der verschiedenen EU-Politikbereiche die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Landnutzung in der EU und weltweit berücksichtigt werden und dass dafür gesorgt werden soll, dass die Landnahme so reduziert wird, dass bis 2050 netto kein Land mehr verbraucht wird.
In SDG 15 werden die Staaten dazu aufgefordert, die Wüstenbildung zu bekämpfen und die Verödung von Land und Boden rückgängig zu machen, unter anderem von Land, das von Wüstenbildung, Dürren und Überschwemmungen betroffen ist, sowie sich darum zu bemühen, dass bis 2030 die weltweite Landverödung einen neutralen Zustand erreicht.
Boden ist eine wichtige Ressource für das Leben und für die Wirtschaft. Er liefert entscheidende Ökosystemleistungen wie Nahrung, Fasern und Biomasse für erneuerbare Energie, Bindung von Kohlenstoff, Wasserreinigung und Hochwasserregulierung, Rohstoffe und Baumaterial. Boden ist eine begrenzte und extrem fragile Ressource, die in der EU zunehmend knapper wird. Land, das für die städtebauliche Entwicklung und den Bau für Infrastruktur benutzt wird, wird höchstwahrscheinlich nicht mehr in seinen ursprünglichen Zustand zurückgesetzt werden; hauptsächlich werden dafür landwirtschaftliche Flächen genutzt, wodurch die Fragmentierung der Lebensräume zunimmt. Der Bodenschutz ist ein indirekter Bestandteil bestehender EU-Politikbereiche wie Landwirtschaft, Wasser, Abfall, Chemikalien und Verhinderung industrieller Umweltverschmutzung.
Künstlich angelegte Flächen werden für Siedlungen, Produktionssysteme und Infrastruktur benötigt. Diese Flächen können in bebaute Flächen (Gebäude) und unbebaute Flächen (zum Beispiel lineare Transportnetze und dazugehörige Flächen) unterteilt werden.
Der jährliche Bodenverbrauch (das Wachstum künstlich bebauter Flächen) in Deutschland lag im Zeitraum zwischen 2006 und 2012 gemäß CORINE Land Cover bei 0,21 %, unter dem EU-Durchschnitt von 0,41 %. Das ist gleichbedeutend mit 7224 Hektar im Jahr und ist hauptsächlich auf die Ausbreitung kommerzieller und industrieller Flächen zurückzuführen
. 2009 betrug der Anteil von bebauten Flächen am gesamten Staatsgebiet 5,06 % und lag damit deutlich über dem EU-Durchschnitt (3,23 %)
.
Abbildung 8 zeigt die verschiedenen Bodennutzungstypen in Deutschland im Jahr 2012
Abbildung 8: Bodennutzungstypen in Deutschland 2012
|
|
Im Jahr 2002 wurde in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, die durchschnittliche tägliche Flächeninanspruchnahme von 130 ha zwischen 1997 und 2000 auf 30 Hektar 2020 zu senken. Für den Zeitraum zwischen 2008 und 2012 ist der tägliche Bodenverlust auf 74 Hektar zurückgegangen; 2012 betrug er 69 Hektar.
Die Bodenerosion lag 2010 bei 1,25 Tonnen pro Hektar und Jahr, damit unter dem EU-28-Durchschnitt von 2,46 Tonnen
.
Es existieren noch immer keine EU-weiten Datensätze, mit denen Benchmark-Indikatoren für den Rückgang organischer Stoffe im Boden, für kontaminierte Flächen, für die Belastung der Bodenbiologie und für diffuse Verschmutzung zur Verfügung gestellt werden könnten.
Eine aktualisierte Bestandsaufnahme und Bewertung von politischen Instrumenten zum Bodenschutz in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten wird von der EU-Expertengruppe für Bodenschutz durchgeführt.
Schutz der Meere
In der EU-Gesetzgebung zur Küsten- und Meerespolitik ist festgelegt, dass bis 2020 die Belastungen der Meeresgewässer so reduziert werden, dass ein guter Umweltzustand erreicht oder aufrechterhalten wird, und das Küstengebiete nachhaltig bewirtschaftet werden.
In SDG 14 werden die Staaten aufgefordert, die Ozeane, Meere und Meeresschätze zu erhalten und nachhaltig zu nutzen.
Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
hat das Ziel, dass die Meeresgewässer der EU bis 2020 in einem guten Umweltzustand
sind; dazu beinhaltet sie einen Ökosystem-Ansatz zur Regelung menschlicher Tätigkeiten mit Auswirkungen auf die Meeresumwelt. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, eine Meeresstrategie für ihre Meeresgewässer zu entwickeln und umzusetzen und mit Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, mit denen sie sich eine Meeresregion oder unterregion teilen.
Als Teil ihrer Meeresstrategien mussten die Mitgliedstaaten bis Juli 2012 eine Anfangsbewertung ihrer Meeresgewässer vornehmen, den Umweltzustand bestimmen und Umweltziele festlegen. Außerdem mussten sie bis Juli 2014 Überwachungsprogramme für die laufende Bewertung des Umweltzustands ihrer Meeresgewässer erstellen. Die nächste Stufe der Meeresstrategie bestand in der Erstellung eines Maßnahmenprogramms (2016). Die Kommission bewertet, ob diese Elemente einen geeigneten Rahmen darstellen, um den Anforderungen der Richtlinie zu genügen.
Trotz einer ehrgeizigen Zielsetzung in Bezug auf nicht einheimische Arten (mit dem Ziel, die Einführung neuer nicht einheimischer Arten vollständig zu verhindern) werden die Umweltziele und der gute Umweltzustand nicht für alle Deskriptoren spezifisch und quantifiziert genug beschrieben
. Daher ist es zu früh, um sagen zu können, ob die deutschen Meeresgewässer in einem guten Zustand sind, wenn es bereits unklar ist, was ein „guter Umweltzustand“ überhaupt genau ist.
Deutschland hat im Jahr 2014 ein Überwachungsprogramm für seine Meeresgewässer erstellt. Es sieht jedoch so aus, als ob das Überwachungsprogramm weiter verfeinert und entwickelt werden muss, um einen geeigneten Rahmen für die Überwachung der Entwicklung hin zu einem guten Umweltzustand zu bieten. Für viele Deskriptoren ist ein geeigneter Rahmen durch nationale Überwachungsprogramme erst bis 2018 zu erwarten
.
Deutschlands geschützte Meeresgebiete haben eine Fläche von 25 670 km² (7969,1 km² in der Ostsee und 17 701,2 km² in der Nordsee)
.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Weitere Verbesserung der Definition des guten Umweltzustands, insbesondere für Biodiversitäts-Deskriptoren, unter anderem durch regionale Zusammenarbeit auf Grundlage der jeweiligen regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere.
Schließung von Wissenslücken.
Weiterentwicklung von Ansätzen zur Bewertung (und Quantifizierung) der Auswirkungen durch die wichtigsten Belastungen, um bessere und schlüssigere Bewertungsergebnisse aus den Berichten 2018 zu erhalten.
Fortsetzung der Einbeziehung bestehender Überwachungsprogramme im Rahmen anderer EU-Regelungen und Umsetzung gemeinsamer Überwachungsprogramme, die auf (unter-)regionaler Ebene entwickelt werden, beispielsweise im Rahmen des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR) und der Helsinki-Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (HELCOM).
Fortsetzung und Verbesserung der Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit von Überwachungsmethoden in den Meeresregionen und unterregionen.
Verbesserung der Kohäsion zwischen verschiedenen Ansätzen in den beiden Meeresregionen.
Sicherstellen, dass das gesamte Überwachungsprogramm pünktlich umgesetzt wird und dafür geeignet ist, den Fortschritt hin zu einem guten Umweltzustand zu überwachen.
3.Sicherung der Gesundheit und der Lebensqualität der Bürger
Luftqualität
Abbildung 9: Situation für PM10, NO2 and O3 im Jahr 2014
|
|
Die Politik und Gesetzgebung der EU für saubere Luft verlangt eine signifikante Verbesserung der Luftqualität in der Union, um näher an die von der WHO empfohlenen Niveaus heranzukommen. Die Luftverschmutzung und ihre Auswirkungen auf Ökosysteme und Biodiversität sollten weiter reduziert werden mit dem langfristigen Ziel, die kritischen Belastungsgrenzen nicht mehr zu überschreiten. Es bedarf großer Anstrengungen, um die Vorgaben der EU-Gesetzgebung zur Luftqualität vollständig zu erfüllen und um strategische Ziele und Maßnahmen über 2020 hinaus zu entwickeln.
Die EU hat zahlreiche Rechtsvorschriften zur Luftqualität erlassen
, in denen auf der Gesundheit basierende Standards und Ziele für zahlreiche Luftschadstoffe festgelegt werden. Dazu gehört auch, dass Mitgliedstaaten regelmäßig aktualisierte Informationen über die Konzentrationen verschiedener Luftschadstoffe veröffentlichen müssen. Außerdem sieht die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen vor, dass die Emissionen der wichtigsten Schadstoffe auf nationaler Ebene reduziert werden sollen.
Die Emissionen einiger Luftschadstoffe in Deutschland haben deutlich abgenommen
. Zwischen 1990 und 2014 wurde der Ausstoß von Schwefeloxiden um 93 % reduziert, was bedeutet, dass dieser Schadstoff heute unter den geltenden nationalen Emissionshöchstmengen liegt
. Obwohl Emissionsrückgänge bei Stickstoffoxiden (-58 %), flüchtigen organischen Verbindungen (-69 %) und Ammoniak (-7 %) zu verzeichnen sind, liegen die Emissionsmengen bei diesen Schadstoffen über den geltenden Höchstmengen. Anzumerken ist, dass die Überschreitung der aktuell geltenden Höchstmenge für flüchtige organische Verbindungen größtenteils mit der kürzlich erfolgten Aufnahme flüchtiger organischer Verbindungen aus der Landwirtschaft in die Emissionsverzeichnisse zusammenhängt, während die Überschreitung beim Ammoniak zum Teil auf die Angabe neuer Emissionsquellen zurückzuführen ist, die zum Zeitpunkt der Festlegung der Höchstwerte noch nicht eingeschätzt oder berücksichtigt wurden. Die Überschreitung der geltenden Höchstmenge für Stickstoffoxide ist teilweise auf die Emissionen dieser Schadstoffe von Dieselfahrzeugen zurückzuführen.
Trotz der Reduzierung der Schadstoffemissionen gibt die Luftqualität in Deutschland weiterhin Anlass zur Besorgnis. Für das Jahr 2013 schätzt die Europäische Umweltagentur, dass etwa 73 400 vorzeitige Todesfälle auf Feinstaubbelastung
zurückzuführen waren, 2500 auf die Ozonkonzentration
und mehr als 10 610 auf Konzentrationen von Stickstoffoxid.
Das hängt auch mit den in Abbildung 9
dargestellten Überschreitungen der EU-Standards für Luftqualität zusammen.
Für das Jahr 2014 wurden bei Stickstoffoxid (NO2) in 34 Luftqualitätsgebieten Überschreitungen der EU-Höchstmengen festgestellt. Überschreitungen wurden auch für Feinstaub (PM10) in acht Luftqualitätsgebieten registriert. Außerdem wurden die Zielwerte für Ozon in mehreren Luftqualitätsgebieten nicht erreicht.
Aufgrund der anhaltenden Verletzungen der Vorschriften bezüglich der Luftqualität (bei PM10 und NO2), die erhebliche negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben, leitet die Europäische Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen alle betroffenen Mitgliedstaaten einschließlich Deutschland ein. Ziel ist es, geeignete Maßnahmen einzuführen, um alle Gebiete zur Erfüllung der Vorgaben zu bringen.
Schätzungen zufolge liegen die externen Gesundheitskosten, die aufgrund der Umweltverschmutzung in Deutschland entstehen, bei über 58 Mrd. EUR im Jahr (mit Einkommensanpassung, 2010), wobei nicht nur der grundlegende Wert eines Lebens bei bester Gesundheit berücksichtigt wird, sondern auch direkte Kosten für die Wirtschaft. Diese direkten wirtschaftlichen Kosten beziehen sich auf 27 Millionen verlorene Arbeitstage jedes Jahr aufgrund von Krankheiten im Zusammenhang mit Luftverschmutzung, mit damit verbundenen Kosten in Höhe von 3500 Mio. EUR im Jahr (mit Einkommensanpassung, 2010) für Arbeitgeber, von über 240 – 466 Mio. EUR im Jahr (mit Einkommensanpassung, 2010) für das Gesundheitswesen und von 715 Mio. EUR im Jahr (2010) für die Landwirtschaft (Ernteausfälle).
Vorgeschlagene Maßnahmen
Aufrechterhaltung der rückläufigen Entwicklung von Luftschadstoffen, um eine volle Übereinstimmung mit den derzeit geltenden nationalen Emissionshöchstmengen und Grenzwerten zur Luftqualität zu erreichen, und Verringerung der negativen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft.
Reduzierung der Emissionen von Ammoniak (NH3), um die zulässigen nationalen Emissionshöchstmengen nicht mehr zu überschreiten, beispielsweise durch die Einführung emissionsarmer Landwirtschaftstechniken.
Reduzierung der Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen ohne Methan (NMVOC), um die derzeit geltenden nationalen Höchstmengen einzuhalten (und um Ozonkonzentrationen zu senken).
Reduzierung der Emissionen von Stickstoffoxiden (NOx), um die zulässigen nationalen Emissionshöchstmengen
nicht mehr zu überschreiten, und/oder Reduzierung von Stickstoffdioxid (NO2) (und Ozonkonzentrationen) unter anderem durch die Verringerung transportbezogener Emissionen, insbesondere in städtischen Gebieten.
Reduzierung der Emissionen und Konzentration von PM10 unter anderem durch eine Verringerung der Emissionen im Zusammenhang mit der Erzeugung von Energie und Wärme mit festen Brennstoffen sowie im Zusammenhang mit Transport und Landwirtschaft.
Lärm
Die Umgebungslärmrichtlinie sieht ein gemeinsames Konzept zur Verhinderung, Vorbeugung und Verminderung der schädlichen Auswirkungen von Umgebungslärm vor.
Übermäßige Lärmbelastung ist eine der häufigsten Ursachen für gesundheitliche Probleme
. Um dem Abhilfe zu verschaffen, enthält der Besitzstand der EU mehrere Bestimmungen, darunter die Bewertung der Belastung durch Umgebungslärm mithilfe von Lärmkarten, die Veröffentlichung der Informationen über Umgebungslärm und seine Auswirkungen sowie die Annahme von Aktionsplänen zur Verhinderung und Verminderung von Umgebungslärm, wo dies notwendig ist, und zur Erhaltung der Qualität der akustischen Umgebung, wo diese gut ist.
Es gibt erhebliche Verzögerungen bei der Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie
in Deutschland. Die Erstellung der Lärmkarten für den jüngsten Bericht mit dem Referenzjahr 2011 ist fast abgeschlossen. Aktionspläne zum Umgang mit Lärm wurden im aktuellen Zeitraum jedoch noch nicht für viele Ballungsräume, Flughäfen, Hauptverkehrsstraßen und Hauptbahnlinien gemäß der Richtlinie angenommen. Die Kommission hat sich wegen der fehlenden Aktionspläne an die deutschen Behörden gewandt und verfolgt die Situation weiter.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Vervollständigung der Aktionspläne zum Umgang mit Lärm.
Wasserqualität und Wasserbewirtschaftung
In der EU-Wasser-Politik und -Gesetzgebung wird verlangt, dass die Auswirkungen der Belastung auf Übergangsgewässer, Küstengewässer und Süßwasser (einschließlich Oberflächenwasser und Grundwasser) erheblich einzuschränken sind, um einen guten Zustand von Gewässern gemäß der Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen, zu erhalten oder zu verbessern; dass die Bürger in der gesamten Union von hohen Standards für sicheres Trink- und Badewasser profitieren; und dass der Nährstoffkreislauf (Stickstoff und Phosphor) auf eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Art und Weise bewirtschaftet wird.
In SDG 6 werden die Staaten aufgefordert, die Verfügbarkeit und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser sowie sanitäre Einrichtungen für alle sicherzustellen.
Das übergeordnete Ziel der EU-Wasser-Politik und Gesetzgebung ist es, dass allen Europäern ein Zugang zu Wasser in guter Qualität und in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht. Im Besitzstand der EU zum Thema Wasser
wird angestrebt, einen guten Zustand aller Gewässer in Europa sicherzustellen; in diesem Zusammenhang werden Verschmutzungsquellen (zum Beispiel aus der Landwirtschaft, aus städtischen Ballungsräumen und industriellen Aktivitäten), physikalische und hydrologische Veränderungen von Gewässern und der Umgang mit Hochwasserrisiken angesprochen.
Die in der Wasserrahmenrichtlinie vorgeschriebenen Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete dienen dazu, dass das Wasser in ganz Europa geschützt, verbessert und nachhaltig genutzt werden kann. Dazu zählt Oberflächensüßwasser wie Seen und Flüsse, Grundwasser, Mündungsgebiete und Küstengewässer bis zu einer Seemeile.
Deutschland hat der Kommission Informationen zu seinen Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete der zweiten Generation gegeben. Da die Kommission jedoch diese Informationen noch nicht für alle Mitgliedstaaten auswerten konnte, kann hier nicht darüber berichtet werden.
In seinen Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete der ersten Generation gemäß der Wasserrahmenrichtlinie nennt Deutschland 9072 Flüsse, 712 Seen, 5 Übergangsgewässer, 74 Küstengewässer und 989 Grundwasserkörper. Nur 16 % der natürlichen Oberflächengewässer sind in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand
und 5 % der erheblich veränderten oder künstlichen Wasserkörper
haben ein gutes oder sehr gutes ökologisches Potenzial. 86 % der Oberflächenwasserkörper, 90 % der erheblich veränderten und künstlichen Wasserkörper sowie 63 % der Grundwasserkörper sind mindestens in einem guten chemischen Zustand
. 96 % der Grundwasserkörper sind in einem guten mengenmäßigen Zustand.
Die größte Belastung für die deutschen Gewässer entsteht durch Flussregulierung und morphologische Veränderungen, wovon 79 % der Oberflächengewässer betroffen sind, dicht gefolgt von den diffusen Verschmutzungsquellen, die 75 % der Gewässer beeinträchtigen. Punktquellen beeinträchtigen 28 % der Gewässer. Es bestehen erhebliche regionale Unterschiede bei den Belastungen; so sind etwa 79 % der Gewässer in der Flussgebietseinheit der Maas von Verschmutzung aus Punktquellen betroffen, während Wasserentnahme eine große Belastung für die Flussgebietseinheit der Donau darstellt.
In den deutschen Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete gibt es einige Ausnahmeregelungen. Die anteilige Berechnung der Belastungen nach Wirtschaftszweigen ist nicht vollkommen transparent und die Messungen der diffusen Verschmutzung
sind unzureichend. Durch die Maßnahmenprogramme ist eine Verbesserung des Gesamtzustands der natürlichen Oberflächengewässer um 9 % und des ökologischen Zustands um 11 % zu erwarten. Der chemische Zustand der natürlichen Oberflächengewässer sollte sich um 3 % verbessern und das Grundwasser
um 5 %, während nicht zu erwarten ist, dass sich der mengenmäßige Zustand des Grundwassers ändert.
Im Hinblick auf Trinkwasser erreicht Deutschland sehr hohe Erfüllungsquoten von 99 bis 100 % bei mikrobiologischen, chemischen und Indikatorparametern, die in der Trinkwasserrichtlinie festgelegt sind
.
Wie Abbildung 10 zeigt, hatten im Jahr 2015 90,3 % der 2292 Badegewässer in Deutschland eine ausgezeichnete Qualität, 6,3 % eine gute Qualität und 1,2 % eine ausreichende Qualität. 5 Badegewässer hatten eine schlechte Qualität oder haben die Vorgaben nicht erfüllt, während die verbleibenden 44 Badegewässer nicht bewertet werden konnten
. Es ist erkennbar, dass die Qualität der deutschen Badegewässer in den letzten Jahren stabil gut geblieben ist.
Die Wasserverschmutzung durch Nitrate in Deutschland gibt Anlass zur Besorgnis. Es gibt erhebliche Anhaltspunkte (z. B. den letzten Bericht zur Umsetzung der Nitratrichtlinie
und andere aktuelle deutsche Berichte
) dafür, dass akute Probleme beim Grundwasser und bei der Eutrophierung (u. a. in Nord- und Ostsee) bestehen.
Abbildung 10: Qualität der Badegewässer 2012 – 2015
|
|
Die Umsetzung der Nitratrichtlinie erfolgt größtenteils auf Bundesebene und hat bisher nur begrenzte Ergebnisse erzielt, besonders in Gebieten mit hohem Überschuss und großem Viehbestand, in denen weiterhin ein Abwärtstrend zu verzeichnen ist70. Kontrollmaßnahmen haben wenig Wirkung, auch wegen Schwierigkeiten für die Behörden beim Zugang zu landwirtschaftlichen Daten aufgrund rechtlicher Hindernisse.
Deutschland weist sehr hohe Erfüllungsquoten in Bezug auf die Richtlinie über die Aufbereitung von städtischem Abwasser auf; 100 % der Abwässer werden aufgefangen und 99,9 % davon werden einer sekundären Klärung unterzogen. 2012 wurde der Stickstoff insgesamt um 82 % und Phosphor um 90 % reduziert, was bedeutet, dass Deutschland die Bestimmungen aus Artikel 5 Abschnitt 4 der Richtlinie für eine weitergehende Behandlung
vollständig erfüllt.
Hochwassergefährdete Gebiete wurden in Deutschland bereits ermittelt und kartiert
. Deutschland ist regelmäßig von Überschwemmungen betroffen, die einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen. Aufzeichnungen über Hochwasser an Flüssen sind am häufigsten, mit etwa 162 aufgezeichneten bedeutenden Hochwasserereignissen zwischen 2000 und 2011. Durch die elf größten Überschwemmungen zwischen 2002 und 2013 wurden insgesamt direkte Kosten von 34 Mrd. EUR verursacht. Die durchschnittlichen Kosten pro Hochwasserereignis betrugen 3,1 Mrd. EUR
. Einige Bundesländer investieren in das Management und in die Vermeidung von Hochwasser, indem sie Maßnahmen zur grünen Infrastruktur in die regionalen Programme aufnehmen, die von den EU-Strukturfonds unterstützt werden.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Verfeinerung der Analyse von Belastungen der Wasserumwelt, um besser zu verstehen, durch welche Belastungen das Erreichen eines guten Zustands behindert wird und in welchen Bereichen Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Planung effektiverer Maßnahmenprogramme und Bereitstellung ausreichender Mittel für die Maßnahmen. Schaffung effektiverer Maßnahmen im Kampf gegen diffuse Verschmutzung aus der Landwirtschaft.
Tiefgreifendere Umsetzung der Nitratrichtlinie, so dass die aktuell ernste Wasserverschmutzung insbesondere in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten bekämpft werden kann.
Verbesserung der Nachhaltigkeit von Städten
Die EU-Politik zur städtischen Umwelt fordert die Städte dazu auf, eine Politik für nachhaltige Stadtplanung und gestaltung zu betreiben, mit innovativen Ansätzen zum öffentlichen Nahverkehr und zur städtischen Mobilität, zu nachhaltigen Gebäuden, zur Energieeffizienz und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Stadt.
In SDG 11 wird das Ziel formuliert, Städte und menschliche Siedlungen integrativ, sicher, belastbar und nachhaltig zu machen.
Europa ist eine Union der großen und kleinen Städte; etwa 75 % der EU-Bevölkerung lebt in städtischen Gebieten.
Die städtische Umgebung stellt die Umwelt und die menschliche Gesundheit vor besondere Herausforderungen, bietet aber auch Chancen für Effizienzsteigerungen bei der Nutzung von Ressourcen.
Die Mitgliedstaaten, die europäischen Organe, Städte und Akteure haben eine neue EU-Städteagenda entwickelt (mit Einbindung der Initiative „Intelligente Städte“), um die Probleme und sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen in umfassender Weise anzugehen. Kern dieser Städteagenda ist die Bildung von zwölf Partnerschaften zu den verschiedenen städtischen Herausforderungen wie Luftqualität und Wohnungen
.
Die Europäische Kommission wird 2017 ein neues EU-Benchmark-System veröffentlichen
.
Die EU fördert grüne Städte mit Auszeichnungen und finanzieller Unterstützung wie dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“, der für Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern vergeben wird, sowie der Initiative „Grünes Blatt Europas“ für Städte mit einer Einwohnerzahl zwischen 20 000 und 100 000.
In mehreren Bundesländern gehören umweltbezogene Investitionen im Rahmen von nachhaltigen Stadtentwicklungsmaßnahmen (grüne Infrastruktur im Bausektor, nachhaltiger Transport, Sanierung von Brachflächen) zu den regionalen Programmen.
Das Projekt „Rationelle Wassernutzung in Frankfurt am Main“ wurde ab 1990 entwickelt. Ziel des Projekts war es, den Zusammenhang zwischen Wasserverbrauch und Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu beseitigen. Die als „Frankfurter Weg“ bekannt gewordene Wassersparkampagne setzte auf die Einsicht der Bürger, verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser umzugehen. Die Maßnahmen waren darauf ausgerichtet, einen vernünftigen Umgang mit dem Wasser zu fördern und Möglichkeiten zum Wassersparen im Haushalt aufzuzeigen. Das Ziel der Kampagne – die Reduzierung des Wasserverbrauchs bis zum Jahr 2000 um 20 % – wurde unter anderem mit den folgenden Initiativen erreicht: 100 % des geschäftlich und privat verbrauchten Wassers werden gemessen und die Qualität wird überprüft. Der Anteil des durch defekte Leitungen verloren gehenden Wassers beträgt rund 3,3 % der Gesamtmenge. Der Wasserverlust im Wassernetzwerk ist im Laufe der Jahre stetig geringer geworden.
Zweimal wurden deutsche Städte zur Grünen Hauptstadt Europas ernannt: Hamburg 2011 und Essen 2017.
In Hamburg wurden durch umfassende Konzepte, politisches Engagement und Bereitstellung der notwendigen Mittel die zahlreichen Herausforderungen, die es in einer Metropole gibt, angegangen. Es gibt dort eine integrative und partizipative Planungsstrategie, ein starkes Engagement im Hinblick auf eine „grüne“ Vision und eine strukturierte Überwachung in Bezug auf den Klimawandel.
Essen will sich als eine „Stadt im Umbruch“ etablieren, die die Herausforderungen der industriellen Vergangenheit auf dem Weg zu einer „grünen Stadt“ meistert. Essen sieht seine Bürger und ihre Wandlungsfähigkeit als Schlüssel zu diesem Erfolg, was sich im Bewerbungsmotto „ESSENtials – changing the way we act“ widerspiegelt. Es wurden grüne und blaue Korridore innerhalb der Stadt eingerichtet und in grüne Infrastruktur investiert. Außerdem hat die Stadt Essen eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung von Natur und Biodiversität auf den Weg gebracht. In den Plänen für die Zukunft soll der Schwerpunkt nicht nur auf einer grünen Stadt liegen, sondern auch auf der Förderung der biologischen Vielfalt in neuen Grüngebieten, insbesondere in Bezug auf klimaresiliente Arten.
Internationale Abkommen
In den EU-Verträgen ist festgelegt, dass die Umweltpolitik der Union auf internationaler Ebene Maßnahmen fördern soll, mit denen regionale und globale Umweltprobleme bekämpft werden können.
Die meisten Umweltprobleme sind grenzüberschreitend und haben oft ein globales Ausmaß, weshalb sie nur durch internationale Zusammenarbeit wirksam bekämpft werden können. Von der Union geschlossene internationale Umweltabkommen sind für die Organe der Union und ihre Mitgliedstaaten bindend. Dazu müssen die EU und die Mitgliedstaaten alle maßgeblichen multilateralen Umweltübereinkommen schnell unterzeichnen, ratifizieren und effektiv umsetzen. Dies wird auch ein wichtiger Beitrag dazu sein, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, zu denen die Mitgliedstaaten sich 2015 verpflichtet haben; viele dieser Verpflichtungen sind bereits in rechtlich bindenden Abkommen enthalten.
Die Tatsache, dass manche Mitgliedstaaten eine Reihe von multilateralen Umweltübereinkommen nicht unterzeichnet und/oder ratifiziert haben, beeinträchtigt die Umsetzung der Umweltpolitik, auch innerhalb der Union, und die Glaubwürdigkeit der Union bei Verhandlungen und internationalen Treffen in diesem Zusammenhang, bei denen die Unterstützung der Teilnahme von Drittländern ein erklärtes Ziel der EU-Politik ist. Bei Abkommen, zu denen es eine Abstimmung gibt, hat dies direkte Auswirkungen auf die Anzahl der Stimmen, die die EU abgeben kann.
Deutschland gehört zur EU-Spitzengruppe im Hinblick auf die Unterzeichnung und Ratifizierung solcher internationalen Abkommen.
Teil II: Geeignete Rahmenbedingungen: Umsetzungsinstrumente
4.Marktwirtschaftliche Instrumente und Investitionen
Umweltsteuern und umweltschädlich wirkende Subventionen
Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft fördert die Nutzung finanzieller Anreize und ökonomischer Instrumente wie Steuern, um sicherzustellen, dass Warenpreise die umweltbezogenen Kosten besser widerspiegeln. Die schrittweise Abschaffung umweltschädlich wirkender Subventionen wird im Rahmen des Europäischen Semesters und von nationalen Reformprogrammen der Mitgliedstaaten überwacht.
Die Besteuerung von Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch kann erhöhte Einnahmen und Vorteile im sozialen Bereich und für die Umwelt bringen.
Die neuesten Daten zeigen, dass die Einnahmen aus Umweltsteuern 2 % des deutschen BIP 2014 ausmachen (EU-28-Durchschnitt: 2,46 %), was für Deutschland nach noch 2,6 % im Jahr 2003 ein 11-Jahres-Tief bedeutet. Beim Anteil der Umweltsteuereinnahmen am BIP 2014 liegt Deutschland auf Platz 22 unter den 28 EU-Mitgliedern. Das Niveau der Umweltsteuern im Vergleich zu den gesamten Steuern und Sozialabgaben ist relativ niedrig (5,24 % in Deutschland 2014 gegenüber 6,35 % in der EU der 28), wie Abbildung 11 zeigt.
Ein Punkt, der Anlass zur Sorge gibt, ist die Pauschalbesteuerung privat genutzter Firmenwagen, was insgesamt Subventionen von geschätzten 5167 Mio. EUR im Jahr 2012 entspricht
.
Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, dass noch ein beträchtliches Potenzial vorhanden ist, Steuern vom Bereich Arbeit auf den Bereich Umwelt umzulagern
. In einem Szenario der guten Praxis
könnten diese Steuern 2018 zusätzliche Einnahmen in Höhe von 19 316 Mio. EUR einbringen, und bis zu 41 607 Mio. EUR im Jahr 2030. Das entspricht einer Erhöhung des BIP um 0,61 % für 2018 und um 1,04 % für 2030. Die größte potenzielle Einnahmequelle wäre die vorgeschlagene Erhöhung der Kfz-Steuer, wodurch bis 2030 Einnahmen in Höhe von 25 422 Mio. EUR möglich wären.
Abbildung 11: Prozentualer Anteil an den Gesamteinnahmen aus Steuern und Sozialabgaben (ausschließlich unterstellter Sozialabgaben) 2014
|
|
In den Jahren von 1999 bis 2003 gab es in Deutschland eine ökologische Steuerreform, in deren Rahmen die Besteuerung von Benzin und Diesel erhöht wurde. Gleichzeitig wurde wieder eine Steuer auf Strom eingeführt. Die Einführung der LKW-Maut im Jahr 2005, einer streckenbezogenen Straßenbenutzungsgebühr für schwere Nutzfahrzeuge im Straßenverkehr, wurde von derselben Regierung beschlossen, war aber nicht Teil dieser Steuerreform. 2006 wurde im Rahmen der Umsetzung der EU-Energiebesteuerungsrichtlinie eine Kohlesteuer eingeführt.
Zu den weiteren marktwirtschaftlichen Instrumenten zur Generierung von Steuereinnahmen gehören die Umstrukturierung der Kraftfahrzeugsteuer 2009, teilweise auf Grundlage der CO2-Emissionen, und die Einführung der Luftverkehrabgabe und der Kernbrennstoffsteuer 2011.
In den letzten Jahren wurden keine Maßnahmen zur Erweiterung der steuerlichen Basis ergriffen; beispielsweise könnten Steuerermäßigungen und Ausnahmen bei der Energiesteuer reduziert werden oder die vorteilhafte Besteuerung von Firmenwagen geändert werden.
Im Koalitionsvertrag steht, dass die LKW-Maut auf andere Bundesstraßen ausgeweitet werden soll.
Als Fortschritt in Bezug auf die Reform umweltschädlich wirkender Subventionen ist zu verzeichnen, dass Deutschland die Subventionen für den Steinkohlenbergbau 2018 beenden wird. Ein weiterer Fortschritt in diesem Bereich ist die Tatsache, dass infolge einer Reform der Ökosteuer im Jahr 2012 energieintensive Industrieunternehmen, die teilweise oder vollständig von der Energiesteuer befreit sind, dazu verpflichtet sind, ein Energie-Audit-System einzuführen oder sich Energie-Audits zu unterziehen.
Laut einer Studie des Umweltbundesamts (UBA) aus dem Jahr 2014 belaufen sich die umweltschädlichen Subventionen auf 52 Mrd. EUR, wovon 24 Mrd. für den Bereich Verkehr und 21,6 Mrd. für den Bereich Energie gezahlt werden.
Umweltorientierte Auftragsvergabe
Die EU-Politik der umweltorientierten öffentlichen Auftragsvergabe fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, weitere Schritte zu unternehmen, um das Ziel der Anwendung der grünen Auftragsvergabe bei mindestens 50 % der öffentlichen Ausschreibungen zu erreichen.
Die umweltorientierte öffentliche Auftragsvergabe (Green Public Procurement, GPP) ist ein Verfahren, bei dem öffentliche Stellen versuchen, Waren, Dienstleistungen und Arbeit zu beschaffen, die geringere Umweltauswirkungen in ihrem gesamten Lebenszyklus haben als Waren, Dienstleistungen und Arbeit mit derselben Hauptfunktion, die normalerweise beschafft würden.
Die Kaufkraft der öffentlichen Auftragsvergabe liegt bei etwa 14 % des BIP
. Ein wesentlicher Teil dieses Geldes wird in Bereichen mit großen Umweltauswirkungen wie Bauwesen und Transport ausgegeben, weshalb GPP dabei helfen kann, die Auswirkungen öffentlicher Ausgaben deutlich zu mindern und eine innovative, nachhaltige Geschäftstätigkeit zu fördern.
Das Integrierte Energie- und Klimaschutzprogramm
enthält eine nationale Strategie zur umweltorientierten öffentlichen Auftragsvergabe (GPP) und verpflichtende Ziele für alle Behörden auf Bundesebene, das Lebenszykluskostenprinzip bei ihren Vergabeverfahren anzuwenden, um eine energieeffiziente und umweltfreundliche Auftragsvergabe zu erreichen
. Die Kommission hat Kriterien für GPP vorgeschlagen
.
Leitfäden
, Kriterienkataloge und Anbieterfragebögen für eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen (Wärmeversorgung, Bürogeräte, Möbel, Unterhaltungselektronik, Reinigung und Hygiene) wurden erarbeitet.
Außerdem verpflichtet sich die Bundesregierung in der Strategie für eine nachhaltige Entwicklung
, durch eine verbesserte nachhaltige Auftragsvergabe die Nachhaltigkeit bei konkreten Verwaltungsmaßnahmen stärker zu berücksichtigen.
In einer Studie aus dem Jahr 2010 wird geschätzt, dass der Anteil der deutschen Behörden, die GPP-Anforderungen bei 50 bis 100 % ihrer vergebenen Aufträge berücksichtigen, zwischen 10 und 20 % liegt
.
Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2011 berücksichtigen deutsche Behörden bei 60 % der Aufträge mindestens eines der EU-Kernkriterien zur nachhaltigen Beschaffung und bei 31% der Aufträge werden alle maßgeblichen Kriterien berücksichtigt
.
Investitionen: Beitrag der EU-Finanzmittel
Die Verordnungen zu den europäischen Struktur- und Investitionsfonds sehen vor, dass die Mitgliedstaaten Umwelt- und Klimaziele in ihren Finanzierungsstrategien und Programmen für wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, ländliche Entwicklung und Meerespolitik fördern und dass sie die Kapazitäten der durchführenden Organe stärken, um kostenwirksame und nachhaltige Investitionen in diesen Bereichen zu ermöglichen.
Eine sinnvolle Nutzung der Europäische Struktur- und Investitionsfonds (ESIF)
ist entscheidend für das Erreichen der Umweltziele und für deren Integration in andere Politikbereiche. Andere Instrumente wie Horizont 2020, das LIFE-Programm und der Europäischer Fonds für strategische Investitionen
(EFSI) können ebenfalls die Umsetzung unterstützen und bei der Verbreitung bewährter Praktiken helfen.
Deutschland erhält im Rahmen von 47 nationalen und regionalen Programmen im Zeitraum zwischen 2014 und 2020 von den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) Finanzmittel in Höhe von 27,9 Mrd. EUR
.
Davon kommen 10 773,8 Mio. EUR (38,6 %) vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), 9445,9 Mio. EUR (33,8 %) vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), 219,6 Mio. EUR (0,8 %) vom Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) und 7495,6 Mio. EUR (26,8 %) vom Europäischen Sozialfonds (ESF).
Insgesamt werden 3037,7 Mio. EUR für das thematische Ziel Umweltschutz und Ressourceneffizienz verwendet, 2268,6 Mio. EUR über das ELER-Programm, 655,8 Mio. EUR über die EFRE-Programme und 113,3 Mio. EUR über das EMFF-Programm. Zusätzlich sind 2920,95 Mio. EUR für das thematische Ziel Emissionsarme Wirtschaft und 2714,5 Mio. EUR für das thematische Ziel Klimawandel und Risikoverhütung vorgesehen.
Im Hinblick auf die Einbeziehung von Umweltthemen in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) liegen für Deutschland (wie für alle Mitgliedstaaten) die Schwerpunkte zum einen auf der Nutzung der Fonds zur Entwicklung des ländlichen Raums, um die Kosten für die umweltfreundliche Raumordnung und andere Umweltmaßnahmen zu zahlen und gleichzeitig Finanzierungsmaßnahmen zu vermeiden, die eine umweltschädigende Wirkung haben könnten; und zum anderen darauf sicherzustellen, dass die erste Säule der GAP im Hinblick auf „Cross Compliance“ und „Greening“ effektiv umgesetzt wird.
Das genehmigte nationale Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums verfügt über ein Gesamtbudget von 9383,8°Mio. EUR. Die geplanten Ausgaben im Rahmen der Ökosystem-Priorität, Priorität 4, belaufen sich auf 4533 Mio. EUR (48,7 % des gesamten EU-Budgets), und 1963 Mio. EUR (21,1 % des Gesamtbudgets) sind für Landwirtschafts-, Klima- und Umweltmaßnahmen bestimmt. Im Allgemeinen enthalten die deutschen nationalen Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums einige gute Maßnahmen, und es besteht eine gute Verknüpfung mit der Umweltpolitik. In manchen Regionen wie zum Beispiel im Nordwesten Deutschlands gibt es ernste Umweltprobleme wie Wasserverschmutzung, für deren Lösung die bestehenden Maßnahmen nicht ausreichen, da zunächst eine Überarbeitung der Grundlage, also der Nitratrichtlinie, notwendig ist. Hinter den nationalen Zahlen verbergen sich regionale Unterschiede. Zwei Länder liegen bei Priorität 4 über 60 % (Bayern, Baden-Württemberg), während eines unter 40 % liegt (Sachsen). Zwei Länder haben ein sehr geringes Budget für Landwirtschafts- und Umweltmaßnahmen (Brandenburg und Hessen liegen unter 10 %), während Bayern und Baden-Württemberg mehr für die Umwelt aufwenden: Sie geben über 30 % ihres Budgets für Landwirtschafts- und Umweltmaßnahmen aus.
Die direkte Finanzausstattung für Deutschland für den Zeitraum von 2015 bis 2020 beträgt laut gemeinsamer Bestimmungen 24 254 Mio. EUR, von denen 30 % (7280 Mio.) für Greening-Praktiken zugunsten der Umwelt bestimmt sind. Eine ökologisch ehrgeizige Umsetzung des Greenings gemäß der ersten Säule würde sicher bei der Verbesserung der Umweltsituation in Gebieten helfen, die nicht durch die ländliche Entwicklung abgedeckt sind (beispielsweise intensiv bewirtschaftete Gebiete); gegebenenfalls könnte Deutschland seine Umsetzung überdenken.
Abbildung 12 stellt das Deutschland zugeteilte Budget der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den Zeitraum von 2014 bis 2020 dar.
Abbildung 12: Europäische Struktur- und Investitionsfonds 2014-2020: Budget für Deutschland nach Themengebieten, in Mrd. EUR
|
|
Es ist zu früh, Schlüsse in Bezug auf die Nutzung und die Ergebnisse der ESIF-Finanzhilfen für den Zeitraum von 2014 bis 2020 zu ziehen, da sich die jeweiligen Programme noch in einem frühen Stadium der Umsetzung befinden. Es ist jedoch zu erwarten, dass mit Unterstützung des EFRE in Deutschland für den Zeitraum von 2014 bis 2020 Ergebnisse erzielt werden, beispielsweise eine Verringerung des jährlichen Primärenergieverbrauchs öffentlicher Gebäude um mehr als 233 Mio. kWh/Jahr und die Schaffung oder Sanierung von mehr als 5 Mio. m² offener Flächen in städtischen Gebieten.
Darüber hinaus wird die Finanzgarantie für erneuerbare Energien, eine Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis von Projekten zu erneuerbaren Energien in Deutschland und Frankreich gegenwärtig im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) bewertet
. Im gleichen Rahmen wurden Übereinkommen mit einer zwischengeschalteten Bank abgeschlossen, nach denen der Europäische Investitionsfonds (EIF) Finanzmittel in Höhe von 203 Mio. EUR für KMU zur Verfügung stellt.
Im Februar 2015 hat Deutschland angekündigt, über die KfW-Bankengruppe 8 Mrd. EUR
zur Investitionsoffensive für Europa beitragen zu wollen.
Das integrierte LIFE-Projekt Living River Lahn (15,7 Mio. EUR)
wird zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Hinblick auf das Erreichen eines „guten Umweltzustands“ von Oberflächengewässern im Einzugsgebiet der Lahn in den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz beitragen. Zusätzlich zur LIFE-Finanzierung selbst werden für das Projekt etwa 28 Mio. EUR als ergänzende Finanzierung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und nationale Fonds beigetragen.
5. Erfolgreiche Governance und Wissen
In SDG 16 werden der Zugang zur Justiz und effektive, verlässliche und integrative Institutionen auf allen Ebenen gefordert. In SDG 17 wird eine bessere Umsetzung angemahnt zur Verbesserung der Koordination und Kohärenz der Politik, zur Förderung von Wissenschaft, Technologien und Innovationen, zur Gründung von Partnerschaften und zur Entwicklung von Methoden zur Messung des Fortschritts.
Erfolgreiche Governance in der EU-Umweltgesetzgebung und politik erfordert einen geeigneten institutionellen Rahmen, Politikkohärenz und -koordination, die Anwendung von Rechtsinstrumenten und anderen Instrumenten, die Einbeziehung nicht staatlicher Akteure sowie ein angemessenes Niveau an Wissen und Fähigkeiten
. Die erfolgreiche Umsetzung hängt zu einem beträchtlichen Teil davon ab, dass die zentralen, regionalen und lokalen Regierungen ihre Kernaufgaben im Gesetzgebungs- und Verwaltungsbereich erfüllen, insbesondere im Hinblick auf die Annahme wirksamer Ausführungsgesetze, auf koordinierte Maßnahmen zum Erreichen ökologischer Zielsetzungen und auf korrekte Beschlussfassung zu Themen wie Genehmigungen für die Industrie. Neben der Erfüllung dieser Aufgaben muss die Regierung eingreifen, um die alltägliche Einhaltung durch Wirtschaftsakteure, öffentliche Dienste und Einzelpersonen sicherzustellen („Gewährleistung der Einhaltung“). Die Zivilgesellschaft spielt dabei auch eine Rolle (zum Beispiel durch Klagen vor Gericht). Um die Rollen aller Akteure zu stärken ist es wichtig, Wissen und Fakten zum Zustand der Umwelt und zu den ökologischen Belastungen, Treibern und Auswirkungen zu sammeln und zu teilen.
Gleichzeitig trägt ein Dialog innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission darüber, ob die gegenwärtige EU-Umweltgesetzgebung zweckdienlich ist, zu einer erfolgreichen Governance in der EU-Umweltgesetzgebung und -politik bei. Die Gesetzgebung kann nur korrekt umgesetzt werden, wenn dabei die Erfahrungen mit der Erfüllung von EU-Verpflichtungen auf Ebene der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Die Make-it-Work-Initiative, ein von den Mitgliedstaaten betriebenes Projekt, das 2014 ins Leben gerufen wurde, organisiert eine Diskussion über Möglichkeiten, wie Klarheit, Kohärenz und Struktur der EU-Umweltgesetzgebung verbessert werden können, ohne die bestehenden Schutzstandards herabzusetzen.
Erfolgreiche Governance bei zentralen, regionalen und lokalen Regierungen
Die Organe, die an der Umsetzung der Umweltgesetzgebung auf Unionsebene, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene beteiligt sind, müssen mit dem Wissen, den Werkzeugen und den Kapazitäten ausgestattet sein, mit denen sie Nutzen aus dieser Gesetzgebung ziehen können, und müssen über die Governance des Durchführungsprozesses verfügen.
Fähigkeit zur Durchführung von Rechtsvorschriften
Es ist entscheidend, dass die zentralen, regionalen und lokalen Verwaltungsstellen über die notwendigen Kapazitäten und Fähigkeiten sowie über eine geeignete Ausbildung verfügen, um ihre eigenen Aufgaben auszuführen und um innerhalb eines Systems des Regierens auf mehreren Ebenen effektiv kooperieren und koordinieren zu können. Die dargestellte Bewertung ist nur vorläufig, da die Kommission noch daran arbeitet, das länderspezifische Wissen über die Qualität und Funktionsweise des Verwaltungssystems zu verbessern.
Im „European Quality of Government Index“ von 2013 erreicht Deutschland den neunten Platz unter den 28 Mitgliedstaaten
.
Deutschland gehört zu den Mitgliedstaaten, die ihre Haushaltsausgaben für Umwelt, Ressourceneffizienz und grüne Wachstumsgebiete erhöht haben (neben Erhöhungen in Nicht-Umwelt-Bereichen). Die Ausgaben des BMU haben sich von 2008 bis 2012 fast verdoppelt (von 847 000 auf 1,6 Mio. EUR).
Die Umsetzung der überarbeiteten UVP-Richtlinie ist eine gute Gelegenheit, den rechtlichen Rahmen zur Umweltbewertung zu straffen. Die Kommission begrüßt eine Straffung der Umweltbewertungen, da durch diesen Ansatz Dopplungen reduziert und unnötige Überschneidungen bei der Umweltbewertung für bestimmte Projekte vermieden werden. Außerdem hilft die Straffung dabei, unnötigen Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die Entscheidungsfindung zu beschleunigen, ohne dass dabei die Qualität des Umweltbewertungsverfahrens leidet. Im Jahr 2016 hat die Kommission Leitlinien zu gemeinsamen und/oder koordinierten Verfahren veröffentlicht, für die sowohl gemäß der UVP-Richtlinie als auch gemäß der Wasserrahmenrichtlinie, der Habitatrichtlinie und der Richtlinie über Industrieemissionen eine Prüfung durchzuführen ist
.
Der Bund und die Länder teilen sich die Gesetzgebungskompetenzen. Mit der Verfassungsreform von 2006 wurden mehr Politikbereiche der Zuständigkeit des Bundes zugeordnet. Die meisten Bereiche der Umweltpolitik (Abfallentsorgung, Luft- und Wasserqualität und Naturschutz) unterliegen einer „konkurrierenden Gesetzgebung“, bei der die Länder das Recht haben, eigene Gesetze zu erlassen, solange der Bund nicht von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch macht; in manchen Bereichen gibt es die Voraussetzung, dass eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist. Dies ist beispielsweise der Fall bei der Umsetzung von EU-Umweltgesetzen. Es ist hauptsächlich Aufgabe des Bundes, diese Vorschriften in innerstaatliches Recht umzusetzen. Auch wenn der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch macht, können die Länder gewisse eigene Regelungen treffen. Sie dürfen jedoch nur in einigen Politikbereichen, die im Grundgesetz genannt werden
, von der Gesetzgebung des Bundes abweichen, beispielsweise in bestimmten Bereichen der Wasserpflege und des Naturschutzes („Abweichungskompetenz“).
Gesetzentwürfe werden auf Bundesebene vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) vorgelegt und auf Länderebene von den jeweils zuständigen Landesministerien. Sie werden horizontal mit den anderen betroffenen Ministerien koordiniert.
Die Leistung bei der Einhaltung von Vorschriften in Deutschland ist gut, mit einer relativ hohen Zahl von Beschwerden, aber erheblich weniger EU-Pilot- und Vertragsverletzungsfällen. Bei den Fällen geht es häufig um abweichende Auslegungen von EU-Gesetzen. Naturschutz, Flusswasserbewirtschaftung und Luftverschmutzung sind ebenfalls Gegenstand vieler Fälle, wobei besonders die beiden letztgenannten immer häufiger Anlass zur Besorgnis geben.
In einigen der umweltbezogenen Fälle der letzten Jahre, bei denen Einzelpersonen oder NRO Zugang zu den nationalen Gerichten erhalten haben, haben die deutschen Richter verschiedene Anträge für eine Vorabentscheidung an den EuGH weitergeleitet. Dies war ein wertvoller Beitrag zur Entwicklung der EU-Umweltgesetzgebung, da der Gerichtshof anhand von Vorabentscheidungen eine schlüssige Interpretation des EU-Rechts leisten kann.
In Deutschland gibt es das Umweltbundesamt (UBA)
, dessen Hauptaufgaben darin bestehen, Daten zum Zustand der Umwelt zu sammeln, die jeweiligen Wechselwirkungen zu untersuchen und Projektionen zu erstellen, um dann auf der Grundlage dieser Erhebungen den Bundesbehörden wie dem Bundesumweltministerium politische Empfehlungen zu geben. Außerdem stellt es der Öffentlichkeit Informationen zur Verfügung und beantwortet Fragen zu verschiedenen Umweltthemen. Neben diesen Tätigkeiten setzt das UBA Umweltgesetze um, indem es sicherstellt, dass die Gesetze in Bereichen wie CO2-Handel und Zulassungsverfahren für Chemikalien, Medikamente und Pestizide eingehalten werden. Das UBA hat den Auftrag, Umweltrisiken und Bedrohungen früh zu erkennen, um sie bewerten zu können und rechtzeitig geeignete Lösungen zu finden. Zu diesem Zweck betreibt das UBA Forschung in seinen eigenen Laboren und durch Auslagerung an wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland und im Ausland.
Koordinierung und Integration
Seit 2002 hat die Bundesregierung die nationale Nachhaltigkeitsstrategie
, die als Leitlinie für die Umsetzung der Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung in der Regierungspolitik dient, immer wieder aktualisiert. Der letzte Fortschrittsbericht wurde 2012 angenommen, der nächste, in dem die Strategie in den Kontext der 17 SDGs eingebettet wird, folgt Ende 2016.
Das Managementkonzept für die nachhaltige Entwicklung besteht aus Managementregeln, Indikatoren und Zielen sowie Institutionen zur Steuerung der Strategie: In den zehn Managementregeln werden das Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung und die damit verbundenen Anforderungen zusammengefasst. Schlüsselindikatoren für 21 Handlungsbereiche wurden mit 38 Zielen verbunden, von denen die meisten quantifizierbar sind.
Der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung unter der Leitung des Chefs des Bundeskanzleramts ist für die Fortentwicklung und Überwachung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie zuständig. Der Ausschuss aktualisiert die Einzelheiten der Nachhaltigkeitsstrategie und überprüft regelmäßig den Entwicklungsstand der Nachhaltigkeitsindikatoren. Alle Ministerien sind an der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie beteiligt. Der Ausschuss ist auch Ansprechpartner für den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, die Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände und den Rat für nachhaltige Entwicklung. Zur weiteren Unterstützung hat die Bundesregierung 2001 den Rat für nachhaltige Entwicklung berufen, der die Bundesregierung in allen Fragen zur nachhaltigen Entwicklung berät.
Gewährleistung der Einhaltung
Das EU-Recht im Allgemeinen und besondere Bestimmungen zu Inspektionen und anderen Überprüfungen, Strafen und Umwelthaftung sind Teil der Grundlage für die Systeme, die die Mitgliedstaaten benötigen, um die Einhaltung der EU-Umweltvorschriften gewährleisten zu können.
Die öffentlichen Behörden helfen dabei, auf die Rechenschaftspflicht der Verantwortlichen zu achten, indem sie die Einhaltung der Vorschriften überwachen und fördern und indem sie glaubwürdige Folgemaßnahmen treffen (Durchsetzung), wenn Zuwiderhandlungen oder Haftungsfälle auftreten. Die Überwachung der Einhaltung kann sowohl auf Initiative der Behörden selbst als auch infolge von Bürgerbeschwerden erfolgen. Sie besteht aus verschiedenen Arten von Prüfungen wie Inspektionen genehmigter Aktivitäten, Überprüfung auf mögliche illegale Aktivitäten, Untersuchung von Straftaten und Überprüfung auf Systemschwächen. Ebenso gibt es eine Reihe von Mitteln zur Förderung der Einhaltung wie Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Nutzung von Leitfäden und Onlinetools zur Information. Folgemaßnahmen nach Zuwiderhandlungen und Haftungsfällen können aus verwaltungsrechtlichen Schritten (z. B. Entziehung einer Genehmigung), strafrechtlichen Schritten
und haftungsrechtlichen Schritten (z. B. bei einer Sanierung, die nach Beschädigung durch einen Unfall notwendig wird) sowie aus vertragsrechtlichen Schritten (z. B. Maßnahmen zum Erzwingen der Einhaltung von Naturschutzverträgen) bestehen. All diese Maßnahmen zusammen ergeben die „Gewährleistung der Einhaltung“ wie in Abbildung 13 dargestellt.
Abbildung 13: Gewährleistung der Einhaltung von Umweltvorschriften
|
|
Die bewährten Praktiken haben sich auf der strategischen und der ausführenden Ebene hin zu einem risikobasierten Ansatz entwickelt, bei dem die schwierigsten Probleme mit einer Mischung aus Überwachung der Einhaltung, Förderung und Durchsetzung angegangen werden. Zu den bewährten Praktiken gehört auch die Anerkennung des Bedarfs der Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden, um Kontinuität zu gewährleisten, doppelte Arbeit zu vermeiden und die Verwaltungslast zu mindern. Die aktive Beteiligung an paneuropäischen Netzwerken von Inspektoren, Polizei, Anklägern und Richtern wie IMPEL
, EUFJE
, ENPE
und EnviCrimeNet
ist ein wichtiges Werkzeug zum Austausch von Erfahrungen und bewährten Praktiken.
Derzeit gibt es in einigen Bereichen Verpflichtungen zu Überprüfungen, und die Umwelthaftungsrichtlinie
ist ein Mittel dafür sicherzustellen, dass das Verursacherprinzip angewandt wird, wenn es zu Vorfällen und Unfällen kommt, die eine Gefahr für die Umwelt darstellen. Informationen über die bestehenden Stärken und Schwächen der einzelnen Mitgliedstaaten sind öffentlich verfügbar.
Für jeden Mitgliedstaat wurden dazu folgende Punkte überprüft: Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen Behörden und Beteiligung an paneuropäischen Netzwerken; und die wichtigsten Aspekte der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie auf Grundlage des kürzlich von der Kommission veröffentlichten Umsetzungsberichts und der REFIT-Bewertung
.
Deutschland hat Schritte in Richtung risikobasierte Gewährleistung der Einhaltung unternommen, zum Beispiel durch die Nutzung intelligenter Risikokriterien für Umweltinspektionen, besonders zur Überwachung von Industrieanlagen.
Aktuelle Informationen fehlen jedoch zu den folgenden Themen:
zu Datensammlungen, um die Nutzung und die Effizienz verschiedener Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung nachverfolgen zu können
;
zum Ausmaß, in dem risikobasierte Methoden zur direkten Gewährleistung der Einhaltung verwendet werden, auf strategischer Ebene und in Bezug auf kritische Aktivitäten außerhalb von Industrieanlagen, insbesondere in Problembereichen, die an anderer Stelle in diesem Länderbericht genannt werden, also die Bedrohungen für geschützte Lebensraumtypen und Arten, schlechte Luftqualität und Belastungen der Wasserqualität durch diffuse Verschmutzungsquellen.
Ein gutes Beispiel für die Kooperation und Koordination ist die nordrhein-westfälische Stabsstelle Umweltkriminalität, die für eine effektive Zusammenarbeit, eine zielgerichtetere Überwachung der Einhaltung und eine effiziente Behandlung von Informationen, die von Bürgern kommen, sorgt
. Deutschland ist sehr aktiv in den Netzwerken zur Gewährleistung der Einhaltung von Umweltvorschriften, insbesondere im Rahmen von IMPEL. So leitet Deutschland beispielsweise ein langfristiges Projekt, in dessen Rahmen ein Risikobewertungs-Tool für die Planung von Umweltinspektionen entwickelt wurde (Integrated Risk Assessment Method, IRAM), das aktuell von vielen Behörden der IMPEL-Mitglieder benutzt wird
.
Gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und anderen Mitgliedstaaten hat Deutschland im Rahmen des Projekts „Make it Work“ Leitlinien für die Erstellung von Bestimmungen zur Gewährleistung der Einhaltung des EU-Umweltrechts erarbeitet
.
Im Zeitraum zwischen 2007 und 2013 hat Deutschland 60 Fälle von Umweltschäden gemeldet, die unter die Umwelthaftungsrichtlinie fallen. Der Anteil von Fällen der Schädigung der biologischen Vielfalt (aufgrund ihrer Neuheit auf EU-Ebene häufig als schwieriger empfunden) lag erheblich über dem EU-Durchschnitt. Es besteht jedoch ein Spielraum für weitere Maßnahmen, mit denen die Umsetzung der Richtlinie verbessert werden kann. Obwohl Deutschland keine obligatorische Deckungsvorsorge eingeführt hat, scheint der Versicherungsmarkt effektiv zu funktionieren, mit einem guten Niveau bei der Freiwilligkeit. Dies kann als ein Modell im Hinblick auf einen funktionierenden Ansatz zur freiwilligen Versicherung für andere Mitgliedstaaten dienen.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Verbesserung der Transparenz bei der Organisation und der Funktionsweise der Gewährleistung der Einhaltung und bei der Herangehensweise an größere Risiken (wie oben beschrieben).
Verstärkung der Bemühungen bei der Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie zur Verbesserung der Faktengrundlage in Deutschland durch proaktive Initiativen, insbesondere durch die Einrichtung eines nationalen Registers für Umwelthaftungsfälle.
Bürgerbeteiligung und Zugang zur Justiz
Aus dem Übereinkommen von Aarhus, der zugehörigen EU-Gesetzgebung zu Bürgerbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich die Verpflichtung, dass die Bürger und ihre Verbände an der Entscheidungsfindung im Hinblick auf Projekte und Pläne beteiligt werden sollen und dass sie einen effektiven Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten erhalten sollen.
Die Bürger können sich effektiver am Umweltschutz beteiligen, wenn sie sich dabei auf die drei „Säulen“ des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten („Übereinkommen von Aarhus“) verlassen können. Die Beteiligung der Bürger am Entscheidungsfindungsprozess in Verwaltungsangelegenheiten ist ein wichtiges Element, um sicherzustellen, dass die Behörde ihre Entscheidung auf der bestmöglichen Grundlage trifft. Die Kommission plant für die Zukunft, die Möglichkeiten einer verpflichtenden Beteiligung der Bürger systematisch zu prüfen.
Das Recht auf Zugang zur Justiz in Umweltangelegenheiten besteht aus einer Reihe von Garantien, die es den Bürgern und ihren Verbänden ermöglichen, Handlungen oder Unterlassungen der öffentlichen Verwaltung vor ein Gericht zu bringen. Es handelt sich dabei um ein Instrument zur dezentralisierten Umsetzung der EU-Umweltgesetzgebung.
Für jeden Mitgliedstaat wurden zwei entscheidende Elemente für einen effektiven Zugang zur Justiz systematisch überprüft: die rechtliche Situation der Öffentlichkeit (einschließlich NRO) und inwieweit unzumutbare Kosten eine Barriere darstellen.
Deutschland verfügt über ein berechenbares und transparentes System zur gerichtlichen Kontrolle von Umweltfällen. Die Gerichte kontrollieren die Handlungen und Unterlassungen der Verwaltung umfassend. In einigen Bereichen der EU-Umweltgesetzgebung jedoch räumen die deutschen Gesetze der Öffentlichkeit keine gute rechtliche Stellung ein (zum Beispiel in den Bereichen Luft, Abfall und Wasser); dies gilt insbesondere für NRO aus dem Umweltbereich
. Außerdem müssen jüngste Entscheidungen des EuGH zum Zugang zur Justiz in Umweltangelegenheiten
noch in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Ergreifung der notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Situation von NRO aus dem Umweltbereich, um Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde in Bezug auf alle Sektoren der EU-Umweltgesetzgebung anfechten zu können, unter Einhaltung aller EU-Gesetze sowie des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Aarhus)
.
Zugang zu Informationen, Wissen und Fakten
Im Übereinkommen von Aarhus und in der zugehörigen EU-Gesetzgebung zum Zugang zu Informationen und zur gemeinsamen Nutzung von Geodaten wird verlangt, dass die Öffentlichkeit Zugang zu klaren Informationen über die Umwelt hat, auch darüber, wie die EU-Umweltgesetzgebung umgesetzt wird.
Für die Behörden, die Öffentlichkeit und die Wirtschaft ist es von größter Bedeutung, dass Umweltinformationen gemeinsam auf effiziente und effektive Weise genutzt werden. Dazu gehören die Berichterstattung von Unternehmen und Behörden und eine aktive Verbreitung in der Öffentlichkeit, vermehrt über elektronische Wege.
Das Übereinkommen von Aarhus
, die Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen
und die INSPIRE-Richtlinie
bilden zusammen eine rechtliche Grundlage zur gemeinsamen Nutzung von Umweltinformationen durch Behörden und die Öffentlichkeit. Sie stellen auch den grünen Teil des laufenden EU-eGovernment-Aktionsplans
dar. Die beiden erstgenannten Instrumente verpflichten zur öffentlichen Bereitstellung von Informationen, sowohl auf Anfrage als auch aktiv. Die INSPIRE-Richtlinie ist ein bahnbrechendes Instrument für die gemeinsame Nutzung von elektronischen Daten durch Behörden, deren Regeln zur gemeinsamen Datennutzung sich unterscheiden können, beispielsweise darin, ob der Zugang zu den Daten kostenlos ist. Mit der INSPIRE-Richtlinie wurde ein Geoportal geschaffen, das das Niveau der gemeinsam genutzten Geodaten in jedem Mitgliedstaat anzeigt – also Daten zu bestimmten Orten wie Daten zur Überwachung der Luftqualität. Neben anderen Vorteilen werden dadurch die Berichterstattungspflichten der Behörden erleichtert.
Für jeden Mitgliedstaat wurden die Zugänglichkeit zu Umweltdaten (auf Grundlage dessen, was die INSPIRE-Richtlinie vorsieht) sowie die Regeln zur gemeinsamen Datennutzung („offene Daten“) systematisch überprüft.
Deutschland schneidet bei der Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie als geeignete Rahmenbedingungen zur aktiven öffentlichen Verbreitung von Umweltinformationen gut ab. Deutschland hat im dreijährlichen INSPIRE-Umsetzungsbericht
angegeben, dass die notwendigen Regeln zur gemeinsamen Datennutzung, durch die die nationalen Verwaltungen, die Verwaltungen anderer Mitgliedstaaten und die Institutionen der EU ohne verfahrensrechtliche Hindernisse Zugang zu Geodaten haben und diese nutzen können, zur Verfügung stehen. Aufgrund fehlender Regeln zur gemeinsamen Datennutzung auf anderen Verwaltungsebenen gilt das Bundesgesetz für die Regelung und Vereinfachung der gemeinsamen Nutzung von Geodaten.
Nach der Auswertung der Überwachungsberichte
, die Deutschland verfasst hat, und der Geodaten, die Deutschland auf dem INSPIRE-Geoportal
veröffentlicht hat, wird ersichtlich, dass nicht alle Geodaten, die für die Bewertung und Umsetzung der EU-Umweltgesetze notwendig sind, zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht wurden. Der größere Teil dieser fehlenden Geodaten besteht aus den Umweltdaten, die nach den geltenden Bestimmungen der EU-Umweltgesetzgebung zur Berichterstattung und Überwachung zur Verfügung gestellt werden müssen. Deutschland hat unter Führung seines Lenkausschusses für Geodateninfrastruktur im Rahmen eines Aktionsplans eine Initiative zur weiteren Verbesserung der Umsetzung ins Leben gerufen, um bestehende, aber noch nicht zugängliche Datensätze zu identifizieren. Kurzfristig sind diese Daten in ihrem aktuellen Zustand verfügbar.
Vorgeschlagene Maßnahmen
Identifizierung und Dokumentation aller Geodatensätze, die für die Umsetzung des Umweltrechts benötigt werden, und Bereitstellung der Daten und Dokumentationen für andere Behörden und die Öffentlichkeit über digitale Dienste wie in der INSPIRE-Richtlinie vorgesehen.