EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 27.7.2017
COM(2017) 406 final
2017/0181(NLE)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz am 11. Juni 2014 gebilligten Form
(Text von Bedeutung für den EWR)
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Im Jahr 2006 nahm die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) das Seearbeitsübereinkommen zur Schaffung eines einheitlichen, kohärenten Instruments an, das alle aktuellen Normen für die internationale Seearbeit zusammenführt. Das Seearbeitsübereinkommen sieht für alle Seeleute umfangreiche Rechte und umfassenden Schutz am Arbeitsplatz vor, ganz gleich, welcher Staatsangehörigkeit sie angehören und unter welcher Flagge das Schiff fährt. Es wurde bisher von 81 Ländern ratifiziert, darunter alle EU-Mitgliedstaaten außer Österreich, der Slowakei und der Tschechischen Republik.
Die Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens wurden mit der Richtlinie 2009/13/EG des Rates zur Durchführung der zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) geschlossenen Vereinbarung über das Seearbeitsübereinkommen 2006 in EU-Recht aufgenommen. Durch die Richtlinie wurde das EU-Recht mit den für Seeleute im Vergleich zu den bestehenden Regelungen vorteilhafteren Normen des Seearbeitsübereinkommens aktualisiert (Beschäftigungsverträge, Arbeitszeiten, Heimschaffung, Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung und Verproviantierung, Schutz von Gesundheit und Sicherheit, medizinische Versorgung und Beschwerdeverfahren usw.). Mit der Richtlinie wurde die EU-weite Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens vorangetrieben und sein Inkrafttreten beschleunigt. Sie trug außerdem zur Herbeiführung einer in allen Mitgliedstaaten einheitlichen Umsetzung der Normen des Seearbeitsübereinkommens bei und stattete die Vereinbarung mit besonderen Durchsetzungsmaßnahmen nach EU-Recht aus.
Das Seearbeitsübereinkommen 2006 behandelte die Probleme in Bezug auf die Haftung und Entschädigung im Zusammenhang mit Forderungen der Besatzung infolge von Todesfällen, Verletzungen und der Zurücklassung von Seeleuten in Auslandshäfen in Fällen, in denen die Reeder ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, nur teilweise. Die Schifffahrtsbranche ist von Natur aus weltumspannend, d. h., abhängig vom Staat des Reeders, dem Flaggenstaat des Schiffes oder der Staatsangehörigkeit der Besatzung gelten unterschiedliche innerstaatliche Rechtsvorschriften. Dadurch ist es für Seeleute schwierig, bei Zurücklassung, Verletzung oder Tod eine rasche und zufriedenstellende Entschädigung zu erhalten.
Sowohl die IAO als auch die IMO (Internationale Seeschifffahrtsorganisation) sind sich dieser Probleme bereits seit Langem bewusst. 1998 wurde die gemeinsame Ad-hoc-Arbeitsgruppe von IAO und IMO eingerichtet, die sich aus Sachverständigen für Haftungs- und Entschädigungsfragen im Zusammenhang mit Forderungen infolge von Todesfällen, Verletzungen und der Zurücklassung von Seeleuten zusammensetzt. Diese Gruppe empfahl einen zweistufigen Ansatz: Der erste Schritt würde in der Annahme nicht verpflichtender Leitlinien, der zweite in der Annahme verbindlicher Instrumente bestehen. Sie sprach sich ebenfalls für die Einrichtung einer Datenbank zur Erfassung von Fällen aus, in denen Seeleute zurückgelassen wurden; eine solche Datenbank wurde 2005 eingeführt.
2010 und 2011 stellte die IAO den Empfehlungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe folgend zwei vorrangige Aufgabenbereiche fest: die Zurücklassung von Seeleuten und die finanzielle Sicherheit einerseits sowie Ansprüche im Zusammenhang mit dem Tod oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten andererseits. 2004 nahm der im Rahmen des Seearbeitsübereinkommens geschaffene Dreigliedrige Sonderausschuss diesbezüglich zwei Änderungsanträge an. Bis März 2016 wurden in der IAO-Datenbank über die Zurücklassung von Seeleuten 192 zurückgelassene Handelsschiffe, teilweise aus dem Jahr 2006, geführt, deren Zurücklassung noch immer ungeklärt ist. Viele zurückgelassene Seeleute halten sich häufig mehrere Monate ohne Bezahlung an Bord der Schiffe auf; es fehlt an einer regelmäßigen Versorgung mit Nahrungsmitteln, medizinischer Betreuung oder Geld für die Heimreise.
Einige der durch die Änderungen eingeführten Vorschriften fielen in die Zuständigkeit der Europäischen Union und betrafen Bereiche, in denen sie Vorschriften erlassen hatte, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialpolitik und des Verkehrswesens. Darum hat der Rat einen Beschluss (2014/346/EU) über den Standpunkt, der im Namen der Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz bezüglich der Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens zu vertreten war, angenommen und sich der Unterstützung der Union für ihre Genehmigung versichert.
Die Änderungen wurden von der Internationalen Arbeitskonferenz im Rahmen ihrer 103. Tagung am 11. Juni 2014 in Genf gebilligt. Alle EU-Mitgliedstaaten stimmten für die Genehmigung. Die zwei Pakete von Änderungsanträgen beziehen sich sowohl auf die zwingenden Bestimmungen (Teil A Vorschriften und Normen) als auch auf die nicht verbindlichen Bestimmungen (Teil B Leitlinien) des Codes des Seearbeitsübereinkommens. Sie umfassen Regel 2.5 (Heimschaffung) in Titel 2 über Beschäftigungsbedingungen und Regel 4.2 (Verpflichtungen der Reeder) in Titel 4 über Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit.
Die geänderten verbindlichen Bestimmungen sollen für ein wirksames System der finanziellen Sicherheit sorgen, das
(1)die Rechte der Seeleute im Falle ihrer Zurücklassung schützt (Änderung von Regel 2.5). Wie bereits in Regel 2.5 Absatz 2 gewürdigt führt diese Änderung zu einer Verbesserung des Systems der finanziellen Sicherheit, das zum Tragen kommt, wenn der Reeder die Kosten für die Heimschaffung nicht übernimmt. Die Änderung berücksichtigt zudem zwei neue Sachverhalte: wenn der Reeder die Seeleute ohne Gewährleistung des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung zurückgelassen hat, oder wenn der Reeder auf andere Weise einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten. Sie beinhaltet darüber hinaus Anforderungen zur Schaffung eines schnellen und wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit, um Seeleute auf einem unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes im Falle der Zurücklassung zu unterstützen.
(2)Mindestanforderungen für das System der finanziellen Sicherheit festlegt, um vertragliche Ansprüche auf Schadenersatz wegen Tod oder Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen zu befriedigen (Änderung von Regel 4.2).
Mit diesen Änderungen werden die bestehenden Regelungen zum Schutz der Seeleute verbessert und ausgeweitet; Schadenersatzverfahren werden damit einfacher und wirksamer; und die Änderungen stützen sich auf die Verpflichtung, an Bord einen Nachweis über die finanzielle Sicherheit mitzuführen.
Diese Änderungen des Seearbeitsübereinkommens traten am 18. Januar 2017 für 18 Mitgliedstaaten in Kraft. In den Niederlanden werden die Änderungen voraussichtlich am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Italien und Litauen haben das Inkrafttreten der Änderungen bis zum 18. Januar 2018 verschoben. Was die vier Mitgliedstaaten anbelangt, die das Seearbeitsübereinkommen ratifiziert haben, nachdem die Änderungen angenommen wurden, so hat Slowenien die Änderungen bereits akzeptiert; sie werden am 3. August 2017 in Kraft treten. Rumänien, Estland und Portugal müssen jedoch noch eine förmliche Erklärung über die Annahme abgeben. Dazu wird es voraussichtlich in den nächsten Monaten kommen.
Am 5. Dezember 2016 schlossen die Sozialpartner im Seeverkehr, der Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF), eine Vereinbarung zur Änderung des Seearbeitsübereinkommens 2006 im Anhang der Richtlinie 2009/13/EG, um dieses mit den 2014 erarbeiteten Änderungen des Seearbeitsübereinkommens 2006 in Einklang zu bringen. Diese Vereinbarung spiegelt den Inhalt sämtlicher verpflichtender Bestimmungen der Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens wider.
Am 12. Dezember 2016 forderten ECSA und ETF die Kommission auf, ihre Vereinbarung durch einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates im Sinne von Artikel 155 Absatz 2 AEUV umzusetzen. Der vorliegende Vorschlag entspricht ihrer Aufforderung.
Die Kommission legt diesen Vorschlag vor, um die Richtlinie 2009/13/EG und das Seearbeitsübereinkommen im Anhang dieser Richtlinie an die von der IAO 2014 erarbeiteten verpflichtenden Änderungen des Seearbeitsübereinkommens anzupassen. Damit wird eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, des Arbeitsschutzes und der sozialen Sicherheit für die Seeleute an Bord von Schiffen unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats einhergehen.
Mit dem Vorschlag soll ebenfalls die wirksame EU-weite Durchsetzung der von der IAO 2014 erarbeiteten verpflichtenden Änderungen des Seearbeitsübereinkommens durch die Anwendung der Durchsetzungsrichtlinie über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten (Richtlinie 2013/54/EU) sichergestellt werden. Diese Richtlinie enthält Regeln, die dafür sorgen sollen, dass die Mitgliedstaaten:
-
ihren Verpflichtungen als Flaggenstaaten bei der Umsetzung der relevanten Teile des Seearbeitsübereinkommens 2006 wirksam nachkommen (d. h. den Teilen, die inhaltlich als den Bestimmungen im Anhang zur Richtlinie 2009/13/EG entsprechend anzusehen sind); und
-
besondere Regelungen zur Überwachung der Einhaltung von Vorschriften und zum Umgang mit Beschwerdeverfahren an Bord und an Land einführen.
Sobald der Anhang zur Richtlinie 2009/13/EG durch diesen Vorschlag geändert worden ist, werden die Überwachungsmaßnahmen der Richtlinie 2013/54/EU auch für die Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens gelten, ohne dass das Übereinkommen hierfür ausdrücklich geändert werden muss.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Dieser Vorschlag steht im Einklang mit der Arbeit der Kommission an einem fairen und wahrhaft europäischen Arbeitsmarkt, der Arbeitnehmern einen angemessenen Schutz und nachhaltige Arbeitsplätze bietet. Dazu gehören die Sicherheit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Sozialschutz und Rechte im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag. Indem die Kommission eine integrierte Meerespolitik für die EU verfolgt, unterstützt sie zudem vollauf „den sozialen Dialog über die Integration des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation über Mindestarbeitsnormen im Seeverkehr ins Gemeinschaftsrecht“.
Dieser Vorschlag unterstützt die Sicherheit des Seeverkehrs auf andere Art und Weise. Der Schutz zurückgelassener Seeleute durch das Angebot, sie heimzuschaffen, zu unterstützen und zu versorgen, und die Zahlung ihrer ausstehenden Heuern kann dazu beitragen, das Schiff und die Besatzung betreffende Unfälle zu verhindern, da die Seeleute bis zu ihrer Heimschaffung oder der Zahlung ihrer ausstehenden Heuern nicht an Bord von in Häfen festsitzenden zurückgelassenen Schiffen bleiben müssen. Ebenso wenig werden sie in treibenden Schiffen ohne Treibstoff oder ohne Grundnahrungsmittel und Wasservorräte zurückgelassen.
Ein stabileres System der finanziellen Sicherheit für Fälle von Zurücklassung, Tod und Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten wird die europäischen Häfen und Küstengemeinden entlasten, die den betroffenen Seeleuten und ihren Familien zurzeit Unterstützung bereitstellen.
Dieser Vorschlag ergänzt die Bemühungen, das Seearbeitsübereinkommen wirksamer umzusetzen, indem er auf die in der Durchführungsrichtlinie 2013/38/EU über die Hafenstaatkontrolle festgelegten besonderen Regelungen zur Überwachung und Bearbeitung von Beschwerdeverfahren an Bord und an Land abstellt. Neben den Übereinkommen, deren Umsetzung von den Behörden der Mitgliedstaaten in den jeweiligen Häfen geprüft wird, umfasste diese Richtlinie das Seearbeitsübereinkommen 2006. Damit wird gewährleistet, dass die Behandlung von unter der Flagge eines nicht ratifizierenden Staates fahrenden Schiffen und ihrer Besatzung nicht vorteilhafter ist als die Behandlung eines unter der Flagge eines ratifizierenden Staates fahrenden Schiffes und seiner Besatzung. Die Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens sind bereits Gegenstand dieser Richtlinie, weil diese auf das Seearbeitsübereinkommen Anwendung findet, einschließlich aller entsprechenden Änderungen.
Der Vorschlag ergänzt die Richtlinie 2015/1794/EU, die Seeleute in den Geltungsbereich von fünf arbeitsrechtlichen Richtlinien (über den Schutz von Arbeitnehmern im Falle der Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitsgebers, die Informierung und Beratung von Arbeitnehmern, die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats, Massenentlassungen und Unternehmensübergänge) aufnimmt; er verbessert somit die Arbeitnehmerrechte der Seeleute und verleiht ihnen dieselben Rechte, die an Land tätige Arbeitnehmer genießen.
•Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Für Europa ist der Seeverkehr seit jeher ein Katalysator für wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand. Der Güter- und Personenseeverkehr treibt sowohl den innergemeinschaftlichen als auch den internationalen Handel voran und fördert Kontakte zwischen allen europäischen Nationen, Bürgern und Touristen. Der zunehmende Mangel an Fachleuten, Offizieren und Mannschaften birgt das Risiko, dass die kritische Masse an Humanressourcen, auf der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen maritimen Industrien insgesamt beruht, nicht mehr gewährleistet ist. Der vorliegende Vorschlag entspricht dem Ziel, im Rahmen der Strategie für den Seeverkehr bis 2018 „die Arbeit der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zur fairen Behandlung von Seeleuten [zu unterstützen], um unter anderem sicherzustellen, dass die Leitlinien für die Behandlung von Seeleuten bei Unfällen auf hoher See, Zurücklassung, Verletzung oder Tod von Seeleuten sowie Landurlaub in der EU und weltweit ordnungsgemäß umgesetzt werden.“ Dadurch sollen die maritimen Berufe für Europäer attraktiver werden.
Der Vorschlag wird zu faireren Wettbewerbsbedingungen für diejenigen Reeder im EU-Seeverkehr beitragen, die die Rechte der Seeleute respektieren und oftmals durch den Einsatz unternormiger Schiffe benachteiligt sind.
Die Umsetzung der von den Sozialpartnern getroffenen Vereinbarung durch EU-Recht steht ebenfalls im Einklang mit der Verpflichtung der Kommission, den branchenübergreifenden und sektoralen sozialen Dialog auf EU-Ebene zu fördern, so wie es in der gemeinsamen Erklärung, Ein Neubeginn für den sozialen Dialog, die am 27. Juni 2016 von den EU-Sozialpartnern, dem Vorsitz des Rates und der Kommission unterzeichnet wurde, vorgesehen ist.
Diese Vereinbarung ist ein positives Beispiel dafür, wie die Sozialpartner die Agenda für bessere Rechtsetzung der Kommission unterstützen, indem sie das EU-Recht aktuell und zweckmäßig halten.
Sie spiegelt darüber hinaus den Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte in Bezug auf den sozialen Dialog und die Einbeziehung von Arbeitnehmern wider, in der es heißt: „Die Sozialpartner (...) werden darin bestärkt, Kollektivverträge über sie betreffende Fragen auszuhandeln und zu schließen, und zwar unter Wahrung ihrer Autonomie und des Rechts auf Kollektivmaßnahmen. Wenn angebracht, werden Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf Unionsebene und auf Ebene der Mitgliedstaaten umgesetzt.“ Sie harmoniert zudem mit anderen in der europäischen Säule sozialer Rechte anerkannten spezifischen Grundsätzen und Rechten, wie etwa in Bezug auf Löhne und Gehälter, ein gesundes, sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld und Datenschutz sowie Sozialschutz.
Insgesamt trägt dieser Vorschlag dazu bei, die Ziele für nachhaltige Entwicklung vollauf in die europäische Rahmenpolitik zu integrieren, entsprechend der Verpflichtungszusage in der Mitteilung der Kommission Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft: Europäische Nachhaltigkeitspolitik.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Absatz 2 des Artikels 155 bildet die Rechtsgrundlage des vorliegenden Vorschlags.
In Artikel 155 Absatz 2 AEUV heißt es: „Die Durchführung der auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen erfolgt entweder nach den jeweiligen Verfahren und Gepflogenheiten der Sozialpartner und der Mitgliedstaaten oder – in den durch Artikel 153 erfassten Bereichen – auf gemeinsamen Antrag der Unterzeichnerparteien durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission. Das Europäische Parlament wird unterrichtet. Der Rat beschließt einstimmig, sofern die betreffende Vereinbarung eine oder mehrere Bestimmungen betreffend einen der Bereiche enthält, für die nach Artikel 153 Absatz 2 Einstimmigkeit erforderlich ist.“
Die erste Änderung der Vereinbarung der Sozialpartner über das System der finanziellen Sicherheit im Falle der Zurücklassung von Seeleuten bezieht sich sowohl auf den Arbeitsschutz als auch die Arbeitsbedingungen und fällt somit unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe a über die Verbesserung insbesondere des Arbeitsumfelds zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer sowie unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe b über Arbeitsbedingungen.
Die zweite Änderung, bezüglich der Anforderungen an das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen, fällt unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe c über die soziale Sicherheit und den Sozialschutz von Arbeitnehmern.
Da es sich hierbei um einen Themenbereich handelt, für den nach Artikel 153 Absatz 2 Unterabsatz 2 Einstimmigkeit erforderlich ist, muss der Rat eine einstimmige Entscheidung treffen.
•Subsidiarität
Mit dem vorliegenden Vorschlag wird gewährleistet, dass das Seearbeitsübereinkommen mit EU-Recht vereinbar ist und die Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens in der gesamten EU durch die Anwendung der Richtlinie 2013/54/EU über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten ordnungsgemäß durchgesetzt werden. Dieses Ziel kann nicht auf dem Wege innerstaatlicher Rechtsvorschriften erreicht werden, da die bestehenden EU-Rechtsvorschriften nur auf EU-Ebene geändert werden können.
Darüber hinaus muss die Gleichbehandlung aller EU-Flotten und EU-Häfen sowie der Nicht-EU-Flotten gewährleistet sein. Ferner hat der Rat in seinem Beschluss 2014/346/EU förmlich angeführt, dass Teile der Vorschriften des Übereinkommens und der Änderungen in die Zuständigkeit der Union fielen und Bereiche beträfen, in denen die Union Vorschriften erlassen hat.
Der Vorschlag wird dazu beitragen, dass die zwingenden Änderungen des Seearbeitsübereinkommens zeitgleich und auf dieselbe Art und Weise in allen Mitgliedstaaten angewandt werden. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass für alle EU-Flotten und EU-Häfen die zuvor erwähnten einheitlichen Wettbewerbsbedingungen gelten. Durch den Vorschlag werden die negativen Auswirkungen auf EU-Hafenstaaten möglicherweise verringert, da weniger Fälle unter Absatz 5 Buchstabe a der Norm A.2.5 des Anhangs der Richtlinie 2009/13/EG fallen sollten. Unterlässt ein Reeder die Organisation der Heimschaffung, so obliegt diese dem EU-Flaggenstaat. Unterlässt dieser ebenfalls die Organisation der Heimschaffung, kann der Staat, aus dessen Hoheitsgebiet die Seeleute heimgeschafft werden sollen, oder der Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, ihre Heimschaffung veranlassen und sich die Kosten von dem EU-Flaggenstaat erstatten lassen.
Für Mitgliedstaaten, die nicht oder noch nicht an die Änderungen gebunden sind, (Mitgliedstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen entweder nicht ratifiziert haben oder noch eine förmliche Erklärung über die Annahme abgeben müssen) hätte ein Tätigwerden der EU den Mehrwert, dass die Vereinbarung auf die Reeder angewandt würde, die unter ihrer Flagge fahren, und damit eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Seeleute und des Sozialschutzes für Seeleute an Bord dieser Schiffe sowie für ihre Familien einherginge.
Außerdem bietet der Vorschlag einen Mehrwert für die Mitgliedstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen samt den bereits in Kraft getretenen Änderungen ratifiziert haben und die somit an sie gebunden sind. In dem Vorschlag wird der Geltungsbereich der Änderungen von 2014 mit dem Geltungsbereich der Richtlinie 2009/13/EG in Einklang gebracht und die Änderungen werden in den Geltungsbereich der Durchführungsrichtlinie 2013/54/EU über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten sowie neben dem für das Seearbeitsübereinkommen eingerichteten Aufsichtssystem in das unionsrechtliche Aufsichts- und Kontrollsystem aufgenommen, einschließlich der Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dadurch erhalten die Seeleute einen umfassenderen Schutz. Gleichzeitig sollte sich der Grad der Einhaltung der neuen Anforderungen aufseiten der Mitgliedstaaten und Reeder erhöhen.
•Verhältnismäßigkeit
Da der Anwendungsbereich des Vorschlags strikt darauf begrenzt ist, die aktualisierten zwingenden Mindeststandards entsprechend den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in EU-Recht umzusetzen, wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen.
Der Vorschlag überlässt es den EU-Mitgliedstaaten, günstigere Standards für Arbeitskräfte zu bewahren oder zu erlassen und ihre jeweilige nationale Situation zu berücksichtigen. Er lässt somit Raum für Flexibilität, was die Wahl der tatsächlichen Maßnahmen zur Durchführung angeht.
•Wahl des Instruments
Als Instrument wurde eine Richtlinie gewählt. Der Begriff „Beschluss“ in Artikel 155 Absatz 2 AEUV wird in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet, um die Wahl des Rechtsinstruments gemäß Artikel 288 AEUV zu ermöglichen. Es obliegt der Kommission, das geeignetste der drei in dem genannten Artikel aufgeführten verbindlichen Instrumente (Verordnung, Richtlinie oder Beschluss) vorzuschlagen.
In Artikel 296 AEUV heißt es: „Wird die Art des zu erlassenden Rechtsakts von den Verträgen nicht vorgegeben, so entscheiden die Organe darüber von Fall zu Fall unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.“
In diesem Fall kommt die Kommission zu dem Schluss, dass eine Richtlinie das bestgeeignete Instrument darstellt, weil damit eine andere Richtlinie (Richtlinie 2009/13/EG) geändert wird und die Vereinbarung der Sozialpartner Pflichten und Rechte beinhaltet, die von den Mitgliedstaaten in das jeweilige nationale Recht umzusetzen sind.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Ex-post-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften
Eine Evaluierung der bestehenden Richtlinie 2009/13/EG wurde nicht vorgenommen, da die Umsetzungsfrist bis zum 20. August 2014 lief und die Prüfung der Einhaltung der Umsetzungsanforderungen noch nicht abgeschlossen ist.
•Konsultation der Interessenträger
Wird die Kommission von den Sozialpartnern aufgefordert, einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates vorzulegen, mit dem ihre Vereinbarung im Einklang mit Artikel 155 AEUV umgesetzt wird, so müssen die Grundsätze für bessere Rechtsetzung ungeachtet der ihnen im Rahmen des AEUV übertragenen Rolle und Autonomie, der Aufgabe der Kommission, den Dialog zwischen ihnen zu fördern, oder der Notwendigkeit allgemeiner Transparenz angewandt werden.
Angesichts der Transparenz des Prozesses, der Tatsache, dass die an dieser Vereinbarung beteiligten Sozialpartner Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter der Branche sind, und der den Sozialpartnern durch Artikel 155 AEUV auferlegten Rolle ist keine weitere öffentliche Konsultation durchgeführt worden.
•Folgenabschätzung
Der Vorschlag sieht vor, die Tragweite der von der IAO im Jahr 2014 erarbeiteten verpflichtenden Änderungen mit dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/13/EG abzustimmen, womit die Möglichkeit gemäß Artikel II Absatz 6 des Seearbeitsübereinkommens ausgeschlossen wird, bestimmte Einzelheiten des Codes, die von der zuständigen Behörde für nicht angemessen oder praktikabel befunden werden, nicht auf Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von unter 200, die nur auf Inlandsfahrten eingesetzt werden, anzuwenden, soweit die Thematik im Rahmen nationaler Maßnahmen anders behandelt wird.
Die daraus resultierenden Auswirkungen sind jedoch aus folgenden Gründen als begrenzt anzusehen:
·Der Datenbank des Seearbeitsübereinkommens zufolge hat bisher noch keiner der ratifizierenden Mitgliedstaaten, für die die von der IAO 2014 ausgearbeiteten Änderungen bereits in Kraft getreten sind, der IAO nationale Feststellungen bezüglich der von der IAO 2014 erarbeiteten Änderungen mitgeteilt.
·Der subjektive Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung ist sehr begrenzt, da er nur für Schiffe gilt, deren Bruttoraumzahl unter 200 liegt und die auf Inlandsfahrten eingesetzt werden.
·Bislang haben einige ratifizierende IAO-Staaten von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht, vornehmlich im Zusammenhang mit bestimmten Einzelheiten von Titel III des Seearbeitsübereinkommens bezüglich Unterkünften. Da sich die von der IAO 2014 erarbeiteten Änderungen auf den Schutz grundlegender Mindestrechte (Heimschaffung, wesentliche Bedürfnisse der Seeleute einschließlich Nahrung und Unterkunft sowie die Bezahlung ausstehender Heuern von bis zu 4 Monaten) sowie auf Entschädigungen im Falle der schlimmsten Ereignisse, die einem Seemann aus beruflichen Gründen zustoßen können, (Tod oder Erwerbsunfähigkeit) beziehen, wird die Anwendung der Ausnahmeregelung in solchen Fällen schwer zu rechtfertigen sein.
·Die möglichen nationalen Ausnahmeregelungen können nicht für die Verpflichtung gelten, im Falle der Zurücklassung über einen Nachweis der finanziellen Sicherheit zu verfügen, da diese Verpflichtung nur für Schiffe gilt, die ein Seearbeitszeugnis mitführen müssen. Hinzuweisen ist ebenfalls auf den Umstand, dass die von der IAO 2014 ausgearbeiteten Änderungen ein bestehendes Schutzsystem verbessern und ausweiten, nach dem die Mitgliedstaaten bereits verpflichtet sind, von allen Schiffen unter ihrer Flagge zu verlangen, die finanzielle Sicherheit zur Deckung der Heimschaffungskosten aufzubringen und bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit aus beruflichen Gründen Schadenersatz zu gewährleisten.
·Für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung (einschließlich der Anforderung, die Sozialpartner zu konsultieren) gelten vergleichsweise strenge Bedingungen.
·Die Mitgliedstaaten sind bei der Überwachung der Anwendung der neuen Anforderungen auf nicht auf Auslandsfahrten eingesetzte Schiffe mit einer Bruttoraumzahl unter 200 gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2013/54/EU flexibel, weshalb die Mitgliedstaaten Überwachungsmechanismen, einschließlich Kontrollen, im Sinne von Artikel II Absatz 6 des Seearbeitsübereinkommens so anpassen können, dass die besonderen Gegebenheiten dieser Schiffe berücksichtigt werden.
In dem Vorschlag werden die von der IAO 2014 ausgearbeiteten Änderungen in den Geltungsbereich der Durchführungsrichtlinie 2013/54/EU über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten und neben dem für das Seearbeitsübereinkommen eingerichteten Aufsichtssystem in das unionsrechtliche Aufsichts- und Kontrollsystem aufgenommen, einschließlich der Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dies sollte zu einer genaueren Einhaltung aufseiten der Mitgliedstaaten und Reeder führen.
Da der Vorschlag im Vergleich zum Basisszenario ansonsten voraussichtlich keine bedeutenden wirtschaftlichen, ökologischen oder sozialen Folgen haben wird, ist für diesen Vorschlag keine Folgenabschätzung vorgenommen worden.
Im Basisszenario wird davon ausgegangen, dass die EU-Mitgliedstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen ratifiziert haben, die Änderungen von 2014 umsetzen werden, da diese in diesen Mitgliedstaaten entweder am 18. Januar 2017 in Kraft getreten sind oder bald in Kraft treten werden. Bleibt die Annahme der Vereinbarung der Sozialpartner aus, ist es daher wahrscheinlich, dass alle ratifizierenden Mitgliedstaaten die Änderungen von 2014 ohnehin anwenden und deshalb die Schutzsysteme für den Fall einer Zurücklassung und einer Entschädigung aufgrund des Todes oder der Verletzung der Seeleute umsetzen würden und dass diese Umsetzung durch das Aufsichtssystem der IAO überwacht werden wird. Dieses System basiert auf der von zwei IAO-Gremien (dem Sachverständigenausschuss für die Anwendung der Übereinkommen und Empfehlungen und dem Dreigliedrigen Ausschuss für die Anwendung der Übereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitskonferenz) durchgeführten Untersuchung nationaler Berichte sowie auf Beobachtungen der Sozialpartner. Falls die Änderungen nicht umgesetzt werden, bietet dieses System jedoch keinen gerichtlichen Mechanismus wie etwa den des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Durch die neuen Anforderungen wird der unglückliche Umstand verhindert, dass Seeleute lange Zeit am Ankerplatz oder im Hafen festsitzen, wenn Reeder ihre Besatzungen zurücklassen, ohne ihnen ihre Heuern zu bezahlen oder sie in ihre Heimatländer zurückzubringen. Die Zahl der aktiven Seeleute in seefahrenden EU-Mitgliedstaaten, plus Norwegen, belief sich 2010 auf schätzungsweise 254 119. Nach Angaben der Datenbank der IAO über zurückgelassene Seeleute wurden seit 2004 192 Handelsschiffe zurückgelassen, von denen 21 unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats fuhren. Im Jahr 2016 wurden 20 Handelsschiffe zurückgelassen, von denen bis zum 30. Mai 2017 lediglich acht Fälle aufgeklärt werden konnten. Von diesen 20 Schiffen, die 2016 zurückgelassen wurden, fuhren vier Schiffe unter einer EU-Flagge mit insgesamt 45 zurückgelassenen Seeleuten. Einige ungeklärte Fälle von Zurücklassung reichen bis ins Jahr 2006 zurück. In der Vergangenheit zögerten die zurückgelassenen Seeleute häufig, ihr Schiff zu verlassen, bis es im Rahmen einer Zwangsversteigerung zur Begleichung ausstehender Forderungen, einschließlich Ansprüchen aufgrund unbezahlter Heuern, veräußert wurde. Die Befriedigung solcher Ansprüche wird nun durch das System der finanziellen Sicherheit beschleunigt. Darüber hinaus wird auch die Begleichung ausstehender Forderungen von Seeleuten oder ihren Familien in Fällen von Tod oder Erwerbsunfähigkeit als Folge ihrer Beschäftigung rascher ablaufen. Dies wird dazu beitragen, die langwierigen Zahlungsverzögerungen und die Verwaltungslasten in Gerichtsverfahren zu vermeiden, denen sich die Seeleute oder ihre Familien oftmals gegenübersehen.
Ein besserer Schutz für zurückgelassene Seeleute wird auch allen EU-Hafenbehörden zugutekommen, da sich die Zahl problematischer Zurücklassungsfälle dadurch verringern wird. Der IAO-Datenbank über zurückgelassene Seeleute zufolge wurden im Jahr 2016 in EU-Häfen fünf Handelsschiffe mit 58 Seeleuten zurückgelassen.
Dennoch gilt die Hafenstaatkontrolle ratifizierender Länder, die die Änderungen angenommen haben, gemäß Seearbeitsübereinkommen (Artikel XV Absatz 13 Buchstabe a) auch für nicht ratifizierende Länder und ratifizierende Länder, die nicht an die Änderungen gebunden sind. Das bedeutet, dass Schiffe, die unter der Flagge eines ratifizierenden EU-Mitgliedstaats, der noch nicht an die Änderungen von 2014 gebunden ist, sowie unter der Flagge eines nicht ratifizierenden EU-Mitgliedstaats fahren, Kontrollen durch die Hafenbehörden der ratifizierenden Länder unterliegen, falls sie die in den Änderungen dargelegten Anforderungen nicht erfüllen.
In Anbetracht dieser im Rahmen des Basisszenarios zu erwartenden Entwicklungen hätte die Richtlinie des Rates daher für keinen der zweiundzwanzig ratifizierenden Mitgliedstaaten, in denen die Änderungen bereits am 18. Januar 2017 in Kraft getreten sind oder bald in Kraft treten werden, sowie für die drei Binnenmitgliedstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen nicht ratifiziert haben, (Österreich, die Tschechische Republik und die Slowakei) nennenswerte Auswirkungen.
Die Anwendung der Bestimmungen dieses Vorschlags wird in den ratifizierenden Mitgliedstaaten zu keiner Erhöhung der Überwachungskosten führen, da ihnen diese Kosten aufgrund ihrer Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens und der entsprechenden Änderungen entstehen. Da es sich bei den nicht ratifizierenden Mitgliedstaaten um Binnenstaaten handelt, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Flotte besitzen, werden ihnen infolge dieses Vorschlags voraussichtlich keine Überwachungskosten entstehen.
Was die potenziellen Überwachungskosten im Falle von Schiffen anbelangt, deren Bruttoraumzahl unter 200 liegt und die nicht auf Auslandsfahrten eingesetzt werden, so dürfen die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2013/54/EU ihre Überwachungsmechanismen, einschließlich Kontrollen, anpassen, um diesen besonderen Umständen Rechnung zu tragen.
·Repräsentativität der EU-Sozialpartner im Seeverkehr
Bei der Beurteilung eines Ersuchens der EU-Sozialpartner, ihre Vereinbarung gemäß Artikel 155 AEUV in EU-Recht umzusetzen, untersucht die Kommission ihre Repräsentativität und ihr Mandat in dem betreffenden Bereich. So ist sichergestellt, dass der Antrag mit dem AEUV in Einklang steht und dass die Vereinbarung eine möglichst breite Unterstützung unter den Betroffenen erfährt.
Nach Artikel 1 des Beschlusses 98/500/EG der Kommission müssen die Sozialpartner auf europäischer Ebene:
(a)
sektor- oder berufsspezifisch sein und über eine Struktur auf europäischer Ebene verfügen;
(b)
aus Verbänden bestehen, die in ihrem Land integraler und anerkannter Bestandteil des Systems der Arbeitsbeziehungen sind, Vereinbarungen aushandeln können und in mehreren Mitgliedstaaten repräsentativ sein; und
(c)
über die geeigneten Strukturen verfügen, um effektiv an dem Anhörungsprozess teilnehmen zu können.
Diese Bedingungen sollten zu dem Zeitpunkt erfüllt sein, an dem die Vereinbarung unterzeichnet wird.
Diese Vereinbarung bezieht sich auf die Arbeitsbedingungen im Seeverkehr, der in den Aufgabenbereich des Ausschusses für den sektoralen sozialen Dialog im Seeverkehr fällt. Die im Ausschuss vertretenen Sozialpartner sind der die Arbeitgeberseite vertretende Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) als Vertreterin der Arbeitnehmer.
Am 30. Juni 2016 veröffentlichte die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) eine Studie zur Analyse des repräsentativen Charakters von ETF und ECSA als Sozialpartnerorganisationen im Seeverkehr auf EU-Ebene.
Mit Ausnahme der Binnenstaaten (Österreich, die Tschechische Republik, Ungarn und die Slowakei) sowie Bulgarien, Lettland, Rumänien und Polen verfügt ECSA in allen EU-Mitgliedstaaten (sowie in Norwegen) über Mitglieder., Zwar kommt eine beträchtliche Zahl der Seeleute aus Polen, doch gibt es in Polen nur sehr wenige Reedereien, und in Lettland gibt es keine sektorbezogenen Arbeitgeberorganisationen. Das bedeutet, dass die einzigen Mitgliedstaaten, auf die die ECSA-Mitgliedschaft realistischerweise ausgeweitet werden könnte, Bulgarien und Rumänien sind.
Die ETF auf Arbeitnehmerseite verfügt über 56 Partner aus 25 Mitgliedstaaten und macht 64 % aller Gewerkschaften mit sektorbezogenen Aktivitäten aus. Zweiundfünfzig dieser Partner sind selbst an branchenbezogenen Tarifverhandlungen beteiligt. Gemäß der von Eurofound durchgeführten Studie verfügt die ETF in allen Mitgliedstaaten mit sektorbezogenen Aktivitäten über sektorbezogene Partner.
Dies legt den Schluss nahe, dass die Sozialpartner, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, – auf Grundlage ihrer Mitgliedschaft – die führenden Sozialpartnerorganisationen in der Branche auf europäischer Ebene darstellen, dass sie den Sektor repräsentieren und dass sie darum berechtigt sind, die Kommission aufzufordern, die Vereinbarung im Einklang mit Artikel 155 AEUV umzusetzen.
·Rechtmäßigkeit der Bestimmungen
Die Kommission hat die Rechtmäßigkeit der Vereinbarung geprüft. Sie hat jede Klausel eingehend geprüft und keine Widersprüche zum Unionsrecht festgestellt. Die Pflichten, die den Mitgliedstaaten auferlegt würden, ergeben sich nicht unmittelbar aus der Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern. Sie wären vielmehr Folge ihrer Durchführung mittels eines Beschlusses des Rates, d. h. einer Richtlinie. Anwendungsbereich und Inhalt der Vereinbarung beziehen sich wie in Abschnitt 2 angegeben nach wie vor auf die in Artikel 153 Absatz 1 AEUV aufgeführten Bereiche.
Die Vereinbarung beinhaltet zwei Pakete von Änderungsanträgen in Bezug auf den Anhang zur Richtlinie 2009/13/EG, die keinerlei Auswirkungen auf die derzeitigen Nichtrückschrittsklauseln in Artikel 3 der Richtlinie haben werden.
•Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Mit dem Vorschlag wird eine Vereinbarung der Sozialpartner umgesetzt. In derartigen Fällen kann die Kommission den Wortlaut der Vereinbarung nicht abändern, sondern ihn lediglich annehmen oder ablehnen.
Die meisten Bestimmungen der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung und der Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens machen keinerlei Unterschied zwischen Arbeitnehmern in KMU und anderen. Sie gelten für alle Schiffe, die gewöhnlich zu gewerblichen Tätigkeiten eingesetzt werden, ausgenommen Schiffe, die zur Fischerei oder zu ähnlichen Zwecken verwendet werden, und Schiffe traditioneller Bauweise wie Dauen und Dschunken. Nach Richtlinie 2013/54/EU können die Mitgliedstaaten ihre Überwachungsmechanismen an die besonderen Gegebenheiten der nicht auf Auslandsfahrten eingesetzten Schiffe mit einer Bruttoraumzahl unter 200 anpassen.
Die Vereinbarung und die Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens stellen an KMU weniger hohe Anforderungen hinsichtlich der Verpflichtung, an Bord Nachweise der finanziellen Sicherheit zur Unterstützung der Seeleute im Falle einer Zurücklassung mitzuführen. Diese Verpflichtung gilt nur für Schiffe, die nach innerstaatlichem Recht verpflichtet sind oder dazu aufgefordert werden, ein Seearbeitszeugnis mitzuführen. Nach Maßgabe von Regel 5.1.3 des Codes des Seearbeitsübereinkommens sind Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von mindestens 500, die auf Auslandsfahrten oder Fahrten zwischen ausländischen Häfen eingesetzt werden, neben kleineren Schiffen, bei denen der Reeder dies verlangt, zum Mitführen eines Seearbeitszeugnisses verpflichtet.
•Grundrechte
Die Ziele dieses Vorschlags entsprechen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere dem in Artikel 31 geschützten Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen, in dem es heißt: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.“
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.
5.WEITERE ANGABEN
•Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie zur Durchführung der Vereinbarung überwachen.
Die Richtlinie 2009/13/EG enthält keine Anforderungen an die Bewertung oder Berichterstattung. Für diese Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG sind keine derartigen Anforderungen geplant.
•Erläuternde Dokumente (für Richtlinien)
Erläuternde Dokumente sind in diesem Fall nicht notwendig.
• Europäischer Wirtschaftsraum
Der Vorschlag betrifft ein Thema mit Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte daher für diesen gelten.
•Ausführliche Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Vorschlags
Artikel 1
Mit diesem Artikel wird die Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern bindend.
Artikel 2
Dieser Artikel umfasst die Änderungen der Richtlinie 2009/13/EG.
(1) In Unterabsatz 1 wird eine Folgeänderung der Nummerierung eingeführt.
(2) Mit Unterabsatz 2 wird eine neue Norm A2.5.2 über „Finanzielle Sicherheit“ mit 14 Absätzen eingefügt.
–Absatz 1 nennt den Zweck der vorgeschlagenen Norm.
–Absatz 2 enthält eine Definition des Begriffs „Zurücklassung“, wofür in den folgenden Fällen aus einem System der finanziellen Sicherheit Unterstützung bereitgestellt würde:
(a) unterlassene Übernahme der Kosten für die Heimschaffung von Seeleuten (bereits in Regel 2.5 Absatz 2 des Anhangs der Richtlinie 2009/13/EG gewürdigt);
(b) fehlender Unterhalt und mangelnde Unterstützung (präzisiert in Absatz 5);
(c) alle sonstigen Situationen, in denen der Reeder einseitig die Verbindung zu einem Seemann beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.
In den Unterabsätzen (b) und (c) wird die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Systems der finanziellen Sicherheit auf zwei neue Situationen von Zurücklassung ausgeweitet.
–Absatz 3 legt die Pflicht eines Mitgliedstaats dar, als Flaggenstaat sicherzustellen, dass ein System der finanziellen Sicherheit für Schiffe besteht, die unter seiner Flagge fahren. Die Form dieses Systems kann variieren und ist von dem Mitgliedstaat nach Konsultation der betreffenden Reeder- und Seeleuteverbände zu bestimmen.
–In Absatz 4 sind die Kriterien für das vom Flaggenstaat festgesetzte System der finanziellen Sicherheit beschrieben, darunter die Notwendigkeit, den zurückgelassenen Seeleuten direkten Zugang, ausreichenden Schutz und unverzügliche finanzielle Unterstützung zu gewähren.
–Absatz 5 enthält wesentliche Angaben bezüglich des in Unterabsatz 2 Buchstabe b erwähnten Begriffs des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung.
–In Absatz 6 ist die Verpflichtung zum Mitführen eines Nachweises der finanziellen Sicherheit für Schiffe dargelegt, die nach innerstaatlichem Recht verpflichtet sind oder dazu aufgefordert werden, ein Seearbeitszeugnis mit sich zu führen.
–Absatz 7 enthält eine Liste der Pflichtangaben des Nachweises, der in englischer Sprache abgefasst oder mit einer Übersetzung ins Englische versehen sein muss.
–In Absatz 8 ist die mit der unverzüglichen finanziellen Unterstützung verbundene Anforderung dargelegt (siehe Absatz 4).
–In Absatz 9 und 10 über die in Absatz 4 vorgeschlagenen Kriterien für den „ausreichenden Schutz“ sind die Einzelheiten und der Umfang der im Rahmen des Systems der finanziellen Sicherheit zu gewährenden Unterstützung beschrieben. Absatz 9 nimmt Bezug zu Regel 2.5 des Anhangs der Richtlinie 2009/13/EG im Hinblick auf die Heimschaffung. Er begrenzt die Gewährleistung der noch ausstehenden Heuern und sonstigen Ansprüche auf vier Monate. Absatz 10 enthält ausführliche Angaben zum Umfang der Heimschaffung im Falle einer Zurücklassung.
–Absatz 11 beschreibt die Pflicht des Anbieters der finanziellen Sicherheit, den Flaggenstaat mindestens 30 Tage vor Aufhebung der finanziellen Sicherheit davon zu unterrichten.
–Absatz 12 sieht den Übergang der Rechtsansprüche eines Anbieters in Bezug auf eine Versicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit vor.
–Absatz 13 weist darauf hin, dass diese Norm in keiner Weise etwaige Rückgriffsrechte des Versicherers oder Sicherheitsanbieters gegenüber Dritten berührt.
–Absatz 14 besagt, dass die im Rahmen der vorgeschlagenen Norm eingeräumten Rechte in keiner Weise etwaige andere Rechte, Ansprüche oder Rechtsbehelfe der Seeleute berühren. Darüber hinaus sieht er die Annahme von Bestimmungen zur Verrechnung von Beträgen vor, die im Rahmen dieser Norm aus anderen Quellen bezogen wurden, wie etwa Schadenersatz im Zusammenhang mit Rechten, Ansprüchen oder Rechtsbehelfen im Sinne der Norm.
(3) In Unterabsatz 3 wird eine Folgeänderung der aktuellen Nummerierung der Norm A4.2 vorgeschlagen, die in „Norm A4.2.1“ umbenannt wird. Die umnummerierte Norm A4.2.1 wird um sieben neue Absätze (8 bis 14) ergänzt. Der Unterabsatz stützt sich dabei auf die bestehende Anforderung in der Norm A4.2 Absatz 1 Buchstabe b. Gemäß dieser Anforderung müssen Reeder eine finanzielle Sicherheit bereitstellen, um im Falle des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit eines Seemanns aufgrund eines Arbeitsunfalls, einer Krankheit oder einer Gefährdung Schadenersatz zu gewährleisten.
–Absatz 8 führt in den Unterabsätzen (a) bis (e) die Mindestanforderungen auf, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften bezüglich des Systems der finanziellen Sicherheit enthalten sein müssen, um nach Absatz 1 Buchstabe b der bestehenden Norm A4.2 Schadenersatz für vertragliche Ansprüche (im Sinne der in Absatz 1 der vorgeschlagenen neuen Norm A.4.2.2 enthaltenen Definition) zu gewährleisten. Sie umfassen das Erfordernis der vollständigen, unverzüglichen Bezahlung, wobei Zwischenzahlungen möglich sind, wenn die Ermittlung des vollen Entschädigungsbetrags schwierig ist.
–In Absatz 9 und 10 wird auf die Anforderungen bezüglich der Benachrichtigung der Seeleute und Flaggenstaaten in Fällen eingegangen, in denen die finanzielle Sicherheit eines Reeders aufgehoben oder gekündigt wird.
–Absatz 11 verpflichtet Schiffe zum Mitführen eines vom Anbieter der finanziellen Sicherheit ausgestellten Nachweises über die finanzielle Sicherheit an Bord.
–Absatz 12 beschreibt die Pflicht des Anbieters der finanziellen Sicherheit, den Flaggenstaat mindestens 30 Tage vor Aufhebung der finanziellen Sicherheit davon zu unterrichten.
–In Absatz 13 ist die Anforderung dargelegt, dass mit der Sicherheit alle von ihr abgedeckten vertraglichen Ansprüche befriedigt werden müssen, die während der Gültigkeitsdauer des Dokuments entstehen.
–Absatz 14 enthält eine Aufzählung der Pflichtangaben des Nachweises über die finanzielle Sicherheit. Ferner ist darin festgelegt, dass das Dokument in englischer Sprache vorliegen muss.
(4) Mit Unterabsatz 4 wird eine neue Norm A4.2.2 über die „Behandlung vertraglicher Ansprüche“ mit drei Absätzen eingefügt.
–In Absatz 1 wird die Bedeutung des im vorgeschlagenen Absatz 8 in der Norm A4.2 (zu A4.2.1 umnummeriert) verwendeten Begriffs „vertragliche Ansprüche“ geklärt.
–Absatz 2 erläutert die verschiedenen möglichen Formen des Systems der finanziellen Sicherheit zur Gewährleistung einer Entschädigung im Falle des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit aus beruflichen Gründen, dessen Form vom Mitglied nach Konsultation der betreffenden Reeder- und Seeleuteverbände zu bestimmen ist.
–Absatz 3 schreibt Mechanismen vor, damit vertragliche Ansprüche im Zusammenhang mit Entschädigungen gemäß der Norm A4.2 (umnummeriert zu A4.2.1) im Wege schneller und fairer Verfahren entgegengenommen, bearbeitet und unparteiisch geklärt werden können.
2017/0181 (NLE)
Vorschlag für eine
RICHTLINIE DES RATES
zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz am 11. Juni 2014 gebilligten Form
(Text von Bedeutung für den EWR)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 155 Absatz 2,
auf Vorschlag der Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Arbeitgeber und Arbeitnehmer (im Folgenden „Sozialpartner“) können gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV gemeinsam beantragen, dass die von ihnen auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden.
(2)Mit der Richtlinie 2009/13/EG des Rates wurde die vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) geschlossene Vereinbarung zur Einbindung der Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in EU-Recht umgesetzt, um die geltenden europäischen Rechtsvorschriften mit den für Seeleute vorteilhafteren Normen des Übereinkommens zu aktualisieren. Mit ihr wurde das Ziel verfolgt, die Arbeitsbedingungen der Seeleute zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf Beschäftigungsverträge, Arbeitszeiten, Heimschaffung, berufliche Entwicklung und Qualifizierung, Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung und Verproviantierung, Schutz von Gesundheit und Sicherheit, medizinische Versorgung und Beschwerdeverfahren.
(3)Im Anschluss an internationale Fachtagungen leitete die IAO ein Verfahren zur Änderung des Übereinkommens ein, um auf Befürchtungen im Zusammenhang mit der Zurücklassung von Seeleuten und der finanziellen Sicherheit einerseits und Ansprüchen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten andererseits einzugehen. Der im Rahmen des Seearbeitsübereinkommens eingerichtete Dreigliedrige Sonderausschuss hat auf seiner Sitzung vom 7. bis 11. April 2014 zwei Änderungen dieser Fragen gebilligt. Die in den Änderungsanträgen enthaltenen Regelungen fielen zum Teil in die Zuständigkeit der Union und betrafen Bereiche, in denen die Union Vorschriften erlassen hatte, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialpolitik und des Verkehrswesens. Darum hat der Rat am 26. Mai 2014 einen Beschluss (2014/346/EU) über den Standpunkt, der im Namen der Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz zu vertreten war, angenommen. Laut diesem Standpunkt sollten die Änderungen des Codes des Seearbeitsübereinkommens angenommen werden.
(4)Die Änderungen wurden von der Konferenz im Rahmen ihrer 103. Tagung am 11. Juni 2014 in Genf gebilligt und sind am 18. Januar 2017 in Kraft getreten. Sie betreffen die Bereitstellung eines wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit, um (i) die Rechte der Seeleute im Falle einer Zurücklassung zu schützen und (ii) eine Entschädigung bei Forderungen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten infolge von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen zu gewährleisten. Sie verbessern und optimieren das bestehende System zum Schutz von Seeleuten, einschließlich der Verpflichtung, einen Nachweis der finanziellen Sicherheit an Bord mitzuführen und das System auf zwei neue Situationen von Zurücklassung auszuweiten. (Bei diesen Situationen handelt es sich um Fälle, in denen Seeleute ohne Gewährleistung des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung zurückgelassen wurden oder der Reeder einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.)
(5)Am 5. Dezember 2016 schlossen die Sozialpartner im Seeverkehr – der Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) – eine Vereinbarung zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens 2006. Sie forderten die Kommission am 12. Dezember 2016 auf, einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV zur Durchführung ihrer Vereinbarung vorzulegen.
(6)Die Vereinbarung der Sozialpartner spiegelt den Inhalt sämtlicher verpflichtender Bestimmungen der 2014 erarbeiteten Änderungen des Seearbeitsübereinkommens wider. Die erste Änderung, in Bezug auf das System der finanziellen Sicherheit im Falle der Zurücklassung von Seeleuten, bezieht sich sowohl auf den Arbeitsschutz als auch die Arbeitsbedingungen und fällt somit unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe a und b AEUV. Die zweite Änderung, bezüglich der Anforderungen an das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen, fällt unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe c über die soziale Sicherheit und den Sozialschutz von Arbeitnehmern. Die Vereinbarung bezieht sich daher auf Angelegenheiten, die in den Geltungsbereich von Artikel 153 AEUV fallen, und kann durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission nach Artikel 155 Absatz 2 umgesetzt werden. Für die Zwecke des Artikels 288 AEUV ist eine Richtlinie das angemessene Instrument für die Durchführung der Vereinbarung.
(7)In Übereinstimmung mit der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 1998 über die Anpassung und Förderung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene hat die Kommission die Repräsentativität der Vertragsparteien und die Rechtmäßigkeit der Vereinbarungsklauseln geprüft.
(8)Die Vereinbarung der Sozialpartner vom 5. Dezember 2016 ändert die zwischen ECSA und ETF am 19. Mai 2008 im Hinblick auf das Seearbeitsübereinkommen geschlossene Vereinbarung, im Anhang zur Richtlinie 2009/13/EG, und bindet die von der IAO 2014 erarbeiteten Änderungen des Seearbeitsübereinkommens in die Richtlinie ein, um die Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und Sicherheit und den Sozialschutz der Seeleute an Bord von Schiffen unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaats zu verbessern.
(9)Mit Änderung der Richtlinie 2009/13/EG durch die von den Sozialpartnern am 5. Dezember 2016 geschlossene Vereinbarung werden die zwingenden Bestimmungen der von der IAO 2014 erarbeiteten Änderungen des Seearbeitsübereinkommens in den Geltungsbereich der Durchführungsrichtlinie 2013/54/EU über die Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten sowie, neben dem für das Seearbeitsübereinkommen eingerichteten Kontrollsystem, in das unionsrechtliche Aufsichts- und Kontrollsystem – insbesondere des Gerichtshofs der Europäischen Union – aufgenommen. Dies sollte zu einer genaueren Einhaltung aufseiten der Mitgliedstaaten und Reeder führen.
(10)Unbeschadet der Bestimmungen der Vereinbarung zur Weiterverfolgung und Überprüfung durch die Sozialpartner auf EU-Ebene wird die Europäische Kommission die Durchführung dieser Richtlinie und der Vereinbarung beobachten.
(11)Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen, wenn Letztere dies gemeinsam beantragen und wenn die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.
(12)Die Kommission hat das Europäische Parlament gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV unterrichtet, indem sie den Wortlaut ihres Vorschlags für eine Richtlinie einschließlich der Vereinbarung übermittelt hat.
(13)Diese Richtlinie steht im Einklang mit den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundrechten und Grundsätzen, insbesondere mit deren Artikel 31.
(14)Ziel dieser Richtlinie ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Gesundheit und Sicherheit sowie des Sozialschutzes der Arbeitnehmer im Seeverkehr, einem grenzüberschreitenden Sektor unter der Flagge verschiedener Mitgliedstaaten. Da die Ziele der Richtlinie von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. In Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Mit dieser Richtlinie wird die Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) vom 5. Dezember 2016 durchgeführt, indem die Richtlinie 2009/13/EG des Rates im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz am 11. Juni 2014 gebilligten Form geändert wird.
Artikel 2
Im Einklang mit der am 5. Dezember 2016 zwischen ECSA und ETF geschlossenen Vereinbarung zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG des Rates im Einklang mit den Änderungen von 2014 des Seearbeitsübereinkommens 2006 in ihrer von der Internationalen Arbeitskonferenz auf der 103. Tagung in Genf am 11. Juni 2014 gebilligten Form wird der Anhang der Richtlinie 2009/13/EG des Rates wie folgt geändert:
1. In der Überschrift „Norm A2.5 – Heimschaffung“ wird „A2.5“ durch „A2.5.1“ ersetzt.
2. Die folgende Norm A2.5.2 wird eingefügt:
„Norm A2.5.2 – Finanzielle Sicherheit
1.
Zur Durchführung der Regel 2.5 Absatz 2 legt diese Norm Anforderungen zur Gewährleistung eines schnellen und wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit fest, um Seeleute im Falle ihrer Zurücklassung zu unterstützen.
2. Für die Zwecke dieser Norm gelten Seeleute als zurückgelassen, wenn der Reeder in Verletzung der Anforderungen dieser Vereinbarung oder der Bedingungen des Beschäftigungsvertrags für Seeleute
(a) die Kosten für die Heimschaffung der Seeleute nicht trägt; oder
(b) die Seeleute ohne Gewährleistung des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung zurückgelassen hat; oder
(c) auf andere Weise einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.
3. Jeder Mitgliedstaat hat sicherzustellen, dass für Schiffe unter seiner Flagge ein System der finanziellen Sicherheit besteht, das die Anforderungen dieser Norm erfüllt. Das System der finanziellen Sicherheit kann ein System der sozialen Sicherheit, eine Versicherung, ein nationaler Fonds oder ein anderes vergleichbares Instrument sein. Seine Form wird von dem Mitgliedstaat nach Konsultation der betreffenden Reeder- und Seeleuteverbände bestimmt.
4. Das System der finanziellen Sicherheit muss im Einklang mit dieser Norm allen zurückgelassenen Seeleuten, die sich an Bord eines Schiffes unter der Flagge des Mitgliedstaats befanden, direkten Zugang, ausreichenden Schutz und unverzügliche finanzielle Unterstützung gewähren.
5. Für die Zwecke des Absatzes 2 Buchstabe b dieser Norm gehören zu den notwendigen Unterhalts- und Unterstützungsleistungen für Seeleute angemessene Nahrung, Unterbringung, Trinkwasserversorgung, der für das Überleben an Bord des Schiffes wesentliche Treibstoff und die notwendige ärztliche Versorgung.
6. Jeder Mitgliedstaat schreibt den unter seiner Flagge fahrenden Schiffen, die nach innerstaatlichem Recht verpflichtet sind, ein Seearbeitszeugnis mit sich zu führen oder dies auf Verlangen des Reeders tun, vor, dass sie eine Bescheinigung oder einen anderen Nachweis über die finanzielle Sicherheit an Bord mit sich führen, die bzw. den der entsprechende Sicherheitsanbieter ausgestellt hat. Eine Kopie davon wird an einer deutlich sichtbaren Stelle an Bord angebracht, wo sie für die Seeleute einsehbar ist. Gibt es mehrere Anbieter finanzieller Sicherheiten, ist das Dokument eines jeden Anbieters an Bord mitzuführen.
7. Die Bescheinigung oder ein anderer Nachweis über die finanzielle Sicherheit ist in englischer Sprache abzufassen oder mit einer Übersetzung ins Englische zu versehen und muss die folgenden Angaben enthalten:
(a) Name des Schiffes;
(b) Heimathafen des Schiffes;
(c) Rufzeichen des Schiffes;
(d) IMO-Nummer des Schiffes;
(e) Name und Anschrift des Anbieters bzw. der Anbieter der finanziellen Sicherheit;
(f) Kontaktdaten der Personen oder der Stelle, die für die Bearbeitung der Unterstützungsanträge der Seeleute zuständig sind;
(g) Name des Reeders;
(h) Gültigkeitsdauer der finanziellen Sicherheit; und
(i) eine Bescheinigung des Anbieters der finanziellen Sicherheit, dass die finanzielle Sicherheit die Anforderungen dieser Norm A2.5.2 erfüllt.
8. Die Unterstützung aus dem System der finanziellen Sicherheit wird auf einen Antrag, der von dem Seemann oder von ihm benannten Vertreter gestellt wird und den erforderlichen Nachweis über den Anspruch gemäß Absatz 2 dieser Norm enthält, unverzüglich gewährt.
9. In Bezug auf Regel 2.5 muss die Unterstützung aus dem System der finanziellen Sicherheit ausreichend sein, um Folgendes abzudecken:
(a) noch ausstehende Heuern und sonstige Ansprüche, die die Seeleute gegenüber dem Reeder aufgrund ihres Beschäftigungsvertrags, des entsprechenden Gesamtarbeitsvertrags oder der innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Flaggenstaats haben, begrenzt auf vier Monate für sämtliche ausstehenden Heuern und sonstigen Ansprüche;
(b) alle den Seeleuten entstandenen vertretbaren Aufwendungen, einschließlich der in Absatz 10 dieser Norm genannten Heimschaffungskosten; und
(c) die wesentlichen Bedürfnisse der Seeleute einschließlich angemessener Nahrung, Kleidung, sofern erforderlich, Unterbringung, Trinkwasserversorgung, des für das Überleben an Bord des Schiffes wesentlichen Treibstoffs, der notwendigen ärztlichen Versorgung und anderer vertretbarer Kosten oder Aufwendungen, und zwar vom Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung, die die Zurücklassung begründet, bis zur Rückkehr der betreffenden Seeleute nach Hause.
10. Die Heimschaffungskosten umfassen die Kosten für die Reise mit geeigneten und schnellen Transportmitteln, in der Regel mit dem Flugzeug, und schließen die Kosten für Verpflegung und Unterbringung der Seeleute vom Zeitpunkt des Verlassens des Schiffes bis zur Rückkehr an den Bestimmungsort ihrer Heimschaffung ein; sie umfassen ferner die notwendige medizinische Versorgung, die Beförderung der persönlichen Habe sowie jegliche anderen vertretbaren Kosten oder Aufwendungen, die sich aus der Zurücklassung ergeben.
11. Die finanzielle Sicherheit endet nicht vor dem Ablauf der Gültigkeit der finanziellen Sicherheit, es sei denn, der Anbieter der finanziellen Sicherheit hat mindestens 30 Tage zuvor die zuständige Behörde des Flaggenstaats davon in Kenntnis gesetzt.
12. Hat der Anbieter einer Versicherung oder einer anderen finanziellen Sicherheit eine Zahlung gemäß dieser Norm an Seeleute geleistet, so erwirbt dieser Anbieter bis zur Höhe des gezahlten Betrags im Einklang mit dem geltenden Recht im Wege der Abtretung, der Übertragung oder auf andere Weise die Rechte, auf die die Seeleute Anspruch gehabt hätten.
13. Diese Norm berührt in keiner Weise etwaige Rückgriffsrechte des Versicherers oder Sicherheitsanbieters gegenüber Dritten.
14. Die Bestimmungen dieser Norm zielen nicht auf Ausschließlichkeit ab; andere Rechte, Ansprüche oder Rechtsbehelfe, die ebenfalls zur Entschädigung zurückgelassener Seeleute zur Verfügung stehen, bleiben davon unberührt. Innerstaatliche Rechtsvorschriften können vorsehen, dass jegliche nach dieser Norm zahlbaren Beträge mit aus anderen Quellen erhaltenen Beträgen verrechnet werden können, die auf Rechte, Ansprüche oder Rechtsbehelfe zurückgehen, die Gegenstand von Entschädigungen im Rahmen der vorliegenden Norm sein können.“
3. In der Überschrift „Norm A4.2 – Verpflichtungen der Reeder“ wird „A4.2“ durch „A4.2.1“ ersetzt und die folgenden Absätze werden hinzugefügt:
„8. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften gewährleisten, dass das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung gemäß Absatz 1 Buchstabe b dieser Norm bei vertraglichen Ansprüchen gemäß der Norm A4.2.2 nachstehende Mindestanforderungen erfüllt:
(a) die vertragliche Entschädigung wird – sofern im Beschäftigungsvertrag für Seeleute festgehalten und unbeschadet von Buchstabe c dieses Absatzes – in voller Höhe und unverzüglich gezahlt;
(b) es darf keinen Druck geben, eine Zahlung unterhalb des vertraglich vereinbarten Betrags zu akzeptieren;
(c) lässt sich der vollständige Entschädigungsbetrag, auf den die Seeleute Anspruch haben, aufgrund der Art ihrer Erwerbsunfähigkeit nur schwer ermitteln, sollen ihnen eine oder mehrere Zwischenzahlungen geleistet werden, um unbillige Härten zu vermeiden;
(d) gemäß der Regel 4.2 Absatz 2 erhalten die Seeleute die Zahlungen unbeschadet anderer rechtlicher Ansprüche, jedoch kann der Reeder diese Zahlungen mit jeglichen anderen Schadensersatzforderungen verrechnen, die Seeleute gegenüber dem Reeder geltend machen und die auf dem gleichen Vorfall beruhen; und
(e) der Anspruch auf vertragsgemäße Entschädigung kann unmittelbar von den betreffenden Seeleuten, ihren nächsten Angehörigen oder einem Vertreter der Seeleute oder einem benannten Begünstigten geltend gemacht werden.
9. In den innerstaatlichen Rechtsvorschriften wird sichergestellt, dass die Seeleute im Voraus informiert werden, wenn die finanzielle Sicherheit eines Reeders aufgehoben oder gekündigt werden soll.
10. In den innerstaatlichen Rechtsvorschriften wird sichergestellt, dass die zuständige Behörde des Flaggenstaats vom Anbieter der finanziellen Sicherheit unterrichtet wird, wenn die finanzielle Sicherheit eines Reeders aufgehoben oder gekündigt wird.
11. Jeder Mitgliedstaat schreibt den unter seiner Flagge fahrenden Schiffen vor, dass sie an Bord eine Bescheinigung oder einen anderen Nachweis über die finanzielle Sicherheit mit sich führen, die bzw. den der Anbieter der finanziellen Sicherheit ausgestellt hat. Eine Kopie davon wird an einer deutlich sichtbaren Stelle an Bord angebracht, wo sie für die Seeleute einsehbar ist. Gibt es mehrere Anbieter finanzieller Sicherheiten, ist das Dokument eines jeden Anbieters an Bord mitzuführen.
12. Die finanzielle Sicherheit endet nicht vor dem Ablauf der Gültigkeit der finanziellen Sicherheit, es sei denn, der Anbieter der finanziellen Sicherheit hat mindestens 30 Tage zuvor die zuständige Behörde des Flaggenstaats davon in Kenntnis gesetzt.
13. Durch die finanzielle Sicherheit wird die Zahlung aller davon abgedeckten vertraglichen Ansprüche gewährleistet, die während der Gültigkeit des Dokuments entstehen.
14. Die Bescheinigung oder ein anderer Nachweis über die finanzielle Sicherheit ist in englischer Sprache abzufassen oder mit einer Übersetzung ins Englische zu versehen und muss die folgenden Angaben enthalten:
(a) Name des Schiffes;
(b) Heimathafen des Schiffes;
(c) Rufzeichen des Schiffes;
(d) IMO-Nummer des Schiffes;
(e) Name und Anschrift des Anbieters bzw. der Anbieter der finanziellen Sicherheit;
(f) Kontaktdaten der Personen oder der Stelle, die für die Bearbeitung der vertraglichen Forderungen der Seeleute zuständig sind;
(g) Name des Reeders;
(h) Gültigkeitsdauer der finanziellen Sicherheit; und
(i) eine Bescheinigung des Anbieters der finanziellen Sicherheit, dass die finanzielle Sicherheit die Anforderungen der Norm A4.2.1 erfüllt.“
4. Die folgende Norm A4.2.2 wird eingefügt:
„Norm A4.2.2 – Behandlung vertraglicher Ansprüche
1. Für die Zwecke der Norm A4.2.1 Absatz 8 und der vorliegenden Norm bezeichnet der Begriff ‚vertraglicher Anspruch‘ jeden Anspruch im Zusammenhang mit dem Tod oder der Erwerbsunfähigkeit der Seeleute aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, dem Beschäftigungsvertrag für Seeleute oder dem Gesamtarbeitsvertrag.
2. Das System der finanziellen Sicherheit gemäß der Norm A4.2.1 Absatz 1 Buchstabe b kann ein Sozialversicherungssystem, eine Versicherung, ein Fonds oder ein anderes vergleichbares Instrument sein. Seine Form wird von dem Mitgliedstaat nach Konsultation der betreffenden Reeder- und Seeleuteverbände bestimmt.
3. In den innerstaatlichen Rechtsvorschriften wird sichergestellt, dass wirksame Mechanismen bestehen, damit vertragliche Ansprüche im Zusammenhang mit Entschädigungen gemäß der Norm A4.2.1 Absatz 8 im Wege schneller und fairer Verfahren entgegengenommen, bearbeitet und unparteiisch geklärt werden können.“
Artikel 3
(1)Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission den Wortlaut dieser Vorschriften unverzüglich mit.
Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(2)Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten einzelstaatlichen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 4
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 5
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Rates
Der Präsident