Brüssel, den 24.3.2017

COM(2017) 147 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Beschleunigung der Kapitalmarktunion: Beseitigung nationaler Hindernisse für Kapitalströme


1.Einführung

Wie erfolgreich die Investitionsoffensive für Europa bei der Bündelung von Finanzmitteln für Projekte mit einem Mehrwert für die europäische Wirtschaft ist, hängt auch davon ab, inwieweit die EU und ihre Mitgliedstaaten in der Lage sind, gemeinsam Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen zu überwinden. Im Rahmen der dritten Säule der Investitionsoffensive, deren Schwerpunkt auf der Beseitigung von Investitionshindernissen liegt, hat sich die Kommission deshalb verpflichtet, das Verfahren zur Errichtung einer Kapitalmarktunion zu beschleunigen.

Für die Schaffung integrierter Finanzmärkte als ein Bestandteil der Kapitalmarktunion müssen wichtige Entscheidungen auf europäischer Ebene getroffen werden, aber es ist auch ein entschlossenes Engagement der einzelnen Mitgliedstaaten notwendig, um nationale Hindernisse abzubauen. Ein Tätigwerden auf nationaler Ebene ist erforderlich, um die für einen Investitionszuwachs und eine effizientere Kapitalallokation notwendigen klaren, berechenbaren und stabilen Rahmenbedingungen zu schaffen, die letztlich die Finanzierung von Unternehmen und Infrastrukturvorhaben fördern.

Nach einer Aufforderung des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ vom Juni 2015 hat sich die Kommission mit einer Expertengruppe mit Vertretern aus den Mitgliedstaaten zusammengesetzt und versucht, die nationalen Hindernisse für grenzüberschreitende Kapitalströme zu erfassen und Wege zu finden, wie sich Hindernisse, die weder durch Erwägungen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt noch verhältnismäßig sind, am besten beseitigen lassen. Das Europäische Parlament hat an diesen Arbeiten als Beobachter teilgenommen. Das Ergebnis dieser Arbeit sollte eine gemeinsame Roadmap für die Beseitigung dieser Hindernisse sein, die eine Ergänzung zu anderen Initiativen zum Abbau bestehender Investitionshemmnisse wäre, die die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters und der Arbeiten für die Kapitalmarktunion ermittelt hat und die mithilfe des Dienstes zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) 1 die Kapitalmärkte weiterentwickeln sollen.

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Art der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten mit der gegenseitigen Evaluierung nationaler Anforderungen, der gegenseitigen Begutachtung und dem Austausch bewährter Verfahren erhebliche Vorteile mit sich bringen kann. In diesem Sinne hat die Expertengruppe eine Reihe von Hindernissen in Angriff genommen, die in erster Linie in die nationale Zuständigkeit fallen und auf der Grundlage von Beiträgen von Mitgliedstaaten und Rückmeldungen von Interessenträgern in verschiedenen Konsultationen ausgewählt wurden, die im Zusammenhang mit der Kapitalmarktunion durchgeführt wurden. 2 Auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Nachweise und Informationen legt die Kommission im vorliegenden Bericht ihre Auslegung der Rechtslage in den Mitgliedstaaten dar. Nach der Annahme der ersten Fassung des Berichts am 27. Februar 2017 wurde die Kommission auf einige Ungenauigkeiten, insbesondere unvollständige oder widersprüchliche Angaben, hingewiesen, woraufhin sie beschloss, diese geänderte Fassung des Berichts anzunehmen.

Die erste von der Expertengruppe ermittelte Reihe von Hindernissen betrifft Aspekte, die sich während des gesamten Investitionszyklus hemmend auf grenzüberschreitende Transaktionen von Investoren auswirken. In diesem Bericht wird zwischen Ex-ante-Hindernissen, die unmittelbar bei der Erwägung der Anleger, grenzübergreifend tätig zu werden, zum Tragen kommen, In-itinere-Hindernissen, die Anleger davon abhalten, sich weiterhin oder stärker grenzübergreifend zu engagieren, und Ex-post-Hindernissen, die am Ende des Investitionsverfahrens zu Schwierigkeiten führen, unterschieden.

Bei jeder der oben genannten Kategorien stützt sich der vorliegende Bericht auf die Beratungen in der Expertengruppe. Es werden Vorschläge für die weitere Vorgehensweise unterbreitet, ohne dass es notwendigerweise bei jedem Thema einen Konsens zwischen den Mitgliedstaaten gab. Die Kommission erwartet, dass sich die Mitgliedstaaten auf die vorgeschlagene Roadmap einigen und entsprechende Maßnahmen treffen. Sie wird die Umsetzung der Roadmap beobachten, weiterhin in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten umfassende, aktuelle Informationen erfassen und fordert die Expertengruppe auf, weitere Hindernisse in für die Kapitalmarktunion relevanten Bereichen zu ermitteln. Die Roadmap soll dynamischen Charakter haben und um zusätzliche, vor 2019 zu treffende Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernissen, die möglicherweise in einer zweiten Phase ermittelt werden, erweitert werden.

2.Ex-ante-Hindernisse

2.1.Hindernisse für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds

Der EU-Vertriebspass hat dazu beigetragen, einen erfolgreichen grenzübergreifenden Markt zu schaffen: 80 % der Fonds von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und 40 % der alternativen Investmentfonds (AIF) werden mittlerweile grenzübergreifend vertrieben. Allerdings ist der Vertrieb von Fonds nach wie vor geografisch begrenzt. Ein Drittel der grenzübergreifend vertriebenen Fonds werden nur in einen anderen Mitgliedstaat verkauft, ein weiteres Drittel in höchstens vier weitere Mitgliedstaaten. Die Gründe hierfür können unter anderem die konzentrierten Fondsvertriebskanäle in einzelnen Mitgliedstaaten, kulturelle Vorlieben und fehlende Anreize für den grenzüberschreitenden Wettbewerb sein. In den Antworten auf diverse Konsultationen wurden jedoch auch zusätzliche Vorschriften genannt, die die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der AIFM-Richtlinie 3 und der OGAW-Richtlinie 4 in nationales Recht erlassen haben.

In ihrer diesbezüglichen Arbeit konzentrierte sich die Expertengruppe darauf, Hindernisse zu ermitteln und zu beseitigen, die nationalen Bestimmungen oder Verfahren geschuldet sind. Darüber hinaus leitete die Kommission auch angesichts des Handlungsbedarfs auf EU-Ebene eine öffentliche Konsultation zu den Hindernissen für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds ein, in der auch diese Fragen thematisiert wurden. 5 Weitere Tätigkeiten, die sich aus der Konsultation der Kommission ergeben und im Einklang mit diesem Bericht erfolgen werden, werden zu gegebener Zeit bekannt gegeben.

2.1.1.Vertriebsanforderungen

Mehrere Mitgliedstaaten haben angeführt, dass große Unterschiede in der nationalen Gesetzgebung und unterschiedliche Aufsichtsansätze ein erhebliches Hemmnis für einen uneingeschränkt wirksamen EU-Pass im Bereich der Vermögensverwaltung darstellen.

Eine hohe Rechtsunsicherheit besteht insbesondere:

i)    in den sehr frühen Lebenszyklen eines Fonds, etwa der Phase vor der Gründung, wenn Vermögensverwalter das Interesse der potenziellen Investoren sondieren müssen, und

ii)    in der Phase nach der Gründung des Fonds, wenn Fondsmanager von potenziellen Kunden kontaktiert werden können.

Die Verwaltungsgesellschaften sehen sich mit den Kosten für die Recherche und die Einhaltung der nationalen Vertriebsvorschriften, Finanzförderungs- und Verbraucherschutzregelungen konfrontiert; hinzu kommen zeitaufwändige Übersetzungen und erforderliche Änderungen an ihren Vertriebsunterlagen.

Um mehr Klarheit zu schaffen, haben die Mitgliedstaaten in der Expertengruppe auch erörtert, ob das „Pre-Marketing“ mit potenziellen professionellen Kunden und der Erwerb auf Initiative dieser Kunden (das sogenannte „Reverse Solicitation“) nicht als „Vertrieb“ von Anteilen eines Fonds betrachtet werden könnten. Sie würden in dem Fall nicht unter die einzelstaatlichen Vertriebsanforderungen fallen.

Die Expertengruppe war der Ansicht, dass das „Pre-Marketing“ Situationen abdecken sollte, in denen noch keine Zeichnungsoptionen gegeben sind und einer begrenzten Anzahl potenzieller professioneller Kunden deswegen Entwürfe von Fonds-Unterlagen, nicht aber Zeichnungsunterlagen vorgelegt werden.

„Reverse Solicitation“ 6 wurde als Auftrag eines professionellen Kunden zum Erwerb von Anteilen an einem bestimmten, bereits bestehenden Fonds betrachtet, ohne dass ein vorheriges direktes oder indirektes Angebot oder eine vorherige direkte oder indirekte Platzierung von einer Verwaltungsgesellschaft oder in deren Namen erfolgt ist. Der Kontakt darf daher nur auf Initiative des Anlegers zustande kommen und keine Reaktion auf vorherige Angebote oder Platzierungen sein.

Die Kommission begrüßt die Bemühungen der Mitgliedstaaten, im Rahmen der Expertengruppe eine gemeinsame Auslegung von „Pre-Marketing“ und „Reverse Solicitation“ zu finden, und fordert sie auf, ihre nationalen Vorschriften weiter zu prüfen, um für mehr Konvergenz in diesem Bereich zu sorgen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, weiterhin mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zusammenzuarbeiten, um aufsichtliche Konvergenz in diesem Bereich zu erreichen.

2.1.2.Administrative Vorkehrungen

Auch wenn die OGAW-Richtlinie Aufnahmemitgliedstaaten erlaubt, abweichende administrative Vorkehrungen zu treffen, könnten diese als Hindernis für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Fonds betrachtet werden. Auch sind sie in Bezug auf ihren Zusatznutzen für lokale Anleger und insbesondere angesichts der Entwicklungen im Bereich der neuen Technologien nicht immer gerechtfertigt.

Die meisten Mitgliedstaaten verlangen, dass Einrichtungen, die für die Auszahlung, Zeichnung und den Erhalt von Zahlungen zuständig sind, in ihrer Rechtsordnung niedergelassen sind. Einige Mitgliedstaaten wenden dieselbe Anforderung in Bezug auf an Kleinanleger vertriebene AIF an oder verlangen, dass die Aufgaben der Zahlstelle aus Verbraucherschutzgründen von einem lokalen Kreditinstitut wahrgenommen werden. Einige wenige Mitgliedstaaten schreiben auch die Benennung eines lokalen Vertriebshändlers vor, sobald der OGAW oder AIF an Kleinanleger vertrieben wird.

Unbeschadet künftiger Initiativen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, die derzeit in ihrer jeweiligen nationalen Rechtsordnung geltenden administrativen Vorkehrungen weiter zu erfassen, um unnötige Verwaltungslasten bis 2019 zu beseitigen.

2.1.3.Behördliche Gebühren für den grenzübergreifenden Vertrieb

Für die Ausstellung von Pässen findet bei allen EU-Investmentfonds ein formelles Notifizierungsverfahren Anwendung, in dessen Rahmen die zuständigen nationalen Behörden in vielen Fällen eine Gebühr erheben.

Die Vorkehrungen variieren erheblich, und zwar sowohl in Bezug auf die absolute Höhe der Gebühren als auch auf die Art und Weise, wie sie berechnet werden. Folgende Faktoren werden einbezogen: die Rechtsform des Fonds, der Zielmarkt (professionelle Kunden oder Kleinanleger), die Anzahl der Unterfonds und die verwalteten Vermögenswerte. So kann beispielsweise die einmalige Registrierungsgebühr für einen eigenständigen OGAW zwischen 115 EUR und 1 100 EUR liegen, während die einmalige Registrierungsgebühr für einen eigenständigen AIF 200 EUR bis 2 520 EUR betragen kann. Die Jahresgebühren für eigenständige OGAW und AIF reichen von 200 EUR bis über 4 000 EUR.

Die Unterschiede bei den von den Aufnahmemitgliedstaaten erhobenen behördlichen Gebühren, der Mangel an Transparenz bei den Berechnungsmethoden und die geltenden Regulierungsrahmen hemmen die Entwicklung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Fonds in der EU. Die in den verschiedenen Rechtsvorschriften für Fonds verankerten Notifizierungsverfahren sehen derzeit keine behördlichen Gebühren vor. In einigen Fällen, wie z. B. bei EuVECA und EuSEF 7 , sind sämtliche Aufsichtsbefugnisse den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats vorbehalten und ist es den Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten ausdrücklich untersagt, Anforderungen oder Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Vertrieb vorzuschreiben. Die Kommission hat bereits vorgeschlagen, die den Verwaltern entstehenden Kosten zu reduzieren, und in ihren Vorschlägen zur Änderung der EuVECA- und EuSEF-Verordnungen die Erhebung von Gebühren durch die zuständigen nationalen Behörden im Aufnahmemitgliedstaat ausdrücklich untersagt.

Die Expertengruppe hob die Unterschiede bei den nationalen Aufsichtsregelungen im Zusammenhang mit der OGAW-Richtlinie und der AIFM-Richtlinie hervor und stellte fest, dass die Gebühren entweder als Maßnahme zur Deckung der Aufsichts- und Verwaltungskosten, die den zuständigen nationalen Behörden bei der Bearbeitung der Notifizierung entstehen, und/oder als Maßnahme zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und ausländischen Akteuren betrachtet werden können, um Regulierungsarbitrage zu vermeiden.

Obwohl die Verwaltungsgebühren in absoluten Zahlen vielleicht kein wesentliches Hindernis sind, so stellen sie zusammen mit den Rechts- und Beratungskosten, die aufgrund der Tätigkeiten in verschiedenen nationalen Märkten entstehen, insbesondere für kleine Verwalter eine erhebliche Belastung dar. Daher waren sich die Mitgliedstaaten einig, dass Klarheit, Transparenz und Berechenbarkeit der einzelstaatlichen Gebühren verbessert werden müssen.

Unbeschadet anderer Initiativen in diesem Bereich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, aufbauend auf den Erörterungen in der Expertengruppe Maßnahmen zu ergreifen, die klare und transparente Vorschriften bei ihren behördlichen Gebühren gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sollten auf einer einzigen nationalen Website umfassende und nutzerfreundliche Informationen zu sämtlichen mit der Notifizierung zusammenhängenden Gebühren – ob einmalige oder jährlich anfallende Gebühren – veröffentlichen.

Im Rahmen der Konsultation zum grenzüberschreitenden Vertrieb von Fonds bewertet die Kommission derzeit, ob Notifizierungsgebühren mit einem effizienten Notifizierungsverfahren und den in den Rechtsvorschriften vorgesehenen Pass-Rechten vereinbar sind, und – falls die Erhebung von Gebühren gestattet werden sollte – wie sichergestellt werden kann, dass diese verhältnismäßig sind und nicht über das Notwendige hinausgehen. Soweit Gebühren zulässig sind, beabsichtigt die Kommission, mit den Mitgliedstaaten und der ESMA weiter die möglichen Vorteile einer einzigen öffentlichen Domain mit Informationen rund um die Gebühren in Form einer vergleichenden Website oder eines zentralen Datenspeichers zu erörtern.

2.2.Investitionsvorschriften für Pensionsfonds

Die Expertengruppe befasste sich mit der Frage, ob es aufgrund nationaler Beschränkungen bei Investitionen von Pensionsfonds möglicherweise eine Bevorzugung der Heimatmärkte bei der Auswahl von Investitionen gibt. Dies könnte für Fonds der sogenannten „Säule 1a“ (die unter dem Dach der Sozialversicherung tätig sind, aber privat verwaltet werden) und der „Säule 2“ (betriebliche Altersversorgung) von Bedeutung sein. Da die „Säule 3“ (private Altersvorsorge) im Wesentlichen durch Versicherungsregelungen abgedeckt ist, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie von dieser Art Beschränkungen betroffen ist. Die bisherigen Arbeiten haben bestätigt, dass viele Mitgliedstaaten bei Investitionen in verschiedene Anlageklassen, in an nicht regulierten Märkten gehandelte Aktien oder in nicht börsennotierte Aktien Grenzen setzen. Der Großteil der geografischen Beschränkungen gilt lediglich für Investitionen außerhalb der EU, des EWR und/oder der OECD. Sie alle scheinen durch allgemeine Aufsichtsvorschriften 8 gerechtfertigt zu sein und sind nicht der Hauptgrund für die eingeschränkten grenzüberschreitenden Investitionen in der EU.

Der Grund, warum einige Pensionsfonds ihre Heimatmärkte bevorzugen, könnte nicht so sehr in nationalen Regulierungszwängen liegen, sondern vielmehr in anderen Faktoren, die ihre Investitionsentscheidungen beeinflussen, wie die Rahmenbedingungen für Unternehmen, projektbezogene Garantien und administrative und steuerlicher Hemmnisse. 9 Einige Pensionsfonds investieren grenzübergreifend, allerdings scheinen sie dies überwiegend außerhalb der EU zu tun.

Die Investitionsoffensive für Europa bietet durch den Europäischen Investitionsfonds und den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) eine Gelegenheit, die grenzüberschreitenden Investitionen von Pensionsfonds in der EU zu erhöhen. Das Projekt „Kopenhagen Infrastruktur II“ 10 ist ein Beispiel für eine gemeinsame Investition von Pensionsfonds im Bereich erneuerbare Energien in Deutschland und dem Vereinigten Königreich – mit Unterstützung des EFSI. Die Kommission hat kürzlich eine Initiative für einen europaweiten Risikokapital-Dachfonds ins Leben gerufen, um mehr private institutionelle Anleger, darunter auch Pensionsfonds, anzuziehen. 

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, im Rahmen einer Untergruppe ihr Augenmerk auf erfolgreiche Beispiele für grenzüberschreitende Investitionen in der EU unter Beteiligung von Pensionsfonds zu richten, um

i)    die wichtigsten Faktoren für Investitionsentscheidungen von Pensionsfonds zu ermitteln und bewährte Verfahren zu fördern, und

ii)    das Bewusstsein für neue Möglichkeiten im Rahmen der Investitionsoffensive zu schärfen, damit Investitionen in die Infrastruktur für institutionelle Anleger attraktiver und leichter zugänglich werden.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf:

i)    die Möglichkeiten, die die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal bieten, zu fördern;

ii)    die Rolle der nationalen Förderbanken und die Komplementarität öffentlicher und privater Fonds zu festigen; und

iii)    die Einrichtung eines Netzes nationaler Förderbanken in Abstimmung mit der Europäischen Investitionsbank 11 zu unterstützen, um die Bemühungen zur Förderung von Beteiligungs- und Risikokapital aufeinander abzustimmen und die Ziele des EFSI 2.0 12 vollständig zu erreichen.

2.3.Unterschiedliche nationale Ansätze in Bezug auf Crowdfunding

Die Kommission beobachtet 13 derzeit die Entwicklung des investitionsbasierten und des kreditbasierten Crowdfunding und stellt auf der Grundlage verfügbarer Studien fest, dass sich die grenzüberschreitende Tätigkeit immer noch in Grenzen hält. 14

Viele Plattformen scheinen Gebietsfremden u. a. aufgrund verschiedener Verbraucher- und Anlegerschutzregelungen ihre Dienste zu verweigern, sodass eine Ausweitung auf neue Märkte nur durch die Errichtung neuer Niederlassungen möglich ist.

Weitere mögliche nationale Hindernisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten sind die Unterschiede in

den Begriffsbestimmungen von Crowdfunding und im Geltungsbereich der von investitionsbasierten Modellen ausgehenden Tätigkeiten,

den nationalen Kreditvermittlungsvorschriften für kreditbasierte Modelle;

den Genehmigungsvoraussetzungen (z. B. Eigenkapitalanforderungen), und

den Geschäftsanforderungen (z. B. auf dem Gebiet der Berufsqualifikationen, der Informationen und Risikowarnungen, der Sorgfaltspflicht, der Interessenkonflikte oder der Anlagebeschränkungen).

Durch diese Vielfalt stellt sich die Frage, ob Plattformen auf andere nationale Märkte zugreifen können, ohne sich dort niederlassen zu müssen, inwieweit die Verbraucher bei vorübergehenden grenzüberschreitenden Leistungen geschützt sind und ob die Behörden die Erfüllung der Auflagen in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigen können (z. B. in Bezug auf Mindestkapital oder Organisationsstrukturen).

Bedenken gibt es auch in Bezug auf die Vorschrift in einigen Mitgliedstaaten, investitionsbasierte Plattformen auf nationaler Ebene genehmigen zu lassen, auch wenn sie dank ihres MiFID-Passes befugt sein sollten, bei MiFID-Finanzinstrumenten grenzüberschreitende Wertpapierdienstleistungen zu erbringen. Die Kommission wird diese Entwicklung genau beobachten.

Die Kommission wird diese Fragen prüfen und sie mit Crowdfunding-Plattformen, den europäischen Aufsichtsbehörden und den Mitgliedstaaten erörtern.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, ob ihre nationalen Rechtsvorschriften im Bereich des Crowdfunding einen wirksamen und verhältnismäßigen Anleger- und Verbraucherschutz bieten und gleichzeitig grenzüberschreitende Aktivitäten zulassen.

3.In-itinere-Hindernisse

3.1.Wohnsitz- und Standortauflagen für Führungskräfte von Finanzmarktakteuren

Wenn verlangt wird, dass bestimmte Positionen nur mit Personen besetzt werden dürfen, die einen Wohnsitz im Land vorweisen können, so kann es für die Unternehmen vor Ort schwierig werden, Fachkräfte aus dem Ausland anzuziehen. Auch ausländische Unternehmen, die eigenes Personal in die Verwaltung einer Tochtergesellschaft einbeziehen wollen, stoßen auf Probleme.

Nach den Informationen, die der Kommission vorliegen, gibt es in einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten solche Anforderungen, die sich aus Rechtsvorschriften oder Aufsichtsverfahren ergeben. Diese können die Mehrheit der Mitglieder der Leitungs- und Verwaltungsorgane oder nur ein oder zwei dieser Mitglieder betreffen und sie können für alle Arten von Finanzdienstleistungen oder nur für einige, etwa für in diesen Ländern niedergelassene Versicherungen, Banken oder Fondsverwalter, gelten.

Einige Mitgliedstaaten verlangen, dass leitende Mitarbeiter mit Zuständigkeit für Aufgaben der täglichen Verwaltung ständig in den im Land gelegenen Räumlichkeiten anwesend sind.

Solche Anforderungen mögen große Banken oder Versicherungsgesellschaften nicht vor enorme Probleme stellen, doch muss man sich fragen, ob sie wirklich angebracht sind. Zudem können sie sich nicht nur auf kleinere Anbieter von Finanzdienstleistungen, sondern auch auf die persönliche Freiheit der Betroffenen negativ auswirken.

Die Mitgliedstaaten führen zur Begründung solcher Anforderungen unterschiedliche Argumente an, wie die Vereinfachung der Überwachung, die Gewährleistung einer wirksamen Verwaltung, geografische Gegebenheiten und die Verhinderung von Betrugsfällen. Dennoch entsteht der Eindruck, dass diese doch sehr allgemein gehaltenen Beschränkungen grundlegender Freiheiten des Binnenmarktes nicht gerechtfertigt, nicht geeignet und nicht auf das erforderliche Maß beschränkt sind. In den meisten Fällen dürften zudem moderne Kommunikationsmittel ausreichen, um einige dieser Ziele zu erreichen.

Zuständige nationale Behörden können natürlich verlangen, dass Führungskräfte über genügend Zeit verfügen, um ihr Mandat wahrzunehmen, dass sie anwesend sind, wenn sie gebraucht werden und dass sie über die für ihr Amt erforderlichen Kenntnisse, Kompetenzen und Erfahrungen verfügen. Das Wohnsitzerfordernis ist zwar kein allein entscheidendes Kriterium, könnte in diesem Zusammenhang aber Berücksichtigung finden.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, Wohnsitzerfordernisse für Führungskräfte von Finanzunternehmenmit Wohnsitz in der EU zu streichen, wenn diese Erfordernisse nicht gerechtfertigt, angemessen oder verhältnismäßig sind.

3.2.Unzureichendes Finanzwissen

Angesichts der zunehmenden Komplexität von Finanzprodukten droht die Gefahr, dass Verbraucher und KMU ohne angemessenes Verständnis der einschlägigen Risiken finanzielle Fehlentscheidungen treffen oder optimale Investitions- oder Finanzierungsgelegenheiten verpassen; dies gilt insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext.

Die Mitgliedstaaten haben verschiedene Schulungsprogramme zur Verbesserung des Finanzwissens aufgelegt 15 . Der Schwerpunkt liegt dabei meist auf der Vermittlung von grundlegendem Finanzwissen an wichtige soziale Gruppen (z. B. Jugendliche oder Rentner) oder schutzbedürftige Gruppen (z. B. Zuwanderer und junge Mütter). Grenzüberschreitende Möglichkeiten sind nicht unbedingt Thema dieser Schulungen, obwohl die Kenntnisse in diesem Bereich sehr uneinheitlich und unvollständig sind.

Die meisten Mitgliedstaaten haben gezielte Initiativen zur Unterstützung von KMU ergriffen. Bei Maßnahmen zur Förderung der Kapitalmarktunion sollte der Schwerpunkt folglich auf der Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten für KMU 16 und auf Ermittlung und Austausch von innovativen (meist Online-) Lösungen liegen, um Unternehmen, die sich auch in anderen Mitgliedstaaten über den Markt finanzieren wollen, wirksam zu unterstützen. Das „Enterprise Europe Network“ berät europäische KMU in diesem Zusammenhang zu verschiedenen Themen, auch zu Möglichkeiten zur Verbesserung ihres Finanzwissens.

Einschlägige Lösungen sollten stets der Tatsache Rechnung tragen, dass hinsichtlich der Vermittlung von Finanzwissen sowohl zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten als auch in den Mitgliedstaaten selbst große Unterschiede bestehen. 17 Sie sollten auch Konzepte außerhalb der formalen Bildung in Betracht ziehen und Spielraum für die innovative Vermittlung praktischer Erfahrung lassen.

Die Kommission begrüßt die Bereitschaft der Mitgliedstaaten, sich weiter für die Stärkung des Finanzwissens zu engagieren 18  und zu diesem Zweck den Austausch bewährter Verfahren für die Gestaltung, Umsetzung und Evaluierung von Programmen zu fördern, die darauf ausgelegt sind, unter Berücksichtigung grenzüberschreitender Aspekte das Finanzwissen bestimmter Zielgruppen zu bestimmten Finanzprodukten zu verbessern.

Die Expertengruppe könnte Beiträge zu möglichen Initiativen für die Kapitalmarktunion leisten, die darauf abzielen, innovative Lösungen zur Verbesserung der Kenntnisse von KMU zu entwickeln und diese beim Zugang zu Finanzierungsquellen auf den Kapitalmärkten unterstützen.

3.3.Sonstige Fragen

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass einige Mitgliedstaaten Hindernisse für das Bankengeschäft ausgemacht haben, darunter mögliche Hindernisse für den freien Fluss von Liquidität innerhalb grenzübergreifend tätiger Bankengruppen, die die zuständigen nationalen Behörden zusätzlich zu den bereits bestehenden Aufsichtsvorschriften geschaffen haben. Solche Probleme sollten spätestens ab dem 1. Januar 2018 der Vergangenheit angehören, wenn die von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde regelmäßig überwachte Liquiditätsdeckungsquote in Höhe von 100 % vollständig eingeführt wird. 19 Einige Mitgliedstaaten haben auch die Schwierigkeiten angesprochen, die die nationalen Aufsichtsbehörden bei der Gewährung grenzüberschreitend geltender Ausnahmen von Liquiditätsanforderungen für Institute und ihre Tochtergesellschaften in der EU und bei deren Beaufsichtigung als eine Liquiditätsuntergruppe zu bewältigen haben. Dieses Thema wird derzeit in anderen Foren erörtert.

4.Ex-post-Hindernisse

4.1.Unterschiede im nationalen Insolvenzrecht

In der jüngsten Mitteilung zur Kapitalmarktunion 20 wurden die negativen Auswirkungen von Abweichungen und Ineffizienzen in bestimmten nationalen Insolvenzordnungen auf grenzüberschreitende Investitionen und Darlehen hervorgehoben. Diese führen im Ergebnis zu Rechtsunsicherheit, zusätzlichen Kosten und Hindernissen für die wirksame Restrukturierung wirtschaftlich existenzfähiger Unternehmen, einschließlich grenzüberschreitender Gruppen, in der EU.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auf, den jüngsten Vorschlag der Kommission über Restrukturierungen und eine „zweite Chance“ 21 zu unterstützen und dessen Bestimmungen vor dem Hintergrund der vereinbarten Ziele für die Vertiefung des Binnenmarktes zu sehen.

Diese Unterschiede auf nationaler Ebene wirken sich auch auf die Kreditvergabe der Banken aus, da diese sich in Bezug auf Fristen, Kosten und die Beitreibung von Werten in unterschiedlichen Situationen wiederfinden. Um sich einen genauen und zuverlässigen Überblick zu verschaffen, hat die Kommission mit einem Benchmarking der nationalen Regelungen für die Darlehensvollstreckung, einschließlich der der Insolvenzregelungen, begonnen.

Das Benchmarking, mit dessen Ergebnissen im Sommer 2017 gerechnet wird, wird den Mitgliedstaaten dabei helfen, die Effizienz und Transparenz ihrer Insolvenz- und Inkassoverfahren zu verbessern.

4.2.Diskriminierende und aufwendige Verfahren für Quellensteuererleichterungen

Kapitalmarktinvestoren und Mitgliedstaaten haben die Verfahren für Quellensteuererleichterungen wiederholt als wichtiges Hindernis für grenzüberschreitende Investitionen genannt. Wie auf der Tagung des Rats „Wirtschaft und Finanzen“ vom November 2015 im Zusammenhang mit der Förderung von Initiativen für die Kapitalmarktunion hervorgehoben wurde, bedarf es „pragmatischer Lösungen für seit langem bestehende steuerliche Hindernisse wie die Doppelbesteuerung in Verbindung mit derzeitigen Quellenbesteuerungsregelungen“.

Nach Erteilung dieses politischen Mandats hat die Expertengruppe darüber gesprochen, welcher Art die festgestellten Probleme sind und welche bewährten Verfahren bestehen. Sie hat festgehalten, dass dieses Problem in einer gut funktionierenden Kapitalmarktunion angegangen werden muss und dass über die Erfassung der bestehenden Hindernisse und bewährten Verfahren hinaus die entsprechenden Arbeitsgruppen zu Fragen der Besteuerung weitere Schritte tun sollten.

Um eine Doppelbesteuerung grenzüberschreitender Investitionen zu vermeiden, ist in den meisten bilateralen Steuerabkommen eine Erstattung der Quellensteuer vorgesehen. In der Praxis müssen die Investoren jedoch komplexe, schwierige, aufwendige und kostspielige Verfahren durchlaufen.

Investoren, die in der EU tätig sind, müssen nicht nur komplexe Anforderungen zum Nachweis eines Wohnsitzes erfüllen, sondern darüber hinaus bis zu 56 verschiedene nationale Formulare ausfüllen. In vielen Mitgliedstaaten gibt es hierfür keine entsprechenden Online-Verfahren. Zudem sind Investoren regelmäßig dazu verpflichtet, ihre Ansprüche über einen Akteur vor Ort geltend zu machen, und hindern nationale Verfahrensweisen sie daran, sich von ihren nationalen Finanzinstituten unterstützen zu lassen.

Deshalb verfließen in manchen Mitgliedstaaten Jahre, ehe Steuerrückzahlungen tatsächlich geleistet werden, während andere Mitgliedstaaten dies innerhalb weniger Wochen schaffen 22 . Das ist nicht hinnehmbar.

Aufwendige Verfahren zur Erstattung der Quellensteuer sollten umso dringlicher angegangen werden, als sie alle Arten von Finanzinstrumenten (Anleihen, Aktien und Derivate) und Interessenträgern betreffen. Übermäßige Kosten für die Einhaltung der Vorgaben halten Kleinanleger davon ab, Forderungen geltend zu machen, und führen für institutionelle Anleger zu erheblichen administrativen Aufwendungen. Im Januar 2016 wurden die Gesamtkosten für Verfahren zur Erstattung der Quellensteuer auf 8,4 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt. Diese Summe ergibt sich aus (wegen komplexer Verfahren und kostspieliger Sachverständigengutachten) nicht in Anspruch genommenen Steuererleichterungen, den Kosten für Rückforderungsverfahren und den Opportunitätskosten (da diese Mittel aufgrund der verzögerten Erstattungen nicht für andere Zwecke verwendet werden können) 23 .

In ihrer Empfehlung des Jahres 2009 über Verfahren für Quellensteuererleichterungen 24 hat die Kommission alle Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, gut funktionierende Verfahren für Steuererleichterung an der Quelle einzuführen oder, falls dies nicht möglich ist, schnelle, standardisierte Erstattungsverfahren einzurichten.

Eine begleitende Studie zur Empfehlung des Jahres 2009 hat gezeigt, dass die Vereinfachung der Verfahren für Quellensteuererleichterungen positive Spillover-Effekte hat. Finnland und Irland haben bestätigt, dass die Erstattungsverfahren nach Einführung der Steuererleichterung an der Quelle zuverlässiger und effizienter funktionieren, der Verwaltungsaufwand geringer ist und sowohl bei den Steuerverwaltungen als auch den Finanzintermediären Ressourcen frei wurden. Auch Deutschland und die Niederlande haben berichtet, dass neue elektronische Systeme ihre Kontrollmechanismen wirksamer gemacht und die Steuerhinterziehung im Quellenstaat erheblich verringert haben.

Trotz einiger Fortschritte kann der allgemeine Status quo nach wie vor nicht zufriedenstellen, da Lösungen durchaus bekannt sind und in einigen Mitgliedstaaten auch erfolgreich umgesetzt wurden. Die Bestandsaufnahme der Expertengruppe führte zu der nachstehenden Liste mit neun bewährten Verfahren (zusätzlich zur Steuererleichterung an der Quelle) und zeigte, dass vor allem ein Mitgliedstaat besonders gut in der Lage ist, seine diesbezüglichen Erfahrungen weiterzugeben.

Schnellerstattung

Bewährte Verfahren

Mitgliedstaat

„Schnellerstattungsverfahren“ vorhanden

Niederlande

Tatsächliche Erstattung innerhalb einer kurzen Frist (< 6 Monate)

Slowenien (7-30 Tage)

Klassisches Rückerstattungsverfahren

Bewährte Verfahren

Mitgliedstaat

Vereinfachung der Dokumentationspflichten (z. B. andere Nachweise als eine Bescheinigung des steuerlichen Wohnsitzes, Verlängerung der Gültigkeit der Bescheinigung auf mehr als ein Jahr)

Schweden (keine zusätzlichen Informationen erforderlich, Auditverfahren vorhanden)

Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für die Bearbeitung der Erstattungsanträge

Vereinigtes Königreich (für große Unternehmen)

Ersetzen der Erstattungsformulare durch ein einziges Dokument

Zypern

Online-Zugriff auf Erstattungsformulare

Portugal

Online-Abwicklung des gesamten Erstattungsverfahrens

Finnland

Ausländische Finanzinstitute dürfen das Quellensteuererstattungsverfahren abwickeln (d. h. kein Erfordernis eines Akteurs vor Ort)

Estland

Ausländische Finanzinstitute dürfen im Namen ihrer Kunden Ansprüche geltend machen

Litauen

Die Kommission fordert die Steuerexperten der Mitgliedstaaten auf, die Bedeutung der im Rahmen einer gemeinsamen Roadmap ermittelten, neun bewährten Verfahren zu bewerten und gegebenenfalls zu bestätigen. Jeder Mitgliedstaat sollte sich zur Umsetzung bestimmter bewährter Verfahren bis 2019 verpflichten. Die erzielten Fortschritte könnten in Form eines mit den Mitgliedstaaten abgestimmten Scoreboards überwacht werden.

Die Kommission schlägt vor, diese Anstrengungen in einschlägigen Arbeitsgruppen zu Fragen der Besteuerung weiter voranzubringen; die Expertengruppe würde regelmäßig über die Fortschritte unterrichtet und könnte in Anbetracht der Bedeutung des Themas für die Kapitalmarktunion eine unterstützende Rolle spielen.

Darüber hinaus wird die Kommission mit nationalen Steuerexperten einen Verhaltenskodex für Grundsätze der Quellensteuererleichterung erarbeiten. Im Einklang mit dem Aktionsplan zur Schaffung einer Kapitalmarktunion 25 und der jüngsten Mitteilung 26 werden die von der Expertengruppe ermittelten bewährten Verfahren die Grundlage für einen Verhaltenskodex für effizientere Grundsätze der Quellensteuerbefreiung/-erstattung bieten.

Die Expertengruppe wird dabei eine unterstützende Rolle spielen und regelmäßig über die erzielten Fortschritte informiert.

5.Schlussfolgerung und Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahmen

Bei der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten liegt der Schwerpunkt auf Hindernissen in Bereichen nationaler Zuständigkeit, die durch freiwillige Maßnahmen angegangen werden können und bei denen die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit bereit sind. Aufgrund der Art der bewerteten Hindernisse können die kumulativen Wirkungen von Maßnahmen auf nationaler Ebene positive Auswirkungen auf grenzüberschreitende Investitionen haben.

Jedes dieser Hindernisse beeinträchtigt grenzüberschreitende Investitionen in unterschiedlichem Maße, doch fehlte es bisherigen Bewertungen an einer wirtschaftlichen Analyse der Auswirkungen der einzelnen Hemmnisse, die auf europäischer oder nationaler Ebene festgestellt wurden.

Ausgehend von der Häufigkeit, mit der Hindernisse in den Antworten auf die Konsultation und von den Mitgliedstaaten in der Expertengruppe genannt wurden, ergibt sich folgende Aufteilung (von dem am seltensten (x) zu den am häufigsten (xxx) genannten Hindernissen):

Bedeutung der Hindernisse (nach Häufigkeit der Nennung)

x

xx

xxx

Vertriebsanforderungen

xxx

Administrative Vorkehrungen

xx

Behördliche Gebühren für grenzüberschreitenden Vertrieb

x

Unterschiedliche Ansätze in Bezug auf Crowdfunding

xx

Wohnsitzerfordernisse

xxx

Unzureichendes Finanzwissen

xx

Unterschiede im Insolvenzrecht

xxx

Verfahren der Quellensteuererleichterung

xxx

Angesichts der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Reformen für die Schaffung einer Kapitalmarktunion zu beschleunigen, fordert die Kommission diese zu Gesprächen und einer Einigung auf die nachstehend aufgeführten Maßnahmen im Rahmen einer gemeinsamen Roadmap (Kommission/Mitgliedstaaten) zur Beseitigung nationaler Hindernisse für Kapitalströme auf.

Dieser Prozess schließt nicht aus, dass die Kommission mögliche Legislativvorschläge oder sonstige Instrumente zur Bewältigung der ermittelten Hindernisse prüft.

Die Kommission beabsichtigt, weiterhin alle Kategorien von Interessenträgern, einschließlich der Industrie und institutioneller Akteure (z. B. Europäische Investitionsbank und Europäischer Investitionsfonds), zu Fragen der Kapitalmarktunion zu konsultieren, um möglichst viele fundierte Standpunkte über bestehende Hindernisse und mögliche Lösungen einzuholen. Auch die Halbzeitüberprüfung zur Kapitalmarktunion wird diesbezüglich interessante Einblicke verschaffen.

Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bewerten, welche Auswirkungen die in der Roadmap vereinbarten Maßnahmen vor dem Hintergrund der Vollendung der Kapitalmarktunion auf grenzüberschreitende Investitionen haben. Das Ergebnis dieser Bewertung wird in die Prüfung der Notwendigkeit weiterer Maßnahmen einfließen. Die Kommission betrachtet die nachstehende Liste vorgeschlagener Maßnahmen nicht als erschöpfend und ersucht die Mitgliedstaaten, in der Expertengruppe weitere Hindernisse mit Relevanz für die Kapitalmarktunion zu ermitteln. Mögliche Themen umfassen nationale Berichtspflichten, die zusätzlich zu den bestehenden Rechtsvorschriften der EU auferlegt werden, Hindernisse für den Online-Vertrieb von Investmentfonds, Hindernisse für kleinere institutionelle Anleger, die keinen MiFID-Pass erhalten können, oder Hindernisse für den Vertrieb von Finanzprodukten für Privatkunden.



Roadmap der Kommission mit Maßnahmenvorschlägen

Thema

Maßnahme

Akteur

Mögliche Zeitplanung

Investmentfonds

Weitere Überprüfung der nationalen Vorschriften zur Förderung eines gemeinsamen Verständnisses und regulatorischer Konvergenz von „Pre-Marketing“ und „Reverse Solicitation“

Mitgliedstaaten (MS) und ESMA

Q4 2017

Weitere Erfassung administrativer Vorkehrungen

Expertengruppe (EG)

Q4 2017

Gewährleistung einer umfassenden und benutzerfreundlichen Veröffentlichung aller Gebühren für die Notifizierung von Fonds auf einer einzigen Website

MS

Q4 2017

Prüfung der Möglichkeiten für die Einrichtung einer einzigen öffentlichen Domain mit Informationen über Gebühren in Form einer vergleichenden Website oder eines zentralen Datenspeichers

EG mit ESMA

Q4 2017

Pensionsfonds

Ermittlung der Antriebsfaktoren für grenzüberschreitende Investitionen, Förderung bewährter Verfahren in den MS und Sensibilisierung für neue Möglichkeiten im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa unter Einbindung der nationalen Förderbanken

Untergruppe interessierter MS mit Beteiligung der Pensionsfonds

Q3 2017

Wohnsitzerfordernisse

Streichung ungerechtfertigter und unverhältnismäßiger Wohnsitzerfordernisse aus Rechtsvorschriften und Verwaltungspraktiken in Bezug auf Verwalter mit Wohnsitz in der EU

MS

Q4 2017

Finanzwissen

Beginn des Austauschs bewährter Verfahren für Schulungsprogramme im Bereich Finanzwissen unter Berücksichtigung der grenzüberschreitenden Dimension

Untergruppe interessierter MS unter dem Vorsitz von Kroatien

Q2 2017

Beiträge zu möglichen Initiativen für die Kapitalmarktunion mit Blick auf die Entwicklung innovativer Lösungen zur Verbesserung der Kenntnisse von KMU und zu deren Unterstützung beim Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen auf den Kapitalmärkten

EG

2018

Quellensteuer

Bewertung und gegebenenfalls Bestätigung der Relevanz der neun bewährten Verfahren im Bereich der Quellensteuer, Einigung auf eine Liste dieser Verfahren und ein entsprechendes Scoreboard

Steuerexperten der MS

Q2 2017

Gespräche über das weitere Vorgehen in einer Arbeitsgruppe „Steuern“ mit dem Ziel, dass jeder Mitgliedstaat sich zu einer Liste bewährter Verfahren zur Verbesserung des Status quo bis 2019 verpflichtet

Steuerexperten der MS

Q3 2017

Arbeiten mit nationalen Steuerexperten zur Erstellung eines Verhaltenskodex für Grundsätze der Quellensteuererleichterung

Steuerexperten der MS

Q4 2017

(1) Der SRSS wurde im Juli 2015 eingerichtet, um den Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen technische Unterstützung bei der Durchführung wachstumsfördernder Strukturreformen zu bieten. Die Kommission hat ein Programm zur Unterstützung von Strukturreformen vorgeschlagen, um die Gesamtkapazität der Mitgliedstaaten für die Erarbeitung und Durchführung institutioneller, struktureller und administrativer Reformen auszubauen. Dazu gehört auch die Bereitstellung technischer Hilfe für die Mitgliedstaaten im Bereich der Entwicklung der Kapitalmärkte.
(2) Hervorzuheben sind hier die Konsultation zum Grünbuch „Schaffung einer Kapitalmarktunion“ ( http://ec.europa.eu/finance/consultations/2015/capital-markets-union/index_de.htm ), die Konsultation zur Sondierung ( http://ec.europa.eu/finance/consultations/2015/financial-regulatory-framework-review/index_de.htm ) und die Konsultation zum grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds ( http://ec.europa.eu/finance/consultations/2016/cross-borders-investment-funds/index_de.htm ).
(3) Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 171 vom 1.7.2011, S. 1.
(4) Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32.
(5) Die öffentliche Konsultation endete am 9. Oktober 2016: http://ec.europa.eu/finance/consultations/2016/cross-borders-investment-funds/index_de.htm .
(6) Das „Reverse Solicitation“ ist eine Praxis, die sich weitgehend, aber nicht ausschließlich auf AIF, insbesondere professionelle Anleger, begrenzt.
(7) Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 345/2013 über Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA) und der Verordnung (EU) Nr. 346/2013 über Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF).
(8) Nach Maßgabe des Artikels 18 der Richtlinie 2003/41/EG (EBAV) und des Artikels 132 der Richtlinie 2009/138/EG („Solvabilität II“).
(9)

   Die Kommission hat eine Studie in Auftrag gegeben, um eine potenzielle steuerliche Diskriminierung grenzüberschreitender Investitionen von Pensionsfonds und Lebensversicherungen zu ermitteln.

(10) http://cipartners.dk/
(11) Siehe z. B. die Equity-Plattform des Europäischen Investitionsfonds und nationaler Förderbanken: http://www.eif.org/what_we_do/equity/NPI/index.htm.
(12) Ausbau der europäischen Investitionen für Beschäftigung und Wachstum: Einleitung der zweiten Phase des Europäischen Fonds für strategische Investitionen und einer europäischen Investitionsoffensive für Drittländer, COM(2016) 581 final: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52016DC0581&from=de .
(13)

   „Crowdfunding in the EU capital markets union“ (SWD(2016) 154 final); ( http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10102/2016/EN/10102-2016-154-EN-F1-1.PDF ).

Um das Finanzwissen von KMU über das Crowdfunding in ihren verschiedenen Formen zu verbessern, hat die Kommission einen EU-Leitfaden erstellt, der abrufbar ist unter: https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/crowdfunding-guide_en.

(14) Siehe z. B. The European alternative finance benchmarking report, University of Cambridge, 2015: http://www.jbs.cam.ac.uk/fileadmin/user_upload/research/centres/alternative-finance/downloads/2015-uk-alternative-finance-benchmarking-report.pdf .
(15) Siehe Financial education in Europe: trends and recent developments, OECD Publishing (2016), Paris: http://dx.doi.org/10.1787/9789264254855-en .
(16) Siehe Programm 2014-2020 für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) .
(17) Eurobarometer (2012): http://ec.europa.eu/internal_market/finservices-retail/docs/policy/eb_special_373-report_en.pdf .
(18) Diese Arbeiten werden in einer Untergruppe von Mitgliedstaaten unter Federführung von Kroatien durchgeführt.
(19)

   Artikel 412 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (CRR).

(20) Siehe Mitteilung der Kommission vom Mittwoch, 14. September 2016: Kapitalmarktunion: die Reform rasch voranbringen ( http://ec.europa.eu/finance/capital-markets-union/docs/20160913-cmu-accelerating-reform_en.pdf ).
(21) Am 22. November 2016 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie 2012/30/EU vor (COM(2016) 723).
(22)

     Bericht 2013 der Beratenden Gruppe Steuerhemmnisse „Workable solutions for efficient and simplified fiscal compliance procedures related to post-trading within the EU“ ( http://ec.europa.eu/info/publications/report-tax-barriers-business-advisory-group-tbag_en ).

(23)  Quelle: Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission.
(24)  Siehe Empfehlung der Kommission vom 19. Oktober 2009 über Verfahren zur Quellensteuererleichterung: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32009H0784 .
(25) Siehe Aktionsplan der Kommission vom 30. September 2015 zur Schaffung einer Kapitalmarktunion: http://ec.europa.eu/finance/capital-markets-union/docs/building-cmu-action-plan_de.pdf .
(26) Siehe Mitteilung der Kommission vom Mittwoch, 14. September 2016: Kapitalmarktunion: die Reform rasch voranbringen ( http://ec.europa.eu/finance/capital-markets-union/docs/20160913-cmu-accelerating-reform_en.pdf ).