11.4.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 129/82


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Initiative für die nachhaltige Entwicklung der blauen Wirtschaft im westlichen Mittelmeerraum“

(COM(2017) 183)

(2018/C 129/14)

Berichterstatter:

Dimitris DIMITRIADIS

Befassung

Europäische Kommission, 31.5.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

REX

Annahme in der Fachgruppe

7.11.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung am

6.12.2017

Plenartagung Nr.

530

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

159/1/1

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Die sozial nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung von Meeresbecken und Küstengebieten, die den bestehenden Ungleichheiten entgegenwirkt und die Erhaltung der kulturellen und biologischen Vielfalt sicherstellt, ist von herausragender Bedeutung. Außerdem gehört sie zu den besonders geeigneten Bereichen für die Einführung von Systemen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb der EU. Daher unterstützt der EWSA die spezifische Initiative für die nachhaltige Entwicklung der blauen Wirtschaft im westlichen Mittelmeerraum und fordert die Organe der EU auf, die Konsultationsrunde abzuschließen und die entsprechende Taskforce einzurichten.

1.2

Der EWSA ist der Auffassung, dass der Erfolg dieser Initiative gute Kommunikation und ein angemessenes Klima der Zusammenarbeit zwischen den daran beteiligten Mitgliedstaaten und den europäischen Institutionen erfordert. Die Union für den Mittelmeerraum (UfM) wird ersucht, eine wichtige Rolle bei der effizienten Verknüpfung aller Beteiligten zu übernehmen.

1.3

Der EWSA hält es für erforderlich, die Initiative auf drei Wegen auszuweiten:

1.3.1

Neben den in der spezifischen Initiative ausgewählten Handlungsbereichen — (1) mehr Sicherheit und Gefahrenabwehr im Meeresraum, (2) eine intelligente und krisenfeste blaue Wirtschaft mit Fokus auf Kompetenzentwicklung, Forschung und Innovation, (3) bessere Verwaltung der Meere — schlägt der EWSA die thematische Ausweitung der Initiative auf biologische Vielfalt, Erhaltung und interkulturelle Kommunikation sowie eine konkretere Strategie zur Unterstützung kleiner und sehr kleiner (in sehr geringem Umfang betriebener) Produktionsaktivitäten vor.

1.3.2

Darüber hinaus ist der EWSA der Auffassung, dass es von großer Bedeutung sein wird, die fortschreitende Entwicklung beruflicher und akademischer Ausbildungssysteme und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen diesen Systemen als horizontales Handlungsgebiet einzuschließen und die Leistungsfähigkeit der übrigen Bereiche der blauen Wirtschaft zu stärken. Daher sollte nach dem Ansatz der makroregionalen Strategie vorgegangen werden.

1.3.3

Langfristig wird es nicht möglich sein, Sicherheit im Seeverkehr, Sicherheitsfragen, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Erhaltung von Kultur und Umwelt effizient zu handhaben, wenn wir nicht der Tatsache Rechnung tragen, dass der Mittelmeerraum eine historische, wirtschaftliche und ökologische Einheit bildet (1). Obschon die erhöhten geopolitischen Spannungen und die Verschärfung der Konflikte im östlichen Teil des Mittelmeerbeckens erklären, warum die Initiative im westlichen Mittelmeerraum ihren Anfang nimmt, sollte dies als Pilotanwendung verstanden werden, die wertvolle Erfahrungen und beste Praktiken liefern und auf einen ganzheitlichen Ansatz für den Mittelmeerraum ausgeweitet werden kann (siehe auch die Ziffern 3.3, 3.4 und 3.5).

1.4

Der EWSA geht davon aus, dass der Erfolg der Initiative ein hohes Maß an grenzüberschreitender und bereichsübergreifender Koordination erfordert. Die in den vergangenen 20 Jahren umgesetzten Strategien und Programme für den Mittelmeerraum haben aufgrund der unterschiedlichen Einstellungen und des Mangels an wirksamer Koordinierung zwischen den Institutionen der Gemeinschaft und den öffentlichen Verwaltungen in Nicht-EU-Mittelmeeranrainerstaaten unbefriedigende Ergebnisse gebracht und umfangreiche Mittel wurden nicht ausgeschöpft; in einigen Fällen hat Bürokratie unter dem Vorwand der Transparenz übermäßige Hindernisse für die Verwendung vorhandener Mittel geschaffen. Dies impliziert den Bedarf für ein Teilprojekt der technischen Unterstützung, das folgende Themen abdeckt:

1.4.1

Eine gründliche vergleichende Analyse, durch die in der bestehenden Masse der Initiativen mit ähnlichem (wenn nicht identischem) Fokus (siehe die Ziffern 3.9 und 3.10) die Überschneidungsbereiche ermittelt werden, um Ressourcen zu sparen und die endgültigen Ergebnisse zu stärken. Der EWSA weist auf das Risiko hin, dass die Durchführung der Initiative verzögert oder sogar eingestellt werden könnte, wenn es keine eindeutige Definition der mittel- und langfristigen Ziele und/oder keine spezifische Definition der Kompetenzen der teilnehmenden Organe und Einrichtungen gibt.

1.4.2

Ein operativer Masterplan, in dem die Befugnisse der Taskforce für die blaue Wirtschaft, die spezifischen organisatorischen und administrativen Instrumente, die jeweilige Rolle der regionalen, nationalen und internationalen beteiligten Institutionen sowie ein genau umrissener Zeitplan festgelegt werden (siehe auch die Ziffern 4.5 und 4.6). Da Forschungseinrichtungen eine bedeutende Rolle spielen werden, sollte(n) der (die) Verfasser dieses Masterplans auch die regionale Heterogenität hinsichtlich des Vorhandenseins eines erfahrenen und kompetenten F&E-Sektors sowie bestehende Beispiele erfolgreicher F&E-Zusammenarbeit sowohl an der nördlichen als auch an der südlichen Küste des Mittelmeerraums berücksichtigen.

1.4.3

Planung und Umsetzung einer ausreichend breit angelegten Kommunikationsstrategie, mit der der Inhalt der Initiative der blauen Wirtschaft und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und Perspektiven veröffentlicht werden, um (i) alle Institutionen und Akteure, die besonders auf regionaler und lokaler Ebene einbezogen werden und/oder betroffen sein können, zu erfassen, und (ii) die einschlägigen Informationen unter ihnen zu verbreiten.

1.5

Neben den vorstehenden allgemeinen Empfehlungen werden im Folgenden ausführliche Schlussfolgerungen und sachdienliche Vorschläge dargelegt:

1.5.1

Der EWSA stimmt zu, dass eine effektivere Vernetzung der für die Überwachung der Landes- und der Seegrenzen an beiden Küsten zuständigen Behörden sowie der systematische Austausch und die systematische Analyse von Daten in enger Zusammenarbeit mit Frontex und anderen globalen, transnationalen Institutionen wie der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) für die erfolgreiche Bekämpfung der Kriminalität und des Terrorismus erforderlich sind.

1.5.2

Angesichts der Vernetzung der für die Sicherung der Land- und Seegrenzen zuständigen Behörden lenkt der EWSA das besondere Augenmerk auf die Regeln der „guten Regierungsführung“ und beharrt darauf, dass sorgfältig zu prüfen ist, ob die Menschenrechte sowohl individuell als auch kollektiv gebührend berücksichtigt werden (siehe auch Ziffer 4.1).

1.5.3

Für eine effiziente Raumplanung und ein effizientes Küstenmanagement sollte der Ansatz der Vierfach-Helix auf transnationaler und besonders auf regionaler/lokaler Ebene verfolgt werden. Dazu bedarf es einer verstärkten Einbindung örtlicher Behörden (Gemeinden und Regionen), Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen. Zu diesem Zweck sollte die Kommission Akteure des örtlichen öffentlichen und privaten Sektors zur Konsultation über die Mitteilung und die spezifischen Handlungsbereiche — Verkehrssicherheit und Gefahrenabwehr, Fischerei, Tourismus und Energie, sozialer Zusammenhalt und Umweltverträglichkeit — einladen (siehe auch die Ziffern 4.2.1 und 4.3).

1.5.4

„Blaues Wachstum“ (2) ist eine der wichtigen langfristigen Strategien zur Erreichung der Ziele des intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums von Europa 2020: Fischerei und Aquakultur, Küsten(öko)tourismus, Schiffslogistik (die aufgrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklungen für den Mittelmeerraum von erhöhter Bedeutung ist), marine Biotechnologie, Meeresenergie und Meeresbodenbergbau bieten neue, vielfältige Unternehmenschancen.

1.5.5

Klein- und Kleinstunternehmen, Heimindustrie und Familienbetriebe mit traditionellen Oganisationsstrukturen, Betriebskonzepten und Aktivitäten bilden das Rückgrat der örtlichen Wirtschaften auf beiden Seiten des Mittelmeerbeckens. Daher könnte durch die Vernetzung und die Verbände für Klein- und Kleinstproduzenten auch die Resilienz und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und gleichzeitig die dringend benötigte Differenzierung zwischen den von ihnen gelieferten Waren und Dienstleistungen erhalten werden. Deshalb ist der EWSA der Auffassung, dass es mindestens genauso wichtig ist, neben innovativem und technisch fortschrittlichem Unternehmertum spezifische, gut angepasste Programme für traditionelle Wirtschaftstätigkeiten zu fördern und dabei örtliche Besonderheiten in den Blick zu nehmen (siehe die Ziffern 3.6, 3.7, 4.2.2, 4.2.3 und 4.2.4).

1.5.6

Da die Armut und Jugendarbeitslosigkeit in den kommenden Jahren vor allem in den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten zunehmen könnte, kommt es besonders auf eine bessere Abstimmung auf dem Arbeitsmarkt an, die jedoch mit Blick auf die Arbeitslosigkeit, sozialer Kohärenz und Nachhaltigkeit bestimmt nicht ausreichend sein wird. In diesem Sinne sind die in Ziffer 1.5.5 zusammengefassten entwicklungspolitischen Maßnahmen von entscheidender Bedeutung für die Schaffung neuer unbefristeter Arbeitsplätze und die Verbesserung des Lebensstandards in den spezifischen Gebieten. Diese Entwicklungsmaßnahmen müssen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Einrichtungen und Behörden sorgfältig geplant werden. Diese ortsbasierten Strategien sind zudem der effizienteste Weg, die migrationstreibenden Faktoren umzukehren — sie sollten daher als wichtiges Instrument zur Bewältigung anschwellender Migrantenströme und der sich daraus ergebenden sozioökonomischen Probleme an beiden Küsten sowie der damit zusammenhängenden Fragen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr und der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus verstanden werden (Ziffer 1.5.1).

1.5.7

Im Hinblick auf die Fischerei ist der EWSA der Auffassung, dass (i) der Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF) flexibler gestaltet werden sollte, um Hindernisse zwischen öffentlichen Verwaltungsebenen zu beseitigen, und dass (ii) die Rolle der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) gestärkt werden sollte, um die nach wie vor ungünstige Lage der Fischbestände vieler Arten in enger Zusammenarbeit und Absprache mit Nicht-EU-Mittelmeeranrainerstaaten umzukehren (siehe die Ziffern 4.3.4 und 4.3.5).

2.   Hintergrund der Mitteilung

2.1

Im November 2015 verabschiedete die „Ministerkonferenz über blaue Wirtschaft“ (3) der UfM eine Erklärung zur Weiterentwicklung der blauen Wirtschaft (4) durch die Stärkung von Investitionen in einschlägige Technologie, Innovation, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie durch Verwaltung der Meere.

2.2

Im Oktober 2016 riefen die Außenminister des „5+5-Dialogs“ — Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien plus Frankreich, Italien, Malta, Portugal und Spanien — dazu auf, die Arbeiten an einer Initiative für die nachhaltige Entwicklung der blauen Wirtschaft im Rahmen der Union für den Mittelmeerraum fortzusetzen (5).

2.3

Die vorliegende Mitteilung (6) und der begleitende Aktionsrahmen (SWD(2017) 130) (7) sind das Ergebnis dieser Aufforderung. In einer Region, die multilaterale Koordination und internationale Zusammenarbeit über die Grenzen der Europäischen Union (EU) hinaus erfordert, wollen sie die Chancen nutzen und sich den Herausforderungen stellen.

2.4

Ferner baut die Initiative der Europäischen Kommission, die dieser Mittelung zugrunde liegt, auf der langjährigen Erfahrung mit Meeresbecken- und makroregionalen Strategien auf — siehe z. B. die Atlantik-Strategie, die EU-Strategie für den Ostseeraum und die EU-Strategie für die Adria und das Ionische Meer (8). Sie profitiert auch von dem (weiter oben erwähnten) regionalen Dialog über die blaue Wirtschaft im Rahmen der UfM, der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (9), des Übereinkommens von Barcelona zum Schutz der Meeresumwelt und der Küstengebiete des Mittelmeers (10) sowie der 2030-Agenda der VN für nachhaltige Entwicklung (11) und den Anstrengungen zur Umsetzung der Mittelmeerstrategie für nachhaltige Entwicklung (12).

2.5

Ferner steht diese Mitteilung im Einklang mit der sich entwickelnden weltweiten wissenschaftlichen und soziopolitischen Diskussion. Die blaue Wirtschaft ist bereits eines der bedeutungsvollsten Themen unserer Zeit, denn erstens sind die Ressourcen der Meere und Ozeane und deren jeweiliges Potenzial für wirtschaftliche Tätigkeiten mit Meeres- und Ozeanzusammenhang bedeutungsvoll, und zweitens ist die Nachhaltigkeit von Meeren und Ozeanen ein herausragender Parameter für die weltweite Erhaltung der Lebensumwelt (13).

2.6

Mit der Mitteilung werden der Bedarf an erhöhter Sicherheit und Gefahrenabwehr, nachhaltigem Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzschaffung sowie die Notwendigkeit der Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt im westlichen Mittelmeerraum anerkannt. Mit anderen Worten: Mit der Mitteilung soll zur Förderung der sozial dauerhaften und umweltverträglichen Entwicklung im Mittelmeerbecken, in den nördlichen und südlichen Küstengebieten, Häfen und Städten beigetragen werden, die ein integriertes System für die Mobilität von Menschen und Wirtschaftsgütern darstellen, das weit über die bestehenden administrativen und politischen Verwerfungen hinausgeht. Zu diesem Zweck werden in der Mitteilung drei Bereiche umrissen, in denen Herausforderungen bestehen:

2.6.1

Sicherheit und Gefahrenabwehr im Bereich der maritimen Tätigkeiten: Gemäß der Mitteilung gibt es im westlichen Mittelmeerraum Gebiete mit Verkehrsüberlastung, die aufgrund künftiger geopolitischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, wie der Verbreiterung des Suezkanals, erhöhten Gefahren (was Verkehrsunfälle anbelangt) ausgesetzt sein werden. Andererseits sind Sicherheitsfragen schon heute wichtig — wie die illegale Migration zeigt —, während die aktuellen sozioökonomischen und demografischen Entwicklungen zusammen mit den Auswirkungen des Klimawandels die Konkurrenz um Ressourcen und die geopolitische Instabilität vergrößern dürften.

2.6.2

Hohe Jugendarbeitslosigkeit und Alterung der Arbeitskräfte in der maritimen Wirtschaft: Die Mitteilung bestätigt ein bekanntes „Beschäftigungsparadox“, nämlich ungenutzte Arbeitskräfte auf der einen und freie Stellen auf der anderen Seite, die nicht besetzt werden können, vor allem in den Sektoren und Branchen der blauen Wirtschaft. Die Kommission ist der Auffassung, dass die aktuelle Situation hauptsächlich (wenn nicht ausschließlich) das Ergebnis eines Missverhältnisses ist. Daher konzentriert sich die Kommission auf den unzureichenden Dialog und die mangelnde Zusammenarbeit zwischen der Industrie und dem Bildungssystem.

2.6.3

Unterschiedliche und konkurrierende Interessen auf See: Gemäß den in der Mitteilung vorgelegten Daten verfügt der westliche Mittelmeerraum über die größte biologische Vielfalt im gesamten Meeresbecken. Gleichzeitig wird hier rund die Hälfte des BIP der Mittelmeerländer überwiegend aus maritimen Tätigkeiten — Tourismus, Aquakultur, Fischerei und Verkehr — generiert, was zu wachsender Verstädterung der Küstenregionen, Überfischung der Fischbestände, Meeresverschmutzung und Umweltschutzproblemen anderer Art führt. Aufgrund des transnationalen Charakters der beteiligten Interessen und der gravierenden sozioökonomischen Unterschiede rechtfertigen diese Faktoren in vollem Umfang die in der Mitteilung dargelegte Auffassung, dass sich in dieser Region „[…] wirtschaftliche, demografische und ökologische Belastungen [konzentrieren]“.

2.7

Insgesamt stellt die Kommission fest, dass der bestehende Rahmen für Kooperationsprogramme an beiden Küsten des Mittelmeerbeckens sich nicht als leistungsfähig genug erwiesen hat. Daher wird mit der Initiative ein vorhandener Bedarf behandelt. Dennoch hängt der Erfolg bei der Befriedigung dieses Bedarfs von zahlreichen allgemeinen und spezifischen Änderungen und Anpassungen ab, von denen eine ganze Reihe in den nachfolgenden Abschnitten dargelegt wird.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der EWSA unterstützt die Bemühungen der Kommission, eine umweltverträgliche Produktions- und Verbrauchskette zu konsolidieren und zu entwickeln, z. B. durch die Nutzung sauberer Energieformen für die Entsalzung, die Förderung der Energieeffizienz und von sauberer Energie im Allgemeinen und die Förderung und Stärkung des umweltfreundlichen Transports und der umweltfreundlichen Schifffahrt. Dies ist angesichts des enormen Potenzials unternehmerischer Tätigkeiten im hier behandelten Bereich von besonderer Bedeutung.

3.2

Der Begriff „blaue Wirtschaft“ verweist auf die sozial nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung von Meeresbecken und Küstengebieten, die den bestehenden Unterschieden entgegenwirkt und die Erhaltung der kulturellen und biologischen Vielfalt sicherstellt, was angesichts der Geschichte und mit Blick auf die Zukunft des Mittelmeerraums besonders wichtig ist. In diesem Sinne können die in der Mitteilung ausgewählten Handlungsbereiche — (1) Sicherheit und Gefahrenabwehr im Meeresraum, (2) eine intelligente und krisenfeste Wirtschaft, (3) bessere Verwaltung der Meere — zwar wichtig, aber im Hinblick auf die Bedürfnisse des Mittelmeerbeckens ineffektiv und restriktiv sein. Der EWSA schlägt eine weitere Ausweitung der Initiative in den Bereichen biologische Vielfalt und Erhaltung und interkulturelle Kommunikation sowie eine konkretere Strategie zur Unterstützung kleiner und sehr kleiner (in sehr geringem Umfang betriebener) Produktionsaktivitäten, z. B. in der Fischerei vor.

3.3

Die Sicherheit im Seeverkehr, besonders aber Fragen der Gefahrenabwehr können, auch wenn sie sehr wichtig sind, nicht auf den westlichen Mittelmeerraum beschränkt werden. Im Gegenteil: Die geopolitische Geschichte und die aktuelle Verschlechterung weisen zusammen mit der explodierenden Flüchtlingskrise im östlichen Teil des Meeresbeckens auf die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes für den Mittelmeerraum zur Bewältigung dieser Probleme hin.

3.4

Dies gilt auch für die übrigen definierten Schwerpunkte, darunter nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Fragen der Erhaltung von Kultur und Umwelt usw. Das Mittelmeer sollte nicht in West und Ost unterteilt werden. Selbst wenn dies aus verwaltungstechnischen Gründen und kurzfristigen taktischen Überlegungen nötig ist, muss die strategische Planung sich langfristig mit dem Meeresbecken als Ganzem auseinandersetzen.

3.5

Der EWSA versteht, dass die Initiative für den westlichen Mittelmeerraum angesichts der erhöhten geopolitischen Spannungen und der Verschärfung der Konflikte im östlichen Mittelmeerraum ein einfacherer und realistischerer Ansatz sein könnte, der rascher durchgeführt werden kann. Wenn darauf jedoch keine vergleichbare Initiative für den östlichen Mittelmeerraum folgt, besteht die große Gefahr, dass die gesetzten Ziele nicht erreicht werden. Der östliche Mittelmeerraum ist mit denselben Problemen, aber aufgrund der geopolitischen Bedingungen mit viel mehr Spannungen konfrontiert, für die ähnliche Regeln und Strategien vorgesehen und angewandt werden sollten.

3.6

Obschon der mangelnde „Dialog“ zwischen der Industrie auf der einen und dem Universitäts- und F&E-Sektor auf der anderen Seite ein wichtiger Faktor für die Bewältigung der Arbeitslosigkeit (besonders langfristig und in Zeiten des Wirtschaftswachstums) sein kann, ist die ausschließliche Konzentration auf diese Frage ineffizient und einseitig. Im Gegenteil: Die bestehenden wirtschaftlichen Ungleichgewichte (bei denen der Mangel an neuen offenen Stellen sowie die hohe Arbeitslosigkeit wichtige Aspekte sind) und die zunehmenden sozioökonomischen Ungleichheiten im westlichen Mittelmeerbecken sollten im Lichte der anhaltenden Systemkrise im nördlichen Teil der Region und der allgemeinen mangelnden Bereitschaft zu produktiven Investitionen beseitigt werden.

3.7

Immer wenn Wirtschaftstätigkeit und Umweltschutzbelange hart aufeinanderprallen, gibt es dort, wo (makro-)ökonomische (nachfrage- oder angebotsgesteuerte) Außeneffekte auftreten und die Summe der freien individuellen Entscheidungen sozioökonomische Fragen und Fragen der Umweltverträglichkeit aufwirft, einen Bedarf an effektiver Politikintervention, die in Zeiten der verstärkten Internationalisierung länderübergreifend angepasst werden muss. Bei Überfischung der Fischbestände, Meeresverschmutzung, übermäßiger Verstädterung und ineffizient wachsenden Ballungsgebieten, anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrisen und wachsenden transregionalen und sozialen Ungleichheiten innerhalb und außerhalb der EU reicht die Doktrin der „befreienden Marktkräfte“ nicht aus.

3.8

Daher sind die bekannten Mängel im bestehenden Entscheidungsfindungsrahmen in der Region, die hauptsächlich auf die mangelnde Kooperation zwischen den verschiedenen Ländern zurückzuführen sind — auf die sich die Mitteilung in ihrer Diskussion über die dritte Gruppe der Herausforderungen und Lücken für die unterschiedlichen und konkurrierenden Interessen bezieht —, ein äußerst wichtiger Faktor für den Umgang mit den umweltbezogenen und sozioökonomischen Streitigkeiten in der Region. Bestehende und künftige bilaterale Abkommen zwischen benachbarten EU-Ländern und Anrainerstaaten des südlichen Mittelmeerraums müssen effektiv eingehalten werden. Das Fehlen einer geeinten und damit starken Stimme der EU in außenpolitischen Fragen ist möglicherweise in dieser Hinsicht nicht hilfreich. Andererseits sollten die südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers erwarten dürfen, dass die EU ihr größter (wenn nicht einziger) Partner mit einem starken und aufrichtigen Interesse an der Förderung gemeinsamer Perspektiven hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung und Wohlstand in der Region ist.

3.9

Neben dem bestehenden Mangel an länderübergreifender Zusammenarbeit ergibt sich ein weiterer Bedarf für Politikkoordinierung aus der verwirrenden Vielzahl von Initiativen und Plattformen mit ähnlichem (wenn nicht identischem) Fokus. In der Mitteilung, zu der hier Stellung genommen wird, wird beispielsweise auf die EU-Strategie für blaues Wachstum und den maritimen Aktionsplan der EU (14), die EU-Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung im Küsten- und Meerestoursimus (15), die BlueMed-Initiative (16) und die FAO-Initiative für blaues Wachstum (17) verwiesen. Zudem gibt es weitere Aktivitäten, die beide Küsten des Meeresbeckens einschließen, wie den Aktionsplan für Nachhaltigkeit in Produktion und Verbrauch und den Regionalen Verkehrsaktionsplan für den Mittelmeerraum (18).

3.10

Angesichts der breiten Palette bestehender Initiativen mit ähnlicher Ausrichtung spricht sich der EWSA für eine gründliche vergleichende Analyse aus, mit der die Überschneidungsbereiche ermittelt werden, um eine Nutzung der Initiativen in einer Art und Weise zu ermöglichen, die Ressourcen spart und zu guten Endergebnissen führt. Bewährte Verfahren, die in anderen makroregionalen Strategien (auch in der Ostsee) und Initiativen (wie der Smart-Islands-Initiative) (19) angewandt werden, sollten näher untersucht und in Betracht gezogen werden.

3.11

Unrealistische Anforderungen, die die Wirksamkeit europäischer Programme im Mittelmeerraum einschränken, und Bürokratie, die auf der Furcht vor Verschwendung von EU-Mitteln gründet, sowie Korruptionsfälle und Ineffizienzen in Teilen der öffentlichen Verwaltung auf der nördlichen und der südlichen Seite des Meeresbeckens haben zu gravierenden Mängeln bei der Inanspruchnahme der bestehenden europäischen Fonds für den Mittelmeerraum geführt.

3.12

Auf der anderen Seite ist es der UfM bisher nicht gelungen, trotz der verschiedenen angekündigten Projekte die ihr zugedachte Rolle zu spielen. Das Tätigwerden der UfM in der Region sollte daher weiter gestärkt werden. Initiativen der blauen Wirtschaft können für den allgemeinen Wohlstand von großer Bedeutung sein. Sie müssen jedoch effektiv mit den vorhandenen Strukturen und Maßnahmen verknüpft werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Mehr Sicherheit und Gefahrenabwehr im Meeresraum

4.1.1

Die Mitteilung ist auf zwei spezifische Interventionsbereiche ausgerichtet: (1) Zusammenarbeit zwischen den Küstenwachen und (2) Datenaustausch und administrative Zusammenarbeit im Hinblick auf den Kapazitätsausbau zur Bewältigung und Bekämpfung der unfallbedingten Meeresverschmutzung.

4.1.2

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Stärkung der Vernetzung und damit die Zusammenarbeit zwischen den für die Überwachung der Landes- und der Seegrenzen mit Unterstützung von Frontex an beiden Küsten zuständigen Behörden von entscheidender Bedeutung ist. Für die erfolgreiche Bekämpfung der Kriminalität und des Terrorismus sind auch der systematische Austausch und die systematische Analyse von Daten durch ein supranationales Analysezentrum erforderlich. Dennoch müssen die Regeln der guten Regierungsführung und die Einhaltung der Menschenrechte auf individueller und kollektiver Ebene sorgfältig in Betracht gezogen werden, gerade in Anbetracht der negativen Erfahrung mit bestimmten Regimen.

4.1.3

Der EWSA ist der Auffassung, dass diese beiden wohldefinierten Ansätze eine wirksame Methode zur Auseinandersetzung mit dem Problem der Sicherheit und der Gefahrenabwehr im Meeresraum darstellen. Die Analyse der zugrunde liegenden quantitativen Zielvorgaben für die kontinuierliche Überwachung und Evaluierung dieser Priorität muss jedoch verbessert werden und es sollten Anstrengungen zur Koordination und Zusammenarbeit mit globalen, transnationalen Institutionen wie der IMO (20) unternommen werden.

4.2   Eine intelligente und widerstandsfähige blaue Wirtschaft

4.2.1

Der EWSA ist enttäuscht, dass die Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft in der Mitteilung bestenfalls unterrepräsentiert (wenn nicht völlig abwesend) sind, obschon diese Institutionen aufgrund ihrer Erfahrung im Umgang mit kritischen Situationen und ihrer bewiesenen Fähigkeit, direkt in sozioökonomische Probleme einzugreifen und diese zu lösen, bei der Planung und Durchführung spezifischer Strategien und Programme äußerst nützlich sein könnten.

4.2.2

Armut und Jugendarbeitslosigkeit könnten in den kommenden Jahren aufgrund des Klimawandels zunehmen, was besonders die Bedingungen in den südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeerraums beeinträchtigen wird. Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit örtlichen Behörden und Sozialpartnern Maßnahmen auf örtlicher Ebene entwickeln — z. B. Förderung von KMU, Unterstützung für Heimarbeit, besondere Maßnahmen zur Unterstützung des Primärsektors und zur Förderung lokaler landwirtschaftlicher und Fischereierzeugnisse in europäischen Märkten usw. — und entsprechende Verbesserungen in der örtlichen allgemeinen und beruflichen Bildung vornehmen, um den Lebensstandard der Bewohner zu verbessern und Migration zu verhindern. Die blaue Wirtschaft kann Tausenden Familien ein angemessenes Einkommen durch moderne, kleinmaßstäbliche und qualitätsorientierte Herangehensweisen an Fischerei, Erhaltung und Angebot an Fischereierzeugnissen bieten.

4.2.3

Familienbetriebe, Klein- und Kleinstunternehmen mit traditionellen Organisationsstrukturen, Betriebskonzepten und Aktivitäten bilden das Rückgrat der örtlichen Wirtschaften auf beiden Seiten des Mittelmeers, besonders in den Sektoren und Branchen, die Teil der blauen Wirtschaft sind. Aus diesem Grund ist der EWSA der Auffassung, dass es mindestens genauso wichtig ist, neben Initiativen zur Förderung von innovativem und technisch fortschrittlichem Unternehmertum auch Programme für traditionelle Wirtschaftstätigkeiten zu fördern.

4.2.4

In diesem Sinne vertritt der EWSA die Ansicht, dass die zweite Gruppe der Maßnahmen in dieser Priorität, die sich mit maritimen Clustern befassen, gestärkt werden muss. Durch die Vernetzung und die Verbände für Klein- und Kleinstproduzenten könnte auch die Resilienz und die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und gleichzeitig die dringend benötigte Differenzierung zwischen den von ihnen gelieferten Waren und Dienstleistungen erhalten werden. Andererseits kann der Aufbau von Clustern in spezifischen Sektoren, in denen die Kapitalkonzentration von wesentlicher Bedeutung ist, etwa in den Sektoren erneuerbare Energie und Fracht, wirksam sein. Der EWSA hält jedoch die Überlegungen betreffend den Aufbau von Clustern, die Einrichtung von Gründungszentren und die Förderung von Unternehmenskonzepten durch Business-Angels selbst für die weiter fortgeschrittenen Volkswirtschaften in der EU für verfrüht, was auf die Notwendigkeit hindeutet, besonders für Kleinstproduzenten, Handwerker und Händler in den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten genau umrissene Unterstützungsleistungen zu planen.

4.2.5

Außerdem ist es im Einklang mit der vierten strategischen Priorität des vorgenannten, kürzlich veröffentlichten Berichts des WWF über die Neubelebung der Wirtschaft des Mittelmeers möglich und notwendig, eine Neuausrichtung der öffentlichen und privaten Finanzierung vorzunehmen, sodass sie hilft, das Potenzial der natürlichen Ressourcen in diesem Gebiet zu erschließen. Dadurch können Einkünfte generiert werden, wobei gleichzeitig der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, etwa über den Kohlenstoffpreis mithilfe des „Payment for Ecosystem Service“ (PES) (21), Rechnung getragen würde. Beispielsweise gehören die Seegraswiesen des Mittelmeers zu den wirksamsten Systemen der Kohlenstoffsequestrierung, was bedeutet, dass diesbezügliche öffentliche und private Investitionen gleichermaßen zur Stärkung des örtlichen Wirtschaftswachstums und zur globalen Klimaschutzstrategie beitragen können.

4.3   Eine bessere Verwaltung der Meere

4.3.1

Damit die Maßnahmen der ersten Gruppe — Raumplanung und Küstenmanagement — erfolgreich sind, sollte nach dem Ansatz der Vierfach-Helix vorgegangen werden (22). Dazu bedarf es einer verstärkten Einbindung örtlicher Behörden (Gemeinden und Regionen), Wissenschaftlern und F+E, Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen, da sie eine bessere Kenntnis der örtlichen sozioökonomischen und Umweltbedingungen haben und über eine administrative Flexibilität verfügen.

4.3.2

Daher könnten und sollten organisierte wirtschaftliche und soziale Interessenträger eine entscheidende Rolle in der sozioökonomischen Entwicklung des Mittelmeerraums spielen. Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit der UfM Akteure des Privatsektors zur Konsultation über die Mitteilung einladen, was ihren substanziellen Beitrag zur Planung und daher ihre effizientere Einbindung in die Durchführung einschlägiger Programme und Aktivitäten sicherstellen würde. Im Hinblick auf die Fischerei sollten Maßnahmen verabschiedet werden, die gemeinsame Bewirtschaftungssysteme stärken, indem sie dafür sorgen, dass die Akteure wirksam in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

4.3.3

Im Mittelpunkt sollte die mangelnde Zusammenarbeit zwischen europäischen und nicht-europäischen Anrainerstaaten im westlichen Mittelmeerraum stehen, insbesondere im Hinblick auf Sicherheits- und Zuwanderungsfragen, die die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen.

4.3.4

Die Fischerei ist ein zentraler Faktor der Wirtschaftstätigkeit im Mittelmeerraum und nach dem Tourismus die zweitwichtigste Einkommensquelle. Der EWSA stimmt darin überein, dass es nötig ist, spezifische Maßnahmen in dieser Branche zu planen — Maßnahmen der Art, wie sie in der vierten Maßnahmengruppe in dieser Priorität dargelegt werden. Die Programme sollten auf die Reduzierung der Überfischung ausgerichtet sein und Dienstleistungen und die Nutzung von Finanzmitteln unterstützen, um das Überleben der handwerklichen Fischerei und die gleichzeitige Entwicklung der Küstengemeinden sicherzustellen. Die Flexibilität des EMFF (23) muss verstärkt werden, um bei der Festlegung effektiver Initiativen Hindernisse zwischen öffentlichen Verwaltungsebenen zu beseitigen.

4.3.5

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Rolle der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) gestärkt werden sollte, um sicherzustellen, dass notwendige, konsistente und kompatible administrative Maßnahmen verabschiedet werden, die in enger Zusammenarbeit und Absprache mit Nicht-EU-Mittelmeeranrainerstaaten auf die Umkehrung der ungünstigen Lage der Fischbestände ausgerichtet sind.

4.4

Der EWSA hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die in den vergangenen zwanzig Jahren umgesetzten Strategien und Programme für den Mittelmeerraum aufgrund der unterschiedlichen Einstellungen und des Mangels an wirksamer Koordinierung zwischen den zuständigen Gemeinschaftsinstitutionen und den Regierungen und öffentlichen Verwaltungen in Nicht-EU-Mittelmeeranrainerstaaten unbefriedigende Ergebnisse gebracht haben und somit umfangreiche Mittel nicht ausgeschöpft wurden. In dieser Hinsicht bedarf es dringend der nachdrücklichen Unterstützung und technischen Hilfe sowie einer größeren Flexibilität der Kommission, damit Nicht-EU-Institutionen den Anforderungen der europäischen Finanzierung entsprechen.

4.5

Die wirksame Durchführung der in der Mitteilung dargelegten Maßnahmen wird, wie das Kapitel über „Governance und Durchführung“ zeigt, besonders durch eine schwerfällige Bürokratie, aber auch durch die Beteiligung völlig verschiedener Institutionen mit unterschiedlichen Strukturen und Einstellungen, wie den Treffen auf Ministerebene, der Kommission, der UfM usw. beeinträchtigt. Ein operativer Plan mit spezifischen organisatorischen/administrativen Instrumenten und genau umrissenen Aufgaben wird benötigt.

4.6

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Taskforce für die blaue Wirtschaft neben einem klar definierten Aktions- und Kompetenzplan sofort eingerichtet und mit den Arbeitsgruppen der UfM verknüpft werden sollte. Die Taskforce sollte über die notwendige Flexibilität verfügen, um rasch auf Notsituationen — Natur- und Umweltkatastrophen usw. — zu reagieren und spezifische Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu erfüllen. Der EWSA bewertet die Wirksamkeit der Taskforce, die von ihrer Mitgliederschaft und von der direkten Beteiligung der EU-Organe und der nationalen Regierungen der Drittstaaten abhängen wird, zurückhaltend. Daher ist der EWSA der Auffassung, dass die Taskforce von Anfang an sorgfältig konzipiert werden und über ein wohldefiniertes Organigramm, ein effizientes System aus Prozessen und Verfahren sowie über einen kompetent konzipierten spezifischen Unternehmensplan verfügen sollte.

Brüssel, den 6. Dezember 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Im kürzlich veröffentlichten Bericht des WWF „Reviving the Economy of the Mediterranean Sea — Actions for a sustainable future“ unterstreichen die Verfasser die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und weisen darauf hin, dass „das Mittelmeer wesentlich zum regionalen BIP beiträgt und seine natürlichen Ressourcen von unschätzbarem Wert für die blaue Wirtschaft sind, und dies nicht nur für die Region, sondern auch auf globaler Ebene“.

(siehe Seite 7 des Berichts, http://www.wwf.gr/images/pdfs/Reviving_Mediterranean_Sea_Economy_Full%20rep_Lowres.pdf).

(2)  https://ec.europa.eu/maritimeaffairs/policy/blue_growth_de.

(3)  Siehe die Agenda der „Ministerkonferenz über blaue Wirtschaft“ der UfM vom 17. November 2015 unter http://ufmsecretariat.org/wp-content/uploads/2015/10/Agenda_UfM_Ministerial-on-Blue-Economy_MARE-D1.pdf.

(4)  Siehe http://ufmsecretariat.org/wp-content/uploads/2015/11/2015-11-17-declaration-on-blue-economy_en.pdf.

(5)  Siehe einen kurzen Überblick über die Beschlüsse des Außenministertreffens vom 28. Oktober 2016 unter http://ufmsecretariat.org/foreign-affairs-ministers-of-the-55-dialogue-discuss-pressing-regional-challenges-and-highlight-the-positive-contribution-of-ufm-activities-to-the-enhancement-of-regional-cooperation/. Zur Geschichte des „5+5-Dialogs“ seit 2003 siehe http://westmediterraneanforum.org/wp-content/uploads/2013/09/131017_chronology5+51.pdf.

(6)  https://ec.europa.eu/maritimeaffairs/sites/maritimeaffairs/files/com-2017-183_en.pdf.

(7)  https://ec.europa.eu/maritimeaffairs/sites/maritimeaffairs/files/swd-2017-130_en.pdf.

(8)  Zu den drei EU-Regionalstrategien siehe folgende Websites: http://www.atlanticstrategy.eu/ zur Atlantik-Strategie, https://www.balticsea-region-strategy.eu/ zur EU-Strategie für den Ostseeraum (EUSBSR) und http://www.adriatic-ionian.eu/ für die Adria und das Ionische Meer (EUSAIR).

(9)  http://www.fao.org/gfcm/en/.

(10)  Das Übereinkommen zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung (Übereinkommen von Barcelona) wurde am 16. Februar 1976 von der Konferenz der Bevollmächtigten der Küstenstaaten der Mittelmeerregion zum Schutz des Mittelmeers in Barcelona verabschiedet. Das ursprüngliche Übereinkommen wurde durch Änderungsanträge abgeändert, die am 10. Juni 1995 angenommen wurden (UNEP(OCA)/MED IG.6/7), Es trat am 9. Juli 2004 in Kraft.

(11)  https://www.un.org/pga/wp-content/uploads/sites/3/2015/08/120815_outcome-document-of-Summit-for-adoption-of-the-post-2015-development-agenda.pdf.

(12)  https://planbleu.org/sites/default/files/upload/files/smdd_uk.pdf.

(13)  Siehe „Reviving the Economy of the Mediterranean Sea — Actions for a sustainable future“, Bericht des WWF mit Unterstützung durch die Boston Consulting Group, 2017, http://www.wwf.gr/images/pdfs/Reviving_Mediterranean_Sea_Economy_Full%20rep_Lowres.pdf.

(14)  Siehe z. B. den letzten Bericht zur Strategie für blaues Wachstum — SWD(2017) 128 final — unter https://ec.europa.eu/maritimeaffairs/sites/maritimeaffairs/files/swd-2017-128_en.pdf.

(15)  COM(2014) 86 final.

(16)  https://ec.europa.eu/maritimeaffairs/content/bluemed-initiative-blue-growth-and-jobs-mediterranean_en.

(17)  Näheres zu der Initiative für blaues Wachstum der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der VN siehe unter http://www.fao.org/3/a-mk541e/mk541e02.pdf.

(18)  Siehe jeweils http://www.unep.org/ourplanet/june-2017/unep-publications/regional-action-plan-sustainable-consumption-and-production und https://ec.europa.eu/transport/sites/transport/files/themes/international/european_neighbourhood_policy/mediterranean_partnership/docs/rtap2014_2020_en.pdf.

(19)  http://www.smartislandsinitiative.eu/en/index.php.

(20)  http://www.imo.org/en/Pages/Default.aspx.

(21)  „Payment for Ecosystem Service“ bedeutet, dass ein Begünstigter oder ein Nutzer einer Ökosystemleistung eine unmittelbare oder mittelbare Zahlung an den Anbieter dieses Dienstes leistet. Im Falle des Mittelmeerraums könnte das PES-Konzept auch so verstanden werden, dass ein durch Umweltschutzbelange gerechtfertigter Transfer von Mitteln aus den nördlichen in die südlichen Anrainerstaaten erfolgt.

(22)  Siehe in http://cor.europa.eu/en/documentation/studies/Documents/quadruple-helix.pdf.

(23)  Siehe https://ec.europa.eu/fisheries/cfp/emff_en für mehr Information.