Brüssel, den 2.2.2016

SWD(2016) 19 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

zur Nutzung des Frequenzbands 470–790 MHz in der Union

Begleitunterlage zur

Folgenabschätzung zum

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nutzung des Frequenzbands 470–790 MHz in der Union

{COM(2016) 43 final}
{SWD(2016) 20 final}


Zusammenfassung

Folgenabschätzung zur Nutzung des Frequenzbands 470–790 MHz in der Union

A. Handlungsbedarf

Warum? Um welche Problematik geht es?

Für eine drahtlose Netzanbindung sind geeignete Funkfrequenzen erforderlich. Wegen des wachsenden Verkehrsaufkommens, das hauptsächlich durch Videoinhalte verursacht wird, geraten die Frequenzen, die derzeit für drahtlose Breitbandverbindungen (WBB) zur Verfügung stehen, zunehmend unter Druck. Zur Lösung dieses Problems werden auf der Ebene der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) Maßnahmen erörtert und Gespräche über die mögliche Nutzung von Frequenzen unterhalb von 1 GHz geführt. Die ITU hat die Nutzung des Frequenzbands 694–790 MHz („700-MHz-Band“) für drahtlose Breitbanddienste (WBB-Dienste) festgelegt. Darüber hinaus planen Länder in Nordamerika, das Frequenzband 470–694 MHz („UHF-Band unter 700 MHz“) für WBB-Dienste zu nutzen. Da das gesamte UHF-Band (470–790 MHz) in der EU gegenwärtig vom digitalen terrestrischen Fernsehen (DTT) und von drahtlosen Audio-PMSE-Ausrüstungen (Programmproduktion und Sonderveranstaltungen) genutzt wird, besteht ein Nachfragekonflikt in Bezug auf diese sehr gefragten Frequenzen.

EU-weit harmonisierte Frequenzbänder für drahtlose Breitbandverbindungen – vor allem Frequenzen unterhalb von 1 GHz – sind wichtig, wenn es darum geht, die Netzanbindungsziele der Union zu erreichen, wie sie in der Digitalen Agenda für Europa (DAE) festgesetzt worden sind. Die EU-Mitgliedstaaten befürworten ein koordiniertes Vorgehen der EU bei der Bereitstellung drahtloser Breitbanddienste im 700-MHz-Band, vertreten aber unterschiedliche Ansichten bezüglich der zeitlichen Planung, weil sie einen jeweils sehr unterschiedlichen DTT-Bedarf haben. Diese vielfältigen Ansichten können zur Verzögerung des Ausbaus hochmoderner Netze, ohne die sich die EU-Netzanbindungsziele nicht erreichen lassen, und zu grenzüberschreitenden funktechnischen Störungen zwischen EU-Mitgliedstaaten führen.

Was soll mit dieser Initiative erreicht werden?

Der digitale Binnenmarkt ist eine der 10 zentralen politischen Prioritäten der Kommission. Die Voraussetzung für seine Verwirklichung ist eine flächendeckende Netzanbindung mit hohen Geschwindigkeiten. Diese kann für alle EU-Bürger in kostengünstiger Weise mit Hilfe von gleichermaßen wichtigen Festnetzen und Drahtlosnetzen bereitgestellt werden. Eine EU-weite Netzanbindung mit hoher Geschwindigkeit wird die Entwicklung innovativer Dienste im audiovisuellen Bereich und im Mobilfunksektor ermöglichen. Außerdem wird sie die Grundlage für neue Dienste und Anwendungen wie vernetzte Autos bilden, welche eine EU-weite Netzanbindung mit ausreichender Kapazität erfordern.

Die Kommission stellt eine EU-Strategie für die künftige Nutzung des UHF-Bands auf, damit dieser Teil des Frequenzspektrums in effizienter Weise und entsprechend der Marktentwicklung im Telekommunikations- und Mediensektor genutzt werden kann, ohne das europäische Modell für den audiovisuellen Bereich und den derzeitigen frei zugänglichen öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzutasten.

Was ist der Mehrwert des Tätigwerdens auf EU-Ebene?

Ein koordiniertes Vorgehen der EU hat im Vergleich zu Maßnahmen, die auf nationaler oder regionaler Ebene getroffen werden, folgende Vorteile:

Es sichert eine EU-weite Netzanbindung mit 30 Mbit/s ab 2020 als Voraussetzung für die Innovation in bestehenden Diensten und als Grundlage für neue Dienste, die eine flächendeckende Netzanbindung erfordern.

Es verhindert funktechnische Störungen zwischen WBB und DTT.

Es ermöglicht Größenvorteile auf einem beinahe weltweiten Markt für Geräte und Ausrüstungen, die für das 700-MHz-Band ausgelegt sind.

B. Lösungen

Welche gesetzgeberischen und sonstigen Politikoptionen wurden erwogen? Wird eine dieser Optionen bevorzugt? Warum?

Folgende Politikoptionen sind in Betracht gezogen worden:

1 — Keine EU-Maßnahmen: Die EU-Mitgliedstaaten entscheiden unabhängig voneinander über die Frequenzzuteilungen und Genehmigungen für Dienste im 700-MHz-Band (DTT und/oder WBB), über die verfügbaren Frequenzen und die entsprechenden technischen Parameter und die Zugangsbedingungen.

2 — Koordinierte Zuweisung und Genehmigung des 700-MHz-Bands. Dazu gehören:

ein Termin für die Zuweisung und für die grenzübergreifende Koordinierung;

die Förderung der Auferlegung von Versorgungsverpflichtungen in Genehmigungen für das 700-MHz-Band;

die Reservierung des UHF-Bands unter 700 MHz für DTT und Audio-PMSE.

Für 2025 ist eine Marktuntersuchung auf EU-Ebene vorgesehen, um die für das UHF-Band unter 700 MHz geltenden Vorschriften zu überprüfen.

3 — Koordinierte Zuweisung und Genehmigung des 700-MHz-Bands (wie in Option 2) und koordinierte Zuweisung des UHF-Bands unter 700 MHz ausschließlich für die Nutzung der Abwärtsstrecke (Nur-Download-Betrieb), unter der Bedingung, dass die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (AVMD) für ein breites Publikum sowie die Ausstrahlung des frei zugänglichen Fernsehens und die Nutzung für Audio-PMSE-Zwecke gesichert bleiben, soweit hierfür auf nationaler Ebene Bedarf besteht.

Für 2025 ist eine Marktuntersuchung auf EU-Ebene vorgesehen, um die für das UHF-Band unter 700 MHz geltenden Vorschriften zu überprüfen.

4 — Koordinierte Zuweisung und Genehmigung des gesamten UHF-Bands für drahtlose Breitbanddienste bis 2020.

Die Politikoption 3 ist die bevorzugte Option, weil sie eine ausgewogene und flexible Lösung darstellt, die die digitale Wirtschaft und das europäische Modell für den audiovisuellen Bereich unterstützt und Vorteile für die Bürger bietet.

Wer unterstützt welche Option?

Der Rundfunk und die Medien unterstützen den Lamy-Bericht 1 . Dieser Bericht bildet die Grundlage für die bevorzugte Option 3, denn er empfiehlt eine koordinierte Zuweisung und Genehmigung des 700-MHz-Bands und einen flexiblen Ansatz für das UHF-Band unter 700 MHz. Dieser Ansatz sieht die Koexistenz herkömmlicher Rundfunkdienste mit einem Nur-Downlink-Betrieb drahtloser Breitbanddienste vor.

Die Vertreter die EU-Mitgliedstaaten in der Gruppe für Frequenzpolitik (RSPG) haben eine RSPG-Stellungnahme 2 abgegeben, in der sie ein koordiniertes Vorgehen der EU bei der Umwidmung des 700-MHz-Bands befürworten, das Folgendes umfasst:

– Harmonisierung der technischen Bedingungen für eine drahtlose Breitbandnutzung im 700-MHz-Band,

– Festlegung eines gemeinsamen Termins für die Freigabe des 700-MHz-Bands und

– flexible Nutzung des UHF-Bands unter 700 MHz.

Zu beiden Unterlagen wurden öffentliche Konsultationen durchgeführt, in denen die Teilnehmer ihre Unterstützung für eine EU-Koordinierung äußerten.

C. Auswirkungen der bevorzugten Option

Welche Vorteile bietet die bevorzugte Option (sofern zutreffend, ansonsten die wichtigsten)?

Die Option 3 wird

zusätzliche, EU-weit harmonisierte Frequenzen für drahtlose Breitbandnetze freimachen und dient damit der Erreichung des mit dem Mehrjahresprogramm für die Funkfrequenzpolitik (RSPP) verfolgten Frequenzziels;

zur Erfüllung der Netzanbindungsziele für den digitalen Binnenmarkt und der Breitbandziele der Digitalen Agenda beitragen;

die Fragmentierung bei der Nutzung des UHF-Rundfunkbands verringern und funktechnische Störungen zwischen WBB und DTT verhindern;

die Innovation und die Umstellung des Marktes auf effizientere Technik erleichtern;

die Anpassung an neue Formen der Nutzung audiovisueller Inhalte ermöglichen und gleichzeitig das derzeitige Modell des frei zugänglichen Fernsehens untermauern;

den EU-Mitgliedstaaten die Flexibilität geben, das UHF-Band unter 700 MHz neben DTT und Audio-PMSE für andere Nutzer zu öffnen, soweit dies möglich ist und die genannten Nutzungsarten gesichert bleiben;

die EU-Position bei internationalen Verhandlungen über die künftige Nutzung des UHF-Bands unter 700 MHz stärken.

Welche Kosten verursacht die bevorzugte Option (sofern zutreffend, ansonsten die wichtigsten)?

DTT-Veranstalter (öffentliche wie private) und Audio-PMSE-Nutzer werden einen weiteren Teil der UHF-Frequenzen einbüßen (zusätzlich zum 800-MHz-Band, das bereits umgewidmet wurde). Die Migration in das UHF-Band unter 700 MHz wird wegen der Neukonfigurierung der Rundfunknetze Umstellungskosten verursachen. DTT-Netzbetreiber werden kurzfristig auf Technik aufrüsten müssen, mit der sie die Frequenzen am effizientesten ausnutzen können, wenn sie die gegenwärtige Vielfalt und Qualität der ausgestrahlten Programme aufrechterhalten (oder verbessern) wollen. Die Verbraucher werden ihre Geräte umstellen oder ersetzen müssen (Set-Top-Box und in bestimmten Fällen neue Antennen, um digitales terrestrisches Fernsehen weiter empfangen zu können.

Wie wirkt sich dies auf Unternehmen, KMU und Kleinstunternehmen aus?

Auf der einen Seite besteht die Kultur- und Kreativwirtschaft größtenteils aus KMU. Am meisten betroffen sind die Nutzer von Audio-PMSE-Ausrüstungen, die eine spürbare Verringerung der verfügbaren Zwischenfrequenzen („weißen Flecken“) für die Produktion und Aufzeichnung von Programmen und Veranstaltungen hinnehmen müssen. Auf der anderen Seite würde eine ganze Reihe von KMU aus dem Drahtlosbreitband-Sektor von zusätzlich verfügbaren Funkfrequenzen und somit von erweiterten Geschäftsmöglichkeiten profitieren.

Die Kommission hat mit einem Durchführungsbeschluss von 2014 3 dafür gesorgt, dass ein Grundstock von Frequenzbändern für Audio-PMSE-Zwecke verfügbar ist. Außerdem wird die Kommission die Gruppe für Frequenzpolitik um eine Stellungnahme zu ihrer EU-Strategie für PMSE-Dienste bitten. In der Option 3 können die EU-Mitgliedstaaten beschließen, dass ein Teil des 700-MHz-Bands (bis zu 25 MHz in der sog. „Duplexlücke“) für PMSE-Zwecke genutzt werden darf.

Wird es spürbare Auswirkungen auf nationale Haushalte und Behörden geben?

Die Kosten und Vorteile für nationale Behörden werden vom jeweiligen nationalen Rechtsrahmen abhängen, d. h. von den Möglichkeiten und Bedingungen für Entzug, Erneuerung oder Änderung der Lizenzen und von anderen Verwaltungskosten. Eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten wird geltende Lizenzen für das 700-MHz-Band entziehen oder ändern müssen, um die Umstellung dieses Bands auf Mobilfunk-Breitbanddienste zu erlauben. Einerseits würde durch Frequenzversteigerungen zwar Geld in die öffentlichen Kassen kommen, andererseits würden öffentliche Fördermaßnahmen für die Aufrüstung der Endnutzergeräte aber öffentliche Haushaltsmittel erfordern.

Wird es andere spürbare Auswirkungen geben?

Nein.

D. Folgemaßnahmen

Wann wird die Strategie überprüft?

Die Beurteilung der Marktentwicklungen bei der Nutzung des UHF-Bands unter 700 MHz erfolgt im Zuge eines Prozesses auf EU-Ebene, den die Kommission bis 2025 organisieren wird. Falls erforderlich, kann der Rechtsrahmen daraufhin geändert werden.

(1)  Bericht von Pascal Lamy, Results of the work of the High Level Group on the future use of the UHF band (470–790 MHz) (Ergebnisse der Arbeit der hochrangigen Gruppe zur künftigen Nutzung des UHF-Bands (470–790 MHz): http://ec.europa.eu/digital-agenda/en/news/report-results-work-high-level-group-future-use-uhf-band .
(2)  Stellungnahme der Gruppe für Frequenzpolitik zu einer langfristigen Strategie für die künftige Nutzung des UHF-Bands (470–790 MHz) in der Europäischen Union (Dok. RSPG14-585 Rev. 1).
(3)  Durchführungsbeschluss 2014/641/EU der Kommission.