12.10.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 342/51


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Intelligente Regulierung für KMU

(2017/C 342/08)

Berichterstatter:

Christian Buchmann (AT/EVP), Mitglied des Landtags Steiermark

POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR)

Ein KMU-freundliches Regulierungsumfeld

1.

betont, dass für KMU als Haupttriebkräfte für Wachstum und Beschäftigung in Europa ein einfaches, klares, einheitliches und rechtlich stabiles Regulierungsumfeld ebenso notwendig ist wie ein wirtschaftliches Umfeld, das auf einem ausreichenden Niveau an öffentlicher und privater Investitionskapazität beruht;

2.

hebt hervor, dass die Auswirkungen von Bürokratie auf KMU angesichts der jeweiligen Befolgungskosten in Bereichen wie Steuerwesen oder Meldepflichten für KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen unverhältnismäßig hoch sind;

3.

betont deshalb nachdrücklich, dass das europäische Regulierungsumfeld KMU-freundlicher gestaltet und Hindernisse für Unternehmensgründungen und Schaffung von Wachstum auf allen Ebenen abgebaut werden müssen;

4.

nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die durch den „Small Business Act for Europe“ (SBA) aus dem Jahr 2008 (1), die Überprüfung des SBA aus dem Jahr 2011 (2) und den Aktionsplan Unternehmertum 2020 aus dem Jahr 2013 (3) gemacht wurden;

5.

bestärkt die Kommission erneut in ihrer Absicht, Mehrwertsteuerregistrierungs- und -meldepflichten im Rahmen der Binnenmarktstrategie zu vereinfachen, wie bereits in der Stellungnahme zum Thema „Den Binnenmarkt weiter ausbauen“ (4) betont wurde; bedauert jedoch, dass lokale und regionale Vertreter nicht formell konsultiert worden sind, um sicherzustellen, dass deren Anliegen — z. B. mit Blick auf die Bedürfnisse von KMU in grenzübergreifenden Regionen — umfassend berücksichtigt werden;

6.

betont, dass es nach wie vor einer kohärenten, sichtbaren und überarbeiteten europäischen KMU-Politik bedarf, die ergebnis- und umsetzungsorientiert ist, auf vorherigen Initiativen aufbaut und diese stärkt und im Rahmen derer der Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ auf allen Regierungsebenen und in allen politischen Maßnahmen Berücksichtigung findet;

7.

betont erneut seine Forderung nach einem überarbeiteten und gestärkten SBA sowie einer stärkeren Rolle der Regionen und Städte bei der Umsetzung der SBA-Grundsätze; bekräftigt erneut seine Zusage, die Umsetzung des SBA im Rahmen seines Projekts Europäische Unternehmerregion (European Entrepreneurial Region, EER) zu unterstützen;

8.

weist darauf hin, dass das Netzwerk der KMU-Beauftragten die wichtigste Schnittstelle zwischen der Europäischen Kommission und den nationalen Entscheidungsträgern ist; fordert die Kommission auf, regionale und lokale KMU-Beauftragte formal und systematisch in dieses Netzwerk miteinzubeziehen;

9.

stellt fest, dass in der EU ein grundlegend unternehmensfreundliches Regulierungsumfeld besteht; betont jedoch, dass hinsichtlich der notwendigen Zeit, Kosten und Anzahl an Schritten zur Gründung eines Unternehmens weiterhin Unterschiede bestehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, unter Wahrung der Subsidiarität und nach Prüfung der Zweckmäßigkeit ihre jeweiligen Regelungen an den besten Beispielen auszurichten; betont, dass bewährte Verfahren, wie zum Beispiel die Iniciativa Lisboa, die es ermöglicht, ein Unternehmen innerhalb von 36 Minuten zu gründen, als Inspirationsquelle dienen können;

10.

weist darauf hin, welche Rolle Cluster dabei spielen, kleinen Unternehmen durch Marktsondierungen und -tests, Innovationsentwicklung und Qualifizierung zu Wachstum zu verhelfen, und empfiehlt, diese Aktivitäten durch Programme wie COSME zielgerichtet zu unterstützen;

11.

verweist auf die Ergebnisse des ECON-Seminars zum Thema „Smart Regulation — Smart Growth“, das in Seggauberg in der Steiermark stattfand, sowie auf den darauf aufbauenden Bürgerdialog, im Rahmen derer hervorgehoben wurde, dass durch neue und innovative Ansätze konkrete Ergebnisse erreicht werden müssen;

Anwendung des Grundsatzes „Vorfahrt für KMU“

12.

hebt hervor, wie wichtig es ist, dass der Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ in den verschiedenen politischen Maßnahmen der EU und dem gesamten Entscheidungsfindungsprozess Anwendung findet; fordert, dass Folgenabschätzungskriterien stärker zugunsten von KMU gewichtet und die territorialen Auswirkungen von Regelungen systematischer miteinbezogen werden;

13.

betont, dass KMU von sich überschneidenden und widersprüchlichen Regelungen in den verschiedenen Politikbereichen der EU — Regionalpolitik, staatliche Beihilfen, öffentliches Auftragswesen, Umweltschutz — und Spannungen zwischen Clusterförderung und Wettbewerbs- und Compliance-Regeln unverhältnismäßig stark betroffen sind;

14.

ist besorgt über die Engpässe, die durch uneinheitliche Anforderungen und widersprüchliche Definitionen in den verschiedenen sektorspezifischen Maßnahmen der EU entstehen, wie im Falle der verschiedenen Regelwerke zum Auftragswesen, der Regional- und der Wettbewerbspolitik (5) oder mit Blick auf die unterschiedlichen Definitionen von Innovation in der Regional- und der Wettbewerbspolitik (6);

15.

ist überzeugt, dass der Aufwand, der den KMU durch die geltenden Meldeanforderungen entsteht, nicht durch die Vereinfachung einer einzelnen Rechtsvorschrift aufgehoben werden kann; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten deshalb auf, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, der auf einer umfassenden Bewertung der Meldeanforderungen, die für KMU gelten, fußt;

16.

schlägt vor, Möglichkeiten zu prüfen, durch welche die Belastung für KMU reduziert werden kann, zum Beispiel indem ein Grenzwert eingeführt wird, unterhalb dem Unternehmen weniger Informationen zur Verfügung stellen müssen, indem die Anzahl an verpflichtenden Fragebögen begrenzt und die Erstellung neuer Fragebögen vermieden wird, indem zum Beispiel statistische Informationen in bereits bestehende Fragebögen integriert werden;

17.

begrüßt, dass den KMU in der neuen Generation von Freihandelsabkommen der EU nunmehr besondere Kapitel gewidmet werden sollen, um gerade ihnen den Zugang zum jeweils anderen Markt zu erleichtern, u. a. durch die Stärkung der Rechtssicherheit, die Verringerung bzw. Abschaffung nichttarifärer Handelshemmnisse, die Erweiterung der Kriterien für den Zuschlag an den Bestbieter sowie den Ausbau des Schutzes der Rechte des geistigen und gewerblichen Eigentums, und weist auf seine Stellungnahme zu TTIP vom 12. Februar 2015 hin;

Stärkere Ausrichtung der Agenda für bessere Rechtsetzung und des REFIT-Programms auf die Bedürfnisse von KMU

18.

begrüßt die Bemühungen, die Hürden für KMU im Rahmen der Agenda für bessere Rechtsetzung, des REFIT-Programms und der interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung abzubauen;

19.

verleiht, wie bereits in seiner Stellungnahme zum REFIT-Programm (7), erneut seiner Besorgnis darüber Ausdruck, dass gewählte lokale und regionale Mandatsträger sowie der AdR als deren institutionelle Vertretung trotz ihres Auftrags und ihrer Bedeutung gemäß dem Vertrag von Lissabon nicht Teil der interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung sind;

20.

begrüßt, dass die Grundsätze der besseren Rechtsetzung während des gesamten Politikzyklus Anwendung finden und Folgenabschätzungen auch auf Parlament und Rat ausgeweitet werden; bedauert, dass die interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung keine Verpflichtung des Rates und des Parlamentes enthält, Folgenabschätzungen systematisch durchzuführen;

21.

hebt hervor, dass die Einführung von Änderungen oder zusätzlichen Regelungen zu einem späteren Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens oder im Laufe der Umsetzung von EU-Richtlinien durch die Mitgliedstaaten mit der Verpflichtung, Folgenabschätzungen durchzuführen, einhergehen sollte, um zu verhindern, dass Mitgliedstaaten bei der Umsetzung über die eigentlichen Vorgaben hinausgehen („Gold-Plating“) und um sicherzustellen, dass der REFIT-Bestandteil einer bestimmten Regelung nicht verwässert wird;

22.

erkennt an, wie wichtig die Konsultation von Interessenträgern bei der Erarbeitung eines Gesetzgebungsvorschlags ist; stellt jedoch fest, dass sich die Mitwirkenden nach Ende der Konsultationen womöglich fragen, inwieweit ihre Anliegen miteinbezogen wurden; schlägt vor, lokalen und regionalen Vertretern einen Platz in den Ausschüssen für Folgenabschätzungen zu geben, damit sie Vorschläge der Kommission einer zusätzlichen Prüfung unterziehen können;

23.

betont, dass die institutionelle Rolle des AdR innerhalb der REFIT-Plattform nicht mit anderen Interessenträgern verwechselt werden sollte; ist deshalb der Ansicht, dass Vertreter der Fachkommissionen des AdR die Möglichkeit haben sollten, den AdR-Vertreter in der Plattform zu unterstützen und an Treffen der Plattform zu Themen, die in ihren Aufgabenbereich fallen, teilzunehmen;

24.

verpflichtet sich, Grundsätze der besseren Rechtsetzung in seiner eigenen Arbeit anzuwenden und auf dem Fachwissen der für das jeweilige Thema zuständigen Fachkommissionen aufzubauen, wenn Stellungnahmen zu Dossiers, die KMU betreffen, erarbeitet werden;

25.

weist darauf hin, dass sich die Arbeit der REFIT-Plattform hauptsächlich auf spezifische Fragen der EU-Gesetzgebung beschränkt, die verbessert werden können, ohne dabei eine gesamte Rechtsvorschrift grundlegend ändern zu müssen; ist der Auffassung, dass diese enge Ausrichtung durch einen ehrgeizigeren Ansatz ergänzt werden sollte, der mittelfristig auf strukturelle Verbesserungen des EU-Rechtsrahmens abzielt;

26.

vertritt die Ansicht, dass sich spezifische Prioritäten der intelligenten Regulierung für KMU im Zugang, den KMU zum öffentlichen Auftragswesen erhalten, sowie den Mehrwertsteuer- und Steuervorschriften niederschlagen, und ist der Auffassung, dass ein deutlicher Handlungsbedarf beim Zugang von KMU zum Binnenmarkt und zu Finanzmitteln sowie bei der Unterstützung von KMU durch europäische Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) besteht und ein besseres Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen von KMU und Arbeits-, Verbraucher-, und Umweltschutz geschaffen werden muss;

Beteiligung von KMU am öffentlichen Auftragswesen

27.

begrüßt die Vereinfachung des europäischen Vergaberechts, die durch die neue Ausschreibungsrichtlinie und die Einheitliche Europäische Eigenerklärung erreicht wurde (8); fordert die Mitgliedstaaten auf, die vollständige Umsetzung und korrekte Anwendung des vereinfachten europäischen Vergaberechtssystems sicherzustellen;

28.

betont, welch wichtige Rolle regionale und lokale Behörden dabei spielen, den KMU Zugang zum öffentlichen Auftragswesen zu geben, und ist deshalb der Ansicht, dass es besonders für die Regionen und Städte wichtig ist, Hürden abzubauen, die für KMU bei öffentlichen Aufträgen bestehen;

29.

ist sich besorgt darüber, dass bisherige KMU-freundliche Vergabevorschriften oftmals nicht vollständig Anwendung finden; betont, dass diese Vorschriften durch eine gute Umsetzung begleitet werden müssen;

30.

fordert öffentliche Behörden auf allen Ebenen nachdrücklich auf, sicherzustellen, dass ihre Ausschreibungen mit Blick auf deren Zugangsbedingungen und Zahlungsmodalitäten KMU- und Start-up-freundlich gestaltet und erforderliche Garantien auf die Eigenschaften von KMU zugeschnitten sind, Zahlungsfristen verkürzt werden und die Zahlungsmoral verschärft wird; fordert öffentliche Behörden auf allen Ebenen auf, sich zu gemeinsamen Standards für KMU-freundliche Ausschreibungen zu verpflichten;

31.

hebt hervor, dass bewährte Verfahren, wie unter anderem im Falle der Dienststelle für öffentliche Beschaffung der Stadt Paris, die den Zugang von KMU zu öffentlichen Märkten deutlich verbessert und Zahlungsverzüge reduziert hat, öffentlichen Behörden aller Ebenen als Beispiel dienen können;

32.

fordert alle öffentlichen Behörden auf, die Beteiligung von KMU bei der Beschaffung von Innovation zu fördern, indem Überspezifizierung vermieden und ergebnisorientierte Spezifizierungen begünstigt, Informationen frei zugänglich gemacht und Möglichkeiten wie der wettbewerbliche Dialog und Wettbewerbsverfahren mit Verhandlungen vor der Festlegung der endgültigen Bedingungen genutzt werden;

33.

verweist auf den vereinfachten Zugang der KMU zu den Finanzierungsinstrumenten im Rahmen der europäischen Programme und insbesondere von COSME, die im Vergleich zu traditionelleren Finanzierungsquellen für die KMU weitaus weniger komplex sind; betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig das KMU-Förderfenster im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen ist, über das intern auch Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und Kleinstunternehmen, die Zugang zu Finanzmitteln benötigen, gefördert werden könnten;

KMU-freundliche Mehrwertsteuer- und Steuervorschriften

34.

fordert, dass Steuervorschriften weiter vereinfacht und harmonisiert werden, da sie für die Mehrheit der KMU in Europa der Politikbereich sind, der die meisten Hürden mit sich bringt;

35.

begrüßt, wie bereits in seiner Stellungnahme zu dem „Aktionsplan zur Mehrwertsteuer“, erneut den Vorschlag, die Mehrwertsteuerbefreiung bei der Einfuhr von Kleinsendungen aus Drittstaaten aufzuheben sowie eine einzige Steuerprüfung bei grenzüberschreitend tätigen Unternehmen durchzuführen, um die Wettbewerbsnachteile, die für europäische KMU gegenüber Wettbewerbern aus Drittstaaten durch diese Befreiung entstehen, aufzuheben (9);

36.

betont, dass die Fragmentierung und Komplexität des Mehrwertsteuersystems für KMU, die im grenzüberschreitenden Handel tätig sind und in Grenzregionen eine besondere Bedeutung haben, zu hohen Befolgungskosten führen; fordert daher, dass Vorschriften und Verfahren, die mit den verschiedenen Mehrwertsteuersystemen des grenzüberschreitenden Handels einhergehen, weiter vereinfacht werden, die Miniregelung für eine einzige Anlaufstelle, die sich derzeit auf Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen beschränkt, auf den Fernabsatz weiterer Güter und Dienstleistungen ausgeweitet wird und ein EU-weiter grenzüberschreitender Mindestwert eingeführt wird, unterhalb dem keine Mehrwertsteuer zu erheben wäre;

37.

fordert, dass die mit der Mehrwertsteuer verbundenen administrativen Hürden, wie Anforderungen an die Berichterstattung, Fristen und Zeiträume für die Aufbewahrung von Unterlagen, reduziert und die Verwaltungsverfahren zur Bearbeitung von Mehrwertsteuererklärungen beschleunigt werden;

Zugang von KMU zum Binnenmarkt

38.

stellt fest, dass der EU-Binnenmarkt für Dienstleistungen noch immer unter zahlreichen Einschränkungen für KMU, wie mit Blick auf Berufszulassungen, Niederlassungsregelungen, die Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen, Vorschriften zur Rechtsform und andere sektorspezifische Vorschriften, leidet; fordert, dass der Dienstleistungssektor umfassend vereinfacht und zu harmonisiert wird, um auf Skaleneffekten basierende Wachstumssteigerungen zu fördern, Innovation durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei Einfuhren anzukurbeln und ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, indem die Fragmentierung des Marktes verringert wird;

39.

weist darauf hin, dass die Unterschiede in den nationalen Gütermarktvorschriften ein wesentliches Hindernis für KMU bilden, da diese dazu führen, dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche Produktlinien auf den Markt gebracht werden müssen und die Entwicklung europaweiter Lieferketten erschwert wird; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, an einer verstärkten Harmonisierung in diesem Bereich zu arbeiten;

Zugang von KMU zu Finanzmitteln

40.

weist darauf hin, wie wichtig alternative Finanzierungsmethoden für neue Unternehmen sind; ist besorgt darüber, dass Start-up-Unternehmen aufgrund unterschiedlicher nationaler Systeme noch keinen völlig freien Zugang zu Crowdfunding haben, wodurch sie Schwierigkeiten haben, grenzüberschreitend Mittel aufzubringen, und dass sie aufgrund der „kostengünstigen“ Unternehmensformen, die Start-up-Unternehmen oftmals wählen, einer möglicherweise großen Anzahl an Investoren nur begrenzt Eigenkapital anbieten können;

41.

fordert, dass ein harmonisierter Regelungsrahmen mit einem europäischen Pass für Crowdfunding-Plattformen geschaffen wird, in dem nur eine einzige Genehmigung einer zuständigen Behörde innerhalb der EU benötigt wird, um Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten zu können, wodurch ein wirklicher europäischer Crowdfunding-Markt entstehen könnte;

Unterstützung von KMU durch ESI-Fonds

42.

wiederholt erneut die Warnung aus seiner Stellungnahme zur Vereinfachung der ESI-Fonds (10), dass die Verfahren zur Nutzung der ESI-Fonds zunehmend kompliziert und schwerfällig werden; fordert daher, dass die Struktur, die Anforderungen an die Berichterstattung und die Prüfungsregeln im Rahmen der ESI-Fonds für Finanzinstrumente dringend vereinfacht werden müssen;

43.

weist darauf hin, dass KMU bei der Nutzung von Mitteln aus den ESI-Fonds besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt sind, wie aus einer 2016 durchgeführten Umfrage der Europäischen Unternehmerregionen (EER) hervorgeht, laut der die Beteiligung von KMU an durch ESI-Fonds geförderten Projekten die wichtigste Priorität sein muss, wenn es darum geht, die Bedingungen für KMU zu vereinfachen;

44.

weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, die Komplexität der Rechtsvorschriften sowie übermäßigen Druck durch Prüfungen und hohe Abwicklungskosten, durch die die Förderung von KMU durch ESI-Fonds behindert wird, zu verringern, und nicht nur einzelne Rechtsvorschriften, sondern das gesamte Regelwerk aus delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten sowie die nicht-bindenden Rechtsakte (sogenannte „soft laws“), wie Leitfäden, die sowohl für öffentliche Stellen als auch für KMU gelten, zu vereinfachen;

45.

hebt hervor, dass, sollen die Ziele der ESI-Fonds sowie der KMU-Politik der EU erreicht werden, die Bestimmungen für ESI-Fonds unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit betrachtet werden müssen und eine Partnerschaft für die Vereinfachung geschaffen werden sollte, bei der den Interessen aller Parteien Rechnung getragen wird; spricht sich für eine Partnerschaft aus, die auf gegenseitigem Vertrauen und nicht auf grundlegendem Misstrauen basiert, das EU-Institutionen oftmals gegenüber nationalen, regionalen und lokalen Behörden an den Tag legen;

Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen von KMU und Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutz

46.

betont, dass ein Gleichgewicht zwischen den Arbeitnehmerrechten, Gesundheit und Sicherheit sowie Verbraucher- und Umweltschutz auf der einen und dem Verwaltungsaufwand für KMU auf der anderen Seite geschaffen werden muss;

47.

weist darauf hin, dass die Einstellung des ersten Mitarbeiters für das Wachstum eines Unternehmens und dessen Entwicklungsprozess eine besondere Herausforderung darstellt und dass KMU stärker von arbeitsrechtlichen Vorschriften betroffen sind als große Unternehmen, was dazu führt, dass KMU zögern, Mitarbeiter einzustellen; hebt hervor, dass mit neuen Ansätzen in diesem Bereich ein wichtiger Beitrag geleistet werden kann, insbesondere zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit;

48.

empfiehlt deshalb, ein europäisches „Take-One-System“ einzuführen, mit dem die Einstellung des ersten Mitarbeiters durch einen einzelnen Unternehmer oder ein Kleinstunternehmen durch finanzielle Anreize und flexible Bestimmungen gefördert wird; vertritt die Auffassung, dass ein solches System durch das COSME-Programm finanziert werden könnte;

49.

fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften für Handwerksbetriebe und Kleinstunternehmen zu ergreifen, da die übermäßige Komplexität des aktuellen Systems ihre Betriebsfähigkeit und die wichtige Funktion bedroht, die sie in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen, Städte und Gemeinden und auch in Bezug auf den Schutz des kulturellen und lokalen Erbes wahrnehmen;

50.

ist der Auffassung, dass die in der Richtlinie über Verbraucherrechte festgelegte Definition von Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zu weit gefasst ist und so für Handwerker, die durch einen Kunden in dessen Wohnung bestellt werden, nachteilig sein kann; fordert daher eine engere Definition, die auch den Bedürfnissen von KMU und Kleinstunternehmen Rechnung trägt;

Innovative Regelungsansätze

51.

betont, dass die intelligente Regulierung nicht notwendigerweise für weniger Regulierung, was das Risiko von Unsicherheit und Rechtszersplitterung bergen kann, sondern vielmehr für klarere, einfachere Regeln steht, mit denen das Umfeld für KMU vereinfacht und gleichzeitig die Erreichung politischer Ziele in einem bestimmten Bereich ermöglicht wird;

52.

hebt hervor, wie wichtig innovationsfreundliche Regelungen sind, die, wo nötig, Spielraum zum Experimentieren lassen, indem beispielsweise für Pilotprojekte Bereiche mit begrenzten Bestimmungen geschaffen und Verfallsklauseln in innovativen und schnelllebigen Bereichen aufgenommen werden, wie unter anderem das Beispiel von Flandern gezeigt hat;

53.

betont, dass mit Ansätzen wie der freiwilligen Selbstkontrolle, bestehend aus Selbstverpflichtungen, freiwilligen Zusagen oder Verhaltensregeln, eine Kooperationskultur zwischen Unternehmen und Staat gefördert werden kann; ist der Ansicht, dass die Arbeit der schottischen Regulatory Review Group ein gutes Beispiel für öffentliche Stellen auf verschiedenen Ebenen ist;

54.

hebt hervor, dass das dänische Burden-Hunter-Projekt ein gutes Beispiel auf nationaler Ebene ist, im Rahmen dessen Hindernisse in direktem Dialog ermittelt werden können und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden kann; fordert die Kommission auf, solchen Beispielen uneingeschränkt Rechnung zu tragen und, wenn möglich, deren Anwendung und Übertragung zu fördern;

55.

betont, wie wichtig es ist, unternehmerisches Denken auf allen Regierungsebenen zu fördern und innovative Bottom-up-Lösungen zu ermöglichen, indem ein „Right-to-Challenge-Mechanismus“ („Recht auf Anfechtung“) geschaffen wird, der es lokalen und regionalen Behörden ermöglicht, geltende Vorschriften zeitweise aufzuheben, um neue alternative Lösungen auszuprobieren, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass deren Ziele mithilfe eines innovativen Ansatzes besser erreicht werden können.

Brüssel, den 13. Juli 2017

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  Mitteilung der Kommission: Vorfahrt für KMU in Europa — Der „Small Business Act“ für Europa, 25. Juni 2008 (COM(2008) 394 final).

(2)  Mitteilung der Kommission: Überprüfung des „Small Business Act“ für Europa, 23. Februar 2011 (COM(2011) 78 final).

(3)  Mitteilung der Kommission: Aktionsplan Unternehmertum 2020 — Den Unternehmergeist in Europa neu entfachen, 9. Januar 2013, (COM(2012) 795 final).

(4)  Stellungnahme des AdR zum Thema „Den Binnenmarkt weiter ausbauen“, CdR 6628/2015, Ziffer 12.

(5)  Vgl. Europa Decentraal (2016). Bridge! — Eine bessere Rechtsetzung der EU für lokale und regionale Gebietskörperschaften.

(6)  Vgl. Haus der niederländischen Provinzen (2015). Bericht der niederländischen Provinzen für eine bessere Rechtsetzung.

(7)  Stellungnahme des AdR zum Thema „Das REFIT-Programm: die lokale und regionale Perspektive“, CdR 983/2016, Ziffer 5.

(8)  Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU, 2014/25/EU, Durchführungsverordnung (EU) 2016/7.

(9)  Stellungnahme des AdR zu dem „Aktionsplan zur Mehrwertsteuer“, CdR 2419/2016, Ziffer 34.

(10)  Stellungnahme des AdR zur Vereinfachung der ESI-Fonds, COR-2016-00008-00-00-AC-TRA.